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Shinjo

von

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Shinjo
 

Folge 3: Der Schutzengel an der Seite
 

Benommen wankte Hitomi nach einer Weile auf die offenstehende Tür der

kleinen Holzhütte zu. Ihren Kimono hatte sie bereits zugebunden und sie trug kleine, bequeme Pantoffeln, die man ihr neben der Matraze gelegt hatte.

Das Rauschen eines Wasserfalls wurde immer lauter und endlich stand sie draußen. Hitomis Augen weiteten sich vor Erstaunen, denn sie erblickte eine Umgebung, wie sie hätte widersprüchlicher nicht sein können. Die Hütte vor der sie jetzt stand, hatte ihren Sitz auf einen kleinen runden Hügel, der sich inmitten einer blühenden Landschaft befand. Vor ihr erstreckte sich eine weite unebene Grasfläche mit Büschen, Sträuchern und Bäumen. Zu ihrer linken Seite befand sich sogar ein kleines Wäldchen das ungefähr so groß wie ein Fussballfeld war. Die hohen Tannen standen dabei dicht aneinander. Doch das Verrückte daran war, dass dieses kleine Fleckchen Natur nicht irgendwo im Freien vor sich hinvegetierte, sondern anscheinend innerhalb einer großen Halle, errichtet worden war. Denn über Hitomis Kopf befand sich die gewaltige Kuppel eines Stadions oder einer großen Halle. Mehrere Scheinwerfer waren oben befestigt worden und beleuchteten diese Art kleinen Freizeitpark. Sogar einen kleinen See mit großen grauen Felsen, von denen der Wasserfall hinabströmte, hatte man hier angebracht. Doch auch einige kleine Häuschen, die an eine vergangene japanische Dynastie erinnerten, säumten hier und dort die grünen Flächen. Was war das hier für ein Ort? Hatte nicht dieser alte Kauz namens Quan Chi gesagt, dieser Junge Shinjo habe sie hierher gebracht?

>> Oh, du hast wohl keine Lust gehabt zu schlafen, wie?<<, hörte sie plötzlich eine jugendliche Stimme. Hitomi drehte sich um und erblickte oben auf dem Dach der Hütte, den Jungen namens Shinjo, der lässig auf einen Bein kniete, nun flink wie eine Katze runtersprang und somit vor ihr stand. Sympatisch lächelte er sie an. Seine Maske trug er nicht mehr, aber dafür hatte er noch immer seinen schwarzen Kampfanzug an.

>> Hitomi .... Ich hab mir schon des öfteren ausgemalt, wie das sein würde, wenn wir uns zum ersten mal gegenüberstehen würden.<<, sagte er .

Hitomi war langsam wieder klar im Kopf geworden und schritt näher auf den Jungen zu. Dann blickte sie ihm tief in die Augen und versuchte sich zu sammeln.

>> Wo bin ich hier gelandet?<<, fragte sie verunsichert. Eigentlich wusste sie so gar nicht recht, mit welcher Frage sie hätte zuerst anfangen sollen.

>> Nicht weit entfernt von zu Hause. Das hier ist das Himatomuseum mit seinen angrenzenden historischen Freizeitpark. Du warst nur nie hier, weil du dich ja nicht für solche Dinge interessierst. Zur Zeit sind aber keine Besucher hier, weil es schon nach Mitternacht ist und um diese Zeit keine Besucher kommen.<<

Hitomi stutzte und blickte sich erneut um. Dann wandte sie sich wieder dem Jungen zu, der ungefähr so alt war wie sie selbst.

>> Shinjo, richtig? So hat dich doch der Alte genannt.<<, fragte sie zögernd.

Der senkte grüssend noch mal den Kopf.

>> Ja, das ist mein Name.<<

>> Wohnst du hier etwa?<<, fragte sie.

>> Nein. Ich wohne eigentlich ... nun ja ... man könnte sagen, dass ich bei dir wohne.<<, antwortete Shinjo zögernd.

Da schrak Hitomi auf und ihr Gesicht verzog sich zu einer ungläubigen Grimasse.

>> Was?! Wieso? Und überhaupt, wie kommt es dass du mich kennst und einige Dinge von mir weisst?<<

>> Ich weiss alles über dich Hitomi... Wirklich alles. Und kenne dich seit ungefähr 11 Jahren ................. Ha! Das wird echt schwer werden dir das zu erklären!<<, sagte Shinjo und lächelte dabei etwas verlegen...
 

Hitomi lief mit Shinjo den Hügel hinab und sie standen nun auf einer bogenförmigen Brücke, die über einen kleinen, im Gras eingeschnittenen, Bach führte. Verwundert blickte Hitomi diesen Jungen, den sie noch nie gesehen hatte und doch behauptete er kenne sie schon seit langem, an.

>> Du bist ... irgendwie ... sonderbar.<<, meinte sie.

Shinjo lächelte sie an und lehnte sich dann gegen das Brückengeländer, wobei er fast verträumt ins rauschende Wasser blickte, in dem mehrere Forellen ihre Bahnen zogen.

>> Sonderbar? Ja vielleicht.<<, gab er gelassen zur Antwort. >> Ich kenne persönlich nicht allzu viele, die sich mal ein Bild von mir gemacht hätten. Als lebender Schatten, kann man auch so was nicht erwarten.<<

>> Woher kennst du mich eigentlich?<<, fragte Hitomi drängend.

>> Es ist so Hitomi:<<, fing Shinjo an zu erzählen. >> Egal wo immer du auch warst, was immer du getan hast, wo immer und wann immer... Da war ich auch zugegen. Ich war immer da... Seit du sechs Jahre alt warst, habe ich den Auftrag bekommen auf dich aufzupassen, ohne dass du von mir Kenntnis nehmen würdest. Ich folgte dir jeden Tag auf Schritt und Tritt. Daraufhin, bin ich seit meiner Kindheit trainiert worden. Du bist mein ganzer Lebensinhalt, Hitomi.<<

Hitomi war sprachlos und mit offenen Mund starrte sie Shinjo an.

>> Du meinst, du ... du hast mich ständig beobachtet. Du... du willst damit sagen... du kennst mein ganzes Leben, wie kein anderer. Du willst mir erzählen ... d-du willst mir sagen ... du ... du hast mich quasi ... aufwachsen sehen?<<, stotterte sie verdutzt.

Shinjo wandte ihr seinen eindringenden Blick zu und blickte sie ernsthaft an.

>> Ja. Das zu glauben, fällt dir sicherlich schwer, aber es ist nun mal so. Ich war ständig da. Tag für Tag. Nacht für Nacht. Stunde um Stunde. Sekunde für Sekunde. Jeden Augenblick. <<

>> Aber ... warum?<<

>> Um dich zu beschützen. Das ist meine Aufgabe als Dookan-Ninja.<<

Hitomi blickte zu Boden und verstand die Welt nicht mehr.

>> Um mich zu beschützen? Warum? Wieso ich?<<

Shinjo legte sachte seine Hand auf ihre Schulter und blickte sie abermals mit diesem tiefen Blick an.

>> Damit dir nichts geschieht. Einfach deswegen. Es hängt mit deiner Herkunft oder deinem Wesen zusammen. Ich kann es dir leider nicht erklären. Jedenfalls nicht so genau und ich bin ohnehin nicht dazu befugt.

Es ist nur so ... Du bist eben etwas besonderes Hitomi. Klar, das ist jeder Mensch aber du ... nun ja, brauchst eben Schutz.<<

Hitomi riss sich von seiner Hand los und blickte Shinjo verständnislos an.

>> Schutz? Wozu?<<, fragte sie aufgebracht. >> Du erzählst mir gerade in einem Atemzug, dass du mich mein ganzes Leben verfolgt und beobachtet hast! Ist dir klar was du mir damit sagst?<<

>> Hitomi, ich weiss dass das unwahrscheinlich klingt, aber ...<<

>> Kein Aber!<<, schrie sie plötzlich noch erregter. >> Verfolgst du mich wirklich?<<

>> Ich beschütze dich nur. So wie ich es heute und gestern getan habe.<<

>> Du ... Ich bin zwar froh, dass ich noch am Leben bin aber...<<

Mit einem mal realisierte Hitomi erst so richtig das Geschehene und somit rannen ihr auch einige Tränen an ihrer Wange hinab. Sie wischte die Tränen sofort ab, da sie nicht schwach wirken wollte. Sie wollte eher zornig und verbittert wirken.

>> Du hast ... all die Jahre? Man wollte mich ... MICH töten! MICH! Ausgerrechnet mich! Und dann höre ich auch noch, dass es einen Jungen gibt, der mich mein ganzes Leben lang verfolgt und ausspioniert hat! Ob ich nun gelacht, geweint oder sonst was getan habe, im Gegensatz zu den anderen hatte ich also nie wirklich so etwas wie Privatsphäre!<<

Shinjo hob seine Hand um ihr zu bedeuten, sie solle sich mässigen.

>> Hitomi, ich ...<<

>> Du kannst aber nicht immer da gewesen sein. In meinem Zimmer hätte ich dich schon mal sehen müssen. Das ist nämlich nicht so groß musst du wissen.<<, erwiderte sie aufgebracht.

Shinjo hielt inne. Dann blickte er sie starr an.

>> Doch... Ich war Nacht für Nacht bei dir, ob du nun geschlafen hast oder nicht. Ich ... Ich kann nämlich das hier ...<<

Shinjo führte eine flinke Handbewegung aus und plötzlich schien es so als sei er verschwunden. Weg! Einfach nicht mehr da. Oder ... nein! Hitomi blickte angestrengt in die Richtung wo er noch zuvor gestanden hatte. Ganz leicht, fast nicht zu sehen, sah sie nämlich etwas erstaunliches. Es schien, als erkannte sie schwache Umrisse seines Körpers in der Luft. So als könne er das Licht biegen. Dies war aber nur zu erkennen, wenn man ganz genau hinsah und all seine Konzentration aufwand.

>> Das ist eine spezielle Technik unseres Ninja-clans, musst du wissen. Wir sind lebende Schatten.<<, erklang plötzlich seine Stimme, die aus dem Nichts zu kommen schien und genauso schnell wie er verschwunden war, so erschien er auch wieder.

Hitomi zitterte am ganzen Leib. Ihr war unwohl zu Mute und sie hatte Angst vor ihm bekommen.

>> Du ... Du bist kein Mensch!<<, stotterte sie ängstlich.

Shinjo lächelte sie freundlich an und winkte ab.

>> Doch ich bin ein Mensch. Nur ... wie soll ich es sagen. Es gibt selten Menschen wie mich, die eine solche seelische Energie, also ein solch immenses Chi, wie ich besitzen. Seit meiner Kindheit wurde ich mit dem Umgang meines Chi von Meister Quan Chi trainiert. Ich und ein paar andere meines Clans.<<

>> Du sagst, es gibt noch andere wie dich?<<, fragte Hitomi neugierig.

>> Ja.<<, antwortete ihr Shinjo. >> Sie beschützen ebenfalls, genauso wie ich, gewisse Menschen. Das ist unsere Pflicht. Wir fragen nicht wieso, sondern erfüllen diese.<<

Hitomi schritt langsam auf Shinjo zu, bis sie ganz nahe bei ihm stand.

>> Da drängt sich mir eine Frage auf.<<, sagte sie. >> Wenn du dich unsichtbar machen kannst und jeden einzelnen meiner Schritte verfolgt hast ............ hast du ..... Shinjo, hast du mich dann auch zum Beispiel beim Duschen beobachtet?<<

Ohne rot zu werden oder zu zögern, antwortete er ihr.

>> Ja. Wie gesagt, ich passe auf dich auf.<<

Plötzlich wurde Hitomi feuerrot im Gesicht. Shinjos Augen weiteten sich. Plötzlich sah er Sterne und landete auf seinem Hintern. Hitomi hatte ihm nämlich eine wahre Granate, in Form ihrer Faust, auf die Nase geknallt.

>> Autsch! Was sollte das?<<, fragte Shinjo bedröpelt wobei er sich die blutige Nase abwischte. >> Hab ich was falsches gesagt?<<

Hitomi kochte vor Wut und schrie ihn an.

>> Spanner! Das bist du! Kein lebender Schatten oder romantischer Beschützer! Du bist ein perverser Spanner!<<

Ein großer Schweißtropfen lief an Shinjos Kopf herab und er kämpfte sich wieder auf die Beine.

>> Spanner? Nicht doch!<<, verteidigte er sich verlegen. >>Das hab ich schon gemacht seit du ein kleines Kind warst. Es gibt nichts was ich nicht schon gesehen hätte.<<

Abermals teilte Hitomi lautschreiend aus. Sie trat nach Shinjo und zwar voll in den Magen. Keuchend sackte er in die Knie, stand wieder auf und schritt schnell ein paar Schritte zurück.

>> Spanner! Spanner! Du perverses Schwein!<<, schrie Hitomi wutentbrannt. Sie dachte dabei an all die Dinge wobei er sie beobachtet haben musste. Wie sie mit 16 noch mit Puppen heimlich gespielt hatte, wie sie mit 14 aus versehen in ihr Höschen Pipi gemacht hatte, als sie sich eine Sendung über Modern Talking angeguckt hatte und wie sie beim lernen peinliche Kinderlieder gesungen hatte. Und noch was ... Etwas aus ihrer ganz privaten Intimsphäre. Er hatte sie somit auch des öfteren - ach was- er hatte sie jedesmal bei ihrer Selbstbefriedigung beobachtet. Dabei beobachtet! Ein Junge!

>> Jetzt hör mir mal zu!<<, giftete sie ihn feurig an. >> Du wirst mich nicht mehr auf Schritt und Tritt beobachten! Ob du mich nun gerettet hast oder nicht! Das ist MEIN Leben! Im Bad hast du schon gar nichts verloren und ab jetzt gehe ich auch nur alleine ins Klo! Allein! Verstanden! Wenn du mir folgst, dann so dass ich dich sehen kann, oder ich verarbeite dich zu Kleinholz!<<, schrie sie zornig und dampfte fast vor Wut. > Gott, der hat mich sogar beim aufs Töpchen gehen beobachtet!<

>> Ich werd ja wohl kaum mit der Klospülung nach unten gesaugt, wenn ich mal muss! Also halt dich aus meinen Intimsachen raus!<<

>> Hitomi, ich will doch nur ... <<

>> Und überhaupt, warum gibt es dich! Was habe ich mit all dem zu tun?<<, fragte sie entnervt.

Shinjo hielt sich nicht mehr den Bauch und fasste sich wieder.

>> Wer war dieser ... wie hast du ihn genannt ... Byrock? Dieses große Monster! Warum wollte er mich töten und warum nannte er mich Dakikai?<<, fragte sie noch aufgerregter.

>> Hitomi, beruhige dich!<<, ermahnte Shinjo sie. >> Du hast nichts mit ihm zu tun! Vergiss ihn! Er wird dir nicht noch mal etwas tun! Alles wird wieder gut. Ich hatte mich ständig im Hintergrund gehalten, damit du dein ganz natürliches Leben führen konntest und das soll und wird so bleiben!<<

>> Du willst mich einfach so im Ungewissen lassen, Shinjo?<<, fragte sie verdutzt. >> Nachdem man versucht hat mich zu töten!?<<

>> Hitomi, du sollst dich nicht damit beschäftigen. Das sind Dinge, die dir eigentlich nie zustoßen sollten, denn dafür bin ich da. <<

>> Aber du hast auch vorhin gesagt, es gäbe andere Ninjas wie dich, die auf andere Leute aufpassen würden! Wieso? Was ist an mir und den anderen so wichtig?<<

Shinjo schwieg auf einmal, doch die Stille wurde plötzlich unterbrochen.

>> Shinjo! Shinjo!<<, erhallte eine Stimme die sich den beiden an der Brücke näherte. Da erschien auf einmal ein Mann mittleren Alters. Er trug eine alte antike Samurairüstung, hatte lange braune Haare die zu einem langen Zopf zusammengeflochten waren und trug einen goldenen Helm.

>> Ah, Meister Zuteko!<<, rief Shinjo erfreut. Ganz besonders auch darüber, dass ihr Gespräch unterbrochen wurde. >> Hitomi, das ist Chien Zuteko! Unser Waffenschmied. Der beste in ganz Japan!<<

>> Dein Lob ehrt mich über aller Maßen, Shinjo! <<, antwortete der Waffenmeister erfreut und strahlte. >> Du weisst ja, dass ich das brauche. Honig für die Seele. Ich bin ja schließlich ein Siegertyp! Der große Magister aller Waffenschmiede! Andere winden sich ehrfürchtig vor meinen Können! Ich ... <<

>> Ja schon gut! Was gibt es denn Zuteko?<<, fragte Shinjo.

>> Wie? Ach so, jaja! Deine ... deine Schwester verlangt nach dir Shinjo. Sie ist ... ja sie ist hier. Dort bei dem kleinen Wäldern, irgendwo bei den Tannen wartet sie auf dich.<<, antwortete Zuteko.

Plötzlich versteinerte sich Shinjos Blick. Hitomi wurde ganz beklommen zu Mute als sie ihn so sah.

>> So ... Kasuka ist hier...<<, flüsterte er ganz in Gedanken versunken.

>> Zuteko passt bitte auf Hitomi auf. Ich gehe zu Kasuka.<<, sagte Shinjo und wie ein Blitz wischte sein dunkler Schatten davon in die Richtung des kleinen Tannenwaldes.

>> Ach ja, der stramme Bursche hats manchmal wirklich nicht leicht.<<, meinte Zuteko. >> Kann ich irgendwas für euch tun hübsche Dame? Vielleicht euch erzählen, was für ein großartiger Meisterschmied ich bin und euch meine Kunstwerke an Waffen vorführen?<<

>> Lasst mich bitte einmal allesamt in Ruhe. ... ich möchte zum ersten mal seit langem einfach alleine sein...<<, sagte Hitomi und blickte geistesabwesend in den Bach....
 

Shinjo flitzte wie ein geisterhaftes schwarzes Irrlicht in die Schatten der hohen Tannen. Er konnte sich ungeheuer schnell bewegen und war auch genauso gewandt und geschickt. So sprang er in dem kleinen angelegten Wäldchen, von Ast zu Ast und drehte sich dabei plötzlich wie eine Schraube als er auf dem weichen Boden aufkam. Da stand er nun, zwischen den hohen Tannenbäumen und wartete still ab. Er sah nach oben, wobei ihn die langen Zweige fast die Sicht bis zur hohen Kuppel der Halle nahmen.

>> Bruder!<<, sagte plötzlich eine zarte Frauenstimme hinter ihm und er wirbelte herum. Etwa vier Schritte vor ihm stand sie. Kasuka...

Sie war etwa 17 Jahre alt und trug ebenfalls, den gleichen schwarzen Ninja-Kampfanzug. Doch auch sie trug diesmal keine Maske, die ihr Gesicht verbarg. Kasuka war ohnehin ein sehr hübsches Mädchen. Sie hatte eine Haut wie aus feinen, glatten Porzellan, große dunkle Augen, die einem wahrlich versinken ließen, einen runden, kirschroten Mund und rosige Wangen. Ihr glattes Gesicht wurde scharf von langen, schwarzen und gewellten Haaren umrandet. Stumm und vollkommen regungslos blickten sich die beiden Geschwister an.

>> Gut zu wissen, dass du noch lebst.<<, ergriff Kasuka das erste Wort, wobei sie kaum einen erfreuten Eindruck machte.

>> Ja. <<, erwiderte Shinjo ruhig. >> Was willst du von mir Kasuka?<<

>> Deine Dakikai kennt dich also auch schon?<<, antwortete Kasuka schroff. >> Nun, jetzt haben wir etwas gemeinsames Bruder. Hast du mich nicht deswegen immer wieder zurechtgewiesen? So als hätte ich ein schlimmes Vergehen begangen?<<

Shinjo räusperte sich und blickte kurz zu Boden.

>> Das waren andere Umstände. Nicht so wie bei dir. Hitomi war verletzt. Dein Dakikai schwebte nie in Lebensgefahr! Die Möglichkeit bestünde aber jetzt vielleicht, da du ihn offensichtlich alleine gelassen hast um hier zu erscheinen. Natürlich ohne einen von uns als Ersatz zu schicken.<<

Kasukas Augen zogen sich zusammen.

>> Ich würde Uburi nie im Stich lassen! Nie! Ich kenne ihn zu gut und weiss ganz genau, dass man manchmal ihn auch sich selbst überlassen kann.<<

>> Ach ja?<<, fragte Shinjo verblüfft. >> Das rechtfertigt also dein dreistes Verhalten uns gegenüber? Dass du dich sogar in der Öffentlichkeit mit ihm klar und deutlich zeigst? Wenn ihr z.B. Hand in Hand einfach so auf einen Jahrmarkt spazieren geht, so wie letzte Woche? DU! Eine Dookan-Ninja-

Kriegerin!<<

>> Was weisst du schon, Shinjo?<<, schrie sie ihn plötzlich lauter an. >> Ich bin nicht so wie du. Ich bin keine Sklavin meiner Pflichten oder meiner Gesetze! Ich bin ... Nein! Wir sind genauso wie unsere Dakikais und all die anderen Menschen, auch aus Fleisch und Blut! Wir atmen wie sie, wir essen wie sie, wir reden wie sie... nur schlafen wir immerzu mit offenen Augen.

Wolltest du denn nie so leben, wie es Hitomi bisher tat?<< Shinjo winkte ab.

>> Du solltest dich mal hören.<<, meinte er. >> Solche Rechte stehen uns nicht zu und das aus gutem Grund. Du weisst, was davon abhängt. Auch im Interesse von Uburi, meine ich es nur gut mit dir, aber dir ist eigentlich nicht mehr zu helfen!<<

>> Nein, dir ist nicht mehr zu helfen, da du deine Augen vor der Wirklichkeit verschliesst!<<, erwiderte Kasuka energisch. >> Auch die anderen Clanmitglieder haben engere Verbindungen zu ihren Dakikais geschlossen! Sato zum Beispiel, hat der kleinen Nami erst kürzlich hier an diesem Ort gezeigt, wie man ein Tampon benutzt! <<

Shinjo hob seine Augenbraue.

>> Ach ,ja. Will mir nicht vorstellen wie er das gemacht hat. Er ist ohnehin zwar gut als Beschützer aber auch ein verrückter Kerl.<<

>> Und was ist mit Tamara?<<, fragte Kasuka eindringlich. >> Sie hat ebenfalls Freundschaft mit Fuziku geschlossen. Die beiden sind dicke Freundinnen.<<

>> Ich weiss und es gibt noch andere Beispiele aber ...<<

>> Aber was Shinjo?<<, fragte Kasuka gespannt.

>> All diese Ninjas bleiben dennoch im gezügeltem Maße im Hintergrund und versuchen sich nicht völlig in die Gesellschaft einzufügen. Du kleidest dich jedoch bei Gelegenheit, wie ein gewöhnlicher Mensch und lebst dann auch so. Du verlierst somit dein Pflichtgefühl und die eigentliche Mission aus den Augen! Du wirst in Wahrheit immer selbstsüchtiger! <<

>> Nein!<<, widersprach Kasuka aufgebracht. >> Ich liebe Uburi und möchte so oft es geht nicht nur bei ihm sein, sondern auch mit ihm leben! Verstehst du? Leben!<<

>> Liebe?<<, fragte Shinjo erstaunt. >> Du bist wahnsinnig! Du kannst nicht so leben wie die anderen, denn dazu bist du nicht trainiert worden all die Jahre! Du hast eine Aufgabe, von der sehr viel abhängt! Liebe ist etwas für Träumer! Nicht für Ninjas wie dich, die ihren "Geliebten" einfach mal so allein lassen und dann sogar eine Disco oder ein Kino besuchen! Es kümmert dich doch dabei überhaupt nicht, was mit Uburi derweil geschieht.

Während ihm etwas zustossen kann, amüsierst du dich lieber und tanzt dann wahrscheinlich noch auf dem Grab unserer Welt herum!<<

Da riss Kasuka der Faden und sie verpasste ihrem eigenen Bruder eine schnelle Ohrfeige auf die linke Wange, die sich rot färbte. Shinjo hielt sich jedoch zurück und nahm es gelassen hin. Kasukas Augen funkelten jedoch und in ihrem Inneren rumorte es gewaltig.

>> Idiot!<<, schrie sie verbittert. >> Idiot! Du bist ... so dumm! Du weisst nicht wirklich wie das ist, obwohl du es Tag für Tag doch selbst erfährst!

Das Gefühl zu haben immer mehr zu verblassen. Innerlich hohl zu sein und ein Teil eines dunklen Nichts auszumachen. Das ist der Tod im Leben Shinjo! Du kannst zwar ab und zu einen Dakikai zur Hilfe eilen, aber das wars dann auch! Er darf dich nie sehen und du fragst dich irgendwann schließlich, wie lange es dauert bis du wahnsinnig wirst. Ich will aber ein Teil des Lebens werden und nicht irgendwann sterben ohne auch nur wirklich einmal gelebt zu haben! Ich hatte in dir noch nicht einmal wirklich einen Bruder gehabt, der mit mir spielte sondern eher hart und allein trainierte. Wir hatten noch nicht einmal Eltern gehabt. Quan Chi war immer gut zu uns, sicher ... Aber er hat uns gleichzeitig wie Hunde abgerrichtet!<<

Plötzlich ohrfeigte Shinjo seine Schwester. Sie hielt sich erschrocken ihre Wange und war fast den Tränen nahe.

>> ........ Verschwinde am besten!<<, flüsterte er ihr leise zu. >> Geh einfach! Lebe von mir aus, aber lass mich zufrieden! Verschwinde endlich! Geh!<<

Ohne auch nur ein einziges Wort zu verlieren verschwand Kasuka plötzlich, wie durch ein Wunder. Sie hatte sich einfach aufgelöst und war verschwunden. Shinjo blieb allein zwischen den Tannen zurück.

>> Leben ? <<, sprach er leise mit sich selbst. >> Wie könnten wir uns anmaßen etwas vom Leben abzuverlangen. Leben steht nur den Lebenden zu Kasuka.... Nicht ihren Beschützern die es erhalten sollen ....<<
 

Kasuka schwirrte als dunkler Schatten über die Dächer der Stadt hinweg. Leicht wie eine Feder ... Sie sog gierig die frische Nachtluft ein und verkniff sich ihre Tränen. Sie empfand rein gar nichts mehr für ihren Bruder. Nein, er konnte ihr wirklich gestohlen bleiben. Endlich jedoch erblickte sie an einer Strassenecke ein kleines Häuschen mit Vorgarten. In einem Fenster brannte noch Licht. Es war das Fenster von Uburi. Freudig lächelte sie ...
 

>> Wo ist Hitomi?<<, fragte Shinjo aufgerregt, als er auf der breiten Grasfläche den Waffenschmied Zuteko traff. Er erzählte ihm hastig, dass sie das ganze Leid geworden sei und verschwunden war. Verschwunden?

Nach Hause! Shinjo wartete nicht erst ab, sondern machte sich schnell auf dem Weg ihr zu folgen. Die Nacht barg viele Gefahren ...
 

Fortsetzung folgt...



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