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It all just had started in a wrong way...

Kaoru x Kyo
von

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Heute werden wir den vollen Mond nicht sehen… – Part Two.

„La, la…Auf Wiedersehen.“
 

Er schritt auf gepflasterten Wegen an unbelebten Straßen entlang, den Blick tief in einem kleinen Notizbuch verborgen; las wenige Passagen der kaum gefüllten Seiten, riss sie heraus und verteilte kleine Flocken des Papiers in der vom Regen benetzten Luft.

Ein Lied lag ihm auf den verschmitzt grinsenden Lippen.

Er fühlte sich so selig, so sicher. Wusste sich seines Kampfes als Gewinner, da er seine Trophäe schon in den eigenen, kalten Händen hielt. Was sollte ihm da schon in die Quere kommen?
 

Ganz klar, niemand!
 

Was in diesem Büchlein stand, war nicht atemberaubend oder spannend – es waren nur alte, verblassende Erinnerungen, festgehalten in dem kleinen, kümmerlichen Herz seines Besitzers.

Die Tage wiederholten sich.

Die Themen wiederholten sich.

Er hatte in Erinnerungen gelebt.

Unnütz, sie weiter zu behüten, dachte er sich, riss erneut eine Seite heraus, zerfetzte sie.

Er würde sie sowieso nicht mehr gebrauchen
 

„Die Nacht unserer Wiedervereinigung blüht…“, er schloss das Buch, blieb an einer Ecke stehen und besah den grauen Himmel, welcher so trostlos und fad aussah, nachdem der Regen verschwunden war.

Dennoch war dieser Tag sein Triumph.
 

Oder…Sollte es noch vielmehr werden.
 

Mit einem Mal wandte sich der Fremdling zur Hälfte um, sah über seine eigene Schulter. Sein Grinsen wurde weicher – wandelte sich zu einem Lächeln, dessen Kern man kaum zu deuten vermochte. „Und, was hast du herausgefunden?“
 

Wider der Annahme, er würde Selbstgespräche führen, lehnte ein weiterer junger Mann an der Wand, die er aus dem Augenwinkel zu erblicken versuchte.

Dieser überragte ihn um fast einen Kopf, strich sich beinahe lautlos durch das gewellte, schwarze Haar und schien nur emotionslos die Objekte vor sich zu betrachten, ehe er mit ruhiger, sanfter Stimme zu sprechen begann:
 

„Sie sind am Ende. Jedoch hat er noch einen Beschützer auf seiner Seite – keine Ahnung inwiefern sie sich mögen. Deinen weiteren Schritten steht also nichts mehr im Weg.“
 

Der Kampfgeist flammte in seinen Augen, gab der doch kleinen Person eine bedrohliche Aura. „Sehr gut…“, waren seine letzten Worte, ehe er aufbrach, Schritt zwei in die Wege zu leiten.
 

Denn dies war sein Meisterstück.
 


 

~*~
 


 

[Kaorus Perspektive]
 


 

Wir saßen nebeneinander.

Wie Fremde.

Stumm, abwesend, traumatisiert.
 

Der Regen hatte mittlerweile aufgehört, auf uns nieder zu prasseln und da Kyo nicht in der Lage schien, zu reden, zu denken oder irgendwie anders zu Handeln, hatte ich für uns beide beschlossen, dass es besser wäre, wenn wir erstmal zu Die gehen und uns aufwärmen würden.

Falsch gedacht.

Denn weder Die, noch die Haushälterin oder seine ewig arbeitenden Eltern waren in dem Haus. Alle waren sie ausgeflogen und hatten nicht freundlicherweise ganz zufällig die Tür vergessen, abzuschließen.

Deswegen mussten wir auf der Veranda verweilen.

Frierend, schweigend, ignorierend.
 

Was sollte man denn schon in solch eine Situation tun? Verzweifeln?

Nein, erstmal Rauchen, dann weitere Pläne schmieden.

So suchte ich also meine Taschen nach meiner Zigarettenschachtel aus Pappe ab, war für einen Sekundenbruchteil verblüfft, dass wirklich nur die Pappe feucht war, zog Glimmstängel und Feuerzeug aus der Verpackung und steckte das passende Ende in Brand.

Der erste Zug war immer noch der Beste… So befreiend, so zeitlos; einfach göttlich, wie sich das Nikotin in den Lungenflügeln und Blutgefäßen absetzte.

Dieses Gefühl würde ich für Nichts in der Welt eintauschen. Deshalb führte ich die Zigarette wieder zu meinen Lippen, um noch einmal diesen wunderbaren Geschmack zu erfahren, wurde jedoch kurz davor unterbrochen. Verwirrt starrte ich die kleine Hand an meinem linken Handgelenk an, folgte dem Arm hinunter zu seinem Besitzer.

Kyo, welcher bis jetzt regungslos direkt neben mir verweilt hatte, wollte mich am rauchen hindern?

Tze, dass ich nicht lache.

Kurzerhand riss ich meine Hand mit einer einfachen Bewegung von dem Blonden los und steckte mir den Filter wieder zwischen die Lippen.
 

„Du lebst also doch noch?“, fragte ich, während ich wieder den wunderbaren Rauch einzog und blickte im nächsten Augenblick neben mich.

Doch mein Nachbar machte einen nicht all zu lebendigen Eindruck. Sicherlich würde jeder meinen, dass körperliche Gebrechen den Anblick eines Menschen schlimmer gestalten, als Emotionen… Doch ich bin da ganz anderer Meinung. Egal wie schlimm Jemand verwundet ist…Gefühle drücken doch viel mehr aus.

Und der Blonde sah in diesem Moment einfach nur aus wie ein Fisch; wie ein toter Fisch.

Noch immer waren seine Augen gerötet, doch sie waren auch glanzlos und trüb, während seine gesamte Gesichtsfarbe fahl wie das Mondlicht wirkte.
 

So unwirklich…
 

Ich atmete laut aus, blickte wieder in den verwitterten Vorgarten des sonst so prächtigen Anwesens. Was hatte man ihm angetan, dass er nun wie eine alte Wasserleiche dreinblickte? Er war doch sonst immer bei Die gewesen und hatte auch relativ aufgeweckt gewirkt – insofern man dies über den Blonden sagen konnte.

Es war zum Haare raufen. Wieder zerbrach ich mir den Kopf über eine Person, die momentan mehr Puppe als Mensch war.

Super gebessert, Kaoru , ganz toll. Anstatt dich von ihm fern zu halten, hast du ihn wieder an dir kleben… und wenn es ihm wieder gut geht, dann wird er dir weder danken, noch irgendein nettes Wort zu dir sagen, nein, er wird dich wieder nur verachtend angucken, weil du ja so schwach bist, dich auf ihn einzulassen. Du Idiot…Du könntest so ein einfaches Leben haben, aber nein, jetzt sitzt du hier, fängst dir eine Lungenentzündung ein und das alles für Herzschmerz und Verachtung.

Ein Toast auf mich!

Ich bin so dämlich…
 

Und doch glücklich.
 

Schließlich wäre alles so wie immer, wenn du nicht aufgetaucht wärst. Alles wäre seinen normalen Gang gegangen; ich hätte niemals diese Frau kennen gelernt, ich hätte niemals gelernt zu verletzen und verletzt zu werden, ich hätte niemals gelernt, die kleinen Dinge im Leben ernst zu nehmen.

Ohne dich wären wir niemals so nass, wie jetzt.

Ohne dich würden wir jetzt nicht hier sitzen.

Ohne dich hätte ich niemals solche Dinge gefühlt, wie jetzt.
 

Der Druck deines Kopfes auf meiner Schulter, lässt mein verkrampftes Herz höher schlagen, auch wenn du erstmal schlafen und mich nicht mit deinen Sticheleien ärgern wirst.

Doch es stört mich nicht.

Weder, wenn du dich deinen Problemen ergibst, noch, wenn du sie an mir auslässt. Ich nehme das alles gern in Kauf.

Solange, wie du dich weiter einmischst; wie du weiterhin der Störfaktor bist.

Doch dafür…Müssen wir dich erstmal wieder richten.
 

Damit du mir das Leben wieder zur Hölle machen kannst.
 


 

~*~
 


 

[Dies Perspektive]
 


 

Irgendwann hatte es aufgehört zu regnen.

Irgendwann waren auch meine Tränen versiegt.

Irgendwann war es still um mich geworden.
 

Die Tatsache, dass ich von Kopf bis Fuß durchnässt und es wahrscheinlich kaum fünf Grad über dem Nullpunkt waren – wenn nicht sogar weniger – interessierte mich wenig.

Meine Augen schmerzten, mir war verdammt kalt und Kaoru war nicht nur nicht da, sondern war wohl auch nicht all zu liebevoll zu seiner Mutter gewesen und hatte mir ein schlechtes Gewissen beschafft.

Wohl so ziemlich zum ersten Mal in meinem Leben wusste ich nicht, wo er war, was er tat oder ob er mir verzeihen würde. Doch das war ein anderes Lied.

Ich hatte mich wortlos von meinen Freunden getrennt, war ihnen aus dem Weg gegangen und stand mir nun selbst im Weg, da sich die ganze Angelegenheit irgendwie verstrickt hatte.
 

In solchen Momenten war mir normalerweise immer mein Bruder im Geiste ein Ansprechpartner und Seelenklempner gewesen, da dieser nun aber leider ausfiel, musste ich mir Jemand Anderen suchen.

Und wer wäre besser geeignet für diesen Job, als Mama Shinya?

Doch dafür müsste man ihn erstmal finden. Ich hoffte ja inständig, dass wenigstens er in heimatlicher Umgebung geblieben war…Und dass er ein paar trockene Wechselsachen hatte!
 

Wenn er denn überhaupt etwas mit mir zu tun haben wollte…
 

Mir stand das Wasser wirklich bis zum Hals; kein Wunder also, dass ich schon jetzt triefte.
 

Doch solche Situationen kamen mir mehr als bekannt vor; ich hatte sie in der Vergangenheit schon oft erlebt und ausbaden dürfen. Meist aber mit…

Ich seufzte.

Nun hatte ich schon Freiheit und war doch nicht frei…Verdammt!
 

Ich blickte dem Horizont entgegen. Ich musste irgendwie auf andere Gedanken zu kommen!

Doch auf welche?

Hm…

Vielleicht auch einfach den Kopf abschalten?

Eventuell sollte ich auch mehr an Toshiya und Shinya denken, schließlich gab es nicht nur Kaoru.

Oder…Kyo? Nein, der konnte mir gestohlen bleiben. Selbst wenn er wieder böse auf mich sein würde…Vielleicht sollte ich auch über Nacht wegbleiben?

Mal sehen, ich werde mich überraschen lassen.
 

Beziehungsweise das Schicksal würde für mich entscheiden.
 

Ich bog in einer Straße ein, orientierte mich nur für eine Sekunde und wischte mir mit dem Handrücken über die Augen. Die Regentropfen, in meinem Haar begannen allmählich an meinem Gesicht herunter zu rinnen. Ein nerviges Gefühl. Genauso nervig wie Schweiß, bloß etwas anders.

Haha, anders…

Kaoru, Shinya, Toshiya...Meine besten Freunde.

Wir waren so unterschiedlich und doch in irgendwas immer gleich. Oder wenigstens ähnlich.

Alle etwas anders, dennoch auf einer Wellenlänge. Wir hatten schon die merkwürdigsten Blicke auf uns gezogen, wenn wir einmal unsere Kunst gemeinsam ausgelebt hatten.

Sowohl positive, als auch negative. Jeder hat jeden unterstützt und eigentlich hatten wir auch niemals etwas auf einen Anderen kommen lassen.

Verständlich ist aber auch, dass der eine oder andere etwas offener mit der Clique umging, als andere.

Toshiya und Shinya zum Beispiel verbringen so gut wie jeden Tag zusammen, nachdem sie sich und uns anderen Beiden kennen gelernt hatten. Kaoru war meist auch von der Partie, wenn auch passiver. Ich war wohl der Einzige, der schon immer gern mit Fremden Unsinn verzapft hat…
 

Wieder bog ich in der nächsten Straße ein, konnte schon den ansehnlichen Altbau, in dem Shinyas Familie wohnte, anvisieren und schritt deshalb weniger aufmerksam auf dieses Haus zu.
 

Hehe, demzufolge ist es also auch kein Wunder, dass sie sich die letzten Wochen nicht weiter einmischen wollten.

Ich bin an dieser Lage ganz allein Schuld…Hätte ich doch mehr Wert auf ihre Obhut gegeben.

Hätte ich doch nur…
 

„Du bist nicht Schuld.“
 

Ich erschrak, blieb stehen und sah mich panisch um.

Woher kam diese Stimme? Und woher wusste sie, womit ich mich beschäftigte? Ein aufdringlicher Fremdling hatte mir jetzt noch gefehlt!
 

Sie haben doch dich im Stich gelassen.“
 

Die Art, mit der er sprach…Die Betonungen verschiedenster Silben. Kalt, ruhig und doch bestimmend. Keiner Stimme, der man trauen sollte, oder?

Noch immer konnte ich den Typen, dem die Stimme gehören musste, nicht ausfindig machen, war nur umzingelt von zu hohen Gebäuden und Laternen… und aus irgendeinem Grund machte mich das fuchsteufelswild!
 

„Komm raus!“ - „Ich bin doch direkt hinter dir...?“
 

Schreckhaft wandte ich mich um, bemerkte zuerst die starrenden Augen und wie sie mich ansahen. Aus Reflex tat ich noch halb in der Drehbewegung einen Schritt zurück und stolperte durch den Schwung von der Person weg. Ich saß nun also am Boden und musste wohl lustig ausgesehen haben, da dieser Kerl zu lachen begann.

Dabei klang es so gekünstelt…
 

„Huch, du bist ja hastig. Hattest wohl nicht mit mir gerechnet, hm? Kein Wunder, so wie du in Gedanken warst...“, er lächelte auf mich herab, tat ganz freundlich und doch lief mir ein eiskalter Schauer über den Rücken.
 

Das Blond seiner Haare…

Das, was er ausstrahlte…

Wie er sich bewegte…

…Er erinnerte mich an Kyo! - Nur um Längen schlimmer.
 

„Äh…ähm, nein, das kam mir dann doch etwas zu plötzlich…“, antwortete ich verschüchtert, versuchte mir die Furcht aus den Knochen zu jagen und nahm prompt auch die Hand an, die mir der Fremde reichte.
 

„Hab ich’s mir doch gedacht…Tut mir Leid. Geht’s? Das war wirklich nicht meine Absicht gewesen, ehrlich! Ich-…“ – „Wer bist du und was willst du von mir?!“, es war eigentlich nicht meine Art gewesen, einfach Fremde anzufauchen, doch bei Diesem hier fühlte ich mich in sämtliche Prügeleisituationen zurückversetzt, in denen ich gewesen war. Nur dass sie alle auf einmal auf mich einschlugen…
 

„Wie unhöflich von mir! Mein Name ist Mao. Und was ich von dir will? Ganz einfach:“, sein falsches Lächeln verformte sich in ein diabolisches Grinsen, als er mich an der Hand etwas näher zu sich heranzog. „Ich will dich auf meiner Seite wissen.“

Was wollte er?!

„Du hast doch auch die Nase voll von diesem kleinen Sensibelchen…Wie nennt er sich noch mal? Ah, ja… ‚Kyo’? Meine Jungs und ich haben euch beide eine ganze Weile beobachtet und…“

Von ihm gibt’s noch mehr? Warte…Er hat uns ausspioniert?!

„…wir haben gesehen, wie er dich und den Rest deiner Gruppe komplett zum Narren hält. Hinzukommend habe ich persönlich auch ein paar Probleme mit ihm zu klären und du weißt doch sicherlich ein paar ganz interessante Dinge über ihn, oder? Schließlich hat er dir ja seine Lebensgeschichte anvertraut.“
 

Das ging mir jetzt etwas zu schnell…

Ich riss mich von diesem Mao los, wollte mir erst die Hände vor den Augen zusammenfalten, gleichzeitig jedoch auch den Kopf halten und wirbelte daher etwas unbeholfen mit den Armen in der Gegend herum, ehe mich der Neuling beiseite zu einer Treppe nahm, auf die wir uns gemeinsam setzten und ich erstmal meine Gedanken richten konnte.

Er wusste von Kyo hier…

Von dem Ärger, den er uns eingebrockt hatte…

Von unseren Geheimnissen und meinen Ketten…
 

„Du willst also, dass ich meine Freunde verkaufe?!“
 

Es war einfach so aus mir hinausgeplatzt, ich hatte diese Feststellung einfach nicht in mir festhalten können. Wie konnte dieser Zwerg nur so etwas verlangen?!

„Nein, das nicht. Ich biete dir die Möglichkeit an, ihn mit uns gemeinsam auszumerzen. Nicht mehr und nicht weniger.“, entgegnete er mir, platzierte dabei seine Hände auf meinen und schien mich mit seinem Blick zu durchbohren. Ein Blick, der einen anschrie, man solle entweder gehorchen oder für Jahre untertauchen. Was sollte man da schon tun?

„Ihn ausmerzen…?“ Ich fühlte mich wie ein unwissendes Kleinkind. Überfordert mit den einfachsten Vorschlägen und verschüchtert von dem Direktsein dieses ‚Maos’. „Ja, also, nein… ‚Ausmerzen’ klingt so schlecht, das hast du wohl falsch verstanden…Wir wollen dir und uns einfach helfen, ihn aus unserem Leben zu verbannen. Wie einen lästigen Pickel, verstehst du?“

Ihn loswerden…

Sie konnten uns helfen, ihn los zu werden! Das konnten doch nur Gesandte Gottes sein!

Nur,…

„Wo ist der Haken?“ - „Es gibt keinen. Du musst uns nur ein wenig unter die Arme greifen, mehr nicht.“, erklärte er mir geduldig, auch wenn man aus weiter Entfernung die Halsschlagader des Jungen unter der Jacke entdecken konnte, die eigentlich hätte verborgen bleiben sollen. Wie dem auch sei…
 

Der Junge bat mir an, alle meine Probleme mit einem Schlag zu beseitigen. Für Lau. Ohne Gegenleistung oder sonst irgendetwas.

Problembeseitigung…mit meiner Hilfe. Das klang doch ansprechend.

„Und, was sagst du? Hilfst du uns? Ist das ein Deal?“, der Blonde hielt mir seinen Arm einschlagbereit entgegen.
 

Ein Handschlag, dann wäre die Last von uns genommen.

Sie würden uns Ruhe bringen!

Die Folter wäre vorbei, wir könnten alle wieder unseren alltäglichen Gang gehen!

Wie soll man bei solch einem Angebot ‚Nein’ sagen? Besser konnte es doch nicht werden!
 

„Abgemacht!“, ich schlug, gepackt von neuem Mut, ein, strahlte dem jungen Mann entgegen.

Mir war egal geworden, was er getan hatte.

Es war unwichtig, wie unheimlich er wirkte.

Nichtig, wie er die Aktion geplant hatte.
 

„Gut, dann lass uns gleich beginnen, mein Freund!“
 

Und doch machte sich in mir auf einmal das Gefühl breit, ich hätte wieder etwas unheimlich Dämliches angestellt…
 


 

~*~
 


 

[Kaorus Perspektive]
 


 

Unsere Kleidung trocknete allmählich und man konnte zusehen, wie auch unsere Haare an Feuchtigkeit verloren – zum Einen, weil Kyos Haare sich zu wellen begannen, zum Anderen, weil meine eigenen Haare weniger tropften als zuvor.

Ansonsten hatte sich bisher noch nicht viel verändert; Kyo schien noch immer mehr leeres Gefäß als lebendiger Mensch zu sein.

Ich hatte ein paar Mal versucht, ein Gespräch anzufangen, um herauszufinden, was mit dem Kleineren los war, allerdings war er nie darauf eingegangen, hatte entweder weggesehen, seine Nase gerümpft oder, nun ja, gar nichts getan. Man konnte ihn relativ gut mit einer schlechten Pantomime vergleichen…Ohne Worte, nur eben auch ohne Bewegung.

Deshalb lehnte er auch noch immer an meiner Schulter, was nicht unbedingt schlimm war – Ist es merkwürdig zu sagen, dass man die Nähe zu einem bestimmten Jungen gut findet? – aber auch keine guten Neuigkeiten von dem Blonden brachte. Vielleicht sollte man mal einen Psychologen fragen, was der Grund für diese Abwesenheit war? Etwas, worüber man nachdenken sollte, wenn es weiter anhalten sollte…
 

Tick - Tack - Tick - Tack…
 

Ein Ticken in meinem Ohr…Woher kam es?

Ich sah mich kurz um – Nichts zu sehen. Keine Uhr, kein Specht, Nichts, gar Nichts. Eine Bombe konnte es ja auch nur schlecht sein.

Vielleicht war es ja mein zurückgekehrtes Zeitgefühl, das mir irgendetwas sagen wollte…Oder es war schlichtweg der eigene Puls, der am Gehörgang vorbei ins Gehirn rauschte.

Aber das klang viel zu unromantisch.
 

Ich kam mir ein wenig dämlich vor, gedanklich Selbstgespräche zu führen. Oder war es eher eine Gedankenstimme, die mich vor der Einsamkeit bewahren wollte, oder nein, einsame Zweisamkeit. Das traf es eher.

Doch so dämlich diese Auseinandersetzungen waren, sie konnten doch sicherlich in irgendwelchen Notsituationen die Person vor dem Wahnsinn bewahren, oder?

Oder waren sie gar Anzeichen für den Wahnsinn?

Ich schüttelte meinen Kopf.

Das konnte nicht sein, mit Sicherheit hatte jeder Mensch solch eine geschlechtsneutrale Stimme, mit der er über Entscheidungen oder einfach aus Lust diskutieren konnte. Von wegen Wahnsinn.

Ich konnte doch nicht einfach so wahnsinnig werden!

Außer wahnsinnig vor Liebe…
 

„Wie damals…“
 

Kyo zuckte plötzlich, was mich dazu veranlasste, erst zu ihm, dann auf den Weg vor dem Haus zu blicken.

Da waren Menschen!

Sechs, um genau zu sein…Und sie sahen sogar aus, als wären sie in unserem Alter! Na ja, außer Einer, der schien sich wegen der Kälte vermummt zu haben. Ist nur verständlich.

Aber was machte solch eine Gruppe mitten in der Pampa? Ich dachte, Dies Haus wäre das letzte in diesem Bezirk gewesen? Würde man den Weg weitergehen, würde man nur in einen Wald kommen und später irgendwann zu einer Klippe, aber bis dahin war es eine ganz schön lange Stecke.

Wollten sie etwa zu Die?
 

Als sie den Vorgarten betraten, schien die Antwort schon klar zu sein.

Sicherlich waren dies nur irgendwelche Trinkgenossen von ihm, die ihn bestimmt wieder zu irgendetwas einladen wollten. Eine andere Gruppe...Wäre Die ein Vater, dann könnte man behaupten, er hätte eine zweite, geheime Familie, neben seiner ‚Richtigen’. Zum Glück war dies ja nicht so.

Dennoch sollte ich sie vielleicht vorwarnen, dass er nicht im Haus war…

Ich erhob mich, um sie in Empfang zu nehmen und dann aufzuklären, doch blieben Vier in der Mitte des Gartens stehen, während Zwei weiter auf uns zukamen.

Sie gaben ein bizarres Paar ab; denn während sich der Größere und augenscheinlich Kräftigere von Beiden eher im Hintergrund hielt, war der Andere eher klein und unauffällig, dennoch schien gerade er der Autoritäre von ihnen zu sein.
 

Sie stoppten vor mir; der kleinere Blonde musterte mich für eine Sekunde, zog meinen Blick mit den Blitzen in seinen Augen auf sich und schritt dann weiter; zu Kyo.
 

Habt ihr euch jemals paralysiert gefühlt?

Es ist, als würdet ihr einen schlechten Horrorfilm sehen: Ihr wisst genau, dass jeden Augenblick etwas scheußliches passieren wird, wollt die nächste Szene am besten überspringen oder einfach wegsehen, könnt es aber einfach nicht, denn es ist schon viel zu spät dafür.
 

Schau nicht weg!
 

Gefangen in diesen Zustand der Bewegungsunfähigkeit versuchte ich meinen Kopf in die Richtung des Schwarzhaarigen zu drehen, welcher noch immer vor mir stand und bisher noch kein Laut von sich gegeben hatte, spürte jedoch schon etwas an meinem Mund, welches so stark daran gepresst wurde, dass es mir den Atem verschlug und einen Schutzreflex auslöste, der jedoch niemals Wirkung haben sollte.
 

Ich versuchte zu schreien, doch mit welcher Luft?

Ich versuchte mich zu wehren, spürte jedoch schon, wie Arme und Beine das Gefühl und die Kraft verließ.

Chancenlos, Aussichtslos.
 

Das Licht verschwand; ich driftete in Dunkelheit ab.

Aus.
 


 

~*~
 


 

Dröhnende Stille.

Mein Kopf gefüllt von Leere.

Ich öffnete meine Augen erschocken, kniff sie doch fast sofort geblendet von Licht wieder zusammen und krümmte mich.

Was war passiert? Wo war ich?

Und warum lag ich auf dem Boden?
 

„Ah, du bist also endlich aufgewacht!“, hörte ich eine freudige Stimme in der Nähe erklingen, doch sie kam mir so gar nicht bekannt vor und ich hatte eigentlich ein ziemlich gutes Gedächtnis, wenn es um Stimmen von Freunden oder Bekannten ging. Jedenfalls bildete ich mir dies ein.

Doch diese Stimme hier war so melodisch und gehässig, wie man es nur aus Satiren und sarkastischen Theaterstücken kannte. Ein gespielter Bösewicht aus ganzem Herzen.

Mir drehte sich der Magen um.
 

„Ah…Aki hatte mich gewarnt, dass manche Menschen so auf das Zeug reagieren würden…Dabei hatte ich heute nicht vor, Nahrungsbrei zu sehen…Na ja, nicht zu ändern!“

Etwas schleifte mich an den Schultern von meinem Erbrochenen weg, lehnte mich an eine Wand und hockte sich dann direkt vor mich. „Du solltest dich als Gast besser beherrschen!“, er kicherte kurz, „Ich bin ja so froh, dass du hier bist, das kannst du dir gar nicht vorstellen!“

Er roch seltsam. Eine…Mischung aus Pfirsichen und Desinfektionsmittel.

Widerlich.

„Besonders dein Gastgeschenk hat es mir angetan!“

Ich versuchte wieder meine Augen zu öffnen, blickte der Gestalt entgegen, die sich wohl in diesem Moment erheben wollte, dann aber doch wieder in die Hocke gegangen war. Grund unbekannt.

„Geschenk…?“, hallte meine gebrechliche Stimme von den Wänden wieder.

Haha, kaum zu glauben, dass ich wirklich einmal so schwach klingen würde…Einfach seltsam. Aber was meinte er für ein Geschenk? Ich hatte doch gar nichts bei mir gehabt…Nur Kyo-!

Ein Ruck ging durch meine Glieder, ich wollte aufstehen, doch im nächsten Moment spürte ich schon einen sehr starken Schmerz von meiner rechten Wade ausgehen. So folgte auf ein Rucken ein Zucken und ich musste es mir wirklich sehr stark verkneifen, nicht los zu schreien – wäre meine Stimmte doch eh gebrochen.

Die Person erhob sich dieses Mal richtig und ging ein paar Schritte, um dann an meinen Beinen zu stoppen. „Hihi, es tut mir leid, aber ich hab dir leider während deines Nickerchens ein wenig wehtun müssen, damit du mir nicht wegläufst.“, erklärte er, zog mein Hosenbein hoch und entblößte eine tiefe Schnittwunde.

Ich glaubte meinen Augen nicht! Warum tat dieser Pimpf so etwas?!

Moment – Pimpf?

Ich musterte den Jungen, von Kopf bis Fuß. Zuerst hatte ich meinen Pimpf vor Augen, doch das hätte allein von dem Klang seiner Stimme nicht funktioniert. Seine war viel zu deutlich; Kyo nuschelte dagegen gelegentlich. Nein, es war dieser Typ von vorhin, der mit seiner Gruppe zu Dies Haus gekommen war.

Bevor ich…Egal.

Mein Blick sprang umher, versuchte irgendetwas Bekanntes zu finden – doch Fehlanzeige. Der Raum in dem ich mich befand war komplett weiß gestrichen, sicherlich zwei bis dreimal so groß wie mein Zimmer, mit riesigen Fenstern, wie man sie nur aus der Schule kannte. Alles in einem konnte man diesen Ort nicht als familiäre Umgebung beschreiben, dafür war es einfach zu kalt. Aber wo war dieser Ort dann?

Wieder hörte ich ein Kichern. Dieser Junge hatte wohl Spaß an meinem Zustand. Verdammt.
 

„Was hast du mit Kyo gemacht?!“, als der Schmerz verkraftet war, platzte es einfach aus mir heraus. Ich brauchte zwar viele Antworten, aber diese war mir am Wichtigsten. Schließlich ging es nicht um mich.
 

„Er ist schon weiter in seine Suite begleitet worden, in dem er erstmal kräftig, sagen wir mal, ‚verwöhnt’ worden ist.“
 

Warum dämmerte mir nichts Gutes, als diese Worte den Mund des ‚Gastgebers’ verlassen hatten? Mir wurde unbehaglich; ich bekam Angst. Angst um Kyo und Angst um die Anderen. Was, wenn er sie auch hierher verschleppt hatte?

Schritte und dessen Echo kamen aus dem Flur, den ich außerhalb dieses Raumes vermutete, immer näher, wurden lauter und…stoppten vor der Tür. Ein Klopfen und das einfache Öffnen jener Tür folgten und offenbarten einen weiteren Jugendlichen aus dem Kreis der Fremden.

Auf den ersten Blick fiel mir nur seine zerbrechliche, schüchterne Körperhaltung auf, als er zu dem Blondchen herantrat und mir nur einen scheuen Blick zuwarf. Das war auch schon das zweite Merkmal an ihm: Sein weibliches Gesicht und die braunen, dezent geschminkten Augen, umgeben von einem Rahmen aus Kakaobraunen Haaren. Ansonsten war er etwas sonderbar gekleidet, was ich schon von Die kannte, und vor allem dunkel.

Er schien mir nicht wirklich die Art von Mensch zu sein, die Andere verletzen könnte, doch bei meinem Glück würde ich nur wieder berichtigt werden.
 

„Mao? Der Neue macht Probleme. Er meint, dass wir so was nicht machen können, Tsurugi hat ihn deswegen auch in ein Zimmer im Keller gesteckt, ich hoffe, das ist okay so.“

Der Neue?, fragte ich mich misstrauisch und überlegte gleichzeitig, wie ich mit einem verwundeten Bein wohl weglaufen könnte.

Ob ich eine Lösung fand? Haha, natürlich nicht. Dieser ‚Mao’ hatte das Ganze wohl genau durchgeplant…

„Ja, das ist okay, wir hätten ihn sowieso demnächst nach da unten bringen müssen, falls er seine Meinung noch geändert hätte. Ist also nur gut so, Mizuki.“

Verräter also, hm?

Wie nett, wir nutzen Jemanden aus und werfen ihn dann einfach weg, tja, das ist die Jugend von heute. Herzlichen Glückwunsch, Welt.
 

„Und…was sollen wir denn mit dem machen?“, der Braunhaarige, anscheinend Mizuki, deutete mit dem Finger auf mich und verlieh mir damit das Gefühl, irgendein dummes Tier in einem zoologischen Garten zu sein. Es fehlte nur noch der Käfig und mehr Besucher.

„Unser Gast bekommt natürlich dieselbe Suite neben unserem Ehrengast. Mit dem besten Blick auf das Geschehen. Wir wollen ihm doch eine nette Show liefern, oder nicht?“, einer Hyäne ähnlich grinste der Anführer mich an und wank seinen Verbündeten fort. „Darum kümmere ich mich schon selbst. Sag Aki, dass ich gleich mit nach Oben komme, okay?“
 

Gehorchend verschwand Mizuki und ließ mich mit diesem Irren allein, der im Augenblick so aussah, als würde er mich am liebsten sofort zerfleischen.

Ich schluckte.

Er kam auf mich zu, packte mich am Kragen und zwang mich verdammt grob dazu, mich unter Schmerzen zu erheben. Vielleicht würde mein Bein ja irgendwann taub werden, dann konnte er mich gern so herumscheuchen.

Mao zog mich in dieselbe Richtung, aus der sein Freund zuvor gekommen war, gab mir die Möglichkeit, mich zu orientieren. Wenigstens hier im Erdgeschoss…

Das Gebäude schien wirklich einmal eine Schule gewesen zu sein. All zu alt konnte sie ebenfalls auch noch nicht sein, da es hier nur halb so heruntergekommen aussah, wie in so manchen Plattenbauten in der Innenstadt. Aber weshalb eine Schule? Vielleicht, weil man hier einfach die Möglichkeit hatte, sich zu verirren? Oder weil sie keine alte, schmutzige Lagerhalle gefunden hatten?

Mir blieb kaum Zeit zu spekulieren, da wir nach einbiegen in einen anliegenden Flur schon an einer Treppe angekommen waren, von der der Kleine wohl erwartete, dass ich sie bezwänge und mich auch nicht sonderlich barmharzig immer wieder anstieß, damit ich entweder schneller herunterhumpeln würde oder gar das Gleichgewicht verlieren und stürzen würde.
 

„Hör auf zu trödeln, ich hatte nicht vor, bis zum Frühling zu warten, bis du da unten bist.“ - „Halt die Klappe, ich bin ja wohl nicht Schuld daran, dass du mir das Bein aufgeschlitzt hast.“ Die Letzten Stufen bezwungen wandte mich der Blonde auf seiner höheren Position zu sich um und knurrte: „Sei nur froh, dass ich nur dein Bein aufgeschlitzt habe! Ich könnte dir gut und gern auch deine Zunge rausreißen, wenn du weiter so frech bist!“

Er trat mir gegen den Brustkorb, was mir die Bekanntschaft mit dem Boden und kurze Schweratmigkeit einbrachte.

Danach schritt er wieder an meine Seite, hockte sich abermals hin, lächelte und strich mir erst ‚zärtlich’ über die Stirn, ehe er einen ganzen Büschel meiner Haare fest umschlang und meinen Kopf mit einem Mal hinaufzog.

Ich wollte ihn erst anschreien, gönnte ihm diesen Sieg dann aber doch nicht und erhob mich mehr oder minder einfach.

Für diese Misshandlung würde er schon noch bezahlen!
 

Der brachte mich in einen Raum mit drei weiteren Zimmern. Zwei Türen waren schon verschlossen, eine Dritte stand offen. Dies sollte dann wohl mein Gefängnis werden. Doch für wie lange?
 

Wortlos hatte er mich hier eingeschlossen und war erst im Licht, dann in der Dunkelheit verschwunden.

Ich war allein.

Allein in diesem muffigen Kerker.

Aber wenigstens war dieser andere, ekelhafte Geruch verschwunden.

Hier konnte ich ausharren. Solange, bis sie den Spaß am festhalten von Unschuldigen verlieren würden.
 

Ich wandte mich um, um mir ein Bild von meiner neuen Herberge machen zu können, wischte mir dabei ein wenig Speichel, welchen ich zuvor verloren hatte, von der Wange.

Das Kämmerchen dagegen war feucht, winzig und auch nur sehr spärlich eingerichtet – und zwar nur mit einem Stuhl. Kurz unter der Decke war ein Fenster angebracht, kaum einen halben lang und nur wenige Zentimeter hoch. Gerade so fanden wenige Lichtstrahlen ihren Weg durch das Glas hindurch an diesen dunklen Ort, dafür umso mehr Kälte.

Ich konnte froh sein, dass es diesen Winter noch nicht geschneit hatte.
 

Mich meinem Schicksal ergebend, beschloss ich, mich erstmal von dieser Tortur auszuruhen, setzte mich also auf den nassen Boden, lehnte mich an der hinter mir liegenden Wand und trat mit meinem noch gesunden Bein den Stuhl vor mir weg.

Allein in einem Gebäude mit Irren.

Wieder so ein nettes Geschenk des Lebens. Ich wusste schon, warum ich Diesem eher pessimistisch gegenüberstand – es hatte schließlich nie etwas Gutes für mich übrig.

Tze...Sein Schicksal musste man schon selbst in die Hand nehmen.

Daher würde ich wohl versuchen, meinen nächsten Besucher zu überwältigen, um flüchten zu können, denn ich musste noch Kyo suchen…Was sie wohl mit ihm angestellt haben? Hoffentlich nichts, was seinem Zustand noch weiter schaden würde…

Ich blickte zur Decke hinauf, wurde durch einen Topfen aufmerksam, dessen taktvollen Nachfolgern ich zu lauschen begann.

Dieser Rhythmus…

Er war so beruhigend…

So einschläfernd…

Ich hatte bisher noch gar nicht mitbekommen, wie müde ich eigentlich geworden war. Ein Schläfchen konnte man mir ja nun wirklich nicht verübeln, oder?

Besonders nicht, wenn ich eh einsam zu sein schien.

Einfach die Augen schließen…

Und alles um mich herum erstmal vergessen.
 


 

~*~
 


 

Aus meinem Schlaf, welcher tiefer als Gedacht war, wurde ich unfein gerissen; von einem gequälten Aufschrei geweckt.

Von einem Schrei, den ich nur zu gut kannte…Und dessen Quelle kam direkt auf der Zelle neben an!

Ich sprang auf, schluckte den Schmerz in meinem Körper herunter, stürmte als erstes zur Tür.

Doch ich konnte sie nicht öffnen.

Na klar, dieser Psycho hatte sie ja abgeschlossen!

Verzweifelt rüttelte ich in der Dunkelheit an der Türklinke, hämmerte mit bloßen Fäusten gegen das alte, splittrige Holz, doch es gab nicht nach.

Für eine Sekunde überlegte ich, sie einzutreten, doch dies schien mir zu schmerzhaft zu werden und würde mich nur wieder in irgendeine schlechte Angelegenheit verwickeln…Aber irgendwie musste ich doch hier herauskommen!

Erst jetzt, wie ich so ängstlich einen Ausweg suchte, fiel mein Blick auf die vergitterte Öffnung direkt in der Wand. Sie war auf beiden Seiten und erlaubte mir, in die jeweiligen Räume zu sehen. Mein nächster Schritt ging also zu eben dieser Öffnung zu der Kammer, in der ich meinen Blonden vermutete.

Ich umklammerte mit meinen von Schmerz pulsierenden Händen die eiskalten Stangen, holte Luft, um die Schänder von Nebenan an zu keifen, doch erstickte mein Wille.
 

Ein weiterer Schrei.
 

„Du sollst doch still sein, sonst bekommst du dein kleines Heiligtum nie wieder~!“

Mao.

Umringt von Vier anderen Personen, die Taschenlampen in ihren Händen hielten, zwei davon kamen mir bekannt vor, auch wenn ich sie nicht wirklich beachten wollte, denn…

Wen sie nebst dem kranken Geschöpf dort umringten…War Kyo!

Sie standen einfach da, während ihr Anführer immer und immer wieder auf den Blonden eintrat!
 

„Hört auf!“
 

War das meine Stimme, die so schrill durch die alten Gemäuer drang? Ich wollte an den Gittern rütteln, bemerkte jedoch, dass auch diese sich nicht bewegten…Ich konnte nichts tun! Warum konnte ich nichts tun?! Tränen trübten meine Sicht.
 

Bitte, sag mir doch Jemand, dass dies hier nur ein schlechter Traum ist!
 

Doch sollte mein Flehen nicht erhört werden.

Ich war hier eingesperrt.

Kyo war hier eingesperrt.

Niemand würde uns hören.

Man hatte uns unserer Freiheit beraubt…Dies war kein Streich oder ein Theater! Dies war real!
 

Kyo spuckte etwas aus, was ich für Speichel halten wollte.

Er krümmte sich im Dreck, er wimmerte vor Schmerzen. Und die Anderen…Starrten mich an.

„Aufhören? Wieso denn?“, Maos Stimme durchdrang meine Fassungslosigkeit, ritt mich jedoch nur in einen tieferen Zustand des Seelenschmerzes, indem er zu dem kleinen Fenster, an welchem ich stand, herantrat und mir ‚sanft’ die Tränen von den Wangen strich.
 

„Wieso sollte ich aufhören, meine Revanche auszukosten?“

Einer aus der Gruppe näherte sich uns etwas, blieb aber noch weit genug von uns entfernt. „Boss, soll ich ihn zum Schweigen bringen?“
 

„Nein.“
 

Wollte er sich etwa wieder selbst um mich kümmern? Ich bemerkte wie sich meine Augen bei diesem ‚Vorschlag’ weiteten. Wenn ja, dann würde er Kyo in Ruhe lassen! „Warum nicht?“, mein gesamter Mut steckte in dieser Frage, mit welcher ich hoffte, den Fremdling vor den Kopf gestoßen und mein Blut geleckt haben zu lassen. Anfangs hatte dies auch so ausgesehen, da er mich nur musterte und zu überlegen schien.
 

Bitte, lass ihn anbeißen!

Es ist mir egal, ob er mich zerstört, nur lass ihn anbeißen!

Bitte, Gott, oh bitte!
 

Als er sich von dem Fenster entfernte, konnte ich mir nicht verkneifen, zu lächeln.
 

Es hatte funktioniert!
 

Es hatte funktioniert!!
 

Er öffnete die Tür mit einer drehenden Bewegung um seine eigene Achse, hielt sie dann jedoch nur offen und deutete seinen Freunden zu gehen. Ich war mich sicher, dass er wohl als Letzter den Raum verlassen und sich dann mir widmen würde. Doch als der Letzte, ohne ihn, durch den Türrahmen geschritten war, ließ er die Tür zufallen, visierte wieder dieses kleine, kümmerliche Stück Elend am Boden an, zog es an den Haaren auf die Knie und blickte wieder in meine Richtung. Jedenfalls sah es so aus.
 

„Weil du die Show genießen sollst!“
 

Mein Lächeln brach, ebenso wie meine Hoffnung.
 

Ich weiß nicht, ob es einfach nur ein Schutzreflex gewesen war, aber meine Ohren waren taub geworden. Wie in Zeitlupe kam es mir vor, als ich zusah, wie Mao begann seinen Gürtel samt Hose zu öffnen, sich abzustreifen, Kyo wieder um zu stoßen, nur um dann dasselbe mit seiner Hose zu tun.
 

Ich kann nichts mehr sehen, bemerke jedoch, wie sich diese Bilder in mein Gedächtnis einbrennen.

Meine Gefühle scheinen verschwunden; in meiner Brust zerreist etwas.

Ich halte mir die Ohren zu; Ich will deine Stimme jetzt nicht hören!

So samtig weiß schienen deine Lenden in dem fahlen Licht des Mondes, welchen wir heute Nacht nicht sehen werden.
 

„In die Knie! Und nun winsele um Gnade!“
 

Ich konnte nur zusehen, wie er sich über dich beugt, mit einem schmutzigen Grinsen auf den vergifteten Lippen, mit welchen er dein trübes Haar liebkost, um dich dann an sich zu drücken und…

Um dich zu brechen.
 

Er brach in dich ein.

Zerbrach dich.

Brach dich wieder und wieder; hörte nicht auf.

Er tat es so leidenschaftlich. So laut!

Dieses Schwein…
 

Und ich brach zusammen, verlor den Verstand; verschluckt von der Eiseskälte und Dunkelheit dieser Nacht.

Deine Schreie in meinen Ohren; die Worte von damals:
 

„Ich liebe dich…!!“
 

Aus.
 


 

~*~
 


 

[Kyos Traum]
 


 

Mama, Mama, bin ich ein böser Junge?

Ist er deswegen so gemein zu mir?

Mama, Mama, soll ich mich wehren?

Wird er dann aufhören?

Mama, Mama, warum weinst du denn?

Habe ich dich verletzt?

Ich will doch ein guter Junge sein!
 

„Ertrag es wie ein Mann.“ - „Ja…“
 

Mama, Mama, ich war heute bei ihm!

Aber es hat so wehgetan!

Mama, Mama, ich werde morgen wieder zu ihm gehen!

Er sagt, dass der Schmerz bald nachlässt!

Mama, Mama, er hat gesagt, dass ich immer wieder kommen kann!

Er mag mich, denn ich habe ein hübsches Gesicht!
 

„Kann ich jetzt aufhören?“ - „Nein!“
 

Mama, Mama, er will immer mehr!

Es tut so weh!

Mama, Mama, warum muss ich weiter machen?

Es tut so weh!

Mama, Mama, ich bin ganz artig!

Aber es tut so weh…
 

„Bist du stolz auf mich? Liebst du mich? Ich möchte doch nur umarmt werden!“ - „Verschwinde.“
 

Mama, Mama, heute hat es kaum wehgetan!

Ich bin so glücklich!

Mama, Mama, nachher will er mich wieder sehen!

Ich bin so glücklich!

Mama, Mama, er liegt auf einmal ganz still!

Bin ich jetzt erlöst?
 

„Das ist also das Ende, huh?“
 


 

~ Zweiter Tag – Nacht. ~
 


 

[Kaorus Perspektive]
 


 

Bilder in meinem Kopf – Ich werde sie nicht los.

Meine Beine eng an mich gezogen, harre ich noch immer an ein und demselben Fleck aus. Ich kann mich nicht fortbewegen, meine Glieder sind wie eingefroren.

Mir ist schlecht. Seit letzter Nacht…

Ich vergrabe meinen Kopf unter meinen Armen.

Er kam immer wieder.

Stündlich. Halbstündlich. Ich weiß es nicht…

Immer drang er in dich ein. Immer tat er dir so weh. Immer brach es mir das Herz, nichts dagegen tun zu können.

Mir hat er nichts angetan. Gelegentlich hatte er nach seiner Schandtat nach mir gesehen, mich ausgelacht. Mich und meine schmerzlichen Gefühle zu dir. Ich spürte außer dem nichts.

Kein Hunger, keine Müdigkeit, keine Freude, Hoffnung oder Erleichterung.

Nur diesen Schmerz und die Kälte.
 

Warum?

Warum taten Menschen so etwas?

Warum freute er sich so sehr über das, was er tat?

Warum wehrtest du dich nicht?

Warum hörte er nicht auf?

Warum?

Warum…
 

Ich verliere dich.

Jedes Mal ein Stückchen mehr, wenn er kommt.

Ich kann nicht sprechen, nicht schreien, nicht einmal mehr weinen. Ich will es nicht hören. Nicht deine Stimme hören. Nicht hören, wie er sich mit dir befriedigt. Nicht hören, wie er dich schlägt und dich verletzt.

Wie viel Blut du wohl schon verloren hast? Du musst doch schon ganz wund sein…

Warum sagst du denn nichts?

Du weinst nur…

Hör doch auf damit, es macht ihm nur noch mehr Spaß, wenn du weinst, verstehst du das denn nicht?

Ich will dich ja trösten, aber ich kann es nicht…Ich komme hier nicht raus!

Bin ich zu schwach, um dich zu beschützen? Hätte ich es verhindern können?

Es tut mir leid, Kyo…
 

Ich…

Du…
 

Vermisst uns denn Keiner? Sucht denn keiner nach uns?

Hallo, wir sind hier!

Hallo, wir brauchen Hilfe…!

Hallo, uns gibt es doch auch noch!

Hallo…

Auf Wiedersehen.
 


 

~ Dritter Tag – Morgengrauen ~
 


 

Er kam diese Nacht nicht mehr, hat er etwa den Spaß an dir verloren?

Wenn ja, zum Glück.

Die Sonnenstrahlen blenden mich.

War das Licht immer schon so hell gewesen?

Wie ein junges Tier erhebe ich mich unbeholfen; meine Knochen geben Laute von sich, durchdringen die unendliche Stille, die an diesem Ort herrscht. Doch wenn es die Sonne noch gibt, dann läuft die Zeit weiter.

Werden wir nicht für immer hier gefangen bleiben müssen?

Ein merkwürdiges Gefühl macht sich in meiner Brust breit; setzt sie in Brand; lässt mich umdrehen.

Ich will dich sehen, Kyo, und zwar jetzt, doch verschwindet meine Sicht wieder mit den Tränen.

Ich schlucke sie zusammen mit der Blockade, die mir das Sprechen nimmt, herunter, umfasste wieder die unbarmherzigen Gitterstangen, versuche, dich in diesem Raum zu finden.
 

„Kyo…?“
 

Meine eigene Stimme, wie ich sie mir einbilde, kommt mir schon so fremd vor.

Doch ich brauche sie. Für dich.

Ich merkte gar nicht, wie sich mein Kopf fast von selbst an das kalte Eisen gelehnt hatte, um irgendwie besser suchen zu können.

Und ich fand dich. Oder eher deine Hülle.

Wie eine Puppe lagst du in der Mitte deines Käfigs; dein Narbenübersäter und blutender Oberkörper vollkommen entblößt und zerkratzt; die Hose nur noch halbherzig über der Hüfte liegend – offen.

Allein das Heben und Senken deines Brustkorbes sagte mir, dass du noch am Leben hängst.

Wie gern ich dich jetzt in den Arm genommen hätte…!

Doch du antwortetest mir nicht einmal.
 

„Kyo!“, ich rief nur leise deinen Namen, um Niemanden weiter aufmerksam auf uns zu machen; um dich zu schonen. Würde dich meine Stimme dennoch erreichen? Ich zweifelte.

Doch da!

Ein Zeichen!

Auch, wenn es nur ein angestrengtes Schnaufen gewesen war, ich bildete mir ein, dass ich es verursacht hatte.

Du hattest mich doch gehört, nicht wahr? Das hast du, oder?

Dein Kopf rollte zur anderen Seite, dein Körper folgte ihm. Als würdest du dich einfach in einem harmlosen Schlaf umdrehen, nicht in diesem schimmligen Loch.

Doch im Schlaf würdest du nicht schluchzen, oder?

Nein…Das würdest du nicht. Du wolltest nur nicht, dass man dich so sah, deswegen drehtest du dich von mir fort.

Zwar hangst du noch am Leben, doch hatte sich dieses dir schon wie ein Strick um den Hals gelegt…

Wie lange würdest du es wohl noch aushalten?

Diese Qualen…
 

Ich wende mich um, lehnte mich an die Wand und streiche mir über meinen zerzausten Bart.

„Guten Morgen…“
 


 

~ Dritter Tag – Vorabend. ~
 


 

Schritte. Schon wieder.

Sie jagten mir einen Schauer über den Rücken, denn immer, wenn die Schritte im selben, fröhlichen Takt die Treppen hinuntertapsten, war klar, wer kommen würde. Und welch perverses Vergnügen er bei seiner Vorstellung haben würde.

Für ihn war dies alles nur ein Spiel.

Nichts Reales, nichts Greifbares.

Nichts, was ein Leben zerpflücken könnte.

Und eben diese Leichtfüßigkeit brachte das Blut in mir zum kochen und spannte meine Sehnen bis zum zerreißen.
 

Wenn ich ehrlich bin, wollte ich jene Schreie schon gar nicht mehr wahrnehmen, hörte ich sie doch schon längst in meinen Träumen wieder und wieder hallen. Nur einen Augenblick lang taub sein – oder für ewig, sollte dieser Alptraum noch weiter gehen.

Ich drückte meinen Kopf gegen die Zellenwand, hielt den Atem mit geschlossenen Augen an und wartete ab. Erwartete einen dämlichen Kommentar unseres Peinigers; ein Lachen über das Leid, welches er dir zufügte – doch sollte dieses Erwarten scheitern.

Nur ein metallener Klang, wie wenn man zwei Messer aneinander reibt, und ein leichtes ‚klacken’ füllte die Stille.

Keinerlei Stimmen.
 

Geistesabwesend hatte ich mitbekommen, wie er diesen Raum wieder verlassen hatte - anscheinend unberührt – mich dennoch nicht bewegt, hatte nur einmal aus und eingeatmet, hielt nun wieder den Sauerstoff in meiner Lunge.

Ich fühlte mich schon gar nicht mehr in meinem Körper, driftete in eine gänzlich andere Welt ab, konnte spüren, wie sich die Hülle aufzulösen versuchte…
 

Irrtum!
 

Ein Krächzten zog mich aus dieser Illusion, aus diesem Zustand der Selbstaufgabe. Ich erhob mich sprunghaft, stürzte zu dem verfluchten Fenster, umfasste die Stangen mit unwirklichen Händen, versuchte in der Dämmerung die einzige Person zu erkennen, die ich in diesem Moment ersehnte. Es fiel mir schwer, überhaupt etwas zuerkennen, konnte mich nur an der eingebildeten Silhouette orientieren, die an Handgelenken an der Wand angekettet zu sein schien. Ein bleicher Körper…
 

„K…“, Die Worte verloren sich in meiner Kehle, meine Beine verloren den Halt – ich fiel auf die Knie, drückte meinen Kopf gegen die kalte Wand, brach in Tränen aus.
 

Ich war ein Versager!

Ein von Gott verdammter Versager…!

Nicht mehr und nicht weniger…

Verdammt dazu, immer die Menschen zu verlieren, die mir wichtig sind.

Verdammt dazu, immer die Menschen zu verletzen, die mir wichtig sind…
 

Damals wie heute.
 

Ich hasse diese Stille.

Ich hasse diese Einsamkeit.
 

Wohin ist deine sich verletzende Stimme hin verschwunden?
 


 

„Lass Erschöpfung über mich kommen,

ich liege auf dem Boden --
 

Die Sicht von hier war so unerwartet neu für mich…

Daher greife ich nach dem Dreck --
 

Zum Ersten Mal wurde ich Jemand…!

Alles was ich will...

Ist schlafen zu gehen…!
 

Wann werden Flügel auf den sich bewegenden Reiskörnern wachsen?“
 


 

Flügel?
 

Flügel.
 

Flügel…
 

~
 


 

~ Vierter Tag – Sonnenaufgang ~
 


 

Ich habe keine Ahnung, welcher Engel sich unser erbarmt haben muss, vielleicht war er ja auch nur schlichtweg von seinem unsterblichen Dasein gelangweilt oder würde später noch seine ‚Gute Tat’ durch welche Bezahlung auch immer zurückfordern, aber welche Bezahlung wäre grausamer als das, was wir hier durchmachen müssen…

Des Morgens wurde ich von dem dumpfen Klappern der Riegel meines Türschlosses und das vertraute Geräusch von aneinander reibenden Metallstücken geweckt, jedoch erklang diese Komposition an Freiheitsverheißenden Melodien nicht nur einmal, sondern zweimal. Vor mir und kaum einen Meter links von mir. Direkt von Kyos Zelle.

Mit dem Knacken sämtlicher Gelenke meines Körpers erhob ich mich von meinem ‚Schlafplatz’, spürte, wie sich mein Herzschlag zu beschleunigen; zu überschlagen begann, als ich auf meine Tür zuhumpelte, sie erst schwach, dann schwungvoll aufstieß und wie ein scheues Tier in die Finsternis starrte.
 

Waren meine Augen überhaupt offen?

War ich nun wirklich so wahnsinnig geworden, dass ich mir solch reale Halluzinationen vorstellen und durchleben konnte?

Traum oder Realität?

Konnte das hier überhaupt wahr sein?

Wer von diesen kranken Irren-

Hör auf zu denken, Kaoru!
 

Ich überschritt die unsichtbare Grenze des Gefängnisses, spürte, wie sich Ketten zu lösen begannen, Adrenalin durch meine Adern schoss. Von selbst schritten meine gefühlslosen Beine weiter, in deine Richtung; meine kalten Hände griffen die Türkante, zogen sie in meine Richtung, während ich schon den Raum betrat; meine eingeschränkte Sicht an deinem zierlichen Körper klebend.

Du lagst mir zu Füßen – irgendwer hatte dich von den Handschellen an der Wand losgemacht und sich dann nicht weiter um dich gekümmert – Gott sei dank!

Wie du rücklings dort lagst, den Kopf zur Seite abgewandt konnte ich nicht einmal erahnen, ob du noch atmetest, da ich nicht darauf achtete, ob du Laute von dir gabst, oder eine Bewegung deines Oberkörpers erfolgte – Nur um aus dem Traum eine Realität zu schaffen berührte ich erst mit zitternder, ängstlicher Hand deine Schulter, fasste sie dann fester, schob meine Hände letztendlich unter deinen Körper, um Hüfte und deine mir am weitesten entfernte Schulter zu umklammern, an mich zu ziehen und hoch zu heben.

Sicherlich warst du schon immer sehr leicht gewesen, dennoch wunderte ich mich, woher ich die Kraft hatte, dich nicht nur anzuheben, sondern im Folgenden auch noch die Treppen zu erklimmen, durch das noch nur spärlich erhellte ‚Schulgebäude’ zu laufen, bis wir es verließen und ich schon das schrille Signalgeräusch einer ganz bestimmten Wagenart hören konnte.
 

Ein Krankenwagen!

Der Engel, welcher uns aus der Hölle geholt hatte, hatte uns sogar einen Arzt geschickt!
 

Als der Wagen anhielt, lief ich noch auf das selbst in der Dunkelheit weiß-rot leuchtende Fahrzeug zu, wurde jedoch irgendwann immer langsamer, stoppte und ging auf halber Strecke in die Knie und starrte dich an; eine deiner blutig-bleichen Hände lag auf Meiner an deiner Schulter. Ich wusste nicht genau, ob ich mich freuen, oder weinen sollte, ich wusste gar nichts in diesem Augenblick. Alles, was mir klar wurde war; dass wir es geschafft hatten. Wir hatten es endgültig geschafft. Du würdest leben! Und selbst mein Wunsch würde in Erfüllung gehen:
 

Du würdest mich wieder hassen können…!

Ich könnte dein Gesicht wieder sehen; deiner Stimme lauschen, die meinem Herzen einen Stich versetzt; deine spezielle Gestik beobachten…

Könnte ich dir auch näher sein als zuvor?
 

„Kyo…“
 

Ich drückte deinen schweren Kopf an meine Brust, hielt dich fest in meinen Armen.
 

„...Mein Kyo…“
 

Sanitäter hockten vor uns, redeten ernst auf mich ein, doch konnte ich ihre Stimmen nicht vernehmen. Sie schienen nur Lippenbewegungen zu machen; Lippenbewegungen auf einem in Zeitlupe abgespielten Band. Sie würden uns mitnehmen, uns versorgen – dich an erster Stelle. Sie würden unseren Eltern bescheid sagen…

Wir würden Leben.
 


 


 

[An diesem jungen Wintermorgen spürte ich deine eiskalte Hand das erste Mal auf Meiner. Ich war mir so sicher wie noch nie, dass ich sie nicht wieder loslassen wollte.]
 


 

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So, es ist geschafft!
 

Jetzt will ich mich für folgende Dinge entschuldigen:
 

1. Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat!

2. Tut mir leid, dass es alles andere als gut geschrieben ist, gegen Ende wollte ich es einfach nur noch fertig bekommen.
 

Okay, soviel dazu. :D Die nächsten Kapitel werden mit Sicherheit weniger Zeit in Anspruch nehmen und eventuell bedeutend kitschiger sein, stellt euch also schon mal einen Eimer unter den Computer, es könnte tropfen!
 

Und ein letztes, ernstes Wort:

Ich bin kein religiöser Mensch, dennoch bete ich fast jeden Tag dafür, dass Kyo seine Krankheit überstehen wird; dass ganz DIR EN GREY das überstehen wird.
 

[DUM SPIRO SPERO]
 

Nagi. *^*



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  TatsueLi
2012-04-30T16:34:54+00:00 30.04.2012 18:34
nur zwei Worte
Endlich!!
und
FUCK Ö_Ö
ich stimme -aftermath- zu, das Kapitel ist wirklich krank..
aber dennoch gut
ich mag es auch
aber Kyo und Kao tun mir leid.. ;_;

hoffentlich kommt bald das neue Kapitel ich will wissen wie es weiter geht >.<
mach weiter so~
LG ^^
Von:  -aftermath-
2012-04-30T15:54:14+00:00 30.04.2012 17:54
Endlich ein neues Kapitel. *_*
Und omg..
Es ist irgendwie krank, aber ich mag es.
Und ich hoffe, dass das neue Kapitel bald kommt.
Ich mag weiter lesen!


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