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Gegen jede Vernunft

Was, wenn du es nicht darfst...?
von

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Kapitel 6:

Die Zeit schien so schnell zu vergehen! Ehe ich mich versah war es bereits November und der Himmel drohte in eisigem Grau. Im Schloss wurde es langsam immer kälter und ich war froh, wenn ich nachts ins Bett kriechen und unter meine warme Decke schlüpfen konnte. Nur Draco konnte das irgendwie nicht. Es war schlimmer geworden, jetzt hörte ich Draco jede Nacht im Schlafsaal umhergehen. Er ließ sich nicht mehr beruhigen. Er setzte sich nicht mehr zu mir. Er wollte nicht mehr reden. Im Unterricht war er oft missgelaunt. Und mit Blaise hatte er sich auch schon ein paar Male gestritten. Ich hatte jedes Mal geweint, aber die anderen hatten es dank meiner Vorsicht nie mitbekommen; ich wollte den beiden nicht auch noch das aufhalsen.

Hatte ich mich zwischen sie gedrängt? Ich fragte Blaise danach. Ich hatte nämlich wirklich Angst, dass ich einen Keil in die einst so intensive Beziehung getrieben hatte.

Blaise sah mich einige Sekunden nur an. Dann lächelte er traurig, öffnete wie so oft seine Arme für mich und zog mich an sich. Wir saßen im Schlafraum, auf Blaise Bett, und hielten uns wie so oft in den Armen. Und auf einmal, da begann Blaise leise in mein Haar zu schluchzen. Ich war vollkommen überfordert. Ich streichelte den bebenden Rücken des Jungen und hielt ihn fest, hoffte ihm damit helfen zu können.

Blaise zog mich nur an sich. Das ganze dauerte keine fünf Minuten, dann drückte Blaise mich ein Stück von sich, griff auf seinem Nachttisch nach einem Taschentuch und schnäuzte sich erstmal. „Entschuldigung, Taylor. Ich wollt dich nicht belasten.“ „Hast du nicht“, erwiderte ich und sah zärtlich zu dem etwas Größeren auf. Ich zögerte wie immer ein wenig, dann hob ich doch die Hand und wischte die Tränen von seinen dunklen Wangen.

„Ich hab dich sehr lieb, Taylor“, teilte er mir mit, dann küsste er mich auf die Stirn und zog mich erneut in seine Arme. Diesmal weinte er nicht, aber ich wusste, dass ihm Dracos Verhalten sehr nahe ging. Ich beschloss mit dem Blonden zu reden.
 

In derselben Nacht hörte ich wieder Dracos Schritte. Leise zog ich die Vorhänge auf. Ich wollte ihn jetzt – ich hatte etwa eine Viertelstunde einfach nur dagelegen und Mut gesammelt hatte, den ich eh nicht besaß – auf Blaise Ausbruch aufmerksam machen.

Draco sah auf, als ich die Vorhänge öffnete. Ich erstarrte. „Draco…“ Sofort drehte der Blonde sich weg, aber ich hatte die Tränen auf seinen Wangen bereits bemerkt.

„Dr…Draco… was… was ist denn los?“ So hatte ich ihn noch nie erlebt. Draco war immer so stark und kalt gewesen… ich hatte ihn noch nie aufgelöst erlebt. „Nichts.“ Seine Stimme klang kalt… aber er weinte. Ich konnte es hören. Zögernd stand ich auf und ging einige Schritte zu ihm. Ich war mir so unsicher im Umgang mit ihm! Ich wusste, dass man Blaise in den Arm nehmen konnte, durfte und sollte. Er mochte es, wenn man ihn berührte. Er hatte ja selbst gesagt, dass er sich geborgen fühlte, wenn man ihn festhielt. Aber wie war das mit Draco? Er war doch so kühl… wollte er in den Arm genommen werden? Oder würde er mich wegstoßen und hassen? Ich spürte, wie ich selbst traurig wurde und mir Tränen der Angst bei dem Gedanken in die Augen stiegen. Was sollte ich tun?

„Draco…“, wiederholte ich und blieb ganz knapp hinter ihm stehen. Draco hob ohne sich umzudrehen denn Kopf. Dann wand er sich doch mir zu. Sein Blick wechselte von unglaublich erschrocken zu unglaublich verzweifelt. „Nicht weinen…“, flüsterte er fast flehend. Ich versuchte die Tränen wegzublinzeln. Es funktionierte nicht. „Hey… nicht weinen…“, wiederholte er, auch er schien einen kleinen Moment zu zögern, dann breitete er seine Arme aus.

Vorsichtig ging ich auf ihn zu, ließ mich in den Arm nehmen und legte den Kopf an seine Schulter. Er roch so gut. Anders als Blaise. Nicht unbedingt besser anders, aber eben anders.

„Warum bist du noch wach?“ „Warum bist du noch wach?“, stellte ich ein bisschen trotzig die Gegenfrage. „Und wieso weinst du?“, fügte ich dann noch hinzu.

„Tu ich nicht!“, stritt Draco leise ab. Er löste sich von mir und einen Moment hatte ich Angst, ihn mit der Frage gekränkt zu haben, doch Draco schob mich nur zu meinem Bett, hob meine Decke und bedeutete mir hinein zu kriechen. Ich tat es und er setzte sich auf meine Bettkante.

„Es ist nichts.“ Ich vergrub traurig das Gesicht in den Händen. Ich wollte ihn ja nicht drängen oder kränken, aber es machte mich so traurig, dass ich ihm nicht helfen konnte. Durfte.

Als ich wieder aufblickte rieb Draco sich gerade müde über die Augen. „Du… du solltest schlafen“, erklärte ich. Draco lächelte ein trauriges Lächeln. „Ich kann nicht. Ich würde eh nur grübeln.“ „Über was?“ Ich wickelte mich in die Decke und rutschte zu Draco. Fragend hob ich meine Decke ein wenig und der Blonde rutschte mit drunter. Er war so kalt! Vorsichtig schmiegte ich mich an ihn.

Draco drückte mit sanfter Gewalt meinen Kopf auf seine Schulter und ich legte ihn dort einigermaßen bequem für mich ab. Die Finger des Blonden fuhren immer noch durch mein Haar.

„Taylor… wenn ich dir jetzt was erzähle, dann darfst du es niemandem sagen, ja?“ „Blaise auch nicht?“ Draco seufzte. „Blaise weiß es eh. Er merkt so was.“ „Er hat geweint.“ Ich spürte wie der Blonde an meiner Seite sich anspannte. Er drückte mich fester an sich. „Geweint?“ „Ja.“ „Taylor, hab ich dir auch wehgetan?“ „Nein, Draco“, erwiderte ich. Lüge. Ich hatte nach jedem Zoff der beiden in mein Kissen geweint.

Einige Sekunden schwiegen wir. Dann fragte ich: „Was wolltest du mir erzählen, Draco?“ Der Blonde zögerte einige Sekunden, dann meinte er: „Weißt du, ich hatte in letzter Zeit ein wenig Stress mit meinen Eltern… mit meinem Vater. Er… er hat etwas getan, dass ich nicht mag.“ „Was denn?“, wollte ich jetzt neugierig wissen. Ganz zaghaft legte ich einen Arm um Dracos Hüften, bereit, ihn jederzeit wieder wegzuziehen. Der Blonde schien sich nicht daran zu stören, im Gegenteil er packte meine Hand mit seiner und hielt sie fest.

„Weißt du, Taylor, mein Vater… Lucius Malfoy… wir sind eine verdammt reiche, hochgestellte Familie. Fast schon adelig. In den Köpfen der Menschen sind wir das vielleicht schon.“ „Ich dachte in der Welt der Zauberer gibt’s keine Adeligen?“, hakte ich nach. „Gibt’s auch nicht. Ich denke aber, dass die meisten Menschen uns so sehen. Wir sind… reich. Reinblütig. Und wir haben einen reinen und uralten Stammbaum. Wir müssen uns an bestimmte Regeln halten. An bestimmte Traditionen. Und meistens auch an Vernunftsehen. Mein Vater hat so eine Vernunftehe für mich geschlossen. Mit einer jungen Dame. Ich kenne sie kaum. Aber eines weiß ich. Ich steh so gar nicht auf sie. Aber mit der Frau soll ich den Rest meines Lebens teilen. Ich muss einen Sohn mit ihr zeugen, um den Stammbaum fortzuführen. Sie mag eine nette Frau sein, aber ich kann mir einfach nicht vorstellen sie zu heiraten. Aber darauf wird’s hinauslaufen.“

Dracos Stimme war so leise geworden. Seine Lippen streiften mein Haar. „Draco. Kann ich dir irgendwie helfen?“ „Nein“, Dracos Stimme war traurig und ein wenig verzweifelte Belustigung hatte sich eingeschlichen. „Mir kann keiner helfen.“

Der Blonde ließ mich los, erhob sich und stand mir einige Sekunden nur gegenüber. Ich musste von meinem Platz auf dem Bett ein ganzes Stück zu ihm aufschauen. „Dankeschön.“ Die weichen Lippen lagen einen winzig kleinen Moment auf meiner Stirn, dann war Draco einen halben Schritt zurückgewichen. „Gute Nacht“, wünschte er matt, dann huschte er zu seinem Bett zurück. Ich zog meine Beine ins Bett, kuschelte mich mit der Decke zusammen und schloss die Vorhänge. „Gute Nacht!“
 

Ich fror ein wenig, als ich aufwachte. Trotzdem kletterte ich aus dem Bett. Ich war müde und mir war kalt.

Die Vorhänge zu Dracos Bett waren noch geschlossen. Ich hoffte wirklich, dass er noch schlief.

Während ich so unter der Dusche stand und mir das Wasser auf den Körper prasseln ließ, ließ ich mir das ganze Gespräch noch mal durch den Kopf gehen. Draco sollte also eine Frau heiraten, die er so gar nicht mochte. Ich verstand ihn ja. Ich würde mein Leben auch nicht mit jemandem verbringen wollen, den ich nicht mochte. Nicht liebte.

Ich wollte nicht, dass Draco so was durchmachen musste. Am liebsten würde ich ihm irgendwie helfen. Aber er hatte ja selbst gesagt, dass ihm niemand helfen konnte. Aber ich konnte versuchen für ihn da zu sein. Und das würde ich.

„Hallo schöner Mann!“, lachte Blaise, als er ins Bad kam. Er war bereits fertig angezogen. Ich schämte mich immer noch ein wenig, wenn ich nackt war. Blaise reichte mir ein Handtuch. Er mochte es, mich zu provozieren, aber er verstand auch, wenn ich mich schämte und hackte dann nicht auf mir rum. Mit einem dankbaren, wenn auch nervösen Lächeln wickelte ich mich in das Tuch ein und quietschte auf, als der Dunkelhaarige mich an seinen Körper presste. Ich wurde sofort knallrot.

„Wie geht es dir heute Morgen?“, wollte Blaise wissen und drückte meinen Kopf sanft an seine Brust. „Blaise, dein Hemd…“, warnte ich, weil ich sein ganzes Hemd mit meinen Haaren durchnässte, doch er ignorierte es einfach, hielt mich fest und erwartete anscheinend eine Antwort. „Gut soweit. Aber… bist… bist du okay?“ „Natürlich. Was soll sein?“, wollte Blaise wissen. „Wegen… du… du warst gestern… also… am Nachmittag…“ Blaise legte die Hände an meine Wangen und hielt mich soweit von sich, dass ich ihm in die Augen sehen musste. „Weil ich geweint habe? Lass uns das vergessen. Ich war nur… gereizt.“ Blaise drückte mir die Lippen auf die Stirn. Es fühlte sich anders an als bei Draco.

„Du warst traurig. Weil du dich immer mit Draco streitest. Das musst du nicht.“ „Weißt du… Draco ist mein bester Freund und ich hab ihn echt gerne. Ich weiß, dass er im Moment ernste Probleme zuhause hat. Und ich versuche ja ihn zu verstehen und seine Launen zu ertragen, genau wie du. Mensch, kann die Diva nicht einfach mal sagen was los ist?“ Blaise schnaubte und vergrub das Gesicht in meinen Haaren. „Hey, du riechst verdammt gut!“ Der Dunkelhäutige schnupperte an mir herum und fuhr mit der Nase durch mein Haar. Ich erzitterte.

Draco betrat plötzlich das Bad. „Morgen ihr zwei.“ Er klang nicht gerade glücklich. Ich zögerte einen Moment, dann bat ich, das Gesicht an Blaise Brust vergraben ganz leise: „Könnt ihr euch in Arm nehmen?“ Einige Sekunden, dann fragte Blaise leise und liebevoll: „Warum?“ Meine Stimme war noch leiser. Ich schämte mich so sehr! „Ich mag es nicht, wenn ihr euch streitet. Draco, kannst du nicht… versuchen… also… ihr, ihr seid doch Freunde, oder?“ Ängstlich sah ich hinauf in Blaise dunkles Gesicht.

Der Schwarzhaarige löste einen Arm von mir und hielt ihn in Dracos Richtung auf. Flehend sah ich zu dem Blonden hinüber. Der kam heran, zögerte, dann ließ er sich doch in Blaise Arme ziehen. Wir drei kuschelten uns aneinander und ich denke, dass meine Tränen Blaise Hemd noch ein bisschen mehr benetzten.

„Ich hab dich sehr gerne, Draco!“, flüsterte Blaise leise. Draco erwiderte nichts, doch wir wussten alle beide, Blaise und ich, dass er genau das gleiche fühlte. Vielleicht wusste ich es sogar besser als Blaise, schließlich hatte ich auch manchmal das Gefühl Dinge sagen zu wollen, die ich einfach nicht über die Lippen brachte. Bei Blaise fiel es mir so leicht.

„Ich hab euch auch lieb“, flüsterte ich und spürte Blaise Nase erneut in meinem nassen Haar. Ich war so glücklich wie nie zuvor.

Draco löste sich jedoch ganz schnell wieder von uns. Ich verstand ihn ja. Ich hatte den Malfoy in letzter Zeit gut genug kennen gelernt um zu wissen, dass er sich nicht gerne an eine warme Brust drücken ließ. Ich war ein wenig davon überrascht, dass er mich gestern so umarmt hatte… aber gut, ich war kleiner und wesentlich devoter als er. Blaise wäre eine Stütze, die er sich einbildete nicht zu brauchen. Ich hingegen war ein kleines Kätzchen, für das er sich wohl verantwortlich fühlte.

Aber ich denke, dass Draco uns beide brauchte. Und eines stand fest, ich würde für ihn da sein. Und auch für Blaise.
 

Es war Anfang Dezember, als ich oder beziehungsweise wir beide, erstmals wieder wirklich für Draco da sein mussten.

Die Stimmung des Blonden hatte sich seit November wieder gebessert. Er versuchte Rücksicht zu nehmen, uns nicht allzu weh zu tun und ja wirklich, er hatte sich sogar ein oder zweimal entschuldigt, wenn er uns wehgetan hatte.

Dann kam dieser Samstagabend im Dezember. Am Morgen beim Frühstück hatte Draco mit finsterem, aber starrem Blick einen Brief vom Bein eines riesigen Uhus geknotet. Sofort nach dem Essen war er verschwunden. Ich machte mir noch keine Sorgen, hoffte, dass er zu uns kommen würde, wenn er mit dem Lesen und Verarbeiten der Neuigkeit fertig war. Erst als sein Platz am Mittagstisch unbesetzt blieb, begannen Blaise und ich uns Sorgen zu machen.

Also suchten wir nach dem Blonden. Er war weder in der Bibliothek noch war er in der Eulerei. Selbst auf dem Astronomieturm sahen wir nach, obwohl ich ganz schön Magenschmerzen hatte, schließlich brachen wir gerade eine Regel. Trotzdem ging ich auch dorthinauf.

Nachdem wir den oberen Teil des Schlosses abgesucht hatten, machten wir uns in den Weg in die Kerker. Wir wussten beide, dass wir Draco in den Kerkern wohl schwerer finden würden, als oben. Der Blonde kannte sich hier unten einfach aus, aber ich und selbst Blaise waren nicht so bewandt in diesem Teil der Schule.

Wie zu erwarten fanden wir ihn nicht. Nachdem wir beinahe den ganzen Tag herumgeirrt waren, gaben wir es auf und zogen uns in den Gemeinschaftsraum zurück. In der Hoffnung, dass Draco wieder dorthin zurückkehren würde.

Mutlos vergrub ich mich in Blaise Armen auf dem Sofa und ließ mir durchs Haar fahren. Ich machte mir Sorgen.



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