Zum Inhalt der Seite

Memory Fragments

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Kapitel 3

Kapitel 3
 

Es war noch nicht ganz hell, als ich aufwachte. Meine Decke musste mir während des Schlafes auf den Boden gefallen sein; schlaftrunken hob ich sie auf und – als mein erster Schritt Richtung Ordnung – legte sie gefaltet auf das Sofa.
 

Die Wohnung schien mir leer, ich konnte kein Geräusch hören. Schlief Naruto noch oder war er bereits unterwegs? Mein Blick huschte verstohlen zu der Tür seines Zimmers, die dummerweise geschlossen war. Nach allem, was er mir über sein Leben als Ninja erzählt hatte, würde er sicher aufwachen, falls ich sie öffnete, um nachzusehen, ob er da war.
 

Hinlegen wollte ich mich nicht mehr; also streunte ich durch die Wohnung, fand bald etwas zu essen und befand mich schon kurze Zeit wieder in einer Langeweile, als ich alles bis ins kleinste Detail inspiziert hatte.
 

Sollte ich rausgehen? Die Sonne stand inzwischen höher am Himmel und Konoha hatte wieder die für mich so anziehende Wirkung des vergangenen Tages erreicht. Ich öffnete ein Fenster und schnupperte in die Morgenluft – das war der letzte Sprung zu meiner Überredung. Ich zog mich schnell an und war kaum zwei Minuten später draußen.
 

Noch waren nicht viele Menschen unterwegs, doch diejenigen, die ich sah, sahen mich wiederum mit seltsamen Blicken an. Seltsam – nicht direkt feindselig, jedoch zum Teil mitleidig, zum Teil neugierig und zum Teil mit einer Mischung aus beidem. Warum?
 

Der Entschluss, Narutos Wohnung zu verlassen, kam mir mit einem Mal doch nicht mehr so gut vor; ohne die Begleitung der Anderen fühlte ich mich ganz plötzlich allein gelassen und fremd. Ich erinnerte mich nur von dem voran gegangenen Tag an die Häuser, an denen ich eilig vorbei lief, jedoch ohne bestimmtes Ziel; doch langsam schlendern, spazieren gehen, wollte ich nicht.
 

Eigentlich sollte mir all das hier bekannt, ja sogar vertraut vorkommen – ich hatte also mein Leben hier verbracht, doch ich erinnerte mich nicht mehr hieran. Urplötzlich hielt ich inne, mitten auf der Straße blieb ich stehen, und ignorierte die verwunderten Blicke, mit denen man mich bedachte.
 

Wieso, verdammt noch mal, konnte ich mich einfach nicht mehr erinnern? Was hatte ich am Anfang meiner Erinnerungen in diesem seltsamen Gang gesucht, wieso war ich verletzt, von was, von wem, und was wollte man mir verschweigen?
 

Der Kopf schwirrte mir von den vielen Fragen.
 

Ich zwang mich dazu weiter zu gehen, denn ich hatte bemerkt, dass sich die Menschenmenge um mich herum bereits verdichtet hatte. Es war mir unangenehm.
 

Ich ließ sie bald hinter mir – die Menschen wurden weniger, bis ich mich schließlich auf einer gar nicht mal kleinen Straße befand, die jedoch wie leer gefegt war. Und vor mir wieder das große Tor, an dem ich am vergangenen Tag vorbeigekommen war.
 

Ehrfürchtig starrte ich es an. Oben auf dem Torbogen prangte ein großes Symbol, rot und weiß, beinahe kreisförmig. Etwas Unbekanntes durchflutete mich, als ob ich es kannte, kennen musste, doch der Gedanke, der mich aufklären würde, kam nicht.
 

Das Tor war mit großen Brettern versperrt; alles sagte mir, dass ich nicht eintreten durfte, dass keiner dort eintreten durfte. Ich kniff die Augen zusammen, sah nach links nach rechts, dann lief ich los und sprang über die niedrige Absperrung hinweg.
 

Hinter der Absperrung verbarg sich nichts Besonderes. Es war enttäuschend, was ich sah, oder vielmehr nicht sah: Die Straße, auf die ich nun blickte, war ebenso leer wie die gerade hinter mir gelassene. Doch trotzdem – ohne, dass ich wusste warum – überlief mich ein Schauer, ein Hauch von einem unguten Gefühl; ich kniff die Augen zusammen, weil ich diese Straße nicht mehr sehen konnte.
 

Doch der Grund dafür blieb mir unbekannt. Nicht der leiseste Gedanke schlich sich ein.
 

Seufzend ging ich los. Es musste doch irgendeinen Grund geben, dass dieser Teil des Dorfes abgesperrt war – doch nichts passierte. Alles erschien mir vollkommen normal, abgesehen davon, dass hier wohl jedes Haus unbewohnt und deswegen schon halb verfallen war.
 

Plötzlich blieb ich stehen. Ich sah ein Messer, ein Kunai, wie Naruto mir erklärt hatte, direkt vor mir in einer Hauswand stecken. Langsam, bloß aus purer Neugier, hob ich meine Hand und ergriff es. Es war ganz leicht herauszuziehen.
 

Es war schwerer, als ich erwartet hatte. Das alte Metall lag kühl und stumpf in meiner Hand. Ich starrte es ehrfürchtig an. Mein Herz pochte. So laut, dass ich es beinahe hören konnte. Das Blut rauschte mir in den Ohren. Meine Hand zitterte.
 

Ich schmiss es fort. So weit weg wie möglich; es fiel wenige Meter entfernt klappernd auf den Boden, die Spitze brach ab.
 

Ich wusste nicht, wieso ich es so plötzlich weggeworfen hatte. Mit einem Mal hatte es sich falsch angefühlt, es zu halten; eine bisher unbekannte Angst hatte mich ergriffen und hielt mich auch jetzt noch fest; mit Schweiß auf der Stirn blickte ich mich um und spürte immer und immer wieder den Hauch einer Erinnerung, die ich nicht fassen konnte, nicht wirklich sah, die jedoch ausreichte, um mich mit vor Angst geweiteten Augen losrennen zu lassen.
 

Keuchend kam ich schließlich wieder hinter der Absperrung heraus. Nie, nie wieder wollte ich diese Grenze überschreiten. Was versteckte sich bloß für ein Alptraum dahinter?
 

„Sasuke!“
 

Ich fühlte mich so erleichtert, als ich Naruto auf mich zulaufen sah.
 

„Sasuke, was-“ Naruto blickte mich erschrocken an. Seine Augen wanderten zwischen mir und dem Tor hin und her. „Sag ... warst du – warst du etwa dahinter?“ Er schien völlig fassungslos, sein Mund klappte auf, als ich nickte. Der Schweiß rann mir schmal über die Wange.
 

„Naruto ... du musst es mir sagen.“ Meine Stimmte hörte sich alles andere als fest an. „Du weißt es doch, oder?“ Er wich meinem Blick aus. „Naruto!“
 

„Ich hab doch gesagt, du willst es nicht wissen! Es ist besser so!“ schrie er mich plötzlich an. Mir war nicht klar, woher auf einmal diese Wut kam.
 

„Aber jeder weiß es, nicht wahr? - Ich war da drin, und ich weiß, dass da was nicht stimmt! Ich – ich ... konnte es beinahe fassen, ich konnte mich beinahe erinnern, verstehst du? Vielleicht kann ich mich endlich erinnern, wenn du es mir erzählst!“
 

Naruto senkte den Kopf, wollte mir nicht in die Augen sehen, ballte seine Fäuste, wie ich meine geballt hatte.
 

„Es gibt Dinge, an die sollte man sich nicht erinnern.“, sagte er schließlich und wollte sich umdrehen.
 

„Naruto!“ Ich hielt ihn fest. „Bleib hier!“
 

Er wirbelte herum.
 

„Sag du mir nicht, dass ich hier bleiben soll!“
 

Und damit stieß er mich mit einer plötzlichen Kraft zurück, die ich ihm nicht zugetraut hätte, die ich keinem Menschen zugetraut hätte – an eine der steinernen Stützen des Tores, an der ich hart aufprallte und herunterrutschte.
 

„Was-?“ Ich sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an. Doch er ignorierte es; drehte sich um und ging.
 

~~~~~*~~~~~
 

Als ich mich schließlich dazu aufraffen konnte aufzustehen, schmerzte mein Rücken gewaltig. Beinahe so, wie er es am Anfang meiner Erinnerungen getan hatte. War ich damals auch so an eine Wand geschleudert worden? Dann musste es auch jemanden gegeben haben, der dafür verantwortlich war.
 

Naruto wollte mir etwas verheimlichen.
 

Ich war inzwischen der festen Überzeugung, dass dieses verlassene Viertel ein Geheimnis verbarg, dessen Auflösung mich ein gutes Stück weiter in meinen Erinnerungen bringen würde. Alles, was ich über mein früheres Leben kennen lernte, half mir weiter. Es musste wichtig sein, wenn Naruto es mir verschwieg. Wichtig, und mit Sicherheit war es keine gute Erinnerung.
 

Als könnte es etwas dafür, sandte ich dem Tor einen giftigen Blick und machte mich dann selbst auf den Weg. Zu Narutos Wohnung, was blieb mir auch anderes übrig.
 

~~~~~*~~~~~
 

Als Narutos Wohnung in Sicht kam, holte ich noch einmal tief Luft. Ich kannte ihn nur wenige Tage, und schon hatte ich Streit mit ihm. Eigentlich hatte ich so etwas vermeiden wollen. Es schien mir, als hätte er früher eine wichtige Position in meinen Leben übernommen.
 

Ich ging die Stufen bis zu seiner Haustür hoch und erstarrte; laute, miteinander streitende Stimmen drangen durch die Tür. Vorsichtig drückte ich mein Ohr an das Holz und lauschte.
 

„Du hättest es ihm auch vorsichtiger sagen können!“ War das Sakuras Stimme?
 

„Ach ja? Wie denn? Dieser Idiot geht einfach in das Uchiha-Viertel! Konoha ist doch groß genug, wieso latscht er ausgerechnet da rein!“
 

„Du kannst ihn nicht ewig davor bewahren! Irgendwann wird er es erfahren-“
 

„Und dann geht alles von vorne los, oder wie? Ich – wir, wir haben so lange nach ihm gesucht, Sakura! Drei verdammte Jahre!“
 

Ich erstarrte.
 

Ich hatte eigentlich keinen Lärm machen wollen, doch irgendwie mussten sie mich doch gehört haben, als ich mich umdrehte.
 

„Sasuke?“
 

Sakura lehnte sich aus der Tür heraus. Ich blieb stehen und sah sie an. Wartend.
 

„Komm rein.“
 

Naruto schien ziemlich sauer zu sein: Er hockte auf dem Sofa, auf dem ich letzte Nacht geschlafen hatte, die Arme verschränkt, die Unterlippe vorgeschoben, der Blick feurig. Er starrte mich an, als wäre ich der Urvater allen Übels.
 

„Setz dich.“
 

Mangels anderer Möglichkeiten ließ ich mich neben Naruto nieder, jedoch mit gebührendem Sicherheitsabstand.
 

„Du hast es eben ja eh halb mitgekriegt, oder, Sasuke? Da können wir dir auch gleich den ganzen Rest erzählen.“ Sakura blickte mich kühl an; ein leichtes Zittern konnte sie allerdings nicht verbergen. „Naruto, fang an.“
 

„Was? Wieso ich, du wolltest das doch!“
 

„Du bist – warst sein bester Freund! Mach endlich!“ Auch Sakura war lauter geworden. Ich kauerte mich angesichts der beiden zusammen.
 

Naruto bedachte mich mit unsicherem Blick. Ich sah zurück.
 

„Also gut ...“ Er schloss die Augen. „Wo fang ich an ... du musst erst mal wissen, dass du einen Bruder hast. Itachi.“
 

Etwas flackerte in mir auf; jedoch nicht das, was man von Bruder zu Bruder erwarten würde – keine Freude, kein Glück. Etwas Dunkles, das ich schnell in mir verschloss. Naruto bemerkte es.
 

„Ach verdammt, ich kann einfach nicht!“ Er zerzauste sich die Haare. „Sasuke, du – du solltest es wirklich nicht wissen!“
 

Ich war zu fassungslos, um eine geeignete Antwort zu finden, doch Sakura sprang für mich ein.
 

„Naruto, reiß dich zusammen! An seiner Stelle würdest du es auch wissen wollen! - Erinnere dich, man hat dir auch jahrelang etwas vorenthalten!“
 

Ich hatte keine Ahnung wovon sie sprach; verwirrt blickte ich zwischen den beiden hin und her.
 

„Sakura ... er wird-“
 

„Wir werden ihn aufhalten! Ich habe es vor drei Jahren nicht gekonnt, aber jetzt kann ich es!“ Sie ignorierten mich beide völlig. „Er hat nichts, Naruto, nichts! Wenn er sich nicht erinnert, muss er alles wieder von vorne lernen!“
 

„Oder es ganz sein lassen.“, meinte Naruto mit einem Seitenblick auf mich.
 

„Du bist egoistisch, Naruto.“, zischte Sakura.
 

Ich schaltete mich endlich wieder ein; ich hielt dieses Gespräch, von dem ich nicht wusste, wovon es handelte, nicht mehr aus.
 

„Und ... wo ist er? Mein Bruder?“
 

Naruto sah Hilfe suchend zu Sakura.
 

„Er ... ist nicht mehr in Konoha. Er“, sie schluckte, „ist ein Verräter.“
 

„Und ein Mörder.“, setzte Naruto hinzu.
 

„Was?“ Ich sah sie beide fassungslos an. „Mein – mein Bruder ... ein Mörder?“ Ich fuhr mir durch die Haare. Dann sah ich auf. „Will ich wissen ... wen er umgebracht hat?“
 

„Nein.“ Sakura ließ sich vor mir nieder und legte mir die Hände auf die Knie. Sie fühlten sich kalt an. „Eigentlich nicht, aber du musst es wissen.“
 

„Aber du musst uns vorher etwas versprechen!“ Naruto war näher zu mir gerückt. „Verlass Konoha nie, ohne uns Bescheid zu sagen! Klar?“
 

Ich sah ihn verständnislos an, nickte aber.
 

„Also.“ Sakura holte tief Luft. „Dieser Tor ... und das Viertel, das dahinter liegt ... gehörte zu deiner Familie. Zum Uchihaclan. Und dein Bruder ... hat alle-“
 

„Sprich nicht weiter!“ Meine Hände hatten sich auf ihre gelegt, und als mir alles klar wurde, ich brauchte nur eins und eins zusammen zu zählen – die Leere des Viertels, meines Viertels, dass Itachi ein Mörder war – krallte ich sie zusammen. Sie hätte wohl auch nicht weiter sprechen können. Tränen standen in ihren Augen. „Ich – ich muss nochmal dahin.“ Meine Stimme war ruhig geworden. „Ich will sehen, wo ich gelebt habe.“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Raviel
2009-07-09T19:06:39+00:00 09.07.2009 21:06
Interessante Story, gefällt mir! Sehr spannend, macht neugierig auf mehr! *smile*
Und ein sehr interessantes kapi!
glg
Raviell


Zurück