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Vis-à-Vis

von

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Der Weg zurück

''Was zur Hölle dauert denn da so lange?'' Ungeduldig tippte Cid mit den Fingerspitzen auf dem Rand der Steuerkonsole herum, kaute auf seiner Zigarette und schaute dem Sekundenzeiger der Uhr beim Wandern zu. ''Ich mache mir langsam wirklich Sorgen.'' Tifa stützte ihre Wange auf die Fingerknöchel auf und verzog grübelnd das Gesicht. ''Sorgen? Ach was, Unsinn. Was soll denn passieren?'' Cid drehte sich schwungvoll von der Konsole weg und zog eine dünne Linie weißen Rauchs hinter sich her, als er die obere Ebene der Brücke durchschritt. ''Ich weiß doch auch nicht, aber ich habe kein gutes Gefühl.'' ''Kein gutes Gefühl?'' Der Pilot lachte trocken. ''Gefühle, papperlapapp. Wenn wir hier jetzt wegen jedem scheiß Gefühl gleich ein Fass aufreißen, dann kommen wir bis morgen nicht mehr nach Rocket Town.'' Barret nahm einen kräftigen Zug aus der mittlerweile vierten Flasche die auf dem Boden stand und räusperte sich kurz. ''Vielleicht sollten wir wirklich mal nachschauen.'' Er begutachtete den verbliebenen Rest bitteren Schnaps und stürzte dann auch diesen herunter. ''Was?! Verdammt, ich will doch einfach nur nach Hause!'' Cid schlug mit der Faust auf die Steuerkonsole, als er seinen Weg wieder zurückgegangen war. Verhalten klimperten die zwei Gläser, die mittlerweile nutzlos ein Stück weiter standen. ''Ja, genau!'' Entschlossen schlug Tifa mit der Fast in ihre Handfläche. ''Du willst da raus? Es ist dunkel und kalt und...'' ''Yuffie, du darfst gern hier bleiben.'' Sie lächelte dem verschlafenen Mädchen sanft entgegen. ''Ja, gut gut. Vielleicht kommen sie ja zurück, wenn ihr weg seid und dann geb' ich euch Bescheid.'' Yuffie hatte den anderen schon den Rücken zugewandt und war drauf und dran die Brücke zu verlassen. ''Nichts da. Wir gehen alle.'' Schwerfällig erhob sich Barret aus seinem Polsterstuhl. Der Hüne wankte leicht und er brauchte einen Moment, bis er sich an den Schwindel in seinem Kopf gewöhnt hatte. Er war trinkfest, keine Frage, aber das Zeug das Cid immer wieder anschleppte war wirklich nicht ohne. ''Schön. Gut. Dann aber flott, ich will hier nicht noch mehr Zeit verplempern.'' Cid stapfte missgelaunt voran und stopfte sich schon die nächste Zigarette in den Mundwinkel, obwohl er die andere noch nicht vollständig aufgeraucht hatte.

Tifa warf einen Blick über die Brüstung der Brücke. Nanaki hatte sich neben dem abgeschalteten Cait an seinem gewohnten Platz in einer Ecke der unteren Ebene zusammengerollt und schlief noch tief und fest. Auch wenn eine gute Nase bei der Dunkelheit draußen vielleicht gute Vorteile brachte, so entschied sie doch, ihn weiter schlafen zu lassen. Dann folgte sie Cid und den anderen aus dem Steuerraum raus durch das Luftschiff.
 

~
 

Vincent hatte das Gefühl, als würden sie schon seit Stunden durch die Finsternis laufen. Erschöpft und ausgelaugt wie er war, fiel es ihm schwer, sich auf seine Schritte zu konzentrieren und möglichst geradeaus zu gehen. Clouds benommener, wankender Körper machte es ihm nicht gerade einfacher. War er auf dem Weg in die Höhle auch so lange unterwegs gewesen? Was, wenn im Dunkeln mehr als ein Gang verborgen lag? Er musste einen Moment innehalten, presste seine Hand fest gegen die Felswand und tat ein paar tiefe Atemzüge. Kalte Luft füllte seine Lungen und würde seinem müden Kopf hoffentlich etwas auf die Sprünge helfen. Das Gewicht des anderen zerrte schwer an seiner Seite und er hatte alle Mühe aufrecht stehen zu bleiben. Seine Gedanken kreisten nur um Lucrecia und die Dinge, die sie gesagt hatte. Sollte es das nun wirklich gewesen sein? Ihr letztes Zusammentreffen? Die letzten Worte, die sie miteinander getauscht hatten? Er konnte das kaum glauben. So lange hatte er darauf gehofft, sie tatsächlich wiederzusehen und nun schlief sie dort, eingeschlossen in diesen riesigen Kristall und schickte ihn einfach wieder fort. Dabei wäre er nur zu gern bei ihr geblieben... Er atmete leise aus, krallte sich für einen Moment in den Stein und ließ seine Metallklaue mit einem unangenehmen Kratzen über die Felswand wieder hinabgleiten. Behutsam zog er sich Clouds Arm ein Stück fester über die Schultern und bugsierte ihn wieder zurück auf den Weg, von dem er glaubte, dass er im Dunkel vor ihnen lag. Sie mussten weitergehen. Er zuckte überrascht zusammen, als er spürte, wie sich zittrige Finger in den zerschlissenen Stoff seines Hemdes krallten. Sanft aber bestimmt festigte er auch seinen Griff um Clouds Rücken und bedeutete ihm, dass alles in Ordnung war. So in Ordnung, wie es nach den vergangenen Ereignissen eben sein konnte... Ob Cloud wohl ahnte, was er dort gesehen hatte? Ob er wusste, dass das Monster, das ihn beinahe attackiert hätte, sein innerer Dämon gewesen war? Dass er es gewesen war? Er seufzte leise und hoffte, er wüsste es nicht. Der Kopf seines Freundes ruhte wacklig an seiner Schulter und drohte bei den unsteten Bewegungen ihrer wankenden Schritte hinabzurutschen. Vorsichtig hob Vincent seine Hand von Clouds Rücken empor und bettete sie sanft auf das blonde Haar. Es fühlte sich nass und klebrig an. Er musste geblutet haben. Ein leises Gefühl von Schuld keimte in ihm auf. Nur seinetwegen. Nur, weil er nicht in der Lage gewesen war, sich und seinen fürchterlichen Dämonen unter Kontrolle zu halten. Er presste Clouds Kopf sacht gegen seine Schulter und versuchte etwas langsamer zu gehen. Doch langsamer gehen bedeutete auch, dass sie noch länger in dieser Finsternis unterwegs sein würden. Er fühlte sich in dieser vollkommenen Schwärze nicht wohl. Sie erinnerte ihn an eine Zeit, in der es nur dunkel um ihn gewesen war. Eine Zeit, in der er einsam gewesen war. Eine lange Zeit. Ihn beschlich das Gefühl, dass sie nicht allein waren. Folgte ihnen etwas? Er atmete leise aus und zuckte leicht zusammen, als er begriff, woher dieses unbestimmte Gefühl kam. Sie wurden nicht verfolgt. Nein. Es war nur er. Seine Seele. Auch wenn er den Dämonen in ihm zurückdrängen konnte, so war er doch nicht verschwunden. Für einen kleinen Moment des inneren Friedens hatte er inständig gehofft, es wäre so gewesen, doch nun spürte er ihn wieder deutlich und fast intensiver als zuvor. Die Verwandlung hatte ihn in Aufruhr versetzt, ihn endlich wieder ein Stück Freiheit kosten lassen und nun lauerte er wach und mit geschärften Sinnen dicht unter der Oberfläche seines Bewusstseins. ~''Ich krieg' dich noch.''~ Er konnte das Blecken der scharfen Zähne regelrecht spüren, doch für den Moment hatte er, trotz seines desolaten Zustands, die Herrschaft über sich und seinen Körper. Einen Schritt nach dem nächsten. Er hatte eine Aufgabe. Nur noch raus hier.

Benommen versuchte Cloud die Augen erneut zu öffnen, nur um festzustellen, dass sie noch immer in der Höhle waren. Doch er glaubte einen leichten, kalten Lufthauch zu spüren. All zu weit konnte der Ausgang nicht mehr entfernt sein. Er klammerte sich noch ein Stück fester in das Stück Hemd, dass er von Vincent zu fassen bekommen hatte. In seinem Kopf drehte sich alles und Blut rauschte in seinen Ohren. Daneben war alles, was er hören konnte, nur ihre tastenden Schritte und ihr Atem. Er lauschte einen Moment. Vincents Atmung war unstet und abgehackt, als würde es ihm große Mühe kosten. Ob ihm seine Last wohl zu groß war? Doch er spürte den festen, entschlossenen Griff um sein Handgelenk mit dem er ihn stützte und die andere Hand, welche seinen Kopf behutsam in Position hielt. Dennoch entging ihm nicht, dass auch sein Freund leicht taumelte und dann und wann ein kurzes Zittern durch seinen Körper ging. Was hatte ihn so erschöpft? War es der Kampf gegen das Monster gewesen? Dieses Monster... Er erinnerte sich an den Blick, den es ihm zugeworfen hatte, bevor er gestürzt war. Ein Blick, in welchem neben wilder Raserei, auch ein Hauch von Angst gelegen hatte. Eine sonderbare Angst. Es war keine Angst vor dem Tod gewesen, eher eine... er fand keine richtigen Worte dafür, doch für einen Moment hatte er geglaubt, diese Angst schon einmal in einem Blick gesehen zu haben... Das war doch vollkommen absurd. Er verdrängte die Gedanken, presste seinen Kopf fester gegen Vincents Schulter und spürte den nassgeschwitzten Stoff in seiner Handfläche knirschen. Dann schloss er die Augen wieder. Er konnte den Anblick dieser totalen Finsternis nicht ertragen. Es erinnerte ihn unweigerlich wieder an sein Delirium. Als er allein war. Ganz allein. Doch jetzt war er nicht allein. Er seufzte kaum hörbar. Damals hätte er sich jemanden an seiner Seite gewünscht. Jetzt und für diesen Moment war Vincent hier. Doch eigentlich war auch das nicht richtig. Er hätte nicht hier sein sollen. Jetzt musste sein Freund ihn heraustragen, weil er seine Warnung missachtet hatte. Er hätte ihm nicht folgen sollen. Nicht dieses Mal. Ein weiteres Seufzen. Es hatte keinen Zweck sich jetzt den Kopf darüber zu zerbrechen. Wichtig war, dass sie wieder hier herauskamen. Als seine Benommenheit langsam nachließ, hob er seinen Kopf von Vincents Schulter und versuchte seinen Freund ein bisschen zu entlasten. Der kühle Luftzug hatte an Intensität zugenommen. Der Ausgang konnte nicht mehr weit entfernt sein. Und er hatte Recht. Kalt und feucht schlug ihnen plötzlich die wassernebelschwere Luft entgegen. Es war eine absolute Wohltat. Er atmete immer wieder tief ein und hoffte, die frische Luft würde seinen benommenen Kopf etwas klären. Steine polterten den Hang hinab, als sie unsicher darüber hinweg kletterten. So geschwächt und aneinander geklammert, war der Weg zurück noch rutschiger und mühsamer, als er es auf dem Hinweg schon gewesen war. Sie mussten vorsichtig sein, dass sie auf den nassen Steinen nicht ins Schlittern gerieten und den Hang hinabstürzten. Er spürte, wie seine linke Hand sacht begann zu kribbeln, als Vincent ihr mit seinem festen, verkrampften Griff die Blutzufuhr abschnürte. Auch seine andere Hand klammerte sich verbissen in seinem Rücken fest. Während er selbst langsam wieder zu Kräften kam, schien Vincent immer schwächer zu werden. Doch er sagte nichts. Durch die unbeständige Wolkendecke brach dann und wann bleiches Mondlicht hindurch und half ihnen auf dem unebenen Weg sicherer voranzukommen. Cloud neigte den Kopf leicht vor und konnte für einen kurzen Moment einen Blick auf seinen Freund richten. Das schwarze Haar war zerzaust und verbarg sein Gesicht, daneben blitzte seine Rüstung und ein Stück seines weißen Arms auf. Zerfetzter Stoff hing herab. Doch bevor er ihn noch eindringlicher mustern konnte, verschwand das bleiche Licht wieder hinter dem dicken Wolkenschleier. Cloud runzelte besorgt die Stirn und ignorierte, dass das Kribbeln in seiner Hand langsam zu kleinen Nadelstichen herangewachsen war. Ob Vincent verletzt war? Er konnte den Zustand des Älteren nur schwer einschätzen. Einzig der unruhige Atem, der hauchfeine, weiße Wolken in die kalte Nachtluft hinausstieß, zeigte ihm deutlich, dass er erschöpft war.

Niemand von beiden sprach auch nur ein Wort und langsam suchten sie sich, eng aneinander gedrängt, ihren Weg zurück zum Luftschiff.
 

~
 

Mit einem Knirschen setzte die Rampe wieder auf dem steinigen Boden auf. ''Und jetzt?'' Cid blieb am Ende stehen, verschränkte die Arme vor der Brust und blies eine Rauchwolke aus. ''Es ist zappenduster.'' Mit einem Seufzen kam Tifa neben ihm zum Stehen. ''Na, wir teilen uns auf und suchen sie.'' Der Pilot lachte auf. ''Ist das dein Ernst? Und nachher rennen wir wie die Kühe blind im Kreis.'' ''Hast du einen besseren Vorschlag, alter Mann?'' Yuffies Faust traf ihn spielerisch am Oberarm. Argwöhnisch sah er zu ihr herüber und zog kräftig an seiner Zigarette. Die Glut legte einen roten Schimmer auf sein Gesicht. ''Ja. Wir scheißen drauf und fliegen weiter.'' Das Mädchen zog eine finstere Miene. ''Komm, ich weiß, dass du das nicht ernst meinst.''

''Wie's aussieht, müssen wir gar nicht lange suchen.'' Mit festen, lauten Schritten kam Barret die Rampe hinab, stemmte eine Hand in die Hüfte und wies mit einem Nicken geradeaus ins Dunkel.

''Wie?'' Überrascht sah Tifa auf. Es dauerte einen Moment bis sich ihre Augen soweit an die Nacht gewöhnt hatten und sie die zwei Schemen in einiger Entfernung ausmachen konnte. ''Oh, zum Glück...'' Sie atmete erleichtert auf.

Gemeinsam warteten sie am Aufgang zur Luke, bis die beiden dicht genug an die Highwind herangekommen waren. ''Na endlich. Wir haben schon befürchtet, ihr hättet Fahnenflucht begangen!'', schnauzte Cid ihnen laut und spöttisch entgegen. ''Cid!'' Tifa schenkte ihm einen bösen Blick und schüttelte leicht den Kopf, ehe sie den beiden entgegen ging. ''Seid ihr wohlauf? Ist alles in Ordnung?'' Doch sie erhielt keine Antwort. Besorgnis keimte in ihr auf und in leichtem Laufschritt brachte sie die letzten Meter zwischen ihnen hinter sich. ''Hey, was ist los, was ist passiert?'' Unruhig blickte sie zwischen den beiden hin und her und ergriff schnell Clouds anderen Arm, als sie bemerkte, dass etwas nicht stimmte. Cloud warf ihr nur einen ablehnenden Blick zu, ließ sie aber gewähren und war fast ein bisschen erleichtert über die zusätzliche Stütze. Er glaubte, auch ein leises Aufatmen von Vincents Seite zu vernehmen. Zu dritt gingen sie zurück zum Luftschiff. ''Und? Welche Entschuldigung habt ihr für die Warterei vorzubringen?'' Der Pilot war offensichtlich missgelaunt und bereit ihnen seine ganze schlechte Stimmung entgegenzuschleudern. Er kaute unruhig auf dem letzten Rest seiner Zigarette herum. ''Cid, bitte!'' ''Was ist los, was ist passiert?'' Yuffie kam an Tifas Seite und beäugte die drei neugierig. Kurz vor der Rampe blieben sie stehen und Vincent hob behutsam Clouds Arm von seinen Schultern herunter. Schweigend schob er seinen Freund leicht zu Tifa. Sie sah über seine Schulter hinweg zu Vincent herüber, doch ging dann die Rampe hinauf ins Innere des Luftschiffs, als sich Cloud in Bewegung setzte und sie mit sich drängte. Yuffie und Barret folgten ihnen. Grummelnd stieg auch Cid wieder ein und schlug mit der Faust auf den Knopf, der die Rampe hinaufzog. Träge folgte Vincent ihm und war dankbar, dass Cid nicht wartete, bis die Luke geschlossen war, sondern schon zur Brücke vorauseilte. Er nahm einen tiefen Atemzug und ließ sich entkräftet auf den kalten Stahlboden sinken. Sie waren zurück.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Raimei
2016-05-27T13:38:50+00:00 27.05.2016 15:38
Ich meine natürlich Lucrecia. Wie peinlich XD
Von:  Raimei
2016-05-26T20:31:42+00:00 26.05.2016 22:31
Ich weiß wirklich nicht warum es keine Kommentare gibt. Ich liebe es.
Schön dass sie es wirklich lebend zurück zu den anderen geschafft haben und das ganze ohne ein Wort zu wechseln.
Ich bin gespannt wie Vincent sich nun verhält. Aerith war ja doch sehr nachdrücklich und eindeutig. Und was hat Cloud davon eigentlich alles mitgekriegt? Wirklich garnichts? Ich hoffe es geht bald weiter.

Lg Raimei
Antwort von:  FraeuleinUnruh
29.05.2016 12:44
Hey hey!

Ich danke dir für deinen Kommentar. :)
Ich dachte mir fast, dass du Lucrecia meinst. ;) Hehe.
Was Cloud nun wirklich weiß und was genau er mitbekommen hat, wird man schon im nächsten Kapitel lesen, aber ich sage mal: er lag bewusstlos am Boden. Dementsprechend ist die Aufnahmefähigkeit ein wenig eingeschränkt. x)
Und Vincent muss natürlich schauen, was er daraus jetzt macht. Da hat er so sehr nach Lucrecia gesucht und musste sie dann doch zurücklassen. Einfach ist das für ihn auf jeden Fall nicht.
Heute Abend gibt es dann das neue Kapitel! :)

Liebe Grüße und einen schönen Sonntag für dich,
Fräulein U.


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