Zum Inhalt der Seite

✩ Mondpalast ✩

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Star Moonlight

 

7. Star Moonlight

 

Natsu ging es wirklich zum Kotzen schlecht, aber Mitleid verspürte ich keines für meinen besten Freund. Nach dem Gray mir die ganze Geschichte erzählt hatte, die ich gestern zu meinem Bedauern verpasst hatte, war ich zunächst sprachlos gewesen. Zu gerne wäre ich dabei gewesen, doch war ich gerade viel mehr darüber enttäuscht, dass mich mein – wohl bemerkt – bester Freund nicht darüber in Kenntnis gesetzt hatte, dass er sich bereits seit sieben Monaten in einer festen Beziehung befand. Nach dem Unglauben folgte die riesengroße Enttäuschung und dann setzte der Zorn darüber ein, dass der Dragneel sich mir nicht anvertraut hatte. »Geschieht dir recht«, grummelte ich beleidigt und fixierte ihn mit einem bösen Blick. Schweißperlen standen auf seiner Stirn. Ab und zu gab er würgende Geräusche von sich und hing auf seinem Sitz wie ein nasser Sack Kartoffeln.

 

Der Arme könnte einem fast leidtun. Wäre da nicht die Geschichte, die ich von Gray erfahren habe, hätte ich wirklich Mitleid mit ihm gehabt. Aber so sah die Sache bereits wieder ganz anders aus und war beinahe etwas traurig darüber, dass wir bereits eine Stunde von der Zugfahrt hinter uns hatten. Nur die fünfstündige Schiffsfahrt die vom Hafen Haregon noch folgte, der Stadt, in der ich Natsu zum ersten Mal traf, stimmte mich milde. Allerdings wusste ich auch, dass, wenn wir im Hafen ankommen würden und ich in den ganzen alten Erinnerungen, besonders an unser erstes Treffen schwelgen würde, wäre mein Zorn verraucht und ich würde mich wieder um meinen besten Freund sorgen. Natürlich aber erst, wenn ich ihn gebührend für sein unmögliches Verhalten, was er in seiner Naivität mit Sicherheit noch nicht mal mit Absicht gemacht hatte, zurechtgestutzt hätte.

 

Zwischen unzähligen Würgegeräuschen hatten wir nach einer gefühlten Ewigkeit auch den Grund von Happys Abwesenheit aus ihm herausbekommen. Entgegen Grays Annahme, dass sich die beiden nach dem Vorfall von gestern zerstritten haben, hatte Happy einige Ausflüchte parat gehabt, um in Magnolia bleiben zu können. Erstens, ihm wäre der Norden zu kalt. Zweitens, ein vierter Magier sei überflüssig. Es wurden von dem Auftraggeber ja nur drei geordert. Drittens, der Auftrag wäre nichts für Katzen, da es dort nur tiefgefrorenen Fisch geben würde und man könne nicht von ihm erwarten, dass er sowas essen würde. Ich spitzte meine Ohren und meinte in diesem Zusammenhang was wie Fisch Vergewaltigung gehört zu haben. Des Weiteren murmelte der Reisekranke ständig was von Verräter und Happy will nur bei Yukino bleiben. Sein Schmollen, dass Happy bei seiner Freundin blieb und sich unerlaubte Knuddeleinheiten bei ihr abholen würde, hätte beinahe süß gewirkt, würde er nicht so aussehen, wie er gerade aussah und ständig diese Würgegeräusche von sich geben. Die verfolgen mich heute noch in den Schlaf.

 

Keine Stunde später verließen wir unseren Zielbahnhof und wechselten in der Hafenstadt auf das Schiff Abby, was uns mit einem magischen Antrieb hoch in den Norden bringen würde. Natsu war so grün im Gesicht, das er von dem Umstieg gar nichts mitbekam und Gray ihn direkt in ihre Kajüte verfrachtete, wo der Dragneel wie ein halbtoter Drache auf das Holz Bett plumpste und reglos liegen blieb.

 

Ich befand mich in meiner Kajüte, welche spärlich mit einem Holz Bett und einen Schreibtisch, der seine besten Zeiten bereits seit langem hinter sich hatte und nur aus einer breiten, massiven Mahagoni Holzplatte und einem klapprigen, altern Hocker bestand, bei welchem ich befürchtete, es könnte bei dem nächsten Wellengang und dem damit verbundenen Ruck, der durch Abby jagte, eines seiner vier Beine abbrechen und wollte gerade einen Eintrag in meinem Tagebuch schreiben, das mir gleichzeitig als Ideenquelle für meinem Roman diente, an welchem ich zurzeit zu Hause in Magnolia schrieb, auch, wenn das Schreiben und meine Kreativität durch meine innerliche Unruhe litt und ich keinen vernünftigen Satz in den letzten vier Wochen auf's Papier gebracht hatte, als es an meiner Tür klopfte, die ein dumpfes Hämmern von sich gab. »Ja bitte?«, gab ich meine Erlaubnis und schon steckte ein junger Mann mit schwarzen Strubbelhaaren seinen Kopf durch den Türspalt als er die Tür ein bisschen öffnete um letztendlich ganz hineinzutreten. »Der Backofen ist für die nächsten fünf Stunden gefechtsunfähig«, grinste er mich an und ich konnte mir ein belustigtes Schmunzeln nicht verkneifen. Ich wusste, dass er nicht hier war um mir zu sagen, dass unser grüner Freund nicht ansprechbar war. Sein Besuch hatte einen ganz anderen Grund und ich wurde nicht enttäuscht als er in der Tür stehend mit dem Auftrags-Zettel in der Hand wedelte. Ich winkte ihn zu mir heran und er lehnte sich lässig gegen meinen Schreibtisch, während ich weiterhin auf meinem klapprigen Hocker saß und den Zettel betrachtete, den er mir überreichte.

 

»Wir sollten uns einen Plan zurechtlegen«, fing er an und erhielt von mir ein bestätigendes Nicken. Ich las mir noch einmal in aller Ruhe den Auftrag durch. »Befreie das Licht des verschollenen Sterns«, las ich leise vor und legte meine Stirn in Falten. Was es damit wohl auf sich hat? »Ich habe keine Ahnung, was damit gemeint sein könnte. Allerdings konnte ich mich auch noch nicht schlau machen«, gab ich ehrlich zu und schämte mich. Es war noch nie vorgekommen, dass ich planlos und regelrecht unvorbereitet einen Auftrag angetreten bin. Gray musterte mich eingiebig und zog verwundert seine Braue in die Höhe. Einen Vorwurf von ihm blieb jedoch aus. »Verstehe. Ich habe bemerkt, dass du nicht ganz du selbst bist in letzter Zeit, deswegen habe ich mich gestern zu Hause ein bisschen schlau gemacht«, antwortete er mir und ich sah überrascht zu ihm hinauf. »Ich bin darin zwar nicht so gut wie du, aber...« Er wirkte etwas verlegen und kratzte sich an dem Hinterkopf als er meinem Blick auswich. »... in Sternlicht geht das Gerücht herum, dass der Ort verflucht ist«, führte er weiter aus und stieß sich vom Tisch ab. Er fischte mit seinen schlanken Fingern eine Karte des Ortes aus seiner Hostentasche heraus und bereite diese auf der dunklen Tischoberfläche aus. Der Eismagier kniete sich neben mich, so dass wir uns nun auf gleicher Augenhöhe befanden und deute auf einen bestimmten Punkt auf der Karte. Nur kurz erhaschten meine rehkitzbraunen Augen den Ort Sternlicht ehe ich meine Aufmerksamkeit verträumt auf diese langen, schlanken Finger warf. Hatte ich schon mal erwähnt, dass ich seine Hände sehr anziehend fand? Sie waren sehr gepflegt, kein Stückchen Hornhaut konnte ich erkennen, obwohl er ein Magier war, der mit seinen Händen bereits viele Kämpfe ausgefochten hatte. Allein die ständigen Prügeleien mit Natsu … Aber nichts davon war zu sehen. Er schien sehr viel Wert auf sein Äußeres zu legen und ich verspürte den Drang in mir, diese Hand berühren zu wollen, die sich direkt vor meine Nase befand. Ob sie so weich ist wie sie ausschaut? Einen Augenblick schweifte ich ab und fragte mich, wie sich diese Finger wohl auf meine Haut anfühlen würden, wenn sie tänzerisch meinen Körper erkundeten und ohne es zu bemerkten fuhr ich mit meinen Fingerkuppen über seinen Handrücken. So zart, schoss es mir durch den Kopf als ich eine verdutzte Stimme hörte, die meinen Namen sagte. »Lucy?« Eilig zog ich meine Hand zurück und schaute ihn aus großen Augen ertappt an. »Ähm, wo waren wir?«, fragte ich um vom Geschehen abzulenken und mein schwarzhaariger Teamkamerad spielte mit einem undeutbaren Funkeln in seinen onyxfarbenen Augen zu meinem Glück mit. »Sternlicht soll verflucht und angeblich von einem Dämon heimgesucht worden sein, der das Licht des verschollenen Sterns gestohlen hat«, erklärte er weiter und zog aus seiner anderen Hosentasche ein kleines Buch, eingewinkelt in einem schwarzen Ledereinband, heraus. Neugierig betrachte ich das Buch und als ich die erste Seite aufschlug verschlug es mir regelrecht die Sprache. »Woher hast du dieses Buch«, fragte ich ihn in voller Ehrfurcht als ich mit meinen Fingern sachte über den Titel fuhr. »Ein Vermächtnis meiner verstorbenen Eltern«, kam es von ihm und sofort bereute ich meine Frage, doch Gray winkte nur lächelnd ab. »Ich wusste, dass es dich interessieren würde und wie du dir sicherlich denken kannst, habe auch ich ein gewisses, persönliches Interesse an diesem Auftrag. Ich komme zwar ursprünglich aus dem Norden, aber Sternlicht ist weit von meinem zerstörten Heimatdorf entfernt. Soweit ich weiß haben wir auch keine Beziehung zu diesem Ort gehabt und ich frage mich, wie meine Eltern an dieses Tagebuch von dieser Frau, uhm«, er beugte sich zu mir herüber um den Namen lesen zu können und legte mir dabei seine Hand auf den Oberschenkel. »Claire Heartfilia gekommen sind, die allem Anschein nach in dem Mondpalast gelebt hat«. Fragend schaute er mich an. »Eine Verwandte von dir?« »Was? Hm, ich weiß es nicht«, antwortete ich ehrlich, aber die Tatsache, dass ich vielleicht eine Verwandte im hohen Norden gehabt haben könnte, interessierte mich im Augenblick auch nicht im Geringsten. Ich war so von diesem Titel eingenommen, dass ich nur halb realisierte, dass der attraktive Eismagier neben mir seine Hand immer noch auf meinem Oberschenkel liegen ließ und die er sicherlich nicht brauchte um sich abzustützen. Euphorisch drehte ich mich zu ihm herum. Meine Stimme war ein paar Oktaven zu hoch als ich ihm den Titel des Buches förmlich ins Gesicht kreischte und mich ihm entgegen beugte. Ich war ja so aufgeregt. »Der 14. Stellarschlüssel. Star Moonlight. Gray, es gibt einen 14. Schlüssel wovon niemand weiß, außer dieser Claire!«. Meine rehkitzbraunen leuchteten vor Aufregung und mein Herz raste wie wild. Ich war ja so aufgeregt und vor allen Dingen neugierig. »Ich muss diesen Schlüssel finden«, haspelte ich weiter und bemerkte gar nicht, wie nah wir uns in diesem Moment eigentlich waren. »Ja«, hauchte er mir entgegen und seine Stimme klang ungewöhnlich belegt. Mir blieb jedoch keine Gelegenheit um zum gefühlten hundertsten Mal an diesem Tag peinlich berührt in seiner Gegenwart zu erröten, denn es ging ein gewaltiger Ruck durch Abby, der so stark war, dass er mich glatt von meinem Hocker fegte und ich erschrocken Aufschrie.

 

Gray reagierte blitzschnell und fing mich schützend auf. Gemeinsam fielen wir zu Boden, wobei ich in voller Länge auf ihn landete und er schützend seine Arme um mich schlang. »Was war das?«, fragte ich mit gedämpfter Stimme, als ich mich von meinem ersten Schreck erholte. »Eine Fügung«, murmelte er benommen und ich spürte, wie sich der Druck seiner Arme um meinen zierlichen Körper verfestigte. Mein Herz begann schneller gegen meine Brust zu schlagen als mir sein Duft in die Nasenlöcher stieg. Er roch nach einer angenehmen Winterbrise, die den Duft von weichem Pulverschnee mit sich trug und mich irrwitziger Weise daran denken ließ, wie ich mit sechs Jahren zum allerersten Mal den Schnee gesehen habe. Damals war ich mit meinen Eltern auf einen Ausflug zu einem Adeligen. Auf den Weg dorthin saßen wir in einer Kutsche und ich habe damals tief und fest auf den Schoss meiner Mutter geschlafen bis diese mich liebevoll wachgerüttelt hatte und lächelnd nach draußen zeigte. »Schau Lucy. Schnee«, hatte sie mir zugeflüstert und neugierig hatte ich mit großen braunen Kulleraugen mit meinen beiden Zöpfchen aus dem Kutschen Fenster geschaut, bevor ich, schneller als meine Mutter und mein Vater gucken konnten, kreischend die Tür der Kutsche aufgerissen hatte und fröhlich jauchzend in den Schnee sprang. Ich lachte und versuchte die weißen runden Kugeln, die sich als Schneeflocken entpuppten, wie meine Mutter mir erklärt hatte, zu fangen, aber sobald die weißen Flocken meine kindliche Handfläche berührt hatten, schmolzen sie und wurden zu Wasser. Ich weiß noch wie fasziniert ich damals gewesen war und gebannt auf meine Handfläche geschaut hatte. »Mama. Mama, die Flocke löst sich auf und der Schnee ist ganz kalt«, kreischte ich fröhlich als ich auf sie zu rannte. »Die Flocke schmilzt, Lucy. Schnee besteht aus feinen Eiskristallen und ist gefrorenes Wasser«, erklärte sie mir, während ich sie aus großen Augen fragend anblickte. »Eiskristallen?«, fragte ich nach und lies mich in den Schnee plumpsten, wo ich eine Menge Schnee mit meinen Händen zu einem Ball formte und dabei lachte. »Wasser mag ich zwar nicht, aber Schnee ist toll«, johlte ich ihr fröhlich entgegen, als auch schon mein Vater nach uns rief.

 

»Gray?« Ich hob leicht meinen Kopf an um sogleich in zwei funkelnde schwarze Seen zu blicken, die mich gefangen nahmen. »Hm?«, gab er abwesend einen fragenden Ton von sich. Zärtlich strich er mir eine blonde Strähne hinter das Ohr, die sich aus meinem Zopf gelöst hatte. Ein angenehmer Schauer durchfuhr meinen Körper als ich seine zarten Finger an meinem Gesicht entlang streifen fühlte. Ich hatte die Antwort auf meine Frage schneller erhalten als gedacht. Er ist so zärtlich und warm. Von dieser ungeahnten Erkenntnis ließ ich mich allerdings nicht ablenkten. Seine Fingerspitzen spielten an meinem Haaransatz im Nacken herum. »Gray«, flüsterte ich hauchzart seinen Namen und schaute ihn verträumt an. Diese wildtosende schwärze in seinen Seelenspiegel hielt mich völlig gefangen. Er hob seinen Kopf an und beugte sich mir etwas entgegen, während er einen sanften Druck in meinem Nacken ausübte, dem ich nur allzu gerne nachgab. Unsere Lippen kamen sich immer näher und ich hatte das Gefühl innerlich vor Anspannung zu platzen. Ich fühlte die angenehme Wärme auf meiner Haut in meinem Nacken, die von seiner Hand ausging; das vorfreudige Prickeln auf meinen Lippen.

Es hämmerte laut gegen meine Tür und wir fuhren erschrocken auseinander. »Fräulein ist alles in Ordnung bei ihnen? Wir sind leider mit einem kleinen Eisberg kollidiert«, rief der Käpt’n außerhalb zu mir.

»J-Ja! Alles okay«, antwortete ich hektisch und schaute Gray atemlos an. »Sorry Luce«, entschuldigte er sich mit einem zarten rosé Ton auf den Wangen, öffnete die Tür zu meiner Kajüte und lief schnellen Schrittes an einem verdutzten Schiffskapitän vorbei, während bei mir einfach nur die Beine nachgaben, die sich wie Gummi anfühlten, und ich erneut auf den Holzboden plumpste. Das kleine Buch mit dem schwarzen Einband drückte ich fest gegen mein wild schlagendes Herz und lächelte smart.

»Fräulein?«, holte mich der Käpt’n zurück. »Bei mir ist wirklich alles in bester Ordnung«, versicherte ich ihm aber der alte, bärtige Mann schüttelte mit seinem Kopf als Zeichen, dass er das nicht meinte. »In einer guten halben Stunde erreichen wir den Hafen von Sternlicht. Ich werde sie und ihre Freunde wie vereinbart dort absetzen«, erklärte er mir. Meine Lippen verformten sich zu einem lautlosen ‘O’. Ich nickte ihm dankend zu und fragte mich, wo nur die vier Stunden hin waren.

Dennoch kam ich nicht drum herum wie ein Honigkuchenpferd zu grinsen. Er hat mich zum ersten Mal Luce genannt!



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück