passionflower: Boredom

Durch seine Fenster konnte er den Wind in den Baumwipfeln hören, die Blätter raschelten lautstark. Als er aufstand, um sich das ganze näher zu betrachten und ans Fenster trat, konnte er gut die starken Äste ausmachen. Bei leichtem Wind absolut starr, beugten sie sich unter der Gewalt des Windes.
Ferner bemerkte er nicht sonderlich interessiert, dass sich die Satellitenschüssel seines Hauses ständig gegen ihre Verankerung stemmte. Ob er wohl morgen noch Fernsehen gucken konnte, das fragte er sich nicht. Das Fernsehen hatte schon seit einiger Zeit seinen Reiz verloren.
Er öffnete das Fenster, denn er wollte sich hinauslehnen und den Wind auf seinem Gesicht spüren. Nichts gefiel ihm besser als ein leichter Windhauch, der kühlend und sanft in sein Gesicht blies.
Als er sein Gesicht hinausstreckte, wurde er der leichten Regentropfen gewahr, kaum spürbar. Und als er in den Himmel blickte offenbarte sich ihm ein fantastischer Anblick.
Direkt über dem genüberliegenden Haus - zum Greifen nah - wölbte sich ein Strang von leuchtenden Farben gen Himmel. Zart wie ein dünnes Band und doch flatterte der Farbenstrang nicht im mächtigen Wind, sondern formte eine perfekte Kreisform.
Direkt über jenen Regenbogen nahm er dessen Zwilling war, bloß hatten die Farben ihre Plätze getauscht und lagen nun in umgekehrter Reihenfolge vor.
Regenbögen hatten ihn von klein auf fasziniert und er hatte nicht oft das Glück gehabt, einen zu sehen. Sie waren etwas Seltenes, welches es wert war, gehütet zu werden.
Er erinnerte sich an Buch, in dem er vom Regenbogen gelesen hatte.
Regenbogen, Schneeflocken und Quarks, so hieß es und der Abschnitt über Regenbögen hatte ihn am meisten begeistert.
So wusste er, dass der Regenbogen dadurch enstand, dass Licht durch Regentropfen unterschiedlich gebrochen und zurückgeworfen wurde.
Der Zwilling des Regenbogens war das Resultat zweier Reflexionen innerhalb des Regentropfens. Dadurch erklärte sich auch dessen umgekehrte Reihenfolge der Farben.
Was er auch wusste, war die Tatsache, dass der Bereich zwischen den beiden Regenbögen dunkler war, als in anderen Bereichen des Himmels. Das führte darauf zurück, dass die Regentropfen kein Licht erzeugen konnten und das strahlende Licht des Regenbogens von irgendwo herkommen musste. Es kam vom Zwischenraum.
All das fiel ihm ein und er erinnerte sich wieder daran, warum er sich in erster Linie der Physik zugewandt hatte.

Das Wie und das Warum, das waren die Worte, mit denen er am liebsten eine Frage begann.

passionflower