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Heldin im Aufwind

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
(Man möge mir verzeihen, ich habe derzeit kein Programm mit Rechtschreibprüfung) Komplett anzeigen

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Der Wind steht gut

Es rumpelte und polterte und Stimmen schimpften vor sich hin. Stimmt. Gestern Abend hat ein bunter Trupp Abenteurer Zimmer gemietet. Das war richtig ungewohnt.

Schritte, Trampeln auf der Treppe.

"Hallo, ist hier jemand ansprechbar?"

Karenja schritt aus der Küche und stand einem hochgewachsenem Mann in einem buntem Mantel und Schlapphut gegenüber.

"Den Zwölfen zum Gruße. Mein Name ist Tassil. Man nennt mich auch Tassil Wohlgesang."

"Äh, Karenja. Karenja Berow. Kann ich was für dich tun?"

"Ein leckeres Essen für vier Personen, wäre nicht schlecht. Es riecht bis hoch in unsere Zimmer nach gutem Eintopf."

Karenja nickte und verschwand in der Küche. Weiteres Getrampel und Stimmen ertönten. Eine hitzige Diskussion schien im Gange und das zur frühen Mittagsstunde. Kurz darauf saßen vier Männer an einem der wenigen Tische. Die Schankmaid brachte das Essen. Bis auf einen stürzten sich alle auf den Hammeleintopf.

"Was ist denn mit eurem Kollegen hier los?" Sie runzelte die Stirn.

Tassil lachte auf. Der werte Herr hier hat mit dem Wirt und dem Koch ein Wetttrinken veranstaltet. Karenja verschrenkte die Arme und schaute grimmig drein.

"Ernsthaft? Dem habe ich heute diese ganze Schweinerei hier zu verdanken? Die beiden Sufftrottel sind schon Katastrophe genug, allein, wenn sie nur besoffen und nicht schon halb tot besoffen sind."

"Halt die Klappe!", lallte hinter der Theke vor.

"Halt selber die Klappe und schlaf deinen verdammten Rausch aus und wehe du kotzt."

"Haha, das Mädel hat Schneid." Ein Mann mit langem blonden Haar lachte auf.

Die junge Frau wandte sich wieder den Gästen zu.

"Kann ich noch irgendwas bringen?"

"Wie wäre es mit etwas Wasser und salzigem Fisch für unseren Freund hier?", sagte der Blonde und stieß dem kleinen Elend neben sich Schulter an Schulter. Der hingegen grummelte vor sich hin und setzte kurz darauf auf.

"Fisch ist leider aus. Der Hammel ist das einzige, was gerade im Haus ist."

Tassil hob den Löffel. "Der Eintopf ist vorzüglich. Wenn wir eine so gute Köchin bei uns hätten, würden die Reisen wesentlich beschwingter sein."

Karenja ging grinsend zurück in die Küche. Der Koch hatte sich mittlerweile aufgerappelt und räumte Küchenkrempel herum. Endlich war dieser Trottel wach und ging derArbeit nach, die sie für ihn übernommen hatte. Dennoch, es wurde ein Wasser bestellt. Sie schnappte sich einen Tonkrug und schöpfe etwas Wasser aus einem Fass. Damit ging sie zurück in den Schankraum. Tassil lachte und erzählte von dem letzten Abenteuer, wie sie nur knapp einem Steinschlag am Rande der Roten Sichel entkommen sind. Was daran lustig sein soll, war ihr unklar. Einen Schatz schienen sie auch nicht gefunden zu haben. Reich und bekannt sein, das wäre doch was. Vor sich hin summend stellte sie den Krug auf den Tisch.

"Nachschlag!" rief einer. "Ich auch!", erwiderten die anderen, selbst der kleine dickliche, der bisher immer nur stillschweigend da saß und kaum Regung zeigte.

"Wenn ihr wollt, stelle ich euch den Kessel auf den Tisch und ihr nehmt euch selbst."

Die Gruppte nickte zustimmend.

"Oleg, hilf mir den Kessel tragen." Der Koch brummelte. "Warum?" Karenja schnaubte. "Mach einfach." Widerwillig nahm der Koch den Kessel vom Feuer. Die Schankmaid schnappte sich ein altes Tuch und legte es auf den Tisch, wo der restliche Eintopf schon mit großen Augen erwartet wurde. Einer klatschte sogar. Als der Koch den Kessel auf den Stoff gestellt hatte, gab es kein Halten mehr und innerhalb von Sekunden und viel Gerangel, war der Kessel leer und die Schüsseln randvoll gefüllt.

Nun konnte sich Karenja erst einmal wieder hinsetzen. Während mit vollem Mund ein wilder Austausch von weiteren Abenteuergeschichten statt fand und viel gelacht wurde, träumte Karenja von einem Leben, weit weg von Vierwinden.

Als die Schüsseln leer waren und die junge Frau den Tisch abräumte, fragte sie nebenher, wo es denn als nächstes hingehen würde.

Der kleine dickliche, mit dem kurzen braunen Haar, meldete sich zu Wort.

"Wir überlegen noch, in welche Richtung wir aufbrechen. Meist entscheiden wir spontan."

"Naja. Alles wäre besser, als hier zu verotten."

"Was hält dich eigentlich in diesem Ort?" Fragte Tassil und lächtelte voller Charm.

Karenja schien belustigt. "Was führt einen Trupp, wie euch, in so ein unbedeutendes Nest?"

Nun meldete sich ein weiteres Gruppenmitglied zu Wort.

"Darf ich vorstellen? Mein Name ist Yann Bellentor und möchte die Statue der schwarzen Rondra in Augenschein nehmen."

"Der schwarzen, nackten Rondra?" Sie kicherte, während Yann rot anlief. Eine seltsame Erscheinnung für einen doch sehr kräftigen Mann im Gambeson.

Tassil löste schnell die Situation auf. "Jetzt aber mal im Ernst, was hält so eine schlagfertige junge Frau in einer Taverne, bei zwei solchen 'Wirten'?"

Karenja seufzte tief und ließ sich auf einen Stuhl fallen.

"Wisst ihr, der Vater dieser zwei Trunkenbolde hier, ist mein Oheim. Es ist der letzte Rest Familie, der noch übrig geblieben ist. Der andere Teil hat sich in alle Winde zerstreut."

"Das nennst du eine Familie?" Er schien sich sichtlich erschrocken. "Die beiden halten dich hier? Ach komm."

"Und mit einem Trupp unbekannter Männer herum zuziehen ist besser?"

Am Tisch wurde es still. Alle schauten auf Tassil. Der Trunkenbold der Runde meldete sich zu Wort. Lallend versuchte er klar zu sprechen, was ihm nicht so ganz gelang. "'S war seine Idee, dass wir 'weibliche Attribute' in unserer Gruppe bräuchten. 'S wusste ja keener... keener, dass er sich auf die nächst beste Dirne ein...schießt." Dann war es wieder still. Alle schauten zu Karenja, in deren Gesicht eine finstere Miene formte. Es wurde beängstigend still. Bevor Tassil zum reden ansetzen konnte, zerrte Karenja ihre Schürze runter, formte sie zu einem Stoffballen und war sie dem unverschämten Mann an den Kopf. "Pah!", rief sie laut aus und stampfte wortlos in die Küche. "Gut gemacht Scaldis, du bist mal wieder die Höflichkeit in Person." Yann Bellentor seufzte und gab ihm einen Klaps auf den Hinterkopf. Doch Scaldis knurrte nur mürrisch zurück und stand auf. "Hee, Wirt. B... Bier!"

"Fredo, Kundschaft! Fredo?" Karenja lugte um die Ecke und sah, wie sich ihr Cousin langsam am Thresen hochzog. "Seit wann hast du eigentlich hier das sagen?" Fredo winkte ab und füllte einen Krug mit Gerstensaft.

"Seit wann hast du hier eigentlich das sagen?", äffte sie ihn nach und verließ, mit einem Eimer voll Wasser in der Hand, die Küche und stampfte die Treppe hochwärts zu den Gästezimmern. Die Familienzusammengehörigkeit war wirklich eindeutig erkennbar.

Tassil verfolgte die Szenerie stumm und mit verschrenken Armen. Er saß zurückgelehnt an seinem Stuhl und beobachtete Karenja. Seine Mundwinkel verzogen sich langsam und ließen ihn etwas gequält aussehen.

Fast zeitgleich erhoben sich die restlichen drei. "Für mich und Brin auch ein Bier, bitte." Yann zog seinen Kumpanen am Ärmel mit vor an den Thresen. Tassil hingegen schritt langsam Richtung Treppe und folgte der Schankmaid zu den Zimmern. Diese leerte gerade die Nachttöpfe und schüttelte die Betten auf. Als sie schließlich mit dem Auswechseln des Waschwassers fertig war, wollte sie ins nächste Zimmer gehen. Plötzlich erschrak sie. Wasser schwabbte aus dem Eimer. Der große Mann mit dem Schlapphut stand in der Tür und schaute sie schweigend und ausdruckslos an. Wie gebannt blickte sie zurück in seine stahlgrauen Augen. Als er langsam auf sie zuging, umkrampfte sie den Henkel des Eimer, mit der Absicht sich zu verteidigen. Aber sie war wie gelähmt. So schnell konnte sie gar nicht reagieren, hatte Tassil ihre Hand gefasst, zog seinen Hut und hauchte einen Handkuss. "Es würde mich freuen, wenn du mich und die anderen begleitest. Wir werden noch einen weiteren Tag bleiben, da unsere letzte Reise erschöpfend war. Du hast also etwas Zeit zum Nachdenken."

"Der Tag Miete geht aber nicht aufs Haus", antwortete die Frau sarkastisch, löste sich aus dem lockeren Griff und eilte verstört und mit immer schneller werdenden Schritten hinaus in das nächste Zimmer, wo sie als erstes die Zimmertür abschloss. Mit großen Atemzügen versuchte sie wieder etwas herunter zu kommen. Ein Rumpeln und ein überlautes Gähnen aus dem Nachbarraum waren zu vernehmen. In Windeseile fertigte sie das Zimmer ab und verschwand wieder nach unten. Tassil hingegen lag auf dem Bett und starrte, mit einem schelmischen Grinsen, an die Decke.
 

Zurück in der Küche kam Oleg gleich auf sie zu. "Die Kerle da draußen haben für eine weitere Nacht und Verpflegung gezahlt. Wir brauchen Fleisch, Brot und Käse." Karenja verleierte die Augen, schnallte sich aber ohne Widerworte die Kiepe auf den Rücken. Unter dem Thresen holte sie ein paar Münzen aus einem Tonkrug, steckte diese in ihre Rocktasche und begab sich nach draußen.

In den Gassen zog der Wind durch und wehte ihr die Haare um das Gesicht. Karenja hielt sich die Hand an dir Stirn und schaute verträumt in den Himmel. Dicke Wolkenberge türmten sich und zogen schnell vorüber. Nur ein Schwarm Wildgänse zog lauthals schneller vorbei. Als sie sich wieder besann und weitergehen wollte, bogen zwei Personen in ihre Straße ein. Der Schankmaid blieb das Herz stehen, als sie erkannte, um wen es sich handelte - Pietr und Jella. Als Jella Karenja erblickte, henkelte sie sich bei Pietr ein und lächelte abwertend. Peinlich berührt schaute Pietr weg und lies sich von der Frau mit den langen, rotblonden Haaren regelrecht wegzerren.

Als die beiden vorbei gegangen waren, fing Karenja an schnell zu atmen. Sie kämpfte mit Tränen. In ihr krampfte sich alles zusammen und aus schnellen kurzen Zügen wurden lange, tiefe. "Nicht darüber nachdenken, nicht an mich heran lassen", flüsterte sie sich selbst zu und strich sich mit den Fingern die Augen von außen nach innen aus. Als hätte sie Scheuklappen auf, wandelte sie durch die Straßen, von Geschäft zu Geshäft, besorgte frische Brote, einen halben Laib Käse und verschiedenes an Fleisch.

Vollgepackt machte sie sich auf den Rückweg. Mit den Gedanken diesmal wie im Nebel wandelnd, kehrte sie in der Küche ein. Als sie dann alles in den Keller geräumt hatte, ging sie wieder hinaus. Neben dem Eingang lagerten unter einem kleinen Vordach Holzscheite. Einiges an Holz lag lose verstreut herum und wartete darauf, aufgearbeitet zu werden. Karenja zog das Beil aus dem Hackstamm und fing an weitere Holzscheite zu hacken und einzusortieren. Sie bemerkte überhaupt nicht, dass die ersten neuen Gäste das Gasthaus betraten. Aus der Ferne des Sonnenunterganges näherte sich ein leichtes Scheppern und stoppte direkt neben ihr. Karenja schaute verwundert auf. Es war Yann Bellentor in seiner Rüstung. "Nicht schlecht", dachte sie sich und fragte grinsend "Und? Ist sie nackt?" Yann lief rot an und fing schnell ein anderes Thema an. "Das ist gar kein schlechter Umgang mit dem Beil. Es sind aber gerade Gäste rein." - "Oh." Die Frau schwang das Beil noch einmal und schlug es zurück in den Hackstamm. Dann gingen beide in den Schankraum, er dann weiter hoch in sein Zimmer.

Tassil saß auf dem Tische recht mittig, den linken Fuß stützend auf einem Stuhl gestellt. Den rechten schwang er etwas hin und her. Sanft zupfte er auf den Saiten seiner Mandoline und schien sich einzuspielen. Auch verlangten die ersten Gäste nach einem Bier. Die Schankmaid wischte sich dem Ärmel ihres grünen, schlichten Kleides, den Schweiß von der Stirn und schaffte die ersten überschäumenden Krüge zu den Tischen. Aus der Küchte holte sie eine Tonschale mit Brot und Trockenfleisch. Die Männer an den Tischen warfen ihr die üblichen Blicke zu, aber sie lächelte und im Rumdrehen verleierte sie erst die Augen. Zum Glück waren die erst einmal versorgt und redeten laut und lachten und lärmten. Ein üblicher Abend. Schließlich gab es in dieser Stadt nicht allzu viel, an dem man sich erfreuen könnte.

Karenja konnte sich zumindest für einen Moment in eine Ecke setzen und den mittlerweile lauteren Klängen Tassils Mandoline zuhören.
 

"Der Weg war beschwerlich

Doch der Gedanke war herrlich

Dass dieses Land den Segen bringt

Ich überwand jede Schwierigkeit

War zu Allem bereit

Und trotzdem leicht und beschwingt

Von der Anziehung dort hin

Zog ich mit dem Wind

Hoffte, dass ein neues Leben für mich beginnt…"
 

Seine Stimme machte seinem Beinahmen "Wohlgesang" alle Ehre. Sie lauschte seinen Worten und schweifte wieder ab. Kurz darauf holte sie die Realität wieder ein, als die Rufe nach Biernachschub lauter wurden. Genervt stand sie auf und kümmerte sich um die Gäste. Einer zupfte ihr am Rock, worauf sich die Schankmaid lauthals beschwerte. Es kam nichts weiter als Gelächter zurück. Sie hasste es. Im nächsten Moment schaute sie wieder zu Tassil und seiner Mandoline. Stimme und Instrument ergänzten sich perfekt. Es waren bisher einige Barden in der Taverne aufgetreten, aber bei keinem klang alles so harmonisch. Ab und an, so übertönten die Lacher und Ausrufe der weiteren Gäste die Musik. Kurz darauf stimmte Tassil neue Klänge an, die bei Männern im Raum gut ankamen. Ein Trinklied. Er wiederholte mehrmals den Refrain.
 

"Hoch die Krüge, rein das Bier

Ausgelassen feiern wir

Hoch die Becher, trinkt den Wein

Und schenkt euch immer wieder neu voll ein..."
 

Es dauerte nicht lange und alle konnten ihn mitsingen. Sogar Karenja sang leise mit und brachte in einem mittlerweile schnelleren Rhytmus, die Bierkrüge von Tisch zu Tisch.

Es ging so eine ganze Zeit weiter, bis die ersten hinaus torkelten. Das Geschäft lief an diesem Abend gut und stimmte Oleg und Fredo so zufrieden, dass sie sich selbst auch wieder einige Biere gönnten. Die Schankmaid hingegen räumte die Tische ab, säuberte sie und kehrte aus. Nach einigen ruhigen Liedern, wurde es still. Der Barde sah müde aus und schaute zu Karenja, die wohl genau so zusammen gekniffene Augen hatte. Brin und Yann schienen wohl schon im Bett zu sein. Dass Scaldis Sitzfleisch hatte, war abzusehen. Die Frau stellte ihren Besen hin. Sie warf sich ihren Umhgang um und nahm sich eine Laterne.

"Schlaf gut, in Borons Armen." Tassil winkte ihr hinter her und die Frau erwiederte die Geste. Dann wurde er wieder ernst. Sie schienen wohl doch wieder zu viert weiter zu ziehen.

Draußen zog eine frische Brise auf, sodass Karenja ihren Umhang eng an sich ziehen musste. Es war dunkel, aber am Himmel zog eine graue Wolkendecke vorüber und erstickte Madas Schein förmlich. Die Flamme der Laterne führte einen wilden Tanz auf und so einige Male beugte sie sich fast dem Erlöschen. Die Atmosphäre war unheimlich und Karenja schauerte es. Schnellen Schrittes ging sie durch die Straßen, an ihrem Haus vorbei, zum Tempel der Travia. Es war nicht das erstemal, dass sie hier zu so später Stunde erschien. Nach gewinnbrinegnden Abenden, kehrte sie stehts dort ein. Als sie durch die Halle ging, hallte jeder ihrer Schritte wieder. Trotz Laterne war nicht viel zu erkennen. Auf dem Altar standen einige fast herunter gebrannte Kerzen. Karenja nahm einige neue Kerzen aus einer Kiste rechts vom Altar, zündete sie an und setzte sie auf die noch weichen Wachstürmchen. Flüsternd bedankte sie sich für den gewinnbringenden Abend und wühlte in ihrer Rocktasche nach Münzen. Mittig auf dem Altar stand ein kleiner, vergoldeter Kessel und schimmerte im Kerzenschein. Die Frau lies die Münzen klimpernd hinein fallen und verlies das Gebäude. Draußen wehte wieder dieser unheimliche Wind, zu dem sich nun vereinzelte Tropfen vom Himmel aus gesellten. Kurz nach dem sie die Türschwelle betreten hatte, fing es auch schon richtig zu regnen an. Glück gehabt. Wasser brauchte Karenja trotzdem noch. In der Küche zog sie sich um und wusch sich. Die Bettschwere zog sie auch gleich in ihre Kammer. So schnell sie im Bett war, so schnell war sie auch eingeschlafen.
 

Sonnenstrahlen schienen zum Fenster herein. Diese waren so intensiv, dass Karenja davon wach wurde. Langsam setzte sie sich auf und räkelte sich. In der Kammer war es stickig und außergewöhnlich warm. Als sie zum Fenter hinaus schauen wollte, wurde sie aber nur geblendet. Ein helles und gleißendes Licht unterdrückte die Umgebung und überstrahlte alles andere. Die Frau hielt es nicht mehr aus und verlies den Raum. Als sie sich in Richtung Küche aufmachen wollte, hörte sie hinter sich ein seltsames Geräusch. Es war wie ein Watscheln. Verwirrt drehte sie sich um und staunte nicht schlecht. Eine große, strahlend weiße Gans stand vor ihr und fing leise an zu schnattern. Ganz langsam und mit ausgebreiteten Armen, schlich sie auf das Federvieh zu. Kurz bevor die Schankmaid das Tier erreicht hatte, fing dieses an laut zu schreien und zu zedern. Es machte kehrt und rannte mit flatternden Flügeln davon. Karenja machte sich schnell hinterher. Eine wilde Jagt begann durch das ganze Haus. Treppe runter, Treppe rauf ging es munter hin und her. Plötzlich sprang die Gans auf das Treppengeländer und dann von der obersten Etage hinunter. Karenja rannte hinterher, aber bis auf Federn fand sie nichts mehr vor. Sie durchsuchte jedes Zimmer, aber nichts. Doch dann war wieder ein leises Schnattern zu hören. Die Frau versuchte herzufinden, woher es kam und schlich leise durch das Haus. Es wurde lauter, als sie die zweite Etage erreicht hatte. Dennoch konnte sie nicht zuordnen, woher das Geräusch kam. Sie schloss die Augen und lauschte. "Aus der Decke?" Am Ende des Ganges, war oben in der Decke war eine verschlossene Luke. In der Ecke hing ein langer Stab mit Haken. Beherzt nahm sie diesen Stab und führte den Haken in den, an der Deckentür befestigen, Metallring. Es bedurfte einiger Anstrengung, doch dann knackte und knarzte es und die Tür klappte auf. Eine dicke Staubwolke rollte herunter und brachte Karenja zum Husten. Nicht allzu lange und eine Leiter lugt an der Deckentür hervor, die man herunterklappen konnte. Das ging schon einfacher. Endlich konnte der Dachboden betreten werden.

Oben war es duster. Nur ein Strahl schien hell durch eine Lücke der Dachziegel und zeigte direkt auf die Gans. "Wie kommst du hier hoch?" schimpfe die Frau ihr entgegen. Das Tier schaute ihr wiederum fest in die Augen. "Nutze die Zeit!" Hatte es etwa geredet? Karenja stolperte vor Schreck, rückwärts über eine flache Truhe. Schneller, als sie sich fragen konnte, wie die Truhe dahin kam, saß sie wieder aufrecht im Bett. Regen schlug gegen die Fensterscheiben, als hätte Efford das tosende Meer aufs Festland gebracht. Verstört stieg Karenja aus dem Bett und wandelte leicht abwesend in die Küche, schürte den Ofen an, setzte einen Kessel Wasser auf und zog sich um. Ihr war unbehaglich. Dieser Traum schien so real. Als die Frau sich eine Schüssel holte, schwebte eine weiße Dauenfeder aus dieser heraus. Es klirrte. Die Schüssel fiel zu Boden und zerbarst. Im Eiltempo rannte sie los, die Treppen hoch in die oberste Etage. Tatsache. In der Decke befand sich eine Luke. Auch die Stange mit dem Haken war vorzufinden. Geschwind öffnete sie die Luke, wie in ihrem Traum und kletterte hinauf. Es war dunkel, dennochwaren die Umrisse einer flachen Kiste leicht auszumachen. Karenja tastete sich langsam voran und dann die Truhe ab. Sie war nicht verschlossen. In ihr befand sich ein zusammengenotetes Bündel. Da sie nicht viel sehen konnte, nahm sie das recht große Bündel mit die Leiter hinunter und in die Küche, wo sie es neugierig aufknotete. Kleidung, Schuhe, eine Decke, eine Tasche und noch so verschiedenes. Es handelte sich um die Ausstattung einer Reisenden. "Aber, wie...?" Sie stockte. Das war kein normaler Traum, das war ein Wink mit dem Zaunspfahl. "Danke", flüsterte sie leise lächelnd, sortierte und probierte die Kleidung an. Alles passte, wie auf den Leib geschneidert. Ein geräumiger Rucksack befand sich ebenfalls unter den ganzen Utensilien, sowie kleinere Umhängetaschen und Beutel, Gürtel, Schnallen, ein Mieder und Stiefel. Neugierig und hibbelig, wie ein kleines Kind, packte sie aus, stöberte, sortierte hin und her. Am Ende wich das grüne Kleid und die Schürze, einem beigen, knielangem Kleid und einer weiten, braunen Hose. Auch das dunkelgrüne Mieder passte und blieb über das Kleid gezogen. Die Lederstiefel reichten bis zur Wade. Ihre braunen Haare ordnete sie unter einer Fellmütze zurecht. Gurte, Riemen, Taschen -alles wurde durchprobiert, was am besten passte und praktisch schien. So gekleidet hüpfte sie regelrecht herum, in ein leeres Zimmer. Nur ein rechteckiger, mannshoher Spiegel stand an eine Wand gelehnt. Im recht stumpfen Spiegelbild dessen, drehte sie sich hin und her wandte sich im Kreis herum und begutachtete sich von allen Seiten. Es gefiel ihr sehr. Sie fühlte sich wohl. Ein gutes Zeichen.

Der Regen peitschte immer noch gegen die Fenster. Bei dem Wetter werden die vier im Gasthaus, doch hoffentlich nicht weiter ziehen. Sie kennt Oleg und Fredo. Das sind keine schlechten Menschen. Die beiden würden wahrscheinlich Geld für das Essen verlangen und ihnen die Übernachtung wesentlich günstiger kommen lassen. Ungehobelte Oberflächen, weicher Kern. Dann schlich sich plötzlich etwas Wehmut ein. Es gab dennoch kein zurück, bei ihrer Entscheidung.

Karenja verließ den Raum und überlegte, beim Gang zurück in die Küche, was es in diesem Haus gab, an dem sie hing. Eigentlich gab es nicht wirklich etwas, was persönlich und von Bedeutung für sie war. Etwas Kleinkram landete in einer Schatulle und die Schatulle verschwand im Blindboden, unter dem Bett ihrer Kammer. Unter einer lockeren Bohle lagerte schon eine weitere Schatulle. Aus dieser nahm sie einige Münzen und verschloss alles wieder. Es fiel nicht auf, dass sich dort ein Versteck befand, zumal es auch recht weit an der Wand war. Mit zwei Nägeln und einer schweren Eisengusspfanne, befestigte sie die Holzlatte wieder, dass es auch ja nicht auffällt.

Nun behängte sie sich mit Gürteln und Schnallen, packte Lebensmittel und nützliche Gegenstände, wie Messer, eine Pfanne, einen Topf und diverse andere Utensilien, ein. Die Frau schnappte sich einen Schlüsselbund mit sechs Schlüsseln und hing einen weiteren dran. Es handelte sich um den Haustürschlüssel. Vollgepackt zog sie sich einen dicken Schurwollmantel über. Draußen lugte mittlerweile die Praiosscheibe zwischen den Wolken hindurch und der Regenschleier lichtete sich. Karenja schloss die Haustür ab und tänzelte um die Pfützen herum, auf die gepflasterte Hauptstraße. Von dort aus, marschierte Richtung Marktplatz und bog in eine Seitengasse. Mit kräftigen Schlägen, klopfte sie an einer unscheinbaren Tür. Mascha, die Frau vom Markt, öffnete ihr mit verwundertem Blick.

„Darf ich reinkommen?“

„Äh… äh… natürlich, du bist immer willkommen.“ Mascha zögerte kurz, trat aber beiseite und bat die Frau ihr gegenüber ins Haus. Karenja zog ihre Stiefel aus und Marktfrau schob ihr Fellpantoffeln hin.

„Warte, ich bring dir etwas Brühe. Es überrascht mich, dass du um diese Tageszeit hier vorbei schaust. Brauchst du irgendwas? Kann ich dir helfen?“ Sie brachte der Schankmaid eine Schüssel frischer Fleischbrühe an den Tisch und schob sie ihr rüber. Diese wiederum schob ihr einen Schlüsselbund, mit sieben Schlüsseln dran, hin. Mascha schaute verwirrt auf den Gegenstand. Karenja legte ihn in ihre Hände und holte tief Luft, um zum Reden anzusetzen.
 

„Das sind die Schlüssel für mein Haus. Der große ist der für die Haustür. Ich werde weggehen und du brauchst für deine große Tochter sicher eine Mitgift. Dein Sohn ist doch in der Lehre zum Zimmermann. Vielleicht kann er es etwas von außen verschönern. Innen ist soweit alles intakt. Ich möchte nur die kleine Kammer behalten. Wenn ich wieder komme, werde ich sie brauchen, bis ich was anderes gefunden habe. Ich möchte dieses große Haus nicht mehr. Bitte Mascha, nimm es.“

Die Frau steckte ihre Haare unter ihre Fellmütze und schlürfte die Hühnerbrühe. Mascha wusste nicht, was sie sagen sollte. Das alles überforderte sie gerade und fragte nur zögernd. „Ist es wegen Pietr?“ Karenja schlug traurig die Augen nieder und widmete sich weiter schweigend ihrer Suppenschüssel. Die Frau vom Markt war eine der wenigen, zu denen sie so etwas wie eine Freundschaft pflegte. Nein, eigentlich war sie die einzige. Die Frau mit den halblangen, welligen Haaren bemerkte, dass sie einen wunden Punkt getroffen hatte. „Mach dir mal keine Sorgen. Du wirst bei uns in der Familie immer einen Platz haben.“

„Danke.“ Karenja lächelte wieder. „Aber einen Gefallen kannst du mir noch tun.“ Sie kramte in einer Geldkatze und legte zehn Kupfermünzen auf den Tisch. „Kannst du eine deiner vier Töchter entbehren, die für mich im ‚Vollen Krug‘ einspringen kann und ein paar Kwassetz schwingt? Nur solange, bis sie jemanden neues gefunden haben.“

Mascha schob ihr die Münzen zurück. „Bring mir einfach was Hübsches mit, wenn du wieder kommst.“

Die Münzen wanderten zurück in den kleinen Lederbeutel. „Und… Nessa oder eine der anderen, wird sich sicher über etwas Abwechslung zur Stall- und Feld freuen.“

Nach einem kurzen und heiteren Plausch, machte sich die frischgebackene Abenteurerin wieder auf. Sie lief zielstrebig Richtung Wirtshaus. Der Regen hatte bereits vollständig aufgehört und in den Pfützen schimmerte Praios Antlitz. Von Weiten hörte sie bekannte Stimmen. Tassil und Scaldis schienen sich irgendwie nicht so einig zu sein. Sie fing an schneller zu laufen und winkte. „Hey, wartet auf mich!“ Die Frau rannte regelrecht in das Wirtshaus hinein. Es dauerte nicht lange und sie kam freudig wieder raus.

Tassil schien sichtlich erfreut. „Willkommen in der Familie.“
 

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Kapitel 1 Ende
 

Ich bin gegen Ende hin echt fast abgefault, weil ich irgendwie nicht weiter kam.
 

Lob, Kritik, Anregungen, Wünsche, etc. sind willkommen! :)



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Aviendha
2016-02-07T21:17:06+00:00 07.02.2016 22:17
Wieso ist sie gegen Ende noch mal ins Wirtshaus rein? Einfach nur so verwirrt die Textstelle nur. Generell hat man dein kleines Tief am Ende bemerkt. In solchen Fällen nach der Rohfassung vorm Hochladen vielleicht noch mal ein zwei Nächte drüber schlafen und dann noch mal überarbeiten. (Ich weiß, gerade wenn man mal nicht so vorankommt, freut man sich, wenn man's endlich weg hat, aber es lohnt sich. ;) )

Insgesamt hat aber auch der Rest des Kapitel Spaß beim Lesen gemacht. Dass ausgerechnet Travia, die Göttin des Herdfeuers, die junge Frau auf Reisen "schickt"...! xD
Ich freue mich auf die nächsten Kapitel! :) Wäre schön, wenn du die vllt in weniger Abschnitten hochladen könntest. Animexx zeigt einem ja leider nicht an, bis wohin man schon gelesen hat.

LG Aviendha
Antwort von:  Ianna_von_Baskerville
08.02.2016 12:09
Danke für deine Auswertung! :)
Sie geht eigentlich nur noch mal rein, um zu sagen, sie ist dann mal weg. Das kann ich ja noch ergänzen. Werden sicher nicht mehr als 3-4 Sätze :)
Warum Travia sowas macht, kommt noch raus. Sie hat schließlich noch andere Tribute hehe. Spoilern will ich jetzt aber nicht ;)
Das mit den Absätzen werde ich so machen, wusste ich nciht. Gut das du das sagt. Du wirst demnächst gleich finden, wenn was neu hinzu kam.

LG Ianna
Von:  Aviendha
2016-01-17T09:22:21+00:00 17.01.2016 10:22
Deine Geschichte liest sich gut, selbst das Vorgeplänkel bisher. :) Freue mich schon darauf, wenn es richtig losgeht. Hast du Karenja selbst mal bei DSA gespielt? Schön finde ich, wie du immer aventurische Redewendungen mit einflichst. Damit wirkt die Welt nicht so beliebig.

LG Aviendha

P.S.: Auch ohne Rechtschreibprogramm sind wirklich wenig Fehler drin. Die letzten paar könntest du noch ausmerzen, indem du dir'nen Betaleser suchst.
Antwort von:  Ianna_von_Baskerville
17.01.2016 10:32
Ich danke dir für deine Rückmeldung! Ich habe Karenja schon als NSC gespielt. Sie wurde ganz spontan kreiiert. Ansonsten spiele ich meine Hexe Marja oder was gerade so gebraucht wird an NPC :)

Betaleser sind angestachelt, haben aber auch alle ein Leben :D

LG Ianna


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