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Tochter Nicholas

von

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Noch immer tief getroffen saß ich wartend auf meiner Reisetasche und wartete auf die Dienstboten der Prinzen zu dem ich heute fahren würde. Auch nach drei Wochen nach der geplatzten Verlobung trauerte ich meinem Glück hinterher. Auch wenn ich eigentlich stink sauer sein sollte. Wie konnte er es überhaupt in Betracht ziehen mich zu betrügen? Und dann auch noch so offensichtlich! Aber Tatsache war, dass ich Jim wirklich angefangen habe zu lieben.
 

In der Ferne tauchte ein Wagen auf, das schnell näher kam. Aufgeregt wandte sich meine Mutter zu mir um, die neben mir stand. "Nun steh schon

auf, Kind. Der Erste Eindruck zählt." Sie hatte leicht reden. Soweit ich weiß hatte mein Vater sie von Anfang an geliebt und hätte den Teufel getan um sie zurück zu lassen. Er hatte auf sein Anrecht verzichtet im Palast zu leben nur um mit ihr zusammen zu sein. Auch wäre er bestimmt aus Heiden gezogen, wenn er nicht der Garde angehört hätte. Zumindest hatte meine Mutter mir das erzählt. Doch ich stand auf und zwang mich ein Lächeln aufzusetzen.

Das Gefährt hielt einige Zeit darauf vor uns. Es war gar kein Wagen sondern ein Kutschenähnliches Ding mit Pferden, die Räder statt Hufe hatten. Verrückt. Achja und natürlich hatte es auch ein Dach, was gut war, da es wohl bald anfangen würde zu regnen. "Inea Weis?" Ich nickte dem Mann in Buttleruniform freundlich zu. "Bitte steigen Sie ein." Er hielt mir die Tür auf, doch ich griff mir meine Tasche und hielt sie hoch. "Wo soll ich die Einpacken?" "Ich werde mich darum kümmern." Nachdrücklich zeigte er auf die noch immer offene Tür und ich umrundete die Tür und stieg unbeirrt ein. Die Tür wurde geschlossen und ich saß den beiden Prinzen gegenüber. Na super.
 

„Wir freuen uns dich in unseren Kutschto willkommen zu heißen." Kutschto? Wirklich. Hätten sie sich kein besseren Namen hierfür einfallen lassen können? "Ganz meinerseits", entgegnete ich jedoch nur und blickte durch das Fenster nach draußen. Meine Mutter winkte mir zum abschied noch einmal - ich hasste Verabschiedungen vor anderen, weshalb wir das ganze schon im Haus abgezogen hatten. War ich froh, dass meine Mutter mich verstand und mich nicht noch einmal in den Arm genommen hatte bevor ich eingestiegen war. "Können wir dir irgendwie behilflich sein dein Unwohlsein zu vertreiben?" Wieder blickte ich zu den beiden Männern vor mir. Wer von den beiden war wer? "Wir können dir alles bieten, was du wünscht." Ich schüttelte den Kopf. "Das bezweifle ich. Aber ihr könntet mir eine Frage beantworten." Synchron beugten sie sich interessiert vor. Der selbe Gesichtsausdruck, die selbe Geste. Alles an ihnen war gleich. Selbst die Kleidung. "Wen von euch habe ich an der Quelle getroffen und wen bei meiner Nachprüfung?" Sie sahen sich an, dann lächelten sie. "Das ist vollkommen irrelevant", sagte einer der Beiden. "Warum?" "Natürlich ist es das", sagte der Andere und ich blickte verwirrt von einem zum Anderen. "Und warum?", fragte ich und fing an an meiner Unterlippe zu knabbern - eine schlechte Angewohnheit, aber ich hatte sie nun einmal. Zwei Augenpaare verfolgten meine Reaktion interessiert, doch eine Antwort bekam ich nicht. Seufzend wandte ich mich von den Prinzen ab und sah wieder nach draußen.

„Wir sind gleich. In jeder Hinsicht. Es macht keinen Unterschied wen du wann wo getroffen hast." Eine Kurze Pause. "Zudem würde es dich beeinflussen und das darf nicht geschehen." Mich beeinflussen? Natürlich beeinflusst mich das. Den Einen fand ich ganz in Ordnung - der Andere sollte mir bloß aus dem Weg gehen. Außerdem konnten sie gar nicht zu 100% gleich sein! Das war Genetisch gar nicht machbar. "Inwiefern beeinflussen?" Wieder sah ich zu den Prinzen, die mich eingehend musterten. "An der Quelle sagte mir Einer von euch, dass der Andere von meiner Reaktion auf Miranda fasziniert war. Das impliziert, dass er selbst es nicht so sah." Die Brüder schauten sich gegenseitig an. Lange Zeit sagte keiner etwas. "Ist dir das wirklich so wichtig?" "Ja.“ Sie seufzten, doch eine Antwort bekam ich dennoch nicht. Auch gut – dann muss ich es eben selbst herausfinden. Somit hätte ich wenigstens die nächsten zehn Tage etwas zu tun.
 

Bei der Ankunft vor der Kuppel von Heiden, die durchsichtig war, schwiegen wir noch immer, da ich kein Interesse daran hatte mit zwei Leuten zu diskutieren, dass man nicht vollkommen gleich sein konnte. Zumal ich schon damit bestätigt worden war, dass einer von den Beiden Dominanter sein musste – ab und an passe ich im Unterricht wirklich auf. Ein paar Mal versuchen sie ein anderes Gesprächsthema zu finden, doch ich blockte ab, da sie mir auch keine Antwort gaben. Die anderen Mädchen vom Carsting waren alle schon vor der Kuppel und wurden von Anderen umwirbelt. Wahrscheinlich Bedienstete des Königs. Laut dem Schreiben, das ich ich bekommen hatte, stand, dass ich für den König hergerichtet werden würde. Ich unterdrückte mein so typisches Augenverdrehen und wandte mich zu den Prinzen um. „Habt ihr alle persönlich abgeholt und seid mit ihr her gefahren?“ Sie nickten synchron. Oh wie mir das jetzt schon auf die Nerven ging, aber ich hielt den Mund und wartete auf eine weiterführende Antwort. Als ich keine Bekam und die Tür aufging schüttelte ich den Kopf.

Nachdem ich ausgestiegen war zählte ich nach wie viele vom Carsting bereits hier waren und stellte ein bisschen gekränkt fest, dass ich die Letzte war. „Und … was passiert jetzt?“ „Du wirst für unseren Vater hergerichtet.“ Einer tauchte links von mir auf und der Andere rechts. Ist ihnen bewusst, dass dies auch Einfluss haben könnte? Vielleicht mag ich links lieber als rechts? Aber ich behielt meine Überlegung lieber für mich und verzog nur das Gesicht. „Es sind vier Kleider angefertigt worden von denen du eins tragen wirst.“ „Anschließend werden deine Haare und dein Gesicht etwas hervorgehoben“, führte der Andere die Erzählung weiter. „Kann nicht einfach einer von euch sprechen? Das würde Erklärungen um einiges einfacher machen. Und kommt jetzt bloß nicht wieder mit dem aufteilen davon, da ihr mich nicht beeinflussen wollt. Denn dann müsstet ihr nämlich alles doppelt sagen.“ Das war eines der Themen die sie versucht haben im Gefährt – ja ich werde dieses dämliche Wort Kutschto nicht verwenden! - an zuschneiden, um es mir noch einmal zu erklären. Zu meiner Überraschung sind ihre Stimmen wirklich sehr ähnlich, wobei Einer von ihnen immer ein klein wenig tiefer redet als sein Bruder. „Ich hoffe wirklich, dass du so etwas nicht zu unserem Vater sagst.“ „Das werde ich nicht, keine Sorge.“ Ich hatte keine Lust im Gefängnis zu landen oder wieder aus Heiden ausgewiesen zu werden. Ich würde nach diesem Carsting einfach noch vier Tage Lina besuchen! Das wusste meine Mutter zwar noch nicht, aber das würde ich ihr noch früh genug schreiben – genauer gesagt heute.
 

Die Prinzen verabschiedeten sich von mir und kurz darauf wurde ich von einer der Bediensteten angesprochen, zu meinem Platz geführt und zugetextet. Das meiste was sie sagte verstand ich gar nicht, da sie viel zu schnell sprach. „Oh und Priya möchte dich noch einmal sehen bevor du die Stadt betrittst“, sagte sie gerade – zumindest glaubte ich das. Dann drehte sie sich um und winkte eine weitere Frau heran, die eine Kleiderstange mit vier Kleidern daran zu uns schob. Bei uns angekommen blieb sie stehen und ich betrachtete die Kleider eingehend. Sie waren alle wunderschön, aber sie unterschieden sich nur in den Farbvarianten. Alle samt würden mir bis zu den Knöcheln reichen und sie waren alle trägerlos – das würde ja noch super werden. Zu meinem Glück waren sie trotz allem sehr schlicht gestaltet und nur ein hellerer Streifen der Hauptfarbe ging von meiner Schulter, bis er sich einmal um meine Taille legen würde. Um die Farben abzutrennen waren kleine weiße Steinchen in den Stoff eingenäht worden. Wenn die Kleider nicht trägerlos wären würde ich sagen, dass so ein perfektes Kleid aussah. „Welche Farbe möchten Sie, Miss Weis?“ Blinzelnd wandte ich den Blick von der Kleiderstange ab und bemerkte eine Frau mittleren Alters neben mir, die bis eben noch nicht da war. „Rot, Blau, Grün oder das Schwarze?“ „Schwarz“, sagte ich ohne lange darüber nachzudenken. Es hatte etwas einfacheres an sich und der dunkle Grauton für den Streifen erinnerte mich an mein erstes Kleid, dass ich von meiner Mutter bekommen hatte. Damals war ich sechs gewesen und hatte das Kleid zu meiner Einschulung bekommen. Die Frau lächelte mir zu und reichte es mir. „Sie sind also Inea Weis. Ich bin wirklich froh Sie nun in Heiden zu haben.“ Verwirrt lächelte ich freundlich zurück. „Ganz … meinerseits“, antwortete ich und betrachtete das Kleid noch einmal. „Nur an diesem Kleid sind echte Diamanten eingearbeitet. Ich wusste, dass Sie es nehmen würden.“ „Was?“ „Ich wusste, dass Sie das schwarze Kleid wählen würden, also sagte ich, dass die Diamanten in dieses eingearbeitet werden sollen.“ Noch immer mit offenen Mund starrte ich das Kleid an und hing es behutsam wieder in die Stange. „Das kann ich nicht tragen“, sagte ich und wollte gerade das rote Kleid greifen, als ein Wachmann zu uns kam. „Ich bitte um Entschuldigung, Miss Weis. Ich hätte Priya nicht zu Ihnen lassen dürfen. Bitte lassen Sie sich nicht von ihr beeinflussen.“ Die Wache kam ein Stückchen näher und senkte die Stimme. „Seit dem Krieg ist sie nicht mehr die Selbe und redet viel Unsinn.“ Er wich wieder ein Stück zurück und fuhr dann fort: „Und natürlich können Sie das Kleid tragen welches Sie möchten.“ Kopfschüttelnd verneinte ich. Auf keinen Fall würde ich echte Diamanten an einem Kleidungsstück tragen, dass ich anzog. Bei meinem Glück würden sie mir einen nach dem anderen abfallen. „Sollten Sie erwählt werden von dem Prinz, dann werden Sie es sogar müssen“, sagte die Wache, bevor er Priyas Arm ergriff und sie zu der Kuppel brachte. Das er von dem Prinz gesprochen hatte machte mir Sorgen, da es die Einzahl war und sie bisher noch zu zweit sind.

Viel Zeit darüber nachzudenken hatte ich aber nicht, da eine der Bediensteten wieder kam – wo waren sie eigentlich gewesen? „Ich habe Ihre Schuhe geholt. Ich hoffe wirklich, dass Priya Sie nicht belästigt hat? Sie darf ihr Labor eigentlich nicht verlassen ...“ Kurz herrschte Stille zwischen uns, da ich keine Ahnung hatte, was ich antworten sollte. „Haben Sie sich für ein Kleid entschieden?“ Freundlich lächelnd zeigte sie auf die Kleiderstange und bemerkte, dass das schwarze Kleid nicht mehr an seinem eigentlichen Platz hing. „Ah, das Schwarze also? Das ist super, da die Schuhe am besten dazu passen!“
 

Ich fügte mich meinem Schicksal und hatte letzten Endes das schwarze Kleid und die silbernen Highheels an. Zusätzlich war ich geschminkt und meine Haare wurden hoch gesteckt. Zu meinem Glück aber nicht geglättet. Alles im Allen gefiel mir mein Äußeres, doch ich selbst würde mich niemals so herrichten.

Wir warteten alle vor dem Abendsaal, in dem wir dem König vorgestellt werden würden und unser Abendessen zu uns nehmen sollen. Schon jetzt hatte ich bestimmt ein Drittel der Verhaltensregeln vergessen – ich würde mich einfach an die Anderen halten.

Nun gut, das mit an die Anderen halten war wohl nichts, da wir zu der Begrüßung einzeln aufgerufen worden waren und ich hoffte einfach, dass ich mich nicht zu dumm angestellt hatte – sowohl bei der Begrüßung als auch beim Essen. Nachdem das alles hinter mir war, wurde ich einfach zu meinem Zimmer geführt, dass natürlich das letzte im Gang war, und mit den Worten „Ihr Frühstück wird um acht Uhr auf Ihr Zimmer gebracht“, verabschiedet. Seufzend zog ich die Schuhe aus, die mich umgebracht hätten, wenn ich sie noch zehn Minuten länger anhaben müssen. Auch das Kleid zog ich aus und schlüpfte in mein Nachthemd, dass ich in meiner Tasche fand. Zwar wusste ich nicht wie meine Tasche in das Zimmer gekommen war, aber da es sich um mein Hab und Gut handelte machte ich mir keine weiteren Gedanken darüber.
 

Die nächsten sieben Tage verliefen ruhig, doch ich konnte wirklich nicht herausfinden wer von den Prinzen wer war und das wurmte mich ungemein. Im Palast war es üblich, dass das Frühstück alleine eingenommen wurde und auch zum Mittag versammelten sich nur wir vom Carsting – Die Prinzen kamen hinein nachdem wir fertig waren und baten eine von uns mit ihnen zu gehen. Gegen späten Nachmittag wurde eine Andere ausgewählt und sie verbrachte einige Zeit mit den Prinzen. Nach dem heutigen Mittagessen war einer der Beiden verhindert, aber dennoch wurde ich ausgewählt mit dem verbleibenden etwas zu unternehmen. Auch wurde ich gefragt, ob ich ein Veto dagegen einlegen würde, da die Anderen Mädchen beide hatten. Wobei ich wirklich nicht verstand warum mich das stören sollte – laut den Prinzen, und allen anderen Reinblütern, waren Zwillinge komplett gleich. Warum sollte es mich als, rein Theoretisch, stören?

Wir beide saßen im Palastgarten. Der Prinz saß entspannt neben mir und blickte in den Himmel. „Was ist mit deinem Bruder?“, fragte ich um die nicht ganz unangenehme Stille zu durchbrechen. „Bei Priya. Anscheinend hast du das Gift nicht komplett entfernen können.“ Bitte was? Ich öffnete den Mund um etwas zu erwidern, doch der Prinz hob nur die Hand und sprach dann weiter: „Ergon war dagegen, dass wir dir sagen wer wer ist. Aber ich bin der Meinung, dass es wichtig ist es dir zu sagen. Wir sind tatsächlich nicht gänzlich gleich.“ Ein triumphierendes Lächeln legte sich in meine Züge. „Ich weiß, dass es für mich dadurch wahrscheinlich zu Nachteilen kommen würde, aber ich nehme das gerne in Kauf.“ „Und … warum?“ Der Prinz lächelte leicht und wandte den Blick von dem Himmel ab und sah mich an. „Ergon würde Samanta gerne heiraten. Ich selbst würde es nicht wollen. Ich gehe im übrigen immer links von dir.“ Okay. Gut zu wissen. Ich würde es mir merken. „Danke“, sagte ich und sah zu Boden. Das war eine Information mit der ich arbeiten konnte. „Bitte überdenke noch einmal deine Denkweise über uns. Darüber würde ich mich wirklich freuen.“ Dann stand er auf und ging davon, ohne dass ich ihm antworten konnte. Ja, wenn man diese Szene auf meine Nachprüfungen überträgt war er wirklich der Selbe. Zählte Fakten auf und verschwand. Wirklich super!

Die nächsten zwei Tage beobachtete ich die beiden Prinzen genau und fand immer mehr Unterschiede, die mich immer wieder zu der selben Antwort führten. Ergon – der Prinz dem ich an der Quelle getroffen hatte war der nettere der Beiden. So wie es aussah auch der Dominantere der Beiden, da er immer zuerst sprach und scheinbar auch immer ein halben Schritt vor seinem Bruder ist. Verrückt, dass es mir erst jetzt auffällt, nachdem – wie hieß der andere der Prinzen eigentlich? - der Prinz mir gesagt hatte wer von den Beiden wer war.
 

Meine Tür wurde geöffnet, ohne dass jemand angeklopft hatte. Ich sprang von meinem Bett auf, auf dem ich gesessen hatte, und wollte gerade zu meckern anfangen, als ich sah, wer in der Tür stand. Der König musterte mich eingehend, lächelte kurz und wurde dann wieder ernst. „Komm mit.“ Okay … Das ist seltsam. Seit wann kam der König, um solche Befehle zu erteilen? Doch ich gehorchte sofort, zog mir Schuhe an – alle Schuhe die ich bekommen hatte waren Highheels, was mir so gar nicht passte – und folgte ihm nach draußen. Er führte mich in einen Teil des Gartens, den wir nicht betreten durften und dort sah ich auch schon die beiden Prinzen sich gegenüberstehen. Beide sahen wütend aus und hatten die Hände zu Fäusten geballt. Samanta stand auf der anderen Seite des Gartens neben einer Bediensteten.
 

Unsicher was ich tun sollte stellte ich mich gerade hin und beobachtete die Szene vor mir. Ergon warf seinen Bruder einiges vor, dass er falsch gemacht hatte und dieser blieb stumm stehen, bis Ergon fertig war. Insgeheim feuerte ich Ergon an, damit er seinem Bruder mal gehörig die Meinung geigte, bis mir wieder einfiel, dass, wenn es nach Ergon ginge, ich noch immer nicht wüsste wer wer ist.

Dann passierte etwas, womit ich überhaupt nicht gerechnet hätte. Die Prinzen verwandeln sich blitzschnell und liefen aufeinander zu. Ein Schrei erfüllte die ungewöhnliche Stille, die ausgebrochen war, nachdem sie sich verwandelt hatten, und ich begriff erst dass ich es war, als die beiden Greifen zu mir sahen. Der König stand gefasst, schweigend und vollkommen ernst neben mir. „Warum tut ihr das? Ihr seid Brüder!“, rief ich und machte einen Schritt auf die Beiden zu. Der König hielt mich fest. „Sie werden kämpfen um herauszufinden wer der Dominantere von ihnen ist. Da dieser die nächsten vier Tage überleben wird.“ Einige Male blinzelte ich, bis ich verstand was der König gerade gesagt hatte. „Aber ...“, begann ich, wurde dann unterbrochen, als sich die Greifen mit den Klauen gegenseitig aufschlitzen wollten. „Sie werden in vier Tagen einundzwanzig. Der Dominantere wird den Tag überleben. Der Andere wird so oder so sterben und seine Kraft an den Anderen übertragen.“ Das war zu viel. Mir wurde schlecht und ich starrte zu Boden, um mich auf meine Atmung zu konzentrieren. Ich hörte zwar noch immer die Kampfgeräusche und wollte meine Hände auf meine Ohren pressen – oder einfach hier weg – aber ich hielt mich davon ab. „Sollte Ergon gewinnen, wird Samanta Prinzessin. Sollte Eran gewinnen, wirst du Prinzessin“, sagte der König neben mir. Das ich gar keine Prinzessin werden wollte verschwieg ich ihm. Mein Herz gehörte bereits Jemanden, der mich mit einer Klassenkameradin betrogen hatte und es anschließend vehement abgestritten hatte – trotz Beweisfotos.

Tränen sammelten sich in meinen Augen als ich an das Foto dachte, dass Fjonna mir gezeigt hatte und ich schluckte den Klos in meinem Hals wieder hinunter. „Die Prinzessin wird eine hervorragende Ausbildung erhalten und wird mir hoffentlich wunderschöne Enkelkinder schenken.“ Das brachte das Fass zum Überlaufen. Ich würde keine gute Prinzessin abgeben – nicht einmal wenn mir drei Prüfer auf die Finger schauten konnte ich vernünftige Sätze von mir geben, wie soll es dann mit einem ganzen Volk werden? Bei allem was ich tun würde, würde ich bewertet werden, das konnte ich einfach nicht. Auch wenn Ergon sich nicht für mich entscheiden würde, wäre er ein besserer König. Außerdem würde ich dann auch keine Prinzessin werden und später keine Königin, wo ich mich nur blamieren würde.
 

Ich zog die Highheels aus, ignorierte den Ruf des Königs und rannte zu den beiden Greifen hinüber. Sie stoppten ihren Angriff aufeinander. Vor Ergon blieb ich mit ausgestreckten Armen stehen und öffnete den Mund um etwas zu sagen, kam aber nicht dazu. Er konnte seinen Angriff auf Eran nicht mehr umlenken und durchbohrte meine rechte Brust.

Ein stechender Schmerz durchflutete meinen Körper. Etwas anderes spürte ich nicht mehr und auch das Blut, dass durch meinen offenen Brustkorb spritzte nahm ich nicht wirklich wahr. Ohne nachzudenken war ich losgelaufen und würde nun endgültig für meine Fehlentscheidungen, die ich schon immer getroffen hatte, bezahlen. Langsam senkte ich den Kopf und blickte zu der Blutlache zu meinen Füßen. Ergon musste zurück gewichen sein, da ich seine Füße nicht sehen konnte. Es war so viel Blut, dass aus mir kam, was vollkommen verrückt war, da mein Herz nicht betroffen zu sein schien. Ich konnte fühlen wie es schlug.

Jemand sagte etwas, doch ich konnte es nicht verstehen. Dann wurden mir Hände auf meinen Rücken gelegt. Kurz darauf fühlte ich wie Energie in mir gebündelt wurde und ich sah zu, wie meine Wunde sich schloss. Ganz einfach – Die Energie bündeln, den Strom anpassen und die Wunde schließen. Wieso kam ich auf die Idee, dass ich sterben würde? Mein Blutverlust war zwar hoch, aber es hätte mir bewusst sein müssen, dass es hier jemanden gab der nach dem Kampf den Sieger heilen würde. Also würde die Wunde nicht weiter schlimm sein. „Inea?“ Eran stand vor mir, hob mein Kinn an und sah mir in die Augen. „Das war eine sehr dumme Entscheidung“, tadelte er – konnte er überhaupt etwas anderes? Ich sah zu Ergon, der sich zu Samanta zurückgezogen hatte und mit ihr leise sprach. „Er muss der Prinz werden.“ „Was?“ „Ergon muss Prinz werden. Er ist die bessere Wahl.“ Eran ließ mein Kinn los, wich einen Schritt zurück, öffnete den Mund und schloss ihn dann wieder. Dann senkte er den Blick auf das Blut und sah kurz darauf wieder auf. „Sie brauch eine Bluttransfusion.“ Die Person hinter mir antwortete: „Priya sag, dass es nicht möglich sein. Es gibt kein Spenderblut für sie.“ Eran schnalzte mit der Zunge und Ergon kam auf uns zu. „Dann wird sie sich eben ausruhen müssen. Bringt sie auf ihr Zimmer.“ Er wandte sich zu seinem Bruder um. „Und wir sind noch nicht fertig.“
 

Irgendwann musste ich Ohnmächtig geworden sein, als man mich in mein Zimmer brachte, da ich mich nicht daran erinnern konnte gewaschen worden zu sein – und ich hoffe doch sehr, dass es von einer weiblichen Person durchgeführt worden war! Als ich soweit wieder wach war, dass ich meine Gliedmaßen spüren konnte realisierte ich, dass ich auf etwas weichen lag und es warm um mich herum war. Ich kniff meine Augen zusammen, damit ich sie anscheinend öffnen konnte, doch ich hielt inne als ich Eran sagen hörte – ich wusste einfach, dass es Eran war: „Du bist wieder wach. Wie geht es dir?“ In Anbetracht, dass meine rechte Brust aufgeschlitzt worden war und ich Ohnmächtig geworden bin würde ich sagen nicht so gut … „I-ich weiß nicht“, antwortete ich stattdessen, weil ich einfach nicht die Kraft hatte so viel zu sagen. Außerdem wäre es wohl auch nicht so gut angekommen wie ich es vorgehabt hätte. „Vielleicht solltest du Erstmal etwas essen.“ „Nein.“ Essen würde ich jetzt nichts können. Mein Magen fühlte sich aufgebläht an und in meinem Mund schienen sich Fusseln eingenistet zu haben. Ich öffnete die Augen und sah, wie Eran am Bettende auf und ab marschierte. Vor einem Bett, dass ich nicht kannte. „Wo bin ich? Und wie spät ist es?“ Er blieb stehen. „Du bist in meinem Gemach und e-“ „Was!?“ Schnell sprang ich aus dem Bett, taumelte und fiel wieder auf das Bett. „Langsam, Inea. Die Heiler sagten, dass du noch mindestens eine Woche im Bett bleiben sollst.“ „Von mir aus“, lenkte ich ein. „Aber bitte in meinem.“ Blinzelnd betrachtete Eran mich. „Du … bist in deinem Bett.“ Ich bin in meinem Bett? Was für ein Scherz sollte das denn nun sein? „Nein, dass bin ich nicht.“ „Natürlich. Mein Vater hat uns gestern verheiratet.“ Oh nein. Hatte ich denn kein Mitspracherecht? Ich war Bewusstlos! Wie konnte man mich dann verheiraten? „Sag dass das ein schlechter Scherz ist.“ „Ergon ist in der Nacht von vorgestern auf gestern verstorben. Dies hatte zur Folge, dass ich eine Frau nehmen musste, da ich der Kronprinz bin.“ „Schon klar. Aber Ashley ist bestimmt eine bessere Wahl als ich.“ Eran lachte leise. „Nein, dass ist sie nicht. Zumindest nicht für mich.“ „Du kennst mich doch gar nicht!“ Mühsam setzte ich mich auf. „Woher willst du das wissen?“ „Ich weiß es nicht“, gab er zu.

Da ich viel zu müde für so ein Gespräch war atmete ich tief durch und legte mich wieder hin. „Ich hoffe doch, dass es hier ein Sofa gibt?“ „Ja es ist im Zimmer nebenan.“ „Perfekt. Dann weißt du ja auch wo dein Schlafplatz ist die nächste Woche.“ „Dein Ernst?“ Seine Stimme hörte sich amüsiert an, doch ich gab nur ein knappes „ja“ von mir, bevor ich in meine Träume abdriftete.
 

Als ich wieder aufwachte bekam ich kaum Luft und der Prinz – der Kronprinz – stand mit besorgtem Gesicht über mir. Neben ihm zwei weitere Personen. Ich öffnete meinen Mund um etwas zu sagen, doch es kam nur Blut heraus. Schockiert sah ich der roten Flüssigkeit zu wie sie in die Decke gesogen wurde. „Aus dem Weg ihr Möchtegernheiler!“ War das Priya? Die Tür zum Zimmer wurde geöffnet und Priya stürmte in den Raum. Auf mich zu. „Setzt sie auf“, befahl sie, setzte sich auf die Bettkante und schloss meinen noch immer geöffneten Mund aus dem ich das Blut hustete, um wieder atmen zu können. Sie legte mir eine Hand auf die rechte Brust. Dann schloss sie die Augen. Meine waren weit aufgerissen und trotzdem sah ich nur wie Eran mich ansah als würde ich schon längst tot sein müssen. „Wie lange geht das schon so?“, fragte Priya und ich spürte ihre Energie in mir. Eran atmete tief durch, gewann ein wenig seiner Fassung wieder und antwortete: „Seit ungefähr fünf Minuten. Ich habe … gespürt, dass ihre Atmung aus den Takt gerät und habe sofort die Heiler gerufen.“ Priya schnaubte verächtlich. „Und du dachtest wirklich, dass Heiler sie retten können? Ihr Herz wurde regelrecht zerfetzt von deinem Bruder.“ Verwirrung stand Eran offenkundig ins Gesicht geschrieben. Mein Herz? Ich wusste, dass ich daran gedacht hatte, dass ich sterben würde, aber mein Herz wurde doch gar nicht beschädigt. Zudem wurde meine rechte Brust durchbohrt und nicht die Linke – warum sollte mein Herz also zerfetzt sein? Priya klopfte mir kräftig auf den Rücken. Reflexartig beugte ich mich weiter nach vorne, öffnete den Mund und spuckte Blut auf das Bett. „Besser?“, fragte sie während sie mich musterte. Erstaunlicherweise ging es mir wirklich besser. „Dein Herz braucht Zeit um wieder zu heilen. Keine Anstrengungen, kein Streit mit deinem Mann und vor allem solltest du im Bett bleiben.“ Verwirrt blickte ich sie an. „Mein Herz?“ „Ich weiß, dass es gebrochen ist und seit dem mit Ergon ist es nun auch noch zerstört worden. Es wird sich wieder regenerieren, aber es braucht Zeit.“ Eran trat hinter Priya. Skeptisch betrachtete er sie eine Zeitlang ehe er fragte: „Woher willst du das wissen?“ „Du bist mit ihr verbunden. Ich habe es gesehen, aber ihr Herz ist noch nicht bereit dazu. Vielleicht wird es nie dazu in der Lage sein.“ „Moment mal“, schaltete ich mich ein. „Mein Herz ist auf meiner linken Seite, das weiß jedes Kind. Wieso redest du immer zu von meinem Herzen?“



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