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Nanshoku

Die Farben der Liebe
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
kleines Glossar:
Taiso – Gymnastik
Bokuto – schweres Holzschwert im Kendo (Schwertkunst d. Samurai)
Zori – leichte Pflanzenfaser-Sandalen
Hakama – eine Art weite Hose, manchmal auch Rock, ursp. Beinkleid berittener Samurai Komplett anzeigen

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„Wir müssen reden...“

Yukimura war inzwischen schon 2 Tage weg. Endlich hatte Kojuro dem Fürsten erlaubt, wieder langsam ins Training einzusteigen. Langsam war jedoch ein Wort, dass bei Masamune scheinbar gänzlich unbekannt war. Er hätte am liebsten sofort wieder das Schwert geschwungen. Doch Kojuro hatte vorgesorgt und die Schwerter des Fürsten weggesperrt, sodass er nur das Bokuto zur Verfügung hatte. Kojuro fand zwar, dass selbst das schwere Holzschwert schon zu viel war, aber etwas leichteres gab es nicht. Und der Fürst würde sich wohl kaum darauf einlassen, nicht mit dem Schwert zu trainieren, sondern stattdessen leichte Holzstücke zu heben. Damit brauchte Kojuro nicht kommen, also gewährte er ihm das Bokuto.

Kaum das Masamune das Holzschwert in der Hand hatte, wollte er auch direkt loslegen, doch Kojuro hielt ihn zurück.

„Nein, mein Fürst. Wir fangen langsam an. Nicht zu viel und nicht zu schnell. Wenn Euch das nicht passt, dann machen wir Taiso.“, sagte Kojuro, während er mit der Hand das Bokuto des Fürsten festhielt.

„Hör mir auf mit Taiso. Darauf habe ich nun wirklich keine Lust!“, entgegnete Masamune.

„Dann werdet Ihr Euch an meine Anweisungen halten müssen, wenn Ihr nicht gleich wieder das Krankenlager hüten wollt.“

Masamune seufzte. Es würde ihm sehr schwer fallen, sich daran zu halten, was Kojuro sagte. Also ließ er nur ein zustimmendes Murren hören.

Kojuro nickte zufrieden und nahm das zweite Bokuto. „Langsam.“, sagte er nur und machte die Grundsätze der Schwertführung langsam vor.

Mürrisch machte Masamune sie nach, obwohl er die Bewegungen in- und auswendig konnte. „Das machen wir aber nicht den ganzen Tag lang... Das ist Grundstoff, Kojuro!“

„Das weiß ich, mein Fürst. Aber für den Anfang muss Euch das genügen. Im Übrigen werdet Ihr an Taiso nicht vorbeikommen.“

Masamune stöhnte genervt und warf Kojuro einen giftigen Blick zu. Er mochte Taiso überhaupt nicht. Natürlich war das wichtig und er machte es normalerweise auch, bevor er mit dem Schwert trainierte. Aber mehrere Male am Tag? Die Gymnastikübungen waren nur zum Auflockern der Muskeln da und vielleicht für andere zur Entspannung danach. Für Masamune war es nur lästiges Vorgeplänkel um die Muskeln für das eigentliche Training aufzuwärmen. Und weil er sich überhaupt nicht darauf freute, heute noch Taiso zu machen, machte er die Übungen unbewusst zu schnell.

Kojuro strafte ihn mit einem missbilligenden Blick. „Heute Abend gibt es übrigens gebratenen Reis mit Eiern.“, sagte er wie beiläufig.

„Kein Gemüse?“, fragte Masamune und wurde automatisch langsamer.

„Wenn Ihr Euch an meine Anweisungen haltet, dann gibt es auch Gemüse dazu.“

Masamune sah hin stirnrunzelnd an. „Willst du mich etwa erpressen?“

„Davon habe ich nie etwas gesagt, mein Fürst. Jetzt ist es auch erst mal gut. Wir machen morgen weiter. Wir haben heute erst spät angefangen.“, sagte Kojuro und stellte sein Bokuto wieder weg.

„Was? Das war alles? Davon komme ich aber nicht wieder in Form!“, maulte Masamune.

„Ich habe gerade gesagt, wir haben spät angefangen heute, also reicht es auch erstmal. Nun kommt. Ich sage Michiko, dass sie den Reis bringen kann.“

Widerwillig reichte Masamune Kojuro das Bokuto und folgte ihm dann zurück ins Haus. Kojuro rief nach Michiko, die eine Schale Reis und etwas zu trinken ins Zimmer brachte.

„Und du?“, fragte Masamune.

Kojuro sah ihn an und lächelte. „Tut mir Leid, ich muss noch etwas tun. Ihr müsst heute leider ohne mich essen.“, antwortete er und mit einer Verneigung verließ er das Zimmer.

Masamune sah ihm erstaunt nach. Das war noch nie passiert. Was ist denn jetzt los?
 

Und weil Masamunes Ungestüm sehr schlecht zu zügeln war, hielt er sich oft genug nicht an Kojuros Worte und machte die Übungen schneller oder mit mehr Gewicht. Kojuro sagte meist auch nichts dazu, aber Masamune merkte, dass an diesen Tagen sowohl das Abendessen spärlich ausfiel, als auch, dass Kojuro dann nicht mit ihm gemeinsam aß. Wenn der Fürst sich aber genau an die Anweisungen hielt, dann gab es auch richtiges Essen und Kojuro war dabei und sie konnten lachen und miteinander reden.

Gestern hatten sie endlich mit dem richtigen Training angefangen. Sanada war jetzt eine Woche lang schon weg und Kojuro fand es an der Zeit, langsam mit dem richtigen Training anzufangen, sodass der Fürst wenigstens wieder konditioniert war. Seit die Wunde verschlossen wurde, war es nun fast drei Wochen her und jetzt konnte nichts mehr passieren.

Heute hielt sich der Fürst wieder an die Anweisungen, so wie er es die letzten zwei Tage auch getan hatte. Scheinbar hatte er verstanden, wie Kojuro ihn dazu brachte, auch wirklich nur das zu tun, was er wollte. Immerhin konnte es gefährlich werden, wenn der Fürst sich nicht daran hielt. Aber das hatte er wohl auch selbst schon gemerkt, denn Muskelkater am Bauch war wohl mit einer frisch verheilten Wunde nicht sonderlich angenehm.

Sie beendeten das Training und Kojuro stellte die Bokuto beiseite und sie gingen hinein.

„Heute gibt es Fisch, wenn Ihr mögt, kann ich Michiko bitten, schnell noch ein paar Stück zu frittieren.“, sagte Kojuro und öffnete die Shoji zum Flur.

„Das hört sich gut an.“

„Und wenn Ihr so gut weitermacht...“, begann Kojuro und sagte dann etwas zu Michiko, die gerade gekommen war.

„Dann?“, hakte Masamune nach, als die zierliche Frau wieder gegangen war.

„Dann habe ich eine Überraschung für Euch.“, beendete Kojuro seinen Satz.

„Eine Überraschung?“

„Das verrate ich Euch aber noch nicht.“, sagte Kojuro und lächelte.

Masamune lächelte ebenfalls, aber grimmig. „Du bist gemein.“, knurrte er grinsend. Aber er wusste, es würde sich wenigstens doppelt lohnen, auf Kojuro zu hören.
 

Doch die Überraschung musste erstmal warten, denn Tags darauf kündigte sich unerwarteter Besuch an, der sich auch noch als eher ungebeten herausstellte. Fürst Shibata ließ sich bei Masamune anmelden und auch wenn Masamune überhaupt keine Lust auf dieses Frettchen hatte, so ließ er ihn trotzdem kommen. Es konnte ja nur um ihn und Yukimura gehen. Nun – sollte dieses Frettchen sagen, was es zu sagen hatte.

Masamune empfing den feindlichen Fürsten im Beisein Kojuros. Ohne ihn würde er nie andere Fürsten oder sonst jemanden empfangen, schließlich war Kojuro sein rechtes Auge.

Shibata setzte sich ihm gegenüber. „Fürst Date.“

„Fürst Shibata.“

Sie nickten einander zu, aber hätte man nicht genau hingesehen, hätte man keine Verneigung voreinander gesehen. Kojuro hatte es gerade so als ein verneigen erkannt. Der Respekt voreinander war zwar da aber keiner der beiden hätte sich je tiefer als der andere verbeugt.

„Was führt Euch hierher?“, fragte Masamune.

„Oh, danke, meine Reise war beschwerlich aber es ging.“, antwortete Shibata, ohne dass er danach gefragt worden wäre.

Es wäre angemessen gewesen, danach zu fragen, das wusste Masamune aber dieses Frettchen hatte solcherlei Höflichkeiten nicht verdient. „Das bezweifle ich. Aber nun sagt, weshalb ich Eure Gegenwart ertragen muss!“, zischte er.

„Freundlich und zuvorkommend... Ich frage mich, wie Takeda nur auf die Idee kommen konnte, mit Euch ein Bündnis einzugehen. Das ist wohl eher ein Wagnis...“

„Das kann Euch doch egal sein, Fürst Shibata. Ihr seid nicht mit uns verbündet, da dürfte das kaum von Interesse für Euch sein.“, entgegnete Masamune.

„Oh... wer sagt denn dass Ihr noch lange mit Takeda verbündet sein werdet? Nach dem, was vorgefallen ist...“, sagte Shibata und klang absichtlich so, als täte es ihm bereits um das zerbrechende Bündnis leid.

Masamune kniff die Augen zusammen. „Darum geht es Euch... Das lasst mal schön meine Sorge sein, Dude!“

„Wie habt Ihr mich gerade genannt?“, fauchte Shibata.

„Oh nichts Schlimmes obwohl ich das gerne tun würde, da Ihr mich ja sowieso nicht versteht. Sei es drum. Aus dem, was Ihr da redet, werde ich nicht schlau. Kommt auf den Punkt!“

„Seid auf der Hut, Fürst Date. Takeda ist überhaupt nicht erfreut darüber, dass Ihr seinen General verführt habt. Ich könnte mir vorstellen, dass er, nachdem er dem Jungen die Hölle heiß gemacht hat, mit seiner Armee auf Euch zumarschieren wird. Und Ihr kennt Takedas Armee, nehme ich an.“, sagte Shibata.

Kojuro beobachtete den Fürsten von der Westküste genau und er sah, wie er sich bemühte ein hämisches Grinsen zu verbergen. Dieser Mann hatte wahrlich Freude daran, dem Fürsten solche Lügenmärchen aufzutischen, in der Erwartung, dass Fürst Date es ihm glauben würde und seine eigene Armee kampfbereit machte. Er sah zu seinem Fürsten hinüber. Er sah ernst aus. Kojuro wusste, dass er überlegte, wieviel Wahrheit an Shibatas Worten war.

„Was meint Ihr denn mit verführt? Ihr müsst wohl blind sein, wo ausgerechnet Ihr es doch gesehen haben wollt.“, entgegnete Masamune kühl.

Shibata reagierte äußerlich nicht darauf. „Oh ich habe ihm gesagt, was ich gesehen habe. Nämlich, dass Ihr Sanada verführt habt.“

Masamune musste lachen. „Glaubt Ihr Euch selbst? Das finde ich ja herrlich, very nice!“

„Könnt Ihr mit diesem ausländischen Kram aufhören!?“, fauchte Shibata.

„Stört Euch das etwa?“

„Das tut es gehörig, Fürst Date.“

Masamune beugte sich vor und sah ihn einen Moment scharf an. „Dann geht und kommt nie wieder! … Ach und vergesst nicht, bei Takeda Bescheid zu sagen, dass es keinen Grund für seine Armee gibt, sich auf den Weg nach Sendai zu machen – zwischen mir und seinem General ist rein gar nichts passiert, was auch immer Ihr gesehen haben wollt!“, knurrte er tief und böse.

Shibata sah ihn empört an und Kojuro musste sich sehr zusammenreißen, nicht gleich loszulachen. „Wie könnt Ihr es wagen, so mit mir zu reden...“, knurrte Shibata.

„Kojuro, bring ihn hinaus zu seinem Gefolge! Er wird sofort aufbrechen!“, sagte Masamune und deutete erhobenen Hauptes auf die großen Shoji seiner Halle.

Kojuro nickte und stand zeitgleich mit Shibata auf. Er führte ihn vom Gelände zu seinem Gefolge.

Masamune war wütend wieder auf das Kissen gesunken. Was fällt diesem Frettchen ein? Was hat er Takeda erzählt, dass er seine Armee in Bewergung setzen will?

Aufgebracht stand er nach ein paar Minuten auf und stürmte in den Garten. Auf der gegenüberliegenden Seite standen die Bokuto. Wütend schnappte er nach einem und wirbelte so sehr umher, dass er den nächstgelegenen Busch traf und einige Blätter auf den Boden rieselten. Ungeachtet dessen, was Kojuro bisher immer gesagt hatte, wirbelte er damit umher, als hätte er nie eine Verletzung davongetragen. Doch lange konnte er der Wut über diesen ungebetenen Besuch keine Luft machen. Kojuro kehrte schnell zurück und als er den Fürsten im Garten das Bokuto schwingen sah, als hätte er Fürst Shibata höchst persönlich vor sich, eilte er durch den Garten.

Mit der Hand wehrte Kojuro das Bokuto ab und sah den Fürsten ernst an. „Was macht Ihr da?“, fragte er.

„Ich bin wütend und lieber lass ich es damit raus, als dass ich noch die Möbel durch die Wände werfe!“, fauchte Masamune.

„Aber wenn nichts gewesen ist... zwischen Euch und Sanada... warum seid Ihr dann so wütend?“

Masamune sah ihn einen Moment an. Durchschaut. Er hatte Recht, denn wenn wirklich nichts gewesen wäre, hätte er auch keinen Grund so wütend zu sein. Aber ganz so einfach war das nicht. Er atmete durch und senkte dann den Kopf.

„Mein Fürst... was soll mir das jetzt sagen?“, fragte Kojuro und seine Stimme war tiefer geworden.

Da Masamune schwieg, zerrte Kojuro ihm plötzlich ungestüm das Bokuto aus den Händen. „Kommt mit.“, sagte er grimmig und zog ihn an der Hand hinter sich aus dem Garten.

„Wo willst du hin?“

„Das werdet Ihr gleich sehen... Eigentlich sollte das die Überraschung werden, aber ich glaube, das wird jetzt etwas anderes.“, sagte er und ging mit ihm zu den Ställen.

Ihre Pferde waren gesattelt worden, bevor Shibata sich angekündigt hatte und so standen sie auch noch in ihren Ställen. Masamune sah Kojuro fragend an.

„Wir reiten jetzt aus. Und dann reden wir!“, sagte Kojuro daraufhin und half Masamune auf sein Pferd, dann stieg er auf sein eigenes und ritt voran.

Der Weg führte sie hinaus aus dem Anwesen und den dazugehörigen Ländereien innerhalb dessen Grenzen. Außerhalb des gesamten Anwesens lagen weitere Felder und kleine Bauernhöfe. Außerdem wohnten hier auch die meisten Bürger Sendais und es gab viele Hütten aus denen es nach dem Mittagessen roch. Nach Fisch, gedünstetem Gemüse, Reis und Schweinefleisch. An manchen Hütten hing getrockneter Fisch. Es war inzwischen tagsüber so warm, dass es sich bereits lohnte, den Fisch in der Sonne zu trocknen.

Etwas weiter draußen waren die Handwerksleute. Hier roch es mehr nach Feuer, Metall und Lehm. Die Schmieden rauchten ständig, denn immer ging irgendwo ein Schwert kaputt und Vorrat wollte auch angelegt sein.

Doch Kojuro ritt weiter und so kamen sie zu den Schweinehöfen und letztendlich zu den Reisfeldern am Meer und den Fischerhütten. Auch hier hielt Kojuro nicht an, sondern ritt mit Masamune bis an den Strand. Dort standen einige Holzpfähle und Kojuro band ihre Tiere dort fest. Wortlos zog er seine Stiefel aus und steckte sie in die Satteltaschen. Masamune fragte nicht erst, sondern tat es ihm gleich und steckte seine Zori in die Satteltaschen seines Pferdes. Barfuß gingen sie auf den Sand und Kojuro ging schnellen Schrittes Richtung Wasser. Masamune runzelte die Stirn, denn Kojuros Verhalten war ihm unverständlich. Dennoch folgte er ihm.

Kojuro lief und lief über den Strand und Masamune fürchtete schon, er würde direkt ins Wasser laufen. Als Kojuro den Fuß in das kühle Nass setzte, eilte Masamune ihm hinterher. „Kojuro, was machst du denn?!“, rief er und schnappte nach Kojuros Hand.

Dieser reagierte nicht darauf sondern sah ihn nur an. „Es ist heiß heute. Ist Euch das noch nicht aufgefallen?“

Masamune runzelte die Stirn. Natürlich war ihm das aufgefallen, aber sein Hakama ließ die Wärme nur spärlich durchdringen und der seichte Wind hatte ihn beim Reiten auch etwas gekühlt.

„Ist Euch etwa nicht warm?“, fragte Kojuro, während er sich die Ärmel seines Yukata-Oberteiles oben zusammenrollte und festband.

„Es geht... Was willst du hier?“

Kojuro musterte den Fürsten, der auf das Meer hinaussah.

„Wie ich schon sagte, das sollte die Überraschung sein... Aber jetzt reden wir. Und zwar über das, was Fürst Shibata gesagt hat.“

„Ach der!“, maulte Masamune.

„Mein Fürst. Ihr habt es zwar ihm gegenüber abgestritten, aber...“, Kojuro sah den Fürsten ernst an. „... Wieviel Wahrheit steckt dahinter?“

Masamune sah ihn überrascht an. Wusste Kojuro etwas? Aber er hatte ihm doch nie einen Anlass gegeben, solches zu vermuten. „Wie kommst du darauf, dass das, was dieses Frettchen gesagt hat, wahr ist?“

„Nun ja, Euer Verhalten hat sich schon etwas verändert.“

„Wie verändert?“

„Als ich Euch gefragt habe, was auf Eurer Reise nach Azuchi passiert ist, da seid Ihr mir ausgewichen. Und als ich Euch gefragt habe, warum Ihr Sanada am Abend vor seiner Abreise so verschreckt habt, oder besser gesagt wie, seid Ihr mir auch ausgewichen.“, sagte Kojuro und sah wieder auf das Meer hinaus.

„Was willst du mir jetzt unterstellen?“

„Ich unterstelle Euch nichts, ich möchte nur die Wahrheit wissen.“, meinte Kojuro ruhig.

„Du glaubst also, ich verheimliche dir was?“, hakte Masamune nach.

„Offensichtlich.“, gab Kojuro zurück.

Er klang leicht ungehalten, wie Masamune auffiel. Er schien heute überraschend schnell die Geduld zu verlieren. Das geschah nicht sehr oft. Soweit Masamune sich erinnerte, war es in der letzten Zeit nur ein- oder zweimal vorgekommen.

Kojuro wandte den Blick wieder vom Meer ab und sah zum Fürsten, der ihn musterte. „Ihr habt mir ja anscheinend nicht die Wahrheit gesagt, als ich Euch danach gefragt habe. Nicht, als ich danach fragte, was Ihr mit Sanada an dem Abend angestellt habt. Und anscheinend erst Recht nicht, als ich Euch nach Eurer Reise nach Azuchi gefragt habe! Zumindest zweifle ich gerade an Euren Worten, wenn ich daran denke, das Fürst Shibata Euch die Verführung Sanadas vorwirft und selbst Takeda nicht sonderlich erfreut über diese Information ist! Ich frage Euch noch einmal: Was ist da zwischen Euch und Sanada passiert?“, fragte Kojuro und seine Stimme bebte bereits vom Versuch die Beherrschung nicht gleich zu verlieren.

„Was hat das Geschwätz von Shibata denn mit Azuchi zu tun? Und warum glaubst du dieser Schlange mehr als mir?“

„Antwortet mir auf die Frage! Was ist da passiert, was Fürst Shibata gesehen haben will?!“

„Nichts!“

Kojuro sah ihn fest an. „Masamune!“, knurrte er und wusste, dass er gerade eine Grenze mit voller Absicht übertreten hatte. Eigentlich hatte er den Fürsten nie beim Vornamen zu nennen ohne die entsprechende Anrede, aber wenn er wütend auf ihn war oder der Fürst sich mal wieder wie ein Kind benahm, dann hatte er es schon mal getan. Und der Fürst war ihm deshalb noch nie böse gewesen.

Masamune bedachte ihn heute jedoch mit einem missbilligenden Blick. „Kojuro! Es war nichts! Bevor wir aus Echizen abgereist sind hat Shibata uns beobachtet, das stimmt! Aber das was er erzählt hat, ist gelogen! Ich habe Yukimura nur eine Strähne aus den Wimpern gezogen. Mehr nicht! Shibata hat sich da was drumherum gesponnen!!“

„Und als Ihr hier in Sendai mit ihm Schach gespielt habt? Warum ist Sanada so spät abends verstört zu mir gekommen, damit ich auf Euch aufpasse?“, fragte Kojuro weiter.

„Das habe ich dir gesagt! Ich habe Yukimura einfach nur geärgert, weil er so niedlich reagiert. So unbeholfen.“

Kojuro atmete tief durch. „Und auf der Reise nach Azuchi? Habt Ihr mit ihm beisammen gelegen?“

„Ja... Nein! Nicht so!“, schnappte Masamune und sah dann, wie sich Kojuros Hand zur Faust ballte und er noch einmal tief durchatmete.

„Kann ich mir den Rest Eurer Ausbildung also sparen?!“, brüllte Kojuro ihn wütend an.

Masamune zuckte zusammen. „Wie bitte? Was denkst du von mir? Kojuro, da ist nichts passiert! Und das was passiert ist, habe ich dir gesagt, nämlich dass wir nebeneinander gelegen haben, weil das die bessere Alternative war, als sich neben die Pferde zu legen!“

Kojuro drehte sich abrupt um und ging am Strand entlang, das Wasser umspülte immer wieder seine Füße.

„Kojuro! Warte doch mal! Was ist denn bloß los mit dir? Ich verstehe nicht, warum du so wütend bist.“

Masamune hatte auf seine eigenen Füße geachtet, während er ihm hinterhergelaufen war und hatte nicht bemerkt, das Kojuro genauso abrupt stehen geblieben war, wie er sich eben noch umgedreht hatte. Das hatte zur Folge, dass er direkt in Kojuros Rücken lief und zwei Schritte rückwärts taumelte.

Kojuro wandte sich wieder um und sah ihn an. „Ich möchte wissen, was genau passiert ist. Und ich glaube Euch, wenn Ihr sagt, dass Ihr nicht mit Sanada zusammengelegen habt. Aber sagt mir bitte, wieviel Wahrheit an Fürst Shibatas Worten ist!“

Masamune sah ihn einen Moment lang an, dann sah er zum Meer.

Kojuro seufzte. „Sagt es mir, um den Frieden in unseren Ländereien willen!“, knirschte er, wissend, dass das auf jeden Fall zu einer Antwort des Fürsten führen würde.

„Ich habe Sanada geküsst... Aber nur, weil er sonst nicht aufhören würde zu reden... Mal abgesehen von unserem Ritt nach Azuchi...“, sagte Masamune leise.

Und wieder wandte sich Kojuro um. Masamune sah, wie er die Hände zu Fäusten ballte.

„Ihr habt Sanada geküsst... damit er ruhig ist? … Und auf dem Ritt nach Azuchi? Was ist da passiert?“, knirschte er und ging weiter.

Masamune folgte ihm. „Ich war noch nicht ganz wach...“

Kojuro hielt erneut abrupt an und drehte sich so hastig um, dass Masamune gegen seine Brust prallte und wieder ein paar Schritte rückwärts gehen musste. „Ich glaube das nicht... Ihr ward noch nicht ganz wach?!“, brüllte Kojuro den Fürsten an.

„Kojuro! Du weißt schon noch, mit wem du redest?“

„Das weiß ich sehr wohl. Verzeiht, dass ich laut geworden bin, aber denkt Ihr denn gar nicht an die Menschen um Euch herum? Was wollen wir denn jetzt tun, wenn Fürst Takeda wirklich mit seiner Armee kommt?“

„Um was geht es dir eigentlich? Ob wir gegen Takeda ins Feld ziehen oder darum, dass ich Sanada geküsst habe?“

„Um beides, verdammt nochmal!“, fauchte Kojuro und stapfte am Strand entlang zurück zu den Pferden.

„Kojuro, bleib stehen! Was ist los mit dir, du bist doch sonst nicht so!“

Kojuro sah ihn wütend an. „Das stimmt, aber verzeiht bitte, wenn ich jetzt wieder ein unpassendes Verhalten an den Tag lege! Denkt allein darüber nach! Über das, was wir wegen Fürst Takeda zu tun gedenken und vor allem darüber, warum mich das alles so aufregt! Vielleicht versteht Ihr es ja dann! Betrachtet es als Aufgabe im letzten Teil Eurer Shudo-Ausbildung!!“, sagte er grimmig, zog seine Stiefel an und ritt davon.

Masamune stand fassungslos am Strand. Das Wasser umspülte seine Füße und die wärmende Sonne ging langsam unter. Kojuro...



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Rajani
2014-10-10T16:30:27+00:00 10.10.2014 18:30
Hihi, na die Überraschung sollte eigentlich ein angenehmer Spaziergang am Strand sein und nicht ein Streit am Strand ;)
Von:  Tamanna
2014-10-08T21:43:31+00:00 08.10.2014 23:43
Ach ja... Was war denn nun die Überraschung, von der Kojuro gesprochen hatte?
Von:  Tamanna
2014-10-08T21:41:45+00:00 08.10.2014 23:41
UI~
Wieder einmal ein tolles Kapitel.
Wie Kojuro seinen Fürsten dazu bringt, nach seiner Pfeife zu tanzen... LOL. Aus dem wird mal ein guter Vater, sollte er einer werden ;)
Und ich muss mich jedes Mal beölen, wenn du, als Autor, Shibata konsequent als "Frettchen" bezeichnest. Hihi.

Abschließend muss ich noch sagen, dass Kojuro die Eifersuchtsnummer echt gut zu Gesicht steht ;)

lg TamTam
Von:  the-cooky-girl
2014-06-09T09:57:28+00:00 09.06.2014 11:57
Halli Hallo :-D

Bor dieser Frettchen Fürst regt mich total auf >.<
Oh ha und Kojuro verliert seine Geduld 0.0
Ein sehr interessantes Kapitel finde ich und ich bin echt gespannd wie sich das alles noch entwickeln wird. *.*

LG svenny


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