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The Dark Side of the Moon

Marauding Love
von

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Chapter I

Chapter I ≈ »Gentlemen Aren‘t Nice«
 

Er sah blass aus; eigentlich noch blasser als sonst und das obwohl er noch nie besonders gesund ausgesehen hatte. Die fettigen, strähnigen schwarzen Haare hingen ihm wie ein nasser Vorhang ins Gesicht, klebten auf seiner bleichen Stirn. Durch die Strähnen konnte Remus feuchte, käferschwarze Augen blitzen sehen, hektisch umherblickend, wie ein Tier, das in die Ecke gedrängt wurde.

Remus hielt nichts von dieser Art von Zeitvertreib, die doch nur darin bestand, Mitschüler zu schikanieren und nach und nach psychisch zu zermürben. Bei diesem hier hatten sie es doch ohnehin schon fast geschafft. Wie einer Ratte hatten sie ihm Verhaltensweisen antrainiert, über die James sich totlachen konnte. Sobald man eine ruckartige Bewegung in Snapes Richtung machte, zuckte dieser zusammen oder gab ein gequältes Wimmern von sich, das selbst Remus eine Gänsehaut bescherte.

Meist tat er so, als würde er es gar nicht bemerken, sah einfach weg und lies seine Freunde nach Belieben schalten und walten. Dieses Mal jedoch war er gezwungen, zuzusehen. Der Schlauch der Duschbrause hatte sich wie ein Seil um Snapes Körper geschlungen, die Brause lag in seinem Schoß und spuckte ab und zu einen kläglichen, bräunlich schimmernden Schwall Wasser aus. Sirius hielt Snapes Zauberstab in der Hand, hockte sich hin und legte ihn auf den Boden, gerade so weit von Snape entfernt, dass dieser ihn mit ausgestrecktem Arm nicht erreichen konnte.

Remus schloss seine Augen. Peter lachte gackernd, doch er überhörte es. In seinen Ohren rauschte Snapes erschöpfter, rasselnder Atem.

“Snivellus”, hörte er James raunen. Seine Stimme war tief geworden, überschlug sich nicht mehr, wie die von Peter, der noch immer unterdrückt kicherte. “Das wird dir eine Lehre sein. Was hattest du überhaupt da oben zu suchen? Wolltest doch nicht zum Gryffindor-Turm, was?”

“Das würde er doch niemals wollen”, schnarrte Sirius, der sich wieder aufrecht hingestellt hatte. Remus ging ein paar Schritte rückwärts, versuchte konzentriert auf einen der verkalkten Wasserhähne zu starren.

“Hoffe ich für ihn. Da hat er nämlich nichts zu suchen.” James schien offensichtlich noch mit Snape zu reden, zumindest verriet das seine Stimme, die niemals so bitter und sarkastisch klang, wenn er mit Sirius sprach. Remus schluckte schwer. Diese Situationen waren ihm so unsagbar unangenehm. Sein Gerechtigkeitssinn schrie gegen die Worte und Taten seiner Freunde an, doch was hätte er schon tun können? Snape verteidigen? Wohl kaum. Es hätte ihm nicht mehr als Hohn und Spott von Seiten derer eingebracht, die ihm mehr als sein Leben bedeuteten. Er würde es schon wieder richten, sein Gewissen befriedigen; das schaffte er beinahe jedes Mal. Manchmal, wenn sie Snape irgendwo bewegungsunfähig zurückgelassen hatten, in einer Haltung, in der er selbst nicht einmal seinen schlimmsten Feind hätte vorfinden wollen, ging er noch einmal zurück - mit der Ausrede, etwas in der Bibliothek vergessen zu haben - und half ihm. Manchmal entfesselte er ihn, wenn Snape nicht mehr bei Bewusstsein war, manchmal half er ihm aber auch einfach nur an seinen Zauberstab zu kommen - bei diesen Aktionen achtete er jedoch immer sehr sorgfältig darauf, von niemandem, auch nicht von Snape, gesehen zu werden.

Er wusste nicht, ob seine Freunde etwas davon ahnten. Sie wussten, dass er es nicht gerne sah, wenn sie… solche Dinge taten. Wie jetzt.

“Du solltest dich hüten, dich noch mal dort oben rumzutreiben, wenn du nicht gerade zufällig einen Kurs dort in der Nähe hast”, zischte James. Remus schlang seine Arme um seinen Körper. Ihm fröstelte. “Evans ist, verdammt noch mal, tabu für dich. Du siehst sie nicht an, du läufst ihr nicht nach und belauschst sie auch nicht.”

Sirius hatte die Arme vor der Brust verschränkt, sah mit strengem Blick auf Snape hinab und nickte zustimmend, als ob sein Kopf ganz locker auf seinen Schultern saß.

“Sicher tut’s ihm Leid”, murmelte er und sein Mundwinkel zuckte in die Höhe. James warf Sirius einen kurzen, vielsagenden Blick zu, dann wand er sich wieder Snape zu, der still auf dem Boden saß, den Kopf an die Wand gelehnt, schweigend.

“Tut’s dir Leid, Snivellus?”

Snape rührte sich nicht. Remus sah zu ihnen hinüber, doch Peter versperrte den Blick auf Snapes reglosen Körper. Er konnte gerade noch erkennen, dass seine Augen offen waren, denn noch immer leuchteten sie durch seine nassen, verklebten Haare.

“Sag, dass es dir Leid tut…”

Remus biss sich auf die Unterlippe, zupfte nervös an seinem Umhang herum.

“Sag es…”

Die Duschbrause gab ein leises Gurgeln von sich und spuckte erneut einen Schwall eiskaltes Wasser in Snapes Schoß.

“Fick dich, Potter.”

Remus’ Augen weiteten sich. Peters Kichern verstummte augenblicklich und es war spürbar, dass auch das Lächeln auf den Gesichtern der beiden anderen binnen Sekundenbruchteilen verblasste. Remus ballte seine Hände zu Fäusten; nicht, weil er wütend auf Snape war, sondern um sich auf alles vorzubereiten, ganz gleich, was nun geschah. Doch noch ehe James irgendwie hätte reagieren oder seinen Zauberstab heben können, war Sirius bereits zu dem Slytherin vorgeschossen und hatte ihm seinen schwarzen Stiefel tief in den Magen gebohrt. Als Remus den Tritt kommen sah, kniff er die Augen fest zu; das trockene Keuchen, das aus Snapes Kehle drang, war für ihn jedoch noch immer gut hörbar.
 

“Er ist selber Schuld. Das hätte er ganz einfach nicht sagen dürfen.”

Remus wusste, dass Sirius sich nicht rechtfertigen wollte. Er wollte die Zustimmung der anderen und die bekam er auch. Peter, der sich gerade in einen der Sessel am Kamin hatte fallen lassen, nickte eifrig und auch James, der gerade mit dem Wink seines Zauberstabs den Kamin entzündet hatte, stimmte ihm zu.

Remus schwieg. Er saß zu Peters Rechten, sah apathisch in das Feuer, das für diese Jahreszeit eigentlich noch viel zu heiß war und dessen Wärme bereits den ganzen Raum auszufüllen schien, und dachte nach. Er konnte es ihnen nicht ausreden. Sie waren wohl nie zu alt für diese Scherze, die bereits zu einer Art Revier- oder Brunftkampf ausgeartet waren. Seit Lily Evans offen ihr Interesse an James zeigte, den sie zuvor nur als arroganten Wichtigtuer betitelt hatte, war dieser noch übermütiger geworden, gab sich in Lilys Nähe aber zahmer und gesitteter denn je. Auch auf Sirius schien dieser Umstand Eindruck zu machen, zumindest mühte er sich sehr um die Anerkennung und Aufmerksamkeit seines besten Freundes.

Es war ein stetiger Kampf um Anerkennung. Remus glaubte, im Moment der Einzige zu sein, der sich aus diesem Grabenkrieg raushielt und das, obwohl er mehr als einen Grund gehabt hätte, ganz vorne mitzumischen.

Er kam sich vor wie ein Statist, der nur noch daneben stand und all die Protagonisten um ihre Sprechrollen beneidete. Er beneidete James, der so viele Talente und so viel Glück hatte, dieses Jahr Vertrauensschüler und Captain der Quidditch-Mannschaft war, der beste Hüter, den dieses Haus je gesehen hatte und dazu gar nicht mal so schlecht in der Schule. Er beneidete ihn um Sirius, der, bei Gott, alles für ihn getan hätte.

Sirius…

Er war ganz sicher der kühnste, hübscheste und cleverste junge Mann, den Remus kannte. Und doch war er James’ Lancelot.

»Du bist unser Mittelpunkt. Der, der uns alle zusammenhält. Unser Moony. Ohne dich gäbe es die heutigen Rumtreiber doch gar nicht. Überleg mal, was wir alles verpasst hätten!«

Das hatte James gesagt. Oder war es Sirius gewesen? So genau wusste er es nicht mehr. Aber die Worte hatte er im Kopf behalten. Es wirkte wie ein Antidepressivum, das das Glücksgefühl im Hirn speicherte und in Phasen der Depression ausschüttete, damit er sich über Wasser halten konnte.

In letzter Zeit hatte dieses sonst so wirksame Antidepressivum jedoch an Wirkung verloren. Es tat weh, zu sehen, wie sehr Sirius vor James darum kämpfte, von ihm gesehen zu werden. Es war, als ob Remus selbst nur noch als Verbindungsglied fungierte, um den Rest der Rumtreiber, oder zumindest Sirius und James, zusammen zu halten.

Er war ihr Moony. Ihr Werwolf. Hatten sie ihm geholfen oder hatten sie es nur auf ein weiteres Abenteuer abgesehen?

Er sah zu ihnen hinüber, zu seinen Freunden, die in einem Halbkreis um den lodernden Kamin saßen, lachten und Schokofröschen die Köpfe abbissen. Ihre Gesichter lachten, ihre Augen strahlten wie tausend Sonnen. Es war kaum zu glauben, dass Sirius, der nun über die Sammelkarten in den Schokofroschpackungen redete, als ob er nie etwas anderes getan hätte, eben noch einen Schüler, der bereits am Boden lag, so lange getreten hatte, bis das bleiche Gesicht des Slytherin in einer kleinen, mit Wasser verdünnten Blutpfütze lag.

Remus liebte dieses Lachen. Er durfte es nicht vergessen, in den Momenten, in denen er Sirius hasste.
 

[/Chapter I]
 

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Chapter II

Chapter II ≈ »One More Day To Regret«
 

Als die Tür des Badezimmers hinter Potter und den anderen zugeschlagen war, hätte er nicht einmal aufstehen können, wenn er es gewollt hätte. Gut also, dass er ohnehin erst einmal vorhatte, liegen zu bleiben, sein Gesicht in einer Pfütze aus eiskaltem Wasser und seinem eigenen Blut, was die Temperatur beinahe schon erträglich machte.

Er lag auf der Seite, die Beine fest an seinen Körper gezogen, die Arme um seine Knie geschlungen, wie ein Fötus, der mit dem Schlauch einer Duschbrause gefesselt war. Er hielt die Luft an, atmete ab und an keuchend aus und ein, doch jeder Atemzug schmerzte. Seine Augen waren geschlossen und doch tanzten bunte Lichter vor ihnen in der Dunkelheit hin und her, wie farbenfrohe Glühwürmchen in der Insektenpaarungszeit.

Er musste hier weg, ehe ihn jemand so sah. Er wollte nicht noch bloßer gestellt werden - wenn es davon überhaupt eine Steigerungsform gab -, diese Erniedrigung reichte ihm für einen Tag. Er hatte es wirklich erstaunlich gut ausgehalten, hatte kaum einen Laut von sich gegeben. Das nächste Mal, das nahm er sich vor, würde er es jedoch etwas geschickter anstellen.

Wieder atmete er keuchend aus, sein Atem rasselte und feine Blutspritzer bildeten eine rote Spur auf dem Boden, wie von einem müden Airbrush gezogen. Langsam öffnete er seine Augen, sehr viel mehr als Haare sah er jedoch nicht. Fettiges, langes, schwarzes Haar. Er hob seine rechte Hand, die so sehr zitterte und zuckte, als sei sie an eine Steckdose angeschlossen. Mit ihr wischte er sich die Haare aus dem Gesicht. Die Duschbrause gluckste, spuckte erneut einen Schwall Wasser. Dieses Mal zuckte Severus zusammen und verzog das Gesicht. Eiskalt.

Als er seinen Arm nach seinem Zauberstab ausstreckte - den er, zu seinem Erstaunen, mühelos erreichen konnte, obwohl dieser vorhin noch gut anderthalb Meter von seiner Schulter entfernt gelegen hatte - keuchte er schmerzerfüllt auf und fragte sich zum x-ten Mal, womit er diese Behandlung überhaupt verdient hatte.

Ja, er hatte versucht, einen Blick auf Lily zu erhaschen aber doch nur, weil er wissen wollte, wie es ihr ging; nicht, weil er ihr nachstellen oder sie belauschen wollte, oder sonst irgendwas in der Art der stichelnden Vermutungen, die Potter geäußert hatte. Er fragte sich ja selbst, ob er überhaupt noch das Recht dazu hatte, sie zu sehen und zu wissen, wie es ihr ging. Severus hatte genug falsch gemacht, genug Unverzeihliches getan und gesagt und das Meiste von dem bereute er nicht im Geringsten. Er hatte, wie jeder hier, ein Recht darauf, seine eigene Meinung zu äußern. Was er zu Lily gesagt hatte, war eine andere Sache. Das bereute er wirklich.

Mit einem Wink seines Zauberstabs lockerte er den Schlauch, der um seinen Körper gewickelt war und urplötzlich schoss ein scharfer, eiskalter Wasserstrahl aus dem Kopf der Brause. Severus japste auf, trat nach dem Duschkopf und rappelte sich auf, so schnell es nur ging. Hastig atmend drehte er das Wasser ab und schob seinen Zauberstab in die Tasche seines vollkommen durchnässten Umhangs.

Er fror erbärmlich, zitterte am ganzen Körper, hielt sich die schmerzenden Rippen und schleppte sich hinüber zur Badezimmertür, eine nasse Spur hinter sich herziehend, wie eine große schwarze Schnecke.

Er wollte sich umziehen, wollte nur noch in sein warmes Bett, die Vorhänge zuziehen und niemandem mehr begegnen. Als er die Badezimmertür öffnete sah er prüfend nach links und rechts, dann huschte er den Flur hinab, mit beiden Händen seine Rippen haltend, als fürchtete er, sie können hervorspringen, wenn er sie nicht ordentlich festhielt.
 

Der Slytherin-Gemeinschaftsraum war beinahe leer. Zwei Erstklässler saßen an einem Tisch und spielten Schach. Severus nutzte die Gunst der Stunde, um unbemerkt zu den Schlafsälen zu huschen, stieg die Stufen zu dem seinen empor und öffnete die Tür lautlos, um genauso leise hinter ihr zu verschwinden. Er hielt die Luft an. Nur seine Schuhe machten ein Geräusch, als ob er durch tiefen Morast ging.

Auch bei den Slytherin gehörte er nicht gerade zu den Lieblingen des Hauses. Er war ein mehr oder weniger geduldeter Mitschüler, gerne mal einen Lacher wert, sehr viel mehr oder weniger aber auch nicht. Severus hatte sich zumindest die richtigen “Freunde” gesucht. Es waren vielleicht keine Freunde, wie James sie kannte - wenn sich Freunde dadurch auszeichneten, dass sie immer für einen da waren und einem halfen, wo es nur ging - aber zumindest waren sie da, duldeten ihn und legten zum Teil sogar Wert auf seine Meinung. Das war mehr, als er sich anfangs erhofft hatte. Evan Rosier, der neue Vertrauensschüler der Slytherin, gehörte mit zu denen, die Severus seine Freunde nannte. Sie hätten ihn wohl nie verteidigt, zumindest nicht so, wie Sirius James verteidigte, aber immerhin stand er nicht immer alleine da.

Als Lucius Malfoy noch auf diese Schule gegangen war, hatten sich abends alle Slytherin um ihn geschart. Jeder hatte mit ihm befreundet sein wollen, jeder wollte ein Stück von ihm. Rosier hatte ihn nun abgelöst. Auch sein Vater war Todesser und wohlhabend und auch Rosier hatte eine ganze Schar von Schülern, die ihn bewunderten und nachäfften, Avery und Mulciber waren ganz vorne mit dabei. Severus ließ sich nur zu gerne von der Strömung mitreißen. Das war ungefährlich und verschaffte ihm genug Raum, um seine eigenen Gedanken zu vertiefen, wenn er doch nur dasitzen und nicken musste.

In letzter Zeit war er jedoch ein wenig unvorsichtig geworden. Potters Sticheleien hatten nachgelassen und Severus glaubte, auch wenn er es nicht genau wusste, dass Lily einen beträchtlichen Teil dazu beigetragen hatte, dass er nun einigermaßen in Ruhe gelassen wurde. Vielleicht hatte genau das ihn so unvorsichtig werden lassen. Vielleicht hatte er geglaubt, Lily habe Potter tatsächlich gezähmt oder ihm ein Ultimatum gestellt. Vielleicht war er dieses Mal aber tatsächlich auch einfach selber Schuld gewesen…

Severus schälte sich aus den nassen Kleidern und hing sie zum Trocknen über den Heizkörper. Auch seine Schuhe stellte er davor. Die Socken warf er gleich in einen Wäschesack. Seufzend verkroch er sich unter die Decke und zog den dunkelgrünen, langen, samtenen Vorhang seines Himmelbettes zu. Die Nässe seiner Beine ließ seine Haut aneinanderkleben, sein Laken klamm werden. Er zog seine Beine an seinen Körper heran, drückte seinen Kopf ins Kissen und starrte auf die Falten, die der Vorhang warf.

Er hasste seinen Körper. Er war bleich, weiß und glatt. Severus presste die Lippen aufeinander, klemmte seinen Hoden zwischen seinen Beinen ein und atmete pfeifend durch die Nase. Noch immer zitterte er wie Espenlaub.

Wahrscheinlich würde er der einzige sein, der sich nun, im Spätsommer, erkältete.
 

| … |
 

Kleine, rot-orange-braune Blätter lagen verstreut auf der Fensterbank und auf dem Boden vor dem weit geöffneten Fenster. Die Gardinen blähten sich bei jedem Windhauch auf und wehten wie gespenstische, dunkelrote Schwingen in den Raum hinein. Sirius blies ihnen den grauen, dicken Rauch seiner Zigarette entgegen, rutschte mit dem Stuhl ein wenig näher an das Fenster heran und blickte hinaus in die noch junge Nacht. Sie hatten zunehmenden Mond. Eigentlich hätte er es genauso gut an der Blässe in Remus’ Gesicht ablesen können, doch nun, als er aus dem Fenster sah und der Mond hinter den Wolken, die schwarz wie der Himmel waren, auftauchte, gab es keinen Zweifel mehr. Nicht mehr lange und sie würden wieder in Form der verschiedensten Tiere nachts hinaus zur peitschenden Weide laufen, um durch den Geheimgang in die heulende Hütte zu gelangen, wo sie eine ganze Nacht lang versuchen durften, einen Werwolf, der tags zuvor noch ihr bester Freund gewesen war, in Zaum zu halten.

Sirius zog an dem orange gesprenkelten Filter seiner viel zu langen Zigarette, inhalierte den krebserregenden Rauch aus Teer, Nikotin und Kohlenmonoxid und blies ihn hinaus in die schwarze Nacht. Krebse füttern, dachte er und lächelte gequält.

“Padfoot”, raunte eine sehr vertraute Stimme hinter ihm. Sirius rührte sich nicht. Ob die Gänsehaut, die sich langsam auf seinen Schultern ausbreitete vom kühlen Wind des Spätsommers oder von der Stimme herrührte, konnte er im Moment nicht sagen. Jemand legte seine Hand auf seine Schulter.

“Deine Lunge ist so gut geteert, dass sie bereits für den Straßenverkehr zugelassen werden könnte.”

“Prongs, du könntest auch Bilder einer Raucherlunge direkt über meinem Bett aufhängen. Glaubst du, es würde mich tatsächlich davon abhalten?”

Sirius drehte sich um und lächelte gekünstelt. Er war überrascht, in James’ Gesicht nicht einmal den Ansatz eines Schmunzeln zu sehen.

“Ist etwas?” Sirius drehte sich halb zu ihm um, zog an seiner Zigarette.

“Das sollte ich wohl viel eher dich fragen.”

“Mir geht’s gut.”

Das war eine Lüge. Eine ganz grauenhafte Lüge und irgendwie ahnte Sirius, dass James sie ihm nicht einfach so abkaufen würde. Sein Freund setzte sich auf sein Bett, unweit von dem Fenster entfernt, an welchem Sirius seine letzte Zigarette für diesen Tag genießen wollte.

“Du sollst nicht glauben, dass ihr mir jetzt, wo ich mit Lily zusammen bin, weniger bedeutet”, murmelte James und sah auf seine Hände, die er in seinen Schoß gelegt hatte. “Aber du weißt ja, was sie von unseren Eskapaden hält. Ich will die Marauders ja nicht aufgeben. Ich möchte das Maß nur ein wenig herabsetzen.”

Sirius drehte sich wieder dem Fenster zu. Diese Unterhaltung wollte er nicht führen. Er zog sehr fest an seiner Zigarette, bis der Filter zwischen seinen Lippen heiß wurde und atmete den Rauch geräuschvoll ein, ehe er ihn durch die Nase wieder ausstieß. Er spürte, wie ihn urplötzlich ein Gefühl der Übelkeit überkam. Eine traurige Übelkeit, als würden sich seine Eingeweide unter dem Druck seines Herzens krampfhaft zusammenziehen.

“Ist schon okay”, murmelte Sirius und starrte aus dem Fenster, sich bemühend, einen ganz normalen Eindruck zu machen. Nicht traurig, nicht unglücklich. “Du bist verliebt, das ist doch ganz normal. Du würdest alles für sie tun. Ich kenne das Gefühl. Gehst uns ja nicht verloren…”

Er konnte James durch die Nase ausatmen hören. Vielleicht lächelte er.

“Danke, dass du das so siehst.”

“Kein Problem, immer wieder gerne, kennst mich ja.”

“Ich hau mich dann hin, ja?”

Sirius sah auf, blickte kurz in James’ Richtung, ohne ihn wirklich anzusehen und nickte müde.

“Ja. Ich leg mich auch gleich hin. Schlaf gut.”

“Du auch.”

Sirius griff nach der Schachtel Zigaretten in seiner Umhangtasche und zündete sich mit der Glut seiner noch brennenden Zigarette gleich seine nächste an. Die Vorhänge von James’ Bett wurden zugezogen. Eine Wand aus dickem roten Brokat verbarg den halbnackten Körper seines Freundes vor seinen Augen. Er schnippte seine aufgerauchte Zigarette aus dem Fenster und widmete sich der nächsten.

Gehst uns ja nicht verloren…

Sirius belächelte seine eigene Aussage. Natürlich würde James ihnen nicht verloren gehen. Für Sirius war er jedoch schon lange außer Reichweite. Wann hatte es begonnen? Wann war ihm James so aus den Händen und durch die Maschen seines Netzes geglitten, das er um ihn ausgeworfen hatte? Es hatte Zeiten gegeben, in denen er, Sirius, alles für ihren Prongs gewesen war. Es hatte Nächte gegeben, in denen sie sich ein Bett geteilt hatten, zu müde, um noch in ihr eigenes zu verschwinden, nachdem sie stundenlang geredet und sogar heimlich geweint hatten.

Sirius kannte James’ Gefühle genau. Er wusste, was ihn dazu bewegte, ruhiger und gesitteter zu werden. Es war genau das Gefühl, das Sirius jedes Mal zu Höchstformen brachte, wenn es galt, James irgendwie zu beeindrucken. Und er hatte lange gebraucht, sich einzugestehen, was es war und noch länger um sich damit abzufinden. Er liebte ihn. Und es war nicht so, dass er ihm Lily nicht gönnte. Er wollte Lily nur seinen Prongs nicht gönnen. James Potter. Er konnte ihn nicht einfach so an sie verlieren…

Sirius zuckte zusammen, als Peter ein sehr lautes Schnarchen von sich gab. Sein Blick glitt durch den abgedunkelten Raum. Moonys Bett war leer. Er war im Gemeinschaftsraum geblieben, um noch für die Arbeit in Zauberkunst zu lernen, die sie ohnehin erst in drei Wochen hatten. Seufzend drückte er die Zigarette auf der Fensterbank aus, stellte das Fenster auf Kipp und wankte zu seinem eigenen Bett.

Die Rumtreiber waren seine Familie.

James war seine Familie.

Er wollte ihn nicht verlieren.
 

[/Chapter II]
 

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Chapter III

Chapter III ≈ »Letters«
 

“Ein Heuler?”

Remus horchte auf. Eigentlich hatte er sich nicht einmischen wollen, wie immer, doch nun hätte er es nicht einmal ignorieren können, wenn er gewollt hätte.

Sirius, Peter und Remus saßen an einem Tisch im Gemeinschaftsraum. James war nicht dabei, er hatte ein Date mit Lily und war wohl draußen am See unterwegs. Kein Wunder bei diesem traumhaften Wetter.

“Ja, ein Heuler”, flüsterte Sirius demonstrativ, um Remus zu zeigen, das er es bloß nicht hinausposaunen sollte. “Das war Peters Idee. James hat schon sein Okay gegeben, solange wir ihn aus der Sache raushalten. Und ich schwöre dir, wenn Snivellus den erhält, wird er Evans für immer in Ruhe lassen.”

Peter kicherte boshaft und wippte nervös auf dem Stuhl hin und her. Remus sah die beiden mit einer Mischung aus Widerwillen und ehrlicher Angst an. Man konnte Peter ansehen, dass dieser sichtlich stolz auf seine Idee war und darauf, dass sie nun sogar in die Tat umgesetzt wurde. Remus war eher minder begeistert. Er zog sein Buch, in dem er eben noch gelesen hatte, dicht an sich heran, senkte seinen Kopf und legte seine Stirn in Falten.

“Ihr geht zu weit. Das ist euch hoffentlich klar.”

“Uns ist klar, dass wir auf jeden Fall sehr weit gehen, Moony.” Sirius lächelte lieblich. “Aber das tun wir doch nur für Lily und Prongs. Du willst doch auch, dass die beiden glücklich sind, oder?”

Remus öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch die Worte blieben ihm im Halse stecken. Natürlich wollte er, dass James und Lily glücklich waren. Er hätte ihnen niemals das Gegenteil gewünscht. Er hatte doch selbst beobachtet, wie lange James gebraucht hatte, um Lily von sich zu überzeugen und es war klar, dass Snape da nicht ganz unschuldig war. Trotzdem gingen sie damit, die ganze Geschichte durch einen Heuler so öffentlich zu machen, eindeutig zu weit.

“Ich mach da nicht mit.”

“Das musst du auch nicht. Peter übernimmt das. Stimmt’s?”

Peter nickte eifrig. “Klar. Und du musst gar nichts tun, Moony. Solange du uns nicht daran hinderst, verläuft alles wie immer.”

“Wie geplant”, ergänzte Sirius und seine Lippen zeigten erneut ein breites, liebliches Lächeln. Remus hätte nur zu gerne gewusst, was in diesem Moment in Sirius’ Kopf vorging. Er konnte es einfach nicht aus seinem Gesicht lesen. Das Lächeln wirkte wie ein Spiegel, das jeden Blick zurückwarf und Sirius’ Gesicht für fremde Augen vollkommen versiegelte.

Solange du uns nicht daran hinderst…

Wieder überkam ihn das Gefühl, hier vollkommen unwichtig und irgendwie fehl am Platz zu sein. Er würde sich nicht einmischen, Sirius zu Liebe. Allerdings wusste Remus auch nicht, wie er diese Geschichte dieses Mal wieder geradebiegen sollte.

Er konzentrierte sich wieder auf den Text in seinem Buch zur Geschichte der Zauberei und versuchte, seine beiden Freunde und ihre Pläne einfach zu überhören. Mit gedämpften Stimmen sprachen sie sich ab, lachten unterdrückt und notierten sich Textzeilen, die sie unbedingt in den Heuler einfügen mussten.

“Morgen früh”, konnte er Sirius’ Stimme hören. “wird die Bombe einschlagen.”
 

| … |
 

L' Hymne a l'Amour von Edith Piaf, einer französischen Hexenikone, dudelte aus dem großen, hornartigen Lautsprecher eines magischen Grammophons und erfüllte den Gemeinschaftsraum der Slytherins mit einem mitreißenden Rhythmus. Irgendwie erinnerte Severus die Melodie an eine alte Filmmusik. Er liebte diese Sängerin, auch wenn er es so niemals zugegeben hätte. Ihre gefühlvollen Songs und das sanfte Französisch, das er zwar nicht verstand, aber aus dessen Wortlaut man jede Emotion heraushören konnte, bescherte ihm jedes Mal eine Gänsehaut.

Die anderen Slytherin ignorierten, oder zumindest tolerierten die Musik. Sie hatten gerade ohnehin besseres zu tun. Post von Lucius Malfoy, der aus dem Ministerium schrieb, war angekommen und Rosier hatte von seinem Vater ein Paket erhalten, das neben ein paar Galeonen auch zwei Bücher enthielt, die offiziell nicht mehr im Handel erhältlich waren, weil das Ministerium sie als zu rassistisch und muggelfeindlich erachtete und die außerdem von zwei Hysterikern geschrieben worden seien.

Abraxas Malfoy hatte an vorderster Front versucht, durch einen monatelangen Briefverkehr - oder viel eher Briefkrieg - diese und andere Bücher wieder frei in den Handel zu bringen. Völlig umsonst. Natürlich.

Die Schallplatte begann zu stottern. Severus sah hinüber zu dem Abspielgerät, stand auf und hob die Nadel aus der Rille, da diese immer wieder von der einen in die vorherige Rille rutschte, was eine unerträgliche Endlosschleife der Textzeile “Mon amour crois-tu qu‘mon s‘aime - Dieu réunit ceux qui s‘aiment” zur Folge hatte. Er sah hinüber zu dem Grüppchen, das sich um Rosier geschart hatte.

“Mit freundlichen Grüßen verbleibe ich, dein Lucius”, verlas Rosier, der vor Stolz wie eine aufgeplusterte Eule in einem der Sessel saß und ein breites, schneeweißes Grinsen zeigte. Severus presste die Lippen aufeinander. Vor einiger Zeit hatte auch er einen Brief von Lucius erhalten, hatte es aber nicht an die große Glocke gehängt und sehr viel mehr als in Rosiers Brief hatte auch in seinem nicht gestanden. Lucius gefiel die Arbeit im Ministerium, das Praktikum hatte er erfolgreich hinter sich gebracht und hatte sich von seinem ersten Gehalt einen Verlobungsring gekauft, den er Narcissa Black wohl überreichen wollte oder bereits überreicht hatte oder was auch immer. Von dem Brief, den er erhalten hatte, hatte er bloß Avery erzählt, da dieser nachgefragt hatte, von wem er Post bekommen hatte.

”Ah. Nett. Ist ja cool, dass er dir schreibt”, hatte er gesagt und sich dann wieder über seine Pfannkuchen hergemacht.

Er war allerdings nicht unbedingt neidisch auf Rosier. So egozentrisch wie dieser war er nie gewesen und eigentlich genoss er es eher, wenn er übersehen wurde. Zumindest meistens. Allerdings hatte er gehofft, dass Lucius zumindest ihm mehr schreiben würde und mit mehr meinte er Informationen. Über seine zweite Karriere. Dass er darüber aber nicht in einem Brief berichten würde, hätte er sich allerdings auch denken können.

Im Gegensatz zu Severus hatte Lucius sehr extreme Ansichten. Für ihn gab es keine Ausnahmen (und wenn Severus ihm gegenüber erwähnt hätte, dass Lily Evans doch ganz nett sei, hätte Lucius ihn wohl nie wieder auch nur eines Blickes gewürdigt). Trotzdem mochte er ihn. Lucius war attraktiv und selbstsicher, hatte eine gar aristokratische Ausstrahlung, war stolz und liebenswert arrogant. Er war tatsächlich einfach nur zu bewundern und als Severus von seinen Verlobungsplänen gehört hatte, hatte er sich dabei erwischt, wie er doch tatsächlich ein wenig eifersüchtig auf Narcissa wurde.

“Und außerdem…” Rosier hatte seine Stimme erhoben, damit auch ja jeder im Gemeinschaftsraum mitbekam, was er zu verkünden hatte. Auch Severus entging es nicht. “…hat Malfoy mich zu seinem Geburtstag eingeladen. Es wird wohl nur eine kleine Feier im Kreise engster Freunde, nichts besonderes.”

Severus schnaubte. Dafür, dass es nichts Besonderes war, maß Rosier dieser Tatsache aber sehr viel Bedeutung zu. Nun war er doch ein wenig neidisch. Er wäre gerne mal zum Anwesen der Malfoys gereist, besonders weil er in so einem heruntergekommenen, kleinen Einfamilienhaus aufgewachsen war, an welchem normale Menschen vorbeifuhren und sich über dessen Zustand ärgerten, nur um sich im nächsten Gedanken vorzunehmen, ihr eigenes Haus und ihren Garten niemals so gehen zu lassen.

Severus nahm seine Schallplatte, packte sie ein und klemmte sie sich unter seinen Arm. Er musste ohnehin noch einen vierzig Zentimeter langen Aufsatz über die Gründe zur Geheimhaltung der Zauberei schreiben und drei Seiten alte Runen übersetzen. Er hatte also, streng genommen, gerade überhaupt keine Zeit, Rosier zu beneiden.
 

| … |
 

Sirius saß im Gemeinschaftsraum. Er hatte sich auf einen Sessel am Kamin gesetzt, der, auch wenn kein Feuer brannte, einfach sein Stammplatz war, und hatte James einen Platz reserviert. Jeden unwissenden Erstklässler, der sich auf den weichen, roten Sessel stürzen wollte, fauchte er an und zwang ihn zum Rückzug. Nun wartete er schon zwei Stunden auf James. Eigentlich hatte dieser spätestens um zwanzig Uhr zurück sein wollen. Lily würde nicht nach Sperrstunde hier aufkreuzen wollen, sie war pünktlich. Er rümpfte die Nase, zog seine Beine an sich heran auf den Sessel und starrte in die kalte Feuerstelle. Unwillkürlich musste er sich vorstellen, wie James und Lily Arm in Arm am See lagen und in den Sonnenuntergang schauten, so verträumt und so verliebt, völlig die Zeit vergessend. Er machte einen Würgelaut und verschmälerte die Augen. Dass Remus sich auf seinen Stammplatz gesetzt hatte und sich von Wurmschwanz seine Hausaufgaben zum Korrekturlesen geben ließ, ignorierte er vollkommen.

Den Heuler hatte er gemeinsam mit Peter fertig gestellt. Es war eine recht belustigende Ablenkung gewesen, doch nachdem sie ihn mit einem Countdown-Zeitzauber belegt hatten war der Gedanke an James zurückgekehrt. Der Gedanke, der ihn nicht mehr losließ. Es bedrückte ihn ungemein; allein die Tatsache, ein Geheimnis vor seinem Freund zu haben, befand sich an der Schwelle zum Unerträglichen und dann war es auch noch so ein schwerwiegendes. Eines, das ihre ganze Freundschaft ins Wanken bringen konnte, eines, das zu der potentiellen Nichtexistenz der Selbigen führen könnte, auch wenn Sirius das nicht glauben wollte. James war sein Freund, sein bester Freund. Er würde ihn wegen so einer Sache doch nicht einfach fallen lassen…

“Sirius, du hast es vergessen, wie ich annehme.”

Sirius sah auf und sah Remus mit einem Gesichtsausdruck an, der diesem unmissverständlich klarmachte, dass er keine Ahnung hatte, wovon dieser gerade sprach.

“Die Hausaufgaben für Zaubertränke, du Genie”, knurrte Remus und verschränkte die Arme vor der Brust. “Es geht hier immerhin um den NEWT-Grad. Das Pensum ist ein anderes, du wirst nicht immer nur von mir abschreiben und dich auf mich verlassen können.”

“Du musst mir deine Hausaufgaben ja nicht geben, wenn’s dir nicht gefällt”, argumentierte Sirius recht genervt und warf wieder einen Blick zurück zum Portrait-Loch. Remus hatte seinen Blick offensichtlich bemerkt, denn er gab ein langgezogenes Seufzen von sich.

“Falls du meinst, du könntest das Argument hervorbringen, dass James seine Hausaufgaben auch nicht gemacht hat, muss ich dich enttäuschen. Er hat sie ganz selbstständig in der Freistunde gemacht, in der du mit Peter den Geheimgang erkundet hast.”

Sirius’ Augen wurden immer schmaler und zeigten ein paar kleine, krähenfußartige Falten in ihren Winkeln. “Nur weil sich meine Mum einen Scheiß für mich interessiert, musst du sie nicht ersetzen.”

“Ich will nicht…!” begann Remus protestierend, doch Sirius war bereits aufgestanden.

“Wenn Prongs mich sucht, ich bin im Bett.”

“Aber…” - “Ja, ich mach die Hausaufgaben morgen, Mum.”

Er drängte sich an den Sesseln vorbei, hob abwehrend seine Hand, als Remus erneut seinen Mund öffnete und stürmte auf die Treppe zu, die zu den Schlafsälen führte.
 

| … |
 

Der Himmel der großen Halle zeigte ein trübes Grau. Zumindest regnete es nicht aber der Grund, weshalb Sirius und Peter nach oben sahen, war nicht, dass sie gucken wollten, ob es vielleicht zu regnen begann. Sie warteten auf die Eulen, die jeden Moment durch die Fenster oben unter der Decke fliegen mussten. Auch James erwischte sich immer wieder dabei, wie er verstohlen zu den Fenstern blickte. Lily wusste von nichts. Es war besser so.

Als dann endlich ein Sturm von Eulen über sie niederbrach, hielten sie Ausschau nach einem feuerroten Brief. Auch James reckte seinen Hals, was nun da die Eulen die Post brachten, nicht unbedingt verwunderlich war.

Severus Snape rechnete nicht mit Post, umso überraschter war er, als vor ihm ein großer, mächtiger Uhu landete, an dessen Bein ein Brief hing. Doch er war nicht rot. Der Briefumschlag hatte die Farbe von Knochen und war mit grüner Schrift an ihn adressiert. Severus’ Herz schlug schneller. Hastig band er den Brief von dem Bein des Uhus los, der sich gerade über sein Müsli hermachte. Der Absender lautete L. M.

Avery, der selber einen solchen Brief bekommen hatte, hatte seinen bereits aufgerissen und zeigte ein breites Grinsen. Severus spähte zu ihm hinüber. “Mach ihn auf”, riet ihm Avery mit ermunternder Stimme und wippte mit den Augenbrauen. Severus, der seine Post - wenn er denn welche bekam - eigentlich nie beim Frühstück öffnete, nickte und nahm ein Messer zur Hilfe, um den Brief zu öffnen.
 

“Lieber Severus,

Ich lade dich am ersten Tag der Herbstferien für fünf Tage auf unser Anwesen ein, um mit uns meinen Geburtstag zu feiern. Bitte denk daran, keine Gegenstände mitzubringen, die uns den Kopf kosten könnten, falls jemand vorhat, uns einen Überraschungsbesuch abzustatten und wieder das ganze Haus auf den Kopf zu stellen.

Die Gäste werden aus London (King’s Cross) abgeholt.

Mit freundlichen Grüßen,

Lucius Malfoy“
 

Kein Wort von einer kleinen Feier im Kreise engster Freunde. Er sah auf, da Avery gerade begonnen hatte, seinen Brief zu verlesen. Severus sah, dass Rosiers Ohren hochrot wurden. Der Text war der gleiche, nur ein anderer Name war eingefügt worden. Trotzdem überflog Severus erneut den Text, und noch mal. Ein stummes, sehr zufriedenes Lächeln tauchte auf seinem bleichen Gesicht auf.

“Oh…”, machte Avery plötzlich in sehr mitleidigem Tonfall. “Snape… das solltest du dir ansehen.”

Severus, der nicht geahnt hatte, dass dieser mitleidige Ausruf des geheuchelten Erstaunens an ihn gerichtet war, sah auf und entdeckte eine kleine, rundliche Eule die zielstrebig über den Tisch auf ihn zugewackelt kam. An ihrem Bein hing ein roter Brief. Er hatte nicht geahnt, dass sein Herz noch schneller hätte schlagen können, doch nun tat es das.

Ein signalroter, bebender und zuckender Brief.

“Ein Heuler”, murmelte Avery und zog die Augenbrauen zusammen. Severus griff sich an die Brust.
 

[/Chapter III]
 

[ ] Game Over

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[A/N: Edith Piaf ist eine großartige Künstlerin - auch wenn ich mehr der Avantgarde-Typus bin. La Foule gehört eindeutig zu meinen Lieblingsstücken von ihr (Link: http://www.youtube.com/watch?v=gHGN9uoFtZ8). Ich weiß selbst nicht, weshalb ich entschieden habe, dass Severus diese Musik hört. Dennoch, irgendwie verbinde ich es mit ihm.]

Riku

Chapter IV

[A/N: Ich möchte noch einmal daran erinnern, dass diese FF unabhängig von der Original-Story ist. Danke für eure ENS, die euer aufrichtiges Interesse bekunden. Weitere Fragen werden gerne beantwortet.]
 

Chapter IV ≈ »Heard It All«
 

Der Tisch der Slytherins war erstarrt. Niemand tuschelte mehr, alle sahen in Severus’ Richtung. Langsam bekamen auch die anderen Häuser Wind von dem Brief, reckten ihre Hälse, um zu sehen, welchen armen Wicht es dieses Mal erwischt hatte. Er zitterte. Avery lehnte sich über den Tisch zu ihm hinüber.

“Du solltest ihn sofort aufmachen, sonst…”

Severus wusste, was sonst passierte. Eilig band er den Brief von dem Bein der Eule los, die es ihm gurrend zu danken versuchte. Offensichtlich hatte sie keine guten Erfahrungen mit Heulern. Severus auch nicht. Er biss sich auf die Unterlippe, sprang auf und presste den Brief fest an sich. Er musste hier raus. Er wusste nicht, von wem dieser Brief war oder womit er ihn verdient hatte. Er wusste es nicht, er wollte es nicht wissen und was noch viel wichtiger war: Er wollte nicht, dass es jeder hier wusste!

Als er zwischen den Reihen der Tischen in Richtung Ausgang rannte, presste er den Brief noch immer fest an seine Brust. Er bebte, pulsierte, zitterte wie ein Vulkan, der kurz vorm Ausbruch stand.

“Lauf, Snivellus, lauf!” rief ihm eine Stimme nach, doch er drehte sich nicht um.

Dann geschah es. Gerade wollte er über die Schwelle in die Eingangshalle treten, als er stolperte, den Halt verlor. Der Brief in seinen Händen blähte sich auf wie eine Kaugummiblase. Er kniff die Augen zu, ließ den Brief los und hielt seine Arme schützend vor sein Gesicht. Mit einem lauten Knall, wie der einer Kanone, entlud sich der Heuler und eine grelle Stimme hallte an den Wänden der großen Halle wider. James’ Augen weiteten sich. Dass es sich hierbei wirklich um Peters Stimme handeln sollte, konnte man partout nicht heraushören.

”Snivellus, du bist ein gemeiner, kleiner Heuchler!” ertönte es und James konnte beobachten, wie Severus hoffnungslos in sich zusammensackte. ”Jeder soll es wissen, dass du Pseudo-Todesser armen, kleinen muggelstämmigen Mädchen nachstellst! Lass deine hungrigen Blicke und deine fettigen Finger von ihr, du ekelhafter, latent homosexueller Mistkäfer!”

Sofort war die große Halle erfüllt von empörenden Rufen und schallendem Gelächter. Lehrer sprangen vom Lehrertisch auf, versuchten, für Ruhe zu sorgen. Professor Dumbledore eilte am Gryffindortisch vorbei, strebte den Ausgang und den kleinen, schwarzen Haufen Elend an, der mit fahrigen Fingern versuchte, die Fetzen des Briefes aufzulesen.

”Lass deine Hakennase aus Gryffindors Angelegenheiten heraus! Mit fetthaarigen, arschkriechenden Quallen, wie du eine bist, will niemand was zu tun haben! Ein Schandfleck für Hogwarts, sogar für Slytherin und sein möchtegern-reinblütiges Gesocks! Geh nach Hause!”

Lily sprang von ihrem Platz auf. Zwei Mädchen, die sie von links und rechts festhielten, um sie zu beruhigen, plapperten wild durcheinander. Dumbledore hatte Snapes Oberarm gepackt, versuchte ihn auf die Beine zu ziehen. Der Junge gab einen sehr gequälten Laut von sich, sackte erneut in sich zusammen, ließ den Kopf auf die Brust hängen.

Nun sprang auch James auf, ging zu Lily hinüber, deren Augen feucht und voller Tränen waren, doch sein Erscheinen hatte genau den gegenteiligen Effekt, als den, den er sich erhofft hatte. Nun konnten sie die beiden Mädchen zu ihren Seiten nicht mehr halten. Mit einem sehr lauten, heulenden Schluchzen holte sie mit ihrer Hand aus und schlug James ins Gesicht, ehe sie mit wehendem Haar an ihm vorbei rannte, nicht, ohne ihn vorher noch einmal so fest wie möglich anzurempeln.

Sirius war einer der wenigen, der sitzen geblieben waren. Mit offenem Mund sah er auf sein und Peters Werk, das so viel Chaos wie noch nie - oder zumindest wie schon sehr lange nicht mehr - angerichtet hatte. Schüler pfiffen, schrieen, lachten, buhten, Lehrer riefen durcheinander und Vertrauensschüler versuchten, ihre Schützlinge unter Kontrolle zu halten. James stand einfach nur da. Langsam wanderte seine Hand zu der geröteten Stelle an seiner Wange. Sirius schluckte schwer. Er sah hinüber zum Tor, zu welchem Lily geeilt war, doch sie, Dumbledore und auch Snape waren nicht mehr zu sehen. Nur ein paar kleine, rote, angesengte Papierfetzen lagen auf dem Boden verstreut.
 

Severus wusste nicht, wer ihm aufgeholfen hatte auch wenn er glaubte, besonders Dumbledores raue dunkle Stimme heraushören zu können. Sein Kreislauf hatte einfach nicht mehr mitspielen wollen. Immer wieder würgte er Galle hoch, immer wieder wurde ihm schwarz vor Augen. Sein Gesicht fühlte sich furchtbar nass an, doch er wusste nicht, ob es Schweiß oder Tränen waren. Er hörte eine ihm wohl bekannte, beruhigende Stimme, die leise auf ihn einredete. Eine weiche, sanfte, wohlriechende Hand hielt die seine, während er von dürren aber unerwartet kräftigen Armen immer wieder auf die Beine gezogen wurde.

“Wir bringen dich in den Krankenflügel”, flüsterte die Stimme und er glaubte, dass sogar diese Stimme nach Lilien duftete. “Sev, bleib wach... Sev...”

Er öffnete die Augen, sah nur einen verschwommenen, tanzenden roten Punkt, der sich immer weiter entfernte. Er versuchte seine Hände nach ihm auszustrecken, doch sie wurden festgehalten und wieder verlor er das Gleichgewicht. Er schloss die Augen, ließ den Kopf in den Nacken fallen und plötzlich war ihm, als würde er schweben.
 

Schwarze, schweißnasse Haare klebten in seinem Gesicht, als er die Augen öffnete. Er lag in voller Montur in einem Krankenbett. Alles an ihm fühlte sich nass an, ganz besonders sein Gesicht und seine Hände und doch, oder vielleicht gerade deshalb, fröstelte ihm. Er sah hinauf an die hell beleuchtete Decke, blinzelte einige Male. Seine Augen waren feuerrot und brannten wie selbiges. Zumindest hatte er aufgehört zu weinen, dachte er. Er hatte nachgegeben.

Dieser Morgen hatte so schön begonnen. Schöner als so manch anderer. Er wusste selbst nicht, weshalb er jeden Morgen mit den anderen zum Frühstück ging, wenn er doch nichts aß und keine Post erhielt. Er war glücklich gewesen, für fast zwei Minuten. Er hatte dagesessen und fast grundlos gelächelt, nur auf Malfoys Einladung gesehen. Er hatte sich gefreut. Und dann das. Ein Heuler. Ohne Grund. Nur weil irgendjemand - und Severus wusste ganz genau, wer - meinte, ihn vor der ganzen Schule, vor seinen Freunden bloßstellen zu müssen. Nun wussten sie es und selbst wenn sie es nicht glaubten, würden sie ein Auge auf ihn haben. Severus presste die Lippen aufeinander und zwang sich, nicht erneut zu weinen. Das war genug. Wie oft hatte er die Worte, die der Heuler ihm entgegengeschrieen hatte, schon gehört? Er wusste, dass er weder schön noch begehrenswert war. Dass er eine Menge falsch gemacht hatte. Zu viel, um es wieder gut zu machen. Er wollte ihr nicht nachstellen. Er wollte doch nur wissen, ob sie glücklich war.

Nun schluchzte er. Trocken, ohne Tränen, aber er schluchzte, ballte seine Hände zu Fäusten.

Lily Evans war der einzige Mensch, dem er jemals vertraut hatte. Der Mensch, den er mehr liebte als alles andere, mehr als sein Leben, das seiner Eltern und das seiner Freunde. Seit langer Zeit. Für immer. Er hatte es zugelassen, dass sie sich von ihm entfernte; dass sie sich voneinander entfernten. Und plötzlich hatte er mit einem Wort die letzte Brücke zerstört, die sie wieder zueinander hätte finden lassen können. Es war vorbei. Und es war seine Schuld. Severus krallte seine Finger ins Laken und biss sich fest auf die Unterlippe.

“Mr. Snape?”

Madam Pomfreys strenge Stimme war sehr dicht an seinem Ohr. Er roch Schokolade. “Essen Sie ein wenig. Dann wird es ihnen besser gehen. Gehen Sie zurück in Ihrem Schlafsaal. Heute fällt der Unterricht für Sie aus. Anweisung von Professor Dumbledore.”

Der Geruch nach Schokolade wurde stärker. Wieder wurde ihm schlecht. Langsam öffnete er die Augen, die sich erneut mit Tränen gefüllt hatten. Madam Pomfreys Gesicht, das sehr verschwommen wirkte, sah ihm ernst entgegen, ihre Stirn war in tiefe Falten gelegt. “Essen Sie”, befahl sie und legte einen dicken Block Schokolade auf den Nachttisch. “Sie müssen zu Kräften kommen.”
 

| ... |
 

Nach dem Unterricht ging das Theater los. Lily schien James über die Freistunden hinweg gekonnt aus dem Weg gegangen zu sein doch als dieser ihr im Gemeinschaftsraum begegnete, hielt sie sich nicht mehr zurück. Sirius hatte sich mit Peter in seine Kaminecke zurückgezogen und kaute auf seiner Unterlippe herum.

“Lily, ich schwöre dir, dass ich nicht beteiligt war!” sagte James eindringlich und fasste sich an die Brust, als ob er tatsächlich vorhatte, auf der Stelle jeden Schwur zu leisten. Lily schien ihm nicht zu glauben. Empört schnappte sich nach Luft, stemmte die Fäuste in die Hüften und funkelte ihn durch ihre schönen, grünen Augen wild an.

“Natürlich, du bist vollkommen unschuldig, wie immer, wenn jemand auf Snape herumhackt! Du hast nie etwas damit zu tun!” rief sie mit bebender Stimme. Eine zarte, weiße Katze schlängelte sich um ihre Beine und gab ein zittriges Maunzen von sich, als wollte sie ebenfalls, dass Lily sich beruhigte.

“Bitte, glaub mir, ich war doch gestern den ganzen Tag mit dir zusammen!” argumentierte James mit ungewohnt flehender Stimme. “Ich kann gar nichts damit zu tun haben!”

Sirius verdrehte die Augen. So unschuldig war Prongs nun auch wieder nicht. Immerhin hatte er von dem Plan gewusst. Wenn er ihn tatsächlich für so abscheulich gehalten hätte, wie er jetzt tat, hätte er nur ein Wort gebraucht, um Sirius und Peter davon abzubringen. Das wusste er.

Lily schnaubte verächtlich und machte eine abwehrende Geste mit ihrer Hand. “Genug. Ich... will nichts mehr davon hören, James!”

- “Lily, bitte...”

“Lass mich heute einfach in Ruhe.” Sie klang erschöpft. Mit zitternden Fingern bückte sie sich nach der Katze, nahm sie auf ihren Arm und lies ihre Hand durch das lange, weiche, weiße Fell gleiten. Minouche sah James mit großen, runden, hellblauen Augen an und legte den Kopf schief. Sie wusste nicht, weshalb Lily so wütend war. Zu ihr war James immer sehr lieb gewesen. Sie gab ein leises Maunzen von sich, als Lily sich umdrehte und mit unsicheren Schritten die Treppe zum Mädchenschafsaal erklomm.

James blieb resignierend zurück. Er ging nicht zu Sirius und Peter, als er sich aus seiner Starre gelöst hatte. Schweigend stieg auch er die Treppe zu seinem Schlafsaal hinauf, blickte nicht einmal in die Richtung seiner Freunde. Sirius schluckte schwer. Er schwieg und war froh, dass Peter es ihm gleichtat. Ein Blick auf Wurmschwanz verriet ihm, dass dieser ein furchtbar schlechtes Gewissen hatte. Nicht wegen Snape, wie er vermutete. Viel eher, weil er nicht gewollt hatte, dass Lily sich so mit James stritt, wegen einer Sache, die auf Peters Mist gewachsen war. Vielleicht war diese Idee tatsächlich ein wenig zu unreif gewesen, überlegte Sirius und starrte in die kalte Feuerstelle. Ein schlechtes Gewissen hatte er schon, zumindest auf der einen Seite. Auf der anderen Seite...

Er schloss die Augen. Ja, auf der anderen Seite erwies es sich für ihn doch als durchaus praktisch. Wenn Lily sich nun von James trennte, bei wem würde sein Freund dann Trost suchen? Bei Remus? Bei Peter? Nein, mit Sicherheit nicht. Er würde zu ihm kommen. Er würde in seinen Armen liegen, Absinth trinken, weinen und Sirius würde ihn trösten und seine Stirn küssen. Er schmunzelte, atmete tief durch die Nase ein. Wenn Lily so vernarrt in diesen Slytherin war, sollte sie ihn haben. Wenn sie ihm dafür James überließ, sollte es ihm nur recht sein. Vielleicht bestand auch so eine Möglichkeit, jeden am Ende ein wenig glücklicher zu machen. James würde schon noch sehen, was er an ihm hatte, wenn Lily ihm erst mal den Laufpass gegeben hatte. Vielleicht würde er dann tatsächlich einsehen, wie blind er die ganze Zeit gewesen war, nicht zu sehen, dass der Mensch, der ihm tatsächlich gut tat und ihn niemals geschlagen und niemals so angebrüllt hätte, die ganze Zeit direkt vor seiner Nase war. Vielleicht würde er begreifen, dass er die Beziehung, die er mit Sirius hatte, niemals mit einem Mädchen haben könnte und dass es nichts schöneres und nichts erfüllenderes gab.

Sirius öffnete die Augen, blickte hinüber zu Peter, der an seinen Fingernägeln kaute.

“Mach dir nichts draus, Wormtail”, murmelte Sirius beiläufig und legte seine Füße auf den Tisch. “Alles wird gut. Ich werde mit Lily reden. Bald ist alles wieder wie früher.”
 

[/Chapter IV]
 

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Chapter V

Chapter V ≈ »The Art of Suicide«
 

Es gab eine Art Zufluchtsort für Remus, der ihm zwar nicht immer versprach, vollkommen allein zu sein, der ihm aber garantierte, dass weder Sirius noch James unbedingt unverhofft dort auftauchten. Die Bibliothek war ein ruhiger Ort, vergleichbar mit einer Kirche voller Bücher. Irgendwie schien sich hier jeder automatisch an die Regeln zu halten. Vielleicht lag das an Madam Pinces strengen Blicken, die ihn durch jede Lücke in jedem Bücherregal zu verfolgen schienen. Hier konnte sich Remus in aller Seelenruhe mit dem beschäftigen, was er unter anderem am liebsten tat und was, besonders in diesem Schuljahr, ohnedies von höchster Wichtigkeit war - lesen und lernen. Remus gehörte zu jenen, die nicht nur das lernten, was zwingend notwendig war um in den Fächern ein ”Erwartungen übertroffen” zu erhalten (er war ohnehin mit nichts zufrieden, das nicht ein ”Ohnegleichen” trug). Er lernte einfach alles, was ihn interessierte und das war nicht gerade wenig. Ihm war schon klar, dass er als Werwolf in der Welt da draußen niemals einen anständigen Job übernehmen konnte und schon gar nicht die, die er sich eigentlich wünschte aber er tat es für sich. Er fühlte sich gut, wenn er eine Arbeit zurück bekam, deren Fehleranzahl null betrug. Außerdem wusste er, dass er sich für mehr als nur einen Beruf wappnen musste. Wenn er am Ende schon kein Auror oder sonst irgendein hohes Tier werden konnte, war er doch ein Werwolf, der an der Seite seiner Freunde gegen die ungerechten Machenschaften der Todesser angehen konnte.

Und vielleicht konnte er dann auch endlich die ungerechten Machenschaften seiner Freunde unterbinden. An diese wurde er unwillkürlich erinnert, als er die schmalen Gänge der Bibliothek zwischen den Regalen bis zum Ende der legalen Abteilungen hindurchschritt und plötzlich an einem Tisch jemanden sitzen sah, dessen lange, fettige schwarze Haare ihm tief ins Gesicht hingen und dessen lange, krumme Nase beinahe auf dem Pergament klebte, das er mit schräger, enger Schrift bekritzelte.

Er ging einen Schritt zurück, doch als Snape ihn bemerkte, sah er auf und machte den Eindruck eines Kaninchens, nach dem ein Greifvogel die Krallen ausstreckte. Er zog seine Schultern hoch, senkte seinen Kopf und sammelte hastig die Bücher ein, die um ihn verstreut lagen. Remus ballte die Hände, drückte seine Fingernägel tief in sein Fleisch. Wieder spürte er, wie sein Gewissen ihn zu zerquetschen drohte. Snape wirkte ängstlich, als erwartete er jeden Moment irgendeinen Spruch den Heuler betreffend oder ähnliches. Remus ging auf den Tisch zu, hob beschwichtigend die Hand, um ihm zu zeigen, dass er in friedlicher Absicht kam, doch Snape schien dies miss zu verstehen. Er sprang auf, schaufelte die Bücher in seine Tasche, schwang sie sich über die Schulter und rannte gen Ausgang. Remus blickte entschuldigend, die Hand noch immer erhoben, dem wehenden Umhang und den von schwarzem, strähnigen Haar bedeckten Hinterkopf nachblickend.

Er hätte einfach um Verzeihung bitten sollen.

Seufzend legte er seine eigene Tasche auf den Tisch, ging um ihn herum und zog den Stuhl zurück, der neben dem von Snape gestanden hatte. Er stutzte. Ein Buch lag auf ihm. Vielleicht hatte Snape es ausgeliehen und vergessen, es abzugeben oder er hatte es in seiner Eile einfach liegen lassen. Remus setzte sich auf Snapes leeren Stuhl, nahm das Buch und schlug es auf.

Eigentum von Severus Snape, Slytherin.

Remus hob beide Augenbrauen. Es gehörte ihm sogar. Noch einmal sah er auf, um zu gucken, ob Snape seinen Verlust vielleicht bemerkte und zurückkam, doch irgendwie ahnte er schon, dass er das ohnehin nicht tun würde. Für ihn war Remus sicher genauso schlimm wie Sirius, Peter und James. Es hatte gar keinen Sinn, zu hoffen, dass er noch mal zurückkam.

Er schlug das Buch wieder zu und sah auf das Cover. Es war ein dunkles Buch mit zerkratztem, sehr gebraucht aussehendem Einband. Es sah aus, als ob irgendeine dunkle Flüssigkeit darauf eingetrocknet wäre.

The Art of Death.

Remus hob beide Augenbrauen. Die Kunst des Todes klang ganz nach einem Buch, das Severus Snape gehörte. Erneut schlug er es auf, dieses Mal in der Mitte und verfluchte sich im nächsten Augenblick dafür, als ein sich krümmender, junger Mann mit vor Schmerzen verzerrtem Gesicht einen blutigem Armstumpf in seine Richtung hielt. Er zuckte zusammen. Ein DinA4-großes Schwarzweißfoto zeigte den Sterbenden, dessen Gesicht von Dreck, Blut und Tränen verschmiert war. An seinem Hals zeigten sich große, aufgeplatzte Pusteln und mit jedem lautlosen Röcheln spritzten Eiter und Blut aus seinem Rachen. Remus verzog das Gesicht, beachtete den daneben abgedruckten Text nicht im Geringsten und blätterte hastig weiter. Keines der weiteren abgedruckten Bilder war weniger grausam. Cruciatus lautete die Überschrift eines Kapitels. Remus fasste sich an den Hals. Ihm wurde schlecht. Die Schreie der fotografierten Opfer waren zwar nicht zu hören, aber die magischen Fotos bewegten sich, zeigten das grauenvolle Leid auf den Gesichtern der Menschen. Manche waren so nahe fotografiert, dass man jede Träne und jeden Schweißtropfen auf ihrem Gesicht sehen konnte. Er schluckte, verzog das Gesicht und schlug das Buch auf der Stelle zu.

Er hatte keine Ahnung, weshalb sich jemand so einen Bildband ansehen wollte. Trotzdem musste er Snape das Buch zurückgeben. Behalten wollte er es ohnehin nicht. Er schob es in seine Tasche zu den anderen Büchern und nahm sich vor, es ihm heute nach dem Abendessen zu geben. Das konnte er dann auch gleich mit einer Entschuldigung verbinden. Einer ganz gewaltigen Entschuldigung. Er wusste noch nicht genau, wie er das anstellen wollte. Er erwartete nicht, dass Snape ihm alles verzieh, was in den letzten Jahren vorgefallen war aber irgendwie musste er sein Gewissen beruhigen. Dieser Nervenzusammenbruch, den Remus heute Morgen bei ihm beobachtet hatte, bestätigte nur, dass er Recht gehabt hatte; Sirius und Peter waren viel zu weit gegangen. Kein Wunder, dass Lily wütend war, auch wenn sich Remus nicht sicher war, ob sie, was James betraf, nicht ein wenig überreagierte. Schließlich war er dieses Mal tatsächlich nicht direkt beteiligt gewesen. Aber es ging um Lily. Um Lily und diese dauernden Todesser-Gerüchte, die auch Remus ein wenig Angst einjagten.

Remus sah auf das Buch in seiner Tasche. Der zerkratzte, schwarze Einband stach zwischen den dunkelbraunen und roten Exemplaren seiner Schulbücher hervor. Snape tat ihm Leid. Trotz allem. Und er würde sich entschuldigen.
 

| ... |
 

Severus rannte ohne Pause hinab in die Kerker. Die letzten Stufen waren rutschig, in den Gängen roch es modrig nach Schimmel. Er keuchte. Seine Lunge, die prall mit Kohlenstoffdioxid gefüllt war, schmerzte und verursachte ihm fürchterliche Seitenstiche. Seine Augen waren feucht und brannten. Er hielt sich an der kalten, schlecht verputzten Wand fest und wimmerte leise. Seine Tasche, die voll mit Büchern war, hing schwer an seiner Schulter. Nun war er noch nicht einmal mehr in der Bibliothek vor diesen selbsternannten Marauders sicher. Seine dürren Finger glitten über die Wand, während er seine zitternden Knie und seine immer schwerer werdenden Füße weiter den Gang entlang schleppte. Er konnte nicht mehr. Physisch und psychisch wollte er nicht mehr als zusammenbrechen. Die Last auf seinen Schultern war mehr als nur diese Tasche voller Bücher.

“Druide”, keuchte Severus, als er beim Eingang zum Slytherin-Gemeinschaftsraum angekommen war und der Eingang wurde freigegeben. Hier roch alles alt. Er schleppte sich hinein, ließ seine Tasche auf halbem weg fallen und schlurfte direkt auf die Schlafsäle zu.

“Snape, wir legen für ein Geschenk für Lucius zusammen. Wie viel gibst du dazu?” Rosier hatte sich auf seinem Sessel umgedreht und sah Severus nach, der ihn zwar gehört hatte, aber nicht im Geringsten reagierte. “Snape? Hey, Snape!”

Severus öffnete seinen Umhang, ging die Treppe hinauf und den Flur entlang, bis er an seinem Schlafsaal ankam. Um diese Tageszeit war ohnehin noch niemand hier oben. Als er heute Vormittag seinen Kreislaufzusammenbruch auskuriert hatte, war nicht einmal in den Freistunden jemand da gewesen. Dass jemand nach ihm sah, hatte er allerdings auch nicht erwartet, genauso wenig wie er nun erwartete, dass ihm jemand nachging. Er öffnete die Tür, ging hindurch und schloss sie lautlos. Dann ließ er seinen Umhang fallen. Auf dem Weg zu seinem Bett zog er seinen Pullunder aus und knöpfte sein Hemd auf. Er machte Musik an.

La vie en rose.

Severus setzte sich auf sein Bett, zog die Vorhänge zu und sein Hemd aus. Es war ein seltsames Gefühl, genau zu wissen, dass die Schritte, die er eben getan hatte, seine letzten waren. Jede Bewegung führte ganz bewusst aus. Er lächelte unwillkürlich. Rosiers Stimme würde die letzte sein, die er gehört hatte. La vie en rose das letzte Lied, das ihn begleitete. Es war aus langer Sicht geplant gewesen, unklar war nur, wann er es tun würde. Er war sich ziemlich sicher, dass er es nicht mehr länger aushielt. Und was noch viel wichtiger war, es würde keine Kurzschlussreaktion sein. Er hatte es sich sorgsam überlegt und bereits in den Sommerferien die dafür nötigen Vorkehrungen getroffen. Severus zog seine Beine an sich heran, streckte seine Hand nach seinem Nachttisch aus und öffnete ihn. In seinem Inneren befand sich eine Flasche Absinth, ein Trinkkelch und eine kleine Flasche aus grünem Glas. Er nahm alles hinaus, legte es aufs Kopfkissen und kontrollierte noch einmal die Vorhänge von seinem Bett.

Das Lied spielte leise vor sich hin. Es war eine unpassend schöne, fröhliche Melodie.

Es gab keinen Abschiedsbrief.

Der Brief, der in Form zahlreicher Narben auf seiner Haut stand, war der einzige, der notwendig war, um auch dem letzten Zweifler verständlich zu machen, dass es keinen anderen Ausweg mehr für ihn gegeben hatte. Kein Weg aus dieser Situation. Lily würde ihm nicht verzeihen. Er würde sie niemals aufrichtig lieben können, ohne seine Prinzipien zu verraten. Jede Erinnerung, die er gesammelt hatte, war ein Nagel zu seinem Sarg. Leise summte er die Melodie, goss sein Glas voll Absinth und füllte es mit der Flüssigkeit aus der kleinen, grünen Flasche auf. Er stellte sein Kissen an die Wand, lehnte sich dagegen und setzte das Glas an seine Lippen. Der Junge atmete durch die Nase ein, sog den Duft des Getränks in sich auf und nippte daran. Er hatte geglaubt, der erste Schluck würde ihm schwerer fallen. Er hatte geglaubt, er würde es bedauern oder würde weinen. Tatsächlich aber fühlte er sich erleichtert. Severus nahm einen großzügigen Schluck. Es schmeckte nach Lakritze, nach Alkohol und hatte einen sehr bitteren Nachgeschmack. Er schüttelte sich, würgte und schnalzte mit der Zunge. Sein Herz begann zu rasen. Adrenalin wurde mit rasender Geschwindigkeit durch seine Adern gepumpt. Severus ließ seinen Blick an sich herab schweifen. Sogar auf seinem flachen, weichen, unsportlichen Bauch waren feine, längliche Narben zu sehen, die im Vergleich zu seiner bleichen Haut ein wenig dunkler waren. Einige waren wie Furchen in der Haut, andere hoben sich in Form von kleinen Wülsten von seinem Körper ab. Nun füllten sich seine Augen doch allmählich mit Tränen. Er nahm noch einen Schluck. Er hatte geglaubt, dass sein Leben vielleicht vor seinem geistigen Auge vorbeiziehen und ihm zeigen würde, dass es doch hie und da schöne Erinnerungen gab, die ihn dazu zwingen wollten, weiterzuleben. Oder die ihm einen neuen Grund gaben, ihm einen Sinn verliehen. Er sah nichts. Nur den Vorhang seines Himmelbettes, der immer mehr verschwamm. Er setzte den Kelch an seine Lippen, hielt die Luft an und trank ihn ganz aus.

Es tat weh, loszulassen.

Aber es war besser so. Es gab keinen anderen Weg. Nirgendwo fühlte er sich weniger zu Hause als zu Hause und nirgendwo fühlte er sich unsicherer als in dieser Schule. Ob er nun zusehen musste, wie sein Vater seine Mutter schlug und diese jede Nacht mit einer Flasche Wein heulend in der Wohnstube saß, oder ob er unter den Blicken, Worten und Taten der anderen Schüler litt - es gab keinen Ort, an dem er bleiben wollte und keinen, an den er gehen konnte.

Er war allein. Er würde sein ganzes Leben allein sein. Niemand würde ihn verstehen können. Weshalb er sich selbst immer wieder Schmerzen zufügte, weshalb er Steine aß und sich die Haare ausriss, weshalb er Edith Piaf mochte und weswegen sein Herz so sehr für die dunklen Künste schlug. Niemand würde verstehen, wie befriedigend physischer Schmerz, ob nun aktiv oder passiv, für ihn und auch für andere sein konnte, wenn sie sich nur darauf einließen, es zu genießen. Niemand hätte auch nur im geringsten die Faszination für das nachvollziehen können, was sich auf diesen Bildern in The Art of Death befand.

Severus driftete ab. Langsam schloss er die Augen, lehnte sich zurück und faltete seine Hände auf seiner Brust. Er spürte, wie seine Nase zu bluten begann. Er schmeckte es auf seinen Lippen. Ein feiner, kleiner Tropfen Blut lief sein Kinn hinab, über seinen Hals, bis zu seinem Schlüsselbein. Es kitzelte auf seiner Haut.

Zwanghaft dachte er an Lily. Er wollte, dass sein letzter Gedanke bei ihr war doch immer wieder driftete er ab. Seine Mutter. Sein Vater. Sirius Black, James Potter. Seine Hände glitten träge über seinen Oberkörper. Er fühlte sich taub an. Seine Hände begannen zu kribbeln. Langsam öffnete er die Augen. Er sah nichts mehr. Nichts als Dunkelheit.
 

| ... |
 

“Was liest du da?”

Remus saß im Gemeinschaftsraum der Gryffindors und blätterte in dem Buch, das Snape in der Bibliothek zurückgelassen hatte. Als Sirius ihn ansprach, sah er auf und fühlte sich plötzlich fürchterlich ertappt. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Sirius ihn ansprach, als er durch das Portraitloch geklettert war. In letzter Zeit interessierte dieser sich doch ohnehin nur noch für sich und allerhöchstens noch James. Umso überraschter war er, als Sirius sich ihm gegenüber an den kleinen, einbeinigen Tisch setzte.

“Ein Buch”, antwortete Remus zögerlich und biss die Zähne zusammen. Natürlich las er ein Buch. Was sollte er denn sonst lesen? Eine dümmere Antwort hätte er ihm wohl nicht geben können. Hastig senkte er seinen Kopf, um seine roten Wangen zu verbergen, als Sirius sich vorbeugte, um das Buch zu inspizieren.

“Sieht ja ekelhaft aus”, bemerkte der Animagus und verzog das Gesicht beim Anblick eines jungen, nackten Mannes, der gepfählt worden war.

“Ja, nicht wahr?” Remus atmete tief ein. Sein Gesicht fühlte sich furchtbar heiß an. Er hatte nicht gewollt, dass Sirius sah, was er da gerade las.

“Wo hast du das Buch her?”

“Aus der... Bibliothek”, erwiderte Remus und fühlte sich augenblicklich schlecht. Es war keine Lüge. Bloß eine Halbwahrheit aber er wollte nicht wissen, wie Sirius reagierte, wenn er erzählte, dass es Snape gehörte.

“Aus der Bibliothek?” Sirius runzelte ungläubig die Stirn und legte seinen Kopf schief, um das Bild besser erkennen zu können.

“Jemand hat es dort liegen lassen.”

“Wer? Steht kein Name drin?”

“Doch...” Remus kaute auf seiner Unterlippe herum. “Es gehört Snape.”

“Oh.” Sirius lehnte sich zurück, verschränkte die Arme vor der Brust. Remus hatte so eine Reaktion erwartet. Auf Snape war Sirius wohl immer noch nicht allzu gut zu sprechen. Er sah auf, erwartete bereits, dass Sirius irgendein dummes Kommentar über dieses “von Snivellus verseuchte Buch” abließ, doch er schien sich zurückzuhalten. Remus sah ihn abwartend an. Sirius blinzelte.

“Willst du es ihm nicht zurückgeben?”

Remus hob beide Augenbrauen. Gut, das hatte er nun nicht erwartet. Hatte Sirius etwa vor, eine Konversation mit ihm zu führen? Wäre ja etwas ganz neues gewesen.

“Ich wollte. Aber er war nicht beim Abendessen.”

“Und da dachtest du, du liest einfach mal rein?”

“Es ist nicht uninteressant.” Remus zog das Buch an sich heran. Irgendwie hatte er das Gefühl, sich verteidigen zu müssen. Sirius beugte sich erneut vor, kniete sich auf den Stuhl und stützte sich am Tisch ab. Seine Haare berührten Remus’ Gesicht. Er bekam eine Gänsehaut und spürte, wie seine Wangen erneut eine rosige Farbe annahmen. So nahe war er ihm schon lang nicht mehr gewesen.

“Hat er den Pfahl da etwa in seinem Ar...”

“In seinem Anus, genau”, murmelte Remus und senkte seinen Kopf, um in Sirius’ Gesicht blicken zu können. “Eine Foltermethode, die gleichzeitig als Hinrichtung genutzt wird. Der Anus der meist männlichen Verurteilten wird eingeölt, dann werden sie auf so einen... Pfahl... gesetzt. Dieser dringt in sie ein und verdrängt ihre Eingeweide.”

Sirius verzog das Gesicht. “Die hängen dann nur an diesem... Ding da? Nichts zum festhalten? Das tut doch... verdammt weh...”

“Das ist der Sinn der Sache.” Remus konnte Sirius schlucken hören. Sein Freund sah auf und blickte ihm in die Augen.

“Stehst du auf so was?”

“Um Gottes Willen!” Remus schlug das Buch zu und legte es auf seinen Schoß. “Das gehört mir doch nicht einmal!”

“Das war doch nur ein Witz.” Sirius setzte sich wieder aufrecht hin und schmunzelte. Remus konnte nicht anders, als es ihm gleich zu tun. Krampfhaft klammerte er sich an das Buch auf seinen Schoß, erwiderte das Lächeln. Sirius lies seinen Charme spielen, das war nicht zu übersehen. Ob er wohl wusste, wie er damit selbst auf Remus wirkte?

Das Portrait schwang auf und Remus verlor Sirius’ Blick. Sein Freund stand auf.

“Entschuldige mich”, murmelte Sirius, als er an ihm vorbei und auf das Portraitloch zuging. Remus seufzte. Er hatte erwartet, dass Sirius sich nicht mehr für ihn interessieren würde, sobald James den Raum betrat. Er blickte ihm hinterher, ein wenig enttäuscht, bis er sah, dass es nicht James war, der durch das Portraitloch in den Gemeinschaftsraum gekommen war. Es war Lily.
 

[/Chapter V]
 

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Chapter VI

Danke an Romano, meinen Moony und meine Inspiration.

Ich entschuldige mich bei allen, deren ENS ich noch nicht beantwortet habe. Ich habe sie natürlich wahrgenommen und werde antworten, wenn mein Leben wieder etwas ruhiger geworden ist.

Vielen Dank für die vielen Favs und die wenigen aber tollen Kommentare!
 

Chapter VI ≈ »Sorry Seems To Be The Hardest Word«
 

“Er ist hier schon Stammgast im Krankenflügel. Mindestens einmal in der Woche kommt er mehr oder weniger freiwillig vorbei, um neue Wunden nähen und heilen zu lassen oder um ein paar Kreislauftropfen einzunehmen. Der Junge isst ja auch nichts. Kein Wunder, dass er andauernd umkippt.” Madam Pomfreys schnarrende Stimme hallte an den Wänden des Zimmers wider. Severus wusste nicht, mit wem sie sprach. Erst seit wenigen Sekunden registrierte er überhaupt, dass er etwas hörte und sich diese Stimme nicht nur einbildete. Er wusste nicht, wie lange es her war, dass er das Bewusstsein verloren hatte. “Ist seltsam, dass der Junge nie Besuch bekommt. Manchmal bleibt er über Nacht. Wird sich sicher freuen, dass jemand da ist, wenn er aufwacht. Ist diesmal wirklich ganz knapp am Tod vorbeigeschrammt.” Severus leckte sich über die trockenen Lippen. Sie schmeckten bitter. “Professor Dumbledore überlegt, ob er nicht besser in einer Klinik aufgehoben wäre. Seine Eltern sind allerdings strikt dagegen. Sie kennen seine Eltern, sagten sie, nicht wahr? Nun, bald ist Mr. Snape ohnehin siebzehn, dann kann er selbst entscheiden, ob er es nicht doch lieber vorzieht, sich einer therapeutischen Behandlung zu unterziehen. Wann hat er Geburtstag?”

- “Am neunten Januar. Er ist ein Steinbock.”, antwortete eine sanfte, leise und sehr besorgt klingende Stimme. Lily. Severus wollte sie sehen, wollte sie darauf aufmerksam machen, dass er wach war, doch er bekam nichts als ein heiseres Röcheln zustande. Jemand nahm seine Hand. Severus hoffte, dass es Lily war. Er versuchte zu lächeln. Seine Mundwinkel zuckten. Ganz langsam hob er seine Augenlider, die klebrig wirkten. Seine Augen fühlten sich trocken an.

“Li...” - “Shht...”, machte die Stimme. Jemand berührte seine Lippen. Die Finger rochen gut, ein wenig süßlich. “Streng dich nicht zu sehr an. Dein Körper ist sehr geschwächt.”

Sie streichelte über seinen Unterarm. So weiche Hände... Er drehte seinen Kopf auf die Seite. Ein milchiger Film lag auf seiner Netzhaut, der seine Umwelt weich zeichnete. Er sah sie, verschwommen, aber er sah sie. Madam Pomfrey stand hinter ihr. Sie wirkte gestresst, ihr langes Haar war zu einem wirren Knoten gebunden und die besorgten Falten auf ihrer Stirn ließen sie älter wirken, als sie war.

“Sie können von Glück reden, dass Sie noch leben”, schnarrte sie vorwurfsvoll. Lily drehte sich zu ihr um, aber nur kurz, dann sah sie ihm wieder ins Gesicht. Er konnte kaum glauben, dass sie da war.

“Wer hat mich...”

- “Evan Rosier”, antwortete Lily schnell, um Severus’ Stimmbänder zu schonen. “Ich glaube, er hat dich gefunden und sofort Slughorn Bescheid gegeben.”

“Evan...” Severus hustete. “...Rosier...?”

“Ja.” Er glaubte, Lily lächeln zu sehen. “Es ist schön, dass du so einen Freund gefunden hast. Er hat hier gesessen, bis ich gekommen bin. Wollte nicht mit mir in einem Raum sein.” Sie lachte leise. Severus wusste, dass es gestellt war. Eine liebe Geste. Madam Pomfrey, die wohl langsam merkte, dass sie gerade nicht gebraucht wurde, zog sich zurück ins Hinterzimmer. Severus hörte Gläser klirren. Sicher würde sie ihm bald einen dieser abartigen Tränke verabreichen, um ihn wieder auf die Beine zu bringen. Noch immer streichelte Lily über seinen unebenen Unterarm. Er folgte ihrer Hand mit seinen Blicken. Die Haut an der Innenseite seines Handgelenks sah furchtbar ramponiert aus. Als ob viele, kleine Knoten unter der Haut wären, Wülste und Furchen, die sich abwechselten.

“Du hast versprochen, damit aufzuhören...” Lily streichelte über seine Narben, fuhr mit ihren Fingern über eine ganz besonders große, an der er sich vor einem halben Jahr ein ganzes Stück Fleisch aus dem Arm gehackt hatte.

“Und du hast mir versprochen, dass wir immer Freunde sein werden”, erwiderte Severus mit heiserer Stimme. Er sah auf seine Hand, obwohl er spürte, dass sie ihm nun ins Gesicht sah.

“Zeig mir deine Beine”, bat sie. Severus spürte, wie seine Muskeln sich verkrampften.

“Lieber nicht. Würde dir nicht gefallen.“

Sie sagte nichts dazu.

“Wie geht es Gobolino?”

Severus merkte, dass Lily einfach nur das Thema wechseln wollte. Sie hatte ja keine Ahnung, dass Gobolino genau das falsche Thema war. Er atmete tief ein. Gobolino war ein Kater, den er vor einigen Jahren von Lily geschenkt bekommen hatte. Er war aus einem Dreierwurf, den Minouche, Lilys Katze, geboren hatte.

“Er ist tot.”

“Oh... Wie...?” - “War krank.”

Lily drückte seine Hand. “Das tut mir Leid.”

Es war besser, ihr nicht die Wahrheit zu sagen. Tatsächlich hatte sein Vater vor gut zwei Jahren diesen Kater im Suff gegen die Wand geworfen. Er mochte keine Katzen. Waren ihm wohl zu magisch.

“Ich wollte dir sagen, dass ich nun bereit bin, mit dir zu reden”, murmelte sie dann mit gesenkter Stimme und blickte ihn ernst an. Severus versuchte, den Blick zu erwidern.

“Mit mir zu reden?” - “Und dir zuzuhören”, ergänzte sie. Dann stand sie auf. “Aber bitte, Sev,.. Erhol dich erst einmal. Komm zu Kräften. Und hör auf mit diesen Dummheiten. Ich glaube mittlerweile, dass ich nicht unschuldig an deiner Lage bin und ich finde, du hast eine... Zweite Chance verdient. Eine letzte Chance.”

Sie lächelte. Severus tat es ihr gleich. Seine Mundwinkel rissen ein und sofort entspannte er seine Lippen wieder. “Du verzeihst mir?”

“Im Moment hoffe ich nur, dass du mir verzeihen kannst, was in jüngster Zeit passiert ist”, flüsterte sie und blickte ihn traurig an. “Ob ich dir verzeihe, was du zu mir gesagt hast, wird sich herausstellen, Sev.”

Die Tür des Krankenflügels öffnete sich. Ein Junge mit langem, gewelltem hellbraunem Haar mit gelockten Spitzen und großen, wissbegierigen Augen blickte in den weißen Raum und erstarrte, als er Lily sah.

“Remus”, sagte sie zur Begrüßung und nickte ihm zu. Severus versuchte sich aufzusetzen, um an der Trennwand vorbeizublicken, doch es gelang ihm nicht ganz. Er zog sich am Kopf des Bettes hoch, hob seine Decke hinauf bis zur Brust.

“Störe ich?” Die Stimme klang unsicher.

“Ich wollte gerade gehen”, erwiderte Lily, nickte Severus noch einmal zu und ging an Remus vorbei.
 

Als Lily an Remus vorbei ging, sah sie ihn nicht an. Ihre Haare berührten seine Schulter, als sie durch die Tür ging und sie hinter sich schloss. Remus blieb stehen. Sie schien noch immer sehr wütend zu sein. Gestern, nachdem Sirius mit ihr gesprochen hatte, hatte sie sich fürchterlich mit James gestritten. Er wusste nicht, wie es ausgegangen war. Mit James hatte er heute noch nicht gesprochen. Er war nicht im Unterricht erschienen und langsam ahnte Remus auch warum. Der Streit war wohl nicht allzu gut ausgegangen. Er blickte durch den Raum. Madam Pomfrey war nicht da; sicher mischte sie Medizin an. Niemand sonst war im Krankenzimmer. Nur er. Und Snape.

Remus nahm das Buch aus seiner Tasche und ging langsam die Reihen der Betten entlang, spähte hinter jede Trennwand und hoffte insgeheim, niemanden dort vorzufinden. Dann sah er ihn. Und er blickte zu ihm zurück. Severus Snape saß mehr oder weniger aufrecht in einem der Betten, die Beine dicht an seinen Körper gezogen, die Decke bis zu seinem Hals. Er blickte ihn mit einer Mischung aus Angst und Misstrauen an. Remus versuchte zu lächeln.

“Was willst du?” knurrte Snape und verschmälerte seine Augen zu Schlitzen. Remus trat näher an das Bett heran, hielt ihm sein Buch entgegen.

“Du hast das hier in der Bibliothek liegen lassen”, murmelte er leise und blickte ihm aufmunternd entgegen. Severus starrte auf das Buch, wortlos und offenbar nicht sicher, ob er es entgegennehmen sollte. Remus räusperte sich, kam näher und legte es auf den Nachttisch, auf dem sonst nur noch ein unangerührtes Glas Wasser stand.

“Slughorn hat gesagt, dass du hier bist. Ich wollte dich nicht belästigen...” Remus sah sich um. Er zog sich einen Stuhl heran, um mit Snape auf Augenhöhe zu sein und setzte sich. Ihm fiel auf, dass er ihn noch nie ohne Umhang gesehen hatte. Er zog seine Augenbrauen zusammen, ließ seine Blicke über Snapes Arme schweifen. Sie glichen einem Flickenteppich, waren bis hinauf zu den Schultern mit langen, dicken, wulstigen Narben bedeckt. Als Snape den Blick bemerkte, schob er seine Arme rasch unter die Decke.

“Tut mir Leid”, flüsterte Remus und sah unsicher hinauf in Severus’ Gesicht. “Ich meine... Alles.”

“Was?”

“Alles. Was Sirius und Peter getan haben. Und James. Es tut mir Leid.” Er holte tief Luft. Seine Hände spielten mit seinem Umhang. “Und es tut mir Leid, dass ich niemals eingegriffen habe. Dass ich weggesehen habe. Ich kann mich schlecht entschuldigen. Niemand kann sich selbst von seiner Schuld freisprechen. Ich möchte nur, dass du weißt... dass mein Gewissen mich quält... und dass es mir Leid tut, Snape. Wirklich.”

Severus funkelte ihn wütend an. Remus ahnte, dass er irgendeinen Trick vermutete. “Bitte... Glaub mir. Ich will nicht daran Schuld sein, wenn du stirbst.”

“Ist das deine einzige Sorge?!” Severus klang wütend. Er zitterte, wirkte noch immer sehr schwach. “Du willst dein Gewissen bereinigen? Ist das alles? Du willst, dass ich dir verzeihe, nur damit du dich besser fühlst?! Dreckiges Halbblut!” Severus spuckte die letzten beiden Worte förmlich aus und Remus zuckte zusammen. Er sah ihn gequält, traurig, entschuldigend an, schüttelte langsam den Kopf. “Nein, das ist es nicht! Ich will nicht dass du stirbst! Was Sirius, James und Peter getan haben war falsch, genau wie mein Verhalten, das hätten wir nicht tun dürfen...”

“Reichlich späte Erkenntnis”, fauchte Severus und krallte seine Hände ins Laken. “Ich werde dir sicher nicht die Genugtuung verschaffen und dir verzeihen. Und wenn du glaubst, ich hätte mich bloß wegen euch vergiftet, bist du arroganter als ich geglaubt habe!”

Remus griff sich in die Haare und raufte sie, senkte seinen Kopf, stützte ihn auf seine Fäuste. Er spürte, wie seine Augen feucht wurden. Dieses Gespräch war schwerer für ihn, als er geglaubt hatte. Es war so wahr, was Snape sagte, alles... Und nun, da er ihn sah, da er mit ihm redete, schien sein Herz immer mehr zu bluten. Remus konnte niemanden leiden sehen. Nicht einmal Snape, der nun wirklich nicht der höflichste Schüler war.

“Ich glaube nicht, dass es nur an uns lag. Aber... Es war doch der Auslöser, nicht wahr? Das wollte ich nicht. Ich möchte nicht, dass du dir etwas antust, es gibt doch immer eine Lösung, nicht wahr?” Seine Stimme bebte.

“Sag mal, heulst du etwa?” Severus gluckste. Remus sagte nichts dazu, bejahte seine Frage nicht, schüttelte aber auch nicht den Kopf. Er ließ ihn einfach auf die Brust hängen, sein Gesicht von seinen Händen verborgen. “Ganz schön erbärmlich”, schnarrte der Slytherin und Remus glaubte das Gift, das er geschluckt hatte, in seiner Stimme zu hören.

“Ich weine nicht...” Remus wischte sich mit seinem Ärmel übers Gesicht und sah auf. Er hatte nicht geweint. Nicht richtig. Nur ein bisschen. Er wusste, dass Snape es zumindest an seinen geröteten Augen sehen würde. Dass ein Selbstmordversuch sicher um einiges erbärmlicher war, als zu weinen, traute er sich nicht zu sagen.

“Glaubst du nicht, dass es Menschen gegeben hätte, die um dich geweint hätten?”

Severus sah ihn verdutzt an. “Nenn mir drei Personen.”

“Was weiß ich...” Remus überlegte. Er wusste schließlich nicht genau, mit wem Severus zu tun hatte. “Na, deine Eltern sicherlich.”

“Nein.”

“Lily?”

“Das ist eine Person. Nenn mir drei.”

“Ich bin nicht derjenige, der darüber nachdenken sollte, Snape.” Remus blickte ihn ernst an, fast ein wenig zu besorgt, wie er meinte. “Vielleicht müssen es keine drei Personen sein. Vielleicht reicht eine einzige, die dir Kraft spenden kann. Wenn es nur eine Person gibt, die dich versteht, ist das doch schon einiges!”

“Woher willst du wissen, ob es so jemanden für mich gibt?!”

“Es gibt Lily! Sie war bei dir, sie hat...”

- ”Sie versteht mich nicht!”

Severus schlug das Buch und das gefüllte Wasserglas vom Tisch, richtete sich auf und packte nach Remus’ Kragen. “Du verstehst gar nichts!”

“Dann hilf mir doch, dich zu verstehen!” schluchzte Remus und unterdrückte einen neuen Schwall Tränen. Das war zu viel. Er riss sich von ihm los und stand auf. Auf seinem Umhang war ein nasser Fleck, der vom verschütteten Wasser stammte. “Wenn du nichts von dir Preis gibst, brauchst du dich gar nicht wundern!”

Aus dem Nebenzimmer ertönte ein lautes Klirren. Madam Pomfreys rosiges Gesicht tauchte in der Tür auf. Sie sah zornig aus und Remus wusste genau warum.

“Besuchszeit ist zu Ende! Der Patient muss sich erholen!” schimpfte sie und stemmte die Fäuste in die Hüften. Remus wischte sich erneut mit dem Ärmel über das Gesicht. Das ließ er sich nicht zweimal sagen. Mit Snape konnte man nicht reden, das zumindest wusste er jetzt. Er sah ihn nicht mehr an, drehte sich rasch um und ignorierte das abwertende Schnauben, das der Slytherin von sich gab. Sein Herz raste und schmerzte unerträglich, als er mit wehendem Umhang und wirrem Haar das Zimmer verlies, ehe Madam Pomfrey ihn rausscheuchen konnte.

Snape murmelte etwas vor sich hin, doch er verstand es nicht mehr. Als die Tür hinter ihm zuschlug, gab er seinen Tränen nach.
 

[/Chapter VI]
 

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Chapter VII

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Chapter VIII

Chapter VIII ≈ »A Question Of Time«
 

Gegen Morgen war es furchtbar kalt geworden und seltsamerweise war selbst in dem Geheimgang, in welchem James und Sirius die Nacht verbracht hatten, die Temperatur rapide gefallen. Als Sirius erwachte, stellte er fest, dass James sich bereits angezogen hatte und gut einen Meter von ihm entfernt, ganz in der Nähe der leeren Weinflasche, mit dem Rücken zur Wand lag und mit Brille auf der Nase vor sich hin döste. Nun, wo Sirius erwacht war, spürte er wieder diesen ziehenden Schmerz in seinem Unterleib und hätte wahrscheinlich ohnedies nicht weiterschlafen können. Also nahm auch er sein Hemd, die Krawatte und den Pullunder, zog sich seine Schuluniform wieder an, um nicht zu sehr zu frieren und warf sich den Umhang um seine Schultern. Er versuchte sein Gewicht so gut es ging auf eine Gesäßbacke zu verlagern. Er spürte ein starkes Ziehen und ahnte bereits, wie sehr es schmerzen würde, wenn er sich richtig hinsetzte. Sirius wusste nicht, wie spät es war aber das war ihm jetzt auch egal. Es war Freitag und er und James würden sicher nicht die einzigen sein, die an diesem Tag nicht zur Schule gingen. Mit einem müden aber zufriedenen Gähnen kuschelte er sich an seinen Prongs, der ein etwas genervtes Seufzen von sich gab, schmiegte sich an seine Brust und schloss seine Augen.

Er konnte James’ Herz schlagen hören.

Es war wunderschön.

Sirius schlang seine Arme um ihn, drückte Prongs an sich heran, doch irgendwie hatte er das Gefühl, dass der andere ihm auswich; versuchte, sich zurückzuziehen. Sirius zwang sich, seine Augen geschlossen zu halten. Das konnte er sich nur einbilden. Immerhin hatte er mit James geschlafen und der war lange genug mit einem sensiblen Mädchen zusammen gewesen, um zu wissen, dass die ein oder andere Kuscheleinheit nach dem Sex, besonders wenn es so kalt war, nichts falsches war. Wahrscheinlich schlief er und merkte gar nicht, dass er Sirius von sich weg drückte. Dieser ließ es einfach nicht zu, rutschte dicht an James heran und wärmte sich an dessen Körper.

Es dauerte nicht lange, bis Sirius wieder eingenickt war und bis James es aufgegeben hatte, ihn von sich wegzuschieben. Der Duft nach frischem Schweiß, der in Prongs’ Kleidern hing, beruhigte ihn ungemein.
 

| ... |
 

Es war nicht Peters Schuld.

Remus war fest davon überzeugt, dass Peter so etwas niemals aus freien Stücken getan hätte. Alles was er wollte, war James und Sirius zu beeindrucken; das war offensichtlich. Aber das machte ihn nicht unbedingt unschuldig oder ließ ihn unschuldiger erscheinen als er es tatsächlich war. So wenig, wie Remus unschuldig war, der zwar nichts direkt damit zu tun gehabt hatte, aber auch nicht eingeschritten war.

Und aus diesem Grund hatte er auch noch immer Gewissensbisse.

James und Sirius waren nicht die einzigen, die an diesem Tag nicht zum Unterricht erschienen. Auch Snape fehlte, obwohl Remus nicht glaubte, dass dieser noch im Krankenflügel war. Madam Pomfrey konnte Knochen in wenigen Stunden heilen und so eine Endgiftung ging sicherlich mindestens genauso schnell. Trotzdem war er nicht da. Und Remus machte sich Gedanken.

Er wünschte, er wäre eingeschritten. Alles was er getan hatte, war Sirius darauf hinzuweisen, dass er damit zu weit ging. Er hatte nicht auf ihn gehört, was vorauszusehen war. Der Hundeanimagus war so von sich überzeugt und so darauf fixiert, James zu imponieren, dass er ganz vergaß, dass es sich auch bei Snape um ein menschliches Wesen handelte. Diese ganze Misere hatte doch erst damit begonnen, dass sich James für Lily zu interessieren begann und Snape ihm im Weg stand. Warum hatte es nicht einfach aufgehört, als er das hatte, was er immer gewollt hatte? Warum ging es Snape immer noch an den Kragen? Er war doch genau wie alle anderen Slytherin; ein uneinsichtiger Rassist mit Hang zur schwarzen Magie. Sie waren alle gleich. Warum nahmen sie sich nicht Mulciber oder Avery vor? Irgendjemand, der sich wehren konnte und nicht vor Angst erstarrte, wenn man seinen Namen rief?

“Remus?”

Dieses Mal erstarrte der Werwolf. Jemand berührte seine Schulter. Da er sich in den Kerkern befand, befürchtete er zuerst, von einem Slytherin-Mädchen angesprochen worden zu sein, doch als er sich umdrehte und schon aus dem Augenwinkel heraus die roten Haare erkannte, war er sichtlich erleichtert.

“Lily. Du bist es”, murmelte er. “Du hast heute in der Zaubertrinkstunde mal wieder alle alt aussehen lassen.”

“Danke”, erwiderte Lily und schenkte ihm ein liebliches Lächeln. Es war schön sie wieder lachen zu sehen. Das war in letzter Zeit tatsächlich eine Seltenheit bei ihr geworden. Sofort kamen ihm James und Sirius in den Sinn, die die ganze Nacht fort gewesen waren. Davon sagte er ihr lieber nichts. Auch wenn sie mit ihm Streit hatte, würde sie sich sicher Sorgen um James machen.

“Hast du kurz Zeit?”

“´Klar.” Remus brauchte keinen Blick auf seinen Stundenplan zu werfen. Er und Lily hatten jetzt eine Freistunde und danach Verteidigung gegen die dunklen Künste. Es war praktisch, dass er und Lily einen fast identischen Stundenplan hatten. Auch, wenn sie eigentlich wenig miteinander zu tun hatten - bis auf die Tatsache, dass einer seiner besten Freunde mit ihr ging, zumindest bis vor Kurzem - konnten sie sich so immer aneinander orientieren. Lily winkte ihn zu sich rüber und verschwand in einem leeren Klassenzimmer. Remus folgte ihr und stellte sich bereits darauf ein, dass sie ihn über James ausfragen würde. Umso überraschter war er, als er begriff, um wen es tatsächlich ging.

“Du hast Severus im Krankenflügel besucht.” Ihre Stimme klang weniger vorwurfsvoll, als er erwartet hatte. Anscheinend glaubte sie nicht, dass er ihn ‘allein aus Boshaftigkeit’ besucht hatte, so wie anscheinend Snapes erster Eindruck gewesen war.

“Ich wollte mich bei ihm entschuldigen”, erklärte Remus und setzte sich auf ein Pult. “Sirius und James hätten das doch niemals über sich gebracht. Ich wollte nur, dass er weiß, dass es zumindest mir Leid tut.”

“Das finde ich wirklich sehr stark von dir.” Wieder lächelte sie. “Ich habe mir zuerst Gedanken gemacht, ob Sirius dich vielleicht zu ihm geschickt hat, um ihm noch eins auszuwischen...”

- “Das würde ich nie tun”, erwiderte Remus schnell und mit sehr fester Stimme. Lily hob beide Augenbrauen.

“Ich bin mir nicht so sicher, ob er das weiß.”

“Aber ich habe mich entschuldigt. Es ist nicht meine Schuld, wenn er mir nicht glaubt. Ich wollte nur, dass er mal darüber nachdenkt, wer ihn alles vermissen würde. Ich wollte an sein Gewissen appellieren, ihn an seine Eltern und Freunde erinnern. Er ist ja förmlich ausgerastet!”

Lily atmete geräuschvoll durch die Nase aus, schlang ihre Arme um ihren Körper und sah betreten zu Boden. Offenbar suchte sie nach den richtigen Worten. Die Kerzen, die den Raum beleuchteten, flackerten.

“Das war vielleicht keine so gute Idee”, murmelte sie irgendwann und sah auf. Sie blickte sehr ernst. Remus verstand sie nicht. Er hatte dieses Mal wirklich nur helfen wollen. Er wusste doch selbst nicht, wie er seine Fehler wieder gut machen konnte. “Severus ist zu misstrauisch, um überhaupt jemand anderen außer mich als einen Freund an seiner Seite zu dulden. Zu seinen Eltern hatte er noch nie ein gutes Verhältnis. Sein Vater wollte nicht einmal, dass er nach Hogwarts geht.”

Remus horchte auf. Diese Informationen waren ihm völlig neu.

“Außerdem”, fuhr sie fort und ging auf Remus zu. “glaube ich nicht, dass er alles so todernst meint, was er von sich gibt. Es ist erschreckend, wie sehr ihn die Dunklen Künste faszinieren aber wie kann er tatsächlich so ein übler Typ sein, wenn er riskiert von James auseinandergenommen zu werden, nur um zu sehen, wie es mir geht? Er vertraut dir nicht und das kann man ihm nicht verübeln, schließlich ist da eine ganze Menge vorgefallen in den letzten Jahren. Dinge, die auch mit dir zu tun hatten. Ich glaube dir, dass du ein schlechtes Gewissen hast aber du solltest auch deine Absichten genau abwiegen.”

Remus sah Lily erstaunt an. Dann nickte er. Sie musste ihn sehr gut kennen; wahrscheinlich besser, als jeder von ihnen zusammen. Schließlich hatten sie sich schon gekannt, bevor beide auf diese Schule gekommen waren. Sie waren beste Freunde gewesen, bis Snape begann sich für die dunklen Künste zu interessieren und bis... Remus überlegte einen Augenblick.

“Er hat dich Schlammblut genannt.”

“Ja, hat er”, entgegnete sie mit recht schnippischer Stimme. “Glaub nicht, dass ich das vergessen habe. Aber er hat sich entschuldigt, mehrmals. Und auch, wenn er es niemals vor seinen Freunden zugeben würde, rechne ich ihm das hoch an. Und ich bin mir sicher, dass auch er dir hoch anrechnet, dass du ihn besucht und ihn um Verzeihung gebeten hast. Aber genauso wenig wie ich ihm von einen Tag auf den anderen verzeihen kann, kannst du von ihm erwarten, dass er dir sofort verzeiht. Gib ihm Zeit. Und wenn du willst, rede ich mit ihm.”

Langsam wurde es kalt. Es schien, als ob sich Bodenfrost bis in die Kerker fraß. Wieder flackerten die Kerzen. Remus zog seinen Umhang fester zu, schulterte seine Tasche und nickte stumm. Gerade wollte er sich bedanken, als die Tür aufschwang und ein dickes, breites, rötliches Gesicht mit dichtem Schnauzbart durch den Spalt blickte.

“Ah!” rief Slughorn überrascht und öffnete die Tür nun ganz. “Mrs. Evans, eine ganz hervorragende Arbeit, die Sie heute abgeliefert haben! Auch ihr Trank, Lupin, nicht schlecht, nicht schlecht. Aber... Was machen Sie denn noch hier unten? Haben Sie gar keinen Unterricht?”

Lily schüttelte den Kopf, zupfte an Remus’ Umhang und bedeutete ihm, aufzustehen. “Nein, wir haben eine Freistunde, Professor”, erklärte sie ihm und zog Remus mit sich zur Tür. “Wir wollten aber auch gerade gehen. Müssen noch ein paar Hausaufgaben machen, wissen sie?”

“Ja... Ja, ja, natürlich”, entgegnete Slughorn, wirkte aber beinahe ein wenig enttäuscht, dass Lily sich schon aus dem Staub machen wollte. Sie gehörte wohl zu Slughorns Lieblingen. Hatte eine ‘außerordentliche Begabung’. Lily zog ihn an Slughorn vorbei, dem er im Vorübergehen zunickte.

“Du wirst mit ihm reden?” fragte er noch mal zur Sicherheit, als sie die Treppen hinaufstiegen.

“Ja, werde ich”, antwortete sie und ließ nun endlich seinen Umhang los. “Das muss ich sowieso. Mach dir keine Sorgen.”

Aber Sorgen machte er sich ohnehin.
 

Zwei unberechenbare Männer, ein Tarnumhang, die Karte des Rumtreibers, eine Flasche Wein und ein gehöriger Haufen Depression. Remus hatte keine Ahnung, wo Sirius und James waren und was sie die Nacht über angestellt hatten aber irgendwie hatte er ein ungutes Gefühl. Jedenfalls wollte er nicht darüber im Abendpropheten lesen. Er saß im Gemeinschaftsraum, brütete über einem besonders schwierigen Aufsatz, an dem er sich die Zähne ausbiss und versuchte, sich irgendwie von dem Gedanken abzulenken, dass den beiden etwas passiert sein könnte.

Natürlich war den beiden nichts passiert. Natürlich waren sie nur betrunken in irgendeinem Geheimgang eingepennt und hatten den Unterricht verschlafen. Wahrscheinlich würden sie jeden Augenblick Arm in Arm in den Gemeinschaftsraum schneien und sich über ihn lustig machen, weil er schon wieder vor seinen Hausaufgaben saß, obwohl gerade erst wieder die Sonne rausgeguckt und der Wind sich etwas gelegt hatte.

Peter hatte sich zum Lernen in die Bibliothek zurückgezogen. Remus hatte hier bleiben wollen. Hier, wo er sicher gehen konnte, dass die beiden unbeschadet ankamen und wo er Snape nicht über den Weg lief, bevor Lily nicht mit ihm geredet hatte. Um den machte er sich momentan allerdings weniger Sorgen. Er sah auf seine Uhr, die bereits halb sechs anzeigte und fragte sich, wo die beiden nur so lange blieben. Kaum sah er wieder von seiner Uhr auf, schwang das Portraitloch auf und er hörte Fette Dame, die sich lauthals über die Umgangsformen der heutigen Jugend beschwerte. Dann betrat James den Raum, gefolgt von Sirius und dann doch nicht mehr gefolgt von selbigem, da ihr Prongs ohne zu grüßen einfach die Treppe zu den Schlafsälen hochstürmte. Er sah schrecklich gerädert aus. Remus sah fragend zu Sirius, der mitten im Raum stehen geblieben war und mit unergründlich sehnsüchtigem Blick hinauf zu den Schlafsälen blickte, ehe er sich, ohne den Blick von der Treppe loseisen zu können, zu Remus an den Tisch setzte und ein schweres und trauriges Seufzen vernehmen ließ. Remus wusste gar nicht, wie er reagieren sollte. Er hatte sich hundert Standpauken zurechtgelegt, die jetzt, wo James einfach so davon gerauscht war, allerdings nicht mehr die gewünschte Wirkung gezeigt hätten und außerdem verging ihm beim Anblick von Sirius’ Gesichtsausdruck auch schlagartig die Lust dazu. Er spürte, wie sein Herz ganz plötzlich begann zu schmerzen und wie sich sine Eingeweide krampfhaft zusammenzogen, als er merkte, dass Sirius plötzlich mindestens so traurig zu sein schien, wie James am Abend zuvor. Er streckte seine Hand aus und berührte die seines Freundes ganz vorsichtig.

“Sirius...?” flüsterte er, doch sein Freund reagierte nicht auf ihn. Noch immer blickte er verloren zurück zur Treppe. Remus zog seine Hand wieder zurück, schlug das Buch zu, über dem er gebrütet hatte und tauchte sein Gesicht in sorgenvolle Falten. Es brauchte einige Zeit, bis Sirius endlich seinen Blick von dem Punkt abwenden konnte, an welchem er James aus den Augen verloren hatte.

“Hattet... Hattet ihr Streit?” Remus versuchte diese Frage so vorsichtig und umgänglich wie möglich zu stellen. Das letzte, was sie jetzt noch brauchen konnten, war ein interner Streit, doch Sirius schüttelte zu seiner Erleichterung den Kopf.

“Nein. Er muss sich nur mit der Tatsache abfinden, dass du nicht sein bester schwuler Freund bist.”

Sirius versuchte ein Lächeln. Remus runzelte die Stirn.

Bester schwuler Freund? Denkt ihr das wirklich von mir?”

- “Keine Sorge”, erwiderte Sirius und legte sein Gesicht in seine Hände. “Der Irrtum ist aufgedeckt.”
 

[/Chapter VIII]
 

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[A/N: Und wieder bedanke ich mich bei Romano, meinem Moony, für die kreative Hilfe.]

Chapter IX

Danke für die Reviews.

Wenn ihr irgendetwas nicht versteht, könnt ihr euch sicher sein, dass es noch erörtert wird (wenn ihr etwas nicht versteht und es auch nicht erklärt wird, könnt ihr davon ausgehen, dass es irgendein bekloppter Insider zwischen mir und meinem Moony oder meinem personal Weasley war...). Und tut mir Leid für die Flüchtigkeitsfehler, die sich sicher immer mal wieder einschleichen.
 

Dass James‘ Gedanken nicht genauer erörtert werden liegt daran, dass er laut Planung nur ein Nebencharakter ist. Zu viele Hauptcharaktere würden mir das ganze nur erschweren. Ich bin ja so bequem. ;)
 

Romano: „Wenn du das nächste Kapitel nicht bis morgen fertig hast, werde ich dich bestrafen!“

(Das ist der Grund, weshalb ich so schnell schreibe. Sie tut es nämlich wirklich... *ängstlich zum Rohrstock schiel* ...)
 

Chapter IX ≈ »Yes and No, Maybe So«
 

Severus war ganz froh darüber, dass Professor Slughorn ihn für diesen Freitag noch krankgeschrieben hatte. Er hätte es einfach nicht übers Herz gebracht, an diesem Tag bereits allen, die er hatte zurücklassen wollen, in die Augen zu blicken. Außerdem hatte er ohnehin noch ein sehr langes Gespräch mit Dumbledore gehabt, der sich offensichtlich große Sorgen um ihn machte, was Severus eigentlich sehr erstaunte. Er hätte nicht gedacht, dass diesem alten Mann tatsächlich so viel an seiner gegenwärtigen Lage lag und dass dieser auf diese Art und Weise - besser zu spät als nie - sein aufrichtiges Interesse für seine geistige Gesundheit bekundete.

Severus hatte ein paar Diagnose-Zettel von ihm bekommen, die er bereits in ähnlicher Form vor vielen Jahren in der “Welt der Muggel” hatte ausfüllen müssen, weil die Schulpsychologin ihm gleich drei Persönlichkeitsstörungen auf einmal hatte hinterherwerfen wollen. So hatte Severus seinen mehr oder weniger freien Tag damit verbracht, das sorgenvolle, faltige Gesicht von Professor Dumbledore zu betrachten und ihn über die tatsächlichen Gründe seiner Depressionen anzuschweigen - und die Zettel so gut es ging und so aufrichtig wie möglich auszufüllen, wobei ihm zum wiederholten Male auffiel, dass er das Geburtsdatum seines Vaters nicht kannte. Er glaubte, dass diese Information nicht von allzu großer Wichtigkeit sein konnte und so schätzte er das ungefähre Alter seines Vaters Tobias Snape; plus minus ein oder zwei Jahre. Das seiner Mutter wusste er hingegen genau. Er schickte ihr jedes Jahr zu ihrem Geburtstag eine Eule, besonders weil er wusste, dass sein Vater es nicht ausstehen konnte, wenn Eulen auf seinem Fenstersims landeten.

Der Fragebogen bestand aus vierundfünfzig beidseitig beschrifteten Zetteln, die zusammengeheftet waren. Wie viele Fragen es waren, die Severus entweder durch Ankreuzen verschiedener Antwortmöglichkeiten, durch Stichpunktaufzählung oder durch Beantwortung in ganzen Sätzen beantworten musste, wollte er gar nicht wissen und so arbeitete er sich wie der Straßenkehrer langsam vor, ohne auf den Weg zu blicken, der noch vor ihm lag.

Die Fragen glichen denen des psychiatrischen Muggelfragebogens sehr, mit dem Unterschied, dass dieser beantwortete Fragebogen durch Dumbledore an einen Psychiater der Hexenwelt übermittelt wurde, der mit Severus’ Problemen wohl mehr anfangen konnte als ein Muggel, der bei den Worten ”...haben mich durch ‘Levicorpus’ mehrmals in der Luft baumeln lassen...” sofort auf Wahnvorstellungen getippt hätte.

Die Diagnose werden sie schriftlich per Arztbrief erhalten. Da auch beim magischen Volk Tränke nur eine vorübergehende Wirkung und mehr Nebenwirkungen als die muggelüblichen Psychopharmaka haben, werden wir uns überlegen, ob eine magische oder nichtmagische Therapiemethode bei Ihren Symptomen von Vorteil wäre. Bitte beantworten Sie die Fragen so genau wie möglich und natürlich wahrheitsgemäß.

Und das tat Severus. Mehrmals legte er seine Feder bei Seite und las sich die Fragen drei oder viermal durch, überlegend, ob er sie nicht einfach auslassen oder absichtlich vergessen sollte. Fragen wie ”Gab es Ereignisse in Ihrer frühen Kindheit, die Sie in Ihrer Entwicklung gestört haben könnten und wenn ja, welche?” waren nicht einmal die am schwersten verdaulichsten Fragen, mit denen er sich auseinandersetzen musste. Eine Frage erinnerte ihn unwillkürlich an den Heuler, den er erhalten hatte.

”Leiden sie unter ihrer Sexualität, sexueller Verwirrung oder darunter, sich ihre sexuelle Ausrichtung einzugestehen?” Die Antwortmöglichkeit ”Vielleicht, kann sein, keine Ahnung.” gab es leider nicht und so hatte Severus sie dummerweise mit ”Ja” beantworten müssen, was ihm einen gewaltigen Klos im Hals beschaffte.

Zum Glück gab es Menschen, die gleich zur Stelle waren und noch ordentlich Salz in die Wunde streuten. Was hätte Severus nur ohne Evan Rosier getan, der nach der Vollendung der einundzwanzigsten Seite des Fragebogens zu ihm an den kleinen, versteckten Tisch weit hinten im Gemeinschaftraum stieß und sich ihm direkt gegenüber hinsetzte, als seien gerade nicht zufällig fast alle Tische vollkommen menschenleer...

Severus sah von seinem Fragebogen auf und verdeckte ihn mit den weiten Ärmeln seines Umhangs, sah fragend hinüber zu Rosier, der ihn zu beobachten schien und hob eine Augenbraue. Er wollte nicht darauf angesprochen werden. Er wollte, dass es einfach ignoriert wurde und alle so weiter machten, als wäre nichts geschehen...

“Lucius hat davon gehört”, murmelte Rosier plötzlich mit gesenkter Stimme, als steckten sie bereits mitten in einer Konversation. “Von dem Heuler und so meine ich”, fügte er hinzu und sah ihn vielsagend an. “Du weißt schon. Die Sache mit dem Gift...”

Severus’ Hände verkrampften sich und seine Finger krallten sich in den Stoff seiner Ärmel. Er war angespannt. Einfach gehen konnte er jetzt nicht. Er wollte hören, was ihm Rosier zu sagen hatte. Eigentlich schwante ihm nichts gutes. Er rechnete bereits damit, wegen der Gerüchte um ihn und das Schlammblut wieder ausgeladen zu werden und eigentlich hatte der Versuch, sich das Leben zu nehmen, diesen Verdacht doch eigentlich nur untermauert.

“Er ist empört”, fuhr Rosier fort. “Er hält es für eine Schande, eine Bloßstellung und Degradierung des ganzen Hauses Slytherin.”

Severus ließ den Kopf hängen. Rosier legte den seinen schief, um zwischen dem Vorhang aus schwarzem, fettigen Haar hindurchzublicken. “Er sagte es sei eine Demütigung für alle; nicht nur für dich. Und dass jemand etwas gegen diese verdammten Lügner aus Gryffindor unternehmen sollte.”

Nun sah er auf. Severus dunkle Augen blitzten durch seine Haarvorhänge hindurch und blickten Rosier mit neugieriger Miene entgegen. Der letzte Satz hatte ihn tatsächlich stutzig gemacht. Es war nicht Severus, auf den sie wütend waren? Sie glaubten tatsächlich, dass Potter und Black Lügen über ihn verbreiteten? Er musste sich zwingen, nicht zu Lächeln. Das fiel ihm nicht schwer.

“Tatsächlich?” fragte er so trocken und uninteressiert, wie es nur möglich war und setzte sich gerade hin. “Siehst du das auch so?”

Rosier nickte sehr zögerlich und versuchte einen Blick auf den Fragebogen zu erhaschen, den Severus vor sich liegen hatte. Dieser achtete gut darauf, dass nicht einmal die Überschrift erkennbar war. Rosier war ein unheimlich gutaussehender und intelligenter Junge, der seine Talente dummerweise immer wieder verschwendete und durch seine Eigenschaften als Hasardeur gerne aufs Spiel setzte. Diese Eigenschaft hatte er mit Avery gemein, auch wenn Rosier viel reifer wirkte und bereits einen solch starken Bartwuchs hatte, dass er sich jeden morgen gründlich rasierte. Er hatte einen blonden Pagenschnitt und ein schmales, spitzes Gesicht mit eingesunkenen Wangen, was ihn eigentlich nur noch hübscher erscheinen ließ. Seine Augen hatten keine bestimmte Farbe, es war ein wirrer Mix aus grau, blau, grün, braun und sogar gelben Sprenkeln. Sturmaugen. Severus mochte sie. Was er gar nicht mochte war, dass sie unnachlässig versuchten, einen Blick auf seinen Fragebogen zu erhaschen.

“Eigentlich”, begann er, als er es endlich aufgegeben hatte und sich wieder zurücklehnte. “glaube ich nicht, dass du tatsächlich auf dieses Schlammblut abfährst. Ich meine, ich kenne dich, Severus. Es wäre doch wirklich eine Verschwendung. - Ohne dir zu nahe treten zu wollen, versteht sich. Allerdings...”

Es kam selten vor, dass ihn jemand hier Severus nannte und es hatte einen seltsamen Beigeschmack.

“Allerdings was?” fragte Severus misstrauisch und hob beide Augenbrauen stark an.

“Allerdings... Na ja, verstehst du, ich habe gar nichts gegen Schwule, um es mal so zu sagen.”

Severus stutzte. “Schwule?”

“Ja. Sie nannten dich latent homosexuell und, nun ja, weißt du, es ist nichts Schlimmes. Ich bin ja kein Rassist. Ich bin Idealist. Und du weißt sicher auch, dass Avery einer meiner besten Freunde ist und erst letztes Jahr etwas mit einem Jungen aus Ravenclaw hatte...”

- “Avery...?” Severus’ stimme klang trocken und heiser, wie ein heißer Windhauch, der sein Ziel kaum zu erreichen vermochte. Rosier nickte.

“Ich dachte, er hätte es dir gegenüber vielleicht mal erwähnt.”

Severus war sich sehr sicher, dass Rosier das nicht dachte und ihn nur aus der Reserve locken wollte. Er ging nicht darauf ein, senkte erneut seinen Kopf und tat so, als sei er in seinen Fragebogen vertieft. Rosier blieb sitzen und Severus konnte seine Blicke auf seiner Haut, seinem Gesicht, seinen Händen spüren. Meinte er das etwa ernst? Wollte er sich nun tatsächlich mit ihm über... über seine Sexualität unterhalten? Severus sah auf die nächsten drei Fragen, die mal wieder mit seinem Elternhaus zu tun hatten. Dann seufzte er und sah auf.

“Ich bin nicht schwul, Rosier”, murmelte er leise, damit ihr Gespräch sonst niemand mitbekam. “Ich bin... war sehr in ein Mädchen verliebt. Ich mag Mädchen.”

Rosier sah ihn noch immer an, als habe er ihn nicht richtig verstanden. “Oh”, machte er und es war dieses Oh, das er sich von Avery angewöhnt hatte. Er hasste diesen Laut. Rosiers schöne, dunkle Stimme war nicht dafür geschaffen. Sie war dafür geschaffen, Predigten zu halten und Erklärungen zur Verkommenheit der heutigen Gesellschaft abzugeben. Er war ein guter Redner, wenn er wusste wovon er sprach. Aber ein sehr schlechter Schweiger.

“Und du interessierst dich gar nicht für Männer?”

Severus glaubte für den Bruchteil einer Sekunde, Enttäuschung aus Rosiers Stimme heraushören zu können.

“Warum fragst du?”

Rosier schwieg und endlich hörte er auf, Severus anzustarren. Stattdessen lehnte er sich zurück und suchte mit seinen Augen einen Punkt an der Wand, der interessant sein könnte, entschied sich für ein Portrait und schien gedanklich einfach abzudriften. Severus seufzte leise, zückte seine Feder und machte sich wieder über seinen Fragebogen her.

”Wie war das Verhältnis zu Ihrem Vater während Ihrer Kindheit und heute?”

‘Schlecht bis ganz miserabel’, schrieb Severus.

”Wie war das Verhältnis zu Ihrer Mutter während Ihrer Kindheit und heute?”

‘Ganz okay. Sie ist nett. Nett und fürsorglich. Nicht lieblos. Nur etwas spröde’, schrieb er und fand die Art und weise, wie er die Beziehung zu seiner Mutter beschrieben hatte, sehr passend. Nicht lieblos - aber spröde.

”Haben Ihre Eltern oder ein Elternteil jemals...”

“Du bist ein interessanter Mensch.”

Severus zuckte zusammen. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Rosier das Thema noch einmal aufgreifen würde.

“Interessant?” fragte er und sah augenblicklich von seinem Fragebogen auf.

“Ja”, erwiderte Rosier und Severus bemerkte, dass er noch immer das Portrait des Nagas betrachtete, der eine aus Knochen gemachte Harve spielte. “Du bist unglaublich begabt; sowohl in Verteidigung gegen die Dunklen Künste, als auch in den Dunklen Künsten selbst. Lucius meinte selbst, dass ich wohl noch von dir lernen könnte.” Er schmunzelte. “Du interessierst dich dafür, du lernst es, du studierst es und verheimlichst es vor niemandem. Sicher wäre der Dunkle Lord stolz, einen Mann wie dich an seiner Seite zu haben.”

Severus’ Wangen verfärbten sich leicht rosa und er versteckte sie eilig hinter seinen Haaren. Das waren zu viele Komplimente auf einmal. Er schluckte schwer, fingerte an seiner Feder herum und kleckste versehentlich mit seiner grünen Tinte auf den Fragebogen, bei dem er sich so viel Mühe gegeben hatte. Das hatte er nicht erwartet. Nicht jetzt. Und sicher nicht von Evan Rosier.

“Wir sind Schüler und keine Männer. Der Dunkle Lord könnte nichts mit uns anfangen”, murmelte Severus, um sich davor zu drücken, sich für die üblichen Komplimente zu bedanken. “Mag sein, dass ich in den Dunklen Künsten recht bewandert bin...”

“Und du bist bescheiden.” Evan Rosiers Stimme klang sehr ernst, als seien es weniger Komplimente als simple Feststellungen. “Möchtest du nicht eines Tages Todesser werden? Mein Vater ist Todesser. Lucius’ Vater ebenfalls. Wir könnten sicher einiges arrangieren. Du kommst doch mit auf Lucius’ Feier, nicht wahr?”

Severus nickte geistesabwesend und putzte den Kiel seiner Feder mit seinem Ärmel ab.

Todesser.

Ja, er hatte schon oft darüber nachgedacht. Die Großmeister der Dunklen Künste, die Diener Lord Voldemorts. Die, die sich nicht scheuten, einen Fluch auszusprechen, anstatt einen gegnerischen Angriff mit einem einfachen Protego abzuwehren. Er hatte sich diese Option mehr als einmal durch den Kopf gehen lassen und war sich sogar sehr sicher, sollte er eine Chance dazu haben, ihnen beizutreten, dass er sie auf der Stelle nutzen würde.

Und dann kam Lily. Sie kam in den Krankenflügel und zurück in sein Leben und mit ihr all die Zweifel.

Ein Todesser zu sein, bedeutete nicht nur offen schwarze Magie zu praktizieren, sie zu studieren und zu erweitern. Es bedeutete, Hass zu schüren. Hass gegen die Personen, die ihm nichts bedeuteten, bis auf die eine; das Schlammblut, das er liebte.

“Ich möchte mit dir zusammen auf die Party gehen.”

Wieder riss Rosier ihn aus den Gedanken.

“Was?” fragte Severus und sah auf, hatte vollkommen den Faden verloren.

“Lucius’ Party. Ich möchte mit dir dort hingehen.”

“Aber wir gehen doch ohnehin zusammen hin, oder nicht? Mit Avery, Mulciber und den Blacks.”

“Nein, nein.” Rosier schüttelte den Kopf und sah Severus eindringlich an. “Ich meinte, dass wir als Paar auf diese Party gehen.”

“Als Paar?”

“Ja. Als Paar.”

Severus war erstaunt, mit was für einer festen und noch immer dunklen Stimme Rosier bei diesem Thema sprechen konnte und vor allem, dass er nicht flüsterte, obwohl der Raum sich langsam mit Schülern füllte.

“Du willst... Mit mir gehen”, bemerkte Severus und legte seine Stirn in Falten.

“Ja.”

Gut. Zumindest hatte er es nicht falsch verstanden.

“Du willst mich doch veralbern”, knurrte er und rollte den Fragebogen zusammen, um ihn einzustecken. Rosier konnte es nicht ernst meinen. Er wollte ihn testen. Ja, wahrscheinlich war es nur wieder ein Test und seine Klassenkameraden würden gleich hinter einem Vorhang hervorspringen und ihn auslachen. Er schloss sein Tintenglas und verstaute alles sorgfältig in seiner Mappe. Dann stand Rosier auf. Er war groß, etwa einen halben Kopf größer als Severus und hatte um ein vielfaches breitere Schultern. Wieder sah er ihn an. Severus sah es nicht aber er merkte es sofort. Blicke ließen seine Haut kribbeln.

Er wollte aufsehen, sich umgucken, ob schon irgendjemand mit dem Finger auf ihn zeigte, als Rosier um den Tisch herum kam, sich zu ihm hinab beugte und ihm mit flinken aber unerwartet kräftigen Fingern die Haare aus dem Gesicht strich.

“Denk darüber nach”, raunte er und hauchte ihm einen Kuss auf die bleiche Wange.

Dann viel der Haarvorhang zu.
 

[/Chapter IX]
 

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Chapter X

Guten Morgen.~

Was diese Rosier-Sache betrifft, bin ich mir selbst nicht so sicher. Ich habe ihn durch ein LARP-ähnliches RPG recht lieb gewonnen aber wahrhaftige Gefühle Severus gegenüber... kann ich mir nur schwer vorstellen.

Ist noch im Entwicklungsstadium.
 

Snape und Sex... ist auch so eine Sache. Ich denke schon, dass er Sex hatte. Ich kann ihn mir sogar sehr gut in einem Bordell vorstellen (wobei du, PoS, mich gerade auf eine schöne Idee für einen PWP-One Shot gebracht hast)... *hüstel* Ich denke aber nicht, dass er sich jemals neu verliebt hat. - Ganz unabhängig von dieser Story...

Snape + schwul = Never. Da ist schließlich noch Lily. Evtl. bisexuell?
 

Chapter X ≈ »The Promise And The Liar«
 

Nichts war seltsamer und fremder gewesen als dieser Freitag. Als Severus am Samstag Morgen gewohnt früh erwacht war, hatte er erst einmal seine Gedanken ordnen und Traum von Wirklichkeit trennen müssen. Als er aufgestanden und wie in Trance und aus reiner Gewohnheit zum Frühstück gewankt war - ohne genau zu wissen warum, da er sowieso nichts aß - hatte er sogar geglaubt, noch immer zu träumen.

Das legte sich auch nicht als er gegen Mittag in die Bibliothek ging, um Madam Pince seine Erlaubnis für den Zutritt zur eigentlich Verbotenen Abteilung zu zeigen, die er von Slughorn bekommen hatte. Die Bibliothek war menschenleer. Das war leicht zu erklären, wenn man aus dem Fenster und die Sonne sah und bedachte, dass es immerhin Samstag und kein gewöhnlicher von Schulalltag und Routine beladener Wochentag war. Das war ihm ganz recht. Noch immer mit dem Gefühl des Surrealen um sich herum kämpfend, machte er sich erst auf den Weg in die Abteilung, in der die Sachbücher über die Dunklen Künsten und die Verteidigung über eben jene standen, sah die Regale durch und überlegte, wie er möglichst unauffällig seine Zutrittserlaubnis an den Mann - beziehungsweise an die äußerst misstrauische Madam Pince - bringen konnte. Wie hätte er nur im Traum glauben können - auch wenn es sich hier ganz offensichtlich langsam um keinen Traum mehr handelte - dass er tatsächlich alleine war?

Die Bibliothek war ein vergleichsweise gut besuchter Ort und so war es nicht weiter verwunderlich, dass er bald die Aufmerksamkeit eines Mädchens auf sich zog, das sich zum Lesen an einen der Tische zurückgezogen hatte. Vor ihr lag ein Buch über Zaubertränke, in welchem sie bis zum vorletzten Kapitel vorgeblättert hatte, um sich die Informationen zu beschaffen, die sie wirklich gebraucht hatte. Ihr rotes Haar schlug Wellen über ihren Schultern, umschmeichelte ihr schmales Kinn und fiel bis auf ihre Brust. Smaragdgrüne Augen blitzten zwischen ein paar roten Fransen hervor und verfolgten jede Bewegung des selbsternannten Halbblutprinzen. Es dauerte nicht lange, bis ihn ein ungutes Gefühl beschlich; bis es begann, in seinem Nacken zu kribbeln, doch ehe er sich umgedreht hatte, hatte das hübsche Mädchen auch schon das Leihbuch zugeschlagen und war aufgestanden.

“Sev”, hauchte sie mit sehr zerbrechlicher Stimme. Severus drehte sich langsam um und spürte, wie ihm sein Herz im selben Moment immer tiefer bis in seine Hose rutschte. Das war ein ganz ungünstiger Zeitpunkt, um sie zu treffen.

“Wie geht es dir heute? Besser?”

Lily hatte das Buch einfach in die Mitte des Tisches geschoben und ging schnellen Schrittes auf ihn zu. Ihr welliges Haar wippte dabei auf und ab, als ob es aus tausend kleinen Spiralen bestand. Severus wollte etwas antworten, doch er wusste nicht, ob die Wahrheit sie tatsächlich zufrieden stimmen würde. Dennoch brachte er ein sehr zurückhaltendes Lächeln über sich und nickte ihr zu.

“Und wie geht es dir?”

“Besser”, antwortete sie und erwiderte das Lächeln. Es ging ihr besser. Severus’ Lächeln verblasste unwillkürlich, als er registrierte, dass er nicht der einzige war, dem es in letzter Zeit nicht allzu gut ergangen war. Rasch versuchte er seine Gedanken zu ordnen, um zu begreifen, weshalb es ihr schlecht gegangen war, um seine Anteilnahme auszudrücken.

“Aber... Dass es dir schlecht ging, war doch nicht meine Schuld?”

Das war wohl die Frage, die Severus noch am ehesten als angebracht empfand. Er konnte sich vorstellen, dass er durch seine egoistischen Aktionen in den letzten Tagen und Jahren einiges angerichtet hatte, für das er sich noch immer entschuldigen musste. Lily schüttelte verneinend den Kopf, wirkte aber eher, als ob sie damit nicht nein sondern bloß ein nicht nur deine Schuld meinte.

“Ich hatte Streit mit James.”

“Wegen mir?”

“Sei nicht so arrogant! Glaubst du tatsächlich, dass du einen Streit wert bist?”

Sie lachte. Severus erwiderte es mittels eines sehr gequälten Lächelns, bis er sehr zurückhaltend in das Lachen einstimmte, was Lily zu freuen schien.

“Du hörst dich schon an wie ich.”

“Stört dich das?”

“Nun ja... Es passt nicht zu dir.”

Lily verschränkte die Arme vor der Brust und ihre Mundwinkel kräuselten sich. Severus fragte sich, ob sie ihn nachäffte.

“Dann bestraf mich doch, du ‘großer Todesser’.” Sie verstummte. Dann begann sie erneut damit, die Bibliothek in den Klang eines himmlischen Lachens zu tauchen. “Du hättest dein Gesicht sehen sollen”, lachte sie und streckte ihre Hand nach Severus aus, der reflexartig zurückzuckte und seine Hand hob, als wolle er sich gegen einen Angriff verteidigen. Das Lachen des Mädchens erstarb. “Entschuldige.”

“Wofür?” Severus ließ seine Hand rasch sinken und schob sie in seine Manteltasche, wo er den Passierschein für die verbotene Abteilung erfühlte. “Ich muss noch was erledigen.”

“Läufst du vor mir weg?”

“Nein”, erwiderte er schnell und schüttelte heftig den Kopf, wie ein Pferd, das Fliegen vertreiben wollte. “Nein, ich bin gleich wieder da.”

Er lächelte, um ihr zu zeigen, dass sie sich keine Sorgen zu machen brauchte doch für einen Moment spielte er tatsächlich mit dem Gedanken, nicht zu Madam Pince zu gehen, sondern geradewegs zum Astronomieturm, um sich von diesem hinab in den Tod zu stürzen. Es war eigentlich ganz egal, was er nun tat, da sein Herz so schnell schlug, dass er ohnehin glaubte jeden Augenblick einem Herzinfarkt zu erliegen. Er presste seine Hand auf seine Brust, als versuchte er, es festzuhalten und ging mit schnellen, langen Schritten auf Madam Pince zu, die an einem alten, eichenen Schreibtisch saß und eine sechseckige grüne Brille auf der Nase trug. Als er auf sie zukam hob sie ihren Kopf und sah ihn mürrisch an. Severus konnte sehen, dass sie keine schöne Frau sein würde, wenn sie alt war, da sich um ihrem Mund bereits tiefe und wütende Falten gebildet hatten, die so aussahen, als ob sie in ihrem Leben gelacht hätte. Vielleicht hatte er selbst eines Tages auch solche Falten. Noch bevor sie fragen konnte, was er wollte, holte er den Passierschein hervor und knallte ihn auf ihren Tisch.

“Ich muss in die verbotene Abteilung.”

“Und Sie haben eine Erlaubnis?”

Severus biss die Zähne zusammen und schob den Zettel über den Schreibtisch, bis er gegen ihre Brust stieß und hob erwartungsvoll die Augenbrauen. Madam Pince schob ihre Brille etwas höher, hob den Zettel an und schien ihn sehr genau zu studieren. Dann steckte sie ihn ein und stand auf.

“Na schön”, knurrte sie, als ob sie persönlich etwas dagegen hatte. Und plötzlich wurde die verbotene Abteilung zur erlaubten Abteilung.

Als er mit Madam Pince an Lily vorbei kam, heftete sie sich einfach an seine Versen. Severus wusste, dass die strenge Bibliothekarin sie nicht mit sich in die Abteilung lassen würde. Dazu musste sie sich schon selbst eine Erlaubnis holen und so blieb sie etwas enttäuscht vor der Barriere stehen und versprach Severus auf seine Bitte hin, noch fünf Minuten auf ihn zu warten.

Lily hatte Streit mit James gehabt. Severus wusste nicht, was das für ihn bedeutete, doch der Gedanke beflügelte ihn ungemein. Er konnte an nichts anderes denken, während er durch die Gänge der Abteilung schritt und zielstrebig nach Büchern griff, sie durchblätterte und wieder zurückstellte. Er war gar nicht bei der Sache und er hatte bloß fünf Minuten, in denen er versuchen musste, ein Buch zu finden, das ihm weiterhelfen konnte. Als er bereits ein genervtes Seufzen hinter den Regalreihen vernehmen konnte, griff er sich einfach drei sehr vielversprechende Bücher, schob sie in seine Tasche und eilte zum Ausgang.

Lily war nicht begeistert, als er die Bücher von Madam Pince absegnen ließ.

“Wieder so ein Todesserkram, huh?” murmelte sie finster und laut genug, damit Madam Pince es hören konnte, die Severus daraufhin einen sehr bitteren Blick zuwarf.

“Ich bin kein Todesser”, entgegnete er rasch und ebenso gut hörbar.

“Nicht? Wie nennt man es dann? VJ? Die Voldemort-Jugend?”

“Sehr clever, das mit der HJ zu vergleichen. Wenn du dich mit mir streiten willst, mach nur weiter so.”

Er verlies die Bibliothek, die Bücher gut verstaut, wartete jedoch auf Lily. Er wollte keinen Streit und er war sich sehr sicher, dass sie auch keinen wollte. Sie wollte reden. Ihm zuhören. Das, was sie ihm versprochen hatte.

“Die HJ waren ja auch keine Nazis. Das waren Kinder, die dumm waren und Angst hatten, geschnitten zu werden, dort Freunde gefunden haben und denen zweifelhafte Werte vermittelt wurden. Aber sie haben es geglaubt und Steine auf jüdische Geschäfte geschmissen.”

“Danke, Lily. Falls du dich erinnerst hatte ich selbst bis zur siebten Klasse Geschichtsunterricht. Du kannst das nicht vergleichen.”

Lily hielt an, mitten im Gang und packte Severus am Ärmel. “Kann ich nicht?” Sie klang aufgebracht. “Severus, denk mal nach. Warum machst du das? Warum hast du mich ein Schlammblut genannt? Warum gehst du zu Malfoys Party?”

“Woher weißt du von Malfoys Party?”

“Das ist doch ganz egal.” Sie atmete tief ein, riss an Severus’ Ärmel, damit er sie ja ansah und keinen Fluchtversuch starten konnte. “Darum geht es hier gar nicht.”

Zwei Ravenclaw-Schülerinnen, die mit ihm zusammen in zwei Kursen waren, kamen aus einer Tür auf den Flur und begannen zu kichern, als sie ihn sahen. Wahrscheinlich dachten sie, dass er gerade von einem Mädchen zusammengestaucht wurde. Sie begannen zu tuscheln, steckten ihre Köpfe zusammen und warfen ihm immer wieder kurze Blicke zu, nur um dann erneut in leises und mädchenhaftes Gekicher zu verfallen.

“Lass uns woanders reden”, murmelte Severus, der den beiden mit starrem Blick hinterher blickte. Er hätte gerne gewusst, was sie geredet hatten. Wahrscheinlich ging es um den Heuler. Wie alles. Das würde man ihm noch ewig vorhalten. Auch Lily hatte die beiden Mädchen bemerkt und schnaubte verächtlich. Sie hatte Severus losgelassen.

“Scheiß auf die”, sagte sie und zeigte plötzlich wieder ein Lächeln. “Die sind nur neidisch, weil ihr Sud in der letzten Zaubertrankstunde so angebrannt ist, dass auf dem Boden des Kessels eine zentimeterdicke, verkohlte schwarze Schicht war und wir beide mal wieder den Lob eingeheimst haben. Scheiß auf die Hühner.” Sie zwinkerte ihm zu. Liebe Geste. Mal wieder. Doch er glaubte ihr nicht. “Gehen wir raus, an den See.”

“Da sind mir jetzt zu viele Menschen.”

“Dann gehen wir zu unserem Baum.”
 

Ihr Baum war eine Blutbuche, die ganz am Rande des verbotenen Waldes stand, nicht weit entfernt von der Hütte des Wildhüters. Er war weit vom See entfernt und hatte ihnen früher im Sommer immer Schatten gespendet, während sie gemeinsam dagesessen und über Gott und die Welt gesprochen hatten. Damals hatten sie auch über Potter gesprochen aber Severus hatte das Gefühl gehabt, dass sie ihn nicht besonders mochte; dass sie ihn sogar verachtete. So konnte man seine Meinung ändern. Frauen waren eben so.

Als sie nun unter ihrem Baum saßen, die Stimmen der anderen so weit entfernt und sie seine Hand nahm, mit ihren Fingern sanft über seine hervorstehenden Fingerknöchel streichelte, fühlte er sich beinahe wie vor vier Jahren, als die Welt noch mehr oder weniger “in Ordnung” war und der Gedanke, ein Todesser zu sein, in weiter Ferne.

“Tut mir Leid, dass ich vorhin so ausgerastet bin. Ich mag es nicht, wenn du diese Bücher liest.”

“Ich weiß”, antwortete Severus leise und sah hinauf in das dunkelrote Blattwerk. “Und ich mag es nicht, dass du mit Potter zusammen bist. Wir sind quitt.”

“Wenn wir quitt sein sollen, dann mach auf der Stelle mit diesen Büchern Schluss.”

“Ich soll...” Severus brach ab. Lily lachte aber er hörte genau, dass es kein echtes Lachen war; dass es traurig war und nur dazu diente, ein paar Tränen zu verdrängen. “Du hast ihn verlassen.”

“Ja”, erwiderte sie und es war kein Lachen in ihrer Stimme zu hören. Severus drückte ihre Hand.

“Tut mir Leid.”

“Heuchler.”

“Tut mir Leid.”

“Halt die Klappe, Sev.” Sie seufzte schwer, ließ ihren Körper zur Seite kippen und lehnte sich an seine spitze Schulter. Ihr rotes Haar kitzelte in seinem Gesicht. “Vielleicht war das alles ein Fehler.”

“Ich will ja nicht sagen, ich hab’s ja gesagt, aber: ich hab’s ja gesagt.”

Sie boxte ihm in die Seite. “Darf ich das gleiche sagen, wenn du eines Tages von deinen eigenen Leuten gekillt wirst?”

“Von meinen eigenen Leuten?”

“Immerhin lehnt ein Schlammblut an deiner Schulter.”

Severus lächelte. “Ja, darfst du. Und außerdem werde ich mich nachher ohnehin duschen.”

Wieder bekam er einen Schlag ab. “Das wäre ja mal ganz was Neues.” Lily sah auf in Severus’ Gesicht, der jetzt tatsächlich ein wenig beleidigt war, und lächelte. “Hey, ich darf das sagen”, rechtfertigte sie und legte eine Hand in seinen Schoß, streichelte sanft über sein Bein.

“Ach, darfst du das?”

“Ja. Das bist du mir schuldig, weil ich beschlossen habe, dir zu vergeben.”

Severus’ Herz schien für einige Sekunden auszusetzen. Er schluckte und legte seinen Kopf gegen die raue, kalte Rinde.

“Wenn das so ist”, begann er und räusperte sich, um den Frosch in seinem Hals loszuwerden. “darfst du mich nennen, wie du willst und zu mir sagen, was du willst.”

“Darf ich dich auch vor allen anderen ein Halbblut nennen?”

Severus lachte. “Wenn du das tust, werde ich weinen.”

“Dann tu ich es nicht.” Lily schmiegte sich an ihn und schloss die Augen. “Ich will, dass du nie wieder wegen mir weinst. Ich werde dir keinen Grund mehr geben.”

Der Wind wirbelte ihr Haar auf und blies es direkt in das Gesicht des Jungen. Es roch nach Lilien und irgendwie auch ein wenig nach Eukalyptusöl.

“Versprich es”, raunte er und atmete im nächsten Atemzug erneut diesen berauschenden Duft ein.
 

“Ja. Ich verspreche es.”
 

| ... |
 

“Es ist Samstag und die Sonne scheint. Warum kommst du nicht raus?”

Auf dem Boden vor James’ Bett lagen Pergamentrollen, Federkiele und Bücher verstreut. Er selbst lag noch immer nur mit Shorts bekleidet in einem Bett, hatte seine Nase tief in ein Buch getaucht und bis eben die Vorhänge ganz zugezogen gehabt. Sirius hatte nicht mehr warten wollen. Es war ungewöhnlich, dass sein Freund sich so lange nicht zeigte und er wurde das dumme Gefühl nicht los, dass er ihm aus dem Weg ging. Was er auch tat; das wusste Sirius spätestens jetzt, da James noch nicht einmal von seinem Buch aufgesehen hatte, als Sirius die Vorhänge ohne Vorwarnung aufgerissen hatte. Aus dem Mädchenschlafsaal dröhnte laute Musik von einer Sängerin, die so hübsch war, wie sie unbegabt war.

Sirius schnaubte, griff nach dem Buch und riss es James aus den Händen.

“Hey!” protestierte dieser, langte nach dem Buch, doch Sirius hielt es in die Luft.

“Was zum Teufel machst du hier?”

“Ich habe meine Hausaufgaben gemacht und für die Schule gelernt, weil ich im Gegensatz zu dir nicht durchfallen will, danke!”

James packte nach den Vorhängen, um sie wieder zuzuziehen, doch Sirius ließ das Buch fallen und hielt sie fest.

“James!” Er trat an das Bett heran. Nun würde er gerne zulassen, dass James die Vorhänge zuzog, da er aber von ihnen abließ, setzte sich Sirius aufs Bett und tat es selbst. Durch die dunklen Vorhänge drang rotes Zwielicht. “Bist du immer noch traurig wegen Lily?”

James zog seine Beine an sich heran und starrte auf seine Knie. “Nein”, antwortete er mit sehr sarkastischem Unterton. “Nein, ich bin froh, sie endlich loszusein. Ich wollte sie doch nie wirklich, hab nur Jahre lang um sie gekämpft, nur damit sie mich wegen einem dummen Missverständnis sitzen lässt und ich mit meinem besten Freund schlafe, der mir so wenig Anteilnahme entgegenbringt wie ein rohes Toastbrot!”

Sirius zog seinen Kopf zwischen seine Schultern und verzog schmerzerfüllt das Gesicht, als ob James ihm gerade mitten zwischen die Rippen geschlagen hätte.

“Tut mir Leid”, murmelte Sirius sehr reumütig. “Ich hätte dich in dieser Situation nicht verführen dürfen.”

Verführen?” zischte James und riss seine Augen auf. “Das nennst du verführen? Sirius, du hast mich abgefüllt! Ist dir das klar? Ich war traurig! Ich war fertig! Ja, jetzt wird mir einiges klar, Sirius. Du warst eifersüchtig, nicht wahr? Du hast sie mir nie gegönnt; du hast diesen Umstand gnadenlos ausgenutzt!”

“Es hat dir gefallen!” versuchte Sirius zu kontern und plötzlich, mit einem Schlag verflog seine ganze Selbstsicherheit. Natürlich hatte er es James gegönnt, eine Freundin zu haben, aber... “Du mochtest es, das hab ich gemerkt, ich hab dich ja nicht... vergewaltigt oder so!”

“Sirius, ich bin nicht schwul! Männer sind nicht gerade anziehend für mich! Du bist mein bester Freund; ich dachte, du wüsstest das!”

“Du hast immer gelacht, wenn wir über Moony geredet und ihn unseren ‘besten schwulen Freund’ genannt haben, ich dachte...”

“Das war doch nur Spaß!”

“Aber das hier ist kein Spaß!” Sirius unterdrückte einen Schwall Tränen und versuchte ebenso wütend zu wirken, wie James es tat, doch seine Stimme war nicht das einzige an ihm, das bebte. Sein ganzer Körper hatte zu zittern begonnen und sein Herz zuckte und wand sich wie ein in zwei gespaltener Regenwurm. “Ich bin dein bester Freund. Und ich bin schwul. Ich dachte, du wüsstest das.”

“Du bist nicht mein Papagei.” James nahm seine Brille ab, pfefferte sie neben das Bett, schnappte sich seine Decke und riss sie an sich. “Hau ab, ich will jetzt schlafen.”

“Es ist helllichter Tag!”

Raus aus meinem Bett.

Die Tür des Schlafsaals schlug zu. Sirius zuckte zusammen. Er hatte gar nicht gehört, dass ihn jemand betreten hatte aber wer auch immer es gewesen war, hatte jetzt das Weite gesucht. Er versuchte, diesen Umstand zu verdrängen, atmete ein paar mal tief ein und schluckte. Er wollte jetzt auf gar keinen Fall anfangen zu heulen wie ein Mädchen, das war einfach nicht sein Ding. Er sah auf James hinab, der trotzig seine Augen geschlossen hatte. Auch in ihrem Winkel konnte er eine kleine Träne glitzern sehen. Er wartete einen Moment, bis er selbst sich beruhigt hatte, dann hob er erneut seine Stimme.

“Ich liebe dich”, flüsterte er. “Ich wollte dir nicht wehtun. Bitte vergib mir.”

James reagierte nicht. Er tat so, als wäre er längst eingeschlafen und gab keinen Laut von sich. Eine Weile lang blieb Sirius noch sitzen, bis er merkte, dass sein Freund sich nicht mehr umentscheiden und sich zu einer Antwort durchringen würde. Er rutschte vom Bett runter und hielt sich am Vorhang fest, da seine Beine nachzugeben drohten. Als er das Zimmer verlies, glaubte er, ein Schluchzen zu hören; aber es hätte auch genauso gut die plärrende Stimme der Sängerein sein können, deren Musik noch immer aus dem Mädchenschlafsaal dröhnte.
 

I want to mix our blond and put it in the ground so you can never leave. I want to earn your trust, your faith, your heart; you’ll never be deceived.
 

- Liar.
 

[/Chapter X]
 

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Chapter XI

Chapter XI ≈ »How Strange«
 

Es war nur ein sehr knapper und eher freundschaftlicher Kuss gewesen, aber Severus’ Lippen kribbelten noch immer und fühlten sich unglaublich heiß an. Sie hatten stundenlang geredet, mal über etwas Amüsantes, dann wieder über sehr ernste Themen; über früher, über die Zukunft und über das Heute. Und Lily hatte ihm zugehört. Er konnte sich nicht erinnern, wie lange es her war, dass er so viel geredet hatte. Und dann auch noch über sich selbst; zwar nicht unbedingt über seine Gefühle - denn damit hatte er noch immer Schwierigkeiten - aber doch über seine Pläne und das, was er in der Zeit, in der sie keinen Kontakt gehabt hatten, getan hatte.

Über Potter hatten sie nicht mehr gesprochen. Das war ihr Wunsch gewesen und so hatte er einfach alles ausgelassen, was mit diesem arroganten Egozentriker zu tun hatte.

Und sie hatten über Lupin geredet. Er wusste nicht, weshalb Lily es so wichtig war, klarzustellen, dass er es anscheinend ‘wirklich ernst gemeint hatte’, dass es ihm Leid tat und dass er ‘doch nur hatte helfen wollen’. Dass er eben nicht gewusst hatte, wie es um ihn stand und mit was für Problemen er sich rumschlagen musste. Sie erzählte ihm, dass auch Lupin große Probleme hatte und einfach nur glücklich war, Freunde wie James und Sirius zu haben, die sich um ihn kümmerten. Wahrscheinlich hatte er das Gefühl, ihnen etwas schuldig zu sein. Severus hatte versprochen, darüber nachdenken doch eigentlich hatte er nun ganz andere Dinge im Kopf.

Der Gedanke, sich waschen zu müssen, tat beinahe weh, wenn er überlegte, wie lange Lily seine Hand gehalten und wie zärtlich sie ihm durchs Haar gestrichen hatte. Und dann dieser Kuss. Er liebte sie. Aber sie hatte Recht; wenn er etwas hergeben wollte, musste er sich wenigstens die Haare waschen. Sein Aussehen war ihm zwar relativ egal aber der Gedanke, dass Lily ihm vielleicht noch öfter durchs Haar streichen konnte, trieb ihn noch an diesem Abend hinauf zum Bad der Vertrauensschüler, dessen Passwort er Rosier abgeluchst hatte.

“Anthrazit”, murmelte er, noch völlig in Gedanken versunken, und der Durchgang tat sich auf. Sofort schlug ihm der Duft von Seife entgegen. Er war noch nie hier drin gewesen und hatte ein gewöhnliches Bad erwartet. Gut, vielleicht mit Badewanne aber die Wanne, die dort in den Boden eingelassen war, war viel mehr ein kleiner Pool.

Er wusste nicht, wofür die ganzen verschiedenen Wasserhähne und die verschiedenfarbigen Armaturen waren, doch er nahm sich vor, es herauszufinden und diesen Pool nicht zu verlassen, ehe seine Haut sich nicht von seinem Köper pellte und so verschrumpelt war, dass seine Finger die eines alten Mannes hätten sein können. Er hörte ein leises Kichern, als er seinen Umhang auszog und erschrak sich, doch er erkannte recht schnell, dass dieses Geräusch nur von einem Gemälde ausging, auf welchem sich eine junge und sehr hübsche Nixe die Haare kämmte und verspielt in das Badezimmer lächelte. Sie hätte Beine haben können und hätte ihn trotzdem nicht interessiert. Kein anderes Mädchen interessierte ihn. Nur Lily.

Er legte seinen Umhang, das Hemd, den Pullunder und die Krawatte sorgfältig zusammen, legte den Zauberstab auf den Kleiderstapel und machte sich daran, seine Hose auszuziehen.

Er achtete sorgfältig darauf, in keinen der hier hängenden Spiegel zu blicken, was sich als sehr schwer erwies, da es einen ganzen Haufen davon gab. Seinen eigenen Körper musste er nicht unbedingt sehen. Lily hatte, als sie unter dem Baum gesessen hatten, seine Arme gestreichelt und versucht, die Narben zu zählen. Irgendwann hatte sie es aufgegeben und nur noch die neuen und besonders gut sichtbaren gezählt. Als Severus ihr gesagt hatte, dass er sich ausziehen musste, damit sie weiterzählen konnte, hatte sie sehr gequält gelacht und gesagt, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt weiterzählen würde. Wenn’s nur so wäre, hatte er gedacht. Auch jetzt schüttelte er ungläubig den Kopf. Die Frau, die ihn nackt sehen wollte, musste noch geboren werden und die Frau, vor der er sich nackt zeigen würde, würde allerhöchstens die Pathologin sein, die eines Tages seine Leiche untersuchte.

”Warum tust du das immer?” hatte sie zum x-ten mal gefragt und dabei so besorgt ausgesehen, als ob Severus einen neuen Suizidversuch gestartet hätte.

”Weil ich es brauche.”

”Überall? Gibt es überhaupt eine Stelle an deinem Körper, die noch unversehrt ist?”

Severus hatte gemerkt, dass ihr Blick dabei für Sekundenbruchteile hinab in seinen Schoß geblitzt war.

”Nein”, hatte er geantwortet und wieder hinauf in die blutroten Blätter der Buche gesehen. ”Nirgends.”
 

| ... |
 

Remus hatte ihn noch nie so gesehen. Sirius saß in seinem Sessel am Kamin und starrte unnachlässig an die Wand, ohne zu blinzeln und offenbar nicht fähig ihm zu antworten. Seine Augen waren rot und es machte ganz den Anschein, als ob er stundenlang geweint hatte. Er war sich sehr sicher, dass es etwas mit James zu tun hatte, traute sich allerdings nicht, danach zu fragen und so setzte er sich einfach neben ihn in einen anderen Sessel und schwieg.

Peter hatte ihm Dinge erzählt. Dinge, die er belauscht hatte und hatte deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er voll und ganz hinter Prongs stand, was diese Angelegenheit betraf. Remus wusste nicht recht, was davon er glauben konnte aber irgendwie dachte er auch, dass Peter ihn wohl kaum belogen hätte, wenn es um so etwas Wichtiges ging. Er stand auf keiner Seite und würde sich auch nicht dazu überreden lassen, Partei zu ergreifen. Er war ihr Moony, derjenige, der diese Gruppe zusammenhielt und diesen Ruf würde er nicht einfahl so schleifen lassen, nur weil er... weil er so dumm war, den gleichen Fehler wie Sirius begangen und sich in seinen besten Freund verliebt zu haben. Der Unterschied war nur, dass Sirius es nicht wusste. Auch wenn offenbar alle wussten oder glaubten zu wissen, dass er schwul - oder ihr ‘schwuler bester Freund’ war - ohne dass er wusste, woher oder von wem sie diese Information hatten. Er glaubte, dass es wohl damit zusammenhing, dass er sich einfach nicht für Mädchen interessierte, obwohl es bestimmt viele Jungen in seinem Alter gab, die ganz andere Prioritäten setzten. Sirius hatte sein Interesse an Mädchen immer sehr offen zur Schau gestellt, war mit ihnen ausgegangen und hatte ihnen hinterhergepfiffen. Und nun das. Das hätte niemand voraussehen können. Zumindest nicht so leicht.

“Nur damit du es weißt”, sagte er sehr leise und starrte auf den gleichen Punkt, den Sirius fixiert hatte. “Ich bin nicht wütend auf dich. Ich verstehe dich gut.”

Sirius gab gar nichts von sich. Kein genervtes Schnauben, kein dummes Kommentar. Er widersprach ihm nicht einmal; warf ihm nicht vor, gar nicht wissen zu können, wie er sich fühlte. Er saß einfach nur da und starrte an die Wand.

“Möchtest du reden? Ich kann auch einfach nur zuhören. Du kannst mir alles sagen, ich werde nichts ausplaudern, das weißt du. Versprochen...”

Wieder keine Rektion. Es war fast so, als ob Sirius seinen Körper verlassen hatte. Remus stand auf, ging um den Sessel herum und stellte sich vor ihn hin. Dann, endlich, bewegten sich Sirius’ Augen. Er blinzelte einmal, sah Remus’ ins Gesicht und dann erkannte er, dass auf der Stirn seines Freundes ein ganz fettes “ich will verdammt noch mal alleine sein“ stand.

“Tut mir Leid”, wisperte Remus und seufzte leise. “Ich geh jetzt ins Bett. Aber wenn du reden oder Gesellschaft willst... Ich bin immer für dich da.”

Er lächelte sanftmütig und schlich von dannen, hinauf in den Jungenschlafsaal. Wie immer versuchte er seiner Vernunft zu folgen, auch wenn er das Gefühl hatte, dass sie ihn gerade von etwas ganz Wundervollem wegzog, dem es gerade furchtbar ging und der es eigentlich wert war, nun in den Arm genommen zu werden, selbst wenn er es nicht wollte. Nur, um ihm zu zeigen, dass es ihm ernst war. Aber Remus ging.

Die Vorhänge von James’ Bett waren noch immer zugezogen. Peter saß auf seinem Bett und las ein Buch.

“Du gehst schlafen?”, fragte er, als Remus sein T-Shirt, das als Schlafhemd diente, unter dem Bett hervorholte und sich auf seine Matratze setzte.

“Ja. Du nicht?”

“Ich les’ noch etwas.”

“Ist gut.”

Remus’ zog die Vorhänge seines Bettes zu, um sich umzuziehen. Er hörte, wie Peter eine Seite umblätterte.

“Alles okay, Remus?”

“Ja, ja, alles klar”, kam es von hinter dem Vorhang. Remus schlüpfte in sein T-Shirt und legte sich hin, um seine Hose auszuziehen. “Mach mir nur so meine Gedanken.”

“Ja, ist klar. Mach ich mir auch.” Peter schlug das Buch zu. “Wenn man mal so überlegt, dass wir mit ihm zusammen geduscht haben... Ist schon ganz schön heftig, jetzt zu wissen, was der wohl dabei gedacht hat.”

- “Was meinst du?“ Remus hielt in seiner Bewegung inne. Sein Herz fühlte sich träge und schwer an. “Es ist mir ganz egal, was er gedacht hat. Sirius ist unser Freund und kein Perverser.”

“War nicht so gemeint”, erwiderte Peter etwas kleinlaut. “Ich find’s nur ganz schön heftig. Ich hätte nicht gedacht, dass er... dass er... Na, du weißt schon.”

- “Homosexuell ist?” Remus deckte sich zu und kontrollierte die Vorhänge auf Lücken. Seine Stimme zitterte, doch er versuchte laut zu sprechen; laut und mit Nachdruck, um zu signalisieren, dass er es nicht dulden würde, wenn man in seiner Gegenwart so über Sirius sprach. In ihm brodelte etwas und er war sich ganz sicher, dass es nicht das Käsesandwich war, das er zum Abendbrot gehabt hatte. “Das ist nichts Schlimmes. Es gibt viele Schwule auf Hogwarts.”

“Wen?” Peter klang ungläubig. Langsam wurde Remus wütend, wusste allerdings nicht genau, woran das lag. Er vergrub sich unter der Decke, zog sie bis zu seinen Ohren hoch.

Viele. Gute Nacht, Wormtail.”

In seiner Stimme musste mittlerweile so viel Nachdruck gelegen haben, dass Peter nicht einmal mehr einen Gutenachtgruß herausbekam.
 

In den nächsten Tagen wurde Remus klar, weshalb er so wütend auf Peter war. Während Sirius und James sich permanent aus dem Weg gingen, lief Peter dem bebrillten Schönling hinterher, während Remus sich einfach nicht entscheiden konnte, ob er Sirius die Ruhe, um die er bat, geben sollte, oder ob er sich einfach an dessen Fersen heften sollte, um nicht den Anschein zu erwecken, ebenfalls auf James’ Seite zu stehen oder sich vor ihm zu ekeln.

Das war der springende Punkt. Remus glaubte, dass Peter plötzlich eine gewisse Abscheu ihrem Freund Sirius gegenüber aufgebaut hatte, die nur mit der Tatsache zusammenhängen konnte, dass Sirius eben Jungen liebte und keine Mädchen. Remus bezog es auf sich; was hätte er auch anderes tun können? Er saß mit Sirius in einem Bot, auch wenn seine Freunde es nicht wussten und er fühlte mit ihm. Remus hatte schreckliche Angst um Sirius. Er war eine starke Persönlichkeit und wurde mit so manchem fertig, aber nach Snapes Selbstmordversuch hatte er sich selbst ins Gedächtnis gerüttelt, dass es eben diese Option gab, vor den Gefühlen und Problemen, die einen zermürbten, zu fliehen. So oft es ging war er in Sirius’ Nähe und auch wenn er nicht mit ihm sprach, hatte Remus das Gefühl, dass er ihm so am meisten helfen konnte. Er musste ihm zeigen, dass er tatsächlich für ihn da war, was auch geschah; so, wie er es ihm versprochen hatte. Er konnte Peter nicht verübeln, dass es ihm fremd vorkam oder dass er sich davor ekelte. Remus ekelte sich genauso vor einer triefenden Vagina. Das war eine Erfahrung, die er einfach nicht brauchte, aber leider bereits ein Bild, das er im Kopf hatte, weil fünfzehnjährige Jungen - darunter auch Sirius - eben Pornohefte unter ihrem Bett und - wie Sirius - auch in ihren Schulbüchern versteckt hatten. Das war zwar schon etwas her, aber dieses Bild von einer armen, ausgebeuteten, nackten Frau, die an dem Stiel eines Sauberwischs leckte und breitbeinig ihre Geschlechtsorgane in die Kamera streckte, hatte sich in die Windungen seines Gehirns eingebrannt. Dennoch fand er es einfach furchtbar oberflächlich von ihm, Sirius, den sie nun schon so lange kannten, wegen so etwas zu verurteilen. Es hieße nicht nur, dass er sich wahrscheinlich auch von Remus distanzieren würde, wenn dieser sich outete, sondern dass ihm jahrelange Freundschaft anscheinend nicht Grund genug waren, einfach darüber zu reden. Er machte es sich leicht und heftete sich an James, der ohnehin Abstand hielt.

Am Ende würden sie doch in zwei Parteien zerbrechen...

“Hast du kurz Zeit?”

Diese Frage war überflüssig. Remus hatte tagelang darauf gewartet, dass Sirius sie stellte und schob die Hausaufgaben, die er in den letzten Tagen immer doppelt (einmal für sich selbst und einmal für Sirius) erledigt hatte, von sich weg, klappte das Buch zu und sah seinen Freund mit so todernster Bereitschaft in die Augen, dass dieser tatsächlich ein amüsiertes Lächeln zum Besten gab.

“Lass uns hoch gehen. Da ist gerade keiner. Peter ist runter in die Bibliothek.”

Das bedeutete, dass James auch da war, dachte Remus und nickte. Ohne seine Sachen wegzupacken und in dem Wissen, dass sich gleich sämtliche Gryffindor-Schüler aus seinem Kurs über die Notizen hermachen würden, folgte er Sirius die Treppe hinauf in den Schlafsaal. Als sie ihn betreten hatten, verschloss Sirius mit einem Wink seines Zauberstabs die Tür.

“Du wirst immer besser”, bemerkte Remus, als Sirius den Zauberstab wegsteckte.

“Besser?”

“Ja. Diese Sache mit den ungesagten Zaubern. Nicht schlecht.”

“Sollten wir alle langsam mal drauf haben. Bringt doch nichts, die Zauber dauernd vor sich hinzunuscheln, wohlwissend, dass die Lehrer es nicht ignorieren.”

Es tat gut, seine Stimme zu hören. Remus spürte, dass er zunehmend nervöser wurde und zupfte an seinem Umhang herum, als Sirius seinen auszog und ihn aufs Bett pfefferte.

“Setz dich”, meinte Sirius, als er sich zu seinem Umhang aufs Bett warf. Remus setzte sich auf sein eigenes Bett. “Zu mir”, ergänzte Sirius und rollte mit den Augen, als sei es selbstverständlich gewesen.

“Oh, ja...” Remus stand auf, ging zu ihm hinüber und setzte sich ans Fußende seines Bettes. Verdammt, das hätte er sich auch selbst denken können. Jetzt glaubte er sicher, dass er sich vor ihm fürchtete und vielleicht genauso homophob wie Peter war. Oder dass er vielleicht gar keine Lust hatte, zu reden. Oder zuzuhören. Oder dass er mit seinen Gedanken ganz woanders war, bei den Hausaufgaben oder dem Mondkalender, der zeigte, dass der Vollmond immer näher rückte. Oder er glaubte, dass Remus etwas zu verbergen hatte und Angst hatte, dass es ans Tageslicht kam. Vielleicht...

Ein leises Geräusch von reißendem Stoff ertönte und Remus sah hinab auf seine Ärmel, an denen er herumgezupft hatte. Die Naht seines alten Umhangs war am Saum seines Ärmels ein wenig eingerissen. Sirius seufzte.

“Reparo.” Wieder war es Sirius, der seinen Zauberstab gezückt hatte. Der Faden der Naht fädelte sich selbst zurück durch die Löcher und verband sich mit dem Stück Garn, von welchem er abgerissen war. “Mach ich dich nervös?”

Sirius wusste ja gar nicht, wie richtig er mit dieser Annahme lag. Er hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. Ja, er machte ihn nervös. Dieses Bett machte ihn nervös und die abgeschlossene Tür und dass Sirius seinen Umhang ausgezogen hatte. Es war alles so, wie in den Träumen, für die Remus sich schämte - mit dem Unterschied, dass hier nichts passieren würde. Sirius liebte einen anderen Mann und wusste nicht einmal mit hundertprozentiger Sicherheit, dass Remus ähnlich gepolt war.

“Geht es mittlerweile wieder?” Remus’ Stimme klang heiser und ein wenig leiser, als es beabsichtigt war. Er kam sich unglaublich unbeholfen vor. Vielleicht hatte sich Sirius einen heilenden Segen versprochen aber mehr, als dass er zuhörte, konnte Remus ihm nicht bieten. Zumindest glaubte er das. Natürlich hatte er noch eine ganze Menge mehr zu bieten und für Sirius hätte er sicher alles getan aber daran wollte er gerade gar nicht denken - und er hoffte, dass Sirius wirklich so schlecht in Legilimentik war, wie er vorgab.

“Ob es geht?” fragte Sirius und sah Remus mit ausdruckslosen Augen an. Es war seltsam, ihn so zu sehen, wenn man ihn schon so lange kannte. Es schien, als sei ein Feuer erloschen, dass vorher immer in seinen Augen, in seinem Blick gelodert hatte. “Es ging schon mal besser, weißt du. Damals, als wir alle noch Freunde waren.” Er schnaubte leise.

“Aber wir sind doch Freunde”, erwiderte Remus schnell, drehte sich Sirius mit seinem ganzen Körper zu und sah ihn eindringlich an. “Peter und James werden sich nur daran gewöhnen müssen. Die Sache mit Lily ist noch ganz frisch und sicher lässt sich Peter einfach ein wenig von James’ Trauer mitreißen.”

“Er lässt sich mitreißen?” Sirius blickte sehr ungläubig drein und Remus bemerkte wie so oft, dass er nicht halb so gut lügen konnte wie seine Freunde. “Moony... Bald ist Vollmond. Normalerweise hätten wir längst begonnen, Pläne zu schmieden aber weil du die ganze Zeit in meiner Nähe bist, reden sie ja nicht einmal mit dir.”

“Lass ihnen doch Zeit.”

“Wie lange denn noch?”

“I-ich weiß nicht!” stotterte er und begann von Neuem, an seinen Ärmeln herumzuspielen. “James liebt dich. Vielleicht nicht auf dieselbe Art, wie du ihn liebst aber du weißt so gut wie ich, dass er dir nie lange böse sein kann. Und wenn er sich beruhigt hat, wird auch Peter sich beruhigen. Und dann ist das alles nie passiert.”

“Ich will aber, dass es passiert ist!” Sirius’ Stimme bebte. Remus reagierte geistesgegenwärtig und streckte seine Arme nach Sirius aus, noch ehe dieser sich auf die Seite kippen ließ. Er zog den Körper an sich heran, bettete Sirius’ Stirn in seiner Halsbeuge und sah verzweifelt an ihm hinab, als er spürte, dass zitternde Hände sich in seinen Umhang krallten. Dass Sirius so verletzlich sein konnte... Er schluckte und wusste genau, dass sein Freund nun seinen rasenden Puls spüren konnte. “Du hast doch keine Ahnung, wie das ist... Wenn da jemand ist, den du liebst und der es nicht sieht, der jemand anderen liebt; mehr als er dich jemals lieben könnte! Du weißt nicht wie das ist, jemandem alles geben zu wollen; mehr, als du bieten kannst, nur um ihm zu zeigen, dass es dich gibt! Dass du ihn liebst... Und dass du für ihn da sein willst...”

Remus schluckte, streichelte Sirius über seine kalte, fahrige Hand, die sich an seine Brust gekrallt hatte. “Tut mir Leid”, flüsterte er und lehnte seinen Kopf gegen den von Sirius. Tränen stiegen in seinen Augen auf, er unterdrückte sie und hieß einen heißen Schwall geballter Kopfschmerzen willkommen. Seine Augen schmerzten. Er blinzelte. “Tut mir Leid, ich weiß... Ich weiß wirklich nicht, wie das ist. Aber...” Wie seltsam. Schon wieder belog er ihn; und er wusste nicht einmal warum. Irgendetwas sagte ihm, dass es wohl besser so war. Dass es besser war, wenn Sirius es nie erfuhr. “...ich will für dich da sein. Ganz gleich, wie James sich entscheidet. Ich bin bei dir.”

Er streichelte ihm durch das dunkle, weiche Haar, das wie immer zu einem kurzen Zopf gebunden war.

“Danke”, keuchte Sirius zwischen zwei sehr trockenen Schluchzern. “Ich schulde dir was, Moony. Im Ernst.“

Remus lächelte und vergrub seine Finger in den Haaren des anderen. Er würde ihn nicht zusätzlich belasten, nicht in dieser Situation. Alles was er wollte war, dass er glücklich war oder dass - im Idealfall - alle glücklich waren. Wenn er Sirius nur wieder lächeln sehen könnte... Es wäre das schönste Geschenk, dass er ihm hätte geben können. Das schönste, zu dem er imstande war und alles, was Remus fordern konnte. Nicht mehr und nicht weniger.
 

[/Chapter XI]
 

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Chapter XII

Alte Leser, neue Leser, Kommi-Schreiber und Abonnenten... Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Außer: Omfg. Danke.

Ich muss leider eine Pause machen. Etwa 3 bis 4 Wochen, bis ich in meiner neuen Wohnung einen eigenen Internet-Anschluss habe. Hab ich aber schon beantragt.

Man liest sich!
 

Chapter XII ≈ »Come Back, My Dream, Into My Arms«
 

„James hat mir ein paar Geheimgänge gezeigt. Ich wusste zwar nie, was an denen so unglaublich toll ist - außer, dass man so schnell von Punkt A nach Punkt B gelangen kann, ohne durch die Gänge zu laufen und Peeves in die Arme zu rennen - aber anscheinend sind sie doch ganz praktisch, wenn man bedenkt, dass man sonst nirgendwo wirklich alleine sein kann.“

Lily fischte sich ein paar Spinnenweben aus den Haaren und strich sie an der Wand ab, als kümmerte es sie überhaupt nicht, ob sie nun irgendwelche Krabbelviecher in den Haaren hatte. Sie war ein Mädchen, das als Kind im Dreck gespielt hatte. Das sah man ihr sofort an. Aber gerade das war es unter Anderem, was Severus so an ihr mochte. Es war das erste Mal seit Langem, dass sie James erwähnt hatte und wahrscheinlich wünschte sie, dass er gar nicht weiter darauf einging und so tat, als hätte sie seinen Namen niemals genannt. Lily tippte mit ihrem Zauberstab auf einen Fackelhalter an der Wand und noch eine weitere Geheimtür tat sich auf. Es war stickig aber nicht so sauerstoffarm, wie Severus erwartet hatte. Irgendwo hier musste es eine Frischluftzufuhr geben; vielleicht führte der Gang nach draußen auf das Gelände oder ins Dorf. Severus versuchte sich, den Weg genau einzuprägen, da sie zwischendurch bestimmt zwei oder dreimal abgebogen waren und jetzt sicher irgendwo unter den Kerkern von Hogwarts waren. Dass er mit seiner Vermutung richtig lag, zeigte sich, als sich vor ihnen ein Raum auftat, an dessen Wänden noch immer rostige Ketten hingen. In der Ecke stand eine Art Pritsche, die sehr unbequem aussah und die quietschte, als Lily sich auf ihr niederließ. Severus lehnte sich an die Wand. Sie war kalt und feucht aber sicher bequemer als diese ominöse Pritsche.

„Bringst du mir was aus London mit?“ Lily zog die Beine auf die Pritsche und setzte sich im Schneidersitz hin. Sie lächelte. Severus tat es ihr gleich.

Die Herbstferien begonnen in zwei Tagen. Dann würde er zu dem Anwesen der Malfoys fahren und nicht wie gewohnt nach Hause. Eigentlich schade; gerade jetzt hatte er sich wieder mit Lily vertragen und er würde die Hälfte der Ferien ohne sie verbringen.

„Wenn du mir etwas von Zuhause mitbringst. Bin mir nicht sicher, ob ich nicht lieber sofort wieder zurück hier her komme, wenn ich abreisen muss.“

„Soll ich deine Eltern grüßen, wenn ich sie sehe?“

Severus lachte auf und winkte ab.

„Mein Vater ist die heilige Inquisition persönlich. Wenn eine Hexe sein Grundstück betritt, holt er seine Fackeln und Mistgabeln aus dem Schrank.“

„Ich kann ja deine Mutter grüßen.“

„Sie verlässt das Haus kaum noch. Der wirst du ohnehin nicht begegnen.“

Lily seufzte leise, tippte ihre Fingerkuppen aneinander und sah ihn mit bierernstem Ausdruck in die Augen. „Findest du das lustig?“

„Nein. Meiner Mutter geht es nicht so gut, darum bleibt sie drinnen“, erläuterte Severus und stieß sich von der Wand ab.

„Dann solltest du vielleicht doch nach Hause gehen und ihr beistehen, meinst du nicht?“

„Da kriegen mich keine zehn Pferde hin. Erinnerst du dich nicht mehr an die Weihnachtsferien vor drei Jahren, als...“

Lily hob die Hand und Severus verstummte. „Erinnere mich nicht daran“, bat sie und rutschte ein Stück bei Seite, als Severus sich nun doch auf die Pritsche setzen wollte. Sein Rücken war feucht und klamm von der modrigen Wand. „Seit diesem Vorfall rufen meine Eltern regelmäßig das Jugendamt an. Selbst, wenn sie genau wissen, dass du hier in Hogwarts bist.“

Severus stutzte. „Die können mich leiden?“

„Dich leiden...“ murmelte sie und sah nachdenklich auf ihre Hände. „Sie können es nur nicht leiden, wenn jemand leidet. Obwohl du Petunia echt einen riesenhaften Schreck eingejagt hast, als du so durchgefroren vor unserer Haustür standst. Am Heiligabend...~“

„Das war sicher nicht meine Absicht“, knurrte Severus und verzog beim Gedanken an Petunia Evans merklich das Gesicht. Er mochte sie ganz und gar nicht.

„Weiß ich doch.“ Lily lehnte sich gegen seine Schulter. Severus zuckte zusammen und versuchte sich zu entspannen, um ihr seine spitze Schulter nicht ins Ohr zu bohren. „Ich musste seitdem jedes Weihnachten an dich denken. Also... Natürlich nicht nur an Weihnachten.“ Sie lachte. „Aber irgendwie habe ich immer aus dem Fenster gesehen, um ganz sicher zu gehen, dass du da draußen nicht stehst und frierst. Jemanden am Heiligabend vor die Tür zu jagen - und dann noch ohne Schuhe und Jacke - ist einfach grausam.“ Ihre Stimme war immer leiser geworden. Er wusste nicht, was sie ihm damit sagen wollte aber irgendwie schmeichelte es ihm, dass sie trotz allem noch immer an ihn gedacht hatte. Sie hatte ihn also auch nicht einfach so vergessen können. Er legte seine Hand auf ihre und streichelte sie sanft. Hier war er wirklich ungestört und allein mit ihr; musste sich keine Sorgen machen, dass irgendein Slytherin um die Ecke kam und ihn mit ihr sah. Sie waren wie Romeo und Julia. Nur war er noch ein bisschen verliebter als der Protagonist dieses Stückes, dessen war er sich sehr sicher. Er wäre mehr als nur für sie gestorben. Er hätte für sie sein Leben in Azkaban verbracht, hätte sich nicht nur von einem Dementoren küssen lassen, sondern gleich mit ihm gezüngelt. Zumindest vergiftet hatte er sich schon mal, das hatte er mit Romeo gemeinsam...

„Hast du auch an mich gedacht?“ Diese Frage war so überflüssig aber die unerklärliche Sehnsucht in Lilys Stimme brachte ihn dennoch dazu, zu antworten.

„Jeden Tag“, gestand er. Sein Herz begann nervös zu zucken.

„Hast du... die Bücher wieder zurück in die Bibliothek gebracht?“

Er zögerte. „Ja, habe ich.“

Nein, hatte er nicht.

„Gut“, hauchte sie und schloss ihre Augen. Severus‘ konnte ihren Atem an seinem Hals spüren. Er war warm und ruhig, wie ein sommerlicher Windhauch, der durch einen Blumengarten fegte.

Und dann geschah es.

Severus hatte gerade seine Augen geschlossen, um diesen Moment der ungestörten Sehnsucht vollends auszukosten, als der Geruch stärker wurde und er spürte, wie Lily sich von seiner Schulter erhob, ihre weichen, vollen Lippen ganz sanft auf die seinen legte. Im ersten Moment war er so überrascht, dass er seine Augen sofort wieder öffnete und vergaß, was genau er jetzt wohl am besten getan hätte. Lily hatte ihre Augen noch immer geschlossen. Auf ihrer kleinen Nase waren ein paar Sommersprossen und ihre Wangen glühten rosig. Als Lily ein leises Seufzen von sich gab, schloss er erneut seine Augen. Das Blut rauschte in seinen Ohren, ihm wurde heiß, sein Herz pumpte auf Hochtouren und seine Augen wurden feucht. Zum Glück hatte er sie geschlossen. Ganz langsam legte er seinen Kopf schief und öffnete seine Lippen. Lily tat es ihm gleich, legte ihre Hände auf seine Schultern und seufzte erneut in den innigsten und gefühlvollsten Kuss, den Severus je erlebt hatte.
 

Zwei Stunden hatten sie nur beieinandergelegen, hatten sich die schmale Pritsche geteilt, sich geküsst und immer wieder abwechselnd ihre Tränen unterdrückt. Keiner von ihnen hatte es gewagt zu weinen und diesen Moment zu zerstören; diese Magie, die nichts mit Zauberei zu tun hatte, abebben zu lassen und je mehr sie sich gegenseitig damit ansteckten, desto mehr vergaßen sie die Zeit und die Konsequenzen, die ihr Handeln mit sich tragen konnte.

Lily war über ihm. Ihr rotes Haar hing in sein Gesicht, klebte an seiner verschwitzten Haut. Seine Spinnenfinger fuhren über ihrem Körper. Jede Berührung schien sie zum Keuchen zu bringen. Severus versuchte so gut es ging bei klarem Verstand zu bleiben, um jede Sekunde sorgfältig in Erinnerung zu behalten, jeden Zentimeter ihres Körpers und das heiße, lustverzerrte Gesicht; die Zunge, die über ihre trockenen Lippen fuhr. Alles.
 

| ... |
 

Peter hatte es zuerst gesehen.

Sie waren gerade auf dem Weg zum Gryffindorturm, hatten die große Halle und das Abendessen beinahe als letzte hinter sich gelassen, als sich ihnen ein Schauspiel bot, das keiner von ihnen auch nur ansatzweise erwartet hätte. Als Peter es sah, griff er zuerst nach James‘ Hand, dann nach Remus‘ Umhang. Beide drehten sich zu ihm um. Auch Sirius war stehen geblieben, blickte zurück in den erstaunlich leeren Gang. Remus‘ konnte die Gesichtsausdrücke seiner Freunde nicht ausmachen, da er gerade absolut keinen Kopf dafür hatte, aber er war sich sehr sicher, dass auch ihre Münder und Augen weit offen standen.

Severus Snape und Lily Evans standen im Gang, der Slytherin hatte eine Hand an einem Kerzenständer, die andere Hand an ihrer Hüfte. Für eine Sekunde hatten sich ihre Lippen berührt. Und Lily lächelte. Sie strahlte, wie Remus es schon lange nicht mehr bei ihr beobachtet hatte, fuhr Snape flüchtig über die Schulter, winkte ihm zu und ging den Flur hinab zur großen Halle.

Ein kurzes Zögern.

“Levicorpus!“

Die Stimme donnerte durch den Korridor. Remus konnte gerade noch sehen, wie Snape bei dem Klang der ihm so bekannten Stimme und des noch vertrauteren Zauberspruchs erschrocken zusammenzuckte, dann wurde er von seinen Füßen gerissen, hing an den Knöcheln aufgehängt in der Luft. Sein Umhang fiel über sein Gesicht und er gab ein schauderhaftes Heulen von sich. Sirius ging mit ausgestrecktem Zauberstab und finsterem Blick auf den wehrlosen Schüler zu.

„Was fällt dir ein“, zischte er und schlug ihm mit der Hand den Umhang aus dem Gesicht. „Was fällt dir ein?!

James und Peter rannten Sirius nach. Remus blieb wie angewurzelt stehen. Irgendetwas hielt ihn auf. Es fiel ihm schwer, überhaupt zu registrieren, was gerade vorgefallen war. Er war sich plötzlich nicht einmal sicher, ob seine Augen ihm nicht einen Streich gespielt hatten. Hatte er sich eingebildet, dass Lily den Slytherin geküsst hatte? War es überhaupt Lily gewesen? Remus starrte geistesabwesend hinüber zu der in der Luft baumelnden Person, die offenbar genauso geschockt und sprachlos war, wie Remus, zumindest trat kein Wort über seine Lippen. Dann ertönte ein ganz widerwärtiges Knacken. Sirius hatte ihm mit der Faust mitten ins Gesicht geschlagen. Snape heulte erneut auf, baumelte wie ein Boxsack hin und her und wieder schlug Sirius auf ihn ein. Remus zuckte zusammen, ballte seine Hände zu Fäusten.

„Liberacorpus!“ James hatte seinen Zauberstab gezückt. Der Fluch löste sich, Snape hielt seine Hände schützend über seinen Kopf und fiel zu Boden. Keine Sekunde später stürzte sich Sirius auf ihn.

„Lass ihn!“ rief James. Beide, er und Peter, versuchten Sirius festzuhalten, als dieser immer wieder mit seinen Fäusten auf Snape einschlug. „Lass ihn, das ist es nicht wert! Das ist zu öffentlich, Padfoot!“ Dass sein Spitzname genannt wurde, schien Sirius zumindest ein wenig wachzurütteln, denn er ließ sich von seinen beiden Freunden auf die Beine ziehen, nicht ohne noch einmal nach Snapes bebendem Körper auszutreten.

Verzeih mir, formte Remus mit seinen Lippen und ging ein paar Schritte rückwärts. Dann rannte er weg.
 

| ... |
 

„Lass mich zehn Minuten mit ihm alleine und er wird nicht mehr fähig sein, sie jemals wieder auch nur anzusehen.“

Voller Abscheu blickte Sirius auf den Körper hinab, der vor ihnen auf dem weiß gekachelten Boden kniete und aus dessen sehr gekrümmter, schiefer Nase stetig dunkelrotes Blut tropfte. Es war ein gewohnter Anblick, wie es sich durch die Fugen im Boden vorarbeitete und durch die Rillen in den Abfluss lief, vermischt mit dem Wasser, das unaufhörlich aus den Duschbrausen tropfte.

„Nein, ganz sicher nicht“, knurrte James und warf Sirius einen ernsten aber sehr dankbaren Blick zu. „Ich will nicht, dass du von der Schule fliegst.“

„Das ist mir gerade ganz egal“, murmelte er und drehte erneut das Wasser auf, richtete den harten Strahl auf Snapes Gesicht und sah herrisch auf ihn herab. „Welchen zweitklassigen Liebestrank hast du unverbesserlicher Giftmischer ihr in den Kürbissaft gemischt?“ Er lachte hämisch. „Du musst ganz schön verzweifelt sein, was?“

„Ich hab nicht...!“ Snape schluckte Wasser und hustete, hob seine Hände, um den Wasserstrahl abzuwehren und schloss seine Augen. „Ich habe ihr gar nichts in irgendein Getränk oder sonst was gemischt!“ versuchte er sich zu verteidigen. Wieder wollte Sirius auf ihn losstürmen und wieder war es James, der ihn packte und zurückhielt.

Remus hatte Recht gehabt. Es hatte Zeit und vielleicht einen kleinen Anstoß gebraucht aber nun waren sie wieder zusammen. Peter mied ihn nicht, James war ihm dankbar. Seltsam war: Lily Evans hatte doch tatsächlich zu diesem Vollidioten gefunden. Erst hatte Sirius gedacht, dass er vielleicht jetzt, da James wusste, keine Chance mehr bei ihr zu haben, die Gelegenheit hatte ihn zu überzeugen. Aber zu viel wollte er einfach nicht mehr aufs Spiel setzen. So konnte er doch einiges gerade bügeln. Im Moment war er einfach nur froh, in seiner Nähe zu sein. Ja, er war sogar froh, dass er ihn zurückhielt, diesem Kerl die Fresse zu polieren, obwohl es eigentlich James‘ Aufgabe war, sein Weibchen zu verteidigen.

„Du willst mir doch nicht erzählen, dass sie das freiwillig gemacht hat?“ Sirius lachte auf. „Glaubst du, sie würde dich wählen, wenn sie die Wahl zwischen James und dir hätte?!“ Sirius stellte das Wasser ab. Er hockte sich hin, legte seinen Kopf schief und beobachtete Snape dabei, wie dieser keuchend versuchte, seine eigene Nase zu richten. „Das wird dir nichts bringen“, schnarrte der Animagus und richtete seinen Zauberstab auf den Slytherin. „Deine Nase ist so krumm, dass es ohnehin nicht auffällt. Vielleicht schnarchst du jetzt etwas mehr aber du hast ja ohnehin niemand anderen in deinem Bett, den es stören könnte, nicht wahr?“

Sirius war sehr froh, Peter nun lachen zu hören. Und wieder hatte Remus Recht behalten. Sobald James sich wieder auf seine Seite stellte, würde auch Wormtail folgen.

„Wichser“, keuchte Snape und sah mit feuchten Augen zu ihm hinüber. „Ich habe nichts getan. Lasst mich endlich in Ruhe oder...“

„Oder was?“ Sirius legte den Kopf auf die andere Seite und machte kreisende Bewegungen mit seinen Zauberstab in der Luft. „Willst du es Slughorn sagen? Dumbledore? Würdest du das wirklich wagen? Glaubst du nicht, dass du die Strafe einfach hinnehmen und einstecken solltest?“

„Strafe?“ Snape sah ihn fassungslos an und schnappte nach Luft. „Das hier ist keine Sanktion, das ist...“ Er schluckte. „...Folter!“

„Oh nein, das war noch längst nicht alles, Snivellus. Wenn ich dich wirklich züchtigen wollte, hätte ich dich einfach unter die peitschende Weide gelockt.“

Peter begann zu giggeln.

„Aber das ist es nicht, Snivellus.“ Sirius‘ Stimme klang leise und rau, hatte beinahe etwas schwülerotisches an sich. „Du kannst froh sein, dass James bei mir ist. Sonst hättest du jetzt bereits diesen Duschkopf tief in deinem Arschloch und dürftest dich über deine aller erste laienhaft durchgeführte Darmspülung freuen.“ Die Wahrheit war, dass Sirius, wenn James nicht dabei gewesen wäre, wahrscheinlich gar nicht erst so weit gegangen wäre. Wahrscheinlich hätte er es bei den Schlägen gelassen. Aber jetzt wollte er seinem Freund zeigen, wie viel er ihm wert war. James und seine Beziehung zu Lily, die alles für ihn gewesen war, bis Sirius sie hatte torpedieren müssen. Er würde alles wieder gut machen. Snape hatte sein eigenes Nasenbein gepackt. Es knackte erneut, der Slytherin keuchte auf und ein Schwall Blut trat aus seiner Nase aus. Zumindest wirkte sie nun wieder etwas gerader. Er sah auf, warf einen Blick hinüber zu seinem Zauberstab, den Peter in den Händen hielt und resignierte.

„Was wollt ihr denn noch...?“ keuchte er. Er hatte seine Stimme wohl irgendwo zwischen seiner Rechtfertigung und dem Richten seines Nasenbeins verloren. Sirius legte sein Kinn auf seine Knie. Er wirkte recht nachdenklich, obwohl er schon längst wusste, was er von Snape wollte. Er kostete es aus, konnte den hastigen Atem des nahezu panischen Jungen hören und irgendwo meldete sich seine pochende und pulsierende sadistische Ader zu Wort.

„Zieh dich aus“, hauchte Sirius und seine Lippen kräuselten sich zu einem bitteren Lächeln.
 

[/Chapter XII]
 

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Chapter XIII

Seid gegrüßt! Es hat doch etwas länger gedauert, als ich vermutet hatte aber nachdem ich den Alice-Leuten ein paar Flüche auf den Hals gehetzt hatte, habe ich auch endlich Internet bekommen.

Ich bin also wieder da. Ich und diese FF. *hüstel*

Würde sehr gerne viel mehr zu euren Kommentaren sagen, aber gerade juckt es mich nicht so sehr in den Fingern. Ich danke abgemeldet für die Verbesserungsvorschläge (die FF ist nach einem Pink Floyd-Album benannt. :3) und freue mich darüber, wieder meinen Stuss unters Volk bringen zu können.
 

An dieser Stelle möchte ich noch einmal betonen, dass ich diese FF zu meiner eigenen Belustigung schreibe und nicht, um irgendwelche Botschaften über Werte und Moral zu vermitteln. Ich gebe mir, zugegeben, wenig Mühe beim Schreiben, es macht mir aber großen Spaß, ein wenig rumzuspinnen und ich hoffe, dass man das merkt.

Snapes Selbstmordversuch ist nicht in Vergessenheit geraten. Nicht bei ihm und nicht bei Lily und auch nicht bei Remus Lupin.

Dieser Geschichte fehlt es ganz offensichtlich an Logik, aber das überlasst ruhig mir. Khehehe~.

Btw, am Ende des Kapitels findet ihr noch eine kleine Anmerkung, die vor allem den Sirius-Fans gilt. *bows*
 

Chapter XIII ≈ »Stories In Skin«
 

Er hatte sich geweigert, hatte sich mit Händen und Füßen gewehrt aber wie viel hätte er ohne Zauberstab schon ausrichten können? Dass er Black mit seinem Fuß im Gesicht getroffen und dessen Lippe minimal aufgesprungen war, nun dafür aber gehörig anschwoll, war nur ein sehr schwacher Trost und wenig befriedigend für ihn. Er wusste nicht genau, wann er es aufgegeben hatte, sich zu wehren und einfach resigniert hatte. Dieses Gefühl der Ohnmacht war ihm so bekannt, dass es schon beinahe zu einem guten Freund geworden war. Dicke Tränen sickerten lautlos aus seinen Augenwinkeln. Er rührte sich nicht, versuchte bloß, seine Genitalien irgendwie mit seinen Händen zu verbergen. Pettigrew und Potter waren ein paar Schritte zurückgetreten, doch sie sahen nicht weg, das konnte er spüren. Sein ganzer Körper brannte unter ihren Blicken und seine Narben begannen zu jucken und zu kribbeln, als ob bei ihnen gerade erst der Heilungsprozess eingesetzt habe. Severus zitterte, schlang seine Arme um seinen Körper. Wieder erhob sich der Duschkopf wie durch Zauberhand, der Schlauch wurde länger und wickelte sich um seinen Oberkörper, um ihn festzuhalten. Der Schlauch war seine Nabelschnur, dieses Badezimmer war sein Uterus. Sirius war sein Vater. Er war es nicht, der geschlagen wurde. Er schloss die Augen. Es war seine Mutter.

„Ist dir kalt?“ Das einzige, das noch kälter als die Kacheln war, war Blacks Stimme.

„Leck mich“, zischte Severus und war erstaunt, überhaupt noch so viel über seine Lippen bringen zu können. Der andere lachte hol, kam durch die Pfützen auf ihn zu und packte nach seinem Gesicht.

„Wie war das?“

Severus‘ Gesicht wurde herumgerissen. Unwillkürlich öffnete er seine Augen und sah in das Gesicht des anderen. Er machte keinen halb so glücklichen Eindruck, wie er erwartet hatte. Er wiederholte seine Worte nicht, schwieg und versuchte zu ignorieren, mit welchem Blick Sirius begann, seinen vernarbten Körper zu mustern. Sirius machte nicht den Eindruck, als ob er es wirklich wollte oder als ob er große Lust dazu hatte, das hier zu tun oder vielleicht auch einfach nur, ihm so nahe zu kommen. Severus schloss die Augen, als Blacks warme Hände über die Narben an seinem Bauch fuhren, hinab, über seine Hüften und seine Oberschenkel. Es war eine kleine Achterbahnfahrt, ein Berg-und-Tal-Abenteuer für seine Fingerspitzen, dachte Severus. Sirius hob seine Finger, legte sie auf die lange, dicke Narbe, die sich von Severus‘ Schlüsselbein bis zu seiner rechten Brustwarze zog. Diese hier hatte er sich nicht selbst zugefügt. Sie stammte von einer zerbrochenen Weinflasche, die Severus für seine Mutter abgefangen hatte, als er zehn Jahre alt gewesen war. Im Krankenhaus hatte sie genäht werden müssen. Er wusste nicht mehr, welche Geschichte sein Vater den Chirurgen aufgetischt hatte. Seine Mutter hatte sie heilen wollen aber Tobias Snape nahm wohl lieber in Kauf, seinen Ruf zu verderben, als Magie in seinem Haus zu dulden.

Sirius schwieg. Severus wusste nicht, warum er nichts mehr sagte. Wenn er so ein sadistisches, selbstverliebtes Arschloch gewesen wäre, hätte er jetzt erst recht damit begonnen, auf ihm rumzureiten. Black berührte seine Arme, die mit Abstand am schlimmsten aussahen; aber auch nur, weil dort zu wenig Platz war und die wulstartigen Hautgebilde sich überschnitten und auftürmten. Ende der fünften Klasse hatte er einen wahren Tobsuchtanfall mit einem Teppichmesser gehabt und sich die Arme komplett zerschnitten. Immer wenn er Lily gesehen hatte, hatte er seine Wunden unauffällig wieder aufgekratzt, wie ein Ventil, das er dadurch öffnen konnte. Die Grube in seinem Oberarm stammte von einem Fleischermesser, mit dem seine Mutter zu Weihnachten das Festmahl hergerichtet hatte. Severus hatte sich einen ganzen Brocken Fleisch aus dem Arm geschnitten, nachdem sein Vater den Zauberstab seiner Mutter zerbrochen hatte, weil er nichts essen wollte, das auch nur annähernd mit Magie zubereitet worden war. Danach war Gobolino gegen die Wand geflogen. Und dann hatte seine Mutter gedroht, einfach zu gehen und ihn alleine zu lassen. Und dann hatte Severus seinen Vater beschimpft. Und dann wäre er fast in der Badewanne ertrunken. Das war kein schönes Weihnachtsfest gewesen. Ein Jahr nach dem Vorfall, an den er Lily nicht hatte erinnern dürfen. Als sein Vater ihn am Heiligabend vor die Tür gesetzt hatte, weil er Eulenpost erhalten hatte. Er hatte seine Schulkameraden gebeten, ihm nie wieder zu schreiben. War schwer, ihnen das zu erklären, ohne dabei zufällig die Information fallen zu lassen, dass sein Vater nichts für Magie übrig hatte.

Severus wimmerte auf, als Black nach seinen Händen packte und seinen Genitalbereich entblößte. Hastig drehte er seinen Kopf weg und schnappte nach Luft.

„Du bist krank“, murmelte Sirius leise. Irgendwas Fremdes lag in seiner Stimme. Hatte er Angst vor ihm? „Du bist echt krank.“

Severus erschauderte, als Black ihn selbst dort berührte. Die Innenseiten seiner Schenkel und sein Genitalbereich waren übersäht mit Brandnarben, hie und da ein Schnitt, dann wieder eine unidentifizierbare Pigmentstörung. Er schluchzte auf, schlug seinen Kopf gegen die Wand und versuchte, alles um sich herum auszublenden. Er dachte an Lily und daran, dass es sie nicht gestört hatte. Sie hatte ihn überall berührt, hatte nichts gesagt, war nicht einmal im Geringsten angeekelt gewesen. Und das obwohl er, so erschreckend es auch klingen mochte, genau das hatte bezwecken wollen. Sirius zog seine Hand zurück und stand auf.

„Gehen wir“, flüsterte er James und Peter zu. Die Nabelschnur, die sich um seinen neugeborenen Brustkorb gewickelt hatte, löste sich ganz langsam und das brennende, quälende Kribbeln auf seiner Haut ließ nach. Die Schritte entfernten sich. Die Tür schlug zu. Er war allein.
 

| ... |
 

Er war weggelaufen.

Remus hatte Snape einfach mit ihnen alleine gelassen, wohl wissend, wie unberechenbar vor allem Sirius war, wenn es um seinen Freund James ging. Immer wieder warf er einen Blick auf seine Uhr, doch die einzigen, die durch das Portraitloch nach innen kamen, waren ein paar Erst- und Zweitklässler, die sich laut schnatternd auf die gemeinsamen Herbstferien freuten. Er sah eine Freundin von Lily, traute sich aber nicht sie zu fragen, ob diese wusste, wo sie war. Selbst wenn er Lily gesehen hätte, hätte er nicht gewusst, was er ihr hätte sagen sollen. Remus wollte nicht daran Schuld sein, wenn sie ihn noch mehr verabscheute, als es jetzt bereits ohnehin der Fall war. Am besten sah er nachher einmal in Krankenflügel vorbei. Wenn seine Nase wirklich gebrochen war, würde er Severus am ehesten dort treffen können. Remus hatte nicht den Mut, sich erneut für irgendetwas zu entschuldigen. Er hätte etwas tun können. Er hätte aufhören können, etwas zu unterlassen. Schwermut machte sich in ihm breit. Er sah auf den Berg an Hausaufgaben, den er noch zu erledigen hatte und seufzte schwer. Nicht einmal auf die konnte er sich konzentrieren. Was war, wenn Sirius zu weit ging? Was, wenn die Lehrer davon Wind bekamen, ihn auf frischer Tat ertappten oder die Tat - was auch immer er und James nun getan hatten - direkt zu ihn zurückverfolgen konnten? Er würde der Schule verwiesen werden. Er hätte keinen Abschluss, da hätte selbst Dumbledore nichts mehr für ihn regeln können. Es war doch wirklich nur zu seinem eigenen Besten, wenn er Snape endlich in Ruhe ließ! Ja, so würde Remus es ihm sagen. Das musste Sirius einfach verstehen. Wenn es um sein eigenes Wohl ging, würde er auf Remus hören. Außerdem hatte er, laut Sirius, noch etwas gut bei ihm.
 

Als Sirius, James und Peter allerdings nicht allein, sondern in Begleitung von Professor McGonagall in den Gemeinschaftsraum kamen, war sich Remus sicher, dass er ihnen die Konsequenzen ihres Handelns nicht mehr offenbaren musste. Die Professorin wirkte aufgebracht, ihr Haarknoten hatte sich gelockert, sie suchte den Raum mit ihren Blicken ab und blieb an Remus Lupin hängen. Sein Herz blieb stehen.

„Mr. Lupin?“ Ihre Stimme klang zittrig, als ob sie kaum noch ihre unbändige Wut unterdrücken und verbergen konnte. Die anderen Schüler, die es sich hie und da im Gemeinschaftraum bequem gemacht hatten, sahen auf und begannen zu tuscheln. Remus stand auf und eilte rasch hinüber zu der Professorin, um ihnen nicht genügend Gesprächsstoff liefern zu können.

„Worum geht es, Professor?“, fragte er leise, warf Sirius, James und Peter jedoch vorwurfsvolle und sehr wissende Blicke zu. James hatte eine Hand auf Sirius‘ Schulter gelegt, der selber fürchterlich blass wirkte, doch irgendwie und aus unerklärlichen Gründen zufrieden. Offenbar hatten sie sich vertragen. Und dazu noch mächtig Ärger.

„Kommen Sie bitte mit in mein Büro.“

Sie hätte das bitte auch einfach weglassen können, es klang so oder so mehr nach einem Befehl als nach einer Bitte. Er nickte zögerlich, eiste seinen Blick von der Hand los, die auf Sirius‘ Schulter lag und sah zu Boden. Wahrscheinlich wirkte er schuldbewusster als all seine Freunde zusammen, als sie im Gänsemarsch hinter Professor McGogagall hergingen und ihr bis zu ihrem Büro folgten. Remus wusste nicht genau, was noch vorgefallen war, nachdem James‘ den Fluch von Snape genommen hatte und was ihn nun für ein Donnerwetter erwarten würde. Vielleicht würde sie fragen, was seine Freunde angestellt hatten, um noch eine Meinung einzuholen. Er war sich gar nicht sicher, was er in diesem Fall hätte antworten solle. Die Wahrheit? Das, was er beobachtet hatte, bis er einfach fortgelaufen war? Oder würden sie es ihm dann übel nehmen?

Remus hörte nicht einmal zu grübeln auf, als sie bereits in Professor McGonagalls Büro waren und diese mit dem Wink eines Zauberstabs einen vierten Stuhl vor ihren Schreibtisch beförderte, auf welchem er sich niederließ. Er sah sich nicht um, blickte nur hinab auf seine Knie. Sirius saß neben ihm. Er konnte ihn trocken schlucken hören. Vorsichtig blickte er auf. Sein Freund wirkte krank, noch etwas blasser als er selbst und dabei waren es nur noch drei Tage bis Vollmond.

Professor McGonagall hatte sich auf ihren Stuhl hinter ihrem Schreibtisch gesetzt und die Hände auf der Tischplatte gefaltet. Als sie sich räusperte, blickte Remus auf und erschrak, als er sah, wie furchtbar wütend und zugleich besorgt sie aussah.

„Sie vier haben langsam genug Schaden angerichtet“, zischte sie und Remus‘ Hände verkrampften sich. Sein Herz begann zu rasen. „Glauben Sie ja nicht, dass die Lehrerschaft nicht genau wüsste, wer den Heuler an Mr. Snape geschickt hat. Da Sie es aber nicht zugegeben haben und uns der Gebrauch von Veritaserum dummerweise untersagt ist...“ Sie holte tief Luft. „...muss ich leider sagen, dass wir Ihnen zumindest das nicht nachweisen können.“ Sie wirkte fast ein wenig enttäuscht, die vier dieses Vergehens nicht bezichtigen zu können, doch da schien es ja noch genug Anderes zu geben, was sie ihnen zur Last legen konnte, denn sie lehnte sich weit zurück, schob ihre eckige Brille etwas höher auf ihre Nase und blickte ihnen streng entgegen.

„Heute wurden Sie dabei beobachtet, wie Sie Mr. Snape in einem Korridor mit dem Levicorpus-Fluch belegt und anschließend - und ich scheue mich, das zu glauben - mit Fäusten geschlagen haben.“

Remus schluckte schwer. Jemand hatte sie gesehen. Jemand hatte ihn gesehen; dass er dabei gewesen und weggelaufen war.

„Ist das wahr?“ fragte Professor McGonagall. Ihre Lippen zitterten.

Keiner von ihnen sagte etwas. Dann, ganz langsam, begann Remus zu nicken. Niemand sah ihn an. Nur Professor McGonagalls Augen ruhten auf seinem Gesicht.

„Ja, das ist wahr“, antwortete er heiser und spürte, wie seine Augen feucht wurden.

„Das wollte ich eigentlich nicht nur von Ihnen hören, Mr. Lupin. So weit ich weiß, waren Sie eher passiv an der Sache beteiligt, ist das richtig?“

Remus zuckte zusammen, als Sirius seine Hand nahm. Er sah zu seinem Freund, der ihn nicht anblickte; der selbst auf seine Knie sah. Dann nickte er erneut, ohne seinen Blick von Sirius abzuwenden.

„Aber ich habe nichts dagegen getan, Professor. Mich trifft dieselbe Schuld“, murmelte er und musste sich sehr anstrengen, deutlich zu sprechen und nicht immer leiser zu werden.

„Remus, ist schon okay“, knurrte Sirius leise und sah auf. „Ich hab ihn geschlagen. Peter und James haben mich festgehalten. Remus hatte gar nichts mit der Sache zu tun. Ich war sauer auf Snape und bin ausgerastet. Das tut mir Leid.“

Es klang ganz und gar nicht so, als ob es Sirius Leid tat. Trotzdem hätte Remus jetzt schlecht sagen können, was von seinem Gehabe überhaupt noch Schauspiel war und welche Emotion er ihm tatsächlich abnehmen konnte. Sirius wirkte krank und erschüttert, als ob er einen Geist gesehen habe und doch klang seine Stimme ruhig und geordnet, seine Worte gut durchdacht. Seine Hand, mit der er Remus‘ hielt, war eiskalt.

McGonagall nickte, atmete tief ein und aus, dann lehnte sie sich vor, legte ihre Ellenbogen auf der Tischkante ab und sah sie alle eindringlich an.

„Fünfundzwanzig Punkte Abzug für jeden von Ihnen. Sie, Mr. Black, sind bis auf Weiteres suspendiert und dürfen nach Hause fahren. Nach den Ferien werden Sie alle jeden Sonntag hier bei mir nachsitzen, bis ich der Meinung bin, dass Sie daraus gelernt haben.“ Remus nickte. Aus dem Augenwinkel sah er, dass Peter es ihm gleichtat. James schwieg und regte sich nicht. „Und jetzt“, begann Professor McGonagall von Neuem mit erhobener Stimme. „wäre es nett, wenn Sie mir sagen würden, wo Mr. Snape ist, falls er ärztliche Hilfe benötigt.“

Remus sah auf. Die anderen ebenfalls, sahen sich fragend und mit geweiteten Augen an. Irgendwie ahnte er bereits, wo sie Snape hinverschleppt hatten, doch er bezweifelte, dass dieser sich noch immer dort befand.

„Im Gemeinschaftsbad im dritten Stock“, murmelte Peter mit piepsiger Stimme und schluchzte leise auf.

„Aber da ist er bestimmt nicht mehr, vielleicht ist er ja schon im Krankenflügel, Professor“, ergänzte James und drückte Sirius‘ Hand. Sirius reichte den Druck weiter an die Hand von Remus, dessen andere Hand sich in der Armlehne des Stuhles, auf dem er saß, verkrampfte. McGonagall nickte und erhob sich.

„Gut. Dann dürfen Sie jetzt gehen. Packen Sie Ihre Sachen, Mr. Black.“

Sirius nickte und erhob sich, seine Freunde mit ihm.

Als Professor McGonagall sie hinausbegleitete, warf Remus ihr einen entschuldigenden Blick zu, den sie gekonnt ignorierte. Er hatte Bauchschmerzen. Und es tat ihm furchtbar Leid. Dass er weggelaufen war, dass Sirius suspendiert wurde und dass Snape jetzt sicher wieder wegen ihnen im Krankenflügel lag. Er wusste nicht, ob er das jemals wieder gutmachen konnte. Wenn Lily das herausfand, würde sie sich nie wieder mit James versöhnen. Er sah zu Sirius, der selbst wirklich fertig mit den Nerven zu sein schien. Als dieser sich ein gequältes Lächeln aufzwang, hätte er ihn am liebsten in den Arm genommen.

„Ist doch cool. Jetzt hab ich schon zwei Tage früher frei als ihr und nach den Ferien bin ich ja eh wieder da, so wie ich Dumbledore kenne“, meinte er mit sehr übermütiger Stimme doch seine gute Laune nahm ihm keiner seiner Freunde ab. James hakte sich bei ihm ein. „Lass gut sein“, hörte er ihn murmeln und gemeinsam gingen sie hinauf zum Gryffindorturm.
 

Der Hauspokal war in ungeahnte Ferne gerückt. Hundert Punkte hatten sie an diesem Tag verloren und die Sonntage würden nach den Ferien ebenfalls draufgehen, was James das Training ungemein erschweren würde - und der hatte es als Kapitän der Quidditchmannschaft ohnehin nicht leicht. Worüber sie sich im Moment jedoch alle am meisten Sorgen machten, war Sirius, der selbst kurz vor seiner Abreise noch immer so tat, als sei alles in Ordnung und als freute er sich richtig über die zusätzlichen Ferientage, die er mit seiner geliebten Familie verbringen konnte, bis er in zwei Tagen per Flohnetzwerk zu James reiste, um mit ihm die restlichen zwei Wochen zu verbringen.

„Du musst dann aber auch kommen“, wurde Remus von James ermahnt. „Auch ohne uns wird Vollmond sein und das können wir dich unmöglich alleine durchstehen lassen.“

„Genau“, murmelte Sirius, dem Remus sofort ansah, dass dieser es schon wieder vollkommen vergessen hatte. „Will nicht auch noch dran Schuld sein, wenn wir hier `ne Bestie auf das Schloss loslassen.“ Er lachte. Es war weniger witzig, als Sirius dachte, doch Remus stimmte zu. Er würde zusammen mit Peter zu Beginn der Ferien zu James gehen. Laut dem gab es da genügend Möglichkeiten, eine Vollmondnacht durchzustehen.

Als Sirius mit seinem Koffer hinter Filch, dem Hausmeister, herging, blickten sie ihm alle voller Anteilnahme nach. Sie wussten, dass Sirius‘ dort, wo er nun hinging, vor verschlossenen Türen stehen würde und sich wahrscheinlich gleich nach Ankunft auf den Weg nach Godric‘s Hollow machen würde. Sirius würde das schon schaffen, dessen war Remus sich sicher; vor allem jetzt, da James und Sirius sich wieder vertragen und mit einer festen Umarmung und ein paar geflüsterten Worten verabschiedet hatten. Auch Peter hatte sich die Sache wohl noch mal durch den Kopf gehen lassen und hatte sich sehr herzlich von Sirius verabschiedet.

„Wir sehen uns bei James, Padfoot! Du schaffst das!“ hatte er ihm gesagt und ihm noch lange hinterher gewunken.

Vielleicht war bald tatsächlich alles wieder wie früher. Trotzdem hätte Remus gerne gewusst, was Sirius‘ Sinneswandel ausgelöst hatte. Er hatte so traurig gewirkt, war so bleich gewesen. Vielleicht hatte er es tatsächlich bereut. Er wusste, was McGonagall für eine Wirkung auf Menschen haben konnte.

Als Remus an diesem Abend hinab zum Krankenflügel ging, hatte er sogar James‘ Segen, auch wenn dieser nicht nachvollziehen konnte, wofür sich Remus entschuldigen wollte, wenn er doch eigentlich gar nichts mit dieser Sache zu tun gehabt hatte. Trotzdem, meinte James, würde Remus damit ganz schön Schneid beweisen. Das gab ihm den Mut, die Treppen hinab zu laufen und ohne zu zögern bis zum Krankenflügel zu gehen, in welchem er Severus Snape erwartete. So genau wusste er noch nicht, was er ihm sagen wollte, doch er glaubte, dass es ihm einfach ganz spontan einfallen würde.

Als er die Tür öffnete, sah er Madam Pomfrey, die gerade einen jungen Hufflepuffschüler mit Bissverletzungen - die ganz offensichtlich von einem fangzähneigen Frisbee stammten - behandelte und erst aufsah, als Remus sich laut räusperte.

„Was ist?“ fragte sie und sah auf, während sich die oberflächlichen Wunden des weinerlichen Jungen gerade langsam schlossen.

„Severus Snape?“

„Vorletztes Bett. Sie sind ein Freund von ihm? Er will niemanden außer seinen Freunden sehen. Das hat er betont.“

Remus schluckte leicht und versuchte ganz natürlich zu wirken als er nickte und Madam Pomfrey sich einfach wieder dem heulenden Hufflepuff zuwand. Remus‘ Knie waren weich, als er die Betten entlangging und versuchte, sich in den wenigen Sekunden, die ihm noch blieben, eine Erklärung und eine Entschuldigung zurechtzulegen.

Snape wirkte nicht überrascht, ihn zu sehen; zumindest nicht ganz so überrascht, wie damals, als er ihn das erste Mal hier besucht hatte. Er lehnte an einem Kissen, neben ihm stand eine Flasche, auf der in geschnörkelter Schrift Blood-Replenishing Potion* stand, eine andere mit Diptam und eine mit einem starken Beruhigungsmittel. Vielleicht wirkte er deshalb weniger überrascht. Remus musterte ihn und erstarrte. Langsam, ganz langsam kam er näher. Seine Blicke wanderten über Severus‘ Brustkorb, seine Arme hinab, die in Verbände geschlungen waren, bis zu seinen Fingern.

„Was... haben sie mit dir gemacht?“ keuchte er und tastete mit seinen Händen nach dem Stuhl, der neben dem Bett stand. Blut sickerte durch die Verbände.
 

[/Chapter XIII]
 

[ ] Game Over

[x] Continue
 

[A/N: * Ich weiß nicht, wie er auf deutsch heißt. Diptam (zum schnelleren Heilen von Wunden und Bilden von Schorf) kenne ich noch aus einem Hörbuch, das ich erst kürzlich gehört habe aber bei dem Blood-Replenishing Potion bin ich mir nicht sicher. Direkt übersetzt heißt er: „Blut-Nachfüll- bzw. Regenierungs-Trank“. Wenn ihr wisst, wie er auf deutsch heißt, könnt ihr es mir ja schreiben. ;)

Kacke. Kapitel 13 und noch nicht mal Herbstferien. Ich hatte nur zwölf Kapitel eingeplant. Jetzt werden’s mindestens doppelt so viele. @ Sirius-Fans: I’m sorry. Er ist so OoC, dass ich mich selbst kaum davor retten kann... Aber ich liebe liebeskranke Sadisten.]

Chapter XIV

Chapter XIV ≈ »Don‘t Blame Me«
 

Snape hielt einen Zettel in seinen Händen, in welchem er bis eben noch gelesen hatte. Nun musterte er Remus, der sich ganz langsam auf dem Stuhl, der neben dem Bett stand, niederließ und nicht aufhören konnte, auf die blutgetränkten Verbände zu starren. Das Blut war braun, schien bereits getrocknet zu sein und doch hoffte Remus inständig, dass seine Freunde nichts mit diesen Verletzungen zu tun hatten. Er hatte die Narben an Snapes Armen bereits bei seinem letzten Besuch im Krankenflügel bemerkt. Dumm war er nicht. Er wusste, wie man es nannte und dass es so etwas gab. Ein Mädchen aus der vierten Klasse verletzte sich ebenfalls selbst, allerdings war es bei ihr nicht so extrem wie bei Snape. Ihre Unterarme wiesen ein paar Narben auf und auch an ihren Waden zeigten sich haarfeine Schnitte aber das, was er bei Snape gesehen hatte, war ihm vollkommen neu gewesen.

“Ich nehme an, du willst dich entschuldigen.” Snapes Stimme klang sehr fest, aber leise, was wohl mit dem Beruhigungsmittel zusammenhing. Remus starrte auf den Zettel und nickte langsam. “Ich kann dich beruhigen, Lupin, obwohl du dir sicher denken kannst, dass deine Freunde” Er würgte das Wort hervor. “allerhöchstens Schuld an den Hämatomen in meinem Gesicht und der gebrochenen Nase sind, die Madam Pomfrey so hervorragend hat richten können.”

St. Mungus Klinik für magische Krankheiten und Flüche, psychiatrische Abteilung IV, Jugendpsychiatrie, Dr. A. Manson lautete die Überschrift des Zettels, den Snape in der Hand hielt. Den Rest, der in einer besonders gekritzelten Handschrift geschrieben war, konnte Remus nicht entziffern, doch dazu blieb ihm auch gar keine Zeit mehr, da Snape den Zettel umgedreht auf seinen Nachtschrank legte. Der Werwolf folgte dem Zettel mit seinen Augen, sah dann aber rasch auf, um nicht allzu neugierig zu wirken und leckte sich über die trockenen Lippen.

“Ich habe gehört, dass Black suspendiert wurde”, schnarrte Snape, bevor Remus dazu kam, irgendetwas zu sagen und blickte ihm sehr selbstgefällig entgegen. Remus hasste diesen Blick. Snape kostete seinen kleinen Triumph über die Marauders aus, das merkte er und es war ihm auch nicht zu verübeln, trotzdem fand es Remus mehr als taktlos und unangebracht, dass der Slytherin so offen zeigte, wie sehr ihn diese Sache amüsierte. “Und wie viele Punkte habt ihr noch gleich verloren? Einhundert, nicht wahr? Damit liegen wir wohl vorne.”

“Das Jahr ist noch lang”, entgegnete Remus rasch und ohne darüber nachzudenken. “Es ist noch nichts entschieden.”

“Natürlich.” Snape verschränkte die in Verbände geschlagenen Arme vor der Brust und lächelte süffisant. “Du wirst wieder einiges reinholen, nicht wahr, Lupin? Du verdienst die Hauspunkte mit deinen grandiosen Noten, während Potter und Black sie in aller Seelenruhe wieder verlieren und sich einen Teufel darum scheren.”

Remus schluckte leise. Wahrscheinlich wirkte er unsicher, zumindest spiegelte sich das in Snapes triumphierendem Grinsen wieder.

“Ihnen tut es übrigens auch Leid”, murmelte er dann, ohne auf die Bemerkungen des anderen einzugehen. “Sirius... Also, Mr. Black war sehr erschüttert. Und Mr. Potter lässt ausrichten, dass...”

- “Ah, Mr. Potter lässt ausrichten!” unterbrach ihn Snape und schlug die Hände zusammen. “Wenn Mr. Potter etwas ausrichten lässt, möchte ich ihm natürlich sofort vergeben. Was für eine Ehre, aus zweiter Hand etwas von Mr. Potter zu erfahren, wirklich, das ehrt mich ungemein.” Er verzog sein Gesicht. “Dann richten Sie, Mr. Lupin, Mr. Potter doch aus, dass es mir scheißegal ist, was er zu sagen hat - und Lily Evans sicherlich auch. Und wo Sie schon dabei sind, können Sie Mr. Black auch gleich sagen, dass ich rechtliche Schritte gegen ihn einleiten werde, wenn er mir noch einmal zu nahe kommt.”

“Das wird er nicht”, sagte Remus schnell und setzte sich sehr grade hin. “Glaub mir, er wird dich in Ruhe lassen, dafür werde ich sorgen. Aber bitte erzähl Lily nicht davon.”

“Ich soll was nicht?” Snape lachte spöttisch. “Denkst du nicht, dass sie ein Recht darauf hat, es zu erfahren? Dieses Mal sind sie eindeutig zu weit gegangen, das war mehr als demütigend! Glaubst du etwa, dass ich das auf mir sitzen lassen werde?”

Remus sah sich unsicher im Raum um. Er hörte Madam Pomfreys schlurfende Schritte hinter dem Sichtschutz und war sich sicher, dass sie lauschte. Das war kein Kunststück bei der Lautstärke, in der Snape nun sprach.

“Snape, bitte”, zischte er leise, beugte sich zu ihm vor und sah ihn eindringlich an. Er wusste nicht, was geschehen war, nachdem er geflüchtet war. Wahrscheinlich glaubte der Slytherin, dass seine Freunde ihn stolz über alles unterrichtet hatten, was geschehen war. “Ich bitte dich inständig, ihr nichts zu erzählen... Sie wird das meiste doch ohnehin erfahren. Und sie ist doch nun wirklich schon wütend genug auf James, meinst du nicht? Und es... Es tut uns allen wirklich schrecklich Leid, was passiert ist, glaub mir. Wenn ich es irgendwie wieder gut machen kann, dann tu ich es, versprochen.”

Snape schien tatsächlich darüber nachzudenken. Er lehnte sich ins Kissen zurück und sah an die Decke, die Augen zu wütenden Schlitzen verengt und die Lippen aufeinandergepresst, aber dennoch nachdenklich. Remus bewegte sich nicht, blieb harrend mit gekrümmtem Rücken sitzen, seine Hände spielten nervös miteinander herum.

“Ich denk drüber nach”, knurrte Snape schließlich und schloss seine Augen. Remus dankte innerlich dem Beruhigungsmittel und allen Mächten dieser Welt.

“Danke”, hauchte er und lächelte erleichtert. “Dann geh ich jetzt mal”, sagte er wieder etwas lauter, als sich Madam Pomfreys Schritte erneut näherten. Er stand auf, warf einen letzten Blick auf den Zettel, der auf dem Nachttisch lag, dann nickte er Snape zu, der es ohnehin nicht sah und huschte am Sichtschutz vorbei, währe der Krankenschwester beinahe in die Arme gerannt, entschuldigte sich leise und verschwand aus dem Krankenzimmer.
 

| ... |
 

Als Severus Snape am nächsten Morgen aus einem traumlosen Schlaf erwachte, hatte er unwillkürlich das Bild eines mit seiner Nabelschnur gefesseltem Embryos vor Augen. Er setzte sich auf, wickelte den Verband von seinen Armen und stellte mit Freuden fest, dass sich bereits dicker, krustiger Schorf auf seinen Wunden gebildet hatte.

Madam Pomfrey ließ ihn sofort gehen. Seine Nase war geheilt, nur noch ein wenig angeschwollen und auch die Hämatome an seinem Kiefer und auf seinen Wangenknochen waren deutlich zurückgegangen. Er ging direkt in den Gemeinschaftraum und stellte mit Vergnügen fest, dass Rosier ihm ein paar Stullen vom Frühstück mitgebracht und im Schlafsaal auf sein Bett gelegt hatte. Vielleicht hatte sich Rosier auch einfach nur daran erinnert, dass Severus nie mit den anderen in der großen Halle aß und sich meistens etwas einpackte, was er dann hier oben alleine für sich verspeiste. So viel Voraussicht wollte er Evan dann aber auch nicht zutrauen. Er setzte sich auf sein Bett, öffnete den Zettel, auf dem sein Name stand und biss in das Sandwich; kaute, während er las.
 

Lieber Severus,

Ich konnte dich im Krankenflügel nicht besuchen, habe deinen Aufsatz aber bei Slughorn abgegeben. Hoffe, du hast nichts dagegen, dass ich ein bisschen von dir abgeschrieben habe.
 

Er sah auf das Sandwich in seiner Hand, öffnete es und nahm den Käse heraus.
 

Guten Appetit. Wir sehen uns nach der Schule.

Dein Evan Rosier

P.S.: Ich warte immer noch auf eine Antwort...
 

Schweigend auf den Brief blickend kaute er auf dem Brot herum, biss immer wieder davon ab und überflog die Zeilen von Neuem. Offensichtlich wusste Rosier nicht, was er da redete, beziehungsweise schrieb. Dass er seinen Aufsatz abgegeben hatte, war wirklich nett. Er hatte sich bereits gedacht, dass er, wenn er ihn abgegeben hatte, noch einen Blick auf den Inhalt des Aufsatzes geworfen und das Wichtigste abgeschrieben hatte. Das hätte er gar nicht erst erwähnen müssen.

Dass Evan mit ihm zur Party gehen wollte, hatte er schon beinahe wieder vergessen. Die Party war morgen. Natürlich erwartete er bald eine Antwort. Unbeeindruckt faltete er den Brief wieder zusammen, legte ihn in die Schublade in seinem Nachtschrank und aß das Brot auf. Ohne Käse war es ein wenig trocken, doch er hatte gerade solchen Hunger, dass es ihm ganz egal war.

Da er an diesem Tag nicht in die Schule musste, holte er die Hausaufgaben nach, die er noch nicht gemacht hatte und schrieb einen Brief an seine Mutter, teilte ihr mit, wann er in den Ferien nach Hause kam und brachte ihn in den Eulenturm, um ihn abzuschicken. Als er wieder zurückkam, waren die Flure bereits mit den Schülern erfüllt, die aus dem Unterricht kamen und sich laut schnatternd in ihre Gemeinschaftsräume oder in die Bibliothek verteilten. Da der Himmel grau war, gingen kaum welche nach draußen; außer die armen Seelen, die den Leistungskurs für Pflege Magischer Geschöpfe belegt hatten. Der Lehrer, Professor Kettleburn, der nur noch einen Arm und ein halbes Bein hatte, war eindeutig verrückt. Severus ging zurück in den Gemeinschaftsraum der Slytherins und spürte, wie die Schüler ihn ansahen, was sicher mit den blauen Flecken in seinem Gesicht zu tun hatte und damit, dass er seit dem Heuler ohnehin immer öfter angestarrt wurde. Er wollte möglichst ohne zu viel Aufsehen zu erregen zurück in den Schlafsaal. Das hatte sich Rosier wahrscheinlich schon gedacht, denn dieser wartete oben im Schlafsaal, hatte sich auf Severus’ Bett gesetzt - er musste die Laken wechseln, bloß nicht vergessen ... - und sah ihn lächelnd an, als er die Tür hinter sich schloss. Er fragte sich, ob Rosier die beiden Scheiben Käse im Müll entdeckt hatte aber es war wohl nicht sein Ding, in anderer Leute Mülleimer zu gucken.

“Severus”, murmelte er und rutschte bei Seite, damit Severus sich an sein Kopfende setzen konnte. Er setzte sich, wenn auch widerwillig und sah Rosier fragend an. Sicher wollte er eine Antwort haben. “Haben dir die Brote geschmeckt?”

Er nickte aus Höflichkeit und zwang sich ein Lächeln auf.

“Also, was ist nun? Morgen ist die Party. Falls du es nicht weißt, sogar Avery hat eine Begleitung.”

“Da kannst du, Rosier, ja unmöglich alleine da aufkreuzen, richtig?” Severus klang vielleicht ein wenig gereizter als er beabsichtigt hatte. Rosier fiel dieser Umschwang in Severus’ Laune sofort auf und begann zu interpretieren.

“Ich hätte sicher noch eine weitaus größere Auswahl gehabt aber ich wollte mit dir gehen”, sagte er eindringlich, drehte sich Severus zu, der stocksteif auf seinem Bett saß, und griff nach seiner Hand. Dieser zuckte zusammen, als er spürte, wie grob Rosiers Berührungen waren. “Du sagtest, dass du darüber nachdenkst. Also?”

Severus sah auf seine Hand, die wie in einem Schraubstock von Rosiers gehalten wurde. Er wusste nicht, was er fühlen sollte aber seine Emotionen über seine Intelligenz zu steuern, brachte ihm nun auch nicht viel. Ein seltsames Gefühl ging von dieser Hand aus. Der Druck war fest, die Hand groß und warm. Seine Finger waren nicht unbedingt dick, aber grob und um einiges breiter als die seinen. Er dachte an Lily und daran, dass sie nun ein Paar waren. Dass er sie liebte und sie ihm offen gestanden hatte, immer schon Gefühle für ihn gehabt zu haben. Wenn er diese Einladung jetzt annahm, würde das heißen, dass er sie betrog? Zweifelsohne war er neugierig auf das, was ihn erwarten würde. Rosier war hübsch, intelligent, begabt und düster. Er verstand ihn in mancher Hinsicht besser als Lily. Ohne, dass er es wirklich merkte, begann er zu nicken.

“Ja. Ich werde mit dir da hin gehen.” Rosier grinste breit. “Die Gryffindors sollen aber nichts davon erfahren. Black ist zwar suspendiert, aber ich will denen keinen Stoff für noch einen Heuler geben, verstanden?”

“Oh”, machte Rosier und Severus knirschte mit den Zähnen. Wieder dieses Oh. “Ja, ich versteh’ schon, das war echt... eklig.”

“Allerdings...” Severus sah noch immer auf seine Hand. Rosier ließ ihn nicht los. Er sah auf, als der andere an ihn heran rutschte, bis ihre Hüften sich berührten. Severus verzog keine Miene.

“Ich werde immer hinter dir stehen”, hauchte Rosier mit tiefer Stimme und sah ihm tief in seine dunklen Augen. Severus selbst wirkte unbeeindruckt, obwohl er gerade für einen Moment das Gefühl gehabt hatte, dass die Farbe von Rosiers Augen sich minimal verändert hatte, aber das war bei diesen Sturmaugen wohl nichts Außergewöhnliches.

“Das ist... wirklich nett. Aber irgendwie irritierend. Und mehrdeutig.” Severus grinste schief. Seine Haare fielen ihm ins Gesicht, als er ein Stück zurückrutschte, dann stand er auf. Rosier, der ihn noch immer gepackt hatte, zog ihn zurück. Er japste auf, als er auf Rosiers Schoß fiel und dieser ihn noch immer breit angrinste. Okay. Das war unheimlich. “Rosier. Lass mich los.”

“Wo musst du denn noch so dringend hin?” raunte der andere in sein Ohr und Severus bekam eine Gänsehaut.

“In die Bibliothek. Und dann am besten noch die Beichte ablegen, also, entschuldigst du mich?” Severus drehte seine Hand aus Rosiers Griff und stand auf. Das ging ihm zu schnell. Das war zu viel. Neugierde hin oder her, er hatte nicht vorgehabt es, noch bevor er sich psychisch überhaupt darauf hätte einstellen können, dass irgendjemand ihn und er den anderen - einen Mann mit Haaren und Penis und allem drum und dran - nackt sehen könnte, es mit jemandem, hier, in diesem Schlafsaal, in seinem Bett - das er ohnehin frisch beziehen musste, aber egal - bei Tageslicht zu... Nun ja, zu kopulieren eben. Das ging nicht. Nicht jetzt und auch nicht in naher Zukunft. Er war mit Lily zusammen. Dann machte er diese Erfahrung eben nicht.

“Wir sehen uns dann morgen. Also, spätestens im Zug, ja?” Er ging rückwärts zur Tür. Rosier wirkte enttäuscht, was er ihm nicht verübeln konnte. Etwas zu hastig verließ er den Raum und schlug die Tür zu. Erst mal tief durchatmen. Diese Erfahrung war ja noch homoerotischer Gewesen als dieser Vorfall in der Dusche...

Noch immer nicht ganz begreifend, was da eben passiert war, bewegte er sich durch den Gemeinschaftsraum hinaus in den Flur des Kerkers. Jetzt musste er wirklich in die Bibliothek gehen. Wenn Rosier ihn irgendwo anders sah, würde er auffliegen und die Situation war ihm schon unangenehm genug. Seufzend schlurfte er die Treppen hoch. Hätte er doch bloß nein gesagt.
 

[/Chapter XIV]
 

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Chapter XV

Vielen Dank, dass ihr die FF nun schon so lange verfolgt. Kapitel fünfzehn ist erreicht und ich bin noch nicht einmal mit der Hälfte meiner Geschichte fertig. Es kommt also noch viel auf euch zu.

Danke für die vielen Favs!
 

Chapter XV ≈ »Coward«
 

Er hatte Rosier vollkommen falsch eingeschätzt. Diese Erkenntnis kam ihm, als er wieder klar denken konnte, die Bibliothek betrat und von Madam Pince angefaucht wurde, weil er die drei Bücher, die er sich ausgeliehen hatte, noch immer nicht zurückgebracht hatte. Immer hatte er geglaubt, dass Rosier nur mit ihm befreundet war, um seine Hausaufgaben abschreiben zu können und um sich nützliche Tipps geben zu lassen, mit welchen Zaubern er bei Lucius Malfoy Eindruck schinden konnte. Er hatte ja keine Ahnung gehabt, dass er tatsächlich etwas von ihm wollte und dass er sogar so weit ging...

Es war so unglaublich schnell passiert. Was zum Henker hatte er sich dabei gedacht? Warum hatte er ja gesagt? Warum hatte Rosier seine Hand genommen? Warum hatte er ihn auf seinen Schoß gezogen? Er hatte doch nicht ernsthaft vorgehabt, mit ihm zu schlafen, in einem Schlafsaal der nicht abgeschlossen und für jeden zugänglich war. Oder hatte er das am Ende ganz falsch interpretiert? Severus nahm sich geistesabwesend ein Buch aus einem der Regale, setzte sich an einen Tisch, schlug es auf und starrte auf die Buchstaben, die für ihn im Moment nicht mehr als sinnlos aneinander gereihte Schnörkel waren. Rosier war der Auffassung, dass sie nun zusammen waren. Immerhin hatte Severus zugestimmt, dass er mit ihm - als Paar, wie Rosier es beschrieben hatte - auf Malfoys Party ging. Vielleicht hatte er sich mehr davon erhofft. Severus konnte das nicht glauben. Erst gestern hatte er seine Unschuld verloren und nun hatte er heute auf dem Schoß eines Jungen gesessen, der wohl etwas Ähnliches von ihm verlangte. Mit Lily war es möglich gewesen. Sie kannten sich schon ewig. Es war ganz erstaunlich gewesen, wie leicht es ihm gefallen war, sich einfach fallen zu lassen aber was Rosier betraf war er sich ganz und gar nicht sicher. Es war nicht die Tatsache, dass er ein Mann war. Er konnte sich gut vorstellen, ähnliche Dinge mit einem Mann zu tun und hatte schon oft darüber nachgedacht, fühlte sich von manchen sogar sehr angezogen. Es war viel mehr die Tatsache, dass er sich nur schwer dazu durchringen konnte, sich von irgendjemandem berühren zu lassen. Oder sich zu zeigen.

Und nun war er mit Lily zusammen. Bei dem Gedanken an dieses Mädchen schlug sein Herz wieder ein bisschen schneller und seine Wangen färbten sich rosa.

„Snape! Du siehst schon viel besser aus.“

Severus zuckte zusammen und sah von einem Buch auf. Diese Reflexreaktion musste er sich ganz dringend abtrainieren. „Was?“ keuchte er und sah sich nach dem Urheber der Bemerkung um.

Remus Lupin hatte sich ihm gegenüber hingesetzt und breitete seine Sachen - die bereis ausgepackt waren, was darauf schließen ließ, dass er bereits in der Bibliothek gesessen und nun den Beschluss gefasst hatte, sich zu Severus zu setzen und ihn zu belästigen - auf dem Tisch aus. „Wirklich, du hast wieder richtig Farbe bekommen“, sagte er fröhlich und warf einen Blick auf das Buch, das Severus las. Dieser verdeckte es vollkommen grundlos und aus reiner Gewohnheit mit seinen Ärmeln und sah Lupin finster entgegen.

„Kann ich etwas für dich tun?“

„Nein, nein“, erwiderte Lupin schnell und lächelte flüchtig. „Du sitzt hier nur so alleine und ich dachte, du könntest etwas Gesellschaft gebrauchen.“

„Grandioser Einfall“, knurrte Severus und zog das Buch an sich heran, starrte wieder auf die Seiten, um zu signalisieren, dass er an dieser Art von Gesellschaft nicht interessiert war. Lupin schien es zu verstehen und begann damit, an seinen Federkielen herumzufummeln, sie zu sortieren und dann seine Bücher auf dem Tisch herumzuschieben. Severus sah es aus dem Augenwinkel und knirschte unwillkürlich mit den Zähnen. Irgendwann, es waren höchstens fünf Minuten vergangen, schien Lupin es nicht mehr auszuhalten.

„Geht‘s dir gut?“ fragte er und beugte sich vor.

„Blendend“, schnarrte Severus und blätterte die Seite um, ohne Lupin anzusehen.

„Sehr schön, sehr schön... Und wie geht‘s Lily?“

„Toll“, erwiderte er, ohne es genau zu wissen. Er hatte sie seit gestern nicht mehr gesehen. Wieder schwieg Lupin, der sich nun endlich über sein Buch beugte. Severus warf ihm einen flüchtigen Blick zu und bemerkte, dass sich seine Augen nicht bewegten. Lupin las nicht. Er versuchte nur, ein wenig Zeit zu überbrücken. Wirklich amüsant. Severus sah auf das Buch, das er sich genommen hatte und stellte jetzt erst fest, dass es ein Kräuterkundebuch für Fortgeschrittene war. Das gleiche Exemplar hatte er unten bei sich auf dem Zimmer.

Er hatte gerade einen Artikel über die heilende Wirkung von Fliederwurzeln angefangen, als Lupin erneut seinen Kopf vom Buch hob und sich sehr weit vorbeugte. Noch einen Zentimeter mehr und Severus würde ihm etwas antun...

„Weißt du“, flüsterte er. Severus sah nicht auf. „Ich hab den Zettel gesehen, den du im Krankenflügel in der Hand hattest. Ein Brief von Dr. Manson, nicht wahr?“

Severus antwortete nicht. Das hatte er befürchtet. Er war so mit Medikamenten vollgepumpt gewesen, dass er gar nicht mehr darüber nachgedacht hatte.

„Ich kenne ihn“, fuhr Remus fort und lehnte sich über den Tisch. „Dumbledore hat mich zu ihm geschickt. Hab ein paar mal mit ihm gesprochen, so alle zwei Wochen. Bis letztes Jahr.“

Jetzt sah Severus auf. Lupin sah ihn aufmunternd an. „Du warst bei einem Psychiater“, knurrte er leise und hob beide Augenbrauen. „Warum?“

„Na ja, es fiel mehr schwer... mit... mit meiner Krankheit klarzukommen, weißt du? Er hat mir sehr geholfen. Hast du schon einen Termin bei ihm?“

Severus überlegte kurz, um Lupins mögliche Motive für diese Unterhaltung abzuwägen. Ihm fiel nichts Gescheites ein. Nichts außer der Tatsache, dass er ihm tatsächlich einfach nur auf den Geist gehen wollte. Oder er hatte Mitteilungsbedarf, weil sein geliebter Sirius Black suspendiert war.

„Nein, hab ich nicht. Und es geht dich auch nichts an“, zischte er und schlug sein Buch zu. Er hielt es für besser, jetzt einfach zu gehen. Hastig packte Lupin seine Sachen zusammen, als Severus aufstand und das Buch zurück in das Regal einsortierte, aus dem er es genommen hatte.

„Warte!“ hörte er Lupin rufen, als er schnellen Schrittes aus der Bibliothek ging, möglichst ohne von Madam Pince bemerkt zu werden. Er wartete nicht. Er hatte keine Lust, sich von diesem Rumtreiber belästigen zu lassen. Auf dem Flur hatte er ihn jedoch schon eingeholt.

„Snape, warum willst du nicht darüber reden?“ keuchte er erschöpft und immer noch Bücher in seine Tasche stopfend.

„Ich denke nicht, dass du für mich der geeignete Gesprächspartner bist, was meine Psyche betrifft, Lupin - es sei denn du hast in letzter Zeit ein Diplom in Psychologie oder Psychoanalyse gemacht?“

„Nein“, murmelte er etwas geknickt und versuchte, mit Snape mitzuhalten. „Ich dachte nur, wir könnten ein paar Erfahrungen austauschen?“

„Erfahrungen austauschen?“ Severus lachte hämisch. Dann blieb er stehen, drehte sich auf dem Absatz zu dem verdutzt dreinblickenden Lupin um und verschränkte die Arme vor der Brust. Etwas kochte in ihm hoch, das dringend ans Tageslicht befördert werden musste.

„Du bist ein Heuchler“, zischte er und seine strähnigen, schwarzen Haare fielen ihm ins Gesicht. „Du siehst weg, wenn deine Freunde mich beschimpfen und fertig machen. Und dann kommst du angekrochen und entschuldigst dich bei mir, obwohl ich mir sicher sein kann, dass du Potter und Black jedes Mal zustimmst, wenn sie erzählen, wie ekelhaft und abstoßend ich sei. Das ist feige.“

Lupin sah ihn etwas überrascht an, dann verfinsterte sich sein Blick merklich. Gerade wollte Severus wieder gehen, hatte sich bereits umgedreht, als Lupin zu sprechen begann.

„Und ich dachte schon, wir hätten gar nichts gemeinsam“, raunte er mit leiser, sehr ruhiger Stimme. Severus blieb stehen und spitzte die Ohren „Gehst du nicht auf Malfoys kleine Todesserparty, zusammen mit Rosier, Mulciber, Avery und all den anderen, die sich in der ersten Klasse schon mit Kugelschreiber ein Dunkles Mal auf den Unterarm geschmiert haben? Und gehst du nicht gleichzeitig mit Lily, die deiner Meinung nach doch ein Schlammblut ist? Sicher behauptest du das noch immer von ihr, wenn sie nicht gerade hinhört und du den zahmen, reuevollen Freund für sie spielst. Du bist ein Hobbytodesser, der sich dummerweise in eine Muggelgeborene verliebt hat. Wen belügst du am meisten? Sie? Deine Freunde? Oder dich selbst?“ Lupin holte tief Luft. „Du bist der Feigling, Severus. Der größte Feigling, den ich kenne. Und wenn ich du wäre, würde ich ganz schnell meine Prioritäten klären.“
 

Noch als Severus am nächsten Tag in den Zug stieg, dachte er an Lupins Worte. Er hatte extra die erste Bahn genommen, da er nicht wusste, wann genau sie vom Bahnhof abgeholt wurden, doch als er die anderen sah, die ebenfalls eingeladen waren, war er erleichtert, nicht alleine warten zu müssen. Lily war zum Glück nicht da. Sie würde sicher die zweite oder dritte Bahn nehmen. Er hatte sie am gestrigen Abend einmal kurz gesehen, hatte sich aber schnell von ihr loseisen können, da auch sie noch einiges vor den Ferien zu tun hatte. Was Sirius getan hatte, erschütterte sie zutiefst, wie nicht anders zu erwarten war. Und er hatte ihr nicht gesagt, was danach in der Dusche geschehen war. Natürlich nicht, weil Lupin ihn darum gebeten hatte - zumindest nicht nur -, es war ihm einfach zu peinlich gewesen, auch nur zu erwähnen, dass er sich vor ihnen hatte ausziehen müssen. Das hatte er sich selbst nicht antun wollen und so verschwieg er es ihr.

Es stellte sich heraus, dass Averys Begleitung kein Geringerer als Walden Macnair war, was Severus überraschte, da er diesen groben und höchstsadistischen Kerl immer für den heterosexuellsten Mann in ganz Slytherin gehalten hatte. Die anderen Jungs hatten Mädchen dabei, andere gingen ohne Begleitung, machten sich aber anscheinend auch nichts daraus. Rosier, Severus, Regulus Black, der in Begleitung eines sehr hübschen, jungen Mädchens namens Abby war, Avery und Macnair hatten sich gemeinsam ein Abteil genommen. Rosier schien schon einmal auf dem Anwesen der Malfoys gewesen zu sein, denn er schwärmte von einem Springbrunnen im Garten, weißen Pfauen und einem Weinkeller. Die Tafel, an der gegessen wurde, war seines Wissens nach aus Mahagoni und ein sehr altes Erbstück, angeblich unbezahlbar und Malfoys Mutter war eine ‘Schönheitskönigin, die überhaupt nie an Reiz verloren hatte‘. Schön, wenn er das so sah. Dann konnte er sich ja mit ihr vergnügen. Offenbar schien Rosier zu glauben, dass Severus sich mit ihm ein Doppelzimmer nehmen würde, zumindest sprach er darüber, was Avery sehr amüsierte. Zumindest glaubte jetzt keiner mehr, Severus habe etwas mit einem Schlammblut...

Als sie nach gefühlten zehn Stunden endlich am Bahnhof King‘s Cross ankamen, wartete ein kleiner und halb verhungert aussehender Hauself bereits auf dem Bahnsteig. Er trug nichts als einen alten Kissenbezug und ließ die großen Ohren hängen, klimperte mit seinen großen, tennisballartigen Augen, als er und die anderen aus dem Zug stiegen und kam schließlich auf sie zugerannt.

„Der muss neu sein“, hörte er Rosier sagen. „Hatten früher ‘nen anderen. Der war größer und weniger... erbärmlich.“ Die anderen lachten verhalten, als sich der Hauself tief vor ihnen verbeugte, bis seine Ohren hinab auf den Boden hingen, und schließlich mit piepsiger Stimme zu sprechen begann.

„Dobby ist hocherfreut, Sie in London begrüßen zu dürfen!“ fiepte er aufgeregt. „Der Meister sagte, dass er nicht in eine Muggelmetropole gehen möchte, wenn es nicht unbedingt notwendig ist und darum bringt Dobby Sie und Ihr Gepäck zu einem Portschlüssel! Der Portschlüssel wird Sie dann schnell und Sicher zu meinem Meister bringen, der Ihre Ankunft bereits sehnsüchtig erwartet! Vielen Dank, Sir!“ fügte Dobby hinzu, als Macnair ihn im Vorbeigehen getreten hatte. „Ja, Dobby stand im Weg, das stimmt, vielen Dank für die Strafe, Sir!“

Severus wusste genau, weshalb er Hauselfen nicht ausstehen konnte. Sie mochten nichts lieber, als Zauberern und Hexen tief in den Arsch zu kriechen und fanden großen Gefallen daran, ihnen die Füße zu lecken, wenn sie es ihnen befahlen. Was für absolut würdelose Kreaturen. Dobby ließ ihr Gepäck hinter sich her schweben und ging mit ihnen bis zum Ende des Bahnsteigs, wo ein alter Duschschlauch auf dem Boden lag. Severus bekam unwillkürlich eine Gänsehaut.

„Wenn Sie nun bitte alle gleichzeitig diesen Schlauch berühren würden, Dobby wäre ihnen sehr verbunden!“

Die Gäste umringten den Schlauch und sahen argwöhnisch hinüber zu dem Hauselfen, der stehen geblieben war.

„Oh, Dobby muss noch auf die letzte Bahn warten, damit auch wirklich alle Gäste sicher an ihrem Ziel ankommen! Bei drei berühren Sie bitte den Schlauch, das würde Dobby freuen, vielen Dank! Gleich geht der Portschlüssel los, gerade rechtezeitig, sehr schön! Und eins und zwei und... Drei!“

Severus, der von der erbärmlichen Erscheinung des Hauselfen noch immer fasziniert war, verpasste beinahe seinen Einsatz und griff erst dann nach dem Schlauch, als die anderen bereits vor seinen Augen verschwammen. Im nächsten Moment spürte er ein unheimliches Reißen in seinem Körper, ein unangenehmes Gefühl, als wolle sich sein Inneres nach außen stülpen. Im nächsten Moment landeten sie auch schon mit einem mehr oder weniger harten Aufprall auf einem kleinen Kiesweg. Er keuchte auf, richtete hastig seinen Umhang und sah sich um. Die anderen, die zum Teil noch unglücklicher gelandet waren als er selbst, richteten sich unter Stöhnen auf und ein Mädchen verpasste einem Jungen eine schallende Ohrfeige, weil dieser versehentlich auf ihr gelandet war. Er sah sich um. Hinter ihnen lag ein großes, stählernes Tor, vor ihnen erstreckte sich der Kiesweg, umrundete einen großen, marmornen Springbrunnen, der einen Menschen mit dem Unterkörper einer Schlange und dem Kragen einer Kobra darstellte. Dahinter lag das Haus. Es war eigentlich viel weniger ein Haus als ein kleines Schloss. Es wirkte gewaltig und erregte sicher bei jedem Neid, der es sah. Hastig rappelte er sich auf, strich seine Haare hinter die Ohren und spürte, wie Rosier seine Hand nahm.

„Ganz schön beeindruckend, was?“ raunte er ihm mit dunkler Stimme zu. Die Sonne, die hoch am Himmel stand, brachte das glasklare Wasser im Brunnen zum Glitzern. Erst beim Näherkommen fiel ihm auf, dass die Augen des Springbrunnen-Nagas grün waren und schimmerten, das Licht reflektierten wie die reinsten Smaragde. Rosier drückte seine Hand, zog ihn weiter bis zur Eingangstür, an der ein großer, schwerer Türklopfer hing. Die anderen Gäste standen hinter ihnen und am liebsten hätte er sich zu ihnen gesellt, als Rosier den Klopfer betätigte und von drinnen das aufgeregte Getrappel der Hauselfen zu hören war. Die Tür wurde geöffnet. Ein kleiner Hauself mit hellbrauner Haut und großen, mandelfarbenen Augen starrte ihnen entgegen. Dann wurde die Tür aufgerissen. Hinter dem kleinen Hauselfen, der erschrocken quietschte und bei Seite trat, stand Lucius Malfoy. Severus spürte, wie sein Herz zu rasen begann und seine Knie immer weicher wurden. Lucius war groß, seine platinblonden Haare reichten ihm bis zu den Schultern und wirkten so ordentlich, als ob wirklich jede Haarsträhne einzeln auf ihrem Platz drapiert worden war. Seine stahlgrauen Augen blitzten amüsiert zu ihnen hinüber und seine Lippen zeigten ein kühles Lächeln.

Jetzt erst fiel Severus auf, wie lange er ihn nicht mehr gesehen hatte. Als er in der ersten Klasse war, hatte Lucius ihn eingewiesen. Damals hatte er schon zu den ganz großen gehört und hatte viel Bewunderung geerntet. Er war so groß geworden, so erwachsen. Beinahe erschrak er über seine Stimme, als Lucius sie begrüßte.

„Herzlich Willkommen in meinem bescheidenen Heim“, schnarrte er und trat bei Seite. Wenn Rosier ihn nicht mit sich gezogen hätte, wäre Severus wie angewurzelt stehen geblieben. Als Rosier ihn losließ, um Lucius freundschaftlich zu umarmen, beneidete er ihn mehr um diese Umarmung, als er Lucius um seinen Reichtum beneidete. Der Hauself schloss die Tür, als die Gäste eingetreten waren und eilte davon, nur um kurz darauf mit einem Tablett, voll beladen mit Drinks auf Eis, zurückzukehren. Severus nutzte die Zeit, in der sich die anderen mit Drinks zudeckten, um sich etwas umzusehen. Von der Eingangshalle aus führte eine Treppe hinauf in das obere Stockwerk, eine andere Tür offensichtlich zur Küche und eine offenstehende Flügeltür in ein Esszimmer. Was den Esstisch betraf hatte Rosier nicht übertrieben. Er sah wirklich alt, teuer und beeindruckend aus.

„Folgt mir. Ich zeige euch, wo wir später feiern werden“, sagte Lucius und schwenkte sein Glas in seiner Hand, nippte daran und ging durch die Flügeltür in das Esszimmer. Von hier aus führte eine weitere Tür in einen wunderschönen, in grün gekleideten Salon, der nicht nur ihn zum Staunen brachte. Er war kleiner und gemütlicher, in der Ecke prasselte ein Feuer im Kamin und an der Wand hing ein Portrait von Brutus Malfoy, von dem Severus bereits gelesen hatte.

Die meisten Gäste setzten sich auf die Sofas und stellten ihre Drinks auf den niedrigen Tischen ab, bewunderten die Ausstattung des Raumes, bevor sie Lucius allesamt für die Einladung dankten. Irgendwie hatte Severus seine Zunge verschluckt. Er bekam nichts heraus und warf Rosier ab und zu einen kurzen Blick zu, der sich, seit Lucius da war, gar nicht mehr für ihn zu interessieren schien. Er belagerte den platinblonden Schönling förmlich und bemerkte nicht einmal, wie Severus den Raum wieder verließ und durch den Speisesaal zurück in die Eingangshalle ging. Der ganze Trubel war ihm vielleicht doch etwas zu viel. Und es würden noch mehr Gäste kommen. Zum Glück drehte es sich hier ausschließlich um Lucius. Das schien auch Rosier zu denken, schließlich schenkte er ihm gerade seine ganze Aufmerksamkeit.

Seufzend ließ sich Severus auf der Treppe nieder. Er dachte an Lily Evans und daran, dass sie vielleicht gerade auf den Weg nach Hause war. Zu ihren Eltern, die mit Recht so stolz auf sie waren. Er legte seinen Kopf in seine Hände. Sie fehlte ihm unheimlich. Es war keine gute Idee, mit Rosier hier her zu kommen.

„Kann ich dir behilflich sein?“

Severus fuhr zusammen. Die Stimme war rau und dunkel, schien vom Kopf der Treppe zu kommen. Hektisch stand er auf, hielt sich am Geländer fest und sah die Treppe hinauf. Oben stand ein großer, schlanker Mann mit breiten Schultern und langem, hellblondem Haar, das über seine Schultern und bis über seine Brust wallte. Er trug einen langen, dunkelgrünen Brokatumhang und schwarze Stiefel, hatte seinen Kopf schiefgelegt und sah mit warmem Lächeln auf ihn herab.

Severus‘ Herz blieb stehen.
 

[/Chapter XV]
 

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Chapter XVI

Chapter XVI ≈ »My Beloved Monster«
 

Severus merkte erst, wie irritiert und zugleich begeistert er diese Erscheinung am Kopf der Treppe anstarrte, als der Mann leise zu lachen begann. Wenn dies ein Malfoy war, war er wahrlich ein ganz besonderer. So einen warmen, gutmütigen Blick hätte er von keinem in dieser Familie erwartet, auch wenn dieser hier nicht weniger anmutig und aristokratisch erschien. Langsam kam der Mann die Treppe hinab, seine Hand glitt dabei über das Geländer. Severus folgte ihm mit seinem Augen. Er wirkte alt, vielleicht Mitte oder Ende vierzig und doch konnte er kein einziges graues Haar entdecken. Er war wunderschön, daran gab es keinen Zweifel.

“Malfoy. Abraxas Malfoy”, stellte sich der Mann vor und verneigte sich sehr knapp vor Severus, als er nur noch zwei Stufen über ihm stand. Severus öffnete irritiert den Mund, suchte verzweifelt seine Stimme.

“Severus Snape, Sir. Sehr erfreut”, hauchte er schließlich untertänig und erwiderte die kurze Verbeugung, allerdings um einiges tiefer. Das schien den alten Malfoy sehr zu amüsieren. Er stieg weiter die Treppe hinab, blickte zurück zu Severus und warf sich sein langes Haar über die Schulter. “Also, Severus”, raunte er. “Du bist doch ein Gast, nicht wahr? Warum bist du nicht bei den anderen?”

Severus sah unschlüssig hinüber zu Abraxas Malfoy, öffnete den Mund, um etwas zu sagen, als eine Stimme ertönte.

“Severus, da bist du ja”, hörte er Lucius sagen, als dieser die Eingangshalle betrat. “Ich bin noch gar nicht dazu gekommen, dich zu begrüßen. ... Hallo, Vater”, fügte er etwas hochmütig hinzu, als er an dem älteren Malfoy vorbei und auf Severus zuging. Natürlich, Abraxas Malfoy war Lucius’ Vater. Severus konnte nicht aufhören ihn anzusehen. Die langen blonden Haare des Mannes reichten bis zur Mitte seines Rückens, wellten sich leicht und unterstrichen sein elfenhaftes Aussehen. Dieser Mann raubte ihm im wahrsten Sinne des Wortes den Atem. Erst als Lucius seinen Arm um Severus legte, erinnerte er sich wieder daran, dass es da ja noch einen anderen Malfoy gab, um den sich dieser Abend drehte. Abraxas verschwand in der Küche. Severus trauerte ihm nach.

“Dein Vater...?”

“Ja”, antwortete Lucius schnell und wechselte sofort das Thema. “Ich hab gehört, du bist mit Rosier gekommen? Das ist wirklich interessant.” Er lächelte amüsiert doch nicht wirklich fröhlich. Irgendwie jagte ihm dieses Lächeln immer wieder eine Gänsehaut über den Rücken.

“Ja. Er hat mich gefragt”, antwortete Severus, während Lucius ihn zurück zum Salon begleitete. Er versuchte immer wieder einen Blick zurück über seine Schulter zu werfen, doch Abraxas hatte die Küche nicht mehr verlassen. Severus fühlte sich wie von einer Veela verzaubert.

“Ja. Das hat er mir erzählt.” Lucius wirkte unheimlich steif, als er ihn zurück in den Salon schob und die Tür hinter sich schloss. Weitere Getränke waren herangetragen worden und die kleine Hauselfe flitzte hin und her um die Wünsche der Gäste zu erfüllen. “Rosier wird dir nachher euer Zimmer zeigen.”

“U-... Unser Zimmer?” fragte Severus nervös und runzelte die Stirn.

“Ja. Er hat darum gebeten. Evan?” Rosier, der sich gerade mit Abby unterhalten hatte, drehte sich um. “Hier ist er. Mein Vater hat ihn wohl aufgehalten.”

Rosier wand sich wortlos von Abby ab und kam auf die beiden zu.

“Du hast ihn bereits kennen gelernt? Toller Mann, nicht wahr?” meinte er und legte eine Hand auf Severus’ Schulter. Dieser nickte, sah argwöhnisch hinüber zu den anderen Gästen. Ein Pärchen hatte bereits wild zu knutschen begonnen, ein paar andere machten sich noch immer über die Drinks her. Lucius löste sich von Severus.

“Ich hole das Opium. Gleich brechen wir den Absinth an.”
 

| ... |
 

James war wohlhabend. Er besaß dank seiner Eltern ein großes Haus in einer magischen Siedlung - mit einem großen Keller, den James für die Vollmondnacht auserkoren hatte. Als sie an diesem Tag bei ihm zu Hause ankamen, war Sirius bereits da und hatte sich im Gästezimmer häuslich eingerichtet.

“Warst du überhaupt bei dir zu Hause?” fragte Peter, als James ihnen in der Küche etwas zu Essen bereitete.

“Bin ich denn verrückt?” Sirius lachte. “Wenn ich genau weiß, wo mein bester Freund wohnt und dass seine Haushälterin mich kennt und nicht frierend vor der Haustür sitzen lassen würde, gehe ich doch nicht nach Hause, wo man mich nicht nur rauswerfen sondern mir auch einen Haufen Flüche hinterherwerfen würde.” Er zwinkerte Peter und Remus zu. “Ich bin doch die Blutschande. Ich habe es nicht verdient, diesen ehrwürdigen Namen zu tragen. Am besten heirate ich einen Muggel und nehme seinen Nachnamen an.”

“Du spinnst doch”, zischte Remus und verschränkte seine Arme vor der Brust. Er konnte es nicht leiden, wenn Sirius selbst so von sich sprach; als ob es ihm gar nichts ausmachen würde, dass er zu Hause nicht willkommen war. James kam an den Tisch und setzte einen großen Topf Spaghetti auf ihm ab. Er konnte nicht viel und nicht gut kochen aber Spaghetti konnte wohl jeder. Spaghetti mit Ketchup.

“Wenn meine Haushälterin übermorgen wieder da ist, gibt’s auch was Ordentliches. Bis dahin: Pasta. Pasta, Pasta, Pasta und noch mal Pasta.”

“Hab nichts dagegen!” rief Peter freudig, schnappte sich den Topf und füllte sich großzügig auf. James hatte seine Haushälterin nach Hause geschickt, bis dieser ganze Vollmondspuk vorbei war. Remus fühlte sich jetzt schon sehr krank und geschwächt, verspürte kaum Appetit, war aber recht froh, Sirius so fröhlich zu sehen, obwohl er suspendiert war und obwohl er zwei Tage hier allein gewesen war. Er konnte einfach nicht aufhören, sich um ihn Gedanken zu machen und das, obwohl er ganz genau wusste, dass seine Liebe aussichts- und chancenlos war. Sirius liebte James, dieser liebte Lily und diese hatte sich kürzlich erst ihren alten Schulfreund und James’ liebsten Feind Severus Snape angelacht. Remus bereute fast ein wenig, den armen Snape so angefaucht zu haben aber es war ganz egal, wie viel Mitleid er mit ihm hatte, irgendjemand hatte ihm ja mal offen und ehrlich die Meinung sagen müssen. Er glaubte dennoch nicht, dass Snape der fiese Kerl war, für den alle ihn hielten. Lily mochte ihn und das bedeutete, dass er eigentlich ein sehr lieber und einfühlsamer Junge sein musste. Remus nahm sich vor, es nach den Ferien noch mal zu versuchen, ihm etwas näher zu kommen. Es wurde Zeit, dass sie das Kriegsbeil begruben.

Das brachte ihn darauf, was er Sirius eigentlich noch hatte fragen wollen. Er sah auf, als habe er einen Geistesblitz gehabt.

“Sirius”, murmelte er, als Peter ihm eine Schüssel Spaghetti hinstellte. Sirius hatte bereits zu essen begonnen und sah mit einem langen Spaghettibart zu ihm hinüber.

“Waff?” nuschelte er und versuchte, die ganzen Spaghetti in seinen Mund zu schaufeln. Remus verzog das Gesicht und versuchte sich auf seine eigenen Nudeln zu konzentrieren.

“Als Professor McGonagall euch in den Gemeinschaftsraum gebracht hat... Also, davor muss ja was passiert sein. Du sahst so blass aus.”

Sirius schluckte, hustete und versuchte den Spaghettibart abzubeißen. James sah abwechselnd zwischen den beiden hin und her.

“Ja. McGonagall hat uns auf dem Gang aufgegriffen. Wir sind vorher noch mit Snape im Bad gewesen”, gestand er und klopfte dem hustenden Sirius auf den Rücken.

“Und was ist... passiert...? Also, was habt ihr gemacht....?”

Remus scheute sich eigentlich, diese Frage zu stellen. Peter und James schienen sich ebenso zu scheuen, auf diese Frage zu antworten. Sirius steckte sich noch eine Gabel Spaghetti in den Mund und sah Remus an. Er wirkte ernst.

“Bin vielleicht etwas weit gegangen”, erwähnte Sirius nebensächlich noch während er kaute. “Hab ihn gezwungen, sich auszuziehen. Das war’s aber auch schon.”

Remus’ Kinnlade klappte nach unten. Fassungslos starrte er seinen Freund an, der in aller Seelenruhe weiter auf seinen Spaghetti herumkaute und nach dem Ketchup griff. James und Peter sahen betreten auf ihre Teller. Beide hatten aufgehört, zu essen. Man konnte Sirius schmatzen hören. Er kippte eine große Ladung Ketchup auf seinen Teller und aß weiter, ohne auf die anderen zu achten.

Monster.

Remus wusste nicht, was er sagen sollte. Er sah ihm einfach nur beim essen zu und versuchte sich zu zwingen, sich diese Szenerie in der Dusche nicht bildlich vorzustellen.

“Darf ich?” Sirius griff nach Remus’ Schüssel. “Oder willst du noch essen?”

“Sie hätten dich von der Schule werfen sollen”, zischte Remus und stand so heftig auf, das sein Stuhl scheppernd zu Boden fiel. Sirius aß weiter, blickte nicht zu ihm auf.

“Wir sind dann ja gegangen. Ich denke, das war ihm eine Lehre.”

“Diese Suspendierung ist dir offenbar keine.” Remus zitterte am ganzen Körper, Tränen der Wut traten in seine Augen; der Wut und der maßlosen Enttäuschung. Er hatte viel von ihm erwartet aber nicht das. “Ihr seid gegangen? Habt ihn da allein gelassen?”

“Ja.” Sirius schluckte sein Essen runter. “Irgendwie...” Er zögerte. Endlich hörte er auf, kontinuierlich mit seiner Gabel in die Nudeln zu greifen. “...tat er mir Leid.”

James stand auf. “Das muss ich mir nicht antun”, knurrte er und verließ augenblicklich das Esszimmer. Remus hörte, wie er die Treppe hinauf lief.

“Er tat dir Leid?” zischte Remus und sah ihn ungläubig an. “Dir?

“Du hast seinen Körper ja nicht gesehen. Er war voller...”

- “Voller Narben, ich weiß”, ergänzte Remus und schlug mit seinen Händen auf den Tisch. “Was hättest du denn getan, wenn die Narben nicht da gewesen wären, hm? Was hattest du geplant, Sirius?! Sag’s mir! Ich versteh es nicht!”

Nun stand auch Peter auf. Unsicher blickte er zu Remus, dann zu Sirius. Er nahm seinen Teller und brachte ihn in die Küche. Sirius schwieg. Er fischte seine Zigaretten aus seiner Umhangtasche, nahm sich eine aus der Packung und zündete sie an.

“Ich weiß nicht”, flüsterte Sirius und zog an seiner Zigarette. “Ich bin mir nicht sicher...”

Remus schlug erneut auf den Tisch. Wut brachte ihn zum Zittern. Eine Träne lief seine Wange hinab. Er griff nach Sirius’ Zigarette, drückte sie in die Ketchuppfütze in seinem Teller, schnappte sich den Topf mit den Spaghetti und kippte ihn über Sirius’ Kopf aus. Dieser rührte sich nicht, hielt seine Hand noch immer hoch, als habe er noch immer seine längst erloschene Zigarette zwischen den Fingern und blinzelte sich eine Nudel aus den Wimpern.

Peter huschte an den beiden vorbei und folgte James die Treppe hoch.

“Wie konnte ich nur so dumm sein?” schluchzte Remus trocken und sehr verzweifelt. Er ging einen Schritt zurück, ließ den Topf auf den Boden fallen, der laut schepperte und unter den Tisch rollte, wobei noch mehr Spaghetti verloren gingen.. “Wie konnte ich nur... Wie konnte ich mich nur in dich verlieben..?” Wieder wich er zurück.

Es war doch ganz egal, was er sagte. Sirius verzog keine Miene. Er hätte ihm sagen können, dass er schwanger von ihm war - wahrscheinlich wäre ihm das ebenso egal gewesen.

Als er hastig und völlig kopflos das Zimmer verlies, hörte er nur, wie Sirius sich eine neue Zigarette anzündete.
 

An diesem Abend zog Remus sich komplett zurück. James erklärte ihm, dass Sirius einen Spaziergang machte und dass er ruhig mit ins Wohnzimmer kommen konnte, aber Remus verneinte. Wenn Sirius draußen war, um einen klaren Kopf zu bekommen, tat ihm das sicher gut. Remus tat es nun gut, wenn er etwas alleine war, um nachzudenken. Er konnte noch immer nicht glauben, was Sirius ihm gestanden hatte und was er noch weniger glauben konnte war, was er Sirius gestanden hatte. Dass er ihn liebte. In so einer Situation. Er war so wütend gewesen, dass es einfach aus ihm herausgeplatzt war. Als Vorwurf. Remus versuchte verzweifelt, seine Tränen zurückzuhalten und bekam zu seinen Bauchschmerzen und den Schwächegefühlen nun auch noch wahnsinnige Kopfschmerzen. Die Vorhänge waren zugezogen, das Zimmer abgedunkelt.

Er konnte ihn verstehen. Severus. Er verstand, weshalb er sich selbst verletzt hatte, nach dem, was Sirius mit ihm getan hatte. Es mochte sein, dass Sirius es nicht verstand oder zumindest nicht in dem Maße nachvollziehen konnte, aber Remus verstand ihn. Auch er hatte Narben. Eine gewaltige Narbe, dort wo Fenrir Greyback ihn einst gebissen hatte und Narben an seinen Armen und Beinen, sogar an seinem unteren Rücken, wo er sich als Werwolf selbst gebissen hatte, bei dem verzweifelten Versuch sein menschliches Gewissen zu bewahren und lieber sich als seine geliebten Freunde anzufallen. Er wollte nicht, dass jemand diese Narben sah. Sie waren Brandzeichen für die Krankheit, die ihn zermürbte. Die Lykanthropie. Er wusste, dass es Severus furchtbar unangenehm, wenn nicht sogar peinlich sein musste, überhaupt seine Arme oder seine Waden zu zeigen. Wie mochte es dann für ihn sein, seinen ganzen Körper vor jemandem entblößen zu müssen, der ihn hasste und verabscheute? Es musste das Schlimmste für ihn gewesen sein. Was ihn beinahe noch mehr beunruhigte, war die Frage, was Sirius getan hätte, wenn Severus’ Körper unversehrt und makellos gewesen wäre. Ob er ihn angefasst hätte. Durfte er Sirius so etwas überhaupt zutrauen? Er hatte immer zu ihm gestanden, immer, in jeder Situation. Selbst nach der Sache mit James, die er selbst eigentlich auch nicht gutgeheißen hätte.

Er wusste genau, was Sirius fühlte und doch hatte er niemals versucht, Sirius in einer schwachen Stunde abzufüllen und zu verführen. Er wünschte sich natürlich, dass er ihn liebte und er würde vor Glück sicherlich sterben, wenn er ihn küssen, ja, wenn er mit ihm schlafen würde... Aber wenn dies nicht aus freien Stücken und bei vollem Bewusstsein geschah, hätte er darauf verzichtet. Er wollte ihn ganz, mit Haut und Haaren, mit Herz, Geist und Seele.

Im Moment war er sich allerdings gar nicht mehr so sicher, ob es da ein Herz gab, das er ihm hätte schenken können.
 

[/Chapter XVI]
 

[ ] Game Over

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[A/N: Die Spaghetti sind Italy (Hetalia) gewidmet. Pastaaaa!]

Chapter XVII

Danke für die Kommentare.

Nein, ich habe keinen APH-Flash. ;) Das letzte Kapitel hatte ich bereits vor einer halben Ewigkeit geschrieben, wollte es aber nicht hochladen, ehe ich nicht das nächste fertig habe (mach ich immer so). Ich dachte, ich lass die Anmerkung einfach drin. Eigentlich fahr ich gar nicht so auf Italy ab. ;)
 

Sorry, dass das letzte Kapitel so kurz war. Die nächsten werden wieder länger (hatte nichts mit Schreibfaulheit zu tun. Ich war nur der Meinung, dass das Kapitel eben genau da zu enden hat.).

[/Rechtfertigung]
 

Viel Spaß beim Lesen!
 

Chapter XVII ≈ »Colorblind«
 

Sirius konnte nicht glauben, was Remus ihm da eröffnet hatte. Noch minutenlang hatte er dort auf seinem Platz gesessen, hatte nicht einmal die Spaghetti von seinem Kopf und seinen Schultern entfernt und hatte zwei Zigaretten in kürzester Zeit geraucht. Vielleicht hätte er es für sich behalten sollen, was an diesem Tag mit Snape in der Dusche geschehen war. Es war richtig gewesen, es ihm zu erzählen, das glaubte er zumindest. Je länger er da saß und je mehr Nudeln ihm aus den Haaren fielen, desto unsicherer wurde er jedoch. Als er seine zweite Zigarette ausgedrückt hatte, erhob er sich und sammelte die Spaghetti aus seinen Haaren und von seinen Schultern.

Ich habe mich in dich verliebt.

Diesen Satz hatte er noch nie von jemandem gehört, der ihm auch nur annähernd so viel bedeutete wie Remus. Er war neben James sein bester Freund, eine Vertrauensperson, ein Teil seiner Seele. Remus‘ Krankheit hatte sie zusammengeschweißt. Er hatte so etwas nicht von ihm hören wollen. Es verändert alles.

Plötzlich glaubte er zu wissen, wie in etwa James sich gefühlt hatte. Er säuberte den Stuhl und setzte sich wieder hin, um seine dritte Zigarette zu rauchen. Er wusste nicht, was er in diesem Augenblick fühlte. Es war so schwer zu erfassen. Seufzend stieß er den kalten Rauch aus, sah nicht auf, als er Schritte auf der Treppe hörte und James schließlich den Raum betrat. Schweigend setzte sich sein Freund neben ihn. Sirius‘ Herz wurde ihm schwer. Er dachte an das Gespräch, das er mit Remus geführt hatte. Warum hatte er es nicht gemerkt? Er hätte es auf der Stelle merken sollen, dass er Gefühle für ihn hatte.

“Du hast doch keine Ahnung, wie das ist... Wenn da jemand ist, den du liebst und der es nicht sieht, der jemand anderen liebt; mehr als er dich jemals lieben könnte! Du weißt nicht wie das ist, jemandem alles geben zu wollen; mehr, als du bieten kannst, nur um ihm zu zeigen, dass es dich gibt! Dass du ihn liebst... Und dass du für ihn da sein willst...”, hatte Sirius gesagt und jetzt erst fiel ihm auf, wie viele Parallelen es zwischen seinem Verhalten und dem von Remus gab, auch wenn dieser viel weniger radikal vorging.

- “Tut mir Leid, ich weiß... Ich weiß wirklich nicht, wie das ist. Aber... ich will für dich da sein. Ganz gleich, wie James sich entscheidet. Ich bin bei dir.”

Er hatte gelogen. Warum hatte er ihm nicht die Wahrheit gesagt? Remus hätte ihm sagen können, dass er dieses Gefühl kannte und dass er es war, der in ihm diese Gefühle weckte. Warum hatte er es vor ihm verborgen? Und selbst wenn er ihm nicht gestanden hätte, dass er ihn liebte, hätte er ihm doch zumindest sagen können, dass er ihn genau verstand und das Gefühl gut und aus eigener Erfahrung kannte. Je länger er darüber nachdachte, desto mehr verstand er Remus‘ Reaktion jedoch. Wahrscheinlich hätte Sirius ihm widersprochen, so wie er sich kannte. Er hätte Remus vorgeworfen, keine Ahnung von seinen Gefühlen zu haben und nichts zu verstehen. Und er wusste, weshalb er ihm damals nicht gestanden hatte, dass er ihn liebte.

Um das zu schützen, was du beinahe verloren hättest, als du James deine Gefühle gestanden hast, rauschte es ihm plötzlich durch den Kopf. Er zog fest an seiner Zigarette.

„James...?“, keuchte er mit feuchten Augen. James nickte und legte einen Arm um Sirius.

„Ich weiß“, erwiderte dieser und rutschte näher an ihn heran.

„Moony... Er...“

- „Ich weiß...“
 

| ... |
 

Remus verlies den Raum nicht, bis James ihn am nächsten Abend holte. Er fühlte sich schlapp und krank, schien mit seinem Geist immer wieder abzudriften und versuchte sich zu sammeln, während er, von James gestützt, die Treppe runter ging. Peter und Remus warteten bei der Kellertreppe.

Peter sagte etwas. Irgendwas von einer Eule und von Dumbledore. Er verstand es nicht. Der Mond stand bereits am Himmel. Das bisschen Licht, das durch die Vorhänge drang, reichte vollkommen, um ihm dem Verstand zu rauben. Sirius sah ihn nicht an. Es war seine Pflicht hier zu sein und ihm zu helfen.

Wut kochte in ihm auf, Aggression, die vollkommen gerechtfertigt war, wie er glaubte. Er verdrehte seine Augen, gab ein Stöhnen von sich.

James rief etwas. Er wurde die Kellertreppe hinabgestoßen. Hinter ihm das Hecheln eines Hundes. Die Umwelt verblasste, verlor an Farbe, an Wirklichkeit. Er sah ein vergittertes Fenster. Der Raum war leer.

Er konnte ihn riechen. Er konnte Sirius riechen, sein Fell, und drehte sich um. Die Tür war geschlossen. Er sah einen Hund und einen Hirsch, der mit dem Rücken zur Tür stand und der sein Geweih auf ihn gerichtet hatte. Warum? Wollte er ihm schaden?

Remus gab ein wehleidiges Fiepen von sich, sein ganzer Körper begann zu brennen, er krümmte seinen Rücken.

Sirius und James standen gegen ihn. Sie wollten ihm schaden. Er musste sich verteidigen. Ja, er hatte es vorausgesehen, dass die beiden sich verbünden würden. Remus ging auf alle Viere, gab ein grauenerregendes Heulen von sich und stürzte auf den Hund zu, der die Zähne fletschte und ihn anknurrte. Dann schaltete er vollkommen ab.
 

| ... |
 

Severus hatte die Ankunft der anderen Gäste kaum bemerkt. Der Raum war in einen dichten, blauen Rauch getaucht, der wie Nebelschwaden über ihren Köpfen hing. Lucius hing schon seit Stunden an einer Wasserpfeife und hatte seine Hand in Rosiers Hose, der davon unglaublich angetan war. Severus war es egal. Er lag auf einem der dunkelgrünen, mit Samt bespannten Sofas, nippte ab und an an dem Absinth und ließ sich von Mulciber mit Trauben füttern, der ganz offensichtlich bereits Halluzinationen hatte und immer wieder dem Portrait von Brutus Malfoy zuprostete.

Ein Plattenspieler spielte leise Musik, die er nicht ganz identifizieren konnte, aber dafür hatte er wohl auch schon zu viel Absinth getrunken und zu viel von diesem süßen Rauch eingeatmet. Er wurde das Gefühl nicht los, dass Rosier nur mit ihm zur Party hatte gehen wollen, um Lucius eifersüchtig zu machen. Es schien gefruchtet zu haben, denn als er das nächste Mal zu den beiden hinüber sah, war Rosier dabei, sich an Lucius’ Hals festzusaugen. Severus gab ein leises Seufzen von sich.

Mulciber presste eine Weintraube gegen seine Lippen. Er setzte sich auf und verschüttete etwas von seinem Absinth über den Teppich. Noch einmal nippte er an dem Glas, dann formte er eine Entschuldigung mit seinen Lippen, stellte das Glas ab und stand auf. Er trat auf etwas knirschendes und stellte fest, das es ein Zuckerwürfel war, als er unter seinen Schuh blickte. Er zog seine Schuhe aus und hätte im nächsten Moment schon nicht mehr den Grund dafür nennen können.

Langsam und vorsichtig ging er auf die Wasserpfeife zu. Lucius sah zu ihm hinauf, ließ sich anscheinend nur zu gerne von Rosier ablenken, der alles dafür tat, die ungeteilte Aufmerksamkeit des schönen Blonden zu erringen. Seine Hände glitten unter Lucius’ Umhang und streichelten seine Brust.

“Wo willst du hin?” hörte Severus den Blonden fragen. Er zuckte mit den Schultern und wies mit dem Kopf zur Tür. Lucius nickte, als ob das seine ganze Neugier befriedigt hatte und fuhr Evan Rosier fest und fordernd durchs Haar.

Severus schlurfte zur Tür, öffnete sie und blinzelte in das Licht des Speisesaals. Sauerstoff, ungeahnte Mengen an Sauerstoff schlugen ihm ins Gesicht. Er atmete tief ein, schloss die Tür hinter sich und tastete sich an der Wand voran. Draußen war es stockdunkel. Er hatte das Gefühl, langsam wieder nüchtern zu werden und glaubte, dass das hauptsächlich mit dem plötzlichen Reichtum an brauchbarer Luft zu tun hatte.

Er war wütend auf Rosier, das merkte er jetzt besonders, und fühlte sich benutzt. Severus hatte geglaubt, Evans Gefühle zu verletzen, wenn er seine Einladung ablehnte. Tatsächlich schien dieser es aber nur auf Lucius Malfoy abgesehen zu haben.

Er ging in die Eingangshalle und schleppte sich die lange Treppe hinauf, die in einer kleinen Kurve endete. Verzweifelt versuchte er sich daran zu erinnern, welches sein Gästezimmer gewesen war. Hatte Rosier nicht ein Zimmer mit ihm teilen wollen? Warum hatte er nicht gleich gesagt, dass er lieber bei Lucius schlafen wollte? Er seufzte und ging den Flur entlang. Hier war das Badezimmer. Dann waren es nur noch drei Türen bis zu seinem Zimmer.

“Severus?”

Warum hatten die Menschen immer wieder die Angewohnheit, ihn einfach so unvermittelt anzusprechen und ihm so einen Schrecken einzujagen, dass er zusammenzuckte und sich unwillkürlich blamierte?

Langsam drehte Severus sich um, da er im ersten Moment die Stimme nicht hatte zuordnen können und erblickte einen großen, schlanken Elfen. Nein. Natürlich war es Abraxas Malfoy.

Sein langes, blondes Haar war frisch gekämmt. In seiner Hand hielt er einen Kerzenhalter. Noch immer trug er den dunkelgrünen und reich verzierten Brokatumhang und die hohen, schwarzen Stiefel.

“Guten Abend”, murmelte Severus und blinzelte ein paar Mal in das Licht der Kerze.

“Was machst du denn schon hier oben? Wolltet ihr nicht in Lucius’ Geburtstag reinfeiern? Immerhin wird er zwanzig.”

Severus nickte langsam, schüttelte dann aber den Kopf. “Ich bin müde”, log er.

“Müde?” Abraxas holte eine Taschenuhr hervor. “Es ist erst viertel nach elf.”

“Ich weiß. Aber da unten ist jeder so mit sich selbst beschäftigt. Und... Ich fürchte die Luft bekommt mir nicht, Sir.” Er lächelte matt. Der Mann erwiderte es, öffnete eine breite, schwere Tür und trat bei Seite.

“Leisten Sie mir doch noch etwas Gesellschaft. Möchten Sie ein Glas Wein?”

Er konnte nicht anders, als zu nicken. Wie in Trance folgte er dem schönen Mann in das Zimmer, das, anders als der Salon, ganz in rot gekleidet war. Es wirkte rustikal und sehr gemütlich. Eine weitere Tür zu einem kleineren Raum stand offen. Durch die offene Tür konnte er ein Bett sehen, auf welchem ein seidener Morgenmantel lag.

Er ließ sich von Abraxas zu einer kleinen Sitzgruppe führen und setzte sich auf einen der Sessel. Auch der Wein war rot. Die Flasche wirkte alt, das Etikett war vergilbt und wieder erinnerte sich Severus an den Weinkeller, den Rosier beschrieben hatte.

Abraxas’ Hände waren wunderschön. Sie waren weiß, glatt und haarlos.

“Sir”, begann Severus, als er das Glas Wein entgegennahm. “Haben Sie... eine Veela in der Familie?”

Das war, so glaubte Severus, ein guter Grund dafür, dass dieser Mann so eine gewaltige Faszination auf ihn ausübte. Abraxas jedoch lachte verhalten, stellte die Flasche Wein auf dem kleinen Tisch ab und setzte sich Severus gegenüber.

“Nein. Wir sind eine reinblütige Zaubererfamilie. Das kann man mühelos bis ins sechzehnte Jahrhundert zurückverfolgen. Aber ich weiß, was du meinst. Weißt du, es ist nicht das erste Mal, dass sich jemand so von mir angezogen fühlt, wie du es tust.”

Severus starrte ihn an. Er führte das Glas Wein an seine Lippen und stürzte die Flüssigkeit seine Kehle hinab, was ihn schütteln ließ, als er das leere Glas wieder abstellte. Er fühlte sich ertappt. Abraxas Malfoy musste ein großer Legilimentiker sein und Severus fiel es schwer, seinen Geist in diesem Moment zu verschließen. Daran hätte er denken müssen. Abraxas schenkte ihm lächelnd Wein nach und musterte ihn dünkelhaft.

“Habe ich also Recht, nicht wahr?”

Severus glaubte nicht, dass eine Antwort in dieser Situation von Nöten war. Nun nippte er eher vorsichtig an dem Wein, leckte sich über die Lippen und stellte das Glas auf dem Tisch ab. Er glaubte, dass Abraxas zwar unbedingt eine Antwort hören wollte, auch wenn er diese wohl schon längst kannte, aber er traute sich einfach nicht, sie auszusprechen. Natürlich fühlte er sich von ihm angezogen. Das war überhaupt kein Kunststück, wenn man diese überirdische Schönheit betrachtete. Er war alt und gezeichnet von der Zeit, hatte Falten unter den Augen und in ihren Winkeln, eingefallene Wangen, doch das machte ihn nicht weniger attraktiv; ganz im Gegenteil. Abraxas war eine reife und markante, sehr anmutige Schönheit.

“Was sagt ihre Frau dazu?” fragte Severus mit gespieltem Selbstbewusstsein in Stimme und Ausdruck. Er nahm an, dass der Ältere genau wusste, wovon er da sprach.

“Die Frauen haben sich den Wünschen ihrer Männer zu fügen”, antwortete der andere mit ernster Miene und Severus hätte schwören können, solche oder ähnliche Worte bereits von seinem Vater gehört zu haben.

“Verstehe.” Er griff nach seinem Glas Wein und nahm erneut einen kleinen Schluck, behielt nun aber das Glas in der Hand, um etwas zu haben, das er drehen und umherschwenken konnte, wenn seine Nervosität noch weiter ansteigen sollte. Erst jetzt fiel ihm auf, wie süß der Wein schmeckte.

“Bist du ein reinblütiger Zauberer, Severus?”

Er sah auf. In dem Blick seines Gegenübers lag keine Wärme mehr. Er dachte, dass es wohl das war, was er gerne hören wollte aber dass er ihn belügen müsste und hatte sich im selben Moment bereits selbst verraten.

“Hätte ich auch nicht gedacht. Der Name Snape sagt mir gar nichts. Ich frage mich nur, weshalb Lucius dich dann eingeladen hat...”

Abraxas stand auf. Nun wurde Severus nervös.

“Ein Halbblut, nicht wahr? Gut, das ist besser als nichts”, schnurrte der Ältere und ging um den Sessel herum, auf welchem der Junge saß. Er zuckte zusammen, als der Mann urplötzlich seine Hände auf seine Schultern legte und sein Haar nach hinten strich. Er nahm noch einen Schluck Wein. “Interessierst du dich für die Dunklen Künste, Severus...?”

Der Jüngere nickte und lehnte sich in die Berührung. Abraxas beugte sich zu seinem Ohr vor, bis seine Lippen es beinahe berührten und Severus das blonde Haar von hinten auf seine Schulter fiel.

“Sie sind mein Leben”, gestand er und schloss die Augen.

“Und ich nehme an, du weißt, welchen Weg du gehst, nachdem du deinen Abschluss gemacht hast?”

Severus drehte dem heißen Atemzug sein Gesicht zu und schlug langsam die Augen wieder auf.

“Ja, Sir.” Mehr sagte er nicht dazu.

“Und schämst du dich für deine Abstammung?”

“Ja, Sir.” Er schluckte schwer, sah auf die geschwungenen Lippen des anderen und leckte sich über die seinen. Er hatte das dringende Bedürfnis sie zu küssen.

Abraxas ließ von ihm ab, ging hinüber zu einem in die Wand eingelassenen Schrank und öffnete ihn. Severus sah auf sein Weinglas. Es zitterte. Er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte mal etwas so dringend gewollt hatte.

“Scham ist in diesem Fall wohl genau das richtige Gefühl”, raunte Abraxas ein paar Meter hinter ihm. Severus hörte, wie er Dinge in den Regalfächern hin und her schob, als ob er etwas ganz bestimmtes suchte.

“Aber besser ist Reue...”

Er nahm einen Schluck Wein. Reue. Er konnte für das, was seine Mutter getan hatte, keine Reue empfinden. Es war schließlich nicht seine Schuld, dass sie sich in einen Muggel verliebt hatte - selbst wenn Severus es überhaupt nicht nachvollziehen konnte. Dennoch nickte er, automatisch, auch wenn Abraxas es nicht hatte sehen können. Er trank den letzten Rest Wein aus, der seine Brust erwärmte, und stellte das Glas zurück auf den Tisch.

Abraxas Malfoy war ein Hypnotiseur, eine männliche Veela. Die hochmütige Stimme und der überlegene Blick, mit welchem er Severus eben bedacht hatte, wirkten beinahe noch attraktiver auf ihn, als das warme Lächeln, das er ihm zu Anfang geschenkt hatte. Es wirkte ehrlicher, erotischer und natürlicher für den blonden Aristokraten.

“Steh auf und komm zu mir”, befahl der Mann mit ruhiger aber sehr fester Stimme. Severus gehorchte sofort, stand auf und spürte, wie sein Herz, von der Fliegkraft gezogen, einfach hinab in seine Hose rutschte. Seine Knie waren weich, als er sich zu ihm umdrehte; noch weicher als in dem Moment, in welchem Lucius die Tür geöffnet und sie begrüßt hatte. Ja, er glaubte beinahe, sie würden jeden Moment nachgeben. Langsam bewegte er sich hinüber zu Abraxas, sah mit fragendem Blick zu ihm hinauf, wagte es aber nicht auch nur einen Blick in den Schrank zu werfen. Aus dem Augenwinkel konnte er einige Umhänge erkennen, die bei Seite geschoben waren.

“Möchtest du es sehen?” raunte der Mann. Seine Blicke sprachen Bände. Wieder leckte sich Severus über seine trockenen Lippen und nickte.

“Ja, Sir. Ich möchte es unbedingt sehen...” gestand er und sah gierig an Abraxas hinab, auf dessen linken Unterarm, denn er hatte sofort verstanden, was er gemeint hatte.

Der Ältere lächelte kühl, doch er sah es nicht, so erpicht war er darauf, es zu sehen; es vielleicht zu berühren. Langsam hob der Mann seinen Arm und streifte den weiten Ärmel seines Umhangs zurück, hielt ihm die Innenseite seines Unterarmes hin und endlich konnte Severus wieder das Blut in seinen Ohren rauschen hören; seine Schlagader pochte wild, wie in jener Nacht mit Lily.

Das Dunkle Mal zeigte sich deutlich. Ein Totenkopf, aus dessen Mund eine Schlange drang, eine Schleife zog und mit furchterregend glühenden Augen ihr mit Zähnen gespicktes Maul öffnete. Ohne zu fragen streckte der Junge seine Hand danach aus und berührte es. Die schwarze Magie, die es durchzog, ließ ihn angenehm frösteln. Mit seinen dürren Fingern fuhr er die Linien nach, kam dem Mann immer näher und konnte dieses wahnsinnige Verlangen, das ihm die Brust einschnürte, kaum noch zurückhalten. Allein dieses Dunkle Mal, das er berühren und fühlen konnte, erregte ihn so sehr, das er ein leises aber sehr lustvolles Seufzen von sich gab.

“Willst du dieses Mal eines Tages tragen?”

“Ja...” hauchte Severus sofort und sah mit halbgeöffneten Augen und sehr verträumten Blick in das schöne Gesicht des Mannes.

“Bereust du deine halbblütige Abstammung?”

Nun zögerte er. Severus konnte nicht sagen, dass er es bereute. Ja, er schämte sich dafür. Aber Reue war etwas ganz anderes. Abraxas interpretierte sein Zögern sofort, nickte verstehend und drehte sich zu dem Schrank um. Severus’ Augen ruhten nun wieder auf den nackten Unterarm. Nun war er sich ganz sicher, eines Tages dieses Mal zu tragen; koste es, was es wolle.

Als sich der Mann wieder zu ihm umdrehte, versuchte er in sein Gesicht zu blicken, doch nun wurde seine Aufmerksamkeit auf einen langen, geschälten Rohrstock gelenkt, der in etwa so dick wie sein Ringfinger war, einen geschnitzten Holzgriff besaß und zur abgerundeten Spitze hin immer schmaler wurde. Sein Herz raste wild, trommelte gegen seine Rippen und seine Ohren wurden heiß und rot.

“Wurdest du schon mal gezüchtigt, Severus?”

Der junge Mann schluckte und schüttelte sehr langsam den Kopf, ohne den Blick von dem Rohstock abzuwenden.

“Nein, Sir. Nicht mit einem Rohrstock”, flüsterte er wahrheitsgemäß und schluckte schwer.

“Aber Schläge bist du gewohnt?”

“Ja, Sir...” Severus spürte, wie der Mann eine eiskalte Hand auf seine Wange legte und sie zärtlich streichelte.

“Bist du bereit, eine neue Erfahrung zu machen und selbstverständlich daraus zu lernen?”

Der Alkohol rauschte in Höchstgeschwindigkeit durch seine Adern. Er sah hinauf in das Gesicht des Älteren, der gebieterisch auf ihn herabblickte.
 

[/Chapter XVII]
 

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[A/N: Abraxas Malfoy war niemals Todesser, zumindest ist es nie erwähnt worden. Eigentlich weiß man nur über ihn, dass er an Drachenpocken gestorben ist. Entschuldigt meine viel zu freie Interpretation von ihm ;)]

Chapter XVIII

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Chapter XIX

Chapter XIX ≈ »Bad News«
 

Als Remus erwachte, fiel ein Lichtstrahl durch das kleine vergitterte Kellerfenster und strahlte auf Millionen aufgewirbelter Staubpartikel. Er spürte, dass er mit einer sehr schweren, dicken Decke zugedeckt war, die normalerweise bei Umzügen dazu diente, dass die Möbel und Böden nicht zerkratzten, wenn man alles richtig platzierte. Er konnte sich kaum an das erinnern, was geschehen war. Im ersten Moment fragte er sich, warum er in einem Keller war und was die Gitter vor dem Fenster sollten. Und warum war er alleine?

Er stand auf, ließ die Decke fallen und ging langsam auf die Tür zu. Sein Umhang und seine Hose waren vollkommen zerfetzt. Ein großes Stück Stoff, das er nun hinter sich herzog, war von seinem Hosenbein abgerissen und hing nur noch an einem Faden der Naht. Remus betätigte die Türklinke. Es war abgeschlossen. Er rüttelte daran. Warum war er eingeschlossen?

“Sirius?”

Er rief den ersten Namen, der ihm einfiel. Seine Schultern und sein Schlüsselbein schmerzten, als ob er von einem Auto auf die Hörner genommen worden war. “James? Peter!”

Er klopfte gegen die Tür. Letzte Nacht war Vollmond gewesen. Und er hatte sich wieder verwandelt. Er konnte sich erinnern, wie sie ihn die Kellertreppe hinabgebracht hatten. Peter war nicht mit im Raum gewesen, sie hatten ihn nicht gebraucht, da die Peitschende Weide meilenweit entfernt war. Sie hatten es hier in diesem kleinen Kellerraum mit einem Werwolf aufgenommen. Hier, wo nirgendwo ein Arzt oder ein hilfsbereiter Schulleiter in der Nähe war.

“Könnt ihr mich hören?!”

Wieder klopfte er an die Tür. Niemand antwortete ihm. Seufzend lehnte er sich an die Wand neben der Tür und ließ sich die Wand hinabgleiten. Als er auf dem Boden saß, zog er seine Beine an sich heran und seufzte schwer. Hoffentlich ging es seinen Freunden gut. Er selbst hatte nicht mehr als ein paar Prellungen, was eigentlich ungewöhnlich war, wenn man bedachte, dass er nach jeder Vollmondnacht bisher immer in den Krankenflügel gemusst hatte. Er überlegte, ob sie ihn vielleicht bereits mit Diptam behandelt hatten, als er noch geschlafen hatte. Vielleicht hatten sie Hilfe geholt oder es war bereits Hilfe im Haus gewesen. Als James ihn geholt hatte, hatte er schließlich nur noch sehr wenig mitbekommen.

Sirius hatte ihn nicht angesehen. Warum war er auch so ausgerastet? Warum hatte er es nicht einfach an sich halten und ihm weiterhin verschweigen können? Er hatte sich selbst und ihm einen Vorwurf gemacht, indem er ihm seine Gefühle gestanden hatte und nun hatte er alles kaputt gemacht. Warum hatte Sirius nicht einmal ein bisschen Reue zeigen können? Warum musste er immer den Starken markieren, wenn James dabei war? Ging es hier überhaupt noch um James?

Remus kratzte sich über die aufgeschürften Knie und seufzte schwer. Er befand sich in einer Sackgasse. Einen Weg hatte er sich selbst verbaut und der andere sah so unglaublich einsam aus, dass er lieber weiter am Putz der Mauer kratzte, bis er sich vielleicht irgendwann zur anderen Seite durchgebuddelt hatte.

Er dachte an Snape und ob dieser vielleicht auch einsam war. Lily hatte gesagt, dass er kaum wahre Freunde besaß und dass das Verhältnis zu seinen Eltern nicht das Beste war. Und dann machten Sirius und James ihm auch noch das Leben schwer. Ob er wohl einsam war? Schließlich gab es auch Menschen, die viel lieber alleine waren und es genossen, wenn niemand sie störte.

Snape machte so einen Eindruck.

Aber vielleicht irrte er sich da ja auch. Er glaubte, dass seine Standpauke gefruchtet hatte. Vielleicht würde er ja nun wirklich endlich damit beginnen, seine Prioritäten zu setzen und auch wenn es für James nicht gerade das Positivste wäre, hoffte Remus, dass Snape sich für Lily und gegen die Todesser entscheiden würde. Irgendwie gönnte er es ihm. Er wünschte ihm, dass er glücklich war und als er mit Lily im Gang gestanden hatte, als sie ihn geküsst hatte, hatte er wirklich glücklich gewirkt.

Remus hörte Schritte auf der Treppe, stellte sich rasch hin und klopfte erneut an die Tür.

“Lasst mich raus!” bat er, als die Schritte vor der Tür innehielten. Ein Schlüssel wurde im Schloss gedreht und die Tür ging auf.

“Gott sei Dank, Prongs, hier drinnen steht die Luft!” japste der Werwolf, zwang sich ein Lächeln auf und stolperte aus dem Raum hinaus. James erwiderte das Lächeln, rückte seine Brille zurecht und legte einen Arm um Remus.

“Komm mit nach oben. Bist du schon lange wach?”

“Eine viertel Stunde oder so. Ich hab geklopft aber ihr habt mich wohl nicht gehört.”

“Tut mir Leid. Wir waren in der Küche. Peter macht gerade dein Bett fertig.”

James half dem noch etwas schwächelnden Remus die Treppe hoch, stieß die angelehnte Kellertür auf und schob ihn in den hellen Flur. Remus musste einige Male blinzeln. Im Gegensatz zum Keller waren diese Räume lichtdurchflutet.

“Dumbledore war so nett, uns seine Hilfe anzubieten. Er hatte eigentlich geglaubt, dass wir über Vollmond in der Schule bleiben und war nicht gerade begeistert davon, dass du hier bist. Ich habe versucht ihm zu erklären, dass es wegen Sirius ist und dass wir ihn brauchen. Na ja...”

James begleitete Remus in die Küche. Dieser konnte seinen Worten kaum folgen, er starrte gierig auf den Wasserhahn, nahm sich rasch ein Glas und hielt es unter den kalten Wasserstrahl, der aus dem Hahn schoss, als er ihn aufdrehte.

“Und welche Hilfe...”, begann er, stürzte jedoch zuerst das Glas Wasser seine Kehle runter, ehe er fortfuhr und das Glas erneut füllte. Sein Hals fühlte sich trocken und staubig an. “Welche Hilfe hat uns Dumbledore angeboten?”

“Ein Arzt aus dem St. Mungo’s war hier”, erwiderte James, setzte sich an den Tisch und sah Remus dabei zu, wie dieser sein zweites Glas Wasser in einem Zug lehrte. Es fühlte sich unwahrscheinlich gut an; als ob er seit Tagen nichts mehr getrunken hätte und nun an eine rettende Wasserquelle stieß, die ihn vor dem Verdursten bewahrte. Mit dem dritten Glas Wasser setzte er sich zu James an den Tisch und sah ihn mit müden Augen an.

Auch James wirkte erschöpft, aber nicht halb so zerzaust wie er selbst. Er roch nach Seife, war wahrscheinlich frisch geduscht, da die Spitzen seiner krausen, dunklen Haare noch immer etwas feucht waren.

Peter kam die Treppe hinab, blieb stehen als er Remus sah und grinste breit.

“Ah, du bist wach!” rief er und kam in die Küche gelaufen. Er öffnete einen Schrank, holte eine Flasche Ginger Ale heraus und stellte sie direkt vor Remus’ Nase.

“Danke”, murmelte dieser und lächelte Peter zu, der sich neben ihn setzte und selbst den Kronkorken von einer Flasche Ginger Ale mit seinen Zähnen entfernte.

“Geht’s dir einigermaßen?” fragte er und sah den Werwolf abschätzend an. Dieser nickte.

“Ja, mir fehlt nichts. Nur ein paar Prellungen und Kratzer.” Er sah zur Tür, als erwartete er, dass auch Sirius sich nun zu ihnen gesellen würde, doch irgendwie wusste er, dass dieser das wohl nicht tun würde. Sicher hatte er sich in irgendeinem Zimmer vergraben und hoffte, dass er Remus nie wieder zu Gesicht bekam.

Der Junge gab ein trauriges Seufzen von sich, griff nach der Flasche Ginger Ale, die Peter für ihn geöffnet hatte, und nippte daran. Peter und James schwiegen. Wahrscheinlich hatte Sirius es ihnen erzählt. Aber sie hatten es ja schon immer gewusst. Er war schließlich ihr ‘bester schwuler Freund’. Remus wusste noch immer nicht, wie zum Teufel sie auf diesen unvorteilhaften Titel für ihn gekommen waren.

Der Ginger Ale prickelte angenehm auf seiner Zunge.

“Ist dieser Arzt schon weg?” fragte Remus und drehte die Glasflasche in seiner Hand. James sah auf.

“Wieso? Fehlt dir was? Er hat dich eigentlich schon durchgecheckt. ... Sorry, du hast davon wohl nichts mitbekommen”, fügte er entschuldigend hinzu. “Die Analsonde musst du dir spätestens morgen früh selber entnehmen.”

“Wirklich witzig”, knurrte Remus.

Peter lachte. Er fand alles unheimlich komisch, was James oder Sirius zum Besten gaben. Daran gewöhnte man sich schnell. “Hab ich... euch sehr schlimm... Also... Geht’s euch gut?”

James warf Peter einen kurzen Blick zu, den Remus nicht zu deuten wusste. Er zögerte. “Hm, also... Nein, mir fehlt soweit nichts. Nichts, das nicht schon längst geflickt ist. Keine Sorge.”

Remus nickte, nahm noch einen Schluck Ginger Ale und sah die beiden abwechselnd an. Wieder tauschten sie Blicke. Irgendetwas stimmte nicht. Er trank noch einen großen Schluck, dann stellte er die Flasche auf den Tisch. Er musste es wissen.

“Und Sirius?”

Er sah zu James. James sah zu Peter. Peter sah auf die Tischplatte, spielte nervös mit seinen Fingern.

“Wie geht es Sirius?” fragte er nun etwas deutlicher. Jetzt wurde er selbst nervös. Er hatte doch gewusst, dass hier etwas nicht stimmte.

“Wo ist Sirius?”

Er sah James mit sehr forderndem Blick in die Augen. Von Peter konnte er keine Antwort erwarten, das wusste er. Wenn James ihm gesagt hatte, dass er kein Wort an Remus verraten sollte, würde er dieses Versprechen auch nicht brechen. So zuverlässig war er. Remus spürte, wie sein Herz schmerzhaft zu zucken begann. Irgendetwas war mit Sirius.

“Er ist mit dem Arzt ins Hospital appariert.” James erwiderte seinen Blick nicht. Plötzlich schmeckte Remus’ Mund furchtbar bitter. Er hatte das Bedürfnis, sich auf der Stelle zu übergeben.

“Warum?” hauchte er und Panik stand ihm ins Gesicht geschrieben.

“Bitte reg dich nicht auf”, meinte James hastig, stand auf und kam um den Tisch herum zu Remus. “Darum wollte ich nicht, dass du es erfährst, bis es ihm besser geht.”

“Es geht ihm schlecht?”

“Remus, bitte...”

Was hab ich getan?! Hab ich ihn gebissen? Er war doch ein Hund, oder? Ich hab ihn doch nicht infiziert, oder?!”

Er begann zu zittern. Bilder spielten sich vor seinem geistigen Auge ab. Bilder von einem Werwolf, der Sirius an den Hals sprang, ihn biss und James, der verzweifelt versuchte ihn aufzuhalten. Er atmete hastig, begann beinahe zu hyperventilieren.

“Nein”, erwiderte James schnell und legte seinen Arm um Remus, drückte ihn fest an sich. “Nein, du hast ihn nicht infiziert, keine Sorge, er war die ganze Zeit verwandelt.”

Aus irgendeinem Grund beruhigte diese Tatsache Remus nicht wirklich. Wenn sie ihn hier in einem dunklen Keller hatten heilen können, wie schwer verletzt musste Sirius dann sein, dass sie ihn mit ins Krankenhaus genommen hatten? Plötzlich fiel ihm wieder ein, wie wütend er auf seinen besten Freund gewesen war. Wahrscheinlich hatte er selbst als Werwolf seine ganze unterdrückte Aggressivität auf ihn projiziert. Remus legte eine Hand auf Peters Schulter, um Halt zu finden, und stand auf.

“Ich will zu ihm.”

“Das geht jetzt nicht!” James hielt ihn fest und drückte ihn wieder zurück auf den Stuhl.

“Aber es ist meine Schuld, dass er verletzt ist! Ich muss zu ihm!”

“Nein. Musst du nicht. Sie bringen ihn wieder hier her, per Flohnetzwerk, sobald er sich erholt hat. Du musst dich selbst noch erholen. Und darum... Gehst du jetzt ins Bett!”

James sah ihn sehr streng an, hielt ihn noch immer fest. Peter hatte seine Hand genommen und streichelte sie fest. Beide wollten nicht, dass er ging. Es musste schlimmer sein, als er gedacht hatte. Tränen stiegen in seine Augen.

“Nicht doch”, hauchte Peter. Nun legte auch er seinen Arm um Remus. “Es ist nicht deine Schuld...”

“Peter hat Recht. Du kannst gar nichts dafür”, pflichtete James ihm bei und streichelte Remus grob durchs Haar. “Komm mit, ich bring dich ins Bett.”

Nur widerwillig ließ er sich auf die Beine ziehen. Wenn er nicht zu Sirius konnte, wollte er nirgendwohin. Peter und James schafften ihn die Treppe hoch, ins Gästezimmer, das noch immer abgedunkelt war. Peter blieb draußen vor der Tür stehen. Es brauchte nur einen Blick von James, und Peter wusste genau, was er zu tun hatte. Die Tür fiel zu und Remus aufs Bett.

“Sirius hat den Wunsch geäußert, dass wir alle hier bleiben, bis es ihm besser geht”, meinte James, zog Remus’ Bettdecke zurück und half ihm aus dem zerfetzten Umhang.

“Warum sollte er so etwas wollen...?” murmelte Remus. Sein Hemd zog er sich selber aus. Es roch unglaublich streng.

“Er wollte dich nicht zusätzlich belasten, denke ich”, antwortete James.

Er nahm Remus’ Hemd entgegen und hängt es zu dem Umhang über seinen Arm.

“Du weißt, wie schwierig er sein kann. Er war...”

James zögerte. Remus glaubte, dass er sich nicht sicher war, ob er dieses Thema jetzt überhaupt noch anschneiden konnte und ob Remus dazu nicht schon zu erschöpft war. Um ihm das Gegenteil zu beweisen, öffnete Remus seine Hose eigenhändig und strampelte sie weg.

“Er hat in den letzten Tagen selbst viel durchgemacht. Er zeigt es nur nicht so.”

“Aha”, machte Remus. Er reichte ihm die Hose. “Die Sache mit dir.”

“Unter Anderem.” James begutachtete die Hose. Remus sah auf den ersten Blick, dass die nicht mehr zu gebrauchen war.

“Die Sache mit Sniv-... mit Snape hat ihn mehr mitgenommen, als du vielleicht glaubst. Ich weiß selbst nicht, weshalb er es nicht zugibt aber Peter und ich, wir haben es gesehen. Ich glaube, er bereut wirklich, was er getan hat, Remus.”

“Schön für ihn”, murmelte Remus kaum hörbar und zog die Decke bis zu seinem Hals hoch.

“Und dann... Das mit dir...”

Was mit mir?” Remus schloss die Augen. Natürlich hatte Sirius sich seinem besten, über alles geliebten Freund anvertraut und ihm erzählt was vorgefallen war.

“Er hat geweint, weißt du?”

“Ich auch, weißt du?” erwiderte er etwas patzig und setzte sich halb auf, stützte sich mit seinen Ellenbogen ab und sah James finster entgegen.

“Ich hab in den letzten Wochen sehr oft geweint, weil ich von dem Gedanken besessen war, selbst für das Glück anderer Leute verantwortlich zu sein - was, wie ich jetzt weiß, vollkommener Schwachsinn ist.

Ich habe Snape im Krankenflügel besucht und versucht, mich zu entschuldigen, was nicht geklappt hat - natürlich. Ich hätte mir selbst auch nicht verziehen. Ich habe versucht, Sirius von dir abzulenken, was auch nicht geklappt hat. Aber wenn jemand dich haben kann, warum sollte man sich dann auch für einen Werwolf entscheiden? Ich habe sinnfreier weise versucht, Peter seine Homophobie auszureden, was vollkommen unnötig war, denn kaum hast du dich wieder auf Sirius’ Seite gestellt, hat Peter einen Sinneswandel durchgemacht.

Ich war sogar kurz davor, mit Lily zu reden, damit ihr euch wieder vertragt aber ich habe langsam das Gefühl, dass alles viel besser ausgeht, wenn ich mich gar nicht erst einmische.”

Er zitterte. James sah ihn sehr ruhig an, war offenbar bereit, sich alles anzuhören, was er ihm zu sagen hatte. Das war gut. Es wurde nämlich noch mehr.

“Ich hab mich nicht mal getraut, euch an den Vollmond zu erinnern, weil ihr so mit euch selbst beschäftigt ward. Sirius hatte es sogar vergessen! Und... Ich habe euch mehrmals darum gebeten, Snape einfach in Ruhe zu lassen. Das war zu wenig, das sehe ich jetzt selbst. Ich hätte zu McGonagall oder Dumbledore gehen sollen. Ich dachte, euch wären die Konsequenzen bewusst und jetzt...”

Er atmete tief ein und aus. Sein Herz raste noch immer, hatte sich nicht mehr beruhigt, seit der Nachricht von Sirius und dessen Krankenhausaufenthalt.

“Jetzt habe ich alles kaputt gemacht, weil ich genau so dumm wie Sirius bin und meinem besten Freund an den Kopf schmettern musste, dass ich mich in ihn verliebt habe. Und, ja, ich hoffe sogar, dass ihn das zum Weinen gebracht hat. Dann dürfte ich vielleicht endlich mal erreicht haben, was ich mir vorgenommen habe.”

Er ließ sich zurück in sein Kissen fallen und schloss seine Augen.

“Außerdem”, begann er erneut, ohne seine Augen zu öffnen. “ist es ja wirklich nett, dass Dumbledore uns seine Hilfe angeboten hat. Vielleicht sollte er das gleiche mal bei Snape tun. Der braucht diese Hilfe momentan wohl etwas dringender und ich nehme an, dass er über seine Labilität - denn von Stabilität ist bei ihm nicht mehr zu reden - genau Bescheid weiß. Und ich nehme ganz sicher nicht zurück, was ich gesagt habe. Ich finde wirklich, dass jeder, der so etwas tut wie Sirius und du, von der Schule geworfen werden sollte. Ich habe schon überlegt, ob ich nicht freiwillig gehe... als Werwolf finde ich ohnehin keinen Job.”

“Jetzt mach aber mal ‘nen Punkt.” James griff nach Remus’ Hand und drückte sie fest.

“Ja, du hattest Recht, wir sind zu weit gegangen. Und wir werden ja auch bestraft, falls du dich erinnerst. Aber wenn du von der Schule gehst, sinkt der Notendurchschnitt unseres Jahrgangs in den Keller, Remus! Du hast mehr drauf als wir alle zusammen. Du weißt so gut wie ich, dass dir das eines Tages sehr viel nützen wird. Werwolf oder nicht. ... Und Sirius nimmt dir gar nichts übel”, fügte er hinzu.

“Er hat Angst, dass du nichts mehr mit ihm zu tun haben willst. Nicht andersrum. Du hast nichts falsch gemacht.”

“Von wegen”, knurrte Remus und zuckte zusammen, als James seine Hand sehr fest drückte. Es ärgerte ihn, dass sein Freund versuchte ihn so einfach abzuspeisen und dass er sogar versuchte, einen Witz zu machen. Er wusste, dass James in letzter Zeit um einiges ernster geworden war und dass er jetzt so reagierte, konnte nur heißen, dass ihm das Thema einfach zu unangenehm war. Er konnte sich dem nicht stellen.

“Schlaf erst mal eine Nacht drüber. Vielleicht ist Sirius ja morgen wieder da, dann könnt ihr euch aussprechen. Ist das ein Angebot?”

Er spürte, wie James seine Hand losließ und aufstand. Der Saum seiner zerfetzten Hose streifte seinen Arm und er zog ihn unter die Decke. Er war müde und unendlich erschöpft.

Aber er wollte keine Nacht drüber schlafen. Er war sich nicht sicher, ob James überhaupt ansatzweise begriffen hatte, worum es hier ging. Es ging nicht nur um Sirius und Remus. Es ging um Snape, um Lily, um Peter, Sirius, James und ihn. Es ging um alles und jeden und darum, dass es nicht so weitergehen konnte.

Wenn James seine Lily zurückhaben wollte, musste er etwas dafür tun. Remus würde sich nun komplett raushalten. Er hatte keine Lust mehr, Frieden zu stiften oder seine Freunde zu trösten, wenn diese seinen Trost ohnehin nicht zu würdigen wussten und ihn wie selbstverständlich hinnahmen. Wie eine Bezahlung für das, was sie jeden Monat einmal für ihn taten und dafür, dass sie schließlich nur für ihn Animagi geworden waren.

Er hatte keine Ahnung, ob er das wirklich durchziehen konnte. Jetzt, während er langsam in eine Art Halbschlaf abdriftete, war er sich jedoch sehr sicher, zukünftig nur noch auf seine eigenen Bedürfnisse zu hören.

James’ Schritte entfernten sich, die Tür wurde geöffnet und wieder geschlossen. Ein sehr schwacher, durch die Vorhänge gedämpfter Lichtstrahl fiel durch das Fenster auf den Boden. Die frischen Laken fühlten sich angenehm kühl an. Der von der wilden Nacht und den Verwandlungen geschwächte Körper war beinahe taub.

Bevor er einschlief, hatte er ein seltsam surreales Bild vor Augen. Es war ein Wolf, der die Nabelschnur eines Kleinkindes durchbiss, um es zu retten. Am nächsten Morgen würde er sich nicht mehr daran erinnern können.
 

[/Chapter XIX]
 

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Chapter XX

Ich danke Cino für seine beißende Kritik (OoC? Waaaaas? xD) und die Kommentare, die mich zum Lachen gebracht haben. Etwas, das ich in diesen Zeiten mehr noch als Geld benötige.

Ich werde dir bei Zeiten ein Kapitel widmen, aber nicht dieses hier, weil ich es dann auch wirklich nur für dich schreiben will. =) Du Hurensohn.

Euer Meister der Zaubertränke
 

Chapter XX ≈ »The Visitor«
 

Sirius hatte kein Einzelzimmer bekommen, auch wenn er darauf bestanden hatte. An dem Zimmer Nummer zwei, dessen Tür offen stand und durch die er deutlich einen ganz besonders schweren Fall von Griselkrätze erkennen konnte, waren sie zum Glück vorbei gegangen.

Nun lag er in Zimmer Nummer vier.

Es war weiß und sehr spartanisch eingerichtet. Auf seinem Nachttisch stand ein Glas Wasser und eine leere Vase, die sich wohl auch nicht füllen würde, da er keinen Besuch erwartete und ihm gegenüber an der Wand hing ein Plan dieser Station. Im zweiten Bett lag ein Kind, das noch zu jung war, um nach Hogwarts gehen zu können, und das schlief, seit die Schwester ihm ein starkes Schlafmittel gegeben hatte.

Der Junge war etwa neun oder zehn Jahre alt, hatte buschiges rotbraunes Haar und eine Himmelfahrtsnase. Er atmete ruhig und murmelte ab und zu im Schlaf.

Seine Anwesenheit hielt Sirius nicht davon ab, eine Zigarette zu rauchen. Die brauchte er jetzt, nachdem er sich seine Wunden noch einmal genauer angesehen hatte.

Remus hatte ihm Fleisch aus dem Oberschenkel gerissen, hatte ihm mehrmals in die Arme - beziehungsweise Forderbeine - gebissen und seine Zähne immer wieder fleißig in seinen Rücken gerammt. James hatte sehr viel damit zu tun gehabt, den Werwolf von Sirius fernzuhalten.

Die Wunden waren gut behandelt worden, nur ein oder zwei Stück hatten bis vor Kurzem einfach nicht aufhören wollen zu bluten. Nicht einmal Diptam hatte geholfen, was Sirius nicht erwartet hätte. Aber immerhin waren es Werwolfbisse, die nicht verheilt waren, nur weil er sich von einem Hund zurück in einen Menschen verwandelt hatte.

Eigentlich geschah ihm das hier nur recht. Dass Remus in seiner Wolfsgestalt so durchdrehen würde, hatte er irgendwie schon kommen sehen. Es tat ihm Leid, was er gesagt und nicht gesagt, getan und nicht getan hatte und beim Gedanken an Remus’ Geständnis, wurde ihm sein Herz unerwartet schwer. Er zog fest an seiner Zigarette, lehnte sich zurück in das Kissen und sah an die Decke. Wenn er sich doch nur in Remus verlieben und James vergessen könnte, wäre alles perfekt. Dann musste Lily nur noch zurück zu ihm finden.

Lily.

Er hatte schon vollkommen vergessen, was der ausschlaggebende Grund dafür gewesen war, dass sie sich von James getrennt hatte. Jetzt, da das alles Vergangenheit war und ihn neue Probleme beschäftigten und jetzt, da die Einsicht gekommen war, dass er nie mehr als nur ein Freund für James sein würde, konnte er gar nicht glauben, dass er zu so etwas imstande gewesen war.

Er hatte diese Beziehung mutwillig torpediert, um seine nie da gewesenen Chancen bei James zu verbessern, hatte ihn unglücklich gemacht, obwohl er ihn glücklich sehen wollte und ein liebes, gutmütiges Mädchen, das James sicher noch immer liebte, einfach belogen.

Er mochte Lily. Sie war klug und witzig, charmant, eigentlich die einzige Frau, die er - jetzt im Nachhinein - an der Seite seines Freundes dulden würde. Und er hatte ihr gesagt, dass die Heuler-Idee von James stammte und dass er sie dazu angestachelt hatte.

Er seufzte schwer und stieß mit dem Seufzen eine dicke, wabernde Rauchwolke aus seiner Nase, die in der Luft stehen blieb und langsam verblasste, sich auflöste. Als er erneut an seiner Zigarette zog, schwang die Tür auf. Erst dann wurde geklopft. Eine schlechte Angewohnheit der höchst reizenden Schwester Keridwen. Er sah auf, als sie auf sein Bett zuging.

“Mr. Black, Sie können, wenn alles gut geht, heute Abend schon entlassen werden, obwohl wir Sie eigentlich lieber noch bis morgen früh zur Beobachtung hier behalten würden.”

“Ich bleibe”, erwiderte Sirius schnell und lächelte charmant. “Für Sie, natürlich.”

“Wie nett”, schnarrte die junge, hübsche Frau mit dem Häubchen auf dem Kopf und zückte ihren Zauberstab, der mit einem Wisch seine Bettdecke bei Seite fegte. “Lassen Sie mich sehen.”

Sie ging um sein Bett herum, schnappte ihm die Zigarette aus dem Mundwinkel und tauchte sie in sein Wasserglas, wo sie zischend erlosch. Sirius knurrte leise. Seine Hände waren in seinen Schritt gerutscht. Das kurze Nachthemd ließ nicht viel Freiraum für Fantasie, doch Schwester Keridwen kümmerte sich nicht darum, hatte nur Augen für die Wunde an seinem Oberschenkel, als sie den Verband abwickelte. Sie besah sich die Wunde, zauberte einen neuen Verband aus dem Nichts herbei, beträufelte die Stelle etwas mit Diptam und begann, den neuen Verband um seinen Schenkel zu schlingen.

“Tragen die Pfleger hier bei euch auch so kurze Röcke?” fragte Sirius mit einem schmalen Grinsen, versuchend, die ertrinkende Zigarette außer Acht zu lassen.

“Warum? Überlegen Sie, hier anzufangen?”

Sirius grinste noch breiter. “Hätten Sie einen Bart, wären Sie genau mein Typ.”

Er glaubte, dass es Absicht war, als Keridwen seinen Verband so stramm zog, dass es ihm das Blut abschnürte; das minderte seine Meinung von ihr aber nicht im Geringsten.

Er griff nach seiner Decke und deckte sich selber zu, aus Angst mit ihr vielleicht erstickt zu werden, wenn Keridwen sie zuerst in die Finger bekam und zwinkerte ihr zu, als sie nach dem zweckentfremdeten Wasserglas griff, dessen beinhaltete Flüssigkeit nun gelblich und unappetitlich aussah.

“Geben Sie auf sich Acht”, riet sie ihm und schenkte ihm ein seltenes aber irgendwie sarkastisch wirkendes Lächeln.

“Übrigens haben Sie Besuch. Soll ich ihn hineinbitten?”

“Besuch?”

Sirius saß kerzengrade im Bett. Er hatte James doch gesagt, dass er keinen Besuch haben wollte! Er brauchte selber mal einen Tag, um sich ein wenig von dem zu distanzieren, was da draußen geschah und außerdem musste er sich erholen und noch dazu hatte er keine Lust, Remus und dessen Vorwürfen jetzt gegenüberzustehen...

“Ja, Besuch”, erwiderte die schöne Schwester und tastete nach ihrem Haarknoten, da sich eine kleine, dunkelbraune Strähne gelöst hatte und sie im Nacken kitzelte. “Ihr Schulleiter, Professor Dumbledore.”

“Dumbledore?” Sirius rutschte noch ein wenig höher an sein Kopfende.

“Soll ich ihn nun hereinbitten oder nicht?”

“Ja... Ja, bitte. Was auch immer.”

Was auch immer”, wiederholte die Schwester sehr leise und zähneknirschend, ging zur Tür hinaus und ließ sie zu Sirius’ Ärger mal wieder offen stehen. Bloß keine Privatsphäre, so viel wollte man den Patienten dann doch wieder nicht zumuten.

Der Junge neben ihm im Bett gab ein leises Stöhnen von sich. Er sah nicht hin, hatte Lust auf eine Zigarette, wollte sich aber keine neue aus seiner Umhangtasche nehmen, wenn er bedachte, dass ihn gleich Professor Dumbledore besuchen würde.

Ihn. Sirius Black.

Er schluckte schwer, setzte sich im Schneidersitz hin und versuchte den stechenden Schmerz in seinem Schenkel zu ignorieren. Sicher ging es darum, dass Remus, Peter und James ihm gefolgt waren und, obwohl es in Hogwarts sicherer gewesen wäre, zu James nach Hause gegangen waren. Nicht, weil sie nicht auf Sirius hätten verzichten können, sondern um ihn nicht alleine zu lassen. Er verfluchte sich dafür, es ihnen nicht ausgeredet zu haben. Er hörte Schritte auf dem Gang und atmete tief durch, machte sich bereits auf das Schlimmste gefasst.

Er würde von der Schule geworfen werden. Dumbledore würde ihn hier besuchen, um ihm persönlich mitzuteilen, dass er nach den Ferien nicht nach Hogwarts zurückzukehren brauchte. Er fragte sich natürlich warum, da ein Brief wohl genügt hätte, aber als er aus dem Augenwinkel bereits das silbrige Haar Dumbledores erkennen konnte, dachte er, dass es nichts brachte, sich Gedanken zu machen, wenn er es in wenigen Minuten ohnehin aus erster Hand erfahren würde.

Als der Mann in sein Zimmer trat, kam ihm plötzlich die ganze Umgebung ganz anders vor. Es war, als ob allein die Anwesenheit des Schulleiters dem weißen Krankenzimmer einen Tapetenwechsel verpasst hätte. Alles wirkte plötzlich weniger kahl, weniger steril, irgendwie magisch, als ob ein Feuer in einem alten Kamin brannte und alles in ein warmes, vertrautes Licht tauchte. Trotzdem war er nervös. Dumbledore lächelte matt, kam schweigend auf ihn zu und sah sich dann offensichtlich nach einem Stuhl um.

“Guten Tag, Mr. Black”, grüßte er mit rauer Stimme.

“Professor...” murmelte er, als könne er die Anwesenheit Dumbledores noch immer nicht fassen, was auch gar nicht so unwahr war.

“Ah, da”, murmelte der Ältere sehr langgezogen, ging um das Bett des schlafenden Jungen herum, nahm sich einen kleinen, dreibeinigen Stuhl und trug ihn hinüber zu Sirius’ Kopfende.

Der Professor trug einen dunkelblauen Umhang, der am Saum mit filigranen, goldenen Symbolen bestickt war. Der lange, silberweiße Bart wallte über seine Brust und reichte sicher bis zu seinem Bauchnabel, auch wenn Sirius das nicht so genau sagen konnte, da der weite Umhang Dumbledores Körperform vollkommen kaschierte. Er setzte sich und griff in die Innentasche seines Umhangs, holte ein kleines Päckchen hervor und reichte es Sirius.

“Meine gute Erziehung gebietet es mir, bei Krankenbesuchen immer eine Kleinigkeit mitzubringen.”

“Das...” Sirius zögerte, nahm das Päckchen dann jedoch entgegen, besah es kurz, richtete seinen Blick dann jedoch wieder auf Dumbledore. “Das wäre nicht nötig gewesen, Professor.”

“Da bin ich mir sicher.”

Wieder lächelte Dumbledore matt und Sirius glaubte, ein wenig Traurigkeit in seinem Blick erkennen zu können.

“Sie fragen sich sicher, warum Ihr Schulleiter Sie mit einem Besuch beehrt?”

Sirius nickte, hatte Angst, dass er wieder etwas sagen musste, doch das war gar nicht nötig, da der Ältere sofort fortfuhr.

“Tatsächlich war ich gerade in der Nähe, es ist also ein sehr kurzfristig geplanter Besuch. Ich habe mir allerdings schon gedacht, dass einer von Ihnen heute hier landen würde.”

“Professor”, unterbrach Sirius schnell, denn jetzt hatte er plötzlich das Gefühl, unbedingt etwas sagen zu müssen. “Ich habe meine Freunde sicher nicht gezwungen, mit mir nach Godric’s Hollow zu gehen. Allerdings...”

- “Gemach, Mr. Black, ich möchte weder Ihnen noch Ihren Freunden Vorwürfe machen. Ich weiß um die Verkettungen der Umstände, die Sie zu diesem äußerst waghalsigen Vorhaben bewegt haben.”

Nun war es Dumbledore, der ihm ins Wort fiel und seine Hand gehoben hatte, um ihm zu bedeuten, dass er ihn ausreden lassen sollte. Sirius’ Mund schnappte auf und zu, doch er blieb still.

“Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um ein paar Worte mit ihnen zu wechseln; vielleicht, um ihnen ein wenig ins Gewissen zu reden, wenn ich ehrlich sein soll. Es geht, wie Sie sich vielleicht denken können, um einen Ihrer Mitschüler.”

“Snape”, platzte es aus Sirius heraus und seine Eingeweide schienen sich urplötzlich zu verknoten und zusammenzuziehen. Er drückte das Päckchen in seinen Händen. Dumbledore nickte bedeutsam, rutschte mit dem dreibeinigen Stuhl etwas näher an Sirius heran und schob seine halbmondförmige Brille etwas höher auf sein krummes Nasenbein.

“Sir, es tut mir schrecklich Leid, was ich getan habe. Ich bin auch bereit, mich bei Snape zu entschuldigen wenn das hilft. Der Heuler war nicht witzig, das weiß ich,” - Gerade war es Sirius ganz egal, dass das ein halbes Geständnis gewesen war - “und ich bin ausgerastet, weil Snape sich an James Potters Freundin rangeschmissen hat. Das rechtfertigt nicht, was ich getan habe, klar, aber ich bin eben ausgerastet. Das passiert nicht wieder!” fügte er hinzu und knete das Päckchen in seinen Händen, als ob er sich daran abreagieren musste.

Sein Herz raste. Erneut nickte Dumbledore und er fühlte sich gezwungen fortzufahren, bis sein Schulleiter erneut die Hand hob und ihm gebot, zu schweigen.

“Ich bin mir sicher, dass es Ihnen in dem Moment heroisch erschienen sein muss, als sie Ihren Freund, Mr. Potter, und seine Freundin so zu verteidigen versuchten. Dennoch glaube ich, dass eine Suspendierung in diesem Fall mehr als angebracht ist - in Anbetracht der früheren Vorfälle vielleicht noch eher eine Streicheleinhalt als eine Sanktion.”

Er hob beide Augenbrauen und sah Sirius tief in die Augen, der daraufhin nichts anderes konnte, als trocken zu schlucken.

Dumbledore fuhr fort.

“Ich weiß, dass Sie es nicht leicht haben. Nicht mit Ihrer Familie und nicht mit Ihren Freunden aber ich bitte Sie; ich ersuche Sie, sich in der verbleibenden Zeit, die sie noch auf meiner Schule sind, etwas zurückzuhalten und ihre grenzenlose Geltungssucht durch das Lernen für die anstehenden Prüfungen zu verdrängen. Führen Sie sich Ihre eigene Situation vor Augen und überlegen Sie genau, wie es Mr. Snape gehen muss, der selbst seine Ferien jedes Jahr in Hogwarts verbringt und jeden Sommer das Ende der Ferien herbeisehnt. Sie werden erkennen, dass Sie mehr gemeinsam haben, als Sie vielleicht glauben.”

“Ich habe nichts mit Snape gemeinsam”, lachte Sirius spöttisch, doch Unsicherheit schwang in seiner Stimme mit.

“Professor, das glauben Sie doch nicht wirklich? Dieser Kerl liebt die Dunklen Künste, als seien sie seine Kinder.”

“Ich behaupte nicht, dass Sie vollkommen gleich sind. Ich weiß, oder vermute, dass Sie eines Tages verschiedene Wege gehen werden...”

- “So verschieden, wie es nur irgend möglich ist”, schnaubte der Jüngere und fixierte das ruhige, alte Gesicht mit funkelnden Augen. “Ich werde mit James, Remus und Peter gemeinsam dem Widerstand beitreten. Und ich bin mir sicher, dass, so verschieden unsere Wege auch sein mögen, sich unsere, Snapes und meine, wieder kreuzen werden. Außerhalb von Hogwarts und unter anderen Bedingungen, Sir, und dann...”

“Mr. Black, passen Sie auf, was Sie sagen”, unterbrach ihn Dumbledore und seine Miene verfinsterte sich. Sofort wurde ihm kalt und er verstummte augenblicklich, krallte seine Fingernägel in das Päckchen, um sich zu beruhigen und atmete tief durch. Er durfte sich nicht aufregen. Er würde weiterhin auf die Schule gehen dürfen, was gut war, was er sich nicht verbauen durfte. Snape würde es ihm nicht verbauen. Und er sich selbst erst recht nicht.

“Verzeihung, Professor”, murmelte Sirius und warf einen verstohlenen Blick auf seinen Umhang, in dem seine Zigaretten waren.

“Hass ist eine gefährliche und höchst ansteckende Angelegenheit.”

Dumbledore erhob sich, strich seinen Umhang glatt und atmete tief ein. Sirius konnte noch immer die Kälte fühlen, die Dumbledore, zwar nur für Sekunden aber dafür gut spürbar, ausgeströmt hatte.

“Mr. Potter hat sich in den Kopf gesetzt, Mr. Snape wegen Dingen zu verurteilen, die nichts bedeuten müssen. Lassen Sie sich nicht zu sehr mitreißen. Gebrauchen Sie Ihren eigenen Kopf; wägen Sie ab und überlegen Sie genau. Das ist mein Rat an Sie. Und bitte, Mr. Black, kommen Sie zu mir, wenn Sie Hilfe benötigen.”
 

Dumbledore hatte ihm das Datum genannt, an welchem er wieder zurück in die Schule durfte. Es war eine Woche nach dem Ende der Herbstferien. Er würde einiges nachzuholen haben, wenn er wieder in den heimeligen Wänden des Schlosses war. James würde ihn sicher diese eine Woche bei sich zu Hause wohnen lassen, darüber musste er sich keine Sorgen machen. Er hatte sich wieder eine Zigarette angezündet, hoffend, dass er dieses Mal nicht unterbrochen wurde. Der kleine, schlafende Junge gab ein leises Hüsteln von sich.

Dumbledores Worte hatten ihn beunruhigt, hatten ihn aufgewühlt und am Ende hatte er ihn mit umherwirbelnden Gedanken in diesem nun wieder kalten und kahlen Krankenzimmer zurückgelassen. Ob er wohl um die Narben auf Snapes Körper wusste?

Das Erscheinen des Schulleiters und die Unterhaltung mit ihm hatten ihm zumindest Eines ganz deutlich vor Augen geführt: eine nächste Suspendierung würde es nicht geben. Das nächste mal würde er fliegen, durfte seine Sachen packen und verschwinden. Die Schule hatte für ihn, aus welchem Grund auch immer, zwei Augen zugedrückt. Vielleicht weil Dumbledore dachte, dass es nicht Sirius’ Art war, einen wehrlosen zu verprügeln oder vielleicht, weil er sich wünschte, dass es nicht seine Art war...

Er wusste es nicht. Sein Kopf war voller Vorwürfe und Fragen, voller Dinge die er bereute und um die er sich Gedanken machte. Er hoffte, dass der kleine Junge aufwachte, um ihn abzulenken oder dass die Schwester reinkam und wieder einfach so die Tür offen ließ, damit er sich über irgendwas anderes als sich selbst ärgern konnte.

Er hatte nichts mit Snape gemeinsam. Gar nichts.
 

| ... |
 

Wenn Severus gewusst hätte, dass er mit Sirius Black verglichen worden war, hätte er sicher genauso protestiert. Er glaubte nicht, dass sie sich in irgendeiner Hinsicht glichen. Viel eher noch hätte er sich mit seinem jüngeren Bruder, Regulus, verglichen, der zwar nicht so schön war wie Sirius, aber um einiges umgänglicher wirkte.

Er war kleiner, hatte ein stumpferes und etwas breiteres Gesicht und kürzere Haare als sein Bruder, war auch nicht ganz so charmant, hatte aber eine Art an sich, die Severus gefiel. Er war ruhiger, bestimmter und vor allem höflicher, was man allein daran sah, dass er sich allein um Abby kümmerte, obwohl bereits zwei oder drei Freundinnen von Lucius - die nicht aus Hogwarts kamen, da ihre Eltern diese Schule als zu muggelfreundlich erachteten - ihre hübschen Klimperaugen auf ihn geworfen hatten.

Anders als Rosier, der zwar ab und zu mal wieder zu Severus hinüberging und auch beim Frühstück neben ihm gesessen hatte, der sich aber die meiste Zeit in Lucius’ unmittelbarer Nähe befand und ihn so offensichtlich anhimmelte, dass Severus hätte kotzen können.

Er war froh, die Abende nicht mit ihnen zu verbringen, da sich meist einfach nur das Gerauche, Geknutsche und Gesaufe vom ersten Tag wiederholte und sie nur selten über die Themen sprachen, die Severus sich so erhofft hatte.

Das taten sie meistens tagsüber, während sie im Garten saßen und Tee tranken, sich von den beiden Hauselfen betüdeln ließen und dem immer kälter werdenden Wind standhielten. Insgeheim wartete wohl jeder darauf, dass Lucius Malfoy einmal für sie seinen linken Unterarm entblößte. Jeder war sich sicher, dass er es bereits trug; das Dunkle Mal. Severus hatte Abraxas nicht danach gefragt. Er war gar nicht dazu gekommen, was sicher nicht daran lag, dass er ihn zu selten sah. Gehorsam war er jeden Abend hinauf zu dem roten Zimmer gegangen und mittlerweile taten sein Rücken, sein Hintern und seine Oberschenkel so weh, dass er weder laufen noch sitzen konnte und so lag er die meiste Zeit, im Garten und im grüne Salon, auf dem Bauch, was nichts Ungewöhnliches war, da er nicht der einzige war, der diese Stellung als bequem empfand.

Die Abende hatten seltsamerweise, auch wenn sie immer quälender geworden waren, nicht an Spannung und Erotik verloren. Es war beinahe unheimlich, wie gut Abraxas sein offensichtliches Verlangen von dem distanzieren konnte, was er mit Severus tat, der sich immer und immer wieder Gedanken über seine Motive gemacht hatte. Er erkannte diesen glasigen Blick, dieses erregte Seufzen, das sich unter Abraxas’ ruhige Atemzüge mischte. Und doch machte er ihm klar, dass diese Schläge nichts damit zu tun hatten. Oder bildete er sich das alles nur ein, weil er sich selbst so sehr von diesen schönen Lippen angezogen fühlte?

Severus war beinahe stolz auf das Ergebnis, das sich auf seinem Körper zeigte. Seine Haut war an vielen Stellen aufgeplatzt oder zeigte tiefblaue und violette Flecken, die mit unzähligen kleinen, roten Punkten gesprenkelt waren, die wie aufgeplatzte Poren aussahen, die zu klein waren, als dass das Blut nach außen dringen konnte.

Es würden andere Narben bleiben als jene, die er sich selbst zufügte. Es waren wie Narben eines Kampfes, den er mit sich selbst ausfocht und er glaubte, dass auch Abraxas zunehmend zufriedener wirkte, wenn er mit ihm fertig war und ihn wieder hinab zu Lucius schickte. Am letzten Abend hoffte er, es in dieser Nacht noch hinter sich bringen zu können. Er wollte, dass Abraxas ihm glaubte und er wollte aus seinem Mund hören, dass er es wert war, das Dunkle Mal zu tragen.

Er war bereit, für den Weg, für den er sich entschieden hatte, zu leiden und sich zu verneigen. Ganz egal, ob er seine Abstammung bereute oder nicht.
 

[/Chapter XX]
 

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[A/N: Feldstudien ftw. Lasst euch mal bitte mit einem Shinai oder einer Metallgerte schlagen, bis ihr nur noch Sternchen seht, ja? Danke an Totchi für ihr Shinai und danke an Romano, abgemeldet und Totchi für die... Nun ja... gute Erziehung. Wahahaha. *grins*]

Chapter XXI

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Chapter XXII

Chapter XXII ≈ »Friendship Never Ends«
 

Sirius tauchte erst drei Tage später wieder auf.

Er hatte eine Eule mit einer Nachricht kommen lassen, dass es ihm gut ging aber dass er sich noch erholen wollte, doch Remus glaubte, dass er ihm einfach noch so lang wie möglich aus dem Weg gehen wollte. Als Sirius plötzlich vollkommen unverhofft eines morgens in der Küche saß und mit Peter Kaffee trank, wäre der Werwolf am liebsten einfach wieder auf dem Absatz umgedreht und zurück ins Bett geschlichen, doch Wormtail hatte seine Anwesenheit durch ein fröhliches “Guten Morgen!” leider schon verraten.

Der Morgen begann überhaupt nicht gut. Remus sah die dicke Narbe an Sirius’ Oberarm, da er ein T-Shirt trug und er schluckte schwer, wagte es nicht noch näher an den Tisch heranzutreten und blieb betreten und voller Reue in der Küchentür stehen. Ansonsten machte sein Freund einen guten Eindruck. Sirius’ dunkelbraunes, fast schwarzes Haar war sauber gekämmt und zu einem kurzen Zopf gebunden, sein Gesicht hatte Farbe und er war offensichtlich gesund genug, um aufrecht zu sitzen und sich sogar zu ihm umzudrehen. Todkrank war er nicht. Aber es war sicher nah dran gewesen.

“Guten Morgen”, krächzte Remus heiser, als Peter ihn abwartend ansah.

“Alles okay? Willst du ‘nen Kaffee?”

“Nee”, antwortete Remus schnell und sah zum Kühlschrank. “Ich nehm’ mir selbst was, bleib sitzen.”

Er ging hinüber zum Kühlschrank, der erstaunlicherweise ein vollkommen nichtmagischer Gegenstand war - bis auf die Tatsache, dass er keinen Strom brauchte - und nahm sich eine Tüte Milch heraus. Er bemerkte, dass der Tisch auch für ihn und James gedeckt war und so setzte er sich auf den Platz neben Peter, goss sich Milch in seine Tasse und starrte auf die kalte, weiße Flüssigkeit. Peinliches Schweigen erfüllte den Raum, als Peter sich über sein Marmeladenbrot hermachte. Sirius hatte bereits gegessen, das verrieten die Krümel auf seinem Teller und die Butter an seinem Messer. Er trank nicht. Er hatte Angst, dass die Milch verdorben schmecken würde. Nicht, weil sie dick oder flockig aussah, sondern weil die Schuldgefühle sie bitter machen würden.

“Er is’ vor ‘na Stunde angekommen”, nuschelte Peter mit vollem Mund, dann schluckte er sein Brot runter und griff selbst nach der Milch, um seinen Kaffee zu strecken. “Hat eben geduscht und ist wieder fit.”

“Hab ich dich geweckt?”

Remus sah auf, als Sirius seine Stimme erhoben hatte. Er schüttelte rasch den Kopf. “Geweckt?”

“Weil ich doch geduscht habe.”

“Ach so... Nee. Hast du nicht.”

Jetzt erst trank Remus die Milch, um nicht noch mehr sagen zu müssen. Auch Sirius schwieg. Beide wussten wohl nicht recht, was sie zum Besten geben sollten. Peter schien das gar nicht aufzufallen; er aß sein Brot auf, trank genüsslich seinen Kaffee und stand schließlich mit den Worten auf, dass er mal James wecken wollte, weil der sonst wieder bis mittags schlafen würde. Remus hätte ihn zu gerne festgehalten, um nicht mit Sirius alleine zu sein, doch etwas Alberneres hätte er wohl kaum tun können und so ließ er ihn gehen, auch wenn er es nicht lassen konnte, ihm einen sehnsüchtigen Blick hinterher zu werfen.

Remus griff nach der Milch und schenkte sich nach. Sirius sah ihn an. Er ignorierte es so gut es ging, trank noch einen Schluck Milch, doch er spürte, dass ihm das nun auch nicht mehr helfen würde. Da war einfach zu viel, das zwischen ihnen schwebte.

“Du, ich glaube, wir sollten uns mal unterhalten.”

Sirius war es, der es aussprach. Remus war ihm sehr dankbar dafür. Er nickte zaghaft, stellte die Tasse ab und atmete tief ein.

“Ja, das glaube ich auch”, sagte er mit fester Stimme. Sein Herz schlug ein wenig schneller. Davor hatte er sich gefürchtet aber noch mehr hatte ihn die Angst davor zermürbt, dass Sirius gar nicht mehr mit ihm reden würde. Es war ein gutes Zeichen. Hoffentlich.

“Ich hab viel nachgedacht die letzten Tage.”

Sirius drehte seine Kaffeetasse in der Hand. Nun hatte er seinen Blick gesenkt, was es für beide einfacher machte, denn nun musste auch Remus ihn nicht ansehen.

“Es tut mir Leid, dass ich uns in diese Lage gebracht habe. Ich meine das Nachsitzen”, fügte er hastig hinzu, um nicht missverstanden zu werden. “Ich werde dir zu einem späteren Zeitpunkt erzählen, was oder wer mich dazu bewegt hat, noch länger in der Klinik zu bleiben, um Zeit zum Nachdenken zu haben. Es ist ziemlich viel passiert... Und was geschehen ist, bei Vollmond, nehme ich dir nicht übel. Es war nicht deine Schuld.”

“Doch”, erwiderte Remus und sah auf. “Es war meine Schuld. Ich war wütend auf dich und das hat mich selbst in meiner Wolfsgestalt in Rage versetzt.”

“Es ist ja wohl nicht deine Schuld, dass ich dich wütend gemacht habe, oder?” lachte Sirius gequält. “Mach dir darüber keine Gedanken. Ich hab mir selbst genug Gedanken gemacht, um ganz Slytherin mit Hirnschmalz zu versorgen. Und über eines bin ich mir im Klaren: Die Freundschaft zu dir, James und Peter ist mir das Wichtigste.”

Remus sah ihn verständnislos an. Sirius bemerkte den Blick nicht, da er noch immer in seinen Kaffee starrte.

“Ich will sagen, dass mir meine Familie nichts bedeutet. Ihr seid meine Familie. Hogwarts ist mein Zuhause. James ist der große Bruder, zu dem ich aufsehe. Du bist der kleine Bruder, den ich beschützen will. Und Peter ist mein Bruder, der mein Schüler ist und der an meinen Lippen hängt. Ich habe begriffen, dass ich viel hätte zerstören können, wenn das mit James... Also, selbst wenn es geklappt hätte, verstehst du? Irgendwann hätte ich mich eingesperrt gefühlt und wäre fremdgegangen, oder er hätte es getan; vielleicht mit einem Mädchen. Und dann hätten wir uns gestritten, hätten uns gehasst und ich hätte ihn verloren. Wir hätten dann unsere Freunde untereinander aufgeteilt und mit ihnen über den jeweils anderen gelästert. Und darum sollten wir Inzest in unserer kleinen Familie vermeiden...”

Remus schwieg, nickte aber. Sirius nahm einen Schluck Kaffee. Kaum zu glauben, dass er so lange gebraucht hatte, um diese Erkenntnis zu erlangen. Das, was er gesagt hatte, war Remus von Anfang an klar gewesen. Vielleicht hätte er selbst es aussprechen sollen.

“Nur für das bessere Verständnis”, murmelte Remus leise und sah Sirius ins Gesicht. Der andere wollte ihn einfach nicht ansehen. “Ich habe dir vor ein paar Tagen gesagt, dass ich dich liebe und du hast mir gerade einen Korb gegeben, richtig?”

Sirius zögerte.

“Richtig”, sagte er dann und lachte schnaubend durch die Nase. Es war ihm unangenehm.

“Das war alles, was ich hören wollte.”

Endlich sah er auf. Der Animagus wirkte verdutzt, ein wenig verwirrt. Remus nickte. Sein Herz verkrampfte sich schmerzhaft.

“Ja. Es ist das einzig Richtige”, sagte er mit fester Stimme und stand auf. “Freundschaft ist unsterblich. Eine Liebe kann vergehen.”

Er zwang sich ein Lächeln auf.

“Und das wird sie. Wir sind jung und werden noch so viele Menschen kennen lernen, die sicher Potential haben. Vertrau mir.”

Er zwinkerte Sirius zu, strich sich das lange, braune Haar hinter die Ohren und sah auf den Flur. “Ich werde jetzt duschen gehen. Sprich erst einmal mit James. Du solltest ihm das gleiche sagen, findest du nicht?”

Sirius nickte.
 

Remus war froh, dass er nichts mehr sagte und dass er James oder Peter auf seinem Weg ins Bad nicht begegnete. Er hatte das schreckliche Bedürfnis zu weinen, doch er verkniff es sich selbst, als er die Badezimmertür hinter sich zugeschlossen hatte. Er hatte am Abend zuvor bereits geduscht aber im Moment wollte er nicht mehr als einen eiskalten Wasserstrahl in seinem Gesicht. Irgendwie fühlte er sich beinahe befreit. Es tat weh, so schrecklich weh - aber der Gedanke, dass es tatsächlich das einzig Richtige war und Sirius es ebenfalls so sah, war beruhigend und aufwühlend zugleich.

Wenn Sirius ihm ein Zeichen gegeben hätte, dass er sich vielleicht irgendwann eventuell unter Umständen eine Zukunft mit ihm hätte vorstellen können, wäre Remus bereit gewesen, seine heißgeliebten Prinzipien über Bord zu werfen.

Aber es war richtig so.

Es hätte nicht sein dürfen. Nicht jetzt und nicht irgendwann, wenn ihnen das, was nun zwischen ihnen war, wirklich wichtig war. Und das war es. Beiden war nichts wichtiger als diese Freundschaft, die Remus das Leben gerettet und Sirius eine Familie gegeben hatte. Peter hätte ohne sie niemanden gehabt und James und Sirius gehörten einfach zusammen, als Freunde. Unzertrennlich für immer.

Er war eifersüchtig gewesen. Wenn Sirius ihn nur einmal so sehnsüchtig und voller bedingungsloser Liebe angesehen hätte; er hätte Freudentränen vergossen. Tränen, die jetzt bitter schmeckten und sich mit dem kalten Wasser der Dusche vermengten, ungehört und nie gesehen über seine Wangen gespült wurden.

Sirius hatte immer nur James gesehen. Er war froh, sich keine Hoffnungen gemacht zu haben. Zumindest keine richtigen. Als er Sirius getröstet hatte, hatte irgendwas für einen Moment in ihm aufgeleuchtet. Ein Hoffnungsschimmer der so weit entfernt war, dass Remus ihn ohne Probleme hatte verjagen können. Sie beide mussten nun über etwas hinwegkommen, das nie da gewesen war.

Es werden andere kommen. Irgendwann.
 

| ... |
 

”Vater!”

Severus wurde von einem lauten, zornigen Ruf geweckt, schreckte auf und riss die Decke an sich heran. Er hatte die müden Augen sofort weit geöffnet, blickte alarmiert in die Richtung aus der die Stimme gekommen war.

Abraxas hatte sich aufgerichtet, zog die Decke ebenfalls an sich heran und Severus musste darum kämpfen, nicht plötzlich vor dem Sohn des schönen Aristokraten entblößt zu werden. Sein Herz raste wild. Träumte er noch? Eben noch hatte er sich an den warmen Körper neben sich geschmiegt, versunken in einen angenehmen, traumlosen Schlaf, aus dem er so jäh herausgerissen worden war, dass er sich tatsächlich erst einmal fragen musste, ob das hier wirklich geschah oder nur in seinem Kopf, in welchem gerade reges Chaos herrschte. Plötzlich durchzuckte ihn ein scharfer Schmerz, der von seinem Anus ausging und er verzog das Gesicht. Jetzt merkte er, dass er wach war. Eindeutig.

“Nicht schon wieder...”

Lucius’ Stimme klang enttäuscht und wütend. Severus rieb sich die Augen, rutschte dann weiter unter die Decke. Er fühlte sich ertappt. Er hätte nicht bleiben dürfen. Nun hatte er Abraxas Schwierigkeiten bereitet. Moment... Hatte Lucius ”nicht schon wieder” gesagt?

“Beruhig dich, Lucius.” Abraxas strich sein langes Haar zurück und schwang seine Beine aus dem Bett. Lucius hielt sich angewidert die Augen zu. Severus wusste nicht warum, da er fand, dass Abraxas’ Körper wirklich ansehnlich war aber es lag wohl einfach daran, dass es sein Vater war und man seinen eigenen Vater ungern nackt sah.

“Ich soll mich beruhigen? Warum? Ist etwa schon wieder nicht so wie es aussieht?”

“Ich denke, dass es ziemlich eindeutig ist, Lucius, aber lass mich erklären. Dein Freund...”

“...ist erst sechzehn, Vater.”

Lucius zitterte vor Wut. Abraxas war in seiner Bewegung stehen geblieben, sah seinen Sohn mit geweiteten Augen an, als dieser um das Bett herum ging, Severus den Morgenmantel seines Vaters reichte und an seinem Arm zerrte.

“Steh auf”, zischte er dem Jüngeren zu. Severus wusste gar nicht, wie ihm geschah. Mit zittrigen Knien stieg er aus dem Bett, mit seinen Händen seinen Intimbereich verbergend, ehe Lucius ihm den schwarzen, seidenen Morgenmantel umlegte. Er schob die Arme durch die Ärmel und schloss ihn hastig.

“Das hat er mir nicht gesagt”, murmelte Abraxas und warf Severus einen unverhohlen vorwurfsvollen Blick zu. Er wusste nicht, ob er sich entschuldigen sollte. Im Moment wusste er gar nichts. Sein Kopf schlief noch und der Schmerz betäubte alles andere. Er verstand gar nichts mehr. Vollkommen verwirrt und kopflos ging er Lucius hinterher, der nun seine Hand hielt und sie so fest drückte, dass es ihm das Blut abschnürte.

“Lass mich raten: du hast ihn wahrscheinlich nicht einmal gefragt. Du erwartest, dass jeder meiner Freunde volljährig ist, weil er ein Glas Wein halten und deine ermüdenden Monologe erdulden kann, richtig?”

Abraxas ließ sich wieder auf das Bett sinken. Severus sah verwirrt zwischen den beiden hin und her und hatte das Bedürfnis, sich einfach auf den Boden zu schmeißen und weiter zu schlafen, um dieses ekelhafte Gefühl, das er einfach nicht zuordnen konnte, auszublenden.

“Wahrscheinlich hast du ihm das Blaue vom Himmel versprochen. Setzt du dein Mal nur dafür ein, deine Bedürfnisse zu befriedigen? Auch noch mit meinen Freunden? Weiß der Dunkle Lord davon?”

Jetzt erst bemerkte Severus, dass Lucius ihn als Freund bezeichnete. Seine Gedanken hatten Schwierigkeiten dem Gespräch zu folgen.

“Du hast ihm hoffentlich gesagt, dass nicht jeder Affe es tragen darf, nicht wahr? Dass der Dunkle Lord es nur jene tragen lässt, die ihm nahe stehen? Du hast ihn geködert, richtig?”

“Ich weiß das aber”, krächzte Severus mit müder Stimme und sah verteidigend zu Lucius auf. “Ich weiß dass das kein Verein ist, dem ich einfach beitreten kann.”

“Schön”, schnaubte Lucius. “Dann hast du einigen etwas voraus.”

Er zog an Severus Hand, zerrte ihn hinüber zur Verbindungstür. Fort von Abraxas. Fort von dem Bett, in dem er geschlafen hatte und in dem er sich so unwohl und so wohl wie schon lange nicht mehr gefühlt hatte.

Er hatte geglaubt, dass Abraxas wusste, wie alt er war und dass er sich einfach nicht darum geschert hatte. Severus hatte ihm verraten, dass er gerne Edith Piaf hörte.

”Edith Piaf ist eher meine Generation, nein, viel eher die meines Vaters. Seltsam, dass du in deinem Alter auf solche Musik zurückgreifst”, hatte der ältere Malfoy gesagt und eigentlich war Severus sich da beinahe sicher gewesen, dass Lucius vielleicht mal erwähnt hatte, wie alt er war. Oder zumindest dass er auch Minderjährige eingeladen hatte. So schlimm war es nun auch wieder nicht. Er war schon sehr bald siebzehn und in der Welt der Zauberer somit volljährig.

Er hatte noch irgendwas sagen wollen. Irgendwas entschuldigendes, aber Lucius hatte einfach nach seinen Kleidern auf dem Sessel gegriffen und ihn nach draußen gezogen. Hatte die Tür geschlagen. Und schon war eine dicke Schicht Massivholz zwischen ihm und Abraxas.

“Es tut mir Leid, Lucius”, murmelte Severus, als er weitergezogen wurde. Wohin? Er sah die Türen der Zimmer an sich vorbeirauschen. Verschwommen.

“Das sollte es auch. Mutter ist krank und da greift Vater gerne mal auf weniger fragile Körper zurück. Das konntest du natürlich nicht wissen.” Er klang sarkastisch.

“Verzeih mir...” Severus sah zu Lucius’ Hinterkopf auf. “Es tut mir Leid, wirklich. Ich wollte nicht zwischen deinen Vater und deine Mutter treten, ich... Ich weiß selbst nicht, was ich wollte. Aber er hat mich nicht gezwungen.”

“Er hat seine Methoden”, verkündete Lucius laut, stieß eine Tür auf und zog Severus in einen großen, sehr edel und antik eingerichteten Raum. Ein Bett, ein Schreibtisch, eine Balkontür. Lucius’ Zimmer.

“Dusch dich” - er wies auf eine Tür am Ende des Raumes - “zieh dich an und dann gehen wir runter zum Frühstück. Ich musste Rosier die ganze Nacht betüdeln, weil du nicht aufzufinden warst. Du weißt doch, wie sehr er dich mag.”

Severus öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch Lucius wies mit so viel Nachdruck auf die Badezimmertür, dass ihm im ersten Moment die Wort im Hals stecken blieben. Er schluckte sie runter, ehe er sie erneut hervorwürgte, zwar fest entschlossen zu duschen, aber nicht ehe er verstanden hatte, was hier zum Teufel gerade gespielt wurde.

“Er mag mich? Er hing doch die ganze Zeit an dir!”

“So naiv kannst du nicht sein, Severus.“

Lucius’ Stimme glich einem Donnergrollen, doch der jüngere wich nicht zurück. Er sah ihm verständnislos entgegen, wurde gleichzeitig selber immer wütender und ballte seine Hände zu Fäusten.

Genau so hat er dich doch auf ihn aufmerksam machen können, oder? Ich denke, offensichtlicher hätte er es nicht anstellen können. Und jetzt geh duschen, deine Haare triefen und du stinkst.”

Severus zögerte. Diese oft gehörte und leicht verdauliche Beleidigung schadete ihm keineswegs, er konnte nur nicht glauben, was er da gerade gehört hatte.

Zeugte es, dass er nicht bemerkt hatte, dass Rosier ihn eifersüchtig machen wollte, tatsächlich von Naivität oder einfach nur davon, dass Rosier furchtbar schlecht in solcherlei Angelegenheiten war? Seltsamerweise kümmerte es ihn gar nicht, dass Rosier da wohl etwas für ihn hegte, das man als Gefühl hätte bezeichnen können. Es wunderte ihn zwar aber sehr viel mehr empfand er in Anbetracht dieser Neuigkeit auch nicht. Außer Verwirrung.

“Aha”, machte er, blieb noch einen Augenblick lang stehen, doch Lucius kümmerte sich nicht mehr um ihn und widmete sich einem Wandschrank, ähnlich dem, der in Abraxas’ Zimmer in die Wand eingelassen war und neben Umhängen auch Peitschen, Rohrstöcke, Gerten, Paddel und eine erstaunliche Auswahl an Buttplugs beinhaltete.

Er drehte sich um und ging zum Bad.

Wach werden. Er musste wach werden.

War es ihm wirklich so egal, was Rosier für ihn empfand? Er fühlte nichts. Kein Mitleid für seine unerwiderten Gefühle. Keine Liebe. Keinen Ekel. Nicht einmal Wut, weil er ihn hatte eifersüchtig machen wollen und ihn somit fast die ganze Zeit vollständig ignoriert hatte. Er fühlte sich nicht schlecht, weil er es nicht bemerkt hatte. Selbst als er den wohlriechenden Morgenmantel abgelegt hatte und den kühlen Wasserstrahl der Dusche auf seiner Brust empfing, langsam wach wurde, spürte er nicht mehr als nackte Gleichgültigkeit.

Evan Rosier war ihm egal.

Er war einfach da. Das war okay. Und dass er ihn lieben könnte kümmerte ihn nicht. Wenn er ihn nicht darauf ansprach und Rosier darauf verzichtete, ihm seine Gefühle zu gestehen, würde einfach alles bleiben wie bisher. Sie lebten nebeneinanderher, jeder sein eigenes Leben, ohne sich in die Quere zu kommen. Er kannte Evan kaum. Für ihn war er nur der eingebildete, hochnäsige Todesser-Sohn, der wahrscheinlich gleich nach Vollendung des siebten Schuljahres dem Dunklen Lord vorgestellt werden würde.

Er hätte ein Sprungbrett für ihn sein können doch plötzlich war Severus selbst das egal. Er konnte andere Beziehungen nutzen. Mulciber oder Lucius Malfoy selbst, der ihn als Freund bezeichnet hatte. Auf Abraxas wollte er erst mal verzichten.

Er drehte sich um und zischte laut auf, schlug sich mit beiden Fäusten gegen den Kopf, als Wasser über seine offenen Striemen und in die Spalte zwischen seinen Pobacken lief. Das Wasser spülte das Blut fort und das Sperma, das an seinen Schenkeln und zwischen seinen Pobacken festgetrocknet war und beim Laufen gebröselt hatte. Er kratzte über den Schorf an seinen Armen, senkte seinen Kopf und das Wasser tropfte aus seinen Haaren, lief über sein schmales Gesicht und perlte von seiner Hakennase.

Letzte Nacht war er begehrt worden. Von einem Mann den er nicht kannte. Vielleicht war es auch das gewesen, das ihn zusätzlich zu dieser Tat bewegt hatte. Aber eins wusste er. Das würde er niemals vergessen. Es war vielleicht nicht seine erste sexuelle Erfahrung gewesen aber es war ein erstes Mal gewesen.

Das erste mal, dass er dagelegen hatte und gefickt wurde. Für einen Moment wollte er lächeln, doch es verging ihm, als ihm erneut das Gesicht seines Vaters in den Kopf kam. Seine Gedanken waren plötzlich so furchtbar klar, dass er lieber wieder todmüde sein wollte.

Severus griff nach einer pastellgrünen Shampooflasche und drückte sich eine wallnussgroße Portion von dem wohlriechenden Zeug in die Hand. Er schäumte sich die Haare ein. Der Schaum lief ihm den offenen Rücken hinab. Er hatte sich darauf vorbereitet, gab keinen Laut von sich und schloss die Augen. Es brannte. Aber auch das würde vergehen.

Er konnte hören, wie Lucius seinen Schreibtischstuhl im Nebenzimmer zurückzog. Ob er extra auf ihn wartete? Er schmunzelte. Erst dachte er, dass er wohl weltweit der einzige Mensch war, der auf ihn warten würde - denn an Rosier dachte er schon gar nicht mehr - doch dann atmete er tief ein und merkte, wonach das Shampoo roch. Unweigerlich dachte er an das Mädchen mit dem blumigen Namen, das daheim, nicht weit entfernt von Spinner’s End, auf ihn wartete.
 

[/Chapter XXII]
 

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Kommentare zu dieser Fanfic (89)
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Von:  Finvara
2012-06-15T11:28:09+00:00 15.06.2012 13:28
Hell yes!
Ich liebe diese FF.
Sie fesselt mich und laesst mich nicht merh los/. Du gibts genuegen Freiraum um selbst zu denken und zu fantasiere, aber vergisst dabei die Handlung nicht.

Ich denke, einiges hier haette wirklich in Harry Potter geschehen koennen. Zu der Zeit der Marauders.
Ich haette nicht gedacht, dass ich mal eine FF zu ihnen lese und gut finden wuerde. Ich kann sie alle nicht leiden. Aber du zeichnest ein Bild, das fern ab der gaengigen Klisches ist, sie trotzdem aufgreifst und vor allem zeichnest eine dunkle Welt. Weg von dem Snape ist einfach nnur boese, oder uas der anderen Richtung, Black ist einfach nur der boese. Du zeichnest alle Charaktere gut, verstaendlich und verleihst ihnen etwas eigenes.
Die Angst ist spuernar, die Gefuehle, einfach alles. Ich habe das Gefuehl selbst da zu sein. Ich leide mit Snape, ebenso mit Sirius oder Remus.

Ich wuerde mir nur wuenschen, das du Peter vielleicht ein wenig staerker raus arbeitest. ich mein er ist der Mitlauefer, aber er sollte schon auch etwas eigenes bekommen.

Liebe Gruesse,
Vara
Von:  mathi
2012-04-11T18:41:59+00:00 11.04.2012 20:41
holla die waldfee
das kapitel war gut - brutal- aber gut
wie wird es wohl mit Severus weiter gehen?
und wie lang werden ihm seine schmerzen begleiten, besonders wird es doch wohl nicht unbemerkt bleiben
schreib bald weiter
mathi
Von: abgemeldet
2010-11-18T21:04:35+00:00 18.11.2010 22:04
Das Kommentiersystem bei den FFs ist blöd, warum kann man nicht die ganze FF auf einmal kommentieren, sondern nur unter einem Kapitel!? `A´
Egal, ich hoffe du verzeihst mir, dass ich das dann einfach hier tue...so.
*luft hol*

Ich lese wirklich selte Fanfictions hier, eigentlich nie. Bisher hatte alles was ich so gelesen habe recht wenig Seiten und die einzige längere FF in meinen Favos muss ich nochmal weiterlesen. Ich klicke also auf deine FF im Weblog im Gedanken daran, dass ich mal etwas von dir lesen wollte, weil ich irgendwie im Kopf hatte, dass du gut schreiben kannst.
Zweitens muss ich sagen, dass ich mit Shonen-ai oder Yaoi nie so recht warm geworden bin (Titten? ;___; XDD). Ich klicke also auf die FF, fange an zu lesen und...jah. Ich habe bei einer FF noch nie so viele Kapitel am Stück durchgehalten. Du hast einen klasse Schreibstil und als ich heute eine kurze Lesepause gemacht hab, hatte ich irgendwann Lust weiterzulesen. Du kannst mir wirklich glauben: Ich bin kein großer am-PC-lesefreund, weil es mir normalerweise zu anstrengend ist und ich es nie lange durchhalte, aber ich hab den zweiten "Teil" nach meiner Lesepause dann in einem Zug durch. Soviel erstmal dazu.

Dann...muss ich sagen, dass du das ganze wirklich gut aufgerollt hast o.o Ich mag Shojo-ai und Yuri und hab selbst ein paar kranke Ideen für Pairings (die ich hier aber jetzt nicht niederschreiben werde :P vielleicht werde ich sie aber mal anfangen niederzuschreiben, denn irgendwie bin ich jetzt inspiriert.), wie gesagt konnt ich mit Shonen-Ai nie wirklich warm werden, vielleicht weil ich alles was ich da bisher sehen oder zum teil lesen konnte eher unlogisch und hergeholt fand, was hier allerdings nicht vorkam.
Und außerdem mag ich die SM und BDSM-Elemente. Das macht das ganze noch ein Stück sympathischer. |D

So...fällt mir etwas ein? Ööööööh...vielleicht hätt ich die Kapitel doch einzelnd kommentieren sollen, da war so einiges, das mir einfiel. Öhm. Schön, jetzt wo ich etwas dazu schreiben will weigert sich mein Gehirn wieder mitzudenken, danke Gehirn.
Also. Ich find die Gedanken der Charaktere hast du sehr nachvollziehbar niedergeschrieben. ._. Und die Szenen mit Snape und den Marauders in dem Duschraumdings...oh mann. Ich werde mich dazu jetzt nicht weiter ausführen, aber ich ahne wie er sich da Gefühlt haben muss. Hum. Uuuund...ich mag Remus. Ich bin gespannt was sich da noch so entwickelt. (Wirklich. Ich werde diese FF weiterverfolgen.)
Und...ja. Ähm. Ich glaub mein Gehirn will mich nicht weitertippen lassen, aber vielleicht kommentier ich ja irgendwann nochmal die Kapitel, bei denen mir irgendetwas besonderes einfiel, wenn du nix dagegen hast. >_< Oder schreib im nächsten Kommentar etwas dazu.

Muh. Ich bin froh mal etwas von dir gelesen zu haben, es war mir eine Freude und ich werd das wie gesagt weiterverfolgen.
Und vielleicht sollt ich mal die restlichen Kommentare lesen, ich hab grad gedankenverloren den Vorgängerkommentar von Cino gelesen und musste beim Wort "Hurencousin" meinen Tee ausprusten. Warum trinke ich eigentlich immer dabei?

Na gut, ich glaube mein Kommentar ist schon viel zu lang und ich hoffe du verzeihst mir, dass ich nun alles da reingestopft hab, ich hoffe das war nun nicht alles so wirr und...man schreibt sich hoffentlich nochmal. >_<b
Von:  Cino
2010-08-18T17:17:25+00:00 18.08.2010 19:17
Ich habs grad Romano ganz laut vorgelesen, damit alle das hören und so.
Un dunsere Nachbarn harte steife Pimmel kriegen, weil sie das so geil finden, wenn alte Männer nach dreibeinigen Stühlen suchen XD (Cino: "Ey, das klingt wie Knut!" Juno: "LOL!")
Danke für die, äh, nicht-Widmung, Schlampe, außerdem bin ich deine Schwiegermutter, also nenn mich nicht Hurensohn, weil sonst ist deine Frau eine Hurenenkelin!!!1!1!1!!11einself
Du Hurencousin!
...
Von:  Cino
2010-08-18T15:12:06+00:00 18.08.2010 17:12
Da ich weiß, dass du schon weitergeschrieben hast, hab ich nur eine Frage: Wo führt uns das alles noch hin?
Sex zu viert in James Bett mit ner Gummipuppe, dann kommen zufällig Bathilda Bagshot und Melanie Fotzenberg und ein Meteor und dann gibts ne Orgie. Geil. Granithophelie. Sex mit Steinen.
Ja, du siehst, deine FF macht mich kaputt, verrückt, gestört, behindert, schwul, rosa, klischeehaft, muggelliebhaberisch, schoko & keks.
Ich hab kopfschmerzen und hunger.

Von:  Cino
2010-08-18T14:53:07+00:00 18.08.2010 16:53
Sie sind mir zu muggelartig. Absinth, Opium, Abraxas benutzt einen Rohrstock. Der Cruciatus hätte eine bessere Wirkung gehabt. Und wäre viel schmerzhafter gewesen. Du bist schlecht, was sowas angeht. HP-Erfahrung -5
Aber SM-Erfahrung steigt um einen letzten halben Punkt. Damit Griffindor gewinnt.
Ist es ein Versprechen, dass Braxi Sevi wieder haut? Gibts noch mehr haiße SM-äktschn mit dörti talk und blut und pimmeln?
Ich hoffe XD
Außerdem: ich habn Rechtschreibfehler gefunden, aber ich werde ihn behalten, ich nenne ihn Schnappi und er is mein kleines Schnapp!


Von:  Cino
2010-08-18T10:04:28+00:00 18.08.2010 12:04
Ich dachte auch so "WTF? Veela?" Und fand die Anspielung ziemlich witzig. Und dann dachte ich an Schleim. Und danach an Schleim und Schleim2. (Penelo und Vanille)
Es ist erstaunlich... Ich glaube schon, dass Abraxas ein Todesser war. Und ich könnte mir auch vorstellen, dass er Snape ein wenig unter seine Fittiche genommen hatte. Aber nicht so. Ich würde mir eher vorstellen, dass er weniger sadistisch und eher manipulativer war.
Gut, ich beende den Kommentar mal hier, weil ich gleich los muss und ich muss noch was essen sonst sterbe ich auf der Fahrt an Unterernährung. Erschlagen von einem Meteor. Und dann stehe ich wieder auf und kann nicht nur zaubern sondern auch mutieren.
Von:  Cino
2010-08-18T09:47:23+00:00 18.08.2010 11:47
O~kay~ o.o
Das... ähm... *sprachlos*
Also, Remus haut auf die Kacke und Sirius wird apathisch. Jetzt ist nur die Frage: Hat er begriffen, was er getan hat oder war er überrascht, dass Remus so heftig ausgerastet ist? Oder beides?
Ich kann Remus Gedanken momentan ziemlich gut verstehen. Wenn er jemanden begehrt, der so anders ist, als Remus es sich wünscht (weil er ja ein bestimmtes Bild von ihm hat), er dann aber merkt, wie derjenige tatsächlich ist, dann bricht etwas zusammen, was es eigentlich nie gab. Und zu merken, dass es das nie gab ist...
schrecklich? Gruselig?
Ich frage mich, was James sich denkt und was Peter sich gedacht hat und was Peter gemacht hat, wenn sie in der heulenden Hütte waren. Bestimmt andere Ratten gebumst, während Sirius und Remus gekämpft haben und James aufgepasst hat, dass keiner zurück nach Hogwarts flüchtet oder so.
Sollte man auch ma was drüber schreiben. Peter, der olle Rattenficker. Aber Zoophelie ist (leider?) auf Animexx verboten.
Obwohl... zwischen Tieren nicht, oder?
Ja, also, Samsa, wie hart bist du? XD
Von:  Cino
2010-08-18T09:31:24+00:00 18.08.2010 11:31
Es fahren wirklich mehrere Züge nach London? Hmm... Egal, fällt in die Kategorie "kreative Freiheit"

Spannender ist die Beziehung zwischen Remus und Severus schon geworden. Ich hätte mir aber dennoch ein paar kleinere Konflikte gewünscht. Sev hält doch noch zu gut durch und Remus is ein bisschen zu forsch. Es klang für mich wie ein Gespräch zwischen Rivalen oder Konkurrenten und weniger zwischen Feinden bzw Opfer und Täter (ich stelle Remus als Täter hin, weil jemand, der wegsieht, für mich ein Täter ist).

Von:  Cino
2010-08-18T00:27:03+00:00 18.08.2010 02:27
gaed bin ich müde
und gawd... der letzte absatz ist so DU. das ist alles so du. du-iger gehts nich XD
es passt nich rein, is aber n lustiger bruch zwischendrin. hätte ordentlich deftiger sein können. mit alles. mit voll die belästigung. war noch ein wenig zu brav für mich.
ich bin müde, sagte ich das schon?
ich geh jetzt penn0rn, weil ich morgen eigentlich nen termin hab und ausgeschlafen sein muss. schoise. egal. passt.
ich les ewentewell morgen weiter. ich verbleibe dafür mit einem "I've got your back" - Ich habe Ihren Hintern. <3


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