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Das Vermächtnis des Kain

Vergessene Magie
von

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Vollmondfinsternis

07. Vollmondfinsternis

„Leute, es geht los!“

Remus riss die Augen auf.

Cale ließ Sirius zu Boden fallen und nahm die Beine in die Hand, um möglichst viel Abstand zwischen sich und den Menschen zu bringen. Harry hatte sich im Nu verwandelt und stürzte sich auf Remus, der bereits einen Fluch auf den Lippen hatte. Der große, schwarze Löwe warf den Zauberer zu Boden, der vor Schmerzen aufschrie. Der Laut holte Sirius aus seiner Erstarrung und er sah sich gehetzt um. Beim Lagerfeuer war das erste Wolfsgeheul zu hören. Dutzende von pelzigen Schnauzen wandten sich in blanker Mordgier in ihre Richtung.

Sirius brauchte in seinem vom Alkohol umnebelten Zustand drei Anläufe, um sich zu verwandeln, doch er schaffte es, bevor sich der erste Wolf auf ihn stürzte.

Auch Remus begann sich zu verändern. Harry versuchte verzweifelt, den um sich schlagenden Mann mit seinen Pranken festzuhalten, ohne ihn zu verletzen. Aber der Zauberer wand sich unter den Schmerzen der Verwandlung, seine Glieder schrumpften, wurden dürr und knöchrig und Fell spross aus seinem Gesicht. Harry hatte noch nie einen verwandelten Werwolf aus solcher Nähe gesehen und er war merkwürdig fasziniert.

Hinter ihm jaulte Sirius auf, als sich zwei Werwölfe gemeinsam auf ihn stürzten. Harry ließ von dem jetzt vollständig verwandelten Remus ab und eilte seinem Paten zur Hilfe. Die knurrende, um sich schlagende und beißende Meute war kaum aufzuhalten. Es war eine so dumme Idee gewesen, hierher zu kommen. Sie hatten gedacht, dass sie in ihrer Animagusform einfach mit den Werwölfen rennen könnten, so wie die Rumtreiber damals mit Remus. Aber Remus war ein Freund von Sirius und James und Peter gewesen, er hatte sich bei ihnen kontrollieren können, hatte aufgepasst. Diese Werwölfe kannten sie nicht. Sie sahen in dem großen Hund und dem schwarzen Löwen nur eins: Beute.

Es war ein Todeskampf. Harry zog sich mehrere Hiebe zu, Krallen zerfetzten seinen Rücken und geifernde Mäuler verbissen sich in seinen Flanken. Schmerz explodierte überall an seinem Körper, aber er biss zurück, er kratzte und schlug um sich und dann schleifte er den halbtoten Tatze mit sich und baute sich schützend vor ihm auf. Die Wölfe heulten und knurrten und schlichen um die zähe Katze herum. Harry fauchte und sträubte die Nackenhaare.

Da sprang wieder einer von ihnen auf ihn zu. Harry stürzte sich auf den Wolf und ging ihm an die Kehle. Blut spritzte umher. Der Wolf jaulte und zog den Schwanz ein, aber die anderen schlichen immer noch unschlüssig um ihn herum.

Da tat Harry ganz instinktiv das einzig Richtige. Er brüllte. Riesig weit riss er sein Maul auf, entblößte sein grausiges Gebiss und und schrie, die Wölfe sollten sich verziehen. Aber statt einem Schrei kam ein lautes Löwengebrüll aus seinem Maul, fegte über die Wölfe hinweg und ließ die Bäume erzittern.

Und die Werwölfe jaulten auf und zogen den Schwanz ein. Einige rannten sofort davon, andere blieben noch kurz, sahen in Harrys wütende grüne Augen und entschieden dann, dass sich ein Kampf nicht lohnte.

Müde trottete Harry zu seinem Paten zurück. Sanft packte er den Hund mit seinen Zähnen am Nackenfell und begann, ihn fort zu schleifen, hinter die Schutzwälle des Hauptquartiers.
 

*
 

„Autsch!“

Harry zuckte zusammen, als Gomora mit der Watte über seine Wunde tupfte. Eine riesige Fleischwunde an seinem Oberschenkel. Es war ihm nicht nur unangenehm, nur in Unterhosen vor ihr zu sitzen, die Behandlung war auch nicht gerade schmerzfrei.

„Jetzt stell dich nicht so an!“, meckerte die Veela und strich eine Heilsalbe auf die gesäuberte Wunde, bevor sie sich der nächsten in seinem Nacken zu wandte. „Ist deine eigene Schuld. Rennt zu Vollmond mit den Werwölfen rum, gibt’s denn sowas!“

Harry erschauderte.

„Wir ssssind aber auch dran schuld“, flüsterte Sodom elendig. Er und seine Schwester lagen zusammengerollt unter Harrys Liege. „Wir hätten dich doch begleiten sssollen.“

„Unsinn. Das wäre auch für euch gefährlich geworden und helfen hättet ihr nur können, wenn ihr jemanden gebissen hättet. Der wäre dann aber gestorben, also ist es ganz gut, dass ihr nicht da wart“, beschwichtigte er seine Haustiere.

„Trotzdem. Wir sssind doch deine Beschützer“, meinte Sodom. „Tut uns leid.“

Gomora behandelte gerade ein paar Kratzspuren, die sich perfekt in die Lücken zwischen seinen Rippen einfügten.

„Jetzt halt endlich still!“, fuhr sie ihn an.

Aber Harry war viel zu unruhig. „Wie geht es denn nun Sirius?“, fragte er zum ungefähr hundersten Mal.

„Du hast ihn rechtzeitig hergebracht, die kümmern sich schon um ihn.“

„Ich will zu-“

„Erst, wenn ich mit dir fertig bin, junger Mann! Also halt gefälligst still.“

Sich widerwillig ergebend ließ sich Harry weiter verarzten und versuchte, nicht auf den Schmerz zu achten. Er wollte endlich zu Sirius!

„Habe ich schon erwähnt, dass du ein verdammtes Glück gehabt hast?“, fragte die Veela, während sie sich um seinen halb zerfleischten Knöchel kümmerte. Harry war froh, dass Gomora ihm ein Schmerzmittel gegeben hatte. Im Kampf hatte das Adrenalin verhindert, dass er seine bösen Verletzungen allzu sehr spürte, jetzt tat dies die Droge.

„Wann bitte soll ich heute Nacht Glück gehabt haben?“, fragte er durch und durch unglücklich.

„Du bist ein Vampir. Vampire sind immun gegen den Werwolfbiss. Deine Wunden werden schnell heilen. Diese Nacht hätte dir sonst eine lebenslange Mitgliedschaft im Jabal-Clan beschert.“ Und etwas leiser murmelte sie: „Dein Pate hatte nicht so viel Glück.“

„Wie bitte!?“ Harry fuhr auf und sah die Veela entsetzt an. „Was soll das heißen?“

„Ach komm, du hast es doch gesehen“, antwortete sie. „Du warst doch dabei, als sie ihn beinahe totgebissen haben.“

„Ja, aber... Das heißt doch nicht...“

„Tut mir Leid, Harry. Der Werwolfbiss ist nicht giftig, er ist einfach nur... magisch. Dagegen gibt es kein Heilmittel. Black ist jetzt einer von denen.“

Stumm vor Schreck starrte Harry sie an. „Aber, das ist doch... Das kann doch nicht...“ Nur ganz langsam sickerte die Erkenntnis zu ihm durch. Sirius war ein Werwolf! Seinetwegen! Hätte Harry nicht diese unglaublich dumme Idee gehabt, zu der Vollmondfinsternis zu gehen, wäre das doch nie passiert!

„Ich muss zu ihm“, sagte er dumpf. „Sofort.“

„Du bist ja nicht mehr ganz dicht. Ich hab dir doch gesagt-“

Aber Harry hörte nicht mehr, was Gomora sagte. Mit einem Satz sprang er von der Liege und stürmte aus dem Raum. Die Veela rief ihm wütend hinterher und selbst die Schlangen zischten verärgert, weil er sie zurückließ, aber das kümmerte ihn gar nicht.

Harry rannte aus dem Krankenzimmer hinaus und fand sich in einem Flur wieder. Er hielt den nächsten Vampir an, der den Korridor entlang kam und ziemlich dämlich ausschaute, als er Harry in Unterhosen sah. Aber er wies ihm den Weg zu Sirius' Zimmer und Harry rannte los.

Als er die Tür öffnete, sah er seinen Paten auf einer Bahre liegen, seiner ganz ähnlich. Am ganzen Körper hatte er entweder Verbände, dicke, olivgrüne Paste oder noch offene Fleischwunden. Am Kopfende der Liege stand Cale, der gerade ein Tuch in einer kleinen Schüssel auswusch. Das Wasser darin war bereits blutrot verfärbt. Harry war froh, dass er zur Stärkung bereits einen halben Liter Blut mit zwei weiteren Tropfen von seinen Schlangen getrunken hatte, sonst hätte er den Geruch sicher nicht ausgehalten.

Cale sah fast so grässlich aus wie Sirius. Er war nicht verwundet, hatte aber tiefe Ringe unter den Augen, seine Kleidung war zerrissen und kleine Blätter und Zweige hingen in seinem Haar. Er musste erst vor kurzem aus dem Wald zurückgekommen sein, die Sonne war noch nicht lange aufgegangen.

„Harry!“, rief Sirius aus und wollte sich aufsetzen, aber Cale drückte ihn sanft zurück auf die Liege.

„Wie geht’s dir? Gut genug um der Welt deinen Körper darzubieten oder willst du schwimmen gehen?“

„Lass den Mist!“, fuhr Harry ihn wider Willen zornig an. „Du kannst doch keine Witze reißen, wenn... Wenn du so schwer verwundet bist. Und das ist nur meine Schuld!“

Sirius' Lächeln verschwand tatsächlich. Er winkte kurz, damit Cale zur Seite trat und dann sah er seinen Patensohn sehr ernst an.

„Harry, dich mit einem Rudel Werwölfe anzulegen und mich im wahrste Sinne des Wortes aus ihren Klauen zu befreien war... war das Mutigste, was ich je gesehen habe, einschließlich aller Heldentaten, die dein Vater vollbracht hat. Ich verdanke dir mein Leben und ich bin verdammt stolz auf dich. Also sag um Himmels Willen nie wieder, dass du an irgendetwas Schuld bist, was heute Nacht passiert ist!“

„Aber du wurdest doch gebissen!“, protestierte Harry. „Wie kannst du das so locker sehen?“

Sirius zuckte mit den Schultern. „Da sind wir jetzt quitt, hm? Ich mach dich zum Vampir, du mich zum Werwolf. Jetzt bin endlich wieder mit dir auf einer Wellenlänge.“ Sein Grinsen schrumpfte langsam wieder zu einem sanften Lächeln zusammen. „Nein, wirklich, Harry. Mach dir keine Sorgen. Mir geht’s gut. Besser als jemals zuvor, wenn ich es genau bedenke. Ich fühle mich... frei. Heute Nacht hab ich dir mit einer Menge Unsinn die Ohren vollgeheult und dann war da auch noch Remus und mir ging's echt dreckig. Aber es fühlt sich an, als könnte ich hierdurch ein wenig von meiner Schuld zurückzahlen. Als wäre ich dadurch Remus näher. Als wäre ich dir näher. Jetzt werde ich wirklich im Zwielicht akzeptiert.

Selbst wenn die Menschen irgendwann erfahren, dass ich unschuldig in Askaban war, hätten sie in mir trotzdem immer einen dunklen Zauberer gesehen. Wegen dieser Geschichte, wegen meiner Familie, wegen allem. Jetzt haben sie wenigstens einen Grund dafür.“

„Trotzdem! Du wirst nicht mehr so lange leben, wie andere Menschen, du wirst jeden Vollmond große Schmerzen haben...“ Harry konnte nicht fassen, dass sein Pate mit seinem Los zufrieden war, dass es ihm nichts ausmachte. Nein, dass er es so gut vor ihm verstecken konnte, um ihm die Schuld zu nehmen.

„Das ist kein Problem“, meinte Sirius, „denn genau wie Remus hab ich ja Freunde, die mit mir rennen werden.“ Zu Harrys Überraschung zwinkerte er dabei Cale zu. Auf Harrys fragenden Blick hin meinte dieser:

„Wir Werwölfe aus dem Hauptquartiers bilden zu Vollmond immer kleine Rudel. Dann ist es leichter zu ertragen. Ich hab Sirius in unsere Gruppe eingeladen.“

„Dann werde ich auch mit euch rennen“, beschloss Harry kurzerhand.

„Harry, das ist...“

„Nein, Sirius. Ich kann dich nicht allein lassen. Im kleinen Rudel wird es gehen und zur Not bin ich gegen den Biss immun.“ Etwas leiser fügte er hinzu: „Ich will nicht ausgeschlossen werden.“

„Harry, ich wollte sagen, dass das eine großartige Idee ist. Du bist wirklich genau wie dein Vater.“ Sirius lächelte und Harry grinste überrascht zurück.

„Ein Vampir unter Werwölfen?“, sagte Cale leise. „Das hat es ja noch nie gegeben...“ Auf Harrys Blick hin erklärte er: „Eigentlich verstehen sich unsere Rassen nicht besonders. Man könnte fast sagen, es herrscht eine ewige Blutfehnde zwischen ihnen. Keiner weiß, wo das angefangen hat, aber es ist eben so. Hier im Zwielicht ist der einzige Ort, an dem Werwölfe und Vampire friedlich nebeneinander leben und sogar einander helfen.“

„Dann wird es Zeit, das zu ändern“, meinte Sirius einfach. „Ihr seid doch so sehr gegen Vorurteile, oder?“

„Ja, schon“, meinte Cale, „und ich hab ja auch nichts gegen Vampire. Erst recht nicht, seit ich Harry kenne. Aber wir sollten trotzdem John fragen. Das ist unser Alpha-Wolf. Wenn ihr wollt, kann ich das erledigen.“

„Cale hat ein schlechtes Gewissen, weil seine Leute mich zerfleischt haben“, flüsterte Sirius Harry in einem viel zu lauten, extra verschwörerischen Ton zu.

„Hey, vielleicht war ich es sogar, der dich gebissen hat!“

„Ja und vielleicht war es auch Remus. Oder John. Ist doch vollkommen egal, keiner von euch kann sich dran erinnern, aber definitiv hat niemand von euch mich absichtlich angegriffen.“

„Aber... Was hat Remus überhaupt dort gemacht?“, fragte Harry. Der engste Freund von Sirius und seinem Vater schien ja, nach dem Entsetzen und der Überraschung auf seiner Miene zu urteilen, nicht gewusst zu haben, dass sie hier waren.

„Das würde mich allerdings auch interessieren“, meinte Cale. „Das Rudel hat ihn verstoßen. Er ist schon ewig nicht mehr mit uns gerannt.“

„Heißt das, du kennst ihn?“, fragte Harry verwundert.

Cale nickte. „Es gibt nur ein beständiges Rudel um das Hauptquartier herum, das leitet John, der fast ständig hier ist. Manchmal, wenn wir besonders viele Gäste haben, bilden sich auch andere, kleinere Rudel. Aber wir haben immer so ungefähr acht Wölfe, die länger als ein paar Wochen bleiben. Deswegen ist es ganz logisch, das Remus sich uns angeschlossen hat. Ich bin erst seit fünf Jahren hier, aber ich erinnere mich an ihn, da er so sanftmütig und klug war. Er war ein Gewinn für das Rudel, weil er leicht Streite schlichten konnte.“

„Oh ja, das kann er“, bestätigte Sirius gedankenverloren.

„Er hat mir damals ein paar Mal geholfen und ich mochte ihn sehr. Am Anfang kam er noch so mindestens fünfmal im Jahr, aber es wurde immer seltener. Schließlich haben seine Besuche ganz aufgehört und irgendwann kamen auch keine Briefe mehr von ihm.“ Cale warf Sirius einen Blick zu. „Er weiß nicht, dass du unschuldig bist, oder?“

„Woher denn? Außerhalb des Zwielichts weiß das doch keiner.“

„Naja, ich glaube aber nicht, dass er dich oder Harry hier gesucht hat. Wahrscheinlich hat er die Gesellschaft der Werwölfe vermisst. In der Vollmondfinsternis ist jeder willkommen, da kommen so viele hin, da fällt auch ein Ausgestoßener nicht auf.“

„Aber das wird nicht so bleiben, oder?“, fragte Harry besorgt. „Er hat Sirius gesehen. Das wird er doch bestimmt den Auroren verraten.“

„Vielleicht. Vielleicht haben wir auch Glück und er erinnert sich nicht daran. Es war ein ziemliches Chaos und wir können uns ohnehin nur schemenhaft an das erinnern, was während unserer Verwandlung oder kurz davor passiert ist. Trotzdem haben wir natürlich dem Rat Bescheid gesagt. Die meinten, das Hauptquartier wird ohnehin bald wieder regulär verlegt. Wenn jetzt noch keine Auroren aufgetaucht sind, werden in nächster Zeit auch keine mehr kommen. In einer Woche ist deine Ausbildung abgeschlossen, Harry, dann hat sich das sowieso erledigt.“

„In einer Woche?“ Harry war sich gar nicht so recht bewusst gewesen, wie schnell die Zeit vergangen war.

„Weißt du schon, was du dann machen willst?“, fragte Sirius.

„Ich... Naja, keine Ahnung. Ich will nicht nach Hogwarts und so tun, als ob alles wie immer wäre. Das kann ich den Leuten hier und Luca nicht antun. Aber ich will auch wieder meine Freunde sehen...“

Harry sah nachdenklich zu Boden.

„Also, nach mir brauchst du nicht richten“, betonte Sirius. „Ich weiß schon ganz genau, was ich machen werde.“ Er grinste zähnefletschend. „Ich gehe auf Rattenjagt.“

Natürlich. Peter, wie hatte er den nur vergessen können? Er war doch schon die ganze Zeit über Sirius' Ziel gewesen. Wenn Harry nicht gewesen wäre, hätte er sich schon längst auf die Suche nach ihm gemacht.

Aber, fragte er sich jetzt, war das wirklich richtig? Sirius hatte in der Zeit im Zwielicht viel Ablenkung gefunden. Er sah mit jedem Tag lebendiger und glücklicher aus. Eigentlich sollte er noch ein paar Monate hier bleiben, um sich an die Werwölfe zu gewöhnen. Außerdem fürchtete Harry, dass sein Pate in seiner blinden Rachsucht Peter töten könnte. Dann könnte der aber nicht mehr vor Gericht aussagen und Sirius würde nicht freigesprochen werden. Andererseits – wäre das so schlimm? Das Ministerium war doch ohnehin verdorben und die Gesellschaft von Vorurteilen zerfressen. Sie würden Sirius so oder so hassen. Wenn nicht als Todesser, dann als Werwolf.

Trotzdem, der Weg nach Hogwarts war lang und gefährlich, erst recht für Sirius. Die Dementoren bewachten jede wichtige Einrichtung, hieß es so nicht im Tagespropheten? Was, wenn sie auch in Hogwarts waren? Sirius könnte entdeckt und eingesperrt werden – oder Schlimmeres.

Harry war hin- und hergerissen zwischen der Sorge um Sirius und seinem eigenen Wunsch, den Verräter tot zu sehen.
 

*
 

„Ah, bitte, Remus. Setz dich doch.“

Remus Lupin sah sich in dem Büro des Schulleiters um. Er war schon Jahrzehnte nicht mehr hier gewesen, aber es hatte sich kaum etwas verändert. Nur die zu den vielen, goldschimmernden Geräten waren noch ein paar mehr hinzugekommen.

„Zitronenbonbon?“

„Nein danke“, antwortete der Werwolf und setzte sich. Dumbledore zwinkerte ihm hinter seiner halbmondförmigen Brille verschwörerisch zu. „Wie ich sehe, hat Madam Promfrey dich ja wieder zusammengeflickt. Keine Komplikationen?“

Remus schüttelte den Kopf. Sein Mund war zu trocken zum Reden.

Eigentlich waren seine Wunden nicht nennenswert gewesen. Ein paar Kratzer am Rücken, ein Biss am Oberarm und eine gebrochene Rippe. Die Schulkrankenschwester hatte das im Nu wieder hingekriegt und nicht einmal Fragen gestellt. Sie hatte ihm auch einen Stärkungstrank gegeben, der Wunder gewirkt hatte. Normalerweise fühlte sich Remus nach einer Vollmondnacht immer furchtbar erschöpft und müde, aber jetzt ging es ihm zumindest körperlich so gut wie noch nie. Das war wirklich nicht das Problem.

Niemand hatte gefragt, warum er an diesem Wochenende Hogwarts verlassen hatte. 'Persönliche Gründe', mehr hatte er nicht angegeben. Wie dumm war er gewesen? Dumbledore tat ihm einen unwahrscheinlich großen Gefallen, indem er ihm anbot, unter dem Einfluss des Wolfbanntrankes auch in den Vollmondnächten in Hogwarts zu bleiben. Aber seit drei Monaten schon rollte er sich in diesen Nächten in seinem Büro zusammen und er sehnte sich nach der Freiheit. Er sehnte sich nach der ungezügelten Jagt durch die Wälder. So ruhig und vernünftig Remus immer war, er hatte nie wirklich bemerkt, wie gut es ihm tat, einmal im Monat einmal seine Umgebung zu vergessen. Er hatte sich an die Zeiten erinnert, da er noch mit anderen Werwölfen gerannt war und er hatte es vermisst. Aber am meisten vermisste er seine Rumtreiber.

Auf der Suche nach Gesellschaft und nach Anonymität war er schließlich durch die Nocturngasse geschlichen. Solange, bis er zwei eindeutig nicht menschlich riechende Gestalten erwähnen hörte, wo das Vollmondfinsternis-Festival stattfand.

„Willst du mir etwas sagen, Remus?“

Remus schreckte aus seinen Gedanken auf.

„Ja, es, ähm... Es geht um Sirius Black.“

Da. Es war heraus. Remus hielt den Atem an, aber Dumbledore schwieg nur und sah ihn mit funkelnden Augen an.

„Ich hab ihn gesehen. Jedenfalls glaube ich das.“

„Du glaubst?“

Remus zuckte hilflos mit den Schultern. „Eine Sekunde später ging der Mond auf. Ich habe keine Ahnung, was passiert ist. Vielleicht ist er geflohen. Vielleicht habe ich ihn getötet.“ Bei dem letzten Satz erschauderte er kurz. Zwölf Jahre versuchte er jetzt schon, Sirius zu hassen. Es fiel ihm immer noch schwer. So unglaublich war sein Verrat, so haarsträubend! Wie hatte er sie nur alle so täuschen können? Seit wann hatte er für Voldemort gearbeitet? Sirius, der Sirius, der schwarze Magie so sehr ablehnte, der sich gegen seine eigene Familie gestellt hatte – der sollte seinen besten Freund an den bösartigsten Schwarzmagier der Welt verraten haben? Es ergab keinen Sinn. Es sei denn – es sei denn, Remus hatte ihn einfach nicht gekannt. Trotzdem krampfte sich alles in ihm zusammen bei dem Gedanken, dass er vielleicht unwissentlich seinen besten – ehemals besten Freund getötet hatte.

„Er hat Zuflucht bei den Zwielichtigen gefunden“, sagte Remus leise. Die Worte kamen nur sehr schwer über seine Lippen. Er hatte das schreckliche Gefühl, selbst einen Verrat zu begehen. Sowohl an Sirius, als auch an seiner Rasse.

Aber das war albern! Sirius war ein verrückter Massenmörder und die Zwielichtigen steckten offensichtlich mit ihm unter einer Decke! Anders konnte er das Bild des jungen Werwolfs nicht deuten, der dem erschöpften Sirius auf die Beine half. Remus wurde schlecht bei dem Gedanken, dass er selbst es vielleicht war, der Sirius auf die Idee gebracht hatte. Ohne ihn wäre er doch damals nie mit den Zwielichtigen in Kontakt gekommen, hätte sie nie als Verbündete gewonnen. War es vielleicht diese Zeit, in der er selbst versucht hatte, die Werwölfe auf die Seite des Ordens zu ziehen, die Sirius in derselben Weise für das Gegenteil missbraucht hatte? Es würde Sinn machen...

„Hast du auch Harry gesehen?“, wollte Dumbledore wissen.

Remus schüttelte den Kopf.

Als Hermine Granger, eine Freundin von Harry, vor zwei Monaten ganz aufgelöst berichtet hatte, Harry sei von Vampiren entführt und verwandelt worden, hatten sie zuerst geglaubt, das Mädchen hätte einfach einen Alptraum gehabt. Aber als Dumbledore dem Werwolf davon erzählt hatte, war ihm zuerst das Zwielicht eingefallen. Das waren die einzigen Vampire, bei denen er sich vorstellen konnte, dass sie einen verwandelten Harry Potter bei sich behalten würden, um ihm beizubringen, mit seiner Natur umzugehen, wie Granger das berichtet hatte.

Überhaupt, dass Harry ein Vampir sein sollte, hatte nicht nur Granger und Weasley geschockt. Außer ihnen, Dumbledore, Minerva und Remus wusste niemand davon. Natürlich konnten sie nicht sicher sein, dass die Nachricht wirklich von Harry stammte. Aber warum sollte jemand ein falsches Lebenszeichen senden?

Was hast du nur vor, Sirius?; hatte Remus sich tagelang gefragt. Wollte er Harry auf seine Seite ziehen? Hatte er ihn deshalb zu den Zwielichtigen gebracht, um ihn verwandeln zu lassen? Aber Harry würde sich niemals der dunklen Seite verschreiben. Was würde Sirius tun, wenn er das herausfand? Anderseits – Remus hätte sich auch niemals der dunklen Seite angeschlossen – aber beim Zwielicht, da war er in Versuchung geraten.

„Weißt du, wo sich Sirius Black jetzt befinden könnte? Hast du eine Vermutung?“

Abermals schüttelte Remus den Kopf. „Ich habe durch Zufall erfahren, dass die Werwölfe zur Vollmondfinsternis ein Festival in den Wäldern in der Nähe von Cambridge abhalten. Aber da wird er ja jetzt nicht mehr sein. Ich weiß ohnehin nicht, was er da machte, es ist ja viel zu gefährlich. Wahrscheinlich befindet er sich im Hauptquartier der Zwielichtigen, wo vielleicht auch Harry ist. Aber das Hauptquartier wechselt ständig. Selbst wenn es sich in der Nähe der Wälder befunden haben sollte, dann werden sie es inzwischen wieder verlegt haben. Sirius hat mich gesehen.“

Dumbledore nickte gedankenverloren. „Na schön. Danke, dass du mir das erzählt hast. Wir werden das auf jeden Fall überprüfen.“

Remus verabschiedete sich und stand auf. Es war das Richtige gewesen, dem Schulleiter seine Begegnung mit dem Sträfling anzuvertrauen. Das war es doch – oder?

Ein paar Sekunden später stand Remus draußen vor dem Wasserspeier. Er lehnte sich gegen die kühle Wand – und dann fiel ihm auf einmal ein, dass er etwas vergessen hatte. Er hatte vergessen, zu erzählen, dass Sirius ein Animagus war.

Dumbledore hatte keine Ahnung, dass Sirius sich in einen Hund verwandeln und somit unbemerkt unter Menschen wandeln konnte. Das war eine Information, die Remus all die Jahre über für sich behalten hatte und das war verdammt noch mal der Augenblick gewesen, damit herauszurücken.

Aber Remus hatte wieder geschwiegen, so wie er seit zwölf Jahren schon Stillschweigen bewahrte. Er mochte sich selbst schlagen dafür, aber er konnte einfach nicht. Dumbledore vertraute ihm. Er hatte ihm ermöglicht, nach Hogwarts zu kommen, er hatte ihm einen Job gegeben... Er hatte darauf vertraut, dass Remus niemals einen Schüler in Gefahr brachte. Aber genau das hatte er getan. Er war so froh gewesen, als die Rumtreiber ihn akzeptiert hatten, als sie mit ihm rennen wollten wie ein richtiges Rudel. Er war so glücklich gewesen. Dabei hätte er sich dagegen wehren, er hätte es ihnen ausreden sollen. So oft hatte er einen von ihnen beinahe gebissen. Dafür hätten sie nicht nur ihn, sondern auch seine Freunde rausschmeißen müssen.

Wenn er Dumbledore sagte, dass Sirius ein Animagus war, dann müsste er ihm auch die Hintergründe erzählen. Er müsste gestehen, dass er seine besten Freunde in Gefahr gebracht hatte. Dass er den Sicherheitsvorkehrungen zuwider gehandelt hatte, die Dumbledore so mühsam aufgestellt hatte, damit überhaupt genehmigt wurde,dass er Hogwarts besuchen durfte. Remus wollte nicht, dass Dumbledore dieses Vertrauen in ihn verlor. Es würde ihn nicht nur seinen Job kosten, nein, er würde auch in Verdacht geraten, Sirius zu decken. Den Verräter seines besten Freundes decken!

Als Sirius ausgebrochen war, hatte Remus sich an Ausflüchte geklammert, um nichts sagen zu müssen. Dieses Wissen würde doch die Bevölkerung in noch größere Verzweiflung stürzen. Sie wären noch viel ängstlicher. So hatte er es aufgeschoben, bis dann Harry entführt worden war. Da war er wirklich zu Dumbledore gegangen, wollte alles aufdecken. Aber der war gerade zu beschäftigt gewesen – Harry hatte ein Lebenszeichen gesendet. Nur zwei winzige Zettel, nur 'Ich lebe' – aber das war der Beweis, dass es ihm gut ging. Gut genug, dass er Briefe schreiben konnte. Über die Aufregung hatte Remus vergessen, was er sagen wollte. Dann hatten sie ewig nichts mehr von Sirius gehört. Er musste einen sicheren Unterschlupf gefunden haben und wenn das so war, würde Remus' Information auch nicht weiterhelfen. Der Werwolf hasste es einfach, im Rampenlicht zu stehen. Ihm graute davor, noch einmal stundenlang vom Ministerium verhört zu werden, die kalten Schatten der Dementoren um ihn herum und erklären zu müssen, warum er zwölf Jahre nichts gesagt hatte. Dafür könnten sie ihn nach Askaban stecken. Werwölfen gegenüber waren sie nicht gerade tolerant. Nach Askaban, zu den Dementoren. Zurückgeworfen in den Wahnsinn, der ihn seit zwölf Jahren verfolgte und der erst in den letzten Wochen langsam zu verblassen begonnen hatte.

Jetzt aber, wo er Sirius gesehen hatte, da hatte er sich dazu durchgerungen, doch zu Dumbledore zu gehen. Und jetzt hatte er es wieder nicht gesagt.

Remus drehte sich um.

„Was vergessen!?“, keifte der Wasserspeier unhöflich.

Der Werwolf öffnete bereits den Mund, um das Passwort zu sagen – und schloss ihn wieder.

Dann drehte er sich um und ging davon. Er wusste selbst nicht, warum.
 

*
 

Harry warf sich die Kapuze des Wolfshaarmantels über den Kopf und rauschte in den Gemeinschaftsraum hinein. Das Kaminfeuer war aus, aber die Lampen waren eingeschaltet. Es war kurz vor Mitternacht und die einzigen Anwesenden waren Cale, Sirius und John, die eine Runde 'Snape explodiert' spielten. Bei den Zwielichtigen hieß das Kartenspiel 'Fudge explodiert', aber die Regeln waren dieselben. Harry kam heran, aber keiner der drei Spieler sah auf. Er klopfte nur einmal auf die Tischplatte.

„So, Leute, ich bin dann mal weg!“, verkündete er, und schritt auch gleich weiter, ohne auch nur langsamer zu werden.

„Pass aber auf, ja?“, rief Sirius ihm pflichtschuldig nach, ohne aber von seinem Blatt aufzusehen.

„Ich gehe nur jagen“, lachte Harry, der schon fast an der Tür war. „Dauert nicht lang.“

“Und dasss, ohne rot zu werden“, murmelte Sodom leise.

Harry trat auf den Flur und schloss die Tür hinter sich, bevor er antwortete.

Ich hab ihm einen Brief hinterlassen. In meinem Zimmer. Dass sie sich keine Sorgen machen sollen und so. Das passt schon.“

„Luca wird vor Wut im Dreieck ssspringen“, prophezeite ihm Gomorrha. „Ihr habt euch gerade erssst wieder vertragen. Und dann hausssst du vier Tage vor der Frissst einfach sssssso ab.“

„Es muss aber sein. Er wird das verstehen...“

Harry sprach nicht weiter, weil er fürchtete, seine ständigen Gefährten würden seine Zweifel aus seiner Stimme heraushören.

Stattdessen ging er den Flur hinunter und holte seinen Nimbus aus der kleinen Besenkammer. Den Zauberstab konnte er wegen der Spur, die auf ihm lag, noch immer nicht benutzen, aber der Tarnumhang würde es auch tun. Harry gelangte nach draußen, ohne dass einer der Bewohner des Hauptquartiers ihm mehr als flüchtige Beachtung schenkte. Wahrscheinlich glaubten sie, er würde draußen mit ein paar Freunden Quidditch spielen. Er könnte auch mit dem Besen weiter hinaus zur Jagt fliegen können. Fakt war aber, dass er gestern mit Luca ein regelrechtes Saufgelage veranstaltet hatte. Sozusagen als letzten Schritt der Wiedergutmachung wegen der Sache mit dem Sonnenlicht. Jetzt war Harry so voll gesogen wie ein Blutegel.

Der Wind pfiff Harry um die Ohren, als er seinen Nimbus 2000 bestieg und sich vom Boden abstieß. Die Nacht war sternenklar.Ein wenig Sorge hatte er schon, dass der Tarnumhang wegflattern könnte. Aber Sodom und Gomorrha hielten die Enden des Stoffes zwischen den Zähnen fest und selbst wenn mal eine Ecke undicht war, würden die Muggel nur eine schwarze Gestalt am schwarzen Himmel sehen.

Der junge Vampir kannte die Position des Hauptquartiers nur äußerst ungenau, aber er hatte bei einer Partie Zauberschach mit Cale und ein paar anderen Werwölfen einen magischen Kompass gewonnen, auf dem wie die Ziffern einer Uhr die größten Städte und Zauberergemeinden Großbrittanniens abgetragen waren. Trotzdem dauerte es drei lange Stunden, bis er endlich die Lichter von London unter sich sah.

Bisher hatte er nur einmal Muggel-London mit Luca zusammen besucht – eine unangenehme Erinnerung – aber er erinnerte sich daran, wo der Tropfende Kessel lag. Dorthin flog er zuerst, landete unauffällig im Hinterhof und stieg vom Besen.

Der Mantel, den er von den Zwielichtigen bekommen hatte, war wirklich ein wunderbares Geschenk. Nicht nur, dass er feuer- und wasserfest war, er hatte auch magisch vergrößerte Taschen. Sie boten zum Beispiel einen hervorragenden Schlafplatz für seien Brasil-Basilisken. Jetzt aber schob er seinen Nimbus 2000 mit dem Stiel voran in die eigentlich viel zu kleine, aber scheinbar bodenlose Manteltasche. Es war nicht einmal eine Änderung des Gewichts zu spüren.

Harry warf sich den Tarnumhang um und griff nach der Klinke der Hintertür. Verschlossen.

Harry zischte leise und Gomorrha kam in seine Hand gekrochen. Ihre Schuppen wurden silbern und eine Sekunde später lag ein schlanker Dolch in seiner Hand. Harry brauchte gar nicht groß mit der Klinge in dem Loch herumstochern – Gomorrha wand und streckte sich einfach so lange, bis die Stifte zur Seite sprangen und das Schloss sich öffnete.

Harry trat ein. Der Schankraum war menschenleer. Rasch aber leise trat Harry zum Kamin und suchte nach dem kleinen Fässchen mit dem grünen Pulver.

Ich hasse diese Art zu reisen“, murmelte er, als er das Flohpulver ergriff.Ein paar letzte Holzscheite darin glühten noch und er musste mehrmals darauf pusten, bis er wenigstens ein kleiens Flämmchen empor lockte. Als er jedoch das Pulver hineinwarf, loderten sofort hohe Stichflammen auf.

“Mund, Augen und Nüstern zu“, befahl er seinen Freunden, bevor in das Feuer trat.

„Hogsmeade!“
 

*
 

Sirius schlängelte sich durch das dichte Gewühl an tanzenden Vampiren. Cale hielt sich in seinem Schatten und nutzte die Bresche, die er schlug.

„Ist Harry schon zurück?“, brüllte Sirius gegen dass Wummern der Musik an, als er die Theke erreicht hatte.

Luca, der gerade einen blutigen Cocktail mixte, sah ihn verwirrt an.

„Harry? Wo soll der sein?“

Sirius rollte mit den Augen. „Na auf der Jagt natürlich. Aber das war um zwölf Uhr Nachts und jetzt ist es schon fast Mittag.“

Luca hielt in der Bewegung inne und starrte ihn an. Dann huschten seine Augen weiter und durch die gesamte Disco, als erwarte er, Harry dort zu entdecken.

„Er ist gestern Nacht zur Jagt aufgebrochen und noch immer nicht zurück?“

Sirius schüttelte den Kopf.

Der Meistervampir stellte langsam das Glas ab, seine Miene verdunkelte sich.

„Harry sollte von gestern genug für eine ganze Woche haben“, murmelte er.

Sirius wurde blass. „Heißt das, er...?“

„Ist abgehauen“, vervollständigte Luca den Satz düster. „Vor der Zeit.“

Wie eine dunkle Wolke überzog die Wut sein Gesicht.

„Das glaube ich nicht!“, rief Cale rasch dazwischen. „Harry weiß, dass er das nicht darf. Er fühlt sich wohl hier. Was für einen Grund hätte er denn dafür?“

Luca umklammerte die Flasche mit dem Blut fest und seine Reißzähne traten hervor. Mit einem platzte das Glas in seinem Griff und Blut spritzte hoch bis zu seinem Gesicht. Einige Vampire in der Nähe sahen sich erschrocken um.

„Entschuldigt mich“, meinte er dann in einem unheimlich ruhigen Ton. „Ich denke, ich werde ebenfalls einmal auf die Jagt gehen.“

„Hey – warte!“; rief Sirius, als Luca sich abwandte. „Du kannst doch nicht einfach – was hast du vor!?“

Als Luca durch die Hintertür verschwand, sprach Cale das aus, was Sirius dachte: „Scheiße.“

Sirius hielt sich nicht lange mit Reden auf, sondern schwang sich sofort über die Theke und stürmte Luca hinterher. Dieser zornige Gesichtsausdruck... Irgendetwas stimmte nicht. Aber Luca würde Harry doch niemals etwas antun, oder? Er war immerhin sein Lehrmeister! Okay, auch er hatte bemerkt, dass es da vor ein paar Wochen so eine Zeit gab, wo die beiden nicht gut miteinander klar kamen. Den Grund dafür hatte er nie erfahren, aber das war ohnehin vorbei. Aber wo war Harry? Warum war er gegangen, wenn er nicht zur Jagt wollte?

Doch als Sirius draußen im Sonnenlicht stand, war von Luca nichts mehr zu sehen. Er reckte die Nase in die Luft um seinen als Werwolf verbesserten Geruchssinn zu nutzen, aber die Spur verlor sich an der Häuserwand. Luca war über die Dächer gesprungen.

„Ich muss ihm hinterher! Wo kann er hingegangen sein?“, fragte Sirius gehetzt.

„Ganz ruhig!“, sagte Cale und fasste ihn beim Arm. „Ich weiß, wie wir ihn finden.“

„Wie?“

„Als Wölfe“, flüsterte Cale. „Im Rudel.“

Sirius starrte ihn an.

„Wenn wir uns verwandeln, sind unsere Sinne schärfer. Dann können wir seien Spur aufnehmen. Ich weiß, in deiner Animagusform könntest du das auch. Aber wenn wir das Rudel rufen, sind wir viel mehr und die Wahrscheinlichkeit steigt, dass wir Luca und Harry finden.“

Cale, falls es dir nicht aufgefallen ist: Es ist helllichter Tag. Und der nächste Vollmond ist noch eine Weile hin.“

„Es gibt eine Möglichkeit“, beharrte Cale. „Komm mit.“

Nur widerstrebend ließ sich der Animagus von dem Fünfzehnjährigen zum Nordtrakt ziehen. Dort wohnten die meisten Werwölfe. Im Gemeinschaftsraum trafen sie auf John. Er war groß und wirkte nur dank seiner Muskeln nicht abgemagert. Die dunkelbraunen, an mehr als nur einer Stelle grau werdenden Haare trug er kurz und seine goldenen Augen waren fest auf sein Kartenblatt gerichtet. Ihm gegenüber saßen noch drei andere Werwölfe, die Sirius kannte. Sylvia war da, mit ihren knöchrigen Gliedern und rotem Haar, der vierzigjährige Harald, der aussah wie sechzig und Septimus, ein Teenager, der gerade mal Hogwarts abgeschlossen hätte haben können.

„Leute, wir brauchen eure Hilfe!“, meinte Cale, ohne zu grüßen. Die vier Spieler sahen auf.

Der Junge wandte sich sofort an John, den Alphawolf. „Harry ist verschwunden und Luca springt vor Wut im Dreieck. Er ist losgegangen um ihn zurückzuholen, oder... Keine Ahnung, jedenfalls sieht es übel aus. Sirius und ich wollen ihn suchen, aber dazu brauchen wir eure Hilfe!“

John legte seine Karten beiseite.

„Mit Luca legen wir uns nicht an“,sagte er leise, aber bestimmt. „Nicht wegen einem Vampir.“

Sirius knurrte wütend. „Harry ist mein Patensohn!“, rief er aus. „Er gehört zur Familie – und damit auch zum Rudel, oder etwa nicht!?“

Für einen Moment lieferte sich Sirius ein stummes Blickduell mit dem Alphawolf. Cale war sicher, dass John in in die Knie zwingen würde. Keiner der anderen Werwölfe machte Anstalten, ihrem Anführer zu widersprechen.

Schließlich stieß John ein leises Seufzen aus. „Was willst du genau?“

Cale antwortete an seiner Stelle: „Wir wollen Grindstone und eure Unterstützung. Im Rudel können wir Harry finden, bevor Luca es tut.“

„Mach dich nicht lächerlich, Junge. Vermutlich hat Luca ihn schon längst gefunden. Wenn wir Harry finden wollen, müssen wir uns auf die Spur von seinen Meister setzen, die ist vielleicht gerade noch frisch genug.“

„Wir? Heißt das, du hilfst uns?“, fragte Sirius.

„Ich kann euch ja schlecht laufen lassen, wenn ihr Grindstone intus habt.“ Er legte seine Karten beiseite. „Aber sobald wir die Spur haben, sind meine Leute und ich raus aus der Sache. Dann seid ihr auf euch allein gestellt, klar?“

„Klar“, meinte Sirius. „Danke, man.“
 

XxX
 

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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  Alyeskah
2011-11-06T10:54:22+00:00 06.11.2011 11:54
Ich mag Remus in deiner FF. Ich bin richtig gespannt, was passiert, wenn er sich zurückverwandelt!
Und Harry, waahh, so ein Dummkopf! Mensch! :D
Nya, ich hoffe, mit den Werwölfen geht alles gut.

Schreib bitte schnell weiter (:

San
Von:  pingu
2011-10-23T18:51:49+00:00 23.10.2011 20:51
Nun hab ich auch Kapitel 8 gelesen und ich hab zwar das Gefühl mich zu wiederholen, aber ich bin grenzenlos begeistert von deiner Geschichte und wäre begeistert wenn du weiter so schnell postest.
Super spannend und ich will wirklich wissen warum Harry so überstürzt aufbricht.
Und wieder in freudiger erwartung lass ich dir diessen Kommentar zurück.
Von:  _StrawHat_Luffy_
2011-10-19T19:45:18+00:00 19.10.2011 21:45
Hey!

Sooo...endlich bin ich dazu gekommen deine ff mal ganz zu lesen und ich bin echt beeindruckt!!

Du hast einen einmaligen Schreibstil! :) Sehr flüssig zu lesen und deshalb fallen etwaige Rechtschreibfehler auch gar nicht auf ;)

Ich bin ja mal gespannt wies weiter geht!! Ich hoffe für Harry, dass er einen guten Grund hatte, abzuhauen, weil sonst siehts schlecht für ihn aus...ich wär ja nicht mal auf die Idee gekommen, dass er abhaut...er wirkte, als würde er nun dort bleiben! Vor allem, weil er sich auch wieder mit Luca so einigermaßen versöhnt hatte!!

Generell mag ich auch die Art der FF...also so ne tolle Mischung aus Action, Humor, Mystery...einfach alles zusammen :)

Wegen Beta-Leser hätt ich dich ja schon mal gefragt...wie würde dass denn genau aussehen? Also wie oft schreibst bzw wie schnell bräuchtest du dann das gelesene Kapitel wieder?
Mich würde es schon reizen Beta-Leserin zu werden, aber das hab ich ja schon mal gesagt ;)

Freu mich aufs nächste Kapi und auf deine Antwort!

glg
Von:  pingu
2011-10-18T21:05:46+00:00 18.10.2011 23:05
Goooooooott!!!
Ich find es klasse wie du Remus in die Geschichte bringst ich freu mich so auf das nächste Kapitel.
Was wird nur passieren, gelingt es Harry Sirius vor den Werwölfen zubeschützen und was passiert wenn Remus sich zurück verwandelt wird er zuhören oder dem Ministerium alles verraten?
Wie immer kann ich es kaum abwarten dein nächstes Meisterwerk zulesen, wenn ich nur mehr Zeit hätte.
Von:  Kagomee16
2011-10-17T19:17:56+00:00 17.10.2011 21:17
supper kapi^^
ich hoffe harrey hatte einen guten grund sowas dummes zu tun?
schreib schnell weiter^^

lg kagomee16
Von: abgemeldet
2011-10-16T15:00:21+00:00 16.10.2011 17:00
Ein super Kapitel!!!!!!!!!!!!
Und die paar Fehler die drin sind, fallen nicht auf.
Schreib weiter so!!!!!!
Lg Duski


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