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Nanshoku

Die Farben der Liebe
von

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Die Sache mit dem Shudo-Meister

Kaum war das Frühstück gegessen, stand Yukimura auf und ging um sein Pferd zu satteln und seine Sachen zu holen. Als er alles bei sich hatte und auf dem Hof stand, kamen auch der Fürst und Meister Katakura dazu. Mit einem Kopfnicken verabschiedete sich Yukimura, stieg auf das Pferd und ritt vom Hof.

„Da reitet er...“, meinte Masamune.

Kojuro brummte als Zustimmung. Masamune sah dem General noch einen Moment nach, bis er außer Sichtweite war und schaute dann zu Kojuro.

„Du hast mir gestern Abend etwas versprochen, Katako.“, sagte der Fürst nur.

„Stimmt, das habe ich. Kommt, gehen wir etwas spazieren. Das haben wir seit der Sache mit Oda schon nicht mehr gemacht.“

Masamune grinste. „Allerdings.“

Zusammen verließen sie das Anwesen und gingen eine Weile schweigsam einen fast vergessenen Pfad entlang. Unter Bäumen hindurch gingen sie zu einem Hügel hinauf, auf dem sie das letzte Mal mit der Armee Rast gemacht hatten und auf dessen Kuppe ein Kirschbaum stand. Es waren aber nur noch wenige Blüten an den Zweigen. Masamune setzte sich an den Fuß des Baumes und Kojuro ließ sich neben ihm nieder.

„Schade, die Kirschblüte ist schon vorbei.“, sagte Masamune und sah in die Baumkrone hinauf.

„Die Kirschblüte habt ihr schon immer gemocht.“, meinte Kojuro und sah ebenfalls hinauf.

Der Fürst schaute sofort zu ihm. „Das hast du dir gemerkt?“

„Natürlich...“

Masamune lächelte. Kojuro hingegen musste sofort an seine schlaflos verstrichene Nacht denken und daran, dass er nicht der Shudo-Meister des Fürsten gewesen sein konnte. Und dann musste er an Yukimura denken.

„Sagt mal...“

„Ja?“

„Meint Ihr, Sanada hat einen Shudo-Meister?“, fragte Kojuro.

„Shu-? … Ach das... Ja, ich denke schon...“

Kojuro runzelte die Stirn. Der Fürst wollte doch nicht wirklich gerade fragen, was Shudo war? Nein, da hatte er sich wohl verhört. „Ich weiß nicht...“, meinte er. „Dann ist es aber nicht Fürst Takeda.“

„Wer sonst? Hast du die beiden mal zusammen erlebt?“

„Einmal... Deswegen glaube ich nicht, dass Fürst Takeda Sanadas Shudo-Meister ist. Und wenn doch... Dann hat Fürst Takeda entweder zu viel versäumt oder Sanada ist resistent dagegen, sich belehren zu lassen.“, überlegte Kojuro.

Masamune zog die Stirn in Falten und sah seinen Vasall fragend an.

„Ich glaube kaum, dass Fürst Takeda den Jungen nichts über Diplomatie gelehrt hat.“, erklärte Kojuro.

„Das würde Takeda doch als Erstes tun... denke ich.“, meinte Masamune.

„Naja, nun nicht unbedingt als Erstes. Zuerst lernt man die Gepflogenheiten der Samurai und dann kommt die Diplomatie. Aber weil Sanada so gut wie nichts von Diplomatie weiß, glaube ich fast, dass er keinen Shudo-Meister hat... Oder, wenn er einen hat, dann keinen Samurai.“

„Warum machst du dir eigentlich darüber solche Gedanken?“, fragte Masamune.

„Ich... Ich musste gestern Abend an unsere erste Begegnung denken. Erinnert Ihr Euch? Ich hatte Euch nach einer Weile mal gefragt, ob Ihr einen Shudo-Meister habt... Natürlich hattet Ihr den schon... Aber deshalb musste ich gerade an Yukimura denken...“, erklärte Kojuro.

Masamune bedachte ihn für einen Moment mit einem nachdenklichen Blick. Oh wenn du wüsstest, Katako...

„Schade... wisst Ihr, eigentlich wäre ich sehr gerne Euer Shudo-Meister gewesen.“

Der Fürst räusperte sich. „Katako... in gewisser Weise warst du das auch...“

Kojuro lächelte. „Ja, das mag wohl stimmen... Wo Euer Shudo-Meister ja ständig betrunken war.“

Masamune nickte nur.

„Ich glaube, ich habe ihn nie kennengelernt... Wie geht es ihm denn jetzt?“, fragte Kojuro nach ein paar Minuten der Schweigsamkeit.

Masamune seufzte. „Ich glaube, es ist Zeit, dir etwas zu sagen...“

„Was denn sagen?“, fragte Kojuro und sah den Fürsten an.

„Ich... hab dich damals angelogen.“

„Wie... angelogen?“

Masamune sah ihn ernst an. „Der saufende Shudo-Meister war gelogen... Ich hatte nie einen Shudo-Meister...“

Kojuro sah ihn wie versteinert an. „Keinen... Shudo-Meister...“

Masamune schüttelte den Kopf.

„Aber warum habt Ihr mich denn nie gefragt? Ich wäre liebend gern Euer Shudo-Meister gewesen!“

„Na... eigentlich warst du das ja auch...“

Kojuro seufzte schwer. Wenn das so war... dann fehlte dem Fürsten ja ein Teil der Ausbildung. „Mein Fürst... dann ist Eure Shudo-Ausbildung aber noch nicht abgeschlossen... Da ich davon ausgegangen bin, dass Ihr einen Meister habt, habe ich einen Teil geflissentlich ausgelassen.“

Wieder runzelte Masamune die Stirn. Mit dem Thema Shudo hatte er sich nie so recht auseinandergesetzt und er konnte sich zudem schon nicht mehr daran erinnern, welche anderen Aspekte außer den Samurai-Gepflogenheiten und Kampftraining noch die Shudo-Lehre ausmachten. „Welchen Teil?“

Kojuro schluckte. „Nun ja...“

Masamune sah ihn wartend an.

„Wie soll ich das erklären?“, meinte Kojuro.

„So schwer kann das doch nicht sein... Du kannst es mir auch zeigen, wenn das leichter ist.“, sagte Masamune lächelnd.

Kojuro jedoch lächelte nicht, sondern lief rot an. Etwas seltenes offenbar, denn Masamune legte den Kopf schief und sah ihn fragend an.

„Das... geht nicht...“, stammelte Kojuro.

Masamunes Blick wurde plötzlich wieder ernst, als er zu verstehen schien. „Oh... Ich glaube, ich weiß, was du meinst...“

Jetzt war es Kojuro, der ihn fragend ansah. „Wie?“

„Nun ja... Dazu muss ich etwas weiter ausholen. Genau genommen habe ich nämlich wegen dem Shudo nicht nur dich angelogen... Ich habe auch meinen Vater angelogen.“

„Ihr habt was?“

„Dir habe ich gesagt, ich hätte einen Shudo-Meister. Ihm habe ich das zwar auch gesagt, aber...“

„Aber? Was genau habt Ihr Eurem Vater gesagt?“, hakte Kojuro nach.

„Dass du mein Shudo-Meister bist...“, gab Masamune kleinlaut zu.

Kojuro ließ ein fast schon genervtes Seufzen hören und fuhr sich dann mit der Hand durch die Haare. „Jetzt bin ich völlig verwirrt... Was zum Henker wolltet Ihr damit bezwecken?“

Masamune legte seufzend mit geschlossenen Augen den Kopf in den Nacken, dann sah er wieder zu Kojuro. Jedoch mit ernster Miene. „Du weißt, wie unangenehm mir das gerade ist, Katako? Ich hoffe es jedenfalls für dich!“

„Unangenehm? Was sollte Euch denn daran unangenehm sein? Ich verstehe nicht so recht, was Ihr mir sagen wollt... Um ehrlich zu sein, verstehe das alles gerade überhaupt nicht!“

„Kojuro... Ich habe diese Lügen damals nur aus einem Grund aufgetischt. Mein Vater hat mir mal von seinem Shudo-Meister erzählt und-“, erklärte Masamune, hielt dann aber inne.

„Und? Nun lasst Euch nicht alles aus der Nase ziehen!“

Masamune betrachtete ihn einen Moment. Kojuro wurde langsam ungehalten und seine Miene zeigte das langsam auch immer deutlicher. Masamune hatte noch nie jemanden von seinen Kindheitslügen um das Thema Shudo erzählt. Es war ihm einfach immer zu peinlich gewesen und dank Kojuros Einsatz hatte auch nie jemand danach gefragt. Einer der Gründe, weshalb er das ganze schon fast vergessen hatte. „Katako... Ich habe deshalb gelogen, weil ich Angst hatte. All die Kampfübungen und die Benimmregeln waren mir egal, das hab ich gerne gemacht, aber... das ist ja nun mal nicht alles.“

Jetzt verstand Kojuro allmählich, warum der Fürst damals seinem Vater und ihm diese Lügen aufgetischt hatte. Shudo war nicht nur einfach die Ausbildung junger Männer in den Kampftechniken der Samurai und in deren Gepflogenheiten und Benimmregeln. Nein, Shudo hieß nicht grundlos die Lehre der Jungen. Shudo begann man bereits im Alter von dreizehn Jahren und Kojuro verstand auch langsam, was dem Fürsten damals in genau diesem Alter Angst gemacht haben könnte. Es war eben nicht nur Kampf und Benimm – seit etwa fünfhundert Jahren gehörte auch eine ganz andere Kunst zur Lehre der Jungen: die Liebeskunst! Vor ungefähr dreihundert Jahren wurde das sogar einmal schriftlich erwähnt und Kojuro hatte gehört, dass es auch seitdem bei jeder Shudo-Ausbildung dazugehörte. Und das ein junger dreinzehnjähriger Date Masamune genau davor Angst hatte, dass ein fremder Mensch, noch dazu ein älterer Mann als der Junge selbst – ihn in der Liebeskunst unterwies, dann konnte Kojuro dass vollkommen verstehen. Sein eigener Shudo-Meister hatte diesen Teil hauptsächlich ans Ende der Ausbildung gelegt, wobei durchaus ein paar Aspekte schon früher aufgetaucht waren, wenn er sich recht daran erinnerte.

Kojuros Hand wanderte wie automatisch zu Masamunes Gesicht und schob ein paar Strähnen hinter das fürstliche Ohr.

Masamune schaute ihn verwirrt an. „Katako?“

„Wie schon gesagt, Eure Shudo-Ausbildung ist eigentlich noch gar nicht abgeschlossen...“

„Ist sie wohl nicht... Und nun?“

„Lassen wir es langsam angehen.“, antwortete Kojuro.

„Was verstehst du unter langsam?“, fragte Masamune.

Kojuro lächelte. „Das werdet Ihr dann schon merken, mein Fürst.“

Immerhin... jetzt kann ich mir damit auch Zeit lassen. Genau genommen ist seine Shudo-Lehre eigentlich schon vorbei, aber das ist egal. Es weiß ja keiner. Und außerdem war dieser Teil nach Kojuros Meinung nicht so wichtig, das konnte man auch später noch lernen – dazu brauchte man nicht mal einen Shudo-Meister. Jetzt war es außerdem erst einmal wichtiger, dass die Wunde des Fürsten vollständig ausheilte. Vermutlich würde auch ein Aufbautraining nötig werden, wenn er zu lange nicht trainieren konnte. Und dabei wollte Kojuro nicht auch noch mit der Shudo-Lehre weitermachen, das Training würde den Fürsten die ersten Tage voll beanspruchen, da würde das nur wenig Sinn machen. Schon gar nicht, wenn der Fürst sich über seine anfänglichen Misserfolge ärgern würde, die mit Sicherheit auftreten würden. Durch das bisher fehlende Training würde genau das passieren und Kojuro kannte den jungen Mann neben sich einfach zu gut.

„Das werde ich dann schon merken...“, äffte Masamune ihn nach. „Du bist ja sehr zuvorkommend, Katako!“

Kojuro musste über diese Reaktion herzhaft lachen. „Oh mein Fürst... Ich werde bestimmt nicht über Euch herfallen!“, lachte er.

Masamune hingegen sah ihn weiter ernst an, anstatt in das Lachen einzustimmen, wie Kojuro gehofft hatte. „Wehe, du wagst dir das... Dann weiß ich nicht, was ich tun werde!“

Kojuros Miene wurde nun auch wieder ernst. „Das würde ich nie im Leben tun! In keinem Leben, in dem wir uns je wieder begegnen werden. Das verspreche ich Euch, mein Fürst.“, sagte er leise.

Masamune schluckte. Eine bessere Erklärung für Kojuros treue Ergebenheit ihm gegenüber konnte er nicht bekommen...



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Tamanna
2014-05-16T19:19:59+00:00 16.05.2014 21:19
<.<
Soso? Aber die Chance, die Ausbildung abzuschließen, will sich der gute Kojuro trotzdem nicht nehmen lassen, wie? ;)
Na, dann bin ich ja mal gespannt, was du daraus noch machst.
Von:  the-cooky-girl
2014-04-24T10:09:30+00:00 24.04.2014 12:09
Yay noch ein Kapitel *.*
Aha da hat der Masa- chan einfach gelogen :-D
Sehr interessant :-)
Aber wie Kojuro ihn das versprochen hat :
„Das würde ich nie im Leben tun! In keinem Leben, in dem wir uns je wieder begegnen werden. Das verspreche ich Euch, mein Fürst.“
Einfach nur krass *0*
Ich liebe es *.*

LG svenny


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