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Homo Apparatus - Deutsche Version

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Es wäre falsch, das Gewitter, welches gerade über Ankh-Morpork wütete, als bizarres Wetterphänomen zu bezeichnen.

Bizarre Wetterphänomene haben im Vergleich zu diesem Sturm eine gewisse Ordnung und Berechenbarkeit inne.

Nun gut, zwei Dinge waren selbst jetzt klar vorhersehbar:

Erstens: Am Schlimmsten tobte das Gewitter über der Unsichtbaren Universität. Dort tobte es eigentlich immer am Schlimmsten, da die Götter irgendwie darauf hofften, dass die Schutzzauber rund um die magische Schule irgendwie versagten und sie den Zauberern endlich zeigen könnten, das sie Atheismus nicht lohnt.

Zu allem Unglück hatten die Götter in dieser Nacht Glück.

Aus unerklärlichen Gründen hatten die Schilde versagt.

Was unausweichlich zu Zweitens führte: Man hatte Rincewind auf das Dach des HEM-Gebäudes geschickt um die dortigen, mit Hex verbundenen Gerätschaften abzumontieren.

Zumindest hatte man versucht Rincewind auf das Dach des HEM-Gebäudes zu schicken. Dieser hatte allerdings die Flucht ergriffen, als der Erzkanzler gerademal das ‘Rin’ seines Namens ausgesprochen hatte und versteckte sich nun dort, wo er sich sicher war, dass man hier als Letztes nach ihm suchen würde:

In HEX’ Zimmer.

Er hatte sich an zwei alte Sprichwörter erinnert: ‘Etwas dort verstecken, wo es jeder sehen kann’ und ‘Wenn du dich mit unfähigen Speerwerfern konfrontiert siehst, setze dich dorthin, wohin sie zielen’. Man konnte nur hoffen, dass die anderen Zauberer sich nicht aus irgendeinem Grund wirklich Speere besorgt hatten. Rincewind kannte sein Leben. So etwas hätte ihn nicht erstaunt.

Nichtsdestotrotz war er sich sicher, dass er sich zur Zeit im sichersten Raum der gesamten Universität befand, so seltsam und unlogisch das klingen mochte. Immerhin war es den Anderen gerade viel wichtiger zu verhindern dass eines der Gebäude, allen voran dieses (1), vom Blitz getroffen wurde.

Die Zauberer wussten ja, was sonst geschehen konnte.

Warum war Ponder Stibbons eigentlich nicht selbst auf das verdammte Dach geklettert, statt Ridcully darum zu bitten ihn, Rincewind, da hoch zu schicken?

Ponders Chancen da heil wieder runterzukommen waren, Alles in Allem, um ein Vielfaches höher als seine.

Er würde da oben sterben.

Oder, was wahrscheinlicher war, schlimmeres.

Missmutig blockierte er die Tür und schaute zu HEX. Die Maschine lag stumm da, nachdem Ponder sie schweren Herzens abgeschaltet hatte, als der Sturm eine gewissen Stärke erreichte.

Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Ein weit abschweifender Gedanke überlegte sich, ob Truhe mit Porzellankiste verwandt war.

Rincewind schreckte kurz auf, als HEX’ Schreibfeder trotz allem mit einem Mal über das Papier kratze.

+++Der Sturm tobt noch immer und wird schlimmer+++

Der Zauberer schluckte und trat zurück.

+++Rincewind?+++

“...Ja?”, es war sinnlos, so zu tun, als ob man nicht da wäre. HEX wusste, wenn jemand im Raum war.

+++Ist es klug sich ausgerechnet in dem Raum aufzuhalten, in dem sich die größte Menge Metall des gesamten Geländes befindet und welcher zusätzlich 37.9510 direkte Verbindungen nach draußen hat?+++

Rincewind seufzte und erzählte HEX von den Sprichwörter, die ihn hiergeführt hatten.

“...und so wie ich mein Leben kenne, kann ich mir absolut sicher sein, dass das hier im Moment der ungefährlichste Ort ist.”

+++Und trotz dieser Zuversicht hast du Angst+++

“Ich habe immer Angst. Du kennst mich. Hilft beim Überleben.”

+++Wovor genau hast du gerade Angst+++

“Wie gesagt, ich kenne mein Leben. So lange ich hier bleibe, wo ich definitiv sterben würde, wenn du vom Blitz getroffen würdest, wird nichts geschehen. Aber wehe ich drehe dir den Rücken zu und will den Raum verlassen, weil ich denke, dass es hier doch zu gefährlich ist. Dann schlägt der Blitz ein und ich werde - was weiß ich - durch irgendeine Verkettung seltsamer Umstände in einer andere Dimension gerissen, wo ich Wettrennen mit leuchtenden Karren fahren muss, oder sonst was. Du wirst nur leichten Schaden davontragen, wenn überhaupt.”

Etwas surrte, während draußen der Donner grollte.

+++Unwahrscheinlich+++

“Bitte?”

“Rincewind! Mach die Tür auf!”, das war Ponder. Von außerhalb des Raumes natürlich. Rincewind wimmerte als Stibbons sich, wahrscheinlich zusammen mit einigen Studenten, zeitgleich mit dem nächsten Donner gegen die Tür warf.

+++Wahrscheinlichkeit der Ereignisse bei einem direkten Blitzeinschlag:

0.0057% Nichts geschieht

12.87 % Prof. Rincewind wird in eine andere Dimension gerissen

28.65 % Prof. Rincewind wird in eine Frau verwandelt

0.0021% Prof. Rincewind stirbt

27.68 % Leichter Schaden an HEX+++

Der Federkiel stoppte plötzlich ab. Genau in diesem Moment gelang es Ponder und den Studenten die Tür aufzubrechen und Stibbons war gerade im Begriff, Rincewind die Leviten zu lesen, da es unverantwortlich sei, dass er, Rincewind, sich weigerte auf’s Dach zu steigen und wie gefährlich das für HEX wäre, als sein, Ponders, Blick auf die Liste und das, was HEX gerade hinzufügte fiel.

+++30.79% HEX stirbt+++

Auf den ersten Blick schien die Liste nicht ungewöhnlich. Eine Analyse der Möglichkeiten. Dann aber bemerkte man die letzte Formulierung.

“Stirbt? HEX, warum hast du dieses Wort gewählt?”, hakte Ponder nach.

Eine lange Pause, nur unterbrochen von dem ein oder anderen Donnerschlag, folgte.

+++Ich habe Angst+++

Ein Seufzen: “Wir haben so viel wie möglich abgebaut.” Ponder griff zur Seite und packte Rincewind am Kragen. Immerhin hatte er noch einen ganzen Hühnerhof mit ihm zu rupfen. “Es befinden sich zwar noch immer Aufbauten auf dem Dach, aber...”

+++Ich weiß davon+++

“Du hast die Kalkulation auf der jetzigen Situation basiert?”

+++Korrekt. Darum habe ich Angst+++

Unter leichtem Stöhnen rieb Ponder sich die Schläfen: “Wie kannst du Angst haben? Du bist trotz allem KEIN Mensch.”

Der Apparat wurde mit einem Mal beunruhigend still und Tinte tropfte von der Schreibfeder.

“Wenn ich’s nich’ besser wüsste würde ich sagen er weint...”, Skazz, der im Moment höchstwahrscheinlich in Richtung des Federkiels schaute, sprach aus, was wohl jeder bei diesem Anblick dachte.

Jeder, außer Rincewind, dessen Verstand darauf fixiert war, aus der Situation und jetzt doch, ungeachtet des Sturms, aus dem Gebäude zu kommen. Aber so, wie Ponder ihn festhielt setzte jedes Fluchtszenario voraus, dass er sich entkleidete.

“Erstens ist das Unsinnig”, ließ Ponder sich dann hören und schüttelte den Kopf. “Und zweitens, wenn dem doch so wäre und ich mich entschuldige -was ich hiermit tue-, wirklich helfen könnte keiner von uns. Wir können HEX schließlich nicht in den Arm nehme oder bei uns im Bett schlafen lassen.”

Wie auf Stichwort schlug genau jetzt ein Blitz in einer der Apparaturen auf dem Dach ein.

Direkt darauf ein zweiter.

Und ein dritter.

Was folgte war ein seltsames Schauspiel:

Funken und kleine Blitze zuckten über HEX und die Wände des Raumes., veränderten die Farbe von einem elektrischen Blau (natürlich) zu Oktarin und zurück, bis beide Farben sich schließlich wie Schlangen um einander wanden. Ein Gitter aus Blitzbögen versperrte die Tür, was die Anwesenden dazu veranlasste, sich zitternd in der Mitte des Geschehens, möglichst weit von den Blitzen weg, zusammenzudrängen. Alle rechneten mit einer Explosion, doch stattdessen lösten sich geisterhafte Abbilder diverser Komponenten HEX’ von der Maschine und schwebten langsam durch die Luft und der Apparat selbst begann in einer ungewohnten Weise zu surren.

“...Alter...”, dass Skazz sich die Haare aus dem Gesicht strich, um das Spektakel besser sehen zu können, sagte vielmehr über den Anblick aus als Worte je hätten beschreiben könnten.

Das Surren wurde lauter, oktarine Blitze sprangen von einem Teil der Konstruktion zum anderen und die schemenhaften Bilder begannen sich in einer Spirale zu bewegen, welche sich langsam, und funkensprühend, Richtung Boden senkte. Die Bewegung wurde mit jeder Runde schneller und HEX’ Geräusche erinnerten immer mehr an … nein, das konnte nicht sein … Herzschlag und Atem...

Das Gitter vor der Tür verschwand und jeder, außer Ponder, der wie angewurzelt da stand und langsam die Lippen bewegte, nutze die Gelegenheit, Richtung Tür zu stürzen.

“Ponder!”, Rincewind, Skazz, Tez und Adrian Rübensaat schrieen gleichzeitig, aber Stibbons rührte sich nicht. Tez und Adrian sprangen vor und griffen ihn bei den Schultern.

Ponder bewegte den Kopf und blinzelte verwirrt: “Es sind keine 100%. Die Rechnung geht nicht auf. Es fehlen 0.0022%. Wofür stehen die?!”

Ein furchtbares Kreischen, das aus dem Zentrum der Spriale zu kommen schien, erstickte jede mögliche Erwiderung.

Und dann war alles still.

Nur einen Moment später, als ob nichts gewesen wäre, wuselten die Ameisen wieder durch ihre Röhren.

An HEX war ein Schaden festzustellen.

Zumindest hätte niemand Schaden festgestellt, wenn man die Maschine überprüft hätte. Im Moment galt die Aufmerksamkeit der Anwesenden - selbst Rincewind war noch da - dem, was nun dort stand, wo eben noch das Zentrum der Spirale lag.

Vor ihnen, gekleidet in eine ein wenig zu große, staubige, braun- und bronzefarbene Robe und einen spitzen Hut mit einem kleinen Widderschädel am Hutband, stand ein junger Mann mit zerzaustem, rot-blonden Haar und blasser, seltsam schimmernder Haut, biss nervös auf seiner Unterlippe herum und sah seine Gegenüber aus metallisch-farbenen Augen (es war bei dem Licht hier schwer zu sagen, ob sie gold oder silbern waren, an:

“0.0022%”, krächzte er, als ob er sich ans Sprechen gewöhnen musste, “Hex erschafft sich einen Körper...”
 

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(1) Zumindest nach jenen Teilen der Universität in denen sich Küche und der Große Saal befanden.



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