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Mit Zähnen und Klauen

Die Geschichte eines asmodischen Daevas
von

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Neue Heimat und vorbestimmtes Schicksal

X.x sorry für die lange Wartezeit, dieses Kapitel hat mich echt fertig gemacht. Ich wusste, wo ich hinwollte, aber nicht, wie ich hinkommen sollte...

wie immer, wenn irgendwo ein Fehler auftaucht, bitte melden, damit ich ihn ausmerzen kann *muhahaha*. Feedback lese ich immer wieder gerne, hilft es mir doch, noch besser zu werden! :D

Viel Spaß beim Lesen!
 

Danvan zog die Seile fest, während Albin ihm gegenüber den Nagel ins Holz schlug. Die beiden Brüder arbeiteten schweigend im klaren Tag. Der Wind trug eine leise Stimme zu ihnen auf das Dach des kleinen Hauses, an dem sie gerade arbeiteten. Albin lächelte, während Danvan bemerkte: „Sie singt wirklich wunderschön.“ Der Jüngere nickte. „Seravas Stimme war schon immer schön, aber seit wir hier sind, ist sie noch besser geworden.“ Er hob den Kopf und sah in den rötlichen Himmel. „Es ist, wie als wäre sie von einer Fessel befreit worden. Ich hätte nie gedacht, dass so etwas möglich wäre. Aber ihre Stimme klingt zauberhafter als alles, was ich zuvor gehört habe.“ Die Augen schließend, lauschte er auf die Stimme seiner Tochter. Danvan lächelte. „Fall nicht vom Dach vor Bewunderung. Im Gegensatz zu mir hast du nämlich keine Flügel, die deinen Sturz auffangen könnten.“ Doch auch er lauschte auf das stimmungsvolle Lied, das das Mädchen sang. Es geschah nicht allzu oft, dass er solche Gesangskunst zu hören bekam. Er musste wirklich zugeben, seit sie von Brusthonin hierher nach Altgard, in das kleine Dorf Basfelt gekommen waren, hatte sich viel getan. Albin hatte sich erholt, war langsam in der sauberen, reinen Luft wieder genesen, seine Kinder hatten sich ganz neu entfaltet. Aus dem scheuen Felin war ein neugieriger, aufgeweckter Junge geworden, die zurückhaltende Serava sang frei heraus und Lelia... nun, Albins Älteste hatte begonnen, den Jägern Basfelts zuzusehen und von ihnen zu lernen. Erst vor zwei Tagen war sie stolz mit einem selbst gebastelten Bogen nach Hause gekommen.

Nicht, dass ihr Vater das so gutgeheißen hätte, doch im Dorf hatten die Jäger einen sehr hohen Stand und wurden von jedermann respektiert. Zudem trugen sie viel zum Erhalt der Sicherheit der Siedlung bei. Indem sie die immer hungrigen Mosbären und Togs jagten, ihr Fell und das Fleisch herbeibrachten, versorgten sie die Menschen mit Nahrung, Materialien für Kleidung und beschützten sie obendrein.

Albin machte wieder weiter. Jetzt, nach zwei Wochen harter Arbeit war das Haus für ihn und seine Familie beinahe fertig. Es fehlte nur noch am Dach, aber da die letzten Nächte trocken gewesen waren, hatten sie schon einziehen können und sich lediglich aneinander gekuschelt, wenn sie des Nachts schlafen gegangen waren. Zu Beginn hatte Danvan ihm verboten, mehr zu tun, als nur dazusitzen und zuzuschauen, während er und einige seiner Freunde gebaut hatten.

Callahorn, Cidegast, Morvain, Vandros und Kreyion, alles Daeva, mit denen er schon viel erlebt hatte, hatten ihm helfend zur Seite gestanden mit ihrer Kraft und ihrem Wissen, sodass alles schnell vorangegangen war. Jetzt waren nur noch Kreyion und Morvain hier, die anderen waren nach Morheim zurückgekehrt, wo sie gegenwärtig stationiert waren. Gerade hörte er, wie von Kreyion ein leises Kichern kam, dann hörte er Morvain schimpfen. Albin beugte sich fast halsbrecherisch weit über das Dach hinaus und sah nach unten. Lachend drehte er sich dann wieder zu Danvan um. „Sie bespritzen sich gegenseitig mit Farbe. Sind alle Daeva so kindisch?“

Der Ältere schüttelte den Kopf. „Kreyion ist fast so jung, wie er aussieht – lass ihm den Spaß. Und was Morvain angeht... nun, ihm tut es sicher auch einmal ganz gut, mit Jüngeren zusammen zu sein, die nicht so verknöchert sind wie der Großteil der Priester, mit denen er sonst unterwegs ist.“

Albin runzelte die Stirn, sagte aber nichts, sondern konzentrierte sich wieder auf seine Arbeit. Er hatte es sich nicht nehmen lassen, mit Danvan das Dach seines neuen Zuhauses zu decken, obwohl die anderen Männer über Flügel verfügten, mit denen sie eventuelle Stürze unverletzt überstehen konnten. Jetzt, wo sich der Jüngere wieder von seiner Verletzung erholt hatte, wollte er zeigen, was in ihm steckte.

Er hatte jeden Tag mit Cidegast, seines Zeichens Gladiator im Dienste Asmodaes, trainiert, ehe dieser in die Kaserne zurückgekehrt war. Zwar hatte sich Albin nie an Cidegasts riesiges Großschwert oder gar die Stabaxt herangetraut, doch sie hatten mit Schwert und Schild geübt. Danvan würde den Ausdruck von Konzentration, Freude und dem Spaß an der Herausforderung, der sich auf Albins Gesicht gezeigt hatte, nicht so schnell vergessen.

„Danvan? Hörst du mir überhaupt zu?“ Der Assassine fuhr zusammen. „Entschuldige. Was hast du gesagt?“ Der Jüngere schüttelte den Kopf. „Ich habe dich gefragt, wann du nach Morheim zurückkehren wirst.“ „Ich weiß es noch nicht genau.“, erwiderte Danvan ehrlich. „Ich möchte noch bleiben, bis ihr euch hier etabliert habt und ohne Hilfe zurecht kommt. So schnell wird das nicht der Fall sein, fürchte ich.“ „Warum nicht? Ich habe mich von meiner Verletzung erholt, und meine Kinder schließen bereits Freundschaften. Sogar Mestella hat schon ein paar Freundinnen hier.“

„Das schon. Aber ich möchte wirklich sicher sein, dass ihr keine Not leidet.“

Albin seufzte. „Danvan, du und die Anderen, ihr habt uns schon so viel geholfen. Das können wir niemals zurückzahlen. Es ist nicht notwendig, dass du mir die Hand hältst, während ich versuche, mein neues Leben aufzubauen.“

Danvan zog das letzte Seil fest und verknotete es, bestrich es mit der Tinktur, die es witterungsbeständiger machen sollte und richtete sich dann auf. „Das ist es nicht, Bruder. Es geht mir vielmehr darum, dass ich mir nicht in alle Ewigkeit vorwerfen möchte, euch nicht genug geholfen zu haben. Betrachte es einfach als die Unterstützung eines jüngeren Geschwisterkindes durch ein Älteres.“ Er sah zu Albin hinüber. „Bist du fertig?“

„Fast.“ Der Jüngere nahm noch weitere Nägel zur Hand und hämmerte sie geschickt in den Balken. „So. Ich hätte nicht gedacht, dass es so schnell gehen würde.“ Danvan lächelte: „Die Anderen und ich sind ja auch Daeva. Mit Flügeln fällt einem so manches leichter.“ Er bedeutete Albin, auf seinen Rücken zu steigen und breitete die Schwingen aus. Zwar waren sie beide eigentlich zu schwer für ihn, um über weite Strecken zu fliegen, aber wie schon in Brusthonin reichte seine Kraft, um sie sicher zu Boden zu tragen.

Unten kamen ihnen zwei vollkommen farbbespritzte Daeva entgegen, die aber mehr als fröhlich schienen. Kreyion strich sich zwei farbtriefende ehemals rote Zöpfe aus dem Gesicht. Seine grünen Augen blitzten. „Wir sind fertig mit den Malerarbeiten, zumindest draußen. Wie sieht es bei euch aus?“ Albin nickte. „Wir sind ebenfalls fertig. Danke euch beiden für die Hilfe. Ohne euch wären wir wesentlich langsamer gewesen!“

Morvain schüttelte den Kopf und wischte sich mit einem Lappen die helle Farbe von der blauen Haut. „Das war eine Selbstverständlichkeit. Wenn man nicht einmal Freunden hilft, wem dann?“ „Schon. Aber ihr seid in erster Linie die Freunde meines Bruders...“, meinte Albin kleinlaut und der Kantor schüttelte erneut den Kopf. „Siehst du es so? Ich dachte, wir hätten Freundschaft geschlossen in der Zeit, in der wir hier waren.“ „Nein, das meine ich nicht. Ich bin euch wirklich dankbar, dass ihr hier wart...“ Kreyion lachte: „Sei jetzt besser still, bevor du dich um Kopf und Kragen redest. Belassen wir es dabei: Es war eine Selbstverständlichkeit für uns, dir und Danvan zu helfen. Wir haben es gern getan, und geschadet hat es uns sicher auch nicht.“

„Das wohl nicht. Möchtet ihr mit uns essen?“, fragte Mestella, die hinter Morvain aus der Haustür trat. Die beiden Männer nickten dankbar und folgten Albins Ehefrau ins Innere. Bevor Danvan es ihnen gleichtun konnte, hüpfte Serava heran. „Onkel Danvan? Seid ihr jetzt fertig geworden?“ Er lächelte und nickte. „Ja, das sind wir. Jetzt ist euer Haus endgültig bezugsfertig. Freust du dich?“ Das Mädchen strahlte. „Klar! Auch, wenn ich unser altes Haus in Brusthonin vermisse, glaube ich, dass es hier sehr schön ist. Bleibst du bei uns?“ Er zögerte. Dann schüttelte er langsam den Kopf. „Nicht für immer, Kleines. Ich muss dorthin gehen, wohin man mich schickt – letzten Endes bin ich Soldat. Aber ich kann euch jetzt viel leichter besuchen kommen. Ist das nicht auch gut?“

„Ja, schon... aber lass dir nicht wieder so viel Zeit, ja?“, bat sie dann und er lachte. „Ich versuche es. Na los, lass uns hinein gehen, damit deine Mutter nicht wütend wird. Es wäre sicher schade, wenn das gute Essen kalt wird!“ Serava lachte ebenfalls und betrat vor ihm das Haus.

Felin und Morvain saßen bereits am Tisch, während Kreyion Mestella half, das Essen aufzutragen. Der junge Jäger warf Danvan einen schalkhaften Blick zu und stellte die Schüssel mit Zeller auf dem Tisch ab. „Viel fehlt nicht mehr. Dann habt ihr wieder eure Ruhe vor uns, nicht wahr, Morvain?“ Der Ältere seufzte leise. „Das ist wahr. Ich glaube, dass ihr bald wieder gut leben könnt, Albin. Basfelt ist ein guter Ort, voller hilfsbereiter Menschen und guter Lebensqualität...“ Sein Blick ging in die Ferne, fast wehmütig. Danvan erinnerte sich, Morvain stammte aus Altgard, dem Land, das er als neue Heimat für die Familie seines Bruders erwählt hatte. Dieses Land, hier, dieses sprichwörtliche Paradies im Vergleich zur Fäulnis Brusthonins. Er war dauerhaft in Beluslan stationiert, dem Land im Eis. Im Besfer-Flüchtlingslager half er denen, die flohen vor den Bedrohungen der Natur, die sich gegen ihre Bewohner wandte. Hier zu sein musste für ihn so etwas wie Urlaub darstellen von einer Welt, in der er täglich Leid von Flüchtlingen und Verfolgten mitbekam.

Der Kantor sah auf, als sich Kreyion neben ihn fallen ließ. „Rück mal ein Stück, damit ich auch noch zu euch auf die Bank passe! So schmächtig und braucht so viel Platz!“, beklagte sich der Jäger mit einem Lächeln auf den Lippen. Felin lachte und Kreyion warf ihm ein breites Grinsen zu. Morvain schüttelte den Kopf und rutschte ein Stück zur Seite. „Nun gut. Mestella, das riecht wirklich ausgezeichnet! Was bekommen wir heute zu essen?“, fragte er dann. Die junge Frau strahlte. „Ich habe mich an einem Rezept versucht, in dem Airon-Brustfleisch nach Altgard-Art gekocht wird. Es ist das erste Mal, dass ich mich an einem so großen Vogel versucht habe.“

Albin lachte und setzte sich auf den Stuhl am Kopfende. Er warf einen neugierigen Blick in den großen Topf, den seine Frau auf dem Tisch absetzte. „Stimmt, der ist ein bisschen größer als die Methus, die wir gewohnt sind!“ Mestella schüttelte den Kopf. „Du musst ihn nicht ganz essen, es reicht auch, wenn wir für morgen noch etwas haben.“, neckte sie ihn und Albin lächelte gutmütig. „Ich bin eben groß und kräftig und brauche viel zu essen!“ Danvan seufzte leise und nahm sich aus der Zeller-Schüssel. In Momenten wie diesen, wo er die Familie so einträchtig beieinander sah, vermisste er Milana und seine Tochter mehr als alles andere. Er konzentrierte sich darauf, das Fleisch sauber vom Knochen zu schälen und nicht weiter über Vergangenes nachzugrübeln.

Er aß schweigend, warf nur einmal Felin ein verschwörerisches Lächeln zu, als Milana ihrem Sohn das Versprechen abzunehmen versuchte, nicht das Dorf zu verlassen. Er wusste aus eigener Erfahrung, dass Kinder dazu neigten, Verbote zu ignorieren, und sei es auch nur, um ihre eigenen Grenzen auszuloten. Da war es allemal besser, wenn er mit Felin gemeinsam auf Erkundung ging.
 

Nach dem Essen vereinbarten die Männer, sich erst morgen wieder zu treffen, nachdem sie schließlich nur noch den Innenausbau vor sich hatten. Das Hauptaugenmerk würde hierbei auf Kreyions Tischlerfähigkeiten liegen, der Jäger war – neben so vielen anderen Vorzügen – ein mehr als passabler Handwerker. Morvain würde hingegen nach Beluslan zurückkehren, weshalb sich Danvan von ihm verabschiedete. Der Kantor wirkte wehmütig, seine alte Heimat zurücklassen zu müssen, aber das war eben ihr Schicksal. Ein Daeva Asmodaes hatte dorthin zu gehen, wohin man ihn schickte, nicht dorthin, wohin sein Herz ihn trieb. Zumindest hatte er einige Zeit in Basfelt verbringen dürfen, dachte sich Danvan, dem seine eigene Rückkehr nach Brusthonin noch immer in den Knochen steckte. Nicht immer war ein Wiedersehen der Heimat so angenehm wie in Morvains Fall.

„Danvan? Ich würde gerne mit dir unter vier Augen sprechen.“, meinte Albin plötzlich leise. Sie saßen zurückgelehnt vor der Haustür und sahen den Dorfkindern und Felin beim Fangen spielen zu. Danvan warf seinem Bruder einen kurzen Blick zu und nickte. „Sicher. Was gibt es?“

„Es geht um das, was du bist.“, begann Albin leise und nachdenklich. „Ich meine, du bist jetzt ein Daeva. Hast du es je... bereut?“ „Bereut, unsterblich geworden zu sein?“, gab Danvan zurück. „Nun ja, ein bisschen vielleicht schon. Am Anfang auf jeden Fall, als der Schmerz noch frisch war. Jetzt... man gewöhnt sich daran, denke ich. Es hat sicher auch gute Seiten, nicht alt zu werden.“ Er sah in die Ferne. „Es ist ein gutes Gefühl, Leben zu retten, die sonst verloren gehen würden. Aber ich hasse es, töten zu müssen. Ich weiß, es ist mein Beruf, ich bin Attentäter, kein Leibwächter, aber das macht es nicht unbedingt leichter. Trotzdem, die Zeit hier, wenn ich dir helfen kann, fühlt sich an wie Urlaub, trotz der harten Arbeit. Es ist einfach friedlich, und ich weiß, dass es euch später das Leben leichter machen wird.“ Albin nickte. „Ich weiß nicht, was ich an deiner Stelle getan hätte. Ich meine, ich kann es mir kaum vorstellen, plötzlich... unsterblich zu sein. Und die Vorstellung, Mestella und die Kinder alt werden zu sehen, macht mir Angst.“ Er sah Danvan an mit einem Blick, der klar machte, wie sehr Albin noch immer auf Danvans Rat angewiesen war, ganz gleich, wie erfahren er selbst war. „Wenn ich sterbe... wirst du dich dann um Mestella und die Kinder kümmern? Sie haben nur noch mich.“ „Albin! Was soll das? Du bist jung und gesund! Mach dir keine Gedanken über solche Sachen!“, wehrte Danvan erschrocken ab. Albin jedoch schüttelte nur den Kopf. „Als ich so krank war, ist mir klar geworden, wie dünn der Lebensfaden eines Menschen wirklich ist. Es kann so schnell gehen – eine winzige Verletzung, die sich entzündet, ein falscher Tritt... ich möchte nur wissen, dass es meiner Familie gut geht, falls ich einen Unfall haben sollte.“

Danvan seufzte tief. „In Ordnung. Ich glaube, ich verstehe, was du meinst. Als ich meine Familie verloren habe, fühlte ich mich, als würde die Welt in Scherben fallen. Ich wünsche dir und deiner Familie nur, dass ihr so etwas nie erleben müsst.“ Er legte ihm die Hand auf die Schulter und drückte sanft zu. „Mach dir keine Sorgen. Ich werde ein Auge auf euch haben. Euch alle. Ich habe immerhin alle Zeit der Welt, oder?“ Es fiel ihm nicht schwer, seinen jüngeren Bruder anzulächeln, und es wurde noch einmal leichter, als er Albins Augen hoffnungsvoll aufleuchten sah.

„Hast du eigentlich schon geplant, wie du das Haus einrichten möchtest?“, fragte er dann. Albin lachte. „Ich nicht, Mestella schon. Ernsthaft, ich glaube es ist besser, wenn sie das erledigt. Sie war schon immer besser, was häusliche Ordnung anbelangt. Mir bleibt der Stall, wo ich mein Unwesen treiben kann.“ Danvan nickte. „Gut, dann soll sich Kreyion einfach mit ihr zusammen setzen und alles ausarbeiten. Wir können immer noch als Möbelpacker mitarbeiten, wenn es soweit ist.“

Albin lachte. „Möbelpacker – ich glaube, ich habe selten etwas so gehasst, wie schwere Dinge von einem Ort zum anderen zu tragen! Nun, aber wenn ich die Sachen im Haus haben möchte, bleibt mir wohl nichts anderes übrig, oder?“ „Wohl nicht.“, gab Danvan zurück. Dann runzelte er die Stirn.

„Siehst du den Mann da vorne?“ Er deutete auf einen jungen Mann in der Kluft der Jäger, der es ziemlich eilig zu haben schien. Albin nickte. „Wohl einer der Jäger. Ich frage mich, was das wird.“

Die Tatsache, dass er schnurstracks zur Herberge rannte, irritierte Danvan. „Soll ich ihm nachlaufen? Scheint, als wäre es wichtig.“ Albin seufzte. „Wenn etwas ist, kannst du immer noch gehen. Er ist immerhin nicht direkt zu uns gekommen, oder?“ Danvan nickte. „Auch wieder wahr. Ich sollte mich nicht zu sehr daran gewöhnen, dass Daeva immer und überall gebraucht werden. Wenn man sich zu sehr in die Belange der Menschen einmischt, verdirbt man es sich nur mit ihnen.“ Er lehnte sich zurück.

„Die Wärme ist wirklich angenehm. Aber ich glaube, wir sollten wirklich am Stall weiterarbeiten. Ich möchte, dass ihr so schnell wie möglich wieder in der Lage seid, euren Lebensunterhalt zu verdienen.“ Albin lächelte. „Danke, Danvan. Du weißt, ich stehe tief in deiner Schuld für all die Hilfe, die du mir zukommen lässt. Lass uns anfangen.“

Die beiden Männer erhoben sich und gingen um das Haus herum, wo bereits die Grundmauern für den einfachen Stall standen. In Brusthonin hatten sie lediglich einen kleinen Unterstand gehabt, aber dort hatten sie Kures besessen, die wesentlich widerstandsfähiger waren als die kleineren Porgus, die in Basfelt gezüchtet wurden. Danvan sammelte seine Mörtelkelle auf. „Also los.“
 

Sie hatten etwa zwei Stunden gebaut, als plötzlich Mestella vor ihnen stand. Albin sah auf, während Danvan den letzten Stein einpasste. „Was gibt es?“

Die junge Frau trat zur Seite und gab den Blick auf einen der Wächter des Dorfes frei. Der Mann schwitzte und wirkte blass um die Nase. „Danvan, du bist ein Daeva, richtig?“ Als Danvan mit gerunzelter Stirn nickte, fuhr er fort: „Ich brauche deine Hilfe. Vorhin sind die Jäger mit sämtlichen anderen Daeva in Richtung des Mau-Versteckes losgezogen, um den verfluchten Katzenmenschen mal wieder klar zu machen, wie sie sich uns Menschen gegenüber zu verhalten haben. Erst gestern sind einige Vorräte aus den Vorratsspeichern von ihnen geklaut worden, und heute haben wir sie im Süden herumstromern gesehen.

Das Problem ist allerdings, dass uns jetzt keine Kämpfer zur Verfügung stehen – und dass wir einige Mosbären gesehen haben, die sich verdächtig nah an den Barrikaden herumtreiben.“

Danvan schluckte. „Mosbären? In Ordnung, ich komme. Albin, kannst du so lange alleine weitermachen?“ Sein Bruder nickte, hielt dann aber inne. „Wäre es nicht besser, wenn ich euch helfe? Je mehr Leute wir sind, desto eher können wir die Tiere einschüchtern, oder?“ Danvan schüttelte den Kopf. „Ehrlich gesagt, bin ich mir dessen nicht sicher. Mosbären sind keine gewöhnlichen Bären, die man mit schierer Menge vertreiben kann. Es wäre mir lieber, wenn du hier bleiben würdest, du hast dich erst von deiner Krankheit erholt...“ Doch ein Blick in Albins entschlossenes Gesicht zeigte ihm, dass er auf verlorenem Posten stand – wenn sich sein Bruder einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, konnte er verflucht stur sein. Er seufzte. „Also gut. Komm mit. Aber sei vorsichtig.“

Er holte seine Waffen aus dem Haus und folgte dem Wächter und Albin dann nach Norden zum Ausgang des Dorfes. Immer wieder sah er vom Hügel aus, den es abwärts ging, braunes Fell aufblitzen. Er reichte Albin eines seiner Schwerter. „Nimm. Und bleib um Himmels Willen bei mir. Mich können sie nicht so einfach töten, aber dich, wenn sie dich allein erwischen.“ „Du glaubst, sie werden angreifen?“, fragte der Jüngere verunsichert und Danvan zögerte. Er hatte schon Erfahrungen mit Mosbären gesammelt. Die Tiere konnten aggressiv reagieren, wenn sie nur hungrig genug waren. „Ich weiß es nicht.“, meinte er schließlich. „Es ist besser, auf Nummer Sicher zu gehen.“

Sie erreichten die Barrikade kurze Zeit später, wo Danvan den Wächtern freundlich zunickte. Elvan, den Ältesten, kannte er von einem früheren Besuch in Basfelt, der ältere Mann war einer der erfahrenen Wächter, während die anderen drei, einschließlich desjenigen, der ihn geholt hatte, noch eher jung und unsicher wirkten.

„Sie drücken sich schon den ganzen Tag hier herum. Was mir allerdings Sorgen macht ist, dass es sich fast ausschließlich um Männchen und große Weibchen handelt. Das ist kein gutes Zeichen, bedeutet es doch, dass sie scheinbar wirklich Hunger haben.“, erklärte Elvan. „Außerdem habe ich einige Mumus gesehen.“ Er zögerte und Danvan fragte: „Du nimmst an, dass sie angreifen werden?“

Elvan nickte. „Ja. Wenn sie es nicht von sich aus tun, werden die Mumus sie dazu bringen. Die kleinen Biester sind verdammt schlau, wenn es darum geht, Größere gegeneinander aufzustacheln.“ Danvan schluckte. „Habt ihr Ausrüstung hier? Mein Bruder ist größtenteils unbewaffnet.“ Der Wächter lachte. „Selbstverständlich. Kommt mit.“ Er führte sie zu einer großen Kiste, die gut versteckt halb unter einer der Barrikaden lag und öffnete den schweren Deckel. Eine ordentliche Auswahl an Waffen, Schilden und sogar vereinzelten Rüstungsteilen kam zum Vorschein. Er zögerte, maß Albin mit einem aufmerksamen Blick, dann grub er ein Schwert und einen Schild aus der Truhe und reichte sie ihm. „Hier. Das müsste dir passen. Gib ihm das Schwert zurück, das ist zu leicht für dich.“ Mit einem Stirnrunzeln gehorchte Albin und Danvan nahm die Waffe zurück. Tatsächlich bevorzugte der Attentäter etwas leichtere Schwerter als der Durchschnitt, aber der Durchschnitt hatte auch keine Wände zu erklettern oder in Häuser einzusteigen. Dann legte der Wächter Albin noch Beinschienen und einen Schulterschutz an. „Tut mir leid, aber wir haben keine umfassendere Rüstung. Armschienen wären ohnehin zu viel des Guten, da du ja schon einen Schild trägst. Du bist nicht besonders geübt mit den Waffen, stimmts?“ Albin nickte zähneknirschend und Elvan lachte. „Dann wäre dir das Zeug ohnehin zu schwer.“

Albin schüttelte den Kopf. „Das ist es nicht. Ich wundere mich nur, wie sehr schon diese paar Teile meine Bewegungsfreiheit einschränken.“ Diesmal brach Elvan in schallendes Gelächter aus. „Jetzt schon? Solltest mal eine volle Plattenrüstung tragen, dann reden wir weiter.“ Albin war offensichtlich peinlich berührt, denn ihm stieg die Röte ins Gesicht. Er knirschte: „Danke, aber das ist nichts, worauf ich übermäßigen Wert lege. Ich bin Bauer, kein Krieger.“ Elvan wurde ernst. „Schon gut, Junge. Ich weiß, es ist eigentlich eine dumme Idee, einen wie dich zum Dienst an der Barrikade heranzuziehen, aber die ganzen Jäger sind den Mau hinterher, anstatt zumindest noch ein wenig Reserve hier zu lassen. Wir müssen nehmen, was wir bekommen können, stimmts?“ Er klopfte Albin auf die Schulter und platzierte ihn in rechts von sich und links von Danvan, sodass sich dieser gleich viel entspannter fühlte. Wenn sein unerfahrener Bruder in der Mitte zweier Kämpfer stand, sollte es eigentlich keine Probleme geben. Hoffte er zumindest. Ab jetzt konnten sie nur noch warten, was die Mosbären wohl tun würden.
 

Danvan seufzte. „Wenn sie nur endlich kommen würden.“ Seit fast zweieinhalb Stunden saßen sie bereits an der Barrikade und warteten. Berent, einer der jüngeren Wächter, nickte ähnlich entnervt. „Mistviecher. Die Mumus, meine ich. Wie gerne hätte ich jetzt einen der Jäger hier, der sie einfach abknallen würde!“ Danvan schüttelte den Kopf. „Tut mir leid, mit Bögen war ich noch nie gut.“

Elvan gab zurück: „Ruhig. Da tut sich etwas. Seht hin!“

Einen Moment lang war Danvan geneigt, ihn einfach nur auszulachen, doch dann sah er es auch. Die Mosbären bewegten sich tatsächlich auf sie zu. Langsam, zögerlich zuerst, doch unter dem schrillen Pfeifen der Mumus – wohl so etwas wie Sprache – wurden sie immer schneller. Danvan schluckte. „Schwerter!“ Die anderen Wächter gehorchten und zogen mit ihm die Waffen. Albin an Danvans Seite wirkte gefasster als Stunden zuvor, auch wenn der Ältere sehen konnte, wie fest die Hand seines Bruders um das Heft geklammert lag.

Dann waren die Kreaturen heran. Bereits der erste Hieb einer der Kreaturen holte Danvan fast von den Füßen, nur mit Mühe konnte er sich auf den Beinen halten. Am anderen Ende der Barrikade hörte er ein unterdrücktes Keuchen, als sich Ivar gegen den Ansturm eines weiteren Bären stemmte. Albin blockte einen dritten Bären mit seinem Schild, tatkräftig unterstützt von Elvan, der der Kreatur emotionslos das Schwert in die Seite rammte. Mit einem Brüllen fuhr das Tier herum und schlug nach dem Wächter, öffnete dadurch aber seine Deckung, was Albin die Gelegenheit zum Gegenschlag gab. Danvan blockte den Hieb seines eigenen Mosbären mit beiden Schwertern, drehte sich dann und brachte der Kreatur mit einer Drehung seines Handgelenks einen tiefen Schnitt in der Pfote bei. Doch hatte er erwartet, der Bär würde zurückweichen, so hatte er sich geirrt. Das Tier schien den Schmerz nicht einmal zu spüren, sondern holte aus und drosch Danvan mit voller Wucht gegen die Schulter, sandte ihn diesmal vollends zu Boden.

Der Daeva spürte fast sofort, wie sein Arm begann, taub zu werden, doch er sprang wieder auf, als das Tier ihm hinterher tappste. Er gab der Kreatur nicht einmal mehr die Zeit, erneut anzugreifen, sondern ließ das Schwert fallen und riss mit einer fließenden Bewegung den vergifteten Dolch aus der Stiefelscheide und rammte ihn in eines der haarigen Beine vor sich. Diesmal brüllte der Bär, doch Danvan war klar, dass es jetzt nur noch eine Frage der Zeit war, bis das Tier das Zeitliche segnen würde. Er sprang auf die Füße, gerade noch rechtzeitig, um den Mosbären davon abzuhalten, ihn einfach niederzutrampeln. Mit einem weiteren schnellen Schlag seines Schwertes klaffte ein zweiter Schnitt im dicken braunen Fell der Kreatur. Der Bär zögerte, was Danvan die Möglichkeit gab, mit dem vergifteten Dolch eine simple magische Rune in sein Fell zu schneiden, die er gleich darauf explodieren ließ. Der Mosbär taumelte, sichtlich verwirrt. Jetzt endlich schien auch das Gift zu wirken, denn das nächste Knurren aus der Kehle des Tieres klang eindeutig schmerzerfüllt. Danvan war überrascht, als er in den dunklen braunen Augen plötzlich die Kampfeslust erlöschen sah. Mit einem tiefen Grollen drehte sich der Bär dann langsam um und trottete davon, nur um am Fuß des Hügels endgültig zusammenzubrechen.

Danvan runzelte die Stirn, doch als er Ivars Schmerzensschrei hörte, fuhr er heftig zusammen. „Danvan! Kümmere dich um die Jungs drüben! Wir kommen hier schon klar!“, rief Elvan und stach nach einem Mosbären direkt vor sich. Der Meuchler nickte und sprang hinüber zum anderen Ende der Barrikade, um Ivar und Vorus zu helfen.

Die beiden Männer wurden von zwei Bären und einen Mumu hart bedrängt, wobei Vorus bereits verletzt war. Blut rann ihm dunkel das rechte Bein herab, ließ Danvan erschauern. Doch er warf sich ohne zu zögern in die Schlacht, stieß gar noch einen dröhnenden Kampfschrei aus. Der Mumu, wohl überrascht ob der Verstärkung, wich zurück. Es war das letzte, was er tat. Danvan warf seinen Dolch nach der dicklichen Kreatur und traf sie direkt unterhalb der spitzen Nase. Mit einem Gurgeln ging der Mumu zu Boden, während Danvan bereits seinen zweiten Dolch aus dem anderen Stiefel riss.

Die beiden Mosbären gestalteten sich als schwierigere Gegner, wohl nicht zuletzt, weil Ivar und Vorus ihm eigentlich mehr im Weg standen, als dass sie ihm wirklich helfen konnten. Beide Wächter schienen so erschrocken ob der Wucht der Mosbären, dass sie wie gelähmt dastanden und nur mit Mühe ihre Defensive aufrechterhalten konnten. Danvan blockte einen Hieb des rechten Tieres und brüllte Ivar eine Warnung zu, die jedoch zu spät kam. Der Wächter ging in einer Wolke aus Blut zu Boden, als sein Mosbär ihm eine krachende Ohrfeige versetzte. „Ivar!“, keuchte Vorus und duckte sich hinter seinen Schild, wurde dann aber um zwei Schritte zurückgeworfen, als der zweite Bär ihn attackierte, Danvan schlicht ignorierend. Der Attentäter hatte mit der ersten Kreatur ohnehin genug zu tun, als dass er sich auch noch um Vorus' Mosbären hätte kümmern können. Er hörte Elvan irgendetwas schreien, das in Albins Fluch unterging. Ivar mühte sich zitternd auf Hände und Knie zurück, während Danvan sich weiterhin mit dem wildgewordenen Tier vor sich beschäftigen musste. Wo sich Berent befand, wusste Danvan nicht, und im Moment war es ihm auch herzlich egal. Es gelang ihm, den Mosbären mit einem nur mehr halbwegs gezielten Hieb ins Auge zu töten. Einen Moment lang blieb er keuchend stehen – und sah einen Mosbären in die kleine Senke laufen, die der Bach, der Basfelt durchschnitt, gegraben hatte. Mit einem Fluch setzte er über die Barrikade und folgte dem Tier, ehe es den Hang erklettern und die mehr oder weniger hilflosen Dorfbewohner attackieren konnte. Die Kinder spielten noch draußen!

Danvan warf sich mit einem Kampfschrei auf den Bären, rammte den Dolch wie auch das Schwert in den Rücken der Kreatur, die sich brüllend aufrichtete. Der Ruck, der durch den Körper ging, war so hart, dass Danvan das Schwert fallen ließ, während sich seine Rechte nach wie vor um den Griff des Dolches klammerte. Er wurde einfach mitgerissen! Aus dem Augenwinkel sah er, wie das Schwert aus dem Fell des Bären rutschte und hörte, wie es klirrend im Bachbett aufschlug, doch in eben diesem Moment schlug die Kreatur nach ihm, brachte Danvan einen blutigen Kratzer am Bein bei. Keuchend gelang es Danvan, den Dolch aus der Wunde zu ziehen und dabei auch noch auf den Füßen zu bleiben. Der Mosbär brüllte erneut und rammte den Kopf in den Bauch des Daevas. Mit einem Würgen ging Danvan diesmal doch zu Boden und landete hart auf den vom Wasser rundgeschliffenen Steinen, ein Bein im Bach, das andere am Ufer. Fauchend richtete er sich wieder auf, entfaltete seine nachtschwarzen Schwingen. „Komm schon, Mistvieh!“, zischte er und hob den Dolch. Er wusste, seine Augen glühten rot vor Wut. Der Mosbär zögerte. Dann knurrte das Tier und warf sich tatsächlich vorwärts! Danvans Mundwinkel verzogen sich, als er mit einer eleganten Drehung auswich und dem Tier die Klinge ins Auge trieb. Der Mosbär stürzte zu Boden wie ein gefällter Baum. Keuchend blieb Danvan einen Moment lang stehen, dann sammelte er sein Schwert auf, das in den Bach gefallen war und schüttelte sich.

Doch jegliche Entspannung wich, als er Elvans spitzen Schmerzensschrei hörte. Er rannte zurück zur Barrikade, nur um zu sehen, wie einer der Bären Ivar den Arm brach. Berent lag neben Elvan am Boden in einer Blutlache und rührte sich nicht. Von Albin war nichts zu sehen und einen Moment lang fürchtete Danvan schon das Schlimmste, doch Vorus' Schrei unterbrach jeglichen Gedanken an seinen Bruder. Der junge Wächter hatte sich zweier Mumus zu erwehren, die ihn mit ihren Speeren traktierten. Zwar hatte Vorus noch seinen Schild, doch sein Schwert war ihm offensichtlich abhanden gekommen, sodass er sich jetzt mit einem Knüppel – wohl eher ein Ast, der von einem anderen Mumu verwendet worden war – zur Wehr setzen musste. Danvan brüllte und warf sich auf die kleinen, runden Kreaturen. Einer von beiden brach er mit seinem Ansturm die Nagezähne, der anderen hackte er mit dem Schwert den Rattenschwanz ab. Beide Mumus kreischten auf, und beide attackierten ihn in der Folge fast gleichzeitig. Dem Speer von rechts konnte er noch ausweichen, doch der von links riss eine Schramme in seine Lederrüstung, von der Blut davonstob. Danvan fluchte. Warum erwischten die Biester nur immer wieder das dünne Leder und nicht die gehärteten Stellen, von denen ihre Waffen abprallen würden?

Er knurrte, holte mit der Rechten aus und schlug gleichzeitig mit der Linken zu. Zu seiner Überraschung zerteilte er die Kreatur in der Mitte, als er das Schwert vertikal abwärts in einen Gewalthieb zwang. Der andere Mumu fiel nur Sekunden später, als Danvan schlicht den Dolch nach vorne stieß und die rattenartige Kreatur damit offensichtlich lebensgefährlich verletzte.

Danvan hob den Kopf und sah sich um. Er sah, wie Elvan mit dem letzten Mosbären rang, seinen linken Arm schonend und etwas wackelig auf den Beinen. Nicht zögernd sprang er vorwärts und rammte der Kreatur den Dolch in den Nacken. Mit einem Grunzen ging das Tier zu Boden und erhob sich nicht wieder.

Der Daeva richtete sich keuchend auf und Elvan ächzte: „Noch etwas?“ Danvan schüttelte den Kopf. „Nein. Das waren alle.“ Fünf Mosbären und sechs Mumus lagen erschlagen vor der Barrikade.

„DANVAN!“

Der Schrei kam so plötzlich, dass Danvan heftig zusammenfuhr. Vorus rannte bereits los, in Richtung des Endes der Barrikade. Der Attentäter sah einen sechsten Mosbären ausholen und spürte, wie ihm sämtliches Blut aus dem Gesicht wich. „ALBIN!“ Er stürzte vorwärts, als er das Stöhnen hörte, als der Bär zuschlug. Vorus trieb mit bloßer Wut den Bären zurück, während Elvan an ihm vorbeisprintete und der Kreatur im vollen Lauf das Schwert bis zum Heft in den Körper trieb. Danvan war es gleichgültig. Er hatte nur Augen für seinen Bruder, der zwischen der Barrikade und dem Steilhang des Hügels lag. „Nein!“

Er sprang über Ivars zusammengesunkenen Körper hinweg, hatte keinen Blick für den ebenfalls verletzten Wächter übrig. All seine Aufmerksamkeit galt Albin. Der jüngere Mann lag schwach zitternd auf dem Rücken, seine Kleidung zerfetzt und blutig, das Haar schweißnass und ebenfalls blutverschmiert.

Danvan fiel bei ihm auf die Knie. „Albin, was ist? Wo bist du verletzt?“, fragte er, doch da sah er es schon. Der Mosbär hatte Albin am Bauch erwischt und wie es Danvan schien, war der Angriff mit äußerst viel Kraft erfolgt. Blut pulsierte mit jedem Atemzug aus der tiefen Wunde, die viel zu schwerwiegend war, als dass Danvan auch nur noch irgendetwas hätte tun können. Nicht einmal ein Heiler war hier! Sein Bruder hustete blutigen Speichel hervor. „Danvan...“

„Ich bin hier, Albin.“ Er wusste, dass der Jüngere im Sterben lag. Im stiegen Tränen in die Augen, als er ihn sanft in die Arme nahm. „Danvan...“ Er nickte. „Ja, Kleiner, ich bin bei dir!“Er hielt seinen Bruder fest, als Albin würgte, erneut hustete. Blut sprühte von den blassen Lippen, zeigten Danvan, dass es tatsächlich zu Ende ging. Er schluchzte leise. Wenn er irgendetwas tun konnte, so war es, bei Albin zu bleiben, bis es vorbei war. Er hielt die eiskalte Hand seines Bruders, beobachtete, wie die Farbe aus Albins ohnehin blassem Gesicht wich.

Er fuhr zusammen, als sich der Jüngere plötzlich krümmte, den Rücken durchbog, nach Luft röchelte und sich in Danvans Hand krallte. „Ich bin da für dich! Schon gut, Kleiner, hab keine Angst!“, flüsterte er, als er das Entsetzen in den Augen seines Bruders sah.

Albin schrie, wobei Danvan deutlich Schmerz und Angst in der Stimme seines Bruders hörte. Albins Klauen kratzten über den Boden, als er sich in seinem qualvollen Sterben wand. Es war schrecklich anzusehen. Nach allem, was er getan hatte, um Albin das Leben zu retten und seiner Familie ein neues Heim zu geben, schien es, als würde ihm das Schicksal ins Gesicht spucken. Jetzt, wo sich endlich alles zum Guten hätte wenden sollen, starb der, um den sich alles drehte – die Kinder waren noch zu klein, um ohne einen Vater auskommen zu können! Danvan weinte, hielt Albins zitternde Hand, während sich der Jüngere vor Schmerzen wand.

Plötzlich jedoch erstarrte Albin, starrte gen Himmel, ehe sich mit einem Ruck blauschwarze Schwingen entfalteten, Danvan halb umwarfen dabei. Der Ältere blieb sprachlos sitzen. Seine Gedanken waren wie eingefroren, ehe sie dann schlagartig zu rasen begannen. Albin war wie er! Ein Daeva, geflügelt und, ja unsterblich!

Der Jüngere sah verwirrt auf, während die tödliche Wunde in seinem Bauch ohne weiteres Zutun heilte. „Danvan...? Was... was geschieht mit mir?“ Danvan schüttelte den Kopf, zu überwältigt, um irgendetwas zu sagen. Schließlich brachte er hervor: „Du bist wie ich!“

Als er die Angst in Albins Augen sah, berührte er seinen Bruder sacht an der Wange. „Hab keine Angst. Ich lasse dich nicht allein.“ „Aber... was wird aus Mestella und meinen Kindern?“ Danvan erschrak, als er die Tränen in Albins Augen sah. „Es heißt, das Leben eines Daeva ist nicht mehr sein eigenes allein!“, meinte der Jüngere leise und setzte sich langsam auf. Danvan nickte. „Das stimmt. Aber das heißt nicht, dass du ihnen nicht mehr helfen darfst, oder dass du sie nicht mehr sehen darfst. Sicher, du musst jetzt Asmodae verteidigen, aber du musst dafür nicht alle Bande durchtrennen! Ich habe es doch nur getan, weil zu Hause nur Schmerz und Trauer auf mich warteten, aber du kannst anders handeln!“

Albin schluckte schwer, fuhr nachdenklich mit der Hand durch die schwarzen Federn seiner Flügel. „Ich muss sie nicht für immer verlassen?“ Er klang so jung, als er das sagte, dass sich Danvan unwillkürlich an ihre Jugend erinnerte. Er hatte Albin immer beschützt, als der Ältere war dies seine natürliche Pflicht gewesen. Er hatte es gern getan – und er würde es auch weiterhin tun, sollte das nötig werden.

„Nein, musst du nicht. Viele Daeva aus nicht-daevischen Familien tun es, um ihre Verwandten nicht altern sehen zu müssen. Aber das heißt nicht, dass es Pflicht ist.“

Der Jüngere zögerte, noch immer unsicher auf die schwarzen Schwingen starrend, die er um sich gelegt hatte. Dann meinte er: „Ich werde also Mestella und meine Kinder altern und sterben sehen, während ich von der Zeit unberührt bleiben werde?“ Trauer lag in seiner Stimme und es tat Danvan Leid, dass er nicken musste. Albin nahm es ruhig auf, wirkte aber doch noch verletzt und sehr, sehr traurig.

„Ich denke, ich kann ihnen aber zumindest doch noch helfen. Wäre ich stattdessen hier gestorben, wären sie jetzt ganz allein. Mestella ist eine starke Frau. Sie wird sich schon durchschlagen können, auch wenn ich nur selten da sein kann, wie ich fürchte. Ich lasse sie nicht fallen!“, meinte er dann. Danvan spürte, wie sein jüngerer Bruder seine Kraft zurückzubekommen schien. Er wusste, Albins Stärke war sein unerschütterlicher Glaube an den Erfolg, der bis an Sturheit grenzen konnte. Er war dankbar, dass sein Bruder so war, denn so war er in der Lage, sich ans Leben zu klammern, wo viele andere bereits aufgegeben hätten.

Albin richtete sich auf. „Ich muss es ihnen sagen, bevor ich gehe. Denn dass ich gehen muss, steht wohl außer Frage, schon allein, weil ich mich in Pandaemonium vorstellen muss?“ Er sah Danvan an, der leise nickte. „Bleibst du bei mir, falls sie Fragen haben, die ich nicht beantworten kann?“ Danvan neigte den Kopf. „Natürlich.“ Im Geiste kehrte das Lächeln zu ihm zurück. Albin und seine Familie würden auch diese Schwierigkeit meistern. Dessen war er sich jetzt sicher.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Tina_1990
2012-11-12T21:48:13+00:00 12.11.2012 22:48
Moah <3
Super Kapitel *.* Ein HappyEnd x3
Ich bin so erschrocken als Albin doch nochmal verletzt wurde und fast gestorben wäre, aber dann hast du ihn noch gerettet *.*
Hat mir sehr gefallen :)
Kriegt man da vllt irgendwann noch mehr zu lesen?:D



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