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The Tiger and the Wolf

von

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Neue und altbekannte Gesichter

Die Sommerferien waren zu Ende und damit begann der alltägliche Wahnsinn an der Beacon Hills High. Das bedeutete auch wieder täglich den Pärchen ausgesetzt zu sein, die Händchenhaltend durch die Korridore schlenderten, Zärtlichkeiten austauschten, und ihre Liebe gar nicht zu verbergen versuchten. Wer konnte es ihnen auch verdenken? Seinen Seelengefährten zu finden, das musste ein himmlisches Gefühl sein. Stiles und Derek konnten gar nicht mehr die Finger voneinander lassen und das, obwohl sie sich öfter stritten als Scott lieb war. Ihm waren diese Momente immer peinlich, zumal Stiles meist die Oberhand behielt und Derek dann ungenießbar war. So auch heute, als er gemeinsam mit den beiden im schwarzen Camaro zur Schule fuhr.
 

„Ich habe dir schon tausend Mal gesagt, dass du gefälligst Ordnung halten sollst, Stiles. Du bist kein Kleinkind mehr“, schnaubte Derek genervt, die Finger der rechten Hand um das Lenkrad gekrallt.
 

„Ich halte Ordnung. Es ist ein geordnetes Chaos“, entgegnete Stiles und kramte in seinem Rucksack herum. „Nur weil du es nicht geistig erfassen kannst, Derek, ist es noch lange nicht mit Unordnung gleichzusetzen.“
 

„Denkst du, ich habe nichts anders zu tun als dir dauernd hinterher zu räumen? Dein Kleiderschrank gleicht einem einzigen Schlachtfeld und ich habe manchmal die Vermutung, die Pizzarkartons erwachen zum Leben.“
 

Scott seufzte innerlich und starrte gedankenverloren auf seinen Oberarm, dort wo zwei Buchstaben ihren Platz gefunden hatten: Ein L und ein A. Das waren die Initialen seines Seelengefährten. Stiles trug Dereks Initialen auf der linken Brust, Allison die von Isaac auf ihrem Handgelenk und Lydia jene von Aiden an der Hüfte. Jeder von ihnen war bereits mit seinem Seelengefährten verbunden, glücklich, sogar die zwei zeternden Kerle vor ihm. Obwohl es zwischen ihnen regelmäßig krachte, was vor allem an Stiles´ provozierendem Sarkasmus lag, liebten sie sich doch innig und auch, wenn Stiles sich die größte Mühe gab, seinen besten Freund nicht im Stich zu lassen, so wollte Scott nicht zwischen ihm und Derek stehen.
 

„Erde an Scott?“, riss ihn Stiles´ Stimme aus seinen Gedanken.
 

„Hm? Was?“, fragte Scott perplex und schüttelte den Kopf.
 

„Du starrst schon wieder auf deinen Oberarm, als wäre der Sinn des Lebens dort zu finden“, gluckste sein bester Freund. „Mach dir keinen Kopf, du findest deinen Seelengefährten bestimmt bald.“
 

„Mh, wie auch die letzten beiden Jahre zuvor, hm?“, murmelte Scott und war ehrlich gesagt froh, als sie vor der High School anhielten.
 

„Klar, du bist schließlich ein Alpha, Scott. Der Alpha der Alphas, der Spitzenpredator, erinnerst du dich noch an unser Gespräch?“
 

„Jenes Gespräch, in dem du ihn als das heiße Girl betitelt hast?“ Dereks Stimme triefte nur so vor beißendem Spott.
 

„Weißt du eigentlich, dass du ein riesiger Arsch bist?“, fuhr Stiles ihn an.
 

„Ich bin ein Realist, das ist alles.“
 

Scott schob den Ärmel seines Shirts nach unten und wartete geduldig darauf, dass Stiles und Derek ihre Diskussion beendeten, wobei er sich bemühte, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr in dieses Gespräch nervte, verabschiedete sich und schulterte seinen Rucksack. Kaum zehn Sekunden später war sein bester Freund bereits neben ihm und klopfte ihm entschuldigend auf die Schulter.
 

„Tut mir leid, Bro, aber du weißt wie Derek es meint, oder? Er mag dich und will nur das Beste für dich.“
 

„Schon okay, wirklich“, log Scott. „Derek ist eben Derek.“
 

Die beiden Freunde unterhielten sich noch eine ganze Weile, auf Allison und Isaac wartend, als ihnen ein schwarzer Sportwagen ins Auge stach. Der feuchte Traum eines jeden Jugendlichen ihrem Alter: Heckspoiler, breite Reifen, Heckdiffusor, Carbon-Motorhaube, zusätzliche Luftschlitze zur Kühlung und ein bestechender Sound.
 

„Ist das Jacksons Neuer? Wenn ja, dann hat er ein Problem, denn dieser Wagen kann unmöglich eine Straßenzulassung besitzen. Alleine schon dieses Auspuffsystem…“ Stiles nickte in Richtung der zur Seite abstehenden Rohre, welche knapp hinter den Türschlitzen verbaut worden waren.
 

Scott bemühte sich durch die schwarz getönten Scheiben etwas erkennen zu können, doch selbst unter Zuhilfenahme seiner Werwolfkräfte war das nicht möglich.
 

„Und? Ist er es?“
 

„Keine Ahnung, ich kann es nicht erkennen“, gestand Scott und versuchte erneut erfolglos den Fahrer des Wagens zu identifizieren.
 

„Wie, du kannst es nicht erkennen? Nicht einmal mit deinem Super-Alpha-Blick?“
 

„Nein.“
 

Der Sportwagen, Marke Mercedes, bog tatsächlich genau auf den Parkplatz ein, der normalerweise für Jacksons Porsche reserviert war. Damit schien das Rätsel bereits gelöst, wäre nicht just in diesem Moment auch dessen silberfarbener Flitzer aufgetaucht.
 

„Wer zum Teufel ist das? Der Wagen ist nicht einmal auf einen Wohnsitz hier zugelassen, sieh nur, das ist ein britisches Kennzeichen“, fragte Stiles seinen besten Freund.
 

„Ich habe keine Ahnung, aber er spielt mit dem Feuer, wenn er sich mit Jackson anlegt“, entgegnete Scott und beobachtete, wie Jackson neben dem Unbekannten parkte und äußerst angefressen wirkend ausstieg. Mittlerweile waren sie nicht mehr alleine, denn gefühlt die halbe Schule hatte sich zu ihnen gesellt, alle das Spektakel begaffend.
 

Die Fahrertür des Mercedes schwang nach oben und ein Junge in ihrem Alter stieg aus: Dunkelblonde, fast schon braune Haare, grau-grüne Augen, die in jenem Moment zum Vorschein kamen, als er die Sonnenbrille abnahm und sie an den Kragen seiner schwarzen-gelben College-Jacke steckte, einen desinteressierten Gesichtsausdruck aufgesetzt, während Jackson ihn nach allen Regeln der Kunst anfuhr.
 

„Das ist mein Parkplatz. Verpiss dich!“, hallte es quer über den Schulhof.
 

Der Fremde ignorierte Jackson gekonnt, umrundete den Wagen und öffnete den Kofferraum, um einen zusammengeklappten Rollstuhl hervorzuziehen und damit auf die Beifahrerseite zusteuerte. Jackson indes ging zu einigen wüsten Beschimpfungen über.
 

„Hey, Arschgeige, ich rede mit dir. Nochmal, ganz langsam, damit auch du es begreifst: Das da ist mein Parkplatz.“
 

Unbeirrt begann der Neue damit, den Rollstuhl auseinanderzuklappen, die Beifahrertür zu öffnen und jemandem in den Rollstuhl zu helfen. Scott brauchte einen Moment, um zu begreifen, wer sich da gerade helfen ließ.
 

„Ist das wirklich der, von dem ich denke, dass er es ist?“, fragte Stiles ungläubig.
 

„Ja“, bestätigte Scott, wobei ihm bei diesem Anblick das Blut in den Adern gefror.
 

Auch Jackson war verstummt, sobald er erkannte, wer da im Rollstuhl saß. Seine Gesichtsfarbe wechselte von einem zornigen hellrot zu aschfahl. Zitternd machte er zwei, drei Schritte nach hinten, während der fremde Junge die Autotüren zumachte und sich dann die Griffe des Rollstuhls schnappte.
 

„Sitzt du bequem?“, wollte er wissen.
 

„Ja.“ Der alte Mann rutschte noch ein wenig im Sitz hin und her, bevor er herumgedreht wurde und sein Blick auf Jackson fiel. „Hast du etwas, mein Junge?“, fragte er mit unschuldiger Stimme. „Ich denke, du wirst einem alten Mann, der obendrein nach wie vor dein Direktor ist, verzeihen, dass er seinem Enkel nicht noch mehr Mühen bereiten möchte, als ohnehin schon. Meine Wenigkeit wird darauf verzichten, dich gleich für das restliche Jahr zum Nachsitzen zu verdonnern. Oder was meinst du, Luke?“ Gerard legte den Kopf in den Nacken und starrte zu dem Jungen nach oben.
 

„Er war ausfällig, Grandpa. Mach, was du für richtig hältst.“
 

Scott traute seinen Ohren nicht, genauso wie Stiles. Grandpa? Enkel? Das hieß, dass es sich da vorne um einen Argent handeln musste. Mehr noch: Er musste Allisons Bruder sein. Das konnte Scott kaum glauben, davon hätte sie sicherlich einmal erzählt.
 

„Belassen wir es dabei. Ich möchte in mein Büro“, wies Gerard den Jungen an, der sich sogleich mit ihm in Bewegung setzte. Als das Duo Scott und Stiles passierte, hob der alte Mann die Hand, wobei ihm die Bosheit aus den Augen blitzte.
 

„Scott, Stiles, wie schön euch zu sehen“, meinte er fröhlich und bedeutete seinem Enkel mit einer Handbewegung stehen zu bleiben. „Ihr kennt meinen Enkel noch nicht, oder?“
 

In Scott regte sich etwas. Wütend fixierte er Gerard und seine Augenbrauen wanderten dabei nach unten. Das war unmöglich. Sie hatten ihn mit Eberesche vergiftet, und die Verwandlung damit verhindert. Das letzte Mal, als er den Patriarch der Familie Argent gesehen hatte, hatte dieser schwarzes Blut gespuckt und sich kaum aufrecht halten können.
 

„Tun wir nicht, wie denn auch? Unsere bisherigen Aufeinandertreffen haben sich bisher kaum mit solchen Dingen befasst, oder? Ich meine, letztes Mal etwa, da…“ Scott rammte Stiles den Ellenbogen gegen die Brust, was diesen zu einem aufgebrachten „Au“, verleitete, aber verstummen ließ.
 

„Dann wird es aber Zeit“, meinte Gerard. „Das ist mein Enkel Luke. Luke, das sind Scott und Stiles, so etwas wie Freunde des Hauses, vor allem Scott.“ Die Betonung seines Namens gefiel dem Werwolf gar nicht.
 

„Freut mich“, war Lukes kurz angebundene Antwort. „Grandpa, ist dir auch nicht zu kalt? Soll ich dir eine Decke holen?“
 

„Mein lieber Junge, es sind fast zwanzig Grad. Ich bin vielleicht ein Krüppel, aber keinesfalls schon dem Grab so nahe, dass ich bei diesen Temperaturen frieren würde“, lachte Gerard. „Wir müssen nun aber wirklich. Man sieht sich.“
 

Scott und Stiles starrten den beiden nach.
 

„Hast du gerade gesehen, was ich gesehen habe?“
 

„Habe ich, Stiles“, bestätigte Scott ihm.
 

„Und hast du auch gesehen, wie er ihn behandelt hat?“
 

„Habe ich, Stiles.“
 

„Und was unternehmen wir dagegen?“, wollte sein bester Freund wissen. „Ich meine, das bedeutet Ärger und zwar in riesigem, gigantischem, wenn nicht sogar phänomenalem Ausmaß.“
 

„Das wissen wir doch noch gar nicht, Stiles“, entgegnete Scott, wobei die Zweifel in seiner Stimme kaum zu überhören waren.
 

„Einmal nur deine Ruhe und dein Vertrauen, Scott..."
 

„Allison hätte uns sicher vorgewarnt, wenn er Ärger bedeuten würde, oder?“
 

„Alleine schon die Tatsache, dass du deine Frage mit einem Oder beendest, zeugt davon, dass du meiner Meinung bist, Scott, aber von mir aus“, Stiles warf die Hände theatralisch in die Luft, „frag doch vorher noch Allison. Ich habe sowieso Recht, und das weißt du.“
 

„Ich hoffe nicht“, murmelte Scott und steuerte damit den Eingang der High School an. Das konnte ja heiter werden.



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