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Orangentarte

von

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Das Café an der Ecke

Ich saß gern hier am Fenster, ganz hinten in dem kleinen, netten Café an der Ecke und beobachtete die geschäftigen Leute, wie sie draußen vorbei schnellten, mir und einander keines Blickes würdigten. Ständig fielen mir bei den bunten Bildern diese gewöhnlichen Metaphern von geschäftigen Ameisen ein und auch ich kann es nicht anders beschreiben. Und gerade jetzt, zur Rushhour, ähneln sie dieser Beschreibung nur noch mehr, während ich lächle, als ich merke, wie viele hunderte Autoren wohl damit Recht haben mussten. Faszinierender noch - die Geschäftsmänner und -frauen wissen dort draußen doch gar nicht, wie sehr ich mich manchmal über sie amüsiere, während sie ihrem inne liegendem Ruf nach gehen, immer in Bewegung und immer arbeitend zu bleiben.

 

Eben genau wie Ameisen.

 

Nun, das bunte Treiben auf der Straße, von mir nur getrennt durch eine Glasscheibe, war nicht das Einzige, was mich stätig in dieses Café zieht. Zwei Gründe gab es, die mich immer wieder daran erinnern, dass ich wohl bereits ein Stammkunde sein musste.

 

Der erste und sehr wichtige Grund war diese fabelhafte Orangentarte, welche stets frisch und mit viel Liebe zubereitet wurde. Leider steht sie nicht an jedem Tag auf der Karte, aber wenn ich sie bekommen kann, so esse ich mein Stück gern mit einem Klecks Schlagsahne und hebe mir die zur Dekoration gedachten Orangenscheiben bis zum Schluss auf. Kein anderes Gebäck hat je mehr meine Aufmerksamkeit erregt und ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, dass ich nicht hinter dem wohlgehüteten Rezept her war. Aber diese Tarte mit ihrem knusprigen Boden und der luftigen Füllung schmeckt einfach…ja, wie soll ich es nur beschreiben? Man schmeckt einfach die Frische der sonnengereiften Orangen und die sanfte Art, mit welcher diese Früchte geschält wurden. Es gab kein Fruchtfleisch, nichts, was einen an dem Genuss dieser Tarte stören könnte. Und dazu eine ganz sanfte Note von Ingwer – so sanft, dass ich sie erst nach dem fünften Mal geschmeckt hatte. Und ich schwöre – irgendwann entlocke ich diesem kleinen Meisterwerk all seine kleinen Geheimnisse.

 

Der zweite – aber wesentlich wichtigere - Grund für mein stätiges Erscheinen in dem Café war nichtsdestotrotz viel schöner. Weiblicher. Manchmal ein wenig zickiger. Aber – was soll ich sagen – mit ihren Haaren, die ebenso orange waren, wie die Orangen der Tarte und ihre Augen so braun wie der Schokoladen Kuchen in der Vitrine. Erst hatte ich angenommen, dass sie nur kellnern würde. Als ich dann aber herausgefunden hatte, dass sie dieses köstliche Meisterwerk erschaffen hatte, war mein Herz nur noch mehr von ihr gestohlen wurden und ich erfreue mich an jeden Tag, an den ich sie sehen kann.

 

Ich bin kein Stalker – um Himmels willen, Nein! Ich besuche schließlich jeden Mittwoch und Freitag das Café, egal, ob sie gerade arbeitet oder nicht. Wobei…die Besuche mir natürlich wesentlich mehr gefallen, wenn sie mir die Tarte bäckt und bringt.

 

„Tut mir leid…“, sagte plötzlich die engelsgleiche Stimme neben mir, als sie mir meine Orangentarte und eine Tasse Darjeeling auf den Tisch stellte, „…, es hat heute leider etwas länger gedauert. Unsere Kaffeemaschine hat den Geist aufgegeben und keine der Bestellungen wollte dadurch richtig voran gehen.“

 

„Habe ich dir jeweils übelgenommen, dass du etwas zu spät brachtest, Nami-Schätzchen?“, entgegnete ich auf meine übliche, charmante Art, „Aber als Wiedergutmachung kannst du mir gern deine Nummer geben.“

 

„Haha…“, scherzte sie gleich und verdrehte diese tiefbraunen Augen, in welche ich mich gern verliere, „…träum weiter.“

Sie schüttelte grinsend den Kopf, bevor sie zum nächsten Tisch ging. Ich hingegen fasste mir ans Herz, welches wie wild bebte und seufzte tief.

 

„Eines Tages wirst du mir diesen Wunsch erfüllen, ich weiß es, werte Nami-lein! Du wirst mir nicht immer widerstehen können!“
 

„Ach, bisher geht es ganz gut. Und jetzt – husch – iss auf!“

 

Es war immer das gleiche Spiel zwischen uns – sie weiß, dass sie mich umgarnt hat und dass ich wie Wachs in ihren Händen bin, während ich nach ihrer Nummer frage und dafür eine Abweisung bekomme. Doch irgendwann wird sie – bestimmt – einwilligen.

 

Das weiß ich.

 

Während ein Kunde bei einer alten, funktionsunfähigen Jukebox saß, sich beschwert, wo den sein Kaffee bliebe, hörte ich, wie erneut ein leises Klingeln neue Gäste ankündigte.

 

Nami unterbrach sogleich ihre Schimpftriaden mit dem Mann und begann breit zu strahlen und ich könnte auch nicht anders, wenn ich an ihrer Stelle wäre. Schließlich hatten gerade ihre beste Freundin (ihr Name war Robin, wenn ich mich recht erinnere) und dieser komische, grünhaarige Typ, mit dem die schwarzhaarige Schönheit zusammen war (Zorro hieß dieser Moosschädel) das Café betreten.

 

Sie setzten sich an den Tisch vor mir, sodass ich gut zuhören konnte, von was sie da sprachen – nicht das es meine Absicht war.

 

Daher versuchte ich für einige Zeit den scheppernden Tönen des alten Radios zu lauschen, welches auf dem Tresen stand, da ich nur ungern fremden Gesprächen folgte.

 

Außerdem starrte mich dieser Typ schon wieder so finster und auf eine äußerst nervige Art an, bei welcher mir fast der Kragen geplatzt wäre.

 

Für einige Zeit aß ich in Ruhe meine Tarte und genoss meinen Tee, während ich einem gefallenen Popsternchen dabei zuhörte, wie sie von großen Erfolgen und zerbrochener Liebe sang.

 

Es war allerdings das Lachen meiner Angebeteten, dass meine Gedanken zurück in das Café holte und mich unweigerlich meine Ohren spitzen ließ:

 

„…, natürlich würde ich gern heute Abend mitkommen. Nur leider sieht das mein Budget für diesen Monat nicht vor.“

 

„Zuviel geshoppt, Hexe?“, fragte Zorro meine liebste Kellnerin und blickte sie finster an.

 

„Zorro, du weißt doch, dass-“

 

„Schon gut, Robin. Dein werter Freund ist aber kurz davor, sich eine kräftige Kraft Prügel abzuholen. Ich kann daher nicht garantieren, dass du ihn mit allen Einzelteilen wiederbekommst.“

 

„Du willst kämpfen?! Komm du erstmal in mein Dojo, dann zeige ich dir, wie man mit Schwertern umgeht!“

 

Ich konnte nicht fassen, wie dieser Kretin mit einer Frau umging und mit ihr sprach! Ich war kurz davor gewesen, diesem Affen an die Kehle zu springen, wenn Nami selbst nicht eingeschritten wäre:

 

„An dir mache ich mir doch meine Hände nicht schmutzig! Ich muss jetzt aber auch leider weiter arbeiten…“

 

„Du kannst es dir ja noch mal überlegen…Aber ich glaube, dass Brook sich freuen würde, wenn alle seine Freunde bei seinem Auftritt dabei wären.“

 

Ich hörte Nami seufzen und sah, wie sie mit ihren Schultern zuckte.

 

„Ich werde es mir überlegen, okay? Vielleicht schaffe ich es ja den Türsteher und den Barkeeper zu überreden, mir Eintritt und zumindest einen Trink zu erlassen. Ich schreibe dir noch mal…“

 

Ich sah wieder zum Fenster, um mein leichtes Schmollen zu verbergen. Es war kein Mitleid, aber es stimmte mich ein wenig traurig, dass Nami nichts mit ihren Freunden unternehmen konnte, da es ihr an Geld mangelte.

 

Verborgen unter dem Tisch zückte ich meine Geldbörse und blätterte durch die farbprächtigen Scheine.

 

Nun…, ich wollte nicht, dass sie sich schlecht fühlte, oder dass sie der Meinung sein musste, dass sie mir etwas schuldete, aber noch weniger wollte ich, dass sie ihre freie Zeit nicht mit ihren Freunden verbringen konnte. Schließlich waren diese doch für einen Menschen von äußerster Wichtigkeit.

 

Zumindest nehme ich das mal an – schließlich habe ich doch keine…

 

„Nami, ich möchte bitte zahlen!“

 

„Klar, ich hole mein Portemonnaie…“, sagte sie, als sie gerade wieder aus der Küche zurückgekommen war und auf ihrer Hand ein Tablett balancierte.

 

„Ach, schon gut. Ich habe es eh eilig“, antwortete ich und bevor sie die Chance zum Umdrehen oder Widersprechen hatte, drückte ich ihr den Hunderter in die freie Hand und warf mir mein Jackett über eine Schulter.

 

„Stimmt so“, sagte ich noch lächelnd und eilte zur Tür, „…, und viel Spaß heute Abend - mit deinen Freunden“.

 

Perplex betrachtete sie den Geldschein in ihrer Hand.

 

„O-okay…“, stotterte sie, noch immer nicht ganz im Klaren, das ich ihr ein Vielfaches mehr gezahlt hatte, als ich es normalerweise tat. Und dabei gab ich ihr immer ein sehr gutes Trinkgeld.

 

„U-und tschüss, Sanji…“, konnte ich sie dann aber noch über das leise Klingeln der Tür hören, bevor ich zu meinem Auto ging und verschwand.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: irish_shamrock
2018-04-10T17:04:41+00:00 10.04.2018 19:04
ZUCKER !!!
Mir geht das Herz auf!!
Ein ganz, ganz toller Start!!!
>///<
Antwort von:  _Supernaturalist_
23.05.2018 15:20
Oh Gott! Habe jetzt erst gesehen, dass du gekommit hast T.T

Danke auf jeden Fall für die lieben Worte und hoffe, dass ich bald mehr schreiben und hochladen kann <3


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