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Hell called Home

von

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Frühling

Erst einmal danke an euch alle (gibt es ein "euch" eigentlich noch? ^^").

Danke auch für das Feedback zu dem weiteren Story-Verlauf zu HcH. Geplant sind insgesamt 18 Kapitel plus Prolog und Epilog, es werden also noch ein paar folgen.

Ich will nicht spoilern, daher nur so viel: Wie das Ende verlaufen wird, ist noch nicht detailliert geplant, ich bin für Anregungen offen.

Last but not least: Ihr seid die Besten und ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen ^^
 

***********
 

"Verdammt, das ist ja schon beinahe widerwärtig.", lachte meine beste Freundin und schnappte sich meinen Kaffee von dem Nachttisch, ein wirksames Mittel, um meine Aufmerksamkeit auf sie zu lenken. Missmutig knurrte ich und startete einen halbherzigen Versuch, das koffeinhaltige Getränk zurückzuerobern. Doch Aryn ließ sich ihren Triumph nicht nehmen, sodass ich seufzend aufgab und wieder zurück auf meine Bettdecke fiel. Sie grinste breiter und trank einen Schluck, verzog aber das Gesicht und stellte die Tasse an ihren Ursprungsort zurück. Jetzt war es an mir, zu lächeln. Ich konnte einfach nicht verstehen, wie Aryn beinahe würgen musste, allein bei dem Gedanken an Kaffee. Mir war das vollkommen unverständlich.

"Das ist definitiv widerwärtiger.", murrte Aryn und setzte sich auf, um eine Zigarette aus der Tasche ihres Sakkos zu nehmen und anzuzünden. Kaum qualmte diese, seufzte sie genussvoll auf und zwinkerte mir zu, während ich den Kopf schüttelte und meinen Kaffee austrank, der lauwarm war, aber immerhin noch schmeckte. Besser als gar keinen.

Neugierig war ich allerdings schon, was Aryn noch als außer Kaffee denn noch als widerwärtig empfand. Ich sah sie an und fragte lächelnd: "Widerwärtiger als was?"

"Als dieses radioaktive Grinsen eines hinterweltlichen Honigkuchenpferdes mit geistigem schwarzen Loch", kicherte Aryn und schnappte sich den nächstgelegenen Aschenbecher, wobei sie filmreife Verrenkungen machen musste und beinahe aus dem Bett gefallen wäre. Aber Aryn fiel nicht bei sportlichen Turnereien, dieses Talent überließ sie oft genug mir. Ich zwang meine Gedanken wieder ins Hier und Jetzt und ja, da war dieses Grinsen wieder, dagegen war ich einfach machtlos.

Ich war nun einen Monat mit Alec zusammen, was mir schräge Blicke von meinen Mitschülern und entgeisterte von meinen Lehrern einbrachte. Von meinen Eltern fing ich am Besten gar nicht an. Aber ich war glücklich. Es waren Schmetterlinge, keine Zombies, die mich heimsuchten, sondern zarte...Insekten. Hörte sich auch nicht besser an, doch es fühlte sich definitiv besser an.

"Wenigstens scheint dieses widerwärtige Wetter nachgelassen zu haben", seufzte Aryn bei meinem Anblick und stand auf, um sich zu strecken. Ich blickte zu ihr auf, dann aus meinem Fenster. Draußen waren die Bäume noch kahl, allerdings waren die ersten Knospen zu sehen, die Sonne schien und ein lauer Wind wehte. Die Tage begannen, länger zu werden und je länger sie wurden, desto mehr genoss ich sie. Das Grau des Winters verschwand und machte den ersten, hellen Farben Platz.

Der Frühling beginnt.

Bevor ich noch weiter abschweifen konnte, seufzte meine beste Freundin abermals auf und warf mir meinen Mantel zu, packte ihr Sakko und rügte mich spielerisch: "Gar nichts mehr anzufangen mit dir...bevor du mir noch vollkommen verblödest, komm mit an die frische Luft. Lüftet mal dein stilles Kämmerchen da oben."

Empört schnappte ich nach Luft, angesichts ihrer Beleidigung, aber übel nehmen konnte ich es Aryn nicht, das könnte ich ihr niemals etwas. Also zog ich mir meinen Mantel an und folgte ihr aus meinem Fenster, auf das Garagendach. Kein Laubhaufen, die Wiese noch ein wenig feucht, somit musste ich mich am Rosengitter hinunter hangeln, während Aryn den Sprung aus zwei Metern Höhe wie immer fabelhaft meisterte. Lag wohl an ihrer Turnerei und Kampfsportausbildung...

Irgendwann kam stand ich dann durchaus auch unten und fragte meine beste Freundin: "Wohin soll die Reise denn gehen?"

"Wir gehen an unsere Bucht", antwortete sie und hakte sich bei mir unter, um mich auf eleganteste Art zur Bushaltestelle mitzuschleifen. Nicht, dass ich ihr Vorhaben schlecht fand, sie wollte einfach nur sicher gehen. Wir waren schon lange nicht mehr dort gewesen, genau genommen nicht mehr seit dem Tag, an dem ich Jiffa, Janoshs Wolfshündin, gesehen hatte. Es schien mir Jahre entfernt zu sein.

Wie immer begrüßte uns ein Busfahrer voller Elan und ausgetüftelter Fahrkünste, deren Sanftheit in mir ein Gefühl von "Bäumchen wechsel dich" auslöste - und einer Fahrattraktion auf der örtlichen Kirmes- Von dem Zuckerwatte-Geschäft sprach ich bestimmt nicht. Wenigstens wurde Aryn auf der Fahrt sämtliche Flüche los, die sie nicht am Wetter ablassen konnte, vielleicht ein ganz guter Ausgleich für sie.

Dennoch war ich froh, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben, ebenso wie Aryn, die sich nach der Höllenfahrt erst einmal eine Zigarette anzündete, ehe sie mich wieder mit zog. Bereitwillig stapfte ich neben ihr durch hohe Grasbüschel und Sand, den Hügel hinauf und zu der versteckten Bucht wieder hinunter. Allein waren wir allerdings nicht.

Unwillkürlich breitete sich auf meinem Gesicht ein Lächeln aus und ich begrüßte Alec, der mit perfekt ausgerüsteten Picknicksachen auf uns wartete, mit einer innigen Umarmung. Er küsste mich kurz, aber liebevoll, ehe er auch Aryn begrüßte, die nachsichtig lachte und sich auf die karierte Decke fallen ließ. Alec und ich taten es ihr nach, währenddessen meine beste Freundin bereits in den Körben nach irgendetwas Leckerem suchte. trotz des lauen Windes fröstelte ich ein wenig und so rückte ich näher an meinen Freund, der einen Arm um mich legte.

Frühling....so leicht.

Leicht zu erfrieren, weil die kalten Winde so leicht vergessen werden.

Manchmal kamen diese Gedanken noch, die milde Frühlingsluft konnte das Eis noch nicht ganz vertreiben, aber in solchen Momenten war Alec für mich da. Und Aryn ebenfalls. Zwei wundervolle Menschen, die ich nie im Leben verlieren wollte. Eine Angst, die Hand in Hand mit der Liebe einherging. Ich schob diese unerfreulichen Gedanken beiseite und legte meinen Kopf auf Alecs Schulter, bis ich eine Thermoskanne bemerkte, die Aryn achtlos auf die Decke warf. Kaffee!

Gleichzeitig stürzten Alec und ich uns auf die Kanne, was in einen kleinen Kampf endete, den ich zwar verlor, dafür hatte ich aber die Thermoskanne in meinen Händen. Ich grinste triumphierend und hob den Kopf, um Alec über mir kurz zu küssen. Ich hörte, wie Aryn lachend rief: "Sucht euch ein Zimmer dafür."

Er gab mich frei, damit ich mich aufrichten und Kaffee einschenken konnte. Meine beste Freundin hatte unterdessen eine Tafel Schokolade - weiße Schokolade - gefunden und verspeiste diese mit Elan und entzücktem Gesicht, während sich meines verzog. Weiße Schokolade war bei mir das, was bei Aryn Kaffee war. Einfach ein ungenießbares Lebensmittel.

Zu meinem Seelenheil gab es allerdings noch eine weitere Tafel - Nussschokolade -, die Alec und ich uns teilten. Plötzlich schluckte Aryn ihren Bissen runter und fragte mich, ohne den Blick vom See abzuwenden: "Wie wird es weitergehen?"

Wie wird es weitergehen?

Was würde ich machen? Wie würde mein Leben aussehen? Ich konnte nicht mein ganzes Leben in dieser kleinen, grauen Stadt leben, die an Erinnerungen gebunden waren, die ich lieber vergessen wollte, deren Schmerz ich endlich hinter mir gelassen hatte. Vielleicht sollte ich aus genau diesem Grund auch diesen Ort hinter mir lassen. Reisen und fremde Länder besuchen, irgendwohin, wo keine Erinnerungen waren, keine Namen, keine Bekannten. Mit Alec und Aryn eine Stadt finden, wo wir heimisch werden konnten.

Ich streckte mich kurz und trank meine Tasse aus, ließ mich auf den Rücken fallen und betrachtete den zartblauen Himmel. Nachdenklich erwiderte ich: "Irgendwie wird es weiter gehen. Eine verrückte WG irgendwo in der Welt. Gute Nachbarn in einem abgelegenen Dorf. Drei Zimmer in einem Altenheim. Such dir den Weg aus."

Sie kicherte bei dem Gedanken daran, wie wir drei nebeneinander im Altenheim saßen und auch ich musste unwillkürlich lächeln. Es war eine schöne Vorstellung, die mir noch vor wenigen Wochen Angst eingejagt hätte. Denn das war früher meine einzige Furcht gewesen. Zu leben. Zu leben und zu fühlen. Heute aber war es die Angst, zurück zu fallen, zurück in die alte Starre.

"So ein Wickelrock steht dir bestimmt. So ein dunkelblauer mit hellblauen Blümchen drauf. Und so eine schöne, rosa, altmodische Bluse, ein wirrer Dutt und beige Krankenhausschuhe", murmelte Alec mir ins Ohr, meine beste Freundin warf ihm einen empörten Blick zu. Wenigstens sie verteidigte mich. Als Aryn jedoch anfing zu reden, verwandelte sich mein süffisantes Grinsen in eine resignierte Miene.

"Bist du wahnsinnig? Wirre Haare sind mein Markenzeichen!"

Mit einem gutmütigen Kopfschütteln, zum Zeichen meiner Kapitulation, sah ich zum Wald hinüber - und erstarrte.

Jiffa.

Die Wolfshündin stand am Waldrand und musterte mich mit ihren gelben Bernsteinaugen, wie einige Monate zuvor. Ihre Augen waren gleich geblieben, doch was würde sie in meinen sehen? Abgelenkt wurde ich durch diesen Gedanken durch ein kleines, schwarzes Etwas neben ihr, das sich soeben durch die Büsche gekämpft hatte. Es war ein Welpe und ohne Zweifel Jiffas, den sie senkte kurz ihren Kopf, um ihrem Nachwuchs über den Kopf zu lecken, ehe sie mich wieder mit ihrem undurchdringlichen Blick bedachte.

Ein Leben, dass die Last zweier tragen muss.

Und noch so schmale Schultern.

Der kleine Welpe musste ihr einziger sein, denn es kamen keine weiteren aus dem Gebüsch gekrochen, ehe Jiffa wieder in den Tiefen des Waldes verschwand. Ich kuschelte mich dichter an Alec, der sich gerade ein Sandwich bastelte, und grübelte weiter über die Wolfshündin nach, die nach dem Tod ihres Herrchens einen neuen Halt im Leben gefunden hatte, so wie ich. Seltsame Parallelen, die mein Leben mir gerade bot. Nicht, dass ich darüber nachdachte, ebenfalls schwanger zu werden, Himmel nein, aber der Verlust von Janosh hatte die sonst so zurückhaltende Hündin rasend gemacht, bis sie schließlich die Zivilisation verließ und zu ihren Wurzeln zurückkehrte.

Schmale Schultern können wachsen.

Wie auch der Sommer das letzte Eis schmelzen wird.

Denn nach dem Frühling...

Kommt der Sommer.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Kiiy
2013-02-02T20:52:28+00:00 02.02.2013 21:52
Hab mich sehr gefreut zu sehen, dass Du ein neues Kapitel hast. Nunja, es gefällt mir persönlich nicht so. Bis zu Jiffa nur gelesen ohne Emotionen. Ganz anders als bei all den anderen Kapis. Bei Jiffa ein kurzer Schreck. Beim Welpen ein Aww. Und dann bis zum Ende wieder ohne Emotionen. Ich weiß nicht woran es liegt. Dieses hier ist einfach nicht so fesselnd. Aber definitiv freue ich mich auf das Nächste.


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