~ the new home ~
Die Vampire hatten seit jeher einen – im Vergleich zu den Menschen – verschobenen Tagesrhythmus, was sich entgegen allgemeiner Vorurteile vor allem dadurch ergeben hatte, daß sie sich ihren Verfolgern entziehen mußten, was sich nachts besser umsetzen ließ als tagsüber.
Yuki verzichtete in Anbetracht ihrer Träume darauf, sich noch einmal hin zu legen und so erforschte sie ihr neues Zuhause ein wenig. Der Wohnraum ging auf eine überdachte Terrasse hinaus, an die sich ein weitläufiger Park samt Springbrunnen und Zierteich mit Fischen anschloß. Die ganze Anlage war äußerst liebevoll angelegt worden und allmählich begann sich Yuki zu fragen, wie viele Bewohner sie hatte. Es mußten weitaus mehr sein, als sie zuerst angenommen hatte.
Sie schlenderte weiter durch die Anlage und setzte sich auf eine Bank, die neben dem Eingang zu einem Heckenlabyrinth stand.
„Guten Morgen, meine Liebe, hast du gut geschlafen?“, wurde sie plötzlich von einer fröhlichen Stimme aus ihren Gedanken gerissen.
Als sie sich dem Mann zuwandte, blickte sie ihn das freundlich lächelnde Gesicht von Kurosu, der just in diesem Moment aus dem Labyrinth hervorgetreten war und sich nun neben sie auf die Bank setzte. Er wandte sein Gesicht der Morgensonne zu und blinzelte dann einige Male, bevor er sich ihr wieder zuwandte.
„Manche Gewohnheiten ändern sich wohl nie, was?“ bemerkte er zwinkernd.
„Guten Morgen, Direktor,…ich…nun ja, ich dachte alle würden noch schlafen, es tut mir sehr Leid, daß ich Ihre Einladung gestern ebenfalls verschlafen habe“, fügte sie noch betreten hinzu.
Er machte eine abwinkende Geste, „ach, nicht der Rede wert, ihr hattet eine lange Reise, wir können unser Begrüßungsessen problemlos heute nachholen. Außerdem möchte ich, daß du mich Kurosu nennst,…Direktor…..das bin ich schon lange nicht mehr.“ In seiner Stimme schwang ein Anflug von Wehmut mit, als er an die früheren Zeiten dachte, wo er versucht hatte, etwas zu verändern, zu bewegen – und kläglich gescheitert war.
Yuki betrachtete ihn nun genauer, sie hatte sich gestern also doch nicht getäuscht, selbst bei hellem tageslicht wirkte er keineswegs gealtert, er wirkte vielmehr noch immer jugendlich und voller Energie, und auf erschreckende Weise wie eine reifere Erscheinung von Zei, wenn man von der offenherzigen Fröhlichkeit einmal absah, denn Zei war nach wie vor überwiegend ruhig und ernst und es war äußerst selten, ein Lächeln zu sehen oder ihn Lachen zu hören….
Fast schien es, als hätte Kurosu ihre Gedanken bemerkt, denn nun meinte er, „es gibt so viel, was wir dir noch werden erklären müssen, aber alles zu seiner Zeit, man sollte die Dinge nicht überstürzen.“
Wieder so eine rätselhafte Aussage, allmählich fragte sich Yuki, ob sie hier je eine konkrete Antwort bekommen würde, denn Kaname und auch Kurosu schienen vage Andeutungen im Gegensatz zu klaren Erklärungen zu bevorzugen.
Kurosu schlug vor, noch ein wenig durch die Anlage zu spazieren und Yuki willigte ein. Während sie liefen erfuhr sie noch das ein oder andere nebensächliche Detail zu ihrem derzeitigen Aufenthaltsort.
Schließlich fragte er, ob sie gemeinsam frühstücken wollten, da er sonst immer alleine essen müßte, da die ‚anderen’ nie so früh aufstanden wie er.
Es dauerte einige Zeit, bis sich Yuki in ihrem neuen Zuhause eingelebt hatte, doch schließlich gewöhnte sie sich an die neue Umgebung und freundete sich mit dem einen oder anderen Bewohner ein wenig an, auch wenn sie stets eine gewisse Zurückhaltung beibehielt, umgeben von Vampiren fühlte sie sich nie vollkommen sicher und sie fragte sich insgeheim, wieso Kurosu stets so unbefangen und gelöst sein konnte.
Kurosu war zwar kein Direktor mehr, da es keine Academy mehr gab, jedoch hatten sie auch hier verschiedene Schulen, auch wenn sie sich von jenen, die Yuki kannte, ziemlich unterschieden. Die Vampire verfügten über ein mehrere Jahrtausende altes Wissen und hatten ein riesiges Archiv alter Schriften angesammelt, was sie absolut faszinierte. Leider waren die meisten Aufzeichnungen in einer sehr alten Symbolschrift verfaßt, so daß sie diese zuerst lernen mußte, bevor sie sie lesen konnte. Wie nicht anders zu erwarten gewesen war, lehrte Kurosu diese alte Sprache und er war höchst entzückt, daß er Yuki nun wieder zu seinen Schülern zählen konnte. Kaname unterrichtete ebenfalls, was Yuki zuerst sehr überraschte, als sie davon erfuhr, doch er bemerkte darauf, daß es wesentlich besser sei, seine Kämpfe auf dem Papier als auf dem Schlachtfeld auszutragen. Yuki verstand zwar nicht ganz, was er damit gemeint hatte, jedoch vermutete sie, daß dies der Grund war, weswegen er die Zuflucht die meiste zeit nicht mehr verlassen hatte, im Gegensatz zu vielen der anderen Vampire. Yuki hatte im Laufe der Zeit herausgefunden, daß sich die Vampire neu strukturiert und organisiert hatten und es durchaus noch eine recht große Anzahl von ihnen gab, deren Kampfgeist keineswegs erloschen war.
Ein Nebeneffekt, wenn man unter Wesen lebte, die nach menschlichen Maßstäben einen gewissen Grad der Unsterblichkeit erreicht hatten, war, daß man selbst auch ein anderes Zeitgefühl entwickelte oder man sogar sein bisheriges Zeitgefühl völlig verlor. An manchen Tagen erschien es Yuki, als wäre sie erst gestern angekommen, dann wieder beschlich sie das Gefühl, als wären bereits etliche Monate oder gar Jahre vergangen, seit sie und Zei sich getrennt hatten. Durch ihre Träume wußte sie, daß es ihm etwas besser ging, aber noch immer wußte sie weder wo er war, noch wann sie sich wiedersehen würden und das war, was ihr am meisten zusetzte – auch wenn sich alle in ihrem Umfeld bemühten, sie abzulenken und ihr eine neue Heimat zu bieten, so fühlte sie sich dennoch nie vollständig, solange Zei nicht bei ihr war. Kaname war der einzige, der sie zum Lachen bringen und von ihren düsteren Gedanken abbringen konnte und durch die neuen Umstände entwickelte sich eine Freundschaft, die sich auf Grund der Gegebenheiten der CrossAcademy nicht hatte entwickeln können.
Yuki saß im Schatten einer Akazie und betrachtete das glitzernde Wasser, als auf einmal ein versiegelter Brief in ihren Schoß fiel. Überrascht blickte sie auf, Kaname stand neben ihr an den Baum gelehnt und hatte den Umschlag soeben fallen lassen. Auch sein Blick schien auf das in der Ferne glitzernde Wasser gerichtet zu sein.
Er vermied direkten Augenkontakt, als er meinte, „der kam heute mit einem Kundschafter von uns aus dem Westen an.“ Nach kurzem Zögern fügte er hinzu, „darauf hast du doch die ganze Zeit gewartet, oder?“ Er stieß sich vom Baum ab und ging davon, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Irritiert drehte Yuki den Briefumschlag um, als sie die sorgfältige Handschrift erblickte, in der ihr Name auf der Vorderseite stand, begann ihr Herz zu klopfen und für einige Momente zitterten ihre Hände so sehr, daß sie unfähig war, den Brief zu öffnen, aus Angst, ihn versehentlich zu zerreißen. Zei hatte geschrieben – endlich.
Gruß an meine Lieblingskritikerin;) ~ und ja, es geht noch weiter und nein ich weiß noch nicht wann, komm an der einen Stelle grad net weiter Xx.