Zum Inhalt der Seite

Wie vergewaltige ich einen Mann?

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Tova Randers geht am Donnerstag dem 17.Julio, um halb fünf Uhr früh nicht zur Polizei. Sie schleppt sich nach Hause, die Treppe hinauf, damit sie nicht mit der Tür des Aufzugs klappert, und macht ihre Wohnungstür leise hinter sich zu. Dann steigt sie sofort aus den Kleidern, lässt sie in einem Haufen neben der Tür liegen.

Sie spritzt sich kaltes Wasser ins Gesicht und lässt es lange über die Handgelenke laufen, in denen es heiß pocht. Soe wagt weder zu duschen noch zu baden, um die Nachbarn nicht zu stören. Sie kühlt ihre Hände unter dem Wasserstrahl. Tränen laufen über ihr nasses Gesicht.

Dann liegt sie ausgestreckt auf ihrem Bett und starrt vor sich hin.

Fast drei Stunden lang liegt sie ganz still auf dem Rücken. Mit weit offenen Augen schaut sie an die weiße Decke. Sie hat das Gefühl, dass sie kein einziges Mal blinzelt, dass sie nur starrt und starrt.

Ihr geht der Gedanke durch den Kopf, dass sie sich nie mehr wird verstecken können, nicht einmal hinter ihren Augenlidern.

Zwei Minuten nach neun ruft sie beim Personalchef der Bibliothek an und meldet sich krank. Sie sagt, sie habe einen schweren Mirgräneanfall bekommen.

Sie hat keine Migräne. Jedenfalls bis jetzt noch nicht.

Sie ruft auch jetzt die Polizei nicht an. Die Sache könnte publik werden, die Zeitungen könnten darüber schreiben, jemand könnte sie mit dem Vorfall in Verbindung bringen, selbst wenn kein Name genannt wird. Man könnte sie Identifizieren. Frau mittleren Alters vergewaltigt. Bibliothekerin an ihrem 40.Geburtstag zum Geschlechtsverkehr gezwungen. Mutter von zwei Kindern an Bettpfosten gefesselt. Vermutlich war Alkohol mit im Spiel.

Alkohol. Auch das noch.

O Gott. O Gott. o Gott.

Tova Randers, 40jährige städtische Angestellte, Mutter von zwei Kindern, läuft auf dem braunen Flickenteppich ihres Wohnzimmers im vierten Stock in der Hesperiagaten 30 immer im Kreis herum und weint hemmungslos.

Alkohol ist mit im Spiel, als sie jetzt tatsächlich ihre Migräne bekommt. Wie eine riesige grüne Welle schlägt sie über Tova zusammen. Sie schafft es kaum noch bis zu Toilette, als die Welle auch schon aus ihr herausgeschleudert wird, bis ihr Innerstes nach draußen kehrt. Sie zittert vor Kälte und Übelkeit, weiße Sterne wirbeln ihr im Kopf herum,an den Schläfen pocht es rot.

Sie stöhnt.

Nach einer Weile legt sie sich ins Bett, mit einer Waschschüssel neben sich.

Wie ein Stein am Strand. Wie ein kühler, blanker, feuchter Stein am Strand, und es es gibt keinen Druck mehr, keine Scham, keine Gedanken.

Wie in Trance liegt sie da. Stunde für Stunde
 

Als sie aufwacht, ist es Nachmittag. Es ist kühl, die Sonne spiegelt sich in den Fensterscheiben auf der anderen Seite des Hinterhofs. Sie fühlt sich matt, leer, kraftlos.

Vorsichitg steht sie auf, bringt das Bett in Ordnung und geht zum Kühlschrank. Er ist fast leer.Sie trinkt Buttermilch, nimmt sich eine Scheibe Schwarzbrot, ohne Butter, kaut langsam, kostet den säuerlichen Geschmack.

Sie fegt die Krümel auf dem Tisch zusammen, wirft sie in den Ausguß, schwenkt das Glas mit Wasser aus und stellt es in den Spülstein.

Dann geht sie ins Wohnzimmer mit dem braunen Flickenteppich. Sie setzt sich in den Polstersessel, kauert sich zuammen, legt die Beine über eine Lehne, stützt den Kopf in die Hand. Mit der anderen Hand zwiebelt sie an einer Haarsträhne herum.

Je sauberer und weicher ihre Haare sind, desto besser kann sie denken.

Jetzt sind sie ganz sauber. Sie hat sie erst gestern gewaschen. So fällt ihr das Denken leichter. Während sie sich Haarsträhnen um die Finger wickelt, geht Tova Randers die vierundzwanzig Stunden ihres vierzigsten Geburtstag noch einmal Schritt für Schritt durch.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück