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Shadows of the NewMoon

von
Koautor:  Caracola

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57. Kapitel

„Es ist nicht so einfach.“

Der erste Satz, den sie seit dem Verlassen der Moonleague gesprochen hatte und er erklärte einfach überhaupt nichts. Außer, dass Amanda nicht ausdrücken konnte, was sie in diesen Momenten fühlte.

Das war doch genau das Problem. Wie gern hätte sie sich Nataniel anvertraut, sich in seinen Armen ausgeheult und Schutz gesucht. Aber sie wusste noch nicht einmal, wo sie anfangen sollte, ihm zu erklären, was passiert war.

„Derek ist aufgetaucht. Ich hab nicht mit ihm gerechnet. Es war dumm... Immerhin ist es sein Büro und... Aber ich hätte nicht gedacht...“

Sie zog Nataniels Arme fester um ihren Körper und war bloß dankbar, dass er ihr Gesicht nicht sehen konnte. Ihr schossen noch jetzt die gleichen entsetzlichen Gefühle durch den Körper wie zu dem Zeitpunkt, als sie Erics Stimme in ihrem Ohr gehört hatte.

„Er hat es nicht verstanden, Nataniel.“

Ihr Körper wurde von seinem Zittern geschüttelt, das die Kälte, die Amanda empfand, nicht ansatzweise ausdrücken konnte.

„Derek, der Mann der Eric und mich als seine eigenen Kinder aufgenommen hat... Er hält euch wirklich für Tiere. Wesen, die man fürchten muss. Und die man...“

Ihre Stimme brach ab und sie musste sich über die wieder tränennassen Augen wischen.

„Die man einfach abschießen kann, wenn sie einem im Weg sind.“

Vor einer Stunde hatte sie noch brennende Wut darüber empfunden. Jetzt war es reine Verzweiflung.

„Wie habe ich das nicht sehen können? Mein Leben habe ich damit verbracht, zu tun, was sie von mir verlangt haben. Ohne nachzufragen! Und jetzt hat Eric seinen Ziehvater erschossen und Seth liegt im Krankenhaus, weil... Verdammt noch mal, eigentlich hat er auf mich geschossen!“

Obwohl Nataniels Arme sie festhielten, zog Amanda die Knie an und rollte sich zusammen. Die Hände vor das Gesicht gepresst, ließ sie sich von den Emotionen mitreißen.

Seth durfte einfach nicht sterben. Nicht, weil er sie gerettet hatte.

„Ich hab ... gar nichts getan. … Er hat ... die Codes eingegeben. Ich wollte... Ich war so...“ Wütend. Verletzt. Und verzweifelt. Genau das Gleiche, das sie jetzt empfand. Und wieder konnte sie nichts tun. Amanda wollte nur, dass es Seth gut ging. Und dass er ihr vergeben würde.
 

Wenigstens sprach sie wieder mit ihm. Wenn auch nicht gerade in verständlichen Zusammenhängen, so versuchte sie doch zumindest auszudrücken, was sie fühlte und das war auf jeden Fall besser zu ertragen, als lediglich zu spüren, dass etwas in ihr vor ging, ohne dagegen vorgehen zu können.

So aber zog Nataniel sie noch enger in seine Arme und strich ihr sanft über den Rücken, während sie immer stärker zitterte.

„Was passiert ist, kannst weder du noch ich ändern. Genauso wenig können wir in einen Menschen hineinsehen, um ihn vollkommen zu begreifen. Kann schon sein, dass dieser Derek euch gut behandelt hat und von meiner Art etwas ganz anderes dachte, aber das war seine Denkweise, nicht deine.“

Er seufzte leise.

„Manchmal sind wir doch alle blind, wenn es darum geht, uns selbst zu schützen. Ich hätte vor dir auch nie gedacht, dass nicht jeder in der Moonleague böse und verachtenswert ist und was Seth angeht, so habt ihr beide unter Einsatz eures Lebens viele unschuldige Geschöpfe gerettet, die der Organisation vielleicht noch zum Opfer gefallen wären. Noch ist nicht entschieden, dass Seth sterben wird, darum können wir ohnehin nichts weiter tun, als an ihn zu denken und auf seine Genesung zu hoffen.“

Belanglose Worte. Er wusste es. Aber die Tatsache, dass es endlich vorbei war, konnte er bisher ebenso wenig verarbeiten, wie er Amanda trösten konnte. Es blieb ihnen wirklich nichts anderes über, als zu warten.

„Was ist eigentlich mit Eric? Hattest du seither Kontakt mit ihm?“

Soweit Nataniel wusste, war ihr Bruder nicht in dem Gebäude gewesen und hatte sich bestimmt in Sicherheit bringen können. Weshalb er sich um den Scharfschützen weniger Sorgen machte. Aber vielleicht lenkte der Gedanke an ihren Bruder, seine Gefährtin etwas ab. Immerhin wussten sie beide nicht, ob die Trauer nun wirklich angebracht war oder lediglich unnötige Energie kostete, da sich am Ende doch noch alles zum Guten wenden könnte. Obwohl mitfühlende Gedanken und Gefühle nie verkehrt waren.
 

Weiterhin, aber inzwischen still, weinte sie an seiner Schulter und versuchte endlich, sich zu beruhigen. Nataniel hatte Recht. Sie konnten nichts tun, außer warten.

Und zu trauern, bevor sie Genaues wussten, war vielleicht sogar ein schlechtes Omen. Außerdem brachte es nichts, wenn sie hier in Selbstmitleid zerfloss.

Noch einmal wischte sie sich mit der Hand übers Gesicht und sah dann in Nataniels blaue Augen. Wie sanft wiegendes Meerwasser, würden sie wahrscheinlich immer eine beruhigende Wirkung auf Amanda haben, wenn sie es dringend brauchte.

Sie war fast ein wenig stolz, dass ihre Stimme schon fester klang, als sie auf seine Frage antwortete.

„Nein, ich habe nichts von ihm gehört...“

Ihr Blick schnellte kurz in Richtung offene Badezimmertür, woraufhin sie seufzte. „Und so, wie ich das einschätze, wird das auch nicht so einfach sein, da ich das Handy in der Hosentasche hatte.“

Das Telefon war, so zu sagen, Baden gegangen, genauso wie der Revolver. Wahrscheinlich hatte es das nicht ausgehalten. Aber um Eric machte sich Amanda trotzdem weniger Sorgen.

„Er stand die ganze Zeit nicht nur mit mir, sondern auch mit Clea in Kontakt. Wäre etwas passiert, hätte sie uns längst über sämtliche Leitungen, die zur Verfügung stehen, informiert.“

Wie zum Beweis schepperte in diesem Moment irgendwo Nataniels Handy.

Amanda riss sich wie von der Tarantel gestochen los und krallte sich das schwarze Telefon. Sie sah gar nicht auf das Display, sondern drückte nur mit hektisch zitternden Fingern auf den grünen Knopf.

„Hallo?“

Ob sie nun das Handtuch an ihren Körper drückte oder versuchte sich selbst daran festzuhalten, machte gerade keinen Unterschied. Die Worte, die sie zu hören bekam, drohten ihr ohnehin den Boden unter den Füßen zu entziehen.

Sie nickte, bedachte dann, dass der Anrufer sie nicht sehen konnte und antwortete mit Ja oder Nein auf die Fragen, die ihr gestellt wurden.

„Ja, ist gut. Danke.“

Sie legte auf und sah Nataniel an, der dicht neben ihr stand. Anscheinend war er gleich nach ihr aufgesprungen und wirkte sogar so, als wäre er darauf gefasst, sie aufzufangen, falls sie straucheln sollte. Aber ihr war überhaupt nicht danach, sich ihrer Schwäche hinzugeben. Ganz im Gegenteil.

„Das war Eric. Ihm geht’s gut. Und er ist im Krankenhaus.“

Niemand würde ihn dort verdächtigen. Er war völlig unverletzt geblieben und stellte sich am Empfang lediglich als Freund des verletzten Seth vor, der bei ihm sein wollte, wenn er aufwachte. So hatte Amanda doch noch jemanden vor Ort, dem sie mehr traute, als allen Ärzten und Schwestern zusammen. Eric würde keine Sekunde zögern, sie zu informieren, falls es Neuigkeiten gab. Egal welcher Art sie auch immer sein mochten.
 

***
 

„Du siehst grässlich aus.“

Seine Stimme war kratzig und kaum zu verstehen. Zwischen den ganzen piepsenden Geräten, hätte man sie glatt überhören können. Aber Amanda hatte schon seit einer Stunde neben dem Bett gesessen und ihren Blick nicht von seinem Gesicht genommen. Jeder Muskel, der nur eine Winzigkeit gezuckt hatte, ließ Hoffnung in ihr aufkeimen. Die Ärzte hatten gesagt, dass er es gut überstanden hatte. Man müsse jetzt nur noch Geduld mit ihm haben.

Was Amanda im Moment hatte, war allerdings keine Geduld. Sie platzte fast vor Freude über dieses miese Kompliment.

„Gleichfalls.“

Sie drückte Seths Hand und strahlte wie ein Honigkuchenpferd, als sie spürte, wie sich seine noch immer kühlen Finger ebenfalls um ihre schlossen.

„Du hättest ruhig früher aufwachen können. Ich hab mir Sorgen gemacht.“

Das Lächeln schien ihm schwer zu fallen. Mit den ganzen Beruhigungs- und Schmerzmitteln im Blut kein Wunder. Trotzdem sagte er noch etwas, bevor ihm die müden Augen wieder zufielen.

„Gern geschehen.“
 

***
 

Nachdem er sich vergewissert hatte, dass Amanda langsam über den Berg war, weil Eric ihnen schließlich doch noch eine als positiv zu wertende Nachricht über Seths Zustand überbracht hatte, konnte er sie verhältnismäßig leichter alleine ins Krankenhaus fahren lassen.

Seine Gefährtin sah lange nicht so ramponiert aus wie er und würde daher noch weniger auffallen. Außerdem hatte er schließlich selbst eine Weile für sich alleine gebraucht, um sich wieder richtig zu sammeln. Danach hatte er sich auf die Suche nach dem Sixpack gemacht.

Das erste Zimmer war das von Delilah gewesen. Doch noch bevor er klopfen konnte, hielten ihn eindeutige Geräusche darin davon ab. Mit einem Kopfschütteln suchte er das Zimmer der Zwillinge auf. Auch wenn er wusste, dass sie nicht da waren. Offenbar waren sie als Werwölfe wesentlich beeindruckender gewesen, als in ihrer menschlichen Erscheinung. Delilah hatte sich ihrer am Ende doch noch erbarmt. Weshalb sie nicht allzu schwer verletzt sein konnten.

Bruce und Khan fand er ebenfalls nicht an. Ihr Zimmer war leer und als er sich beim offensichtlich leicht beunruhigten Hotelmanager nach ihnen erkundigte, meinte er, sie hätten bereits vor ein paar Stunden ausgecheckt. Das gleiche galt für Ryon. Dieser hatte Nataniel jedoch eine Visitenkarte hinterlegt, auf der nichts weiter als eine Nummer stand, mit der Anmerkung: Für Notfälle

Hoffentlich würde dieser nie wieder in solchem Ausmaße eintreten.

In seinem leeren Zimmer angekommen, streckte er sich auf dem Bett aus und zog zum ersten Mal seit Tagen sein Handy hervor, um Palia anzurufen.

Er wollte wissen, wie es dem Rudel ging, damit er auch an dieser Front beruhigt sein konnte.

Kaum zu glauben, dass nun alles vorbei sein sollte. Nataniel war noch immer nicht gänzlich davon überzeugt. Das würde er wohl erst wieder sein, wenn er in seinem eigenen Bett, mit seiner geliebten Gefährtin in seinen eigenen vier Wänden schlief. Dann konnte er glauben, dass der Alptraum endlich ein Ende hatte.
 

***
 

Amanda entstieg dem Taxi und sah zum wiederholten Male beeindruckt die Fassade des Hotels hinauf.

Erst jetzt, da sie mit eigenen Augen gesehen hatte, dass es Seth gut ging, konnte sie über alles andere nachdenken. Es war unfassbar, aber sie hatten es geschafft. Jeder ihrer Schritte wurde beschwingter als der vorangegangene, bis Amanda fast auf den Fahrstuhl zurannte.

Sie hatten es geschafft!

Die Wandler waren in Sicherheit und die Organisation gekippt. Wie stark sie sich auch erholen mochten, sie würden Jahre brauchen, um derart viele Beweise dafür zu sammeln, dass so etwas wie Gestaltwandler, Werwölfe und andere Wesen unter den Menschen lebten. Und auch wenn es ein utopischer, romantischer Gedanke war, hielt Amanda es in diesem Moment, wo der gläserne Aufzug sie zu ihrem geliebten Gefährten brachte, nicht für unmöglich. Vielleicht würden sich die Zeiten ändern. Vielleicht hatten die Halbmenschen in ein paar Jahren, oder mochten es auch Jahrzehnte werden, keinen Grund mehr, sich vor der Entdeckung zu fürchten.

Leicht strich sich Amanda über den Bauch, bevor sie den Fahrstuhl verließ und in den Flur ihrer Etage trat.

Vielleicht würden noch mehr Menschen verstehen, dass sie durch Gestaltwandler nur an etwas Wertvollem gewinnen konnten.

Leise schloss sie die Tür auf. Nataniel lag auf dem Bett, das Handy auf dem Bauch und schlief tief und fest.

Eine Weile stand Amanda einfach nur da und betrachtete ihn. Inzwischen konnte sie sich kaum noch daran erinnern, was sie empfunden hatte, als sie sich das erste Mal begegnet waren.

Was war er damals für sie gewesen? Ein Feind, etwas das sie fürchten gelernt hatte...

„Und ein Vollidiot...“, sagte sie leise grinsend, bevor sie sich auf leisen Sohlen zum Bett bewegte.

Nataniel regte sich benommen, als sie sich zu ihm legte und die Arme um ihn schlang. Sie küsste ihn sanft auf die Lippen und wartete, bis er ihr kurz müde entgegen blinzelte.

„Ich liebe dich, mein Schmusekater.“
 

Verschlafen blickte Nataniel zu seiner Gefährtin hoch, die sich ohne sein Wissen zu ihm gelegt hatte. Die letzten Tage waren furchtbar anstrengend gewesen, weshalb sein Schlaf nun fester und tiefer war als bisher. Aber solange er so sanft geweckt wurde, würde er nichts dagegen haben. Weshalb er auch lächelte, während er Amanda enger an sich heran zog.

„Nicht immer, aber immer öfter.“, meinte er auf den Kosenamen hin. „Aber lieben werde ich dich immer.“

Er schnurrte leise, als er sein Gesicht in ihrem Haar vergrub und wieder die Augen schloss. Erst da fiel ihm das Handy auf, das zwischen ihren Körpern gerutscht war.

Er legte es bei Seite. Denn dem Rudel ging es gut. Alles war ruhig und Palia genoss offensichtlich bereits so eine Art Sonderstatus als Mädchen für alles. Jeder der etwas brauchte, kam vertrauensvoll zu ihr und da die single Pumalady ohnehin für ihre Art zu leben schien, ging sie voll und ganz in dieser Aufgabe auf.

Nataniel war ihr sehr dankbar dafür, dass sie ihm zwar immer noch die Führung überließ, ihm aber auch ordentlich unter die Arme griff. Geteilte Verantwortung war nun einmal leichter zu tragen.

Ohne sein bewusstes Zutun, hatte Nataniel damit begonnen, Amanda über den Bauch zu streicheln, während er sich an sie kuschelte.

„Wenn es Seth wieder besser geht, können wir dann nach Hause fahren?“, wollte er flüsternd wissen, als müsse er selbst jetzt noch eine schlechte Antwort fürchten. Dabei war es nun vorbei. Endgültig. Sie alle hatten alles gegeben, was sie konnten und gewonnen.

Etwas Frieden sollte ihnen daher vergönnt sein. Hoffentlich einer, der noch lange anhalten würde. Immerhin würden sie in ein paar Monaten alle Hände voll mit ihrem Nachwuchs zu tun haben. Außerdem wollte nun auch Nataniel unbedingt heiraten. Jeder Beweis ihrer Zusammengehörigkeit, den er bekommen konnte, wollte er nutzen. Denn der verblassende Knutschfleck war dafür nicht genug. Aber blieb auch sicherlich nicht der Letzte, wie er mit einem schelmischen Lächeln gedanklich feststellte. Amanda mochte zwar ein Mensch sein, aber er hatte bereits die Wildkatze in ihr erlebt. Diese zu reizen würde ihm unermessliches Vergnügen bereiten.



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