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The Boyfriend Experience

von

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Was bleibt ist die Sehnsucht

Gleich beim Eintreten bemerkte Derek dass Stiles Schlafzimmer ebenso gemütlich und einladend war, wie der Rest des Hauses. Eine altmodische, hübsche, kleine Tiffany-Lampe tauchte den Raum in goldenes Licht. An den Fenstern hingen schwere, weinrot und beige gestreifte, bodenlange Vorhänge. Auf dem breiten kupferfarbenen Metallbettgestell lag eine hohe, bequem aussehende Matratze und unter der zurückgeschlagenen Tagesdecke aus dunkelrotem Leinen kamen zwei Bettdecken und zwei Federkissen zum Vorschein, so als sei dies hier überhaupt nicht die Schlafstätte eines jahrelangen Singles, sondern das gemachte Nest für zwei Menschen, die sich liebten.

Schmerzhaft traf Derek die Trauer darüber, dass er leider nicht einer von beiden sein konnte. Alles was sie hatten, war diese eine Nacht.
 

Ein Blick auf Stiles zeigte, dass dieser nun wieder deutlich nervöser war und Derek konnte es ihm auch nicht verdenken, angesichts der Ewigkeit, in welcher der Agent mit niemandem mehr intim gewesen war:

„Du musst keine Angst haben, Stiles.“ versprach er sanft: „Du bist sicher bei mir und kannst dich mir ganz einfach anvertrauen.“
 

„Ich weiß.“ erwiderte Stiles mit einem kleinen Lächeln, doch es sollte sich alsbald zeigen, dass Derek hier und heute nicht der Lehrmeister sein würde. Stiles schien trotz seiner Unsicherheit sehr genau zu wissen, was er wollte.

Bei den vielen sexuellen Kontakten, welche Derek in der Vergangenheit mit Freiern gehabt hatte, war es dabei stets um zwei Dinge gegangen: Erstens hatte er sich hierbei um die Bedürfnisse seines Bettgefährten gekümmert. Um seine eigenen Wünsche war es dabei nicht gegangen. Und zweitens war das Ziel hierbei stets die schnelle Triebbefriedigung gewesen. Es zeigte sich rasch, dass Stiles etwas vollkommen anderes mit ihm im Sinn hatte.

Er begann sich selbst zu entkleiden, lächelte schüchtern zu Derek hinauf, half diesem dann ebenfalls dabei, sich seiner Kleider zu entledigen und zog ihn hinter sich her ins Bett.

Derek, normalerweise gewohnt die Initiative zu ergreifen, ließ es überrumpelt einfach geschehen.
 

Stiles brachte sich über ihn, ließ mit unendlicher Hingabe die Fingerspitzen auf seiner Haut auf Wanderschaft gehen, platzierte zarte Küsse überall auf ihm, doch das wirklich Aufregende war der Blick, mit welchem er ihn bedachte. Derek wusste dass er attraktiv war; es hatte schließlich genug Menschen in seinem Leben gegeben, die ihm dies bestätigt hatten, privat, während seiner Zeit als Fotomodell und natürlich heutzutage als Eskort. Doch das, was er in Stiles Blick sah, war mehr als bloß die Gier auf sein schönes Fleisch. Stiles meinte wirklich Derek, mit allem was er war, Körper, Geist, Seele, mit seinen Tugenden und seinen Unarten, einfach den gesamten Menschen.
 

Und es war ein wundervolles, unerwartetes Geschenk, einmal wahrhaftig gesehen zu werden.
 

Stiles ließ keinen Zweifel daran, wer in diesem Augenblick die Zügel in der Hand hatte. Wann immer Derek versuchte, in irgendeiner Weise aktiv zu werden, griff sich der Agent seine Handgelenke und drückte sie mit sanfter Gewalt zurück in die Matratze. Die Botschaft war eindeutig; Derek befand sich auf der Empfängerseite der Liebkosungen, so und nicht anders wollte es Stiles. Und so sehr Derek es auch genoss, sich einmal derart im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu befinden, so spürte er doch, dass er begann ein wenig nervös zu werden. Sie beide hatten niemals über sexuelle Vorlieben gesprochen und obwohl Derek grundsätzlich zu allem bereit war, hatte er dennoch gewisse Präferenzen.

Und nun öffnete Stiles die Schublade seines Nachttisches und zog Kondome und eine Tube Gleitgel hervor.
 

Dereks fragenden Blick beantwortete der Agent mit einem Zwinkern und einem schiefen Grinsen, ehe er ihm beides in die Hand drückte und bestimmte:

„Du bist am Zug!“
 

Beim ersten Mal, da sie sich in dieser Nacht liebten, geschah dies sehr sanft und zärtlich; ein vorsichtiges Erkunden der Wünsche, Bedürfnisse und Grenzen; achtsam, bedächtig, rücksichtsvoll, neugierig, voller Überraschungen und mit sehr viel Zeit. Sie kamen gemeinsam und lagen anschließend überwältigt und selig Stirn an Stirn beieinander.
 

Derek dachte nach einer Weile bereits, dass Stiles eingeschlafen sei, als plötzlich wieder das Leben in seinen Bettnachbarn zurückkehrte. Stiles kletterte auf ihn und raunte mit einem ungezogenen Blick:

„Ich will mehr davon! Viel mehr!“

Derek mochte den gewaltigen Hunger, den er in seinem Gegenüber spürte und kurz musste er an Peters Bemerkung über das Raubkätzchen denken. Seine Antwort war lediglich ein kleines Nicken.

Dieses zweite Mal war wild, ungezügelt, aber auch vertrauensvoll und tief, denn nun kannten sie sich bereits und was sie wollten war nicht weniger, als vollkommene Einswerdung, soweit dies Zwei Menschen auf der irdischen Ebene überhaupt möglich war. Stiles welcher sich auf Derek bewegte, kam lange vor diesem, hielt daraufhin einen Moment inne, doch machte dann einfach weiter, bis auch Derek soweit war und sie den Höhepunkt noch einmal gemeinsam erleben konnten.
 

Als sie es zum dritten Mal taten, war dies wie ein Abschiednehmen; melancholisch, schmerzhaft, tragisch, intensiv und bestürzend. Aus Eins wurde wieder Zwei und beide spürten deutlich den Verlust, sogar noch, als sie anschließend Seite an Seite mit ineinander verflochtenen Fingern einschliefen.
 

Stiles musste beim Erwachen am kommenden Morgen nicht einmal die Augen öffnen. Er spürte auch so, dass Derek bereits gegangen war.
 

Derek war dankbar, dass Peter nicht zuhause war, als er die Tür zu seinem Apartment aufschloss. Er zog sich aus, warf die Kleider vom Vortag in den Wäschekorb, stieg unter die Dusche und ging von da aus direkt ins Bett. Er wusste nicht, wie lange er geschlafen hatte, doch es kam ihm nicht besonders lang vor, da wurde er wieder davon geweckt, dass seine Tür zugeschlagen wurde, sein Onkel pfeifend und putzmunter hereingetrabt kam und feststellte:

„Wow, du siehst echt scheiße aus, Junge!“
 

„Ja, du mich auch! Was machst du überhaupt hier? Ich dachte du seist ausgezogen?“ brummte Derek unzufrieden:
 

„Noch nicht so ganz, Sonnenscheinchen. Ich wollte erst einmal nur meine Tasche mit dem notwendigsten Sachen holen. Den Rest hole ich in ein paar Tagen. Schlaf weiter! Sieht aus, als hättest du es nötig. Hast dich heute Nacht ganz schön verausgabt, was?“ stellte Peter mit süffisantem Grinsen fest: „Aber eines musst du mir noch verraten: War es dieser süße Junge von neulich? Wie war er denn so? Er war ungezogen, habe ich Recht? So etwas sehe ich gleich.“
 

„Darauf erwartest du doch wohl hoffentlich keine Antwort, oder?“ knurrte Derek: „Verschwinde einfach! Ich brauche meinen Schlaf.“
 

„Himmel, bist du ein Spielverderber.“ behauptete Peter und schnappte sich seine Tasche: „Man sieht sich. Bis die Tage!“

Damit war er verschwunden und Derek war wieder allein.
 

Er kuschelte sich erneut in die Kissen, nur leider war an Schlaf aus irgendeinem Grund jetzt nicht mehr zu denken. Er fühlte sich matt, unzufrieden, selbstmitleidig und das einzige woran er denken konnte waren Stiles und das was sie letzte Nacht miteinander erlebt hatten. Widerwillig erhob er sich aus dem Bett, bereitete sich einen Kaffee zu und setzte sich ans Fenster, wo er der ölig-schwarzen Flüssigkeit dabei zuschaute wie sie kalt wurde, ohne einen Schluck davon zu nehmen.

Draußen hatte ein leichter Nieselregen eingesetzt und die dunkeln Wolkenberge, auf welche Derek von hier oben im dreizehnten Stock wo sein Apartment lag, einen ausgezeichneten Blick hatte, passten perfekt zu seiner düsteren Stimmung.
 

Nachdem er eine Weile einfach bloß dagesessen hatte, traf er eine Entscheidung. Er griff nach seinem Handy und rief in der Agentur an um mitzuteilen, dass er krank sei und man ihm vorerst keine Kunden vermitteln möge.

Allein bei dem Gedanken an seine Arbeit schüttelte es ihn momentan.
 

Stiles hielt nichts im Bett. Es war leer und kalt, nun da Derek nicht mehr darin lag, also stand der Agent auf und frühstückte eine Kleinigkeit, auch wenn er keinen rechten Appetit hatte. Er fühlte sich kribbelig und unstet und auch die Mahlzeit hatte ihn nicht wie erhofft erden können, also versuchte er es mit ein wenig Hausarbeit, um überschüssige Energie loszuwerden. Schnell erkannte er, dass dies nicht ausreichte, also zog er sich Sweatshirt, Trainingshose und Laufschuhe an und verließ das Haus. Es hatte ein wenig zu regnen begonnen, doch das störte Stiles nicht. Im Gegenteil, es kam ihm gerade recht. Die kühlen Tropfen benetzten sein erhitztes Gesicht und betäubten ein wenig den Schmerz in seinem Inneren.
 

Stiles lief bereits eine Ewigkeit scheinbar ziellos quer durch die Stadt, ehe ihm klar wurde, dass er sich beinahe schon vor Dereks Haustür befand. Die Versuchung war groß, doch dann schüttelte er heftig den Kopf. Nein, sie hatten letzte Nacht von einander Abschied genommen und das war das richtige, das vernünftigste und beste für sie beide gewesen!

Wenn alles jetzt bereits derart wehtat, nachdem sie sich erst so kurze Zeit kannten, wie würde es dann erst nach ein paar Monaten Beziehung werden, wenn sie zu spüren begannen, dass ihre Wege nun einmal in unterschiedliche Richtungen führten, ganz gleich wie sehr sie sich wünschten, dass es anders wäre?
 

Stiles kehrte auf dem Absatz um und rannte zurück, als sei der Teufel hinter ihm her.
 

Nachdem er wieder daheim war, nahm er sein Telefon zur Hand und rief im Büro an um mitzuteilen, dass er seinen Urlaub frühzeitig abbrechen und morgen wieder da sein würde. Was Stiles jetzt am nötigsten brauchte war Ablenkung, um diese Sache zu überwinden. Und nichts lenkte ihn so wirksam ab, wie sich in seine Arbeit zu vergraben.



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