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Aufregungen im Fürstentum

Wie Inu Yasha auch hätte verlaufen können
von
Koautor: Kupferschweif

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Kapitel 11

Sesshoumaru öffnete die Tür zum Zimmer des Heilers. Auch der lag bewusstlos auf dem Boden, mit dem Gesicht nach unten, sein Haar war am Hinterkopf blutverklebt.

Der Erbprinz wollte den Heiler wie den Diener zuvor unsanft mit dem Fuß anstoßen, besann sich dann aber darauf, wie lange Amaru dem Fürstenhaus schon diente und stieß ihn etwas sanfter an.

Der alte Dämon rührte sich tatsächlich. Seine Augenlider flatterten und öffneten sich schließlich. Wankend richtete er sich auf seine Knie auf und griff nach der Wunde an seinem Kopf. Dann entdeckte er die Schuhe desjenigen, der ihn geweckt hatte und neigte sich wieder tiefer.

„Sesshoumaru-sama“, sagte er.

„Was ist hier passiert?“, fragte der Kronprinz.

„Ich... ich kann es Euch nicht genau sagen, Sesshoumaru-sama... Ich... habe etwas hinter mir gehört, aber noch bevor ich mich umdrehen konnte, wurde ich niedergeschlagen“, antwortete Amaru.

Sesshoumaru sah sich in dem Raum um. Es war nichts durchwühlt worden. Wer immer den Heiler niedergeschlagen hatte, war nur deshalb in den Raum gekommen. „Schau dir die Diener an und versuche, sie zu wecken“, ordnete er an.

Amaru neigte sich noch etwas tiefer. „Wie Ihr wünscht, Sesshoumaru-sama.“

Der Kronprinz verließ das Zimmer und der alte Dämon atmete etwas auf. Auch wenn er den Erben schon seit dessen Kindheit kannte und ein recht enger Vertrauter des Taishou war, fühlte er sich in der Gegenwart des jungen, kühlen Daiyoukai doch immer etwas unwohl.

Dieser machte sich auf den Weg in die Privatgemächer der Familie. Vielleicht fand er dort Hinweise.
 

Nachdem sie einige Zeit lang nichts mehr gehört hatte außer den unregelmäßigen und rasselnden Atemzügen ihrer Mutter, traute Sora sich, sich aufzusetzen. Die achtjährige sah sich um.

Sie befand sich in einem Verlies, es stank nach Dreck und Verwesung und durch das kleine, vergitterte Fenster an der Decke fiel nur wenig Licht.

Das Mädchen sah sich genauer um und entdeckte ihre Mutter am anderen Ende des Raums. Sie rührte sich nicht, nur ihr Brustkorb hob und senkte sich etwas. Sora stand auf und ging vorsichtig hinüber, achtsam, wo sie hintrat. Nicht, dass sie noch eine Falle auslöste oder so etwas.

„Verehrte Mutter?“, fragte sie und war überrascht, wie kratzig ihre Stimme klang.

Vorsichtig berührte die Kleine ihre Mutter, aber die regte sich immer noch nicht. Sora rüttelte sie etwas heftiger. „Wach doch auf! Bitte! Mama!“, sagte sie, aber Hana reagierte nicht.

Ihre Tochter atmete heftiger. Was sollte sie denn nur tun? Ihr Vater, ihr Großvater und ihr Onkel waren sicherlich schon unterwegs, um sie zu suchen, aber was sollte sie bis dahin machen?

Das Mädchen zog die Knie an, schlang ihre Arme darum und lehnte ihre Stirn gegen ihre Knie.

Sie hatte keine Ahnung, wie schwer ihre Mutter verletzt war, sie hatte nur gesehen, dass dieser fremde Soldat, dieser Schatten, das Schwert durch die gleiche Stelle getrieben hatte, an der Hana erst einen Tag zuvor verletzt worden war und hatte auch gehört, dass etwas geknackt hatte.

Die kleine Prinzessin merkte, dass sich ein Kloß in ihrem Hals bildete und ihre Augen anfingen zu brennen.

Nein, sie durfte jetzt nicht weinen. Was, wenn ihr verehrter Vater sie so sehen würde? Er hätte sowieso lieber einen Sohn gehabt und schätzte es überhaupt nicht, dass seine Tochter so viel Zeit mit Inu Yasha verbrachte und sich einige Verhaltensweisen von ihm abgeschaut hatte, wenn er jetzt sehen würde, dass sie schon wieder weinte, würde sie ihn ganz verlieren.

Sie musste sich überlegen, was sie jetzt tun musste. Als erstes sollte sie irgendwie ihrer Mutter helfen. Aber wie? Sie hatte doch keine Ahnung davon!

Hana atmete noch, wenn auch schwach und unregelmäßig, die Wunde blutete nicht mehr, aber auf ihrer Stirn war kalter Schweiß.

Sora sah sich um. Die Schwertscheide lag in der Ecke, die von ihr momentan am weitesten entfernt war. Ihre Mutter hatte ihr mal gesagt, dass Schwertscheiden von dämonischen Schwertern meistens auch sehr mächtig waren, weil die Klingen keine gewöhnlichen waren und darum gut bewacht werden mussten. Sie hatte auch gesagt, dass sie das Schwert von ihrer Mutter bekommen hatte und dass das hübsche, verschnörkelte Zeichen auf der Klinge ein Zeichen war, das Schutz versprach.

Sesshoumarus Tochter stand auf und ging durch den Kellerraum, hob die Scheide auf und konzentrierte sich.

In dieser Scheide ruhte Magie, soweit sie das beurteilen konnte. Zwar war sie nicht darauf geschult, Magie zu spüren und zu beurteilen, aber trotzdem merkte sie, dass diese Scheide nicht aus einfachem Holz bestand.

„Bitte, pass auf meine Mama auf“, flüsterte das Kind und ging wieder zu ihrer Mutter, legte ihr die Scheide auf die Brust, kniete sich dann neben sie und betrachtete das blasse Gesicht.

'Bitte, wach auf', flehte sie innerlich.

Sora wandte ihren Blick nach oben zu dem kleinen Fenster. Die Sonne hatte den Zenit bereits verlassen. Es kam dem kleinen Mädchen so vor, als wäre sie bereits seit einem Jahr in diesem Loch, dabei war es nicht mal ein Tag.

Sie hatte sich immer unangreifbar gefühlt, als könnte ihr nichts etwas anhaben und als ob sie es mit allem aufnehmen könnte. Aber die letzten beiden Tage hatten ihr bewiesen, dass sie doch nur ein Kind war und dass sie nicht alles alleine schaffen konnte. Sie saß mit ihrer bewusstlosen Mutter in einem Kellerverlies, hatte keine Ahnung wer sie hier hingebracht hatte und warum und vor allem wusste sie nicht, wann, ob und wie sie hier raus kommen würde.

Das Mädchen betrachtete die Wände, suchte nach einer Möglichkeit, nach oben zu klettern. Wenn sie an das Fenster kommen konnte, könnte sie vielleicht auch hinausklettern und Hilfe holen. Aber sie wollte auch ihre Mutter nicht alleine lassen. Sollte sie aufwachen und wäre ganz alleine, würde Hana bestimmt Angst bekommen...

Nein, selbst wenn Sora hier raus kommen könnte, wollte sie lieber bei ihrer Mutter bleiben. Ihre Eltern hatten ihr am Vortag drei Mal das Leben gerettet. Hana bei dem Überfall und Sesshoumaru bei dem Attentat auf sie im Schloss. Jetzt würde die Prinzessin auf ihre Mutter aufpassen.

Falls dieser Schatten zurückkommen sollte, würde Sora ihn unter allen Umständen von ihrer Mutter fernhalten.
 

Der Taishou suchte das Schlossgelände nach irgendwelchen Spuren ab, Schleifspuren, Fußspuren, irgendwas.

Dabei überlegte er fieberhaft, wer hinter der ganzen Sache stecken konnte. Wer hasste ihn so sehr, dass er seine Schwiegertochter und seine Enkeltochter entführte und wer weiß was mit ihnen anstellte und seine Söhne bedrohte?

Hanas Vater?

Der Fürst des Nordens war bösartig. Er hatte seine Tochter dazu anstiften wollen, für ihn zu spionieren. Steckte er jetzt auch hinter diesen hinterhältigen Anschlägen? Ging er soweit, seine eigene Tochter angreifen und verletzen zu lassen? Aber wie war er an die ganzen Informationen aus dem Schloss gekommen? Spielte Hana doch ein falsches Spiel und hatte doch mehr Kontakt zu ihrem Vater als sie zugab? Immerhin hatte sie gewusst, dass Sesshoumaru die ganze Zeit in ihrem Gemach gewesen war. Und sie war die erste gewesen, die diese Elite-Kampftruppe bemerkt und einen Angreifer abgewehrt hatte.

Nein, Hana würde er das nicht zutrauen. Niemals. Sie würde nicht ihr eigenes Kind gefährden. Und sich das Handgelenk brechen und die kaum verheilte Wunde wieder aufreißen zu lassen, anstatt sich einfach bewusstlos schlagen zu lassen, war dumm und dumm waren weder Hana noch ihr Vater.

Aber wer dann? Hatte der werte Cousin des Taishou es geschafft, einen Diener in das Schloss des Westens einzuschleusen?

„Bokuseno“, sagte der Herr der Hunde.

In dem Baum neben ihm erschien das Gesicht eines alten Mannes. „Oyakata-sama“, sagte der alte Baumgeist. „Was kann ich für Euch tun?“

Ja, was wollte der Fürst hier überhaupt? Er hatte gar nicht bemerkt, dass er eine so weite Gegend um sein Schloss schon abgesucht hatte...

„Kanntest du Hanas Mutter?“, fragte er dann plötzlich.

„Hanas Mutter? Ja, sie war mir bekannt“, erwiderte Bokuseno.

„Ist die Schwertscheide von Hanas Schwert aus deinem Holz gefertigt?“

„Ja. Darf ich fragen, warum Ihr das fragt?“

„Das erkläre ich dir ein andermal. Was für Fähigkeiten hat diese Schwertscheide?“

„Hanas Mutter hatte das Schwert vor langer Zeit schmieden lassen, schon bevor sie den Fürst des Nordens geehelicht hat. Dieses Schwert hat schützende Fähigkeiten, ähnlich wie die Zwillingsklingen. Ich weiß nicht, wie Hana mit diesem Schwert umgeht, aber ihre Mutter konnte damit effektive Bannkreise erschaffen und auch sonst ist die Klinge mit Magie angefüllt. Die Schwertscheide muss diese Magie zurückhalten können, ist daher ebenfalls magisch“, erklärte der Baumgeist. Der Stolz darüber, dass die Schwertscheiden, die aus seinem Holz geschnitzt waren, so besonders waren, konnte er nicht aus seiner Stimme verbannen.

„Kann die Schwertscheide Bannkreise beschwören und denjenigen beschützen, der sie bei sich hat?“, fragte der Taishou.

„Die Schwertscheide kann genau wie die Schwertscheiden von Tessaiga und Tenseiga ihren Träger beschützen. Dieser Schutz ist zugegebenermaßen nicht so mächtig wie der des Schwertes selbst, aber doch recht beachtlich.“

„Gut. Ich werde dich in ein paar Tagen wieder mal besuchen.“

„Oyakata-sama, darf ich Euch etwas sagen?“, fragte der alte Baumgeist.

Der Fürst wusste, dass jetzt ein Hinweis erfolgen würde und es war unhöflich, seinen Herrn auf etwas hinzuweisen. „Sprich.“

„Die Armee, die Euer Schloss überfallen und Eure Schwiegertochter und Eure Enkeltochter entführt hat, ist in nördlicher Richtung unterwegs.“

Die Augen des Taishou weiteten sich unmerklich. „Woher weißt du das?“

„Diese Soldaten können ihre Spuren vielleicht vor exzellenten Nasen verbergen, aber sie können nicht verhindern, dass die Bäume sie sehen“, erklärte Bokuseno.

„Danke.“ Damit war der Fürst verschwunden.
 

Inu Yasha sah auf, als sein Bruder das Verlies betrat. Die schwarze Gestalt straffte sich unmerklich, als sie den Kronprinzen entdeckte. Sie hatte dem Hanyou nichts darüber gesagt, warum er gegen das Westreich intrigiert hatte und dabei würde es auch bleiben. Sollte Sesshoumaru doch mit ihm machen was er wollte.

„Er hat nicht geredet“, sagte Inu Yasha.

„Noch nicht“, erwiderte sein Halbbruder und schlug zu.

Die Gestalt keuchte unwillkürlich auf, als die Faust sich in seine Magengrube bohrte.

„Wo sind sie?“, knurrte Sesshoumaru.

„Ich... werde nichts sagen!“

Der nächste Schlag traf den Brustkorb und mindestens zwei Rippen gaben nach. „Ihr werdet mich nicht töten. Sonst seht ihr die Prinzessinnen nie wieder!“, zischte die Gestalt.

„Da wäre ich mir nicht so sicher.“ Die nächsten Rippen knackten, als die Faust des Erbprinzen sie traf.

Inu Yasha beobachtete seinen Bruder. Das Gesicht wurde verschont. Würde Sesshoumaru der Gestalt den Kiefer brechen, würde das Sprechen schwer fallen.
 

Als der Taishou kurze Zeit später das Verlies betrat, war sein Erbe dazu übergegangen, den Gefangenen mit seinem Gift zu malträtieren, nachdem er ihm schon mit seiner Energiepeitsche zugesetzt hatte.

Die Gestalt gab noch immer Wiederworte und weigerte sich, etwas zu verraten.

Sesshoumaru drehte sich um und verneigte sich etwas, als er seinen Vater bemerkte, auch Inu Yasha neigte sich vor.

„Töte ihn“, sagte der Fürst.

„Das könnt... ihr nicht! Dann erfahrt ihr nie... was mit den beiden Prinzessinnen... geschehen ist und verurteilt... sie damit auch... zum Tod!“, keuchte die schwarze Gestalt.

„Falsch, wir wissen auch so, wo sie sind“, war die kalte Antwort.

Sesshoumaru und Inu Yasha wagten es nicht, zu ihrem Vater aufzusehen. Besonders vor Feinden – und seien sie auch ihre Gefangenen und dem Tod recht nahe – musste die höfische Etikette gewahrt werden. Sonst könnte sich noch herumsprechen, dass der Westen in Ausnahmesituationen ihre Erziehung vergaß. Trotzdem hätten beide Prinzen nur zu gerne erfahren, was ihr Vater meinte.

Hatte er wirklich herausgefunden, wo Hana und Sora waren? Oder war das eine Finte, um den Gefangenen zum Reden zu bringen?

„Niemals! Das ist eine Lüge! Ihr könnt sie nicht gefunden haben, sie sind viel zu gut versteckt!“, schrie die schwarze Gestalt und sackte in sich zusammen, so weit die Fesseln das zuließen.

„Ich pflege stets die Wahrheit zu sagen. Wir wissen, wo die beiden sind, wir haben also keinen Grund mehr, dich am Leben zu lassen“, erwiderte der Fürst ruhig.

„Ach nein?“ Das klang nicht so selbstsicher, wie es sollte.

„Sesshoumaru, töte ihn.“

Der Erbprinz neigte sich etwas tiefer und wandte sich dann der Gestalt zu. Die zuckte zurück, als er die Finger knacken hörte. „Nein, wartet, ich erzähle alles!“, brachte sie heraus.

„Was willst du uns erzählen? Was wir schon wissen?“, fragte der Fürst.

„Nein! Nein, ich werde alles sagen, was Ihr von mir hören wollt!“

„Fein. Sesshoumaru, du kommst mit mir. Inu Yasha, du hörst dir an, was er zu sagen hat. Und wenn es nichts wichtiges ist, bring ihn um“, ordnete der Taishou an.

Seine Söhne verneigten sich kurz und das Familienoberhaupt verließ das Gefängnis, gefolgt von seinem Erben. Inu Yasha wandte sich dann dem Gefangenen zu, der tief durchatmete. „Ich hoffe wirklich, dass du mir etwas Interessantes zu sagen hast. Auch wenn ich dir zu gerne den Hals umdrehen will“, meinte der Hanyou.

„Ich... ich werde sagen, wer mich beauftragt hat und was er vorhat“, beteuerte die Gestalt eilig.

„Dann leg los und red nicht so lange drum herum!“
 

„Bokuseno hat erzählt, dass Hana und Sora in Richtung Norden verschleppt wurden“, sagte der Fürst.

Richtung Norden? Zum Reich von Hanas Vater? Steckte er wirklich dahinter? Der Erbprinz spannte seine Hand etwas an. Sollte sein Schwiegervater wirklich so weit gegangen sein, seine eigene Tochter und seine Enkeltochter in Lebensgefahr zu bringen? Warum? Damit der Vertrag gebrochen wurde und er einen Grund hatte, einen Krieg zu eröffnen? War er wirklich so wild hinter den westlichen Ländereien her?

Der Fürst blieb stehen und ließ sein Youki aufflammen, sein Sohn tat es ihm unverzüglich gleich.

In ihrer wahren Gestalt waren sie schneller, auch wenn sie aufpassen mussten, weil sie Hinweise so leichter übersehen konnten.

Durch die Schwertscheide waren Hana und Sora zwar etwas geschützt, aber auch nur, wenn sie sie bei sich hatten. Aber wieso hätten die Soldaten die Schwertscheide mitnehmen sollen? Im Arbeitszimmer war sie nicht und Hana hatte wohl kaum nur das Schwert bei sich gehabt.

Die beiden riesigen Hunde sprangen über die Baumkronen und flogen über den Wald. Wenn die Prinzessinnen irgendwo im Wald gefangen gehalten werden würden, hätte Bokuseno das gewusst und es dem Fürsten auch mitgeteilt. Also war anzunehmen, dass die Soldaten sie aus dem Wald raus gebracht hatten.
 

Sora wanderte durch die kleine Gefängniszelle und sah sich genau um. Vielleicht fand sie ja einen Weg, wie man hier raus kommen konnte. Wenn ihre Mutter aufwachen würde, könnte die Kleine dann mit ihr zusammen fliehen.

Wie waren sie hier überhaupt reingekommen? Sora wusste es nicht. Sie hatte ihre Augen die ganze Zeit zugekniffen und keinen Ton von sich gegeben. Wer wusste denn schon, was diese Soldaten sonst mit ihr gemacht hätten? Sie hatte nur gemerkt, dass sie auf einmal abgesetzt worden war. Dann war eine Tür zugefallen und es war totenstill geworden, wenn man von dem Atmen ihrer Mutter absah.

Aber das Mädchen konnte keine Tür finden. Sie strich mit der Hand über die Wand, da das Licht schon weniger wurde. Nichts. Da war nur die glatte, steinerne Wand. Wo war die Tür nur hin?

Oder hatte das Kind sich das doch nur eingebildet? War sie etwa bewusstlos geworden und hatte geträumt, dass sie eine Tür zugeschlagen gehört hat? Waren sie und ihre Mutter in Wirklichkeit durch das Fenster in der Decke einfach runter geworfen worden?

Nein, dann müsste Sora Schmerzen haben. Die Decke war recht hoch und der Boden hart, aber ihr ging es soweit ganz gut. Es war kalt und feucht um sie herum, doch Schrammen oder Knochenbrüche hatte sie nicht.

Was jedoch mit ihrer Mutter war, konnte sie nicht sagen. Sie atmete noch immer rasselnd und unregelmäßig, war noch immer bewusstlos und schweißnass.

Die Achtjährige seufzte leise und setzte sich wieder neben Hana, rieb sich etwas die Arme. Sie wurde müde und fing auch noch an zu frieren. Das kleine Mädchen rollte sich an der Seite ihrer Mutter zusammen und legte ihren Kopf auf deren Schulter. Natürlich auf die unverletzte Schulter. Hana war warm. Sie war zu warm. Bekam sie etwa Fieber?

Sora schmiegte sich enger an sie. „Bitte, wach wieder auf, Mama“, flüsterte sie und schloss selbst die Augen. Sie war auf einmal so müde!
 

„Na los, fang an zu erzählen!“, forderte Inu Yasha zum wiederholten Mal.

„Bitte, erst die Fesseln lösen!“, erwiderte die Gestalt.

„Du bist nicht in der Lage, Forderungen zu stellen. Ich bin aber in der Lage, dich zu töten. Und auch wenn ich darin nicht so viel Einfallsreichtum wie mein Bruder oder mein verehrter Vater habe, kann ich dich doch ganz schön quälen“, knurrte der Hanyou. „Du wolltest doch deinen Hals retten, indem du uns Informationen gibst. Los, fang an, sonst dreh ich dir den Hals um.“

„Gut. Aber danach... könntet Ihr doch meine Fesseln lösen, oder?“

„Das kommt drauf an, ob du dann überhaupt noch Körperteile hast, an die man Fesseln anlegen kann!“

„Schon gut, Verzeihung. Ich werde euch alles sagen, was Ihr wissen wollt.“

„Wer hat dich beauftragt?“

„Mein Herr, der Häuptling unseres Stammes“, erwiderte die Gestalt.

„Und warum?“

„Das hat mein Herr mir nicht genau gesagt. Er sagte nur, es ginge um die Zukunft unseres Stammes und dass uns jemand Besserung versprochen hätte.“

„Wer?“

„Es... es tut mir leid, Inu Yasha-sama, aber das weiß ich wirklich nicht, es wurde mir nicht gesagt. Ich habe doch nur die Befehle meines Herrn ausgeführt.“

„Woher hattet ihr die ganzen Informationen aus unserem Schloss? Wer hat sie euch gegeben?“

„Das... das weiß ich nicht... Ich... mir wurde nur gesagt, was ich in die Drohbriefe schreiben sollte. Ich... ich denke, dass jemand... aus dem Schloss... es war, der meinem Volk Besserung versprochen hat... wir... wir haben doch kaum etwas, wie hätte unser Häuptling da ablehnen können?“ Die Gestalt verspannte sich und stöhnte gleich darauf vor Schmerzen auf. War eine seiner Rippen überhaupt noch nicht gebrochen?

„Von was für einem Volk reden wir hier überhaupt? Was bist du?“, fragte Inu Yasha.

„Ich bin die rechte Hand meines Herrn, meines Häuptlings. Ich... ich bin ein Schattendämon.“

„Schattendämon?“

„Es verwundert mich nicht, dass Ihr noch nichts von uns gehört habt. Es gibt nur noch unseren Stamm und der ist sehr klein.“

„Das rechtfertigt noch lange nicht, dass ihr uns angreift, dass ihr meine Schwägerin und vor allem meine Nichte entführt! Sie ist noch ein Kind! Egal wie schlecht es euch auch gehen mag, es gibt euch noch lange nicht das Recht, euch an Kindern zu vergreifen!“

Die dunkle Gestalt schwieg.

„Wenn ihr Sora oder Hana auch nur ein Haar gekrümmt habt, wird es euch bald gar nicht mehr geben!“

Der Gefangene schluckte. „Wir haben den beiden nichts getan, wir haben sie nur entführt und versteckt. Es geht ihnen ganz sicher gut, wenn ihr sie findet.“

„Wieso seid ihr eigentlich auf den hirnrissigen Vorschlag eingegangen, uns zu erpressen, zu bedrohen und anzugreifen? Ihr hättet auch einfach zu meinem Vater kommen und ihn um Hilfe bitten können! Aber das könnt ihr jetzt wohl vergessen. Ihr werdet mindestens Hana verletzt haben, um sie und Sora aus dem Schloss zu bekommen!“

Der Schattendämon schwieg kurz und sah zu Boden. „Ich führe nur Befehle aus, ich hinterfrage sie nicht.“

Inu Yasha schnaubte. Hoffentlich fanden sein Vater und sein Bruder die beiden Prinzessinnen schnell. „Wenn du Glück hast, wird mein Vater befehlen, dich schnell zu töten. Wenn du Pech hast, ist er sehr schlecht gelaunt und überlässt es Sesshoumaru, wie du sterben wirst.“

„Aber... ich habe doch alles gesagt!“

„Na und? Du hast bei der Entführung geholfen, du hast die Drohbriefe geschrieben, unser Hauptmann und eine unserer besten Kriegerinnen sind deswegen gestorben. Meinst du, dass das alles vergeben und vergessen ist, weil du dazu gestanden hast?“

Der Gefangene sackte in sich zusammen. „Aber... bitte, verschont mein Volk!“

Der Hanyou wandte sich ab und verließ die Gefängniszelle. Er sollte mal Myouga suchen und ihn fragen, was er über die Schattendämonen wusste. Wo ihr Gebiet lag, wie viele sie waren, alles. Vielleicht fand man auch so heraus, wer diesen Stamm angestiftet hatte.

Dann bliebe nur noch die Frage, wer aus dem Schloss Informationen nach außen sickern ließ...
 

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Wenn wir jetzt versprechen, dass das nächste Kapitel schneller kommt, glaubt ihr uns sowieso nicht mehr. Daher versprechen wir nur, dass wir die Story niemals ganz abbrechen, sondern immer weiter machen. ^^

lg

Jenny & Hani



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Weissquell
2011-02-03T12:07:06+00:00 03.02.2011 13:07
Ich hab grad festgestellt, dass ich das Kommi zu Kapitel 10 vor exakt einem Jahr geschrieben hab. :-) Schön, dass es weitergeht, auch wenn ich erstmal wieder reinkommen muss.
Dieser Schattenyoukai muss schon ein ziemlich hartgesottener Bursche sein, wenn er Sessis Folter standhält und das wo der junge Daiyokai vermutlich angesichts der Umstände in keiner gönnerhaften Verfassung ist. Hut ab. Ihm muss sein Stamm ja wirklich viel bedeuten. Inu Yasha hat allerdings ganz recht, sie hätten zu Inu Taishou kommen können, wenn sie Probleme haben. Bin sicher, dass da noch einiges im Busch ist.

Ich find es auch ein klein wenig befremdlich zu lesen, dass Inu Yasha ihn töten soll. Auf grund der Umstände passt es natürlich zu der Situation, allerdings stutzt man doch kurz, weil man das aus der Serie eben nicht so kennt von ihm, jemand zu töten der ihm ausgeliefert ist.

Hana scheint ja doch etwas schwerer verletzt zu sein. Na mal sehen ob die Herren Verwandten sie und Sora bald finden und ob sie wirklich so unversehrt bleiben wie behauptet.

Ich find auch die Bemerkung von Inu Yasha gut, dass der Youkai vermutlich trotz Geständnis nicht mit dem Leben davon kommen wird, einfach weil das plausibel ist. Youkais sind da ncht zimperlich mit ihren Gefangegen, das wirkt realistisch.

Allgemein fein gemacht, da les ich gleich ma weiter.
Von:  Hotepneith
2011-01-07T07:46:06+00:00 07.01.2011 08:46
Ich freue mich, dass es weitergeht, zuerst einmal, und auch darüber, dass ihr in der Vergangenheit nichts verlernt habt.
Die kleinen Einschübe um die Entführten, die Sorge Soras um ihre mutter machen dieses ganze Kapitel so "menschlich", ebenso auf der anderen Seite die Sorgen und - recht rabiaten- Bemühungen des männlichen Teils der Familie. Schattendämonen können sich also nicht vor Bäumen verbergen. Das mag ein mManko sein. Preisfrage ist jetzt, warum es ihnen so schlecht geht ( subjektiv oder objektiv) und wer ihnen so versprechen kann, dass es ihnen besser gehen wird, dass sie es ihm auch glauben. Ein Irgendwer kann das nicht sein.
Es bleibt also spannend, sehr schön.
Schön auch, dass ihr nach wie vor die ganzen höfischen Verhaltensweisen nicht vergesst.

bye

hotep


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