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Hell called Home

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hey-ho ^^"
Ich entschuldige mich für die endlos lange Wartezeit (ich hoffe, es gibt noch Leser).
Ab jetzt werden die Kapitel wieder regelmäßiger kommen, da ich meinen Umzug bewältigt habe und ab sofort jeden Tag an neuen Kapiteln arbeiten werde.
Ich hoffe,das 14 Kapitel gefällt, Rasch-chan Komplett anzeigen

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Schwarz meine Seele, kalt mein Herz

Es wird wärmer.

Je näher ich dem Haus meiner Eltern kam, desto wärmer wurde es. Im Bus herrschte fast schon eine erdrückende Schwüle, wie heiße Sommertage sie mit sich bringen. Die Hitze vor dem Gewitter. Diese Tage waren immer besonders schlimm.

Heute wird es einen Sturm geben.

Resignation. Zu mehr war ich nicht imstande.

Mein Blick schweifte aus dem Fenster, hinaus zu dem Leben auf der Straße. Menschen mit verschwommenen Gesichtern, die wie Ameisen geschäftig umherhuschten, blinkende Reklameschilder, dreckige Straßen, harter Asphalt, auf dem die Autoreifen quietschten. Seltsam distanziert beobachtete ich das abendliche Geschehen, so als würde ich das Leben durch eine Fensterscheibe betrachten, ohne selbst daran teilzunehmen. Wie im Zeitraffer rasten diese Bilder an mir vorbei, flüchtig und unstet.

Vergänglich.

Die gedämpfte Stimme des Busfahrers ermahnte mich an meine Haltestelle, bevor ich sie verpassen konnte. Noch immer Musik hörend stand ich auf und stieg aus, leichter Nieselregen empfing mich. Ohne besondere Eile machte ich mich auf den restlichen Weg zu meinem Elternhaus, bei dem ich mich schlicht weigerte, es als "Zuhause" anzusehen. In meinen Augen war es ein Haus wie jedes andere - Steine, Dachziegel und weiteres Baumaterial. Die Schwüle ließ nach.

Das Gewitter entlädt sich.

Ich schloss die Tür auf.

Und sah mich prompt meinen Eltern gegenüber.

Willkommen in meiner ganz persönlichen Hölle.

Höflich zog ich mir die Kopfhörer herunter, Marilyn Manson kam abrupt zum Schweigen. Nicht, dass mich interessiert hätte, was meine Eltern von mir dachten - das zeigten sie mir schon oft genug. Es war eher eine Illusion des Zuhörens als wirkliches Interesse. Während mein Vater schon zu der altbekannten Standpauke griff - wo ich mich wieder herumgetrieben hätte, die unendliche Sorge von ihnen, eine Enttäuschung für die Familie, Abschaum und wie sähe ich eigentlich wieder aus -, stand meine Mutter schweigend hinter ihm.

Ob ich lebe oder tot bin....für euch macht es keinen Unterschied.

Das verhärmte Gesicht meiner Mutter und die Zornesröte meines Vaters, sie erzählten mir von allem, doch von Sorge nicht. Ihre Augen sprachen jahrelang von Abneigung und Hass, niemals von Liebe. Weder für mich, noch für den jeweils anderen. Manchmal glaubte ich, die gemeinsame Ablehnung mir gegenüber war das einzige, das sie zusammenhielt.

Wäre Liebe in diesem Haus ein Knochen, wir wären alle verhungert...

Innerlich seufzte ich. Diese Reden langweilten mich.

Ich umrundete meinen Vater und stieg die Treppe hinauf, ohne einen weiteren Blick für meine Eltern. Ich ignorierte den Schrei meines Vaters und das abfällige Gemurmel meiner Mutter, die einen Arm beruhigend um meinen Vater schlang.

"Das hat Folgen!!!"

"Lass sie, soll sie doch auf der Straße landen...dann sind wir sie los."

Die Tür brach die hasserfüllte Unterhaltung ab, als ich sie zuschlug und meinen Rucksack in die Ecke meines Zimmers warf, in denen sich ungemachte Hausaufgaben und Mahnungen türmten. Ich war schon wochenlang nicht mehr zum Unterricht erschienen, meine Versetzung kümmerte mich herzlich wenig. Die Briefe der Schule und die Aufgaben, die mir meine beste Freundin geflissentlich brachte, übersah ich seit Tagen erfolgreich. Auch heute verschwendete ich keinerlei Gedanken daran, sondern ließ mich auf das Bett fallen, meine Anlage anschaltend.

...as day go by, my heart grows cold...

Ich hielt bei diesen Versen von Jacoby Shaddix inne.

Meine Seele ist schwarz und kalt ist mein Herz.

Spuren des Lebens

Aryns weiche Lippen rissen mich aus dem Schlaf - ein sanftes Erwachen. Ich spürte wie sie lächelte, als sie murmelte: "Aufwachen...du Morgenmuffel."

Ich schlug die Augen auf und blickte von unten zu ihr herauf. Meine beste Freundin war gekleidet wie immer: Tanktop im Army-Style, schwarze Hose, Springerstiefel. Ihr typisch schiefes Lächeln und ihren schwarzen Zylinder mit dem roten Band hatte sie ebenfalls aufgesetzt, ihre blauen Haare wirr wie jeden Tag seit ich sie kannte.

Sie hatte sich bereits umgedreht und sammelte meine Bücher und Hefte ein, ein schwieriges Unterfangen angesichts des Chaos und der Schulbriefe. Meine Antwort war ein Schulterzucken. Aryn drehte sich zu mir um, warf mir den Rucksack zu und holte sich eine Zigarette aus dem Sakko, das sie trug.

"Weißt du, an der Schule giltst du als Legende...verdammt hast du ein Feuerzeug?...seit Wochen fehlst du, allerdings weder Attestpflicht, noch Schulverweis..."

Sie deutete auf den Papierstapel auf meinem Schreibtisch. Ich ignorierte ihn weiterhin und richtete mich langsam auf, gleichgültig packte ich mir einen Eiskaffee aus meinen Mini-Kühlschrank.

Fliegen...das wäre noch eine Art Freiheit...

"Sie sollten dir eher schreiben, wenn du da bist...Ach, ich hatte vergessen, was für ein großer Morgenmuffel du bist. Andere brauchen Crystal Meth, du Koffein", seufzte sie und gab den Versuch auf, ihre Zigarette anzuzünden. Achtlos warf sie sie in den Papierkorb und schnappte mir den Kaffee weg. Ich protestierte nicht , sondern stand langsam auf, während ich meine Sachen zusammensuchte. Schwarzes Oberteil mit Karomuster, Jeans mit Nietengürtel, Boots, Ledermantel, Halsband. Die Rasierklinge daran funkelte im Sonnenlicht.

Rote Tränen, silberne Tränen...

Ferne Erinnerung.

Meine beste Freundin stieg bereits aus dem Fenster auf unser Garagendach, von dort sprang sie und rollte sich beim Aufprall auf dem Rasen ab. Ich folgte langsamer und kletterte das Rosengitter hinunter, meine turnerischen Talente waren miserabel. Aryn hatte auf mich gewartet und den Kaffeebecher bereits entsorgt. Sie hakte sich bei mir unter, so als ob sie mich von einer Flucht abhalten wollte.

Eine erfolglose Flucht vor der Realität.

Die Busfahrt über schwieg Aryn und bot mir einen ihrer Kopfhörer an. Subway to Sally und Bullet for my Valentine wechselten sich ab, als Aryn durch ihre Playlist wanderte und auch abwechselnd Skillet, Lord of the Lost und noch andere Metal-Bands einfließen ließ. Wie jeden Tag sah ich aus dem Fenster und betrachtete das Geschehen um mich herum.

Leben, an dem ich nie teilnehmen könnte...

Es war ein kalter, regnerischer Tag, grau in grau, gewöhnlich und hässlich. Meine Freundin rümpfte die Nase angesichts des Wetters, als wir ausstiegen, und beeilte sich, in das Schulgebäude zu kommen, wobei sie mich noch immer hinterherschleifte. Dabei redete sie die ganze Zeit auf mich ein.

"Viel passiert seit du nicht mehr kommst. Neue Unterstufenschüler - darf ich mal - mhmm...Elly ist verwiesen worden und...Alexander geh mir aus dem Weg, ach übrigens, das ist unser neuer Schüler, Alexander - Jinx - Jinx - Alexander", plapperte sie, während sie sich zielstrebig durch die Gänge schlängelte und einem Kursmitglied das Feuerzeug aus der Hand nahm, um sich endlich eine Zigarette anzünden zu können. Danach behielt sie es und ließ es in ihrer Tasche verschwinden.

Alexander, der uns verschmitzt anlächelte, trat beiseite und schließlich erreichten wir den Kursraum, wo Aryn ihre Tasche auf ihren Platz warf und sich auf die Fensterbank setzte. Ich folgte ihrem Beispiel. Während sie aus dem Fenster starrte und ihre Zigarette rauchte, betrachtete ich ohne besonderes Interesse Alexander, der noch immer auf dem Flur stand und sich mit einer Schülerin aus einem anderen Kurs unterhielt. Zugegeben, er sah gut aus, verdammt gut. Die dunkelbraunen Haare, blaue Augen, schwarzes Oberteil, dunkelblaue Jeans und Sneakers. Als er den Arm hob, um die Schülerin zum Abschied zu umarmen, sah ich Silberringe an seiner Hand aufblitzen und mehrere Lederarmbänder.

Er drehte sich um und bemerkte mich, wie ich mit meiner besten Freundin auf der Fensterbank saß. Er lächelte schief und ging zu seinem Platz. Ich wandte mich wieder ab und begegnete Aryns amüsiert funkelnden Blick aus ihren grünen Augen. Sie schnippte die Zigarette durch den Fensterspalt und spottete: "Verliebt? Ist ja mal ganz was neues an dir."

Ich zuckte mit den Schultern.

Es ist alles aus Eis...

Mein Herz schlägt schon lange nicht mehr.

"Er ist keine Frau."

Sie lachte und schwang sich von der Fensterbank, dann drehte sie sich wieder zu mir um. Ihr Tonfall war neckend.

"Oh gut, dass du das bemerkst...Und Lyn?"

Erneut zuckte ich mit den Schultern. Vielleicht war es nicht richtig, doch eigentlich war ich nur mit Lyn zusammen, weil sie es so wollte. Gefühle hatte ich nicht für sie. Wenn ich ehrlich war, klammerte sie mir zu viel, so wie alle meine Ex-Freundinnen außer Aryn. Aber Aryn war Aryn. Lyn hingegen...ich war froh, dass sie nicht auch noch auf meine Schule ging, obwohl ich ohnehin kaum erschien.

Ich hatte nicht die Möglichkeit, etwas zu erwidern, denn in dem Moment betrat unser Lehrer das Klassenzimmer, gefolgt von einer Schar Schüler, die eilig Platz nahmen. Ich erhob mich langsam, genau meine Freundin neben mir. Ein Raunen ging durch den Raum, als wir uns ebenfalls setzten. Fast hätte ich gelächelt, aber eben nur fast. Wir hatten wohl Kultstatus an unserer Schule.

Etwas widerwillig bemerkte ich, dass Alexander neben mir saß, allerdings fing Aryn am anderen Ende des Raumes an, mich per Zeichensprache vom Unterricht abzulenken. Ich konnte dem Unterricht nicht wirklich folgen - ich versuchte es auch gar nicht erst. Auch die Lehrer hatten es aufgegeben, Erwartungen an mich zu stellen und mich in das Thema zu involvieren. Ich erschien, sie ließen mich in Ruhe und knapp die Versetzung schaffen, obwohl mich das kaum interessierte.

Aryn hingegen hatte ganz andere Wege, die absolute Ablenkung auszugleichen: Kaum jemand wusste es, aber Aryn schrieb in jeder Klausur ausschließlich sehr gut (plus). Die Lehrer verzweifelten regelrecht, dass sie jedoch keinerlei Bestrebungen zeigte, freiwillig am Unterricht teilzunehmen und dadurch ihren Notendurchschnitt drastisch zu verbessern. Sie setzte viel lieber auf Autorin.

Ich hoffe, du benutzt sie nur als Kette, bedeutete sie mir lautlos.

Es bleiben Narben...für die Ewigkeit...

Vertrauen

Als wir die Schule verließen, hatte es zu allem Überfluss auch noch angefangen zu regnen. Aryn fluchte ununterbrochen, während sie mit mir zur Bushaltestelle hastete.

An manchen Tagen weint sogar der Himmel...

Ich wandte mich zu ihr um und fragte: "Kann ich heute mit zu dir kommen?"

"Natürlich...ich schwöre dir, sobald ich das Geld zusammenhabe, renn ich direkt zum Händler und beschaff mir den Pick-Up. Verdammtes Wetter!", knurrte sie missmutig und flüchtete unter das Vordach der Haltestelle, die leer war. Früher war ich erleichtert gewesen, außerhalb der Stadt zu wohnen und somit in eine ganz andere Richtung fahren zu müssen, als die anderen Schüler der Schule, auch wenn das hieß 20 Minuten in der Kälte stehen zu müssen.

Das war vor der Eiszeit.

Allerdings waren Aryn und ich heute nicht die Einzigen.

Ich bemerkte Alexander erst, als Aryn aufhörte, zu fluchen und ihm einen überraschten Blick zuwarf, zusammen mit den Worten: "Du...hast du ein Bordell oder warum kannst du dir eine eigene Wohnung in dem Bonzen-Teil der Stadt leisten?"

Alexander lächelte schief, seine Augen funkelten amüsiert. Regen und Kälte schienen ihm nichts auszumachen, denn er stand mit offener Jacke neben mir, währenddessen meine Freundin auf meiner anderen Seite ihr Sakko enger um sich schlang und wohl die Wahl ihrer Kleidung verfluchte.

"Und was ist mit dir?", erwiderte er und setzte sich auf die kalten Metallbank. Aryn lachte und schlang die Arme um mich, ihre Wange gegen meine gedrückt, als sie witzelte: "Klar. Jinx gehört zu meinen Miezen."

"Dann kannst du mir sie ja mal für heute Abend ausleihen?"

Ich starrte ihn an. Sah ihn an und musterte ihn, schätzte ihn ein.

"Tut mir leid, für heute gehört sie mir", antwortete Aryn und ließ mich los. Ich wandte den Blick ab.

Gar nicht gut

Irgendetwas an ihm irritierte mich, weil er anders war. Anders als alle anderen und dennoch wie sie. Verwirrung und Frustration, Wut und regelrechte Angst stieg in mir hoch, ich hörte das Blut in meinen Ohren rauschen. Ich ballt meine Hand zur Faust, spürte den Schmerz, als sich meine Fingernägel tief in die Haut gruben. Durchatmen. Augen schließen. Die Dunkelheit ließ Aryns Stimme neben mir verblassen, selbst die Musik. Ein Ziehen, ein Sog immer tiefer und tiefer...

Vergangenheit

Blut an meinen Händen, Tränen in meinen Augen, Salz auf meiner Wange, das brannte, Chaos, überall, ein Orkan, in meinem Kopf, in meiner Seele. Feuer und Eis, Qual und Schmerz. Zu groß für einen einzigen, zu groß für ein Herz. Ketten, die rissen, Flammen, die alles verbrannten, bis zum Grund. Asche. Schutt und Asche. Und Eis, das diesen Moment für ewig festhielt.

Nein.

"Jinx?"

Sie holte mich wieder zurück. Ich schlug die Augen auf und fand sie vor dem Bus stehend vor, Alexander, der mir einen letzten Blick zuwarf, ehe er in den Reihen der Fahrgäste verschwand. Mein Herzschlag beruhigte sich. Ich ging zur Aryn und stieg gemeinsam mit ihr ein, setzte mich an einen freien Platz und blickte zum Fenster hinaus, schweigend wie immer und doch ganz anders. Das Geräusch des Feuerzeug und der vertraute Geruch nach Rauch brachte mich dazu, mich erneut zu Aryn umzudrehen, obwohl der Anblick einer Zigarette an ihr schon lange nichts Neues mehr war. Die orange-rote Flamme spiegelte sich in ihren Augen wider, ehe sie genauso schnell erlosch, wie sie aufgeflammt war.

Feuer zerstört.
 

Im Gegensatz zu mir hatte Aryn ein relativ gutes Verhältnis mit ihren Eltern. Wenn die Noten stimmten, sahen sie über das Treiben ihrer Tochter hinweg und ließen ihr so alle Freiheiten, die sie auch überaus gerne ausnutzte.

Mit einem lauten "Bin wieder da!" ging sie die Treppe hoch, zu ihrem Zimmer, ich folgte ihr schweigend. Aus der Küche kam eine gedämpfte Antwort, die jedoch von ihr ohne besonderes Interesse ignoriert wurde. Meine Freundin legte ihre Sachen ab, während ich die Tür ihres Zimmers schloss und meinen Rucksack neben den ihren warf, ehe ich mich in den weichen Sessel fallen ließ. Metal dröhnte aus der Anlage, die Aryn eingeschaltet hatte, währenddessen sie am Schreibtisch saß und die Aufgaben der Schule schnell erledigte. Schweigend sah ich ihr eine Weile zu.

"Alexander scheint ein Auge auf dich geworfen zu haben."

Sie drehte sich zu mir um, nachdem sie ihren Ordner in das kleine Regal neben dem Schreibtisch gestellt hatte, wo sich auch Schulbücher und Hefte türmten. Ich zuckte mit den Schultern, was sie seufzen ließ. Doch ihre Stimme hatte einen lächelnden Unterton, als sie sagte: "Dachte ich mir. Wie lang ist es jetzt her? Sieben Jahre?"

Ich beobachtete das Treiben der Vögel vor ihrem Fenster. Das goldene Laub der Bäume, die kleinen, braunen Vögel, die fast darin drohten, zu ertrinken. Es musste nicht immer Wasser sein. Es musste nicht immer Greifbar sein.

Denn unsere Alpträume sind die wahren Mörder.

Leise, schleichend, unbemerkt.

In hoher Dosierung tödlich.

"Dreizehn Jahre, sieben Monate und drei Tage", antwortete ich automatisch. Jeder Tag fühlte sich an wie ein Countdown, mit jedem Tag war ich ihr näher. Und ich wünschte mir, die Zeit würde schneller an mir vorbeifliegen. Aryn seufzte abermal und stand auf, um die Musik leiser zu stellen. Dabei redete sie weiter: "Ich kann damit umgehen, wenn du mir nicht jeden Tag voller Sympathie um den Hals fällst, weil ich deine beste Freundin bin und ich dich kenne. Aber Lyn? Sie ist deine feste Freundin und auch wenn sie das Schicksal, mit dir zusammen zu sein, obwohl du sie nicht liebst, freiwillig gewählt hat und du ihr nie etwas vorgemacht hast, ist es nicht fair."

"Keine Sorge, ich werd' die Beziehung mit ihr beenden."

Aryn drehte sich zu mir um und murmelte leise: "Um sie mach ich mir keine Sorgen, sondern um dich. Wann hast du das letzte Mal aufrichtig geliebt? Wann hast du überhaupt das letzte Mal Gefühle gezeigt?"

Ich schwieg. Ich konnte nicht reden. Und normalerweise verstand Aryn das und machte einen Bogen um diese Themen in meinem Leben. Ich konnte ihr nicht in die Augen sehen. Sie kannte meine Antwort. Langsam kam sie auf mich zu und beugte sich hinab, um mich kurz zu küssen. Als sie mir so nahe war und ich ihre warmen Lippen auf meinen spürte, konnte ich ihre Augen feucht schimmern sehen, ehe sie sie schloss und flüsterte: "Dachte ich mir."

Feuer kann man nicht trauen...
 

"Jinra also."

Bei dem Klang der Stimme zuckte ich zusammen. Ich schloss die Augen und drehte mich bewusst nicht zu ihm um. Das konnte nicht wahr sein. Alexander lehnte sich gegen die Fensterbank neben mir und lächelte schief. Ich sah ihn kurz an und zwang mich dann, meinen Blick wieder abzuwenden. Meine Stimme klang nicht so abweisend, wie ich gewollt hatte, dazu zitterte sie zu sehr, als ich erwiderte: "Jinx, Jinx, Alexander."

Ich fluchte innerlich.

"Alec."

Ich starrte aus dem Fenster, verwirrt und wütend. Auf ihn, doch am meisten auf mich. Ich konnte nicht, ich hatte gelernt. Und einen hohen Preis gezahlt. Draußen war es genauso launisch, wie es in mir aussah. Schneidender Wind, mal Regen, mal Hagel.

Wann hast du überhaupt das letzte Mal Gefühle gezeigt?

Damals, bei Aryn. Doch auch sie konnte die Kälte nicht vertreiben, nicht die Alpträume, nicht das Blut und das Röcheln, das mich bis heute verfolgte. Sie sah mich als Letzte, sah meinen Herbst und meinen Niedergang, sah mich verlieren. Ich verkrampfte mich. Was war nur los mit mir? Wieso jetzt? Wieso er? Meine Nerven waren bis zum Zerreißen gespannt, mein Kopf war gefüllt mit Chaos. Ich musste raus.

Kälte.

Sonst schmilzt das Eis.

Alexander wurde ernst.

"Jinx?"

Niemand durfte diese Frage stellen. Niemand.

Ruckartig drehte ich mich zu ihm herum, funkelte ihn wütend an, meine Antwort war harsch und bebte vor Emotionen. Mir stiegen Tränen in die Augen, angesichts diesen Verlust an Schutz und Kontrolle. Alexander war von meinem Gefühlsausbruch nicht überrascht, er lächelte nur traurig und ließ ohne Gegenwehr zu, dass ich ihn von mir wegstieß.

"Lass. Mich. In. Ruhe."

Genauso schnell, wie sie gekommen waren, verebbte die Wut jedoch wieder, als mir bewusst wurde, was ich tat. Als hätte ich keine Kraft mehr für Gefühle, keine Kraft mehr für das Leben. Ich hielt mitten in der Bewegung inne, den Kopf gesenkt, und starrte auf meine Hände, unfähig, mich zu bewegen. Alexander reagierte vorerst auch nicht, blieb einfach so vor mir stehen, ehe er schließlich die Hand hob.

Rote Tränen, silberne Tränen

Mein Blick hing an seinem Handgelenk fest. Deswegen trug er also immer ein Lederarmband. Und obwohl ich ganz genau wusste, was das bedeutete, sperrte mein Kopf sich dagegen, es war einfach zu viel. Ich konnte nicht mehr. Ich wollte nicht mehr, es war beängstigend, ich war beängstigend. Diese Gefühle, diese Gedanken, sie sollten nicht sein. Sie sollten weit, weit weg sein.

Ich riss mich los und rannte aus dem Kursraum, ungeachtet der Schüler, ungeachtet des Lehrers, der mir entgegenkam, ungeachtet von Alexander, der noch immer im Raum stand und sein Handgelenk umklammerte. Raus, einfach raus. Kälte. Ruhe. Eis.

Eis.

Glas.

Erdbeben bringen Glas zum Splittern.

Mein Atem beruhigte und meine Sich klärte sich. Ich war an der alten, verlassenen Fabrik angekommen, die von Efeu und Graffiti bedeckt war, hässlich und grau. Ein beliebter Treffpunkt einiger Hopper, doch das Geheimnis ihres Inneren kannte kaum jemand. Ich schlüpfte durch den Vorhang aus Efeu und schob die hohle Betonwand ein Stück zur Seite. In der Fabrik war es dunkel, doch ich fand meinen Weg auch so. Über Kisten, zerfallene Maschinen, Unkraut und Tierkadaver, in die oberste Etage. Das Glasdach war längst nicht mehr zu sehen, Efeu und andere Ranken verdeckten es vollständig, sodass der Raum in angenehmes Zwielicht getaucht war. Ich setzte mich auf die morschen Kistenstapel am Rande des großen "Sees".

Aryn fand mich.

Ich saß noch immer auf den Kisten und starrte teilnahmslos auf das brackige Wasser, ohne wirklich etwas zu sehen. Ich hatte keine Ahnung, wie lange ich schon hier war, als ich leise Schritte hörte und den Rauch roch. Es war mir egal. Ich drehte mich nicht zu ihr um, schweigend blieb ich an Ort und Stelle. Sie setzte sich neben mich und blickte ebenfalls auf die Wasseroberfläche. Erst als sie ihre Zigarette zu Ende geraucht hatte und sie sie ins Wasser schnippte, brach Aryn das Schweigen.

"Du hast also gesehen, dass Alexander nicht so ist, wie sein Schein. Und?"

"Und er ist immer noch keine Frau", erwiderte ich tonlos und nahm einen kleinen Kieselstein, den ich einen Moment in der Hand wog, ehe ich ihn über das Wasser flitschen ließ. Aryn folgte meinem Beispiel und übertrumpfte mich um zwei Sprünge. Ich setzte nach, doch der Stein versank schnell, zurück blieben nur die Kreise auf der Oberfläche des dreckigen Wassers, die jedoch ebenfalls schnell verschwanden. Zurück blieb nichts.

Vergänglich

"Vielleicht ist es genau das."

Sie gab es ebenfalls auf und seufzte. Aber als sie mich ansah, umspielte ein Lächeln ihre Lippen, während sie neckend sagte: "Manchmal ist es echt schwer, dich zu mögen."

"Ich bitte niemanden darum."

"Und wenn ich dich bitte? Wenn Alexander dich bittet?", fragte Aryn ernst und bekam jedoch nur ein Schulterzucken als Antwort.

Feuer kann man eben nicht vertrauen...

Sommerhauch

Es wird wärmer...

Ich blinzelte gegen das Sonnenlicht an und schlug die Decke zur Seite. Es war ungewöhnlich warm für einen spät-herbstlichen Tag, warm und mild. Das Laub der Bäume vor meinem Fenster rührte sich nicht, schwieg. Doch hatte der Tag nichts mit dem vor dreizehn Jahren gemeinsam, die Luft war nicht drückend, auch wenn alles andere noch immer daran erinnerte.

Damals war noch Sommer.

Heute herrscht Eis.

Ein Mantra über Jahre.

Ich stand auf und nahm mir erst einmal einen Eiskaffee aus meinem Kühlschrank, ehe ich meine Klamotten zusammensuchte, bei lauter Musik. Das Schlagen gegen die Tür und die Schreie dahinter ignorierte ich, während ich mich umzog und mir meine Kopfhörer umhing. Ich schnappte meine Tasche und kletterte aus dem Fenster, die Tür benutzte ich immer seltener. Diesmal sprang ich vom Garagendach und landete in einem trockenen Haufen Herbstlaub, eine weiche Landung. Den leeren Kaffeebecher entsorgte ich in unseren Mülltonnen, ehe ich mich auf den Weg zu Aryn machte.

Es war noch recht früh am Tag, deswegen hatte ich den Bus so gut wie für mich allein, besser so. Draußen war das Leben noch träge, müde Gesichter, die sich bei dem Anblick der freundlichen Sonnenstrahlen aufhellten, träge, doch gut gelaunt. Beinahe schon euphorisch.

Wie Blumen, die der Sonne zustreben...

Ich stieg aus und sah kurz zum Himmel hoch. Lange würde das warme Klima nicht mehr halten, der Winter stand vor der Tür, rüttelte mit seinen kalten Winden bereits an den Blätter der Bäume und hauchte die Wiesen des Nachts mit seinem eisigen Atem an. Im Winter würde Schnee fallen, Eis die Welt bedecken und die Sonne würde nicht die Kraft haben, es zu schmelzen.

Eisblumen blühen in der Nacht.

Ein schönes Lied.

Ich brauchte nicht zu Klingeln, Aryn stand vor der Tür und wartete bereits auf mich. Sie lächelte und stieß sich von der Hauswand ab, als sie mich sah. In dem Moment, wo sie mich jedoch begrüßen wollte, wurde die Tür hinter ihr aufgerissen und das Gesicht ihrer Mutter kam zum Vorschein. Zuerst entdeckte sie mich nicht, sie blickte nur ihre Tochter an und wollte wissen: "Aryn, wo willst du..."

Dann erst bemerkte sie meine Anwesenheit und runzelte die Stirn. Aryns Mutter kannte mich als Aryns feste Freundin, sie hatte uns damals küssend in Aryns Zimmer erwischt. Sehr erfreut war sie nicht gewesen, auch nicht, dass ihre Tochter nach der Trennung noch mit mir Kontakt hatte. Die hingegen fand die Reaktion ihrer Mutter sehr amüsant und demonstrierte unsere Freundschaft gerne vor ihr. Damals hatten auch mich diese Spielchen belustigt.

Gemeinsam gingen Aryn und ich los, während Aryn über die Schulter rief: "Wartet mit dem Abendessen nicht auf mich", und erwischten gerade noch den Bus, der die Stadt hinter sich ließ und zum nahe liegenden See fuhr. Außer uns war niemand auf dem Weg dahin, so hatten wir den Bus für uns allein, was mir nur recht war. Allerdings schien der Busfahrer nicht sehr erfreut zu sein, nur zwei Fahrgäste zum See zu kutschieren, grimmig starrte er uns über den Spiegel an.

Ich sah wie immer aus dem Fenster. Grüne Wiesen, gelbe Felder, blauer Himmel, grauer Asphalt und bunte Autos. Ich stellte die Musik lauter und schloss die Augen, vertrieb jeden Gedanken. Einfach frei sein. Einfach leben.

Heavens waiting for you... just close your eyes and say goodbye... hearing your pulse go on and on and on...

Der abrupte Halt des Bus riss mich aus dem Gesang von Bullet for my Valentine und holte mich auf etwas unsanfte Art wieder in die Realität zurück. Aryn und ich stiegen aus und kaum hatte ich mit einem Fuß die Straße berührt, schloss sich die Tür hinter mir und der Busfahrer trat auf das Gaspedal. Meine beste Freundin starrte ihm hinterher und stieß ein paar wüste Flüche aus. Ich zog sie weiter, Richtung Strand. Wenn man eine kleine Bucht mit Kies und Feuerstelle "Strand" nennen konnte. Aber hier gab es nichts anderes, die Leute, die in der Stadt wohnten, kannten es nicht besser.

Leben bedeutet hier ewige Gefangenschaft in einer öden Realität.

Träume bleiben Träume.

Ich bahnte mir einen Weg durch Unkraut und Gestrüpp, über zackige Felsen, bis Aryn und ich die versteckte Bucht fanden, an der Elly, Aryn und ich früher immer Grillabende veranstaltet hatten. Oft war auch Ellys Freund Janosh mitgekommen, ehe er auf ewig verschwand und Elly nur noch Schwarz trug. Narben blieben nicht immer Narben.

Es war Sommer gewesen.

Doch dann kam der Herbst.

Auch Aryn schien sich an die Zeit zu erinnern, denn ein wehmütiges Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus und ihre Augen funkelten. Sie breitete eine Decke auf dem Kies aus und ließ sich darauf fallen, streckte sich und genoss die warme Sonne auf ihrer Haut. Ihre Stimme war nur noch ein wohliges Murmeln, als sie flüsterte: "Mhmm...wie lang waren wir schon nicht mehr hier..."

Obwohl es eher eine Feststellung als eine Frage war, beantwortete ich sie still und leise, ohne dass Aryn es mitbekam. Aber ich ließ sie in glücklichen Erinnerungen schwelgen, während ich mich neben sie setzte und auf die Wasseroberfläche starrte. Um Schwimmen zu gehen, war es jedoch zu kalt, sodass der Anblick genügen musste.

"Es war Winter, als wir die Stelle hier fanden...erinnerst du dich? Alles war von einer weißen Schneedecke verhüllt, der See war zugefroren. Ich weiß noch wie wir von dem Anblick von Schnee und Eis in der Mittagssonne fasziniert waren...Elly hat sich ganz verträumt an Janosh geschmiegt. Wir waren damals auch noch zusammen", erzählte Aryn leise und lachte kurz. Natürlich erinnerte ich mich an diesen Tag. Es hatte die ganze Nacht vorher geschneit und Elly wollte am nächsten Morgen unbedingt den Neuschnee auskosten, ehe er wieder schmolz, der Winter war der Wärmste gewesen, den ich je erlebt hatte.

"Mhmm...Jiffa, Janosh's Wolfshund, lief auf die Eisfläche. Sie hatte allerdings ganz schöne Probleme mit ihren Krallen und Wolfspfoten auf dem Eis zurechtzukommen", fügte ich hinzu. Aryn brummte zustimmend, ehe sie amüsiert fortfuhr: "Und du bist direkt hinterher. Leider war das Eis für unsere wagemutige Heldin zu dünn. Manchmal kann ich verstehen, warum dir nicht mehr kalt wird, im Vergleich muss alles wärmer sein als dieses Eisbad. Was hatten wir für Mühe, dich wieder aufzutauen..."

Nein.

Das war der Tag, an dem das Eis sich ausbreitete.

Wie ein tödlicher Virus ohne Heilung.

Ich sah zum nahe liegenden Waldrand und hing meinen eigenen Gedanken nach, während meine beste Freundin noch immer die Strahlen der warmen Mittagssonne genoss und vor sich hin dämmerte. Dieser Winter war eisig kalt gewesen, selbst für Schnee. Frost und Eis waren an der Tagesordnung, die Welt nass und dreckig, die schöne Seite des Winters mit dem Traum von weißer Weihnacht hielt sich verborgen. Doch an Tagen wie heute, wo sich die Sonne vor die grauen Wolken schieben konnte, wurden die Menschen aus ihrer Starre gerissen, wie aus einem Winterschlaf. Ich war kein Winterschläfer, ich blühte im Frühling nicht mehr auf. Ich blieb, was ich war, unberührt vom Wechsel der Jahreszeiten.

Plötzlich lenkte mich eine dunkle Bewegung von meinen Gedanken ab. Eine graue Gestalt huschte durch das Unterholz des Waldes und gelbe Bernsteinaugen blitzten mich über die Entfernung an.

Jiffa.

Der Wolfshund von Janosh war nach seinem Tod spurlos verschwunden und seitdem nie mehr aufgetaucht. Sie war mit dem Sommer gegangen, bevor der eiskalte Sturm über uns hereinbrach. Die klugen Augen fixierten mich, trotz der Entfernung zwischen uns. Ruhig stand Jiffa da, ehe ein weiterer Schatten auftauchte. Der schwarze Wolf stellte sich an ihre Seite und leckte ihr über die Ohren, ein Zeichen des Aufbruchs. Gemeinsam, Seite an Seite verschwanden sie wieder in dem dichten Wald, ohne Spuren, als hätte es sie nie gegeben.

Unwillkürlich lächelte ich leicht, Wehmut ergriff mein Herz.

Der Wind frischt auf.

Aryn neben mir schlotterte und setzte sich auf. Sie hatte mein seltenes Lächeln nicht bemerkt, sondern begann ihre Sachen zusammen zu suchen, um wieder zurück zu fahren. Ich half ihr schweigend, allerdings brüllten und tobten die Gedanken in meinem Kopf. Ebenfalls zitternd lief ich neben ihr her, auch wenn es bei mir wegen einem ganz anderen Grund war.

"Brrrr....es ist schweinekalt...der Winter kommt wohl wieder...", murmelte meine beste Freundin und klapperte mit den Zähnen.

Jiffa.

Schmelzendes Eis.

Ewiges Eis, das bis heute nie geschmolzen ist.

Nein.

Der Sommer kommt wieder.

Ruhe vor dem Sturm

"Weißt du, der Winter ist ja ganz nett und schön anzusehen....aber der Sommer ist mir eindeutig lieber. Keine Kälte, kein schneidender Wind, nur Sonne und Wärme...und lange Ferien am Strand irgendwo am Ende der Welt", seufzte Aryn und ließ sich auf mein Bett fallen. Sie kuschelte sich tiefer in die dicke Decke, um die Erinnerung an die Eiseskälte, die draußen aufgezogen war, zu vertreiben. Ich ließ mich am Bettrand nieder und fischte mir einen Eiskaffee aus meinem Mini-Kühlschrank.

"Ja...erdrückende Hitze und Luft, die so trocken ist, dass du daran erstickst", erwiderte ich und verzog mein Gesicht, als ich an den letzten Sommer dachte, während ich meinen Kaffee schlürfte. Aryn schwieg ungewöhnlich lange und reagierte auch sonst nicht auf meine Erwiderung, sodass ich mich irritiert zu ihr umdrehte. Und prompt ihren entgeisterten Blick begegnete.

"...Aryn?"

"Ich fass es nicht...", hauchte sie nur und starrte mich weiterhin an. Eine Weile lang saßen wir so da, ehe sich ein aberwitziges Lächeln auf ihrem Gesicht ausbreitete und sie überglücklich rief: "Ich fass es einfach nicht!"

Schon schlang sie die Arme um mich und umarmte mich innig, währenddessen ich verzweifelt versuchte, den Inhalt des Kaffeebechers zu retten. Es gelang mir auch, bis Aryn dicht an meinem Ohr murmelte: "Ich fass es nicht...Jinx...du bist wieder da..."

Mit einem dumpfen Klonk traf der Becher auf dem Holzboden auf und verbreitete den ganzen Kaffee auf meinem Fußboden. Ich bemerkte dies ohne weiteres Interesse. Ich war nicht fähig, mich irgendwie zu bewegen, meinen Schock schien nun auch meine beste Freundin zu sehen, denn sie wich ein paar Zentimeter zurück und blickte mich fragend an. Ich konnte nicht antworten. Ich konnte nicht. Mir wurde kalt, eiskalt, und zum ersten Mal spürte ich die frostigen Finger, die mein Herz umklammert hielten, und sich noch fester darum schlangen, bis mein Herz schmerzhaft in meiner Brust schlug, sich verkrampfte und gegen meinen Brustkorb pochte.

So fühlt sich der Tod an.

Ich begriff.

Ich war wieder vier Jahre alt. Hatte wieder Blut an meinen Händen kleben. Hörte mein Herz so laut schlagen wie noch nie, so laut in einer vollkommenen Stille. Ich rannte wieder...rannte und rannte. Und rannte. Meine Mutter schlug mich, immer und immer wieder, bis meine Wange genauso taub war wie mein Herz. Bis das Feuer erloschen war und es nur noch Asche gab. Bis alles Leben sich auch in mir verflüchtigt und der Tod auch meine Seele in seiner kalten Umarmung hatte.

"...nx...JINX!"

Der Schrei riss mich aus meiner Lethargie. Ich sah Aryn vor mir sitzen, besorgt und panisch. Aryn, die immer für mich da gewesen war, immer an meiner Seite, die mich immer geliebt hatte, mich immer akzeptiert hatte. So wie ich war. Aryn, die mich nie alleine ließ, obwohl sich selbst meine Eltern abgewandt hatten.

Krack...

Brechendes Eis.

Ich brach in Aryns Armen zusammen, lautlose Tränen liefen mir über mein Gesicht und ich ignorierte die Schreie hinter der Tür und das laute Hämmern dagegen. Ich nahm nur wahr, wie Aryn mich weiterhin umarmte und mir sanft über den Kopf strich und einfach schwieg. Einfach schwieg und mich hinnahm, wie all die Jahre zuvor.
 

Für eine Rückkehr war es zu früh und gleichzeitig zu spät.

Chaos tobte überall in mir, beherrschte all meine Gedanken und Gefühle. Hilflos lag ich tagelang auf meinem Bett, mal weinend, mal schreiend und manchmal einfach nur ausgebrannt und leer. Ich nahm weder die Zeit war, noch meine tobenden Eltern vor der Tür, noch die Schule oder irgendetwas sonst in meiner Umgebung. Nachts erlag ich schreiend meinen Alpträumen, morgens brach alles aus mir heraus und ich weinte hemmungslos, bis ich schließlich keine Kraft mehr hatte und nur apathisch auf einen Punkt in meinem Zimmer starrte.

So fand Aryn mich tagtäglich vor, wenn sie nach der Schule zu mir fuhr und erst wieder am späten Abend ging. Sie schwieg weiterhin und war einfach nur da, erzählte mir belanglose Geschichten und blieb manchmal auch die Nächte bei mir. Schlaf bekamen wir in der Zeit beide nicht und schon bald erkannte ich die unverhohlene Erschöpfung in ihren Augen und die dunklen Augenringe.

Ich betrachtete Aryn, während sie schlief. Es war früher Morgen, die Schule würde bald beginnen, doch ich konnte sie nicht wecken. Nicht nach einer weiteren durchwachten Nacht wegen mir. Erneut kamen die Tränen in mir hoch, Tränen voller Hilflosigkeit gegen meine Gefühle, voller Hass auf mich selbst, voller Trauer. Sie schmeckten bitter. Bitter und salzig zugleich.

"Jinx...", murmelte Aryn und erhob sich verschlafen, um mir die Tränen wegzuwischen. Ihre Stimme klang weder wie ein Vorwurf, noch klang sie genervt. Einfach nur erschöpft. Ich lächelte, zumindest war es ein trauriger Versuch eines Lächelns, und antwortete leise: "Du kommst zu spät zur Schule."

"Ich lass dich nicht allein."

"Ich komm schon klar. Geh endlich, wenn du dich beeilst erwischst du noch den Bus", sagte ich und wandte mich ab, während Aryn noch einen Moment zögerte, bevor sie sich seufzend entschloss, sich anzuziehen und aus meinem Fenster zu klettern. Nicht ohne einen letzten Blick. Ich blieb tapfer und lächelte weiter dieses verzerrte Lächeln. Erst als sie weg war, verblasste es.

Und dann kam wieder die Leere.

Ruhe vor dem Sturm.

Weder weiß, noch schwarz, nur grau

Dieses Mal spürte ich die Kälte nicht allein.

Dieses Mal verfiel auch Aryn ihr. Sie hatte keine Kraft mehr, das sah ich ihr deutlich an. Der Winter brach über sie herein und ließ sie verwelken wie eine Sommerblume. Ohne Sonne und Wärme konnte sie nicht leben, nicht wirklich leben. Resignation, mehr konnte ich nicht aufbringen, mehr Kraft für Gefühle konnte ich nicht aufbringen.

Ihre Stimme verlor an Lebhaftigkeit, ihre Züge an Emotionen, ihre Augen wurden trüb. Es hätte mir Angst machen sollen, Sorge bereiten, doch ich konnte nicht. Von uns beiden war Aryn immer diejenige gewesen, die uns rettete. Sie war immer diejenige mit Glaube und Hoffnung gewesen. Mit der Stärke, für uns beide zu leben. Ohne diese Stärke verwandelte sie sich in einen grauen Schatten, der an Bedeutung und Farbe verloren hatte.

Resignation.

Die Euphorie der Lehrer ließ ebenfalls schnell nach, als sie bemerkten dass meine ständige Anwesenheit weder meinen Noten, noch sonst irgendwas brachte. Umso erstaunter waren sie, dass Aryn sich beteiligte, wenn auch halbherzig, im Endeffekt war es ihr egal, ob ihre Antworten richtig waren oder nicht, ob sich ihre Noten verbesserten oder nicht. Aber die wohl größte Veränderung, die ich resigniert bemerkte, war der Umstand, dass Aryn vollkommen aufgehört hatte, zu rauchen.

Resignation.

Wohl der einzige, winzige Funken an Emotion in mir.

Meine Künstlerische Ader hingegen flammte auf, war jedoch nutzlos, da ich sie gar nicht beachtete. In jeder Stunde erweiterte sich meine Sammlung an Motiven und Bildern, bis auch der letzte weiße Platz auf dem Block ausgefüllt war. Er landete ziemlich unspektakulär in der Tonne. Weitere folgten unbarmherzig.

Leere Augen, leere Herzen.

Spiegel aus kaltem Glas.

Aus totem Papier.

"Jinra Jones und Alexander Wood. Ihr behandelt das Thema 'Prokoagulantien', ihre chmeische Wirkung, Aufbau und alles weitere. Ich erwarte den Vortrag heute in zwei Wochen. Gut, das war es abschließend. Ein schönes Wochenende."

Freitag, letzte Stunde, Biologie.

Ich war die Letzte, die den Raum verließ und Richtung Wochenende ging, sich durch die Massen der fröhlichen und eifrig redenden Schüler schlängelnd. Plötzlich bemerkte ich jemanden, der direkt neben mir lief. Alexander.

Resignation.

Er begleitete mich bis zur Bushaltestelle, schweigend, und blieb dort neben mir stehen. Es waren nur wenige Schüler, die ebenfalls auf den Bus warteten, doch auch sie würden bald einsteigen und verschwinden. Sie machten mir Platz, als ich mich auf die Metallbank setzte und mir die Kopfhörer überzog, sodass ihre Stimmen alle aus meinem Kopf verschwanden und es nur noch die von Lord of the Lost gab. Bis ich unsanft wieder weggerissen wurde.

Unwillig blickte ich direkt in Alexanders Gesicht, das nur wenige Zentimeter von meinem entfernt war. Aus dieser Nähe betrachtet, fielen mir seine eisblauen Augen, die schon beinahe unwirklich wirkten, zum ersten Mal wirklich auf. Es war ein schöner Kontrast zu seinen dunklen Haaren und während ich ihn, ungern zugegeben, fasziniert musterte, kribbelte mir es in den Fingerspitzen, ihn zu berühren. Bis er den Mund bewegte und etwas sagte, sodass dieser Moment zersplitterte und ich nichts als Verwirrung spüren konnte.

"Kommst du nun mit?"

"Wohin?"

Er lächelte schief und richtete sich auf, um auf den Bus hinter ihm zu zusteuern, der gerade angehalten hatte und in den reichen Teil der Stadt fahren würde. Ich verstand, wenn auch etwas langsam. Das Referat...ich hatte es bereits vergessen. Aryn war diejenige, die mich immer pflichtbewusst an die Schulaufgaben erinnerte, wenn auch gegen meinen Willen. Ich seufzte und erhob mich langsam.

Alec war wohl wirklich ganz anders als alle anderen, die ich je kennengelernt hatte.
 

Aryns Kommentar, Alec müsste ein Bordell besitzen, um sich die Wohnung im Bonzen-Teil der Stadt leisten zu können, war maßlos untertrieben. Er hätte eine ganze Kette von Bordellen unterhalten müssen und zwar schwarz, ohne Steuerabgaben und Lohn für die Angestellten. Und selbst dann wäre es schwierig gewesen, allein die Miete dieser riesigen Villa bezahlen zu können, geschweige denn den Kaufpreis. Die Einrichtung war elegant und erinnerte an ehemalige Herrenhäuser mit den roten Seidenvorhängen, den alten Möbelstücken und dem schwarz-weißen Karoböden, sowie den geschwungenen Treppengeländer. Ich war sprachlos.

Zu dem übrigen Inventar hingegen, war Alecs Zimmer jedoch recht schlicht eingerichtet, Möbel, ohne die Spielereien aus Gold und Seide, keine gusseisernen Fackelhalter oder einen prunkvollen Kronleuchter, kein Himmelbett. Im Groben und Ganzen sah es wie ein normales Zimmer eines 17-Jährigen, abgesehen von den Postern zahlreicher Metal- und Punk-Bands. Ich betrachtete das CD-Regal genauer, neugierig geworden, während Alec seine Sachen verstaute und seinen Laptop startete.

Alcatraz, Blitzkid, Mad Sin, Skillet....um nur einige zu nennen. Sie waren mir ausnahmslos alle bekannt, wenn ich auch nicht zu jeder eine CD besaß. Ich drehte mich zu Alec um, der mich die ganze Zeit über beobachtet hatte und nun fragend eine Augenbraue hochzog, als Antwort zuckte ich mit den Schultern und erwiderte nichts. Jahrelange Lehren warf man nicht so schnell in den Dreck.

Vor dem Sommer kommt erst der Frühling...

"Prokoagulantien...was weißt du darüber?", fragte er mich und wandte seinen Blick von mir ab, seinem Laptop zu. Ich ging zu der breiten Fensterbank und strich über die roten Kissen, ehe ich mich hochhievte und mich auf diese niederließ. Die Aussicht aus dem Fenster auf den gewaltigen Garten lenkte mich eine Sekunde ab, bevor ich abwesend antwortete: "Nicht viel...Schlangengift, auch Blutgerinnungsförderer genannt, der Tod tritt durch Thrombose oder Schlaganfall ein."

"Und das lernt man in 'Selbstverteidigung im Bordell'?", witzelte er und spielte dabei auf Aryns Kommentar an. Ich sah ihn kurz an und erwiderte schlicht: "So ungewöhnlich, dass ich das weiß?"

Amüsiert bemerkte er: "Was erwarte ich auch anderes von einer fleißigen Schülerin?"

Treffer.

Ich ging kaum zur Schule, ließ niemanden an mich heran und zeigte die Gefühle, die ich hatte. Nämlich gar keine. Einfach, problemlos und schmerzfrei.

"Und was erwarte ich von dem geheimnisvollen Schönling der Schule?"

Er blickte zu mir und seine Augen wurden dunkel. Oder bildete ich mir den Schmerz in seinen Augen nur ein? Seine Hand griff wohl unwillkürlich nach seinem Handgelenk, dort, wo ich die Narbe gesehen hatte. Die feine, hellrote Narbe, die anscheinend nicht weiter heilen würde. Nein, diesen Schmerz bildete ich mir nicht ein, ich kannte ihn selbst zu gut. Seine Stimme war leise, als er bitter sagte: "Ob ein Käfig aus Eisen oder Gold, der Vogel bleibt gefangen. Du müsstest es wissen."

Ja, ich wusste es.

Doch ich würde es ihm nicht sagen. Weil er es längst wusste, weil er mich kannte, als würde er in einem offenen Buch lesen, als würde er in einen Spiegel sehen. Und genau das war es, was mich an ihm schockierte, weil ich wusste, dass er mit Aryn der einzige Mensch war, dem ich vertrauen konnte. Den ich womöglich wieder lieben konnte. Und das trotz der narben auf meiner Haut.

"Ich kann nicht...", ich schloss die Augen und kämpfte mit mir, ehe ich leise fortfuhr: "...das letzte Mal...verlor ich alles. Meine Eltern, meine Schwester, meine Gefühle."

Ich öffnete die Augen und ließ meinen Blick durch das Fenster über seinen Garten schweifen, über den genau gestutzten Rasen, die akkurat geschnittenen Hecken, die gepflegten Rosensträucher und den wilden Teil am Rande, die Nadelbäume des angrenzenden Waldes. Alec schwieg eine Zeit lang und dafür war ich ihm dankbar. Diese Themen wollten nicht gesprochen werden und deshalb verlor ich auch kein weiteres Wort darüber.

"Du hattest Recht, hier steht, Prokoagulantien fördern die Blutgerinnung...", murmelte er und las sich den Text im Internet durch. Meine Aufmerksamkeit wandte sich ihm wieder zu. Den Rest des Tages verbrachten Alec und ich damit, das Referat vorzubereiten. Einiges fehlte uns bei Einbruch der Nacht noch, doch das wollte ich verschieben. Als ich die Auffahrt der großen Villa hinunterlief, drehte ich mich ein letztes Mal um und blickte zum Zimmer, in dem ich bis vor wenigen Minuten noch gewesen war.

Hinter dem hell erleuchteten Fenster stand Alec und blickte mir nach, ehe er schließlich hinter den Vorhängen verschwand und auch ich mich wieder abwandte und meinen Weg weiterging.

In dieser Welt gab es nicht nur zwei Extreme, nicht nur Gut und Böse.

Und die Farben in dieser Welt waren nicht nur Weiß und Schwarz. Selbst in alten Stummfilmen nicht.

Und Menschen waren nicht einfach zu verstehen, sie waren genau wie das Leben.

Nicht weiß, noch schwarz, sondern grau.

Hoffnung bedeutet Freude und Schmerz

Aryn und ich lagen gemeinsam in ihrem Doppelbett, so wie an früheren Wintertagen, wenn draußen der Schnee lag und ein schneidender Wind tobte, in ihrem Zimmer jedoch ein warmes Kaminfeuer und sich Metal-Bands abwechselnd die Seele aus dem Leib sangen. Doch es war nicht so wie früher. Nichts war mehr so wie früher.

Meine beste Freundin schlief bereits, ihre Züge waren friedlich und entspannt, ihr Atem gleichmäßig. Es war wohl eines der größten Klischees, dass schlafende Menschen ungeheuer friedlich und süß aussahen, aber es stimmte. Zumindest wohl bei der Mehrheit der Menschen. Ich war mir hingegen sicher, dass mein Schlaf wenig mit Frieden und Entspannung zu tun hatte, eher mit Horror und Schmerzen. Die Alpträume, die mich fast jede Nacht heimsuchten, raubten mir auch das letzte Bisschen Ruhe, das unberührt von Blut und Tod geblieben war.

Ich wandte mich von der schlafenden Aryn ab und starrte stattdessen hinaus in das Schneegestöber. Eigentlich war es eher Schneeregen, allerdings hatte meine beste Freundin heute einen Funken ihres Selbst wiederentdeckt und dafür war ich sogar bereit, an den Weihnachtsmann zu glauben, wenn es ihr half. Denn die neue, abweisende und kalte Aryn jagte mir regelrecht Angst ein. Schuld, Angst und Gleichgültigkeit kämpften fast tagtäglich in mir und auch wenn der Sommer wiederkehrte, dennoch warf ich jahrelange Lehren nicht einfach über Bord. Es war noch immer schwierig, immerhin konnte ich es mir wenigstens eingestehen.

Mit einem Seufzen drehte ich mich um und kuschelte mich tiefer in die warmen Decken, schloss die Augen und lehnte meinen Kopf an Aryns Schulter. Der Schlaf wollte nicht so recht kommen, erlauerte am Rande meines Bewusstseins, doch mehr als ein wenig vor mich hindämmern, dazu war ich nicht in der Lage. Aber das hielt die Alpträume nicht fern. Bilder meiner Schwester zuckten durch meinen Kopf, die hasserfüllten Mienen meiner Eltern zogen vor meinem inneren Augen vorbei und immer wieder der Augenblick, wo ich Aryn auch noch verlor.

Unruhig schreckte ich hoch und stieß dabei fast mit Aryn zusammen, die sich über mich gebeugt hatte, meinen Kopf in ihrem Schoss ruhend. Nur knapp entging sie einem Zusammenstoß, indem sie noch rechtzeitig zurückzuckte.

Ich beruhigte mich ein wenig, angesichts Aryns ruhigem Gesichtsausdruck, der mir in den letzten Tagen fremd geworden war - und mir gefehlt hatte. Ich seufzte und ließ mich wieder zurückfallen, während meine beste Freundin mich weiterhin beobachtete.

"Hast du heute noch was vor?", fragte sie mich mit leiser Stimme und legte sich anschließend ebenfalls zu mir, um sich an mich zu kuscheln und draußen den Schneefall zu beobachten. Unberührtes Weiß, unschuldig und wunderschön, dennoch kalt und tödlich.

Ich musste an Alexander denken, wie er gestern an seinem Fenster stand und mir mit seinen Augen folgte, während ich die Auffahrt der Villa hinabging. Seine unglaublich eisblauen Augen, die dem Schnee draußen nicht unähnlich waren. Wunderschön und faszinierend, dennoch unweigerlich gefährlich, denn sie sahen mich so wie ich war und wie ich gewesen war.

"Und, von wem träumt unsere Eiskönigin gerade?", witzelte Aryn und riss mich damit aus meinen Gedanken. Ich sah sie kurz an, ehe ich den Blick wieder abwandte und die Augen schloss. Ja, warum dachte ich an ihn? Wieso an ihn? Wieso faszinierte er mich so, kam mir so nahe wie selbst Aryn es nur selten tat? Ich fand dafür keine Erklärung, zumindest keine, die mir gefallen hätte.

Aryn brauchte keine Worte, um mich zu verstehen. Eine Fähigkeit, die ich bewunderte und verfluchte. Ich erinnerte mich noch zu genau an ihre Worte im Klassenzimmer, bei ihr Zuhause, in der Lagerhalle. Worte, die mir Angst gemacht hatten, Worte, die ich nicht hören wollte, weil sie mich zwangen, etwas zu sehen, wovor ich jahrelang die Augen geschlossen hatte. Gefühle.

Gefühle bedeuten Freude und Schmerz.

Ich zuckte mit den Schultern und sagte nichts weiter, meine beste Freundin verstand mich ohnehin. Sie seufzte mit einem kleinen Lächeln und stand schließlich endgültig auf. Während sie sich umzog warf sie mir einen Blick über die Schulter zu und meinte: "Nun komm schon, auf mit dir."

Zwei Sekunden später landeten auch schon meine Klamotten, die mittlerweile getrocknet waren, auf meinem Gesicht. Unberührt erhob ich mich nun ebenfalls und zog mich um, während Aryn schon in ihrem Bücherregal rumkramte und mir das ein oder andere Kochbuch in die Hände warf. "Hundert göttliche Rezepte für die perfekten Kekse" und "Das Keksparadies" oder ähnliche Titel stapelten sich schon bald darauf auf der marmornen Anrichte in Aryns Küche. Während Aryn sich die Haare zu einem lockeren Zopf band, sagte sie: "Und du rufst Alec an."

Ich starrte sie an und hätte beinahe die Zutaten fallen gelassen, mit denen ich durch die Küche balancierte, sorgsam darauf bedacht, eine Kollision mit dem Küchenboden zu vermeiden. Doch bei diesen Worten sah ich auf - direkt in das belustigte Gesicht meiner Freundin, die lachend erwiderte: "Nun sieh mich nicht so an. Ich bin Köchin und du Atheist; wir werden wohl kaum das göttlichste Rezept für die perfekten Kekse herausfinden können."

Da war es wieder, das Lächeln, das ich an Aryn so liebte, und das spöttische Zwinkern.

Es lenkte mich eine Sekunde von dem Anruf ab, was Aryn sofort ausnutzte, um die Nummer in ihr Handy einzugeben und es mir auch sogleich ans Ohr drückte. Wehren konnte ich mich nicht, mit den Zutaten in beiden Händen, somit musste ein wenig begeisterter Blick reichen, den meine Freundin jedoch mit einem Schulterzucken quittierte, währenddessen sie die nötigen Schüsseln ans Tageslicht brachte und mir eine Schürze bereit legte. Ich beobachtete sie dabei und fragte mich, wieso in aller Welt sie Alecs Nummer hatte, doch als dieser am anderen Ende der Leitung abhob, blieb mir keine Zeit mehr.

Zu wenig Zeit.

"Aryn? Ist irgendwas mit Jinx?", ertönte seine Stimme an meinem Ohr und ich stellte fest, dass sie leicht besorgt klang. Wenigstens hatte ich meine unter Kontrolle, als ich knapp auf seine Frage erwiderte: "Mir geht's gut."

"Beruhigend. Rufst du wegen dem Referat an?"

Ich unterdrückte ein Schnauben. Erst ganz besorgt um mich und dann so kühl und ausdruckslos, dass wir hätten die Plätze tauschen können. Alecs Meinung von mir musste ja überwältigend sein. Aber noch im gleichen Moment wurde mir klar, dass seine Reaktion nicht ganz unberechtigt war. Ich hatte ihn nicht gerade wie einen Freund behandelt, im Gegenteil. Die Jinx, die er kannte, hätte ihn nur aus diesem Grund angerufen, wenn überhaupt.

Vergangenheit?

Wer war ich?

"N-Nein...", weiter kam ich nicht, da Aryn mir ihr Handy mit einem theatralischen Seufzen entriss und es sich selbst ans Ohr klemmte, während sie mir bedeutete, die Zutaten endlich abzustellen. Etwas erleichtert kam ich ihrer Bitte nach und hörte ihr schweigend bei dem Gespräch mit Alec zu. Meine beste Freundin suchte nebenbei das richtige Rezept in dem Buch, derweil sie Alec mit einem Lächeln erklärte: "Entschuldige, unsere Jinx ist nicht gerade ein hüpfender Flummi der Gefühle. Ich hoffe, du bist gläubig?"

"Das Land der unbegrenzt leckeren Kekse - American Cookies" las ich auf der Seite, die Aryn gesucht hatte. Ich hätte es ahnen können, unsere Lieblingskekse. Schnell hatte ich auch den benötigten Rest für die Zubereitung und wartete auf Aryns Anweisungen, die auf sich warten ließen, da diese sich mit dem Rücken gegen die Anrichte lehnte und weiterhin mit Alec sprach.

"Na hör mal, es ist bald Weihnachten und es werden noch göttliche Kekse gebraucht...Komm vorbei. Ja, ich will dass du bei diesem saukalten Wetter und Wüten der Naturgewalten deinen - ich werde nicht perfekt sagen - Arsch herbewegst. Für Jinx...bitte Alec, es ist nicht einfach für sie..."

Die letzten Worte hatte Aryn leise gemurmelt und dabei die Augen geschlossen, das Lächeln auf ihren Lippen verblasste. Ich zuckte zusammen angesichts des Themas über das sie beide sprachen. Darum hatte Aryn also seine Telefonnummer. Ich ahnte auch, warum Aryn mit ihm über mich sprach. Weil er der gewesen war, der mich aus meiner Lethargie gerissen hatte. Ein Kunststück, das Aryn niemals ganz geglückt war.

Ich hörte die Hoffnung in ihrer Stimme.

Ich spürte die Hoffnung in meinem Herzen.

Sie ließ mein Herz schmerzhaft gegen meinen Brustkorb schlagen.

"Danke. Bis gleich."

Aryn legte auf und sah mich wieder grinsend an. Ich seufzte und umarmte sie kurz, ehe ich mich an den Küchentisch setzte, um nervös auf Alec zu warten. Sie kochte Tee auf und reichte mir zwei Tassen und Teebeutel, kurz darauf schüttete sie ein, ehe sie sich ebenfalls zu mir setzte, um mir beim Warten Gesellschaft zu leisten, wobei sie allerdings wesentlich ruhiger als ich war. Ich bemerkte nicht wie ich nach der Tasse griff und mir aus Versehen Wasser über die Hand schüttete. Erst als ich die beißende Hitze auf meiner Haut spürte, zog ich die Hand schnell weg. Meine beste Freundin schüttelte gutmütig den Kopf und reichte mir ein Küchentuch.

"Geht's?"

Sie meinte nicht nur die leichte Verbrennung.

"Nein."

Ich meinte nicht nur meine Hand.

Hoffnung bedeutet Freude und Schmerz.

Hoffnungslos Verlorene, die noch immer suchen

Die Minuten, die verstrichen, bis das Klingeln an der Haustür mich endlich aus meiner Nervosität riss, waren wohl die längsten meines Lebens gewesen. Die ganze Zeit schmunzelte Aryn angesichts meines Verhalten, doch sie schwieg und spielte mit mir unser Trinkspiel, das eine lange Tradition besaß. Aber heute konnte ich mich nicht so recht konzentrieren, ein Umstand, der Aryns Siege auszeichnete.

Nach einigen Spielen, die ich fast allesamt verloren hatte, ertönte dann jedoch endlich die Türklingel. Sofort schlug mein Herz erneut rasend in meiner Brust, gleichzeitig verfluchte ich mich. Dass ich so für Alec empfand, trotz der kurzen Zeit, die ich ihn erst kannte, mehr schlecht als recht, ehrlich gesagt, machte mich wahnsinnig.

Wahnsinnig glücklich und verrückt.

Ich stand auf, als Aryn die Würfelbecher und die Würfel zusammenräumte und auf den Stammplatz auf die Ecke der Fensterbank stellte. Mir war der Weg zur Tür indessen unglaublich endlos erschienen, bis ich schließlich vor ihr stoppte und sie öffnete - und direkt in Alecs blaue Augen starrte, die mich - wieder einmal - in ihren Bann schlugen. Sie funkelten mich amüsiert an, da ich einfach nur vor ihm stand und ihn anstarrte.

"Darf ich dann auch reinkommen?", fragte er mich belustigt und lächelte leicht. Endlich aus meinen Gedanken gerissen, trat ich beiseite und ließ ihn in Aryns Haus, nicht ohne ihm hinterher zu sehen, als er auf Aryn zuging, die nun ebenfalls gekommen war, um ihn zu begrüßen. Er umarmte sie kurz und flüsterte ihr irgendetwas ins Ohr, wobei Aryns Lächeln verblasste und sie für einen Moment betrübt aussah, ehe sie sich wieder unter Kontrolle hatte.

Ich konnte nur vermuten, dass es irgendetwas mit mir zu tun hatte.

"Noch keine Kekse fertig?"

Aryn stemmte die Hände in die Hüften und blieb auf dem Weg zur Küche stehen, ihre Stimme war gespielt empört, als sie erwiderte: "Göttliche Kekse brauchen ihre Zeit und viele Helfer. Meinst du wir bedienen dich einfach so?"

Ich lächelte und schüttelte den Kopf, schlängelte mich an beiden vorbei, zumindest versuchte ich es, denn meine beste Freundin packte mich und stellte mich vor sich, die Arme von hinten um mich geschlungen. Alec zog die Augenbrauen hoch und wollte wissen: "Auch Engel können keine Wunder vollbringen, was?"

Ich schnaubte, schnappte dann aber fassungslos nach Luft, da Aryn hinter mir entgegnete: "Jinx ist dein Engel, nicht ich."

Sie grinste breit, ließ mich los und zwinkerte ihm kurz zu, ehe sie weiter Richtung Küche marschierte. Ich verzog eine Miene und starrte Aryn nachdenklich hinterher, lächelnd über ihren Witz, doch gleichzeitig auch unsicher. Ein Seufzen entfuhr mir, nachdem ich beschlossen hatte, die ganze Situation hinzunehmen und so wehrte ich mich auch nicht, als Alec seine Arme um meine Hüfte schlang, seinen Kopf auf meiner Schulter ruhend, sodass sein warmer Atem über mein Ohr strich, währenddessen er murmelte: "Also Engelchen, welche Kekse hältst du für mich bereit?"

"Noch gar keine. Du musst schon helfen.", grinste ich und löste mich sanft aus seinem Griff, ließ seine Hand jedoch nicht los, sondern zog ihn weiter in die Küche, wo Aryn bereits wartete, um mir eine Handvoll Mehl ins Gesicht zu pusten. Ich protestierte, wohl keine gute Idee, da mir der feine Staub in die Luftröhre flog und ich erst einmal durch einen Hustenanfall ausgeschaltet war. Alec reichte mir meine Teetasse, deren Inhalt mittlerweile kalt war, und verteidigte sich gegen meine beste Freundin.Mein Husten wurde durch ein Lachen abgelöst, wodurch Alec einen Moment perplex war und sich zu mir umdrehte. Ein Lächeln umspielte seine Lippen, ein einzigartiges Lächeln, das ich öfter an ihm sehen wollte, weil es echt war und nicht dieses verschmitzte, was er immer zur Schau stellte.

Meine beste Freundin nutzte den Augenblick jedoch aus und strubbelte ihm von hinten eine handvoll Mehl in die Haare. Alec drehte sich nicht zu ihr um, verzog jedoch eine Miene und hob die Hände.

"Schon gut, schon gut, ich geb ja auf. Wo kann ich helfen?"

Eine Stunde und eine Aufräumaktion, die dank Alec schnell erledigt war, saßen wir an dem großen Küchentisch und sahen den Plätzchen im Ofen zu, die schon die typische Farbe American Cookies angenommen hatten. Ich saß neben Alec und wurde das Gefühl nicht los, von ihm beobachtet zu werden. Aryn lächelte die ganze Zeit schon so merkwürdig, trank jedoch schweigend ihren neu aufgebrühten Tee, während ich auf einen verzichtet hatte. Ich hatte Alec und mir lieber einen Kaffee gemacht, nachdem sich herausgestellt hatte, dass er ein fast genauso großer Koffeein-Junkie war wie ich, seitdem hatte meine beste Freundin mit ihrem Lächeln nicht aufgehört.

Wenn auch in mir ein unordbares Chaos herrschte und in fast jedem Schulfach kläglich versagte, so war ich in Mathematik jedoch ganz gut. Gut genug um eins und eins zusammenzuzählen und zu bemerken, dass Aryn Verkluppungsversuche hegte und ich nicht vollständig abgeneigt war, sie zu erfüllen. Na ja, ich war nicht vollständig abgeneigt, kam einer Zustimmung ganz nahe, dennoch reichte es für mich nicht. Nicht nachdem ich all das Blut hatte sehen müssen.

Es ließ sich von meinen Händen waschen.

Nicht von meiner Seele.

Ich drehte mich zu Alec um und erwiderte seinen Blick. Hatte ich also Recht behalten.

"Aryn schmier dir dieses Grinsen aus dem Gesicht und du, Alec....ach verdammt, beobachte meinetwegen....", begann ich ärgerlich und mittlerweile ohne Geduld mehr, endete aber jedoch fassungslos. Denn das was ich hatte sagen wollen, blieb mir im Halse stecken, als ich die Verwüstung, die der Schnee draußen angerichtet hatte, bemerkte. Oh, verdammt, das war ÜBERHAUPT GANZ UND GAR NICHT GUT!!!

"Die schöne Landschaft vor dem Fenster? Also ich weiß nicht, die blockierten Straßen und der hüfthohe Schnee ist nicht so meins.", erwiderte Alec ruhig und lächelte belustigt. Aryn seufzte und erhob sich, um aus der Küche zu gehen, nicht ohne über ihre Schulter zu rufen: "Alec, du wirst hier wohl übernachten müssen. Ich hol dir eine Matratze und Decken. Du Schnucki, du kannst natürlich bei mir im Bett schlafen."

Ein Augenzwinkern und weg war sie.

Und ließ mich mit Alec, meiner personifizierten Ursache all des Chaos, allein.

Alec konnte nicht hier schlafen. Nicht bei...ruhig. Ich durfte nicht, ich wiederhole Gehirn, ich darf nicht die Nerven verlieren. Gefühle hatte ich für eine sehr lange Zeit nicht mehr gespürt, hatte sie tief im Schnee begraben, in der Hoffnung, dass sie nie wieder ausgescharrt werden würden. Ich war keine starke Persönlichkeit wie Aryn oder Alec, die beide noch scheinbar unberührt durch das leben liefen, emotional und unerschütterlich. Ich war schwach und hatte Angst vor Schmerzen, flüchtete lieber vor ihnen.

Mit einem Seufzen schloss ich die Augen und verbannte die unliebsamen Gedanken, bevor ich aufstand und Alec ansah, der sich bereits von dem Schneetreiben wieder mir zugewandt hatte. Mit erschöpfter Stimme sagte ich zu ihm: "Ich zeig dir das Badezimmer und bring dir später ein paar Klamotten vorbei. Kekse gibt's danach."

Bereitwillig folgte Alec mir durch Aryns Haus, schweigend. Doch es war eine angenehme Art des Schweigens, einvernehmlich und leicht, nicht drückend und belastend, darüber war ich froh. So hing jeder seinen eigenen Gedanken nach, meine schweiften - wie so oft in letzter Zeit - zu ihm. Dass ich Gefühle für ihn hatte, war mittlerweile unleugbar geworden, ich führte mich ja schon beinahe wie ein hysterischer Teenager auf. Unklar war nur, wie es weitergehen sollte. Eine Frage, die sich auf mein ganzes Leben erstreckte.

Ein Leben voller Gefühle.

Was wollte ich?

Vor der Badezimmertür gab ich ihm ein Zeichen und verschwand eben in den Vorraum, um ihm im Schrank zwei Handtücher zu suchen, die ich ihm in die Hand drückte und ihn mit den Worten: "Shampoo und Duschgel findest du im ersten Regal des kleinen Schranks." verließ. Die Kekse warteten und drohten, zu verbrennen und das musste ich bei Gott verhindern. Einen Moment fühlte ich mich glücklich. Mit den alltäglichen Problemen und Sorgen normaler 17-Jähriger konfrontiert, dem Gefühl, verliebt zu sein, und mit einer sehr guten Freundin gesegnet, mit der ich hätte alles Leid der Welt ertragen hätte können.

Es brauchte nicht das Leid der Welt.

Der Tod hat vollkommen gereicht.

Ich kam gerade noch rechtzeitig, um die Kekse aus dem Backofen zu retten. Aber ich konnte nicht sagen, ob Alec auch noch rechtzeitig gekommen war. Ich wusste es nicht. Aryn tauchte nun ebenfalls hinter mir auf - der köstliche Keksgeruch musste sie hergelockt haben - und stibitzte sich direkt einen. Genüsslich verspeiste sie den noch warmen Keks, während ich die übrigen in eine Dose schüttete und den Backofen ausschaltete. Meine beste Freundin sah mir eine Weile zu, ehe sie schließlich das Schweigen brach: "Er ist pünktlich gekommen."

Ich wusste, was Aryn eigentlich meinte. Sie scherte sich einen feuchten Kehricht um Pünktlichkeit bei einem Menschen - zumal sie selbst häufig zu spät zu irgendwelchen Verabredungen kam - und normalerweise waren ihr andere Menschen ebenfalls nicht sehr wichtig. An der Schule hatte sie einen Ruf aufgebaut, der es ihr erlaubte, so zu sein, wie sie eben war.

"Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht.", war alles was ich erwiderte.

"Vertraust du mir?"

Ich schnaubte und verdrehte die Augen, doch ihr war es anscheinend ernst, denn sie verzog keine Miene. Mit einem Seufzen antwortete ich nach einigen Sekunden Schweigen: "Ja."

Damals als ich Jiffa hinterhergelaufen war, auf das dünne Eis und eingebrochen war, ich hatte keine Angst gehabt, denn ich wusste, dass Aryn kommen und mich herausziehen würde. Als ich mit zehn Jahren Klippenspringen ausprobiert hatte, hatte ich keine Angst gefühlt, weil ich wusste, dass Aryn noch vor dem Notarzt da sein und mich retten würde. Und nachdem meine Eltern mich das erste Mal mit acht Jahren rausgeworfen hatten, weinte ich nicht, da ich wusste, Aryn würde mich auffangen.

Nie in meinem Leben hatte ich an ihr gezweifelt.

Sie lächelte, das Lächeln, das schon immer mir gegolten hatte und nie einer anderen Person, als sie sagte: "Spring."

Mit einem kurzen Grinsen, das mir eher schlecht als recht gelang, ging ich aus der Küche, um in Aryns Zimmer nach ein paar meiner Sachen zu suchen, die ich seit meinem ersten Rausschmiss immer bei ihr deponiert hatte. Sicher war sicher. Ich suchte nach meiner alten, schwarzen Jogginghose, die ich prompt fand und nach einem nicht figurbetonten Oberteil ohne Ausschnitt oder extravaganten Kleinigkeiten, sondern schlicht gehalten. Das gestaltete sich ein wenig schwieriger, aber unmöglich war es nicht. Acht Minuten später stand ich im Vorraum des Badezimmers und wollte Alec den Stapel vor der Tür ablegen, als dieser die Tür öffnete und hinaustrat.

Ich hielt den Atem an.

Er hatte sich nur ein Handtuch um die Hüften geschlungen, sein Oberkörper war frei und seine Haare noch nass. Seine unglaublich blauen Augen besaßen so eine Intensität, dass ich mich nicht bewegen konnte. Er hatte anscheinend nicht mit mir gerechnet - zumindest nicht direkt vor der Tür des Badezimmers -, denn seine Augen weiteten sich leicht, bis er schließlich schief lächelte und mir die Klamotten abnahm. Dennoch rührte ich mich nicht, wenn auch jetzt wegen einem vollkommen anderen Grund.

Die roten Striemen auf seinen Unter- und Oberarmen.

Ich senkte den Blick. Natürlich hatte ich es gewusst. Und dennoch war es wie ein Schlag ins Gesicht, immer wieder erfahren zu müssen, dass wir beide anders waren, anders und verloren. Weil wir uns selbst bereits aufgegeben hatten. Ohne ein Wort drehte ich mich um und rannte förmlich in Aryns Zimmer, wo ich mich auf das Doppelbett warf und in den schwarzen Nachthimmel starrte. Ich bemerkte die Tränen erst, als sie leise neben mir auf die Decke tropften, lautlos und leicht, doch tonnenschwer auf meiner Seele.

Wieder stellte ich fest, dass ich machtlos gegen meine Vergangenheit war.

Hoffnungslos Verlorene, die trotzdem noch immer suchten.

Nur für eine Nacht...

Als Aryn schließlich in ihr Zimmer kam, hatte ich mich bereits beruhigt und umgezogen, auch Alec hatte das Badezimmer verlassen und kein Wort über meine Reaktion verloren, dafür war ich ihm dankbar. Erneut. Er lag neben mir auf dem Bett und fand immer neue Sternbilder, erzählte von irgendwelchen Ländern, die er mit seinen Eltern bereist hatte oder schwieg mit mir. Meine beste Freundin gesellte sich nach einer Dusche ebenfalls zu uns.

So wurde es eine lustige Runde, während wir die Kekse mampften und Tee tranken, den ich neu aufgesetzt hatte, in weiser Voraussicht. Ich bemerkte, wie Aryn durch die warme Dusche und den heißen Tee müde wurde und bald einschlief, dicht an mich gekuschelt. Eine Weile lauschte ich Aryns gleichmäßigen Atem nah an meinem Ohr und schwieg, doch ich war zu aufgekratzt, als dass ich hätte schlafen können. Denn mich beschäftigte noch immer der Gedanke und die roten Narben, die Alecs Arme fast vollständig bedeckten.

Es war für mich kein unbekanntes Thema.

Aber das Vertrauen, das er mir entgegenbrachte, schon. Er hatte mir so vieles anvertraut, ohne jemals eine Gegenleistung zu erwarten, er näherte sich mir immer und ließ es über sich ergehen, wenn ich ihn wegstieß. Schlau wurde ich aus ihm nicht, doch in mir machte sich das Gefühl breit, dass ich einen Schritt auf ihn zugehen sollte, dass ich es ihm schuldig war.

Alec schien genauso aufgekratzt wie ich zu sein, denn er summte kaum hörbar vor sich hin.

Spring.

Ich vertraute Aryn, doch diesmal war es Alec, der unten wartete, blaue Augen, nicht grüne und dunkelbraune Haare, die hätten blau sein müssen. Die Frage war nicht, ob ich ihr vertraute, sondern ob ich Alec vertrauen konnte. Die Antwort hingegen war gleich.

Zumindest für diese eine Nacht.

So vorsichtig wie möglich, damit Aryn nicht aufwachte, löste ich mich von ihr und stand auf. Alec stoppte mit seinem Summen und sah mich fragend an. Ich machte ihm einfach ein Zeichen, mir zu folgen und trat in den begehbaren Kleiderschrank meiner besten Freundin. Wenig später schloss sich die Tür und Alec setzte sich neben mir auf den Boden, mit dem Rücken gegen die Wand gelehnt. Ich schwieg und ordnete zunächst meine Gedanken, während ich aus dem kleinen Fenster zum Himmel sah.

"Wo soll ich anfangen? Meine Kindheit war nie schön, meine erste Erinnerung war der Tod meiner Großeltern, die zweite ihre Beerdigung. Meine Mutter war Einzelkind, mein Vater auch und so blieben von unserer Familie nur meine Eltern, meine Schwester und ich übrig. Meine Schwester hieß Jua, das ist Suaheli für Sonnenaufgang, und das war sie für meine Eltern. Egal wann sie auftauchte, was sie gemacht hatte, für meine Eltern ging die Sonne auf. Ich war immer ihr Sorgenkind gewesen, ein Fehler in ihrem sonst makellosen Leben. Aber ich habe Jua nie gehasst, im Gegenteil, sie war für mich ebenfalls die Sonne, denn ich war ihre kleine Schwester, unzertrennlich, und ich habe sie immer für ihre Stärke bewundert."

Meine Stimme brach, als die Erinnerungen sich so frisch vor meinen Augen abspielte, dass ich wieder all die Jahre zurückgeworfen wurde. Ich war erneut das kleine Mädchen, aber die Schmerzen blieben. Alter Schmerz und neuer wurde zu einer Flutwelle, die über meinen Kopf zusammenschlug. Nur gedämpft und seltsam schwach bemerkte ich, wie ich mich an Alec kuschelte, der einen Arm um mich legte und mit leiser Stimme flüsterte: "Du musst es mir nicht sagen. Hör einfach auf."

Nein.

Jetzt konnte ich nicht mehr.

Freier Fall.

"Dabei war sie körperlich sehr angeschlagen, aber ihr Geist war immer stark gewesen. Trotz all den OP's, die ewigen schlechten Nachrichten der Ärzte und der Krankheit, hat sie nie aufgegeben. Niemals. Aber ohne Körper nutzte ihr ihr starker Wille auch nichts mehr. Es war Nacht, ich war vier Jahre alt, meine Schwester neun, unsere Eltern schliefen. Ich konnte nicht schlafen und schlich mich in das Zimmer meiner Schwester...in jener Nacht ging es ihr besonders schlecht, doch sie hörte sich meine Ängste an und tröstete mich. Ihre Worte gingen in einem Hustenanfall unter, sie richtete sich auf und hielt sich die Hand vor den Mund, während sie immer weiter hustete. Als sie sie wieder zurückzog, war sie rot. Panisch rief ich nach unseren Eltern, die sofort ins Zimmer stürzten. Meine Mutter kauerte sich neben Jua, mein Vater schrie mich währenddessen an und schlug mich immer und immer wieder, aber ich konnte den Blick nicht von meiner Schwester lösen, die sich von meiner Mutter losmachte und zu mir kam, um mich vor den Schlägen meines Vaters zu schützen. Sie hustete und hustete und weinte und schrie, ich weiß es nicht mehr. Irgendwann hörten wir alle auf und es war still. Mein weißes Nachthemd war voller Blut...die Hände meines Vaters, die meiner Mutter und meine....voller Blut."

Ich stoppte und kuschelte mich dichter an Alec, der geduldig geschwiegen und mir über den Rücken gestreichelt hatte. Die Bilder sollten verblassen, sollten nicht mehr schmerzen und dennoch war es, als wäre das alles erst gestern passiert, so klar, so klar leuchtete das Blut vor meinem inneren Augen, so deutlich sah ich die Szene, ohne Ende, ohne Halt. Mit einem tiefen Atemzug schloss ich die Augen, ließ mich endgültig fallen und konzentrierte mich auf die warme Berührung von Alec, der weiter schwieg. Es gab auch nichts zu sagen.

Ich war menschlich, hatte Gefühle und brauchte Nähe.

Für diese eine Nacht ließ ich es zu.

Nur für eine Nacht.

...will ich dir vertrauen.

Wärme.

Ich schmiegte mich dichter an den Ursprung dieser angenehmen Wärme und lächelte leicht, während ich mit meinen Händen einen Zipfel Stoff erwischte und ihn näher zog. Ein Arm legte sich um meine Hüfte, doch das störte mich nicht, suhlte mich noch ein wenig in diesem schläfrigen Gefühl des Dahindämmerns, als ich plötzlich ein Klicken hörte und es für den Bruchteil einer Sekunde grell wurde.

Jetzt war ich wach und alarmiert.

"Aryn!", grummelte ich, noch bevor ich die Augen öffnete und meine beste Freundin vorwurfsvoll anstarrte, die mit einer Kamera auf ihrem Bett saß und mich - Moment mal, wo lag ich denn bitte? - verzückt angrinste.

Oh.

Langsam setzte meine Erinnerung wieder ein und drehte mich um, meine Befürchtungen bestätigten sich. Alec lag neben mir, sehr dicht neben mir und es war sein Arm, der auf meiner Hüfte lag und sein Oberteil, von dem ich ein Zipfel in den Händen hielt. Ich schloss die Augen und ließ den Kopf wieder fallen. Es war eindeutig zu früh. Ich brauchte Kaffee. Eine Menge Kaffee.

Ich will dir vertrauen.

Zum Glück kannte Aryn meine morgendlichen Traditionen, denn schon wenige Sekunden später roch ich den unverkennbaren Geruch des koffeinhaltigen Getränks und hatte bald eine Tasse zwischen den Händen. Ich richtete mich auf und schob vorsichtig Alecs Arm weg, um mich hinzusetzen und erst einmal meinen Kaffee zu trinken, wohlweislich meine Lage ignorierend. Meine beste Freundin schien sich nicht mehr einzukriegen, sie fragte mit einem breiten Grinsen: "Und, wann ist die Hochzeit?"

"Er ist immer noch keine Frau.", war meine einzige Antwort, während ich meine Tasse leerte und sie auf Aryns Nachttisch abstellte. Hinter mir regte sich etwas und eine amüsierte Stimme bemerkte: "Gute Arbeit Sherlock Holmes."

Alec streckte sich an mir vorbei und schnappte sich die zweite Tasse, die Aryn für ihn da hingestellt hatte. Ich schnaubte nur zu seinem Kommentar und blickte sehnsüchtig auf den Inhalt seiner Tasse. Aryn lächelte und stand auf, verließ ihr Zimmer mit den Worten: "Ich bin kurz im Bad, ihr beiden Hübschen. Und egal was ihr tut, nicht auf meinem Bett!"

Mein böser Blick wurde leider von der Tür abgeschnitten, aber Aryn kannte mich und deshalb hörte ich nur noch ein leises Kichern von ihr, bis sie schließlich die Tür des Badezimmers schloss. Auch Alec hinter mir lachte und schlang einen Arm um mich, zog mich an sich und murmelte mir ins Ohr: "Wie wär's mit Juni?"

Im Sommer...

Darauf warte ich schon sehnsüchtig.

Empört schnappte ich ihm seinen Kaffee weg, sehr zu seinem Ärgernis, denn er zog mich noch näher und knurrte spielerisch. Ich hielt panisch in meinen Bewegungen inne, da der Kaffee drohte, überzuschwappen. Und weg war er wieder, Alec trank ihn in einem Zug und lächelte mich triumphierend an. Meine Angst um den Kaffee verwandelte sich in leichte Wut und nachdem Alec die Tasse abgestellt hatte, stürzte ich mich auf ihn und nagelte ihn auf der Matratze fest.

"Du arroganter, eingebildeter, Kaffee-klauender Schnösel!", brachte ich aufgebracht hervor und funkelte den Dunkelhaarigen unter mir an. Der lachte jedoch nur und erwiderte nur: "Ach Schatz, ich liebe dich auch."

In dem Moment ging die Tür auf und Aryn trat herein, blieb stehen und brach in Gelächter aus. Ich seufzte und ließ von Alec ab, der amüsiert lächelte und sich nun aufrichtete, um ebenfalls im Bad zu verschwinden, währenddessen ich immer noch auf der Matratze saß und Aryn betrachtete, die sich vor Lachen kaum noch einkriegte. Nun ja, verstehen konnte ich sie ja schon. Mein Verhalten war auch lachhaft, lachhaft emotional und naiv im Vergleich zu all den vorherigen Monaten, Jahren.

Gefühle sind wie Sterne.

Sie leuchten dunkel oder hell.

Ich kann sie sehen oder nicht, sie sind da.

Berühren kann ich sie nicht.

"Was für ein Frühlingsflattern.", war Aryns Kommentar, nachdem sie sich halbwegs beruhigt hatte. Ich schnaubte. An Schmetterlinge erinnerte mich das hier keineswegs, Schmetterlinge waren wunderschöne, feine und unbefleckte Wesen, die nach Freiheit und Sonnenlicht strebten. Meine Gefühlswelt hatte eher Ähnlichkeit mit einem schlechten Horrorfilm, in denen sich die Zombies einen Weg aus ihren Särgen gruben, zurück an die Oberfläche. Ich hatte jegliches Gefühl tief in mir begraben, aber nun gruben sie sich eigenständig wieder heraus und raubten mir den letzten Nerv und Gedanken.

Aryn seufzte und schüttelte gutmütig den Kopf. Sie griff nach ihrem Zylinder und setzte sich ihn auf, nicht ohne ihr blaues Haar vorher noch mit einem lockeren Zopf etwas zu bändigen. Kaum eine Sekunde später folgte auch Feuerzeug und Zigaretten und ich erblickte die Aryn, die ich schon seit Jahren kannte, so wie sie immer war.

"Du...ich glaube Alec liebt dich wirklich. Und du anscheinend auch."

Es war die Art meiner besten Freundin, Dinge einfach unverblümt auszusprechen. Eine Fähigkeit, die ich nicht recht beurteilen konnte. "Ich liebe dich." war nicht nur irgendein daher geredeter Satz, es war ein großes Wort, mit dem man nicht so einfach um sich schmiss. Ich sagte nur selten irgendetwas emotionales, doch "Liebe" war mir nie über die Lippen gekommen.

Mit einem weiteren Seufzen stand ich auf und erwiderte lediglich: "Mhmm..."

Mein Blick aus Aryns Fenster verriet mir, dass der Schnee noch genauso hoch lag, wie gestern. Wir waren also immer noch hier festgenagelt. Verdammt. Vielleicht sollte ich mir ernsthaft überlegen, die Schule wirklich abzubrechen und erst einmal irgendwohin zu verreisen. Weit weg von meinen Eltern, weit weg von der Schule und weit weg von Alec und diesen dämlichen Gefühlen, die drohten, mich aus dem hart erkämpften Gleichgewicht zu bringen.

Wo der Nordwind pfeift.

Vielleicht sollte ich einen Kindheitstraum erfüllen und bei einem Hundeschlitten-Rennen in Alaska teilnehmen...beim Iditarod oder dem Arctic Challenge. Die Vorbereitungen und das Rennen selbst würden mich für eine ziemlich lange Zeit dort halten. Eventuell sogar für immer, was wollte ich hier in dieser Stadt mit einem Hundeschlitten-Team? Diese Hunde brauchten ihre Freiheit, den Schnee, den Schlitten und die Kälte. Genau wie ich.

"Aufwachen Dornröschen. Oder muss ich deinen Prinzen herholen, damit er dich küsst?", riss Aryns Stimme mich aus meinen Gedanken. Ich schüttelte nur den Kopf und suchte mir derweil ein paar frische Klamotten raus, um direkt nach Alec ins Bad zu verschwinden. Eine gründliche Dusche würde mir gut tun und erst einmal Unerwünschtes mitspülen, bis es wieder aus dem Abfluss hoch kroch.

Nicht sehr schmeichelhaft, wie ich meine Gefühle beschrieb, aber man hatte mir definitiv den zweiten Kaffee vorenthalten und nach den Jahren gleichgültiger Art waren so viele Gedanken auf einmal ziemlich lästig und anstrengend. Und schmerzhaft. Aber ich konnte auch nicht wieder zurückkehren und damit Aryn und Alec noch mehr verletzen als ohnehin schon.

Zu meiner Freundin gewandt sagte ich lächelnd: "Ich geh meinen Prinzen selbst suchen, Emanzipation, du verstehst? Ich brauch eine Dusche und danach einen Kaffee."

Die lachte nur, als ich aus dem Zimmer verschwand, gemeinsam mit meinen Klamotten, und Richtung Badezimmer ging. Besagter Prinz kam mir auf dem halben Weg entgegen und ich musste unwillkürlich schmunzeln. Er zog die Augenbrauen hoch, aber ich lächelte nur und erklärte nur: "Später. Das Bad war lang genug blockiert und die Dusche braucht mich."
 

Eine heiße Dusche und einen Kaffee später war das Grinsen immer noch nicht aus meinem Gesicht verschwunden und ich fühlte mich langsam von Aryn und Alec beobachtet. Mit einem Seufzer - schien wohl eine Angewohnheit zu werden - erwiderte ich die Blicke und wollte wissen: "Was?"

"Du solltest einfach öfter lächeln.", murmelte Alec, der neben mir am Küchentisch saß, und hob eine Hand, um mir eine Haarsträhne sanft aus dem Gesicht, hinter mein Ohr zu streichen. Meine beste Freundin grinste mir gegenüber wie ein Honigkuchenpferd, als wäre sie die Verliebte und nicht ich. Ja, augenscheinlich nützte es nichts mehr, meine Gefühle zu verleugnen. Ich fühlte mich bei Alec wohl, glücklich und seltsam aufgeregt, dachte viel zu oft an ihn und vertraute ihm wohl blind. Ich konnte mich einfach nicht erwehren, meinen Kopf leicht schief zu legen und meine Wange leicht gegen seine Hand zu drücken. Ich hatte in ihm eine Person gefunden, die ich wohl all die Jahre gesucht hatte und die ich lieben konnte.

Ich vertraue dir.

Ich vertraue dir mein Herz an.

Der April macht was er will

Ich konnte mich dagegen nicht erwehren, aber ich hatte zusehends das Gefühl, meine Launen wurden immer stärker durch das Wetter bestimmt. An sonnigen Tagen ließ ich Alec in meine Nähe, an Regentagen holten mich meine Erinnerungen wieder ein und ich wurde recht anhänglich, an windigen Tagen war ich einfach nur ziemlich unkonzentriert und unschlüssig und an eisig kalten Tagen abweisend. Und um alles zusammmenzufassen: Es nervte mich unendlich, dass ich Stimmungsschwankungen bekam, wie eine alte Dame in ihren Wechseljahren.

Mein Verhalten war sehr gefühlsgeladen, wenn ich es an manchen Tagen mit meinem früheren Verhalten und Gedankengänge verglich. Mein Ergebnis war immer wieder dasselbe: Innerhalb kürzester Zeit machte ich eine ziemliche Charakterumwälzung mit, die nicht ohne Folgen blieb. Ja, der Eisblock taute und das Wasser, das von dem ehemaligen Eisberg übrig blieb, machte den Boden ganz schön rutschig.

Mein Blick aus dem Fenster machte eine düstere Voraussagung: Windig. Die Bäume in unserem Garten konnten der Kraft, mit der der Wind ihnen durch das Laub fuhr, kaum standhalten und dieser würde meine Gedanken auch ganz schön durcheinander wirbeln. Ich seufzte und griff nach einem Eiskaffee in meinem Mini-Kühlschrank. Ohne Koffein würde ich auch jeden normalen Tag kaum durchstehen. Wenigstens überwand ich dann schon mal den Morgen.

Ich benutzte wieder einmal das Fenster, nicht die Tür, die mittlerweile rund um die Uhr abgeschlossen blieb, weil ich sie ohnehin nicht brauchte. Außer wenn Alec vorbei kam, da er "der Anstand halber" lieber unter wachsamen Augen meiner Eltern die Treppe hochging, statt wie Aryn das Garagendach zu nehmen. Aber meist trafen wir uns bei Aryn und wenn deren Eltern unangenehm wurden, dann bei Alec zu Hause, weil die seinen anscheinend nie ihre Zeit dort verbrachten, sondern irgendwo in der Weltgeschichte. Leider war meine Mutter streng gläubig und zu konservativ und mein Vater viel zu sehr in seiner "Bringt die Sünder auf den rechten Weg durch ein hartes Leben"-Masche, um mich endlich aufzugeben.

Die ganze Busfahrt lang hing ich solchen Gedanken nach und wäre fast an meiner Schule vorbei gefahren, hätte Aryn nicht wartend und wild gestikulierend an der Haltestelle gestanden. Ich musste lächeln und verließ den Bus, um an die Seite meiner Freundin zu eilen, die sich bei mir unterhakte. Missmutig über das Wetter schimpfend, wie ziemlich jeden Tag. Es tat gut, eine ewige Konstante zu haben, wenn sich der Rest drastisch änderte. Wegen Aryns Hass auf schlechtes Wetter verzogen wir uns relativ schnell - und früh - in die Schule, wo wir in unserem Kursraum auf Unterrichtsbeginn warteten.

Während Aryn und ich auf der Fensterbank saßen, Aryn am Rauchen - diese Angewohnheit hatte sie schnell wieder aufgenommen - und ich mit weniger teilnahmsloser Miene wie noch wenige Wochen zuvor, versuchte ich, das Chaos in meinem Kopf zu ordnen. Versuchte, relativ erfolglos. Frustriert über den Verlust von Kontrolle über mich schnaubte ich und wandte meinen Blick vom Fenster ab, um prompt Alec zu sehen, der nun ebenfalls den Raum betrat und auf uns zuging. Er lächelte schief und ich konnte nicht anders, als dieses Lächeln zu erwidern und von der Fensterbank zu springen, um mich in eine sanfte Umarmung ziehen zu lassen. Obwohl ich Aryn nicht sah, wusste ich dennoch ganz genau, dass meine Freundin breit grinste.

Ich vergrub mein Gesicht in Alecs Oberteil und entspannte mich. Alec roch unerklärlicherweise immer nach einem Hauch von Zimt und nach einem Winterabend vor dem Kamin. Ich wusste nicht wie, aber der Halt und das Vertrauen, das er mir gab, war unheimlich tröstend. Geduldig hielt der Dunkelhaarige mich weiterhin im Arm, bis ich mich selbst - etwas schweren Herzens, wie ich feststellte - von ihm löste und darum kämpfte, nicht so verletzlich und verwirrt zu wirken, wie es in mir aussah.

Bevor Aryn irgendetwas sagen konnte, oder auch Alec, strömten die übrigen Kursmitglieder in den Raum, dicht gefolgt von dem Lehrer. Hastig setzten sich alle auf ihre Plätze, ich folgte etwas langsamer, meine Frustration verwandelte sich in Gereiztheit. Geschichte war nun einmal nicht unbedingt mein Fach und der Lehrer setzte aber auch wirklich alles daran, den Unterricht zur reinsten Nervenprobe zu machen. Mit zunehmender Zeit wurde meine Antworten immer gereizter und meine Nerven lagen immer blanker. Kaum hatte die Schulklingel ertönt, konnte ich es nicht erwarten, dass diese Folter endlich ein Ende gefunden hatte, doch ich hatte mich zu früh gefreut.

"Jinra Jones, bitte suchen sie direkt das Büro des Schulleiters auf. Und zwar unverzüglich."

Kopfschuss

Mir blieb keine Zeit mehr, noch auf Aryn oder Alec zu warten, denn der Lehrer machte mir unmissverständlich klar, ihm direkt zu folgen. Mit einem Seufzen und gezwungen ruhiger Miene folgte ich ihm durch den Flur. Vor dem Büro ließ er mich allerdings stehen und verschwand selbst darin, sollte mir auch recht sein. Beinahe schon verzweifelt setzte ich mich auf einen Stuhl, nicht weit entfernt und legte mein Gesicht in die Hände. Ohne es zu wollen und ohne den Grund zu wissen, schossen mir plötzlich Tränen in die Augen und ich schloss die Augen, um sie aufzuhalten.

Mein Herz brach schon einmal...

Glasherzen zersplittern bei großem Druck.

Ich realisierte nicht, dass die Tür irgendwann wieder geöffnet wurde und mein Lehrer wutschnaubend wieder abrauschte. Erst als ich eine warme Hand auf meiner Schulter spürte, riss ich mich zusammen und sah auf. Alec stand vor mir und lächelte leicht, ehe er murmelte: "Komm, du hast den Rest des Tages frei."

Ich fragte ihn nicht, wie zur Hölle er vor mir hierhergekommen war, wie er den Schulleiter von was auch immer überzeugen konnte und was genau "Du hast den Rest des Tages frei" bedeutete, es war mir schlichtweg einfach egal. Erschöpft lehnte ich mich beim Verlassen des Schulgebäudes an Alec, der einen Arm um mich legte und ließ mich widerstandslos von ihm zum Bus fahren. Das Wetter hatte sich geändert, der kräftige Wind wurde von einem Nieselregen abgelöst.

Wir fuhren zu Alec, sollte mir nur recht sein. Meine Eltern jetzt noch zu begegnen, wäre definitiv zu viel. Viel zu viel. Während die grauen Schatten der Stadt an mir vorbei flogen, legte ich meinen Kopf auf seine Schulter und flüsterte mit geschlossenen Augen: "Danke."

Alec reichte mir nur wortlos einen seiner Kopfhörer und so verbrachten wir die Rest der Fahrt schweigend. Ich wäre beinahe eingeschlafen, doch der Busfahrer holte mich mit seiner unschmeichelhaften Fahrweise schnell wieder aus meinem Halbschlaf, als er mit einem abrupten Bremsen noch die Haltestelle erwischte. Mein ganzer Körper ruckte nach vorne und beinahe hätte sich mein Kopf eine Gehirnerschütterung zugezogen, doch Alec zog mich rechtzeitig noch zurück, sodass der Aufprall mit dem harten Bussitz vor mir vermieden werden konnte. Ich hätte beinahe lauf aufgelacht, denn Alec fing an, leise Beschimpfungen zu knurren. Die Seite hatte ich bis jetzt nicht gekannt.

Mit einem dämlichen Grinsen folgte ich ihm die protzige Auffahrt hinauf. Trotz des leichten Nieselregens schien schwach die Sonne, traute sich aber nicht ganz vor die grauen Wolken, die den Himmel bedeckten. Ich runzelte die Stirn und starrte in den Himmel, die Regentropfen ignorierend, die mir ins Gesicht klatschten.

Wir haben April.

Alec lächelte kopfschüttelnd und zog mich schließlich sanft weiter. Von seinen Eltern war wieder keine Spur - nicht, dass ich sie schmerzlich vermissen würde - und so hatten wir das ganze Haus für uns allein. Nachdem meine Haare trocken waren und ich meine Kleidung gegen Alecs schlichte Joggingsachen ausgetauscht hatte, lümmelten wir auf seinem Bett und starrten aus dem Fenster in den Himmel. Oder vielmehr, ich starrte aus dem Fenster, während er mich dabei beobachtete.

Für den Frühling ist es zu kalt.

Zu launisch.

Mit einem Seufzen drehte ich mich zu ihm um und flüsterte leise: "Wieso?"

Wieso vertraust du mir? Wieso fängst du mich auf? Wieso stehst du selbst im Regen an meiner Seite und gehst diesen schweren Weg mit mir? Welchen Menschen du auch immer in mir siehst, das bin nicht ich. Vielleicht wäre ich zu jener Person geworden, wenn Jua noch leben würde. Sie hat immer an das Gute geglaubt. Ich glaube schon gar nicht mehr.

Alec schien all dies in meinen Augen zu lesen und Verzweiflung stieg in mir hoch. Er schien mich genaustens zu kennen, während ich ihn immer noch nicht richtig sehen konnte. Bevor er antworten konnte, war ich schon aufgesprungen und rannte die Treppe runter, riss die Tür auf und rannte in den Regen hinaus. Mein Herz hämmerte genauso laut gegen meine Rippen, wie meine Schritte auf dem Kiesweg dröhnten. Tränen vermischten sich mit Regen. Hinter mir ertönten weitere Schritte und eine Hand zwang mich, stehen zu bleiben.

Aufgewühlt wirbelte ich herum und schrie: "Ich kann nicht! Ich ertrage nicht mehr!"

Meine Muskeln waren bis zum Zerreißen gespannt und dennoch zitterten sie vor Anstrengung, drohten, jeden Moment nachzugeben. Mein Herz schlug zu laut und die kalte Luft stach mir in die Lungen. Wie ein reißender Fluss überschwemmten mich die Gefühle und ich konnte einfach nicht mehr schwimmen. Diese Veränderungen kosteten einfach zu viel Kraft.

Ich ertrinke.

Ich will keine Schmerzen mehr.

Ich schluchzte und fiel auf die Knie. Wie unter Wasser bekam ich am Rande meines Bewusstseins mit, wie Alec mir folgte und mich an sich zog. Mit geschlossenen Augen brach ich zusammen und drückte meine Stirn gegen seine Schulter, während er mir sanft über den Rücken strich.

Der April macht was er will.

Er spielt mit den Herzen, die sich für den Frühling geöffnet haben.

Schmetterlinge

Am nächsten Morgen riss mich ein penetrantes Klingeln aus meinem traumlosen Schlaf. Ohne die Augen zu öffnen griff ich nach meinem Handy, wollte es soeben mit meiner neuerlichen Gelassenheit gegen die Wand schmettern und mich dichter an Alec neben mir kuscheln, als dieser mein Handgelenk abfing und verschlafen murmelte: "Es ist Aryn. Sie macht sich Sorgen."

Ich richtete mich notgedrungen auf und nahm den Anruf schließlich entgegen: "Hast du um Himmels Willen mal auf die Uhr geguckt, Aryn?"

Meine beste Freundin lachte leise und erwiderte, fit wie jeden Morgen: "Viertel vor Zehn, Schatzi."

Ich stöhnte und ließ mich wieder fallen. Für mich war das früh genug, Aryn hingegen war wahrscheinlich schon Laufen gewesen und hatte bereits gefrühstückt. Meine Antwort kam gedämpft aus dem Kopfkissen: "Bei mir viertel vor ich-hatte-noch-keinen-Kaffee..."

"Dacht ich mir. Deswegen steh ich mit Kaffee und Brötchen vor Alecs Tür", kicherte meine beste Freundin am anderen Ende der Leitung. Blitzschnell hatte ich den Kopf gehoben und jubelte: "Aryn, du bist die Be... Moment mal, wieso wusstest du, dass ich bei Alec bin?"

Alecs Körper neben mir bebte, als er ein Lachen unterdrücken musste und ich erhob mich schließlich, um mich aus der unbequemen Lage zu befreien. Mein Jubel schlug schnell in Ernüchterung um. Aryns schnelle Auffassungsgabe war manchmal schon ein wenig...nervenaufreibend, gab mir aber auch immer den Schubs in die richtige Richtung, wenn ich selbst unsicher war. Manchmal aber hingegen war es einfach nur zum Kopfschütteln. In diesem Moment wusste ich nicht, wie ich ihre Geste bewerten sollte, es war schlicht und einfach noch zu früh, ich brauchte erst einmal einen Kaffee und eventuell.....Alec nahm mir die Entscheidung ab, indem er mich packte und an sich zog, während eins der Hausmädchen seiner chronisch verreisten Eltern die Tür aufmachte.

Mit geschlossenen Augen lächelte ich. Das hier fühlte sich einfach gut an. Für den Augenblick. Doch ich wollte nicht an den Schmerz denken, der später kommen würde. Ich war siebzehn Jahre alt, Schülerin und verliebt. Für einen Tag sollte das Glück auch bei mir sein.

Niemals mehr gefangen sein...

Frei sein und fliegen.

Weitere Gedanken waren aber unmöglich, als Alec einen Arm um mich schlang und mir sanft über den Rücken strich. Ich kuschelte mich dichter an ihn und grinste breiter, ein sanftes Kribbeln breitete sich in meiner Magengegend aus. Vielleicht hatten meine Schmetterlinge die Eiszeit doch überlebt.

Einmal dem Tod verfallen, kehren sie nie mehr zurück.

Ich will dir vertrauen.

Mein Herz anvertrauen.

"Kiyuuuuuuuu!", war alles, was ich hörte, ehe mich beinahe eine Atombombe erwischte und sich Aryns Arme um meinen Hals schlangen. Widerwillig murrte ich und öffnete die Augen, um ihn Aryns funkelnde Augen zu sehen. Alecs Stimme unter mir klang seltsam gepresst, als er keuchte: "Kiyuuuu stirbt gleich an Atemnot."

"Und Jinx fast an Eifersucht", lachte meine beste Freundin und ließ mich los, damit sie sich aufrichten und sich neben uns fallen lassen konnte. Dabei griff sie zum Nachtschrank, wo ein verdächtig köstlicher Duft mir in die Nase wehte und mich versöhnlicher werden ließ. Genauso wie Alec, der nun ebenfalls neugierig den Kopf hob. Mit einem endgültigen Seufzen ließ ich mich schweren Herzens doch dazu herab, mich aufzusetzen und mich mit dem Rücken gegen die Wand zu lehnen, damit ich meinen Kaffee genießen konnte. Alec schien dies nicht viel mehr zu gefallen als mir, folgte aber meinen Beispiel.

"So...sollte ich irgendetwas wissen?", fragte Aryn uns mit einem verschmitztem Grinsen. Alec schwieg und sah mich sanft an. Ich wusste, dass er es mir überließ, wie es weitergehen sollte - aber er erwartete eine Entscheidung. Und ich konnte es ihm nicht verübeln, wie auch, wenn ich selbst eine Entscheidung wollte.

Schmetterlinge reagieren auf Pheromone und Sonnenlicht.

Sie sind unwissend und naiv.

Aber frei und glücklich.

Ohne ein Wort trank ich meinen Kaffee aus und griff nach Alecs Hand, unsere Finger verschränkten sich fast automatisch. Es war leicht, leicht und vertraut und ich spürte, wie Glück in mir hoch stieg und ich lächeln musste. Meine beste Freundin brauchte keinen weiteren Kommentar, sondern sie strahlte und küsste mich kurz auf die Wange, während sie flüsterte: "Ich freu mich für euch beide so sehr....ich freu mich für dich, Jinx."

Unglücksrabe.

Fluch.

Nicht nur ein Name, sondern mein Leben.

Dieses Leben ist vorbei.

"Jinra, Aryn, Jinra", erwiderte ich leise und betrachtete meine Hand in Alecs. Sie wusste, warum ich damals den Namen angenommen hatte, er war en Teil von mir gewesen, so wie Aryn nie ohne ihren Zylinder und den lockeren Zopf zu sehen war. Oder Alec mit dem Lederarmband und den zwei Silberringen. Aber damals war ich auch ein anderer Mensch gewesen, ein Mensch, der ich heute nicht mehr sein wollte. Zum ersten Mal hatte ich jemanden gefunden, dem ich vertrauen und den ich lieben konnte.

"Ich bin unten und helfe Mary beim Frühstück", rief Aryn und stand auf. Ich wollte protestieren, aber sie schüttelte den Kopf und ging einfach aus Alecs Zimmer, nicht ohne mir noch ein neckisches Zwinkern zu zuwerfen. Mein Lächeln wurde breiter. Obwohl ich Aryn mein ganzes Leben lang kannte, hatte sie Eigenarten, die genau richtig kamen, mich aber dennoch immer wieder überraschten. Ich sah Alec an und hielt plötzlich inne. In all dem Chaos und den Unruhen hatte ich ganz vergessen, was er davon hielt.

Verlegen fragte ich: "Ist es....für dich in....?"

Ich brach ab und sah ihn unsicher an. Seine Augen blickten mich warm an und ich kannte seine Antwort, noch ehe er sich hinunterbeugte und mich küsste. Ich schloss die Augen und ein warmes Gefühl breitete sich in mir aus, als ich seinen Kuss erwiderte. Ich fühlte, wie der erste Schmetterling aus seinem Kokon schlüpfte und der Frühlingssonne entgegen flog.

Frühling

Erst einmal danke an euch alle (gibt es ein "euch" eigentlich noch? ^^").

Danke auch für das Feedback zu dem weiteren Story-Verlauf zu HcH. Geplant sind insgesamt 18 Kapitel plus Prolog und Epilog, es werden also noch ein paar folgen.

Ich will nicht spoilern, daher nur so viel: Wie das Ende verlaufen wird, ist noch nicht detailliert geplant, ich bin für Anregungen offen.

Last but not least: Ihr seid die Besten und ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen ^^
 

***********
 

"Verdammt, das ist ja schon beinahe widerwärtig.", lachte meine beste Freundin und schnappte sich meinen Kaffee von dem Nachttisch, ein wirksames Mittel, um meine Aufmerksamkeit auf sie zu lenken. Missmutig knurrte ich und startete einen halbherzigen Versuch, das koffeinhaltige Getränk zurückzuerobern. Doch Aryn ließ sich ihren Triumph nicht nehmen, sodass ich seufzend aufgab und wieder zurück auf meine Bettdecke fiel. Sie grinste breiter und trank einen Schluck, verzog aber das Gesicht und stellte die Tasse an ihren Ursprungsort zurück. Jetzt war es an mir, zu lächeln. Ich konnte einfach nicht verstehen, wie Aryn beinahe würgen musste, allein bei dem Gedanken an Kaffee. Mir war das vollkommen unverständlich.

"Das ist definitiv widerwärtiger.", murrte Aryn und setzte sich auf, um eine Zigarette aus der Tasche ihres Sakkos zu nehmen und anzuzünden. Kaum qualmte diese, seufzte sie genussvoll auf und zwinkerte mir zu, während ich den Kopf schüttelte und meinen Kaffee austrank, der lauwarm war, aber immerhin noch schmeckte. Besser als gar keinen.

Neugierig war ich allerdings schon, was Aryn noch als außer Kaffee denn noch als widerwärtig empfand. Ich sah sie an und fragte lächelnd: "Widerwärtiger als was?"

"Als dieses radioaktive Grinsen eines hinterweltlichen Honigkuchenpferdes mit geistigem schwarzen Loch", kicherte Aryn und schnappte sich den nächstgelegenen Aschenbecher, wobei sie filmreife Verrenkungen machen musste und beinahe aus dem Bett gefallen wäre. Aber Aryn fiel nicht bei sportlichen Turnereien, dieses Talent überließ sie oft genug mir. Ich zwang meine Gedanken wieder ins Hier und Jetzt und ja, da war dieses Grinsen wieder, dagegen war ich einfach machtlos.

Ich war nun einen Monat mit Alec zusammen, was mir schräge Blicke von meinen Mitschülern und entgeisterte von meinen Lehrern einbrachte. Von meinen Eltern fing ich am Besten gar nicht an. Aber ich war glücklich. Es waren Schmetterlinge, keine Zombies, die mich heimsuchten, sondern zarte...Insekten. Hörte sich auch nicht besser an, doch es fühlte sich definitiv besser an.

"Wenigstens scheint dieses widerwärtige Wetter nachgelassen zu haben", seufzte Aryn bei meinem Anblick und stand auf, um sich zu strecken. Ich blickte zu ihr auf, dann aus meinem Fenster. Draußen waren die Bäume noch kahl, allerdings waren die ersten Knospen zu sehen, die Sonne schien und ein lauer Wind wehte. Die Tage begannen, länger zu werden und je länger sie wurden, desto mehr genoss ich sie. Das Grau des Winters verschwand und machte den ersten, hellen Farben Platz.

Der Frühling beginnt.

Bevor ich noch weiter abschweifen konnte, seufzte meine beste Freundin abermals auf und warf mir meinen Mantel zu, packte ihr Sakko und rügte mich spielerisch: "Gar nichts mehr anzufangen mit dir...bevor du mir noch vollkommen verblödest, komm mit an die frische Luft. Lüftet mal dein stilles Kämmerchen da oben."

Empört schnappte ich nach Luft, angesichts ihrer Beleidigung, aber übel nehmen konnte ich es Aryn nicht, das könnte ich ihr niemals etwas. Also zog ich mir meinen Mantel an und folgte ihr aus meinem Fenster, auf das Garagendach. Kein Laubhaufen, die Wiese noch ein wenig feucht, somit musste ich mich am Rosengitter hinunter hangeln, während Aryn den Sprung aus zwei Metern Höhe wie immer fabelhaft meisterte. Lag wohl an ihrer Turnerei und Kampfsportausbildung...

Irgendwann kam stand ich dann durchaus auch unten und fragte meine beste Freundin: "Wohin soll die Reise denn gehen?"

"Wir gehen an unsere Bucht", antwortete sie und hakte sich bei mir unter, um mich auf eleganteste Art zur Bushaltestelle mitzuschleifen. Nicht, dass ich ihr Vorhaben schlecht fand, sie wollte einfach nur sicher gehen. Wir waren schon lange nicht mehr dort gewesen, genau genommen nicht mehr seit dem Tag, an dem ich Jiffa, Janoshs Wolfshündin, gesehen hatte. Es schien mir Jahre entfernt zu sein.

Wie immer begrüßte uns ein Busfahrer voller Elan und ausgetüftelter Fahrkünste, deren Sanftheit in mir ein Gefühl von "Bäumchen wechsel dich" auslöste - und einer Fahrattraktion auf der örtlichen Kirmes- Von dem Zuckerwatte-Geschäft sprach ich bestimmt nicht. Wenigstens wurde Aryn auf der Fahrt sämtliche Flüche los, die sie nicht am Wetter ablassen konnte, vielleicht ein ganz guter Ausgleich für sie.

Dennoch war ich froh, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben, ebenso wie Aryn, die sich nach der Höllenfahrt erst einmal eine Zigarette anzündete, ehe sie mich wieder mit zog. Bereitwillig stapfte ich neben ihr durch hohe Grasbüschel und Sand, den Hügel hinauf und zu der versteckten Bucht wieder hinunter. Allein waren wir allerdings nicht.

Unwillkürlich breitete sich auf meinem Gesicht ein Lächeln aus und ich begrüßte Alec, der mit perfekt ausgerüsteten Picknicksachen auf uns wartete, mit einer innigen Umarmung. Er küsste mich kurz, aber liebevoll, ehe er auch Aryn begrüßte, die nachsichtig lachte und sich auf die karierte Decke fallen ließ. Alec und ich taten es ihr nach, währenddessen meine beste Freundin bereits in den Körben nach irgendetwas Leckerem suchte. trotz des lauen Windes fröstelte ich ein wenig und so rückte ich näher an meinen Freund, der einen Arm um mich legte.

Frühling....so leicht.

Leicht zu erfrieren, weil die kalten Winde so leicht vergessen werden.

Manchmal kamen diese Gedanken noch, die milde Frühlingsluft konnte das Eis noch nicht ganz vertreiben, aber in solchen Momenten war Alec für mich da. Und Aryn ebenfalls. Zwei wundervolle Menschen, die ich nie im Leben verlieren wollte. Eine Angst, die Hand in Hand mit der Liebe einherging. Ich schob diese unerfreulichen Gedanken beiseite und legte meinen Kopf auf Alecs Schulter, bis ich eine Thermoskanne bemerkte, die Aryn achtlos auf die Decke warf. Kaffee!

Gleichzeitig stürzten Alec und ich uns auf die Kanne, was in einen kleinen Kampf endete, den ich zwar verlor, dafür hatte ich aber die Thermoskanne in meinen Händen. Ich grinste triumphierend und hob den Kopf, um Alec über mir kurz zu küssen. Ich hörte, wie Aryn lachend rief: "Sucht euch ein Zimmer dafür."

Er gab mich frei, damit ich mich aufrichten und Kaffee einschenken konnte. Meine beste Freundin hatte unterdessen eine Tafel Schokolade - weiße Schokolade - gefunden und verspeiste diese mit Elan und entzücktem Gesicht, während sich meines verzog. Weiße Schokolade war bei mir das, was bei Aryn Kaffee war. Einfach ein ungenießbares Lebensmittel.

Zu meinem Seelenheil gab es allerdings noch eine weitere Tafel - Nussschokolade -, die Alec und ich uns teilten. Plötzlich schluckte Aryn ihren Bissen runter und fragte mich, ohne den Blick vom See abzuwenden: "Wie wird es weitergehen?"

Wie wird es weitergehen?

Was würde ich machen? Wie würde mein Leben aussehen? Ich konnte nicht mein ganzes Leben in dieser kleinen, grauen Stadt leben, die an Erinnerungen gebunden waren, die ich lieber vergessen wollte, deren Schmerz ich endlich hinter mir gelassen hatte. Vielleicht sollte ich aus genau diesem Grund auch diesen Ort hinter mir lassen. Reisen und fremde Länder besuchen, irgendwohin, wo keine Erinnerungen waren, keine Namen, keine Bekannten. Mit Alec und Aryn eine Stadt finden, wo wir heimisch werden konnten.

Ich streckte mich kurz und trank meine Tasse aus, ließ mich auf den Rücken fallen und betrachtete den zartblauen Himmel. Nachdenklich erwiderte ich: "Irgendwie wird es weiter gehen. Eine verrückte WG irgendwo in der Welt. Gute Nachbarn in einem abgelegenen Dorf. Drei Zimmer in einem Altenheim. Such dir den Weg aus."

Sie kicherte bei dem Gedanken daran, wie wir drei nebeneinander im Altenheim saßen und auch ich musste unwillkürlich lächeln. Es war eine schöne Vorstellung, die mir noch vor wenigen Wochen Angst eingejagt hätte. Denn das war früher meine einzige Furcht gewesen. Zu leben. Zu leben und zu fühlen. Heute aber war es die Angst, zurück zu fallen, zurück in die alte Starre.

"So ein Wickelrock steht dir bestimmt. So ein dunkelblauer mit hellblauen Blümchen drauf. Und so eine schöne, rosa, altmodische Bluse, ein wirrer Dutt und beige Krankenhausschuhe", murmelte Alec mir ins Ohr, meine beste Freundin warf ihm einen empörten Blick zu. Wenigstens sie verteidigte mich. Als Aryn jedoch anfing zu reden, verwandelte sich mein süffisantes Grinsen in eine resignierte Miene.

"Bist du wahnsinnig? Wirre Haare sind mein Markenzeichen!"

Mit einem gutmütigen Kopfschütteln, zum Zeichen meiner Kapitulation, sah ich zum Wald hinüber - und erstarrte.

Jiffa.

Die Wolfshündin stand am Waldrand und musterte mich mit ihren gelben Bernsteinaugen, wie einige Monate zuvor. Ihre Augen waren gleich geblieben, doch was würde sie in meinen sehen? Abgelenkt wurde ich durch diesen Gedanken durch ein kleines, schwarzes Etwas neben ihr, das sich soeben durch die Büsche gekämpft hatte. Es war ein Welpe und ohne Zweifel Jiffas, den sie senkte kurz ihren Kopf, um ihrem Nachwuchs über den Kopf zu lecken, ehe sie mich wieder mit ihrem undurchdringlichen Blick bedachte.

Ein Leben, dass die Last zweier tragen muss.

Und noch so schmale Schultern.

Der kleine Welpe musste ihr einziger sein, denn es kamen keine weiteren aus dem Gebüsch gekrochen, ehe Jiffa wieder in den Tiefen des Waldes verschwand. Ich kuschelte mich dichter an Alec, der sich gerade ein Sandwich bastelte, und grübelte weiter über die Wolfshündin nach, die nach dem Tod ihres Herrchens einen neuen Halt im Leben gefunden hatte, so wie ich. Seltsame Parallelen, die mein Leben mir gerade bot. Nicht, dass ich darüber nachdachte, ebenfalls schwanger zu werden, Himmel nein, aber der Verlust von Janosh hatte die sonst so zurückhaltende Hündin rasend gemacht, bis sie schließlich die Zivilisation verließ und zu ihren Wurzeln zurückkehrte.

Schmale Schultern können wachsen.

Wie auch der Sommer das letzte Eis schmelzen wird.

Denn nach dem Frühling...

Kommt der Sommer.

Sommer

Das Eis schmilzt...

Der Stein darunter nicht.

Es war Sommer. Die Vögel flogen durch die warme Luft, die bei dieser Hitze einfach zu träge war, sich zu bewegen, wie jedes Lebewesen unter der Sonne. Die leuchtend grünen Blätter der Bäume blieben still, wisperten nicht mehr, warnten nicht mehr, die Bewohner zogen sich in gut klimatisierte Geschäfte oder Räume zurück und meine Eltern waren nicht mehr länger rot vor Zorn, die Sonnenstrahlen nahmen mir meine Arbeit ab.

Und wieder einmal wurde mir bewusst, wieso ich den Sommer all die Jahre gefürchtet und gehasst hatte. Denn mein Vater war nicht mehr rot vor Zorn, er kochte regelrecht und selbst meine sonst so ruhige und verächtliche Mutter war der Weißglut nahe.

Happy Birthday.

Nichts an diesem Tag war jemals gut gewesen, niemand war irgendwann glücklich gewesen. Anstatt mit Geschenken wurde ich mit Hass und Vorwürfen überhäuft, weshalb ich die letzten Jahre darauf verzichtet hatte, meinen Geburtstag zu feiern. Selbst Aryn wusste nicht, warum ich immer am selben Tag im Jahr bei ihr übernachtete, sie wusste noch nicht einmal, dass es mein Geburtstag war. Ich hatte es ihr nie gesagt.

Mit einem Seufzen riss ich mich von dem Bild der leeren Straßen ab und stieg aus dem Bus aus, um mich auf den Weg zu meinem Elternhaus zu machen, ohne besondere Eile. Aryn würde mich später mit ihrem brandneuen Pick Up abholen, um den sie gerade beim Händler feilschte. Wahrscheinlich noch eine gute Stunde, vielleicht mehr, ehe die Rettung erschien und ich hier verschwinden konnte.

Und dennoch kehre ich immer hierher zurück.

Bäume brauchen starke Wurzeln, um sich in der Erde zu halten.

Irgendwann - leider viel zu früh - fand mein Weg aber auch ein Ende und so stand ich bald vor dem Haus. Ich schloss die Tür auf.

Und prompt stand ich meinen Eltern gegenüber.

Hell called Home.

Diesmal behielt ich meine Kopfhörer auf und so sang Marilyn Manson munter weiter, während ich versuchte, teilnahmslos wie immer dreinzublicken. Allerdings war mein Vater wie ein Bluthund, sah er vor Zorn oftmals nichts, so musste er es diesmal auch nicht.

Hunde riechen Angst.

"Was hast du noch hier zu suchen? Achtzehn lange Jahre mussten deine Mutter und ich dich schon ertragen, nun verschwinde schon endlich! Wir dulden so etwas wie dich nicht länger in unserem Haus!", knurrte er mich mit Zornesröte im Gesicht an. Meine Mutter, die halb hinter ihm stand, musterte mich verächtlich, einen harten Zug um ihren Mund, die Augen noch rot verquollen von Tränen, die sie mir niemals zeigen würde.

Resigniert und verletzt stieg ich die Treppe hoch, dankbar, dass die Musik die Schreie und Flüche meines Vaters dämpfte. Die Tür schnitt dann auch den Rest ab und nachdem ich den Schlüssel herumgedreht hatte, konnte mein Vater auch noch so stark dagegen hämmern, das Holz war einfach zu stabil, um nachzugeben. Meine Anlage, die nun den Platz meiner Kopfhörer einnahmen, übertönten mit gutem Metal die Schläge, sodass ich mich ungerührt auf mein Bett fallen lassen konnte und aus dem Fenster in den Himmel starrte.

Überall der Gleiche.

Gleiche Sterne, gleicher Mond, gleiches Leben.

Und dennoch sehen wir es immer unterschiedlich.

Vielleicht konnte ich hoffen, dass meine Eltern heute Abend aus dem Haus gehen würden. Manchmal, wenn der Schmerz zu groß war, verschwanden wir alle früher oder später. Dass wir zurückkehrten, zeugte nur davon, dass wir keine andere Möglichkeit haben. Ich seufzte und stand widerwillig auf, um das Fenster zu öffnen und mich auf das Dach zu setzen. Aryn rief mich an, als ich den Anruf entgegennahm, hätte ich nicht nur beinahe den Halt, sondern auch mein Gehör verloren.

"OH MEIN GOTT!!!! VERDAMMT, IST DIESES AUTO GEIL!", schrie meine beste Freundin und ich hielt mein Handy erst einmal eine Armlänge auf Abstand, bis sie sich beruhigte und in normaler Lautstärke fortfuhr: "Ich komm dich abholen, Alec will auch noch kommen....es ist nur so..."

Mein Happy Birthday schrumpfte auf einen Millimeter mit Hut. An diesem Tag konnte eigentlich nichts mehr schlimmer werden. Ich hatte bloß die Tatsache vergessen, dass es nicht wie früher war. Heute hatte ich verdammt viel zu verlieren. Und der zögernde Unterton in ihrer Stimme verhieß nicht Gutes. Noch während ich versuchte, das ungute Gefühl in meiner Magengegend zu bekämpfen, das mir übelkeit bereitete, sah ich, wie meine Eltern das Haus verließen. Ich runzelte die Stirn. Das war neu. Sie gingen über die Straße und verschwanden bald aus meinem Blickfeld.

Noch immer verwirrt murmelte ich: "Bring Alec mit...und kommt zu mir."

Ich hörte die Erleichterung, als Aryn zustimmte und auflegte. Heute war wohl ein Tag voller Überraschungen....wie ich sie hasste. Denn Überraschungen waren nie gut gewesen.

Erdbeben bringen Eis zum Splittern.

Und den Stein zum Brechen.

Mit gemischten Gefühlen saß ich auf dem Dach und wartete auf Aryn und Alec, der Wind, der dabei aufkam, ließ mich frösteln.
 

"Ich werde nicht einen Fuß auf diese Treppe setzen. Ich brauchte sie bisher noch nie und ich fange jetzt nicht damit an."

Mit diesen Worten drehte sich meine beste Freundin um und marschierte zum Rosengitter der Garage, während Alec mit einem Schulterzucken und einem Lächeln den gemütlichen Weg nahm, die Treppe. Da meine Eltern aus dem Haus waren, absolut ungefährlich, aber Aryn weigerte sich trotzdem, sie zu benutzen, und zwar strikt und kompromisslos. Da ich überhaupt schon froh war, den Schulsport ohne ernsthafte Verletzungen zu überstehen, mutete ich mir nicht eine wacklige Kletterwand zu, sondern folgte lieber meinem Freund die Stufen hinauf, was den Vorteil mit sich brachte, eine warme Hand in meiner zu spüren.

Dennoch erwartete Aryn uns schon grinsend auf der Fensterbank, was mich eigentlich nur mittelmäßig überraschte, viel mehr neidisch machte. Mit einem gut gemeinten Schnauben ließ ich mich neben sie fallen und betrachtete noch einmal den roten Pick Up mit den schwarzen Streifen, der mich von der Straße aus anblitzte. Ein Auto bedeutete immer Unabhängigkeit und Freiheit...Beides hatte ich nicht, geschweige denn ein Auto.

Weder fliegen, noch rennen.

Es bleibt einfach kein Weg.

Glückliche Zeiten gingen so schnell vorbei, auch wenn die Tage im Sommer länger waren, der Sommer selbst war immer kurz. So kurz und flüchtig. Als Aryn mir später aus ihrem Auto heraus zuwinkte und wie ein roter Blitz in der Dunkelheit der Nacht verschwand, seufzte ich leise und blickte zu Alec, der mir sanft durch mein Haar fuhr und mich liebevoll küsste. Vielleicht war es nicht schlecht, dass mir kein Ausweg blieb, denn dann konnte ich dieses Glück, so kurz es eventuell auch halten mochte, nicht verlassen.

Ich kuschelte mich tiefer in die Decke und legte meinen Kopf auf Alec Brust, mir fielen bei dem stetigen Kraulen die Augen zu. Im Halbschlaf hörte ich noch seine ruhige Stimme, die mir eine gute Nacht wünschte, ehe ich durch den beständigen Herzschlag schließlich wegdämmerte und mit einem Lächeln einschlief.
 

Das stetige Klopfen, das mich in den Schlaf getragen hatte, trug mich auch wieder in die Realität zurück. Ungewöhnlich laut hallte es in meinen Ohren und ich verzog das Gesicht kurz zu einer Grimasse, war aber nicht bereit, mich zu bewegen und meine äußerst bequeme Lage aufzugeben. Ich spürte einen sanften Atem in meinen Nacken, die warme Decke über und Alecs Körper neben mir. Niemand konnte mich aus diesem Glück vertreiben.

Ich runzelte die Stirn. Das Pochen wurde immer lauter, so laut, dass es mich vollkommen aus dem Halbschlaf riss und ein ungutes Gefühl in mir weckte. Verstimmt öffnete ich schließlich doch die Augen und wollte Alec einen grimmigen Blick zuwerfen, ehe mir auffiel, dass dieser gar nichts dafür konnte. Denn er lag hinter mir, mein Kopf auf seinem Arm, und schlief noch friedlich. Einen Moment hielt ich inne. Er sah für gewöhnlich gut aus, doch in diesem Augenblick war er einfach niedlich. Vollkommen klischeehaft und dennoch nichtsdestotrotz völlig wahr.

Die Träume sind unsere wahren Mörder.

Bei ihnen gibt es kein Ende.

In der Realität schon.

Ich seufzte. Einen so friedvollen und ruhigen Schlaf hätte ich auch gerne, obwohl die Nächte längst nicht so schlimm waren wie vorher. Schaden konnte es dennoch nicht.

Tok-tok...tok-tok...

Eine Gewitterwolke schob sich draußen vor die Sonne und es wurde dunkel im Zimmer. Schlagartig holte das ungute Gefühl mich wieder ein, mein Herz verzog sich krampfhaft. Für eine Sekunde kämpfte ich um Atem, bis mir ein Kloß im Hals sämtliche Bemühungen erstickte.

Tok-tok....tok-tok....

In dem Versuch, wieder atmen zu können, richtete ich mich halb auf, eine schlechte Entscheidung, denn plötzlich wurde mir schwindlig und schwarze Punkte tanzten mir vor Augen. Alec war mittlerweile nun auch aufgewacht und fluchte leise, hatte aber keine Chance mehr zu reagieren. Mein Herz kam ruckartig zum Stehen, zumindest fühlte es sich so an. Mir wurde urplötzlich kalt und ich fing an zu zittern.

Nein...

Panisch sprang ich auf und hechtete zur Tür, strauchelte und wäre dabei beinahe gestürzt. Irgendwie schaffte ich es dann aber doch, auf den Beinen zu bleiben, währenddessen Alec, ebenfalls ein wenig panisch, verwirrt auf dem Bett saß. Ich hörte nicht seine Worte, ich hörte nur das ewige Klopfen.

Tok-tok.....tok-tok....

Es waren Schritte. Schritte, die immer näher kamen. Schritte, die weder mir, noch Alec, noch meiner besten Freundin gehörten. Meine Gedanken rasten. Hatte ich gestern etwa vergessen....? Wie konnte ich nur so leichtsinnig gewesen sein.

Schließe alle Türen.

Denn wenn der Tod einmal anklopft...

....hast du keine Chance mehr.

"Nein!"

Vor meinen Augen blitzte das Silber der Türklinke auf und bewegte sich runter. Wie in Zeitlupe sah ich, wie die Tür sich langsam öffnete. Noch ein Schritt, ein verdammter Schritt - und vorbei war es. Mein Vater riss die Tür mit einer solchen Wucht auf, dass sie mich zu Boden warf. Benommen und völlig verängstigt blieb ich dort und starrte auf die schwarzen Schuhe, die das Zimmer betraten.

Zu spät...

"Guten Morg-", weiter kam Alec nicht. Die Alkoholwolke allerdings schon.

"WAS SOLL AN DIESEM MORGEN GUT SEIN? KÖNNEN SIE MIR DAS SAGEN? Jeden gottverdammten Tag muss ich diese Schlampe, dieses missratene Gör in MEINEM Haus ertragen, Jahr für Jahr!!! Meine geliebte Ehefrau und ich haben diese Bürde nicht verdient! Jeden Tag beten wir zu Gott, dass er uns von diesem Teufel befreit! Jeden gottverfluchten Tag!", schrie mein Vater mit rotem Gesicht und deutete dabei auf mich. Die Verachtung und der Hass in der Stimme traf mich kaum noch, nur das vertraute Gefühl von Schmerz stellte sich ein, seltsam dumpf und hohl in meinem Herzen. Mühsam stand ich auf, versuchte es zumindest, doch erneut verkrampfte sich alles in mir und hinderte mich daran, Luft zu holen. Ich musste husten und sackte zusammen, die Augen geschlossen. Die Welt drehte sich zu schnell, ich verlor den Halt, während Übelkeit in mir aufstieg.

Die Welt dreht sich weiter.

Auch mit einem Leben weniger.

Mein Vater war durch meinen Zusammenbruch auf mich aufmerksam geworden, denn plötzlich spürte ich unsanfte Hände, die mich mit roher Gewalt hochzogen, den schwachen Körper ignorierend. Angstvoll riss ich die Augen auf und starrte in die hasserfüllten, grauen Augen meines Vaters, während seine Hände mir die Luft noch mehr abschnürten. Alec sprang auf und rannte auf uns zu, aber mein Vater schrie mich weiter an: "DU BIST EIN NICHTS!!! EIN DRECKIGER FLECK IN UNSEREM LEBEN! NUR EIN DRECKIGER ABSCHAUM! DU BIST ES NICHT WERT IN UNSEREM HAUS ZU LEBEN, DU BIST ES NICHT WERT AUF DER STRA?E ZU LEBEN!!! DU BIST ES NOCH NICHT EINMAL WERT, BEGRABEN UND BETRAUERT ZU WERDEN!!!"

Als Alec ihn wutentbrannt erreichte, schleuderte mein Vater mich schon wieder zu Boden. Hustend rang ich um Luft, die schwarzen Flecken wurden größer, tanzten vor meinen Augen und brachten die Welt ins Schaukeln.

Im Sommer brennen Bäume so leicht.

Eine warme Hand berührte meine Schulter und ich blickte in blaue Augen. Die blauen Augen, die ich so sehr liebte, die mich faszinierten und die meine Rettung gewesen waren. Blau wie der Ozean trugen sie mich wie Wellen durch das Leben. Ein Leben, in das ich nicht gehörte. Denn ohne Alec würde ich in dieser Welt nicht länger überleben können.

Mein Herz schlug schmerzhaft gegen meinen Brustkorb, das Rauschen in meinen Ohren wurde stärker, tobte wie ein Orkan in mir. In meiner Welt würde Alec nicht lange sein, Jua hatte es auch nicht gekonnt. Trotz ihrer Stärke. Mein Vater würde ihm nicht viel Zeit lassen. Das nahm mir die Entscheidung ab, denn ich sah, wie er sein altes Jagdmesser aus seiner Tasche nahm. Die Klinge funkelte im Sonnenlicht, fast schon freudig wartete sie auf ein Blutbad.

"Geh....bitte geh...", wisperte ich leise und die ersten Tränen tropften zu Boden. Alec schüttelte den Kopf und sagte etwas, was ich nicht ganz verstand, es ging einfach im Gebrüll meines Vaters unter, als dieser mit dem gezückten Stahl auf uns zukam. Der penetrante Geruch von Alkohol wehte mir in die Nase. Achtzehn Jahre hatte ich auf jemanden wie Alec gewartet und achtzehn Jahre hatte mein Vater gewartet, mich loszuwerden. Er würde nicht länger zögern, auch wenn es sein Leben zerstören würde. Ich sah die vertraute Verzweiflung in seinen Augen.

Letztendlich bist du doch mein Vater.

"Geh.", sagte ich lauter und setzte mich auf, obwohl mein Körper protestierte. Alec schüttelte erneut den Kopf und wollte wieder irgendetwas sagen, doch ich unterbrach ihn, indem ich ihn leidenschaftlich küsste. Ich schmeckte Tränen und Salz, eine bittere Mischung. Ich schloss die Augen und hielt diesen Moment fest, eine Sekunde lang war das alles was zählte, ehe die Realität uns wieder einholte. Ich schubste ihn von mir weg und sah ihn ein letztes Mal an. Die braunen Haare, die blauen Augen, in denen so viel Schmerz lag, wie ich in meinem Herzen fühlte. Mit einem misslungenen Lächeln schire ich: "Geh!"

Ich drückte mich gegen die Tür und schloss mit letzter Kraft ab.

Ich liebe dich.

Dann drehte ich mich zu meinem Vater um, der zornig auf mich zustürmte, das Messer noch immer in der Hand.

Die Tür meines Lebens fällt zu und bleibt für immer geschlossen.

Doch diese auch.

Ich hustete, als ich die Hand von meinem Mund nahm, war sie rot vor Blut.

Das gleiche Blut, das ich mit meiner Schwester teilte.

Und plötzlich drehte sich die Welt nicht mehr.

Sie blieb einfach stehen.

Langsam hob ich den Kopf und sah erstaunt meinen Vater an, der plötzlich anfing zu zittern und zurückwich, das Messer fiel klirrend auf den Boden. Er sackte zu Boden und sah mich apathisch an. Es war vorbei. Der Streit, die Familie, mein Leben, meine Beziheung, einfach alles. Bei dem Gedanken daran, Aryn und Alec nie mehr wiederzusehen, liefen mir erneut Tränen über mein Gesicht und auch die Augen meines Vaters schimmerten feucht, als wir einfach nur da saßen und uns anstarrten.

Es war vorbei.

Farewell.

Manche Türen gehen nie mehr auf.

An der Türklinke klebte Blut.

Herbst

Verwelkte Blätter fallen vom Himmel…

Rote Tupfen im unschuldigen Blau.

Der Blick in den Spiegel war erschreckend. Ich war leichenblass, meine Haare stumpf und meine Augen so trostlos, wie der graue Himmel über mir. Der Kajal war körnig und so wischte ich ihn mir wieder ab und mit ihm die Pläne, irgendwo Ablenkung zu suchen.

Ablenkung von dem Schmerz, doch ich fand sie nicht. Nicht bei Aryn, nicht in der Schule, nicht bei meinen still gewordenen Eltern.

Stille.

Die Natur verwelkt.

Mit einer fahrigen Bewegung drehte ich den Wasserhahn auf und starrte in das schnell fließende Wasser. Blut rauschte in meinen Ohren, übertönte das Klingeln meines Handys, das halb zerbrochen in der Badewanne lag. Mein Herz schlug mindestens genauso schnell wie der Bass, der aus den Lautsprechern hämmerte.

Ein verblichenes Foto…ein zerbrochener Spiegel…ein kaputtes Handy…

Ein kaputtes Herz.

Endlich verstummte der Lärm, Totenstille kehrte zurück. Nichts mehr füllte mein Leben.

Der Blick aus dem Fenster war erschreckend. Frische Winde hatten den sommerhauch vertrieben, alles ertrank im Rot des Herbstlaubes. Die Straßen waren dreckig geworden, die Leute mürrisch, das Leben still.

Wo war der Sommer nur geblieben?

Ich riss mich von meinem zersplitterten Anblick im Spiegel und dem trostlosen Ausblick aus dem Fenster los und verließ das Bad, unfertig, instabil. Wie mein Herz. Draußen erwarteten mich weder Hass noch Vorwürfe, die schluchzenden Geräusche nahm ich schon gar nicht mehr wahr. Auch in mir verkrampfte sich alles, aber ich konnte nicht weinen.

Der Winter bringt das Eis zurück.

Ich hustete und packte mein weißes Oberteil, um es mir vor den Mund zu ziehen.

Rote Tupfen im unschuldigen Weiß.

Vor meiner Tür lagen, fein säuberlich gefaltet, mehrere schwarze T-Shirts, langärmelig. Schon lange beachtete ich sie nicht, sondern betrat ungerührt den Raum, um ans Fenster zurückzukehren. Draußen sah ich, wie mein Vater meine weiße Wäsche bereits wieder wegwarf. Mit einem Schulterzucken wandte ich mich ab, genau in dem Moment, in dem meine Mutter mit verquollenen Augen in den Türrahmen trat. Verlegen knetete sie ein weißes Taschentuch in ihren Händen, ihr Blick war gesenkt.

Ihre Stimme klang genauso brüchig und leise wie meine, als sie sich kurz räusperte und bemerkte: „Ich hatte…uhm…ich hatte gehofft, sie würden dir gefallen…Du hast doch immer…“

Ich nickte.

„Sie sind toll. Ich zieh mich schnell um.“

Sie nickte.

Es war eine Lüge, eine Farce, die wir jeden Tag spielten und beide dennoch um die Wahrheit wussten. Ich wusste, dass sie mir das Recht der Kleidung nur wegen dem Blut gewährte, das Schwarz, um das Rot zu verschlingen, und sie wusste, dass ich es ihr nur vorgaukelte, damit sie sich besser fühlte.

Menschen brauchen Illusionen zum Leben.

Aber ohne ein Leben?

Ohne Illusion?

Sie schloss die Tür und die Kleidung landete auf dem Dach, wartete auf den nächsten Gang zum Mülleimer, wie ich auf den letzten Gang zum Grab wartete.

Blut spielt in der Verwandtschaft eine große Rolle. Ich teilte mir mit meiner Familie dasselbe Blut und es hatte nur einen Tropfen gebraucht, um das auch zu spüren. Seitdem hatten sich nicht nur die Jahreszeiten geändert. Wir hatten aufgehört, an etwas festzuhalten, was wir nie hatten und jetzt warteten wir ängstlich auf…auf was?

Den Tod?

„Aryn hier. Jinra? Hör zu, leg nicht auf, Alec ist hi-“, ich brach die Verbindung ab. Das Pochen meines Herzen und mein Schluchzen gingen in einem Hustenanfall unter. In meinem Kopf dröhnte das Husten noch lange nach. Ich konnte nicht mehr klar denken. Meine Aufmerksamkeit auf etwas Bestimmtes zu richten, war mir schier unmöglich, bald schon verschwamm mein Sichtfeld und an meiner Schläfe pochte es unangenehm.

Der Herbst ist nur ein trauriger Abklatsch des Frühlings…

Ich schloss die Augen. Aryn…sie wusste noch nichts. Seit dem Vorfall vor wenigen Wochen traf ich sie kaum noch, wenn nur wenige Stunden. Das Band unserer Freundschaft war stark wie zuvor, doch es dehnte sich immer mehr, je weiter ich vor ihr flüchtete.

Eine Flucht vor der Realität.

Denn ich konnte Alec nicht mehr in die Augen sehen, seine wunderbaren Augen, die ich mehr als alles andere auf der Welt vermisste, seine warme Hand, die meine hielt, seine sanfte Stimme, die mich fort trug.

All das hatte ich aufgegeben. Er gehörte in diese Welt, die ich vom Fenster aus beobachtete, hinter Glasscheiben gefangen. In die ich niemals eintreten konnte.

Zitternd ballte ich meine Hand zur Faust und schlug gegen das Fenster, schlug gegen meine freiwillig gewählten Gitter.

Du und ich, wir sitzen im Glashaus…

Du und ich, wir schlagen sie ein…

Diese wunderschöne Welt…

Geschützt vor Regen…

Wut und Hass stiegen in mir hoch, schnürten mir die Luft und die Tränen ab, brachten mein verletztes Innere zum Toben.

Verwelktes Herbstlaub von den Winden getragen…

Hilflose Marionetten ihres Schicksals.

Ich schlug immer wieder gegen die Fenster, hoffte, sie würden zerbrechen, hoffte, sie ließen mich frei und dennoch auch nicht. Der Herbst war ein launischer Begleiter der Gefühle und Träger großer Veränderungen, das wusste ich nur zu gut. Ich wusste nur nicht, ob es mir gefiel, was geschah. Ich wusste nicht, ob ich wissen wollte, was geschah und trotzdem konnte ich es nicht auf mir beruhen lassen.

Entschlossen sprang ich aus dem Fenster auf das Garagendach und ging zum Rand. Als ich hinunterblickte, sah ich die traurige Silhouette meines Vaters, gebrochen und alt, der nicht mehr aufrecht ging, sein linkes Bein fing wieder an zu schmerzen. Eine alte Kriegsverletzung, die ihn hinken ließ.

„Ich werde morgen nicht da sein.“, teilte ich ihm leise mit. Seine augen waren rot, sein Gesicht faltig. Er nickte wortlos und machte sich auf den Rückweg zum Haus. Erschöpft starrte ich an den Fleck, wo er bis vor kurzem noch gesessen hatte. Nun ein leerer Fleck. Ich schüttelte den Kopf, manchmal dachte ich zu viel, handelte aber zu wenig.

Zum zweiten Mal klingelte mein Handy.

„Aryn?“

Ich holte tief Luft und schloss die Augen. Drohte, das Gleichgewicht zu verlieren, doch es war nichts im Vergleich zu meinem seelischen Leben. Das Adrenalin hatte eine belebende Wirkung auf mich und gab mir genug Kraft, die nächsten Worte hervor zu würgen.

„Hol mich morgen ab…bitte. Es tut mir Leid, es wird bald aufhören.“

Ich wartete nicht auf eine Antwort, weil ich ihr keine Antwort auf eine Frage geben konnte, von der ich die Lösung selbst nicht wusste. Bevor mich der Mut verlassen konnte, wählte ich erneut und wartete gespannt und mit klopfenden Herzen. Die Stimme am anderen Ende der Leitung war kaum zu verstehen und ich fluchte innerlich angesichts des unheimlich schlechten Empfangs, weshalb ich nur die Hälfte der Ansage mitbekam.

„Hier ist der telefonische Anrufbeantworter des St-…..Hospitals…. bitten um….Rückruf zu den Sprechzeiten…“

Ich hinterließ meine Nummer und legte auf. Mein Blick glitt nach oben, in den unberührten, blauen Himmel über den die Wolken zogen. Morgen sollte das Wetter launischer werden, der Wetterbericht hatte für den morgigen Abend Regen angesagt, nachdem ein kleiner Sturm die Stadt am Mittag heim suchen sollte. Schon lange hatte in der Stadt kein Sturm mehr geherrscht.

Du und ich, wir sitzen im Glashaus…

Du und ich, wir schlagen sie ein…

Diese wunderschöne Welt…

Geschützt vor Regen…

Stürzt sie ein.



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Kommentare zu dieser Fanfic (6)

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Von:  Kiiy
2013-03-25T10:08:29+00:00 25.03.2013 11:08
Das Kapitel gefällt mir wieder sehr. Zu Anfang dachte ich, es wäre wieder so ein Awwwww-Kapitel. Der Plötzliche Wechsel zum Oh shit bitte nich-Kapitel ist dir sehr gut gut gelungen, das gefiel mir. Das Ende hat mich erschreckt. Ich hoffe, das war jetzt noch nicht das Ende. Aber geschrieben gefällt mir das Ende richtig, schön dramatisch.
Von:  Kiiy
2013-02-02T20:52:28+00:00 02.02.2013 21:52
Hab mich sehr gefreut zu sehen, dass Du ein neues Kapitel hast. Nunja, es gefällt mir persönlich nicht so. Bis zu Jiffa nur gelesen ohne Emotionen. Ganz anders als bei all den anderen Kapis. Bei Jiffa ein kurzer Schreck. Beim Welpen ein Aww. Und dann bis zum Ende wieder ohne Emotionen. Ich weiß nicht woran es liegt. Dieses hier ist einfach nicht so fesselnd. Aber definitiv freue ich mich auf das Nächste.
Von:  Kiiy
2013-01-26T21:17:37+00:00 26.01.2013 22:17
Wunderbar schön. Das beschreibt dieses Kapitel perfekt. Es gibt nur wenige die schöne Sachen und Dramatisches gleich gut schreiben können. Ich bin wirklich von jedem einzelnen Kapitel beeindruckt. Wollte mich auch dafür bedanken dass Du mal bei mir vorbeigeschaut hast. :> Mach weiter so. ^-^
Von:  Kiiy
2013-01-24T20:23:00+00:00 24.01.2013 21:23
Das Vorige Kapitel fand ich total schön. Du kannst gut Liebessachen schreiben. Aber noch besser kannst du dramatisches schreiben, weshalb mich dieses Kapitel mal wieder von den Socken gehauen hat. Auf deine Frage hin..Ob lieber ein Happy End oder Drama..Die Entscheidung fällt sehr schwer, aber ich bin doch eher für ein dramatisches Ende. Mach weiter so! (:
Von:  Kiiy
2012-12-06T10:57:06+00:00 06.12.2012 11:57
Ich mag die FF sehr. Dieser geheimnissvolle Schreibstil voller innerer Verletzungen kommt unheimlich gut rüber. Auch bin ich positiv überrascht, dass es fast keine Grammatikfehler gibt. Mach weiter so. c:
Von:  Raschka
2012-12-03T16:42:06+00:00 03.12.2012 17:42
Danke für den Kommi ;)
Werd versuchen, die Fehler zu korrigieren.
....den Namen gab es schon? *schnief* hatte gedacht, ich wär mal der Erfinder eines coolen Namen gewesen.
Lg, Rasch-chan :D
Von:  Serpheya
2012-12-02T21:01:00+00:00 02.12.2012 22:01
So..hab mir jetzt mal alles soweit durchgelesen und eine riesige Bitte: weg mit dem Punkt!! In der wörtlichen Rede kommt vor einem Komma kein Punkt, Beispiel: >"Natürlich bleibe ich", sagte sie.< Da kommt also kein Punkt hin. Ausrufe- und Fragezeichen schon, aber keine Punkte, wenn darauf ein Komma folgt!:D
Gut, hätten wir das geklärt, jetzt zu der Handlung. Alles in allem ganz gut, allerdings verliert man zu schnell den Überblick, besonders im jetzigen Kapitel. Im Kapitel davor fehlte irgendwie der Zusammenhang von Janosh (ich liebe diesen Namen!!!xD) und der Sache mit dem See und so weiter. Und ich dachte erst, dass mit Jeffi oder wie das Hundi hieß, der verstorbene Herr gemeint ist. Gut, hat sich dann erledigt.
Nun gut, aber es gefällt mir und ich bleibe, wenn mir auch aufgefallen ist, dass du den Name Jinx geklaut hast(; BVB-Army lässt grüßen:D
okay, erstmal alles von mir, aber ich bin gespannt!
Liebe Grüße von Mizu:D


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