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Capricorn

7 Tode
von

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Tod 1 ~ Mai-Ling Pi

"Was du liebst, lass frei. Kommt es zurück, gehört es dir."
 


 

Mai-Ling Pi
 

Das war nicht wirklich, was ich mir von einem Studium erhofft hatte. Vorlesungen und langes Sitzen, dauerndes Zuhören und Stillsein, es war wie zu Hause. Ehrlich. Und ich hasste mein Leben bei meiner Familie, zumindest die meiste Zeit.

Es fiel mir immer schon schwer irgendetwas zu sagen, nach dem ich nicht gefragt wurde, ich traute mich nicht, hatte nie viele Freunde, weil mich alle für eingebildet hielten oder zu schüchtern um überhaupt zu atmen. Gut, schüchtern bin ich wirklich, wahrscheinlich mehr als alles andere auf der Welt, aber es tut weh, wenn andere darüber reden und man selber nichts dagegen sagen kann, weil man sich einfach nicht traut.

Ich hasste es wirklich ich zu sein und wünschte oft, jemand anderes würde mit mir tauschen, aber ich glaubte nicht, dass jemand freiwillig sowas machen würde...
 

Es war Donnerstag, in zwei Wochen hätte ich Geburtstag und würde 24. Immer wenn ich daran dachte wurde mir ein kleines Stück mulmiger. Ich lebte schließlich noch bei meinen Eltern, etwas Untypisches in meiner Verwandschaft, normalerweise wurden wir Kinder schnellstmöglich verheiratet, so aber nicht mein Bruder und ich. Außerdem konnte ich es mir gar nicht leisten auszuziehen, schließlich studierte ich und bekam ansonsten leider keine müde Mark.

Ich ging nebenbei nicht arbeiten, auch wenn ich das gekonnt hätte, Zeit hatte ich ja genug, aber die wurde zum Glück immer von meiner besten Freundin Yuri gefüllt. Sie war die Einzige, die sich wirklich um mich kümmerte und sich um mich bemühte, auch wenn sie meistens auf Granit stieß. Auch wenn sie es forderte, ich bin nie mit ihr auf eine Party oder in die Disco gegangen, schließlich sind da viel ältere, lüsterne Typen, die es nur auf deinen Körper abgesehen haben!

Sowas wollte ich nie, zumindest glaubte ich das. In der Uni ist es ja auch nicht ganz anders, wer einen weiten Ausschnitt trägt, hat halt bessere Zensuren, so funktioniert das Leben. Oder es kommt ein Thema zu dem man Ahnung hat und viel diskutieren kann, das gibt auch Pluspunkte, genauso wie im dem Moment - Alkohol.

Ein grausames Themagebiet, Alkohol und seine Auswirkungen auf Organe und den Kreislauf. Eigentlich wusste ich recht viel darüber, mein Vater trank regelmäßig, aber in Maßen, mein Bruder Tao, war im Gegensatz dazu schon gerne mal sehr angetrunken.
 

Professor Ye erklärte irgendwas, doch ich war mit meinem Kopf ganz woanders, bis mich jemand links in die Seite piekte. Ich sah erschrocken rüber und grinste verlegen als Yuri mir ein breites Grinsen zuwarf. Ich grinste zurück. Vorsichtig, wie immer.

"Wollen wir nach der Vorlesung noch ins Café gehen?", fragte sie leise und leicht zu mir gebeugt. Ich überlegte nicht lange und stimmte zu. Ein Café war nicht wie eine Party, sondern ordentlich und man traf nur sehr selten schräge Typen.
 

Als sie Vorlesung vorbei war, kam mir wieder mal das Gefühl als hätte der Großteil (mindestens 60%) geschlafen oder Musik gehört. Niemand hier nahm das so ernst, wie immer behauptet wurde, viele (so wie ich) lernten fleißig zu Hause.
 

Yuri piekte mich wieder und streckte sich etwas. "Du hast vorhin so ausgesehen, als wärst du auf einem völlig anderen Planeten", scherzte sie lachend und hakte sich bei mir an. Bestimmt ging sie neben mir her und drängte mich durch die Gänge. Sie wollte wahrscheinlich sicher gehen, dass ich nicht wieder einen Rückzieher machte...typisch.

"Nun ja...ich...habe etwas nachgedacht", meinte ich dann fast entschuldigend und ging mit ihr nach draußen. Es war wundervolles Wetter für einen Oktoberabend und fast sogar richtig warm.

Als wir die Ampel erreichten, fiel mir noch etwas ein. Mein Anatomiebuch lag noch in meinem Schließfach. Ich entschuldigte mich schnell bei Yuri und lief eilig wieder hoch. Als ich die Treppen hochlief bemerkte ich, dass es langsam von Westen her zuzog und dass das schöne Wetter sicher bald vorbei wäre.

Seufzend und betrübt über meine Feststellung, eilte ich durch die Gänge. Es kam mir keiner mehr entgegen und die meisten Professoren waren sicher auch schon gegangen, so konnte ich sogar rennen, auch wenn ich sofort ein schlechtes Gewissen hatte.

Mein Schließfach war nicht weit weg, aber trotzdem dauerte es eine Weile, bis ich es gefunden hatte. In den Gängen war es stockduster, die Hausmeister hatten sicher schon die Sicherungen abgestellt. Als ich dann meinen kleinen Spint erreicht hatte, musste ich mir mit meinem Handy Licht machen um aufschließen zu können. Ich zog das Buch heraus und ließ es in meine Tasche gleiten, als ich plötzlich etwas hörte. Sofort war ich alamiert und verharrte in meiner Bewegung und hielt die Luft an. Irgendwo lachte jemand. Vielleicht in einem Raum in der Nähe. Ich kannte das Lachen, es kam von einem Professor von mir - ich konnte ihn nicht leiden.

Doch ich war neugierig, nahm meine Tasche wieder über die Schultern, fasste sie fester und ging dann vorsichtig schleichend durch den Gang zu der Tür aus der das gedämpfte Lachen zu kommen schien.

Auch wenn ich echt schüchtern und ein Mauerblümchen war, aber das reichte noch lange nicht über meine Neugierde hinweg. Vorsichtig lugte ich durch das kleine Fenster in der Tür und schaute nach drinnen. Es schien kein Licht, aber ich konnte drei Leute erkennen, meinen Professor, der am Pult lehnte und zwei sehr große, hünenhafte Männer, die ihm gegenüberstanden, zwischen ihnen das massive Pult. Die Stimmung schien irgendwie ausgelassen, dann wurde es schlagartig ernst.

Ich merkte wie meine Hände vor Aufregung leicht zitterten und sofort wurde mir leicht übel. Ich hasse es nervös zu sein!

Leise shcluckte ich etwas und versuchte nun mehr zu erkennen. Der eine Mann hielt einen Koffer in der Hand, während der andere seine Hände in den Hosentaschen vergraben hatte. Sie waren sicherlich keine Chinesen, denn die redeten Englisch und das sogar mit deutlichem Akzent. Der Professor kramte kurz unter dem Pult und zog dann ebenfalls einen Koffer auf den Tisch.

Stirnrunzelnd beobachtete ich das Szenario. Was auch immer in den Koffern war, es hatte meine volle Aufmerksamkeit. immer wenn ich nervös bin, kaue ich auf der Unterlippe herum, meine Mutter hasste es, so auch jetzt. Ich wunderte mich, dass meine Lippe noch nicht abgenagt war.

Die Koffer wurden auf das Pult gelegt, gleichzeitig. Sie öffnete die Koffer und zeigten schweigend ihre Inhalte. Ich könnte wetten, dass in dem einen Koffer Geld war, genau wie im Film. Ich hielt wieder die Luft an, nun wurde es spannend. Mein Professor holte etwas aus dem Koffer, den die Männer auf den Tisch gelgt hatten und betrachtete es (was im Dunkeln völlig sinnlos war). Es sah aus wie eine Tüte oder sowas, gefüllt mit Mehl, dann dämmerte es mir. Welcher Professor würde denn Mehl schmuggeln? Keiner. Aber Drogen.

Drogenschmuggel war zwar ebenfalls nichts was man jetzt direkt auf einen Professoren zuschneiden würde, aber es war möglicher als ein Mehl-Deal. Mein Mund fühlte sich trocken an und meine Kehle auch, ich beschloss so schnell wie möglich hier zu verschwinden und dann die Polizei zu rufen, wenn ich in sicherer Entfernung war, aber ich hatte die Rechnung ohne Yuri gemacht.
 

Grade als ich mich umdrehte um los zu laufen, klingelte es in meiner Hand. Die Melodie von ABBA's Money Money Money dröhnte durch den ganzen Flur. Es fühlte sich sogar so an als würde der Schall laut und lauter von den Wänden widerhallen.

Mein nächster Blick ging wieder durch das Fenster in der Tür und mir sahen sechs erschrockene Augen entgegen. Sofort rannte ich los, den Gang entlang. Ich war eine schnelle Läuferin, aber der Gang war glatt und ich wusste nicht, wie schnell die Männer im Raum laufen konnten. Ich wusste nur - ich musste weg, doch ich kam nicht weit.

Zu sagen, dass es knallte, wäre wohl weit untertrieben gewesen. Es fühlte sich an wie ein Donnerschlag und etwas bohrte sich in meinen Rücken, links unter der Scalpula oder dem Schulterblatt. Es drückte sich weit in meinen Körper und durchschnitt alles was ihm auf seinem Weg in die Quere kam, dann folgte der Schmerz.

Ich wurde nach vorne geschleudert und prallte hart auf den Boden auf, ein Stechender Schmerz durchfuhr meinen Körper, doch ich konnte nicht schreien, war wie gelähmt. Von meinem Rücken an wurde mein Körper von einer warmen Flüssigkeit überlaufen und dann wurde mir schwarz vor Augen.

Der Schmerz ließ nach, meine Empfindungen ließen nach. Ich fühlte mich frei und ein wenig hilflos, gefangen im Nichts...
 


 

Es ist kalt um mich herum und nass und laut. Meine Augen wollen einfach nicht aufgehen. Stimmen um mich herum, dann spüre ich wie mich jemand am Arm packt und nach oben zieht. Ich höre Wasser platschen. Die Kälte übermannt mich und ein eisiger Wind peitscht umher. Die Stimmen werden deutlicher, doch nur zögerlich öffnen sich meine Augen.

Da sind Leute um mich herum, wenige, alles schwankt ein wenig und sie rufen wild umeinander. Jemand legt mir etwas warmes um die Schultern und redet auf mich ein, eine Stimme die ich nicht kenne.

Als meine Augen wieder ein Stück weiter aufgehen, erkenne ich mehr. Ein Boot, das Meer und Männer die hektisch umherlaufen. Meine Haare sind nass, mein Körper fühlt sich eisig an. Ich huste kurz, dann drückt mich etwas vorwärts in einen kleinen Raum und setzt mich ab, auf etwas Weichem - eine Matratze?



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