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Somewhere

von

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Helligkeit

Taki saß auf einem Felsen am Strand, strich sich die Haarsträhnen aus dem Gesicht, die vom frischen Wind verföhnt waren. Es war niemand außer ihm am Strand, die wenigen Gäste oder Einwohner waren wohl beim Abendessen. Um ihn herum war es ruhig und friedlich. Es wurde langsam Abend, die Sonne ging über dem Wasser unter. Taki lächelte ein wenig vor sich hin. An seine einsamen Strandspaziergänge in den Monaten nach der Todesnachricht wollte er nicht denken.

Er schloss die Augen und ließ seine Gedanken schweifen. Allmählich wurde ihm klar, dass er Angst gehabt hatte. Go’s unerwartetes Auftauchen hatte ihm diese Angst eingejagt, denn es bedeutete für ihn vor allem eines: Taki musste sich nun endlich mit seinen Empfindungen für den Dunkelhaarigen auseinandersetzen, offen mit ihm reden - entscheiden, ob er mit ihm zusammen sein wollte oder nicht. Er hatte nach Go’s Verschwinden heftige Schuldgefühle gehabt, aber jetzt fragte er sich, ob das nicht auch eine Flucht vor sich selbst gewesen war. Schuldgefühle zu ertragen war irgendwie einfacher gewesen, als offen vor sich zuzugeben, dass er sich in seinen Partner verliebt hatte, diesen impulsiven, oft rücksichtslosen und egoistischen Chaoten, der Taki’s Vorstellungen von einem Lebenspartner so gar nicht entsprach. Davon abgesehen, dass er lange Zeit nicht im Traum darauf gekommen wäre, für einen anderen Mann mehr als Freundschaft zu empfinden.
 

Nach einer Weile meinte Taki, aus dem Augenwinkel von sich etwas wahrzunehmen, und wandte seinen Blick um. Er irrte sich nicht, Go kam vom Hotel aus zu ihm. Taki war eine Weile gegangen, von hier aus war das Gebäude kaum noch zu sehen.

Go kam langsam auf ihn zu, ließ keinen Blick von ihm ab. Zielstrebig wie immer. Taki wusste, dass er nicht mehr würde davonlaufen können.

Er schluckte. Das unheimliche aber schöne Gefühl stieg in ihm auf, das er schon früher in Go’s Gegenwart wahrgenommen hatte: eine seltsame, aber herrliche Mischung aus Aufregung und Geborgenheit, unbegreiflich und verwirrend. In seinem Bauch prickelte es, das Gefühl wanderte langsam durch seinen Körper, ließ sein Herz schneller schlagen, das Blut stieg ihm ins Gesicht, sein Kopf war klar und frei. Er war nur noch im Hier und Jetzt.

Go hatte ihn fast erreicht; als er näher kam, sah er Taki’s Gesichtsausdruck, die leuchtenden Augen und das leichte Rot auf den Wangen und Lippen. Sein Haar umspielte weich sein Gesicht, und er saß so ruhig und natürlich da, als wäre er ein Teil seiner Umgebung.

Nicht zum ersten Mal dachte Go, dass er ihn stundenlang hätte ansehen können.

«Wie bin ich nur darauf gekommen, dass du kalt bist, Taki?» fragte er sich.
 

Taki stand auf und lächelte den Dunkelhaarigen offen an.

„Go.“ Jetzt fühlte es sich wieder gut an, den Namen auszusprechen.

Go fühlte sich unerwartet verlegen und sogar etwas ratlos. Was zum Teufel wollte er hier eigentlich? Er konnte Taki nicht einfach in den Sand werfen und über ihn herfallen... obwohl, irgendwie gefiel ihm der Gedanke schon...

„Wollen wir spazieren gehen?“ fragte Taki unvermittelt in Go’s irr gehende Gedanken.

Ohne ein weiteres Wort gingen beide weiter den Strand entlang.

Eine Weile sagten sie nichts, aber Go fand keine Ruhe. Er fing an, Taki mit frechen Bemerkungen zu ärgern und jede Gelegenheit auszunutzen, um ihn zu berühren, bis Taki sich vorkam, als wären sie wieder am Anfang ihrer Beziehung.

Taki wehrte ihn zuerst ab, musste schließlich aber fast lachen.

„Verdammt, Go, hör auf!“ Er grinste schief. Er war amüsiert, aber selbst das war eine Gefühlsregung, die nach der langen Zeit der inneren Kälte wie neu für ihn war. „Warum sagst du nicht einfach, dass du mit mir schlafen willst?“

Go rieb sich die vernarbte Kinnseite und verzog das Gesicht. „Ich brauch im Moment keine Kinnhaken.“

Taki grinste. „Gestern war dir das aber egal.“

„Der Job ist was anderes.“

„Wirst du jetzt romantisch?“ spöttelte Taki.

„Das war nicht romantisch gemeint.“ Go blieb stehen. „Außerdem will ich damit aufhören.“

„Womit?“

„Ich will, dass wir beide damit aufhören. Ich habe diesen verdammten Job nie besonders gemocht.“ Der Dunkelhaarige sah ihn an. „Die Anstrengung macht mir nichts aus. Auch, wenn ich grün und blau geschlagen werde, oder angeschossen, oder monatelang im Koma liege. Aber ich will nicht dich... oder uns beide... in ein Unglück reißen, aus dem wir vielleicht nie wieder herauskommen.“

Taki wandte sich verlegen ab. Go griff sich schnell die Hand seines Partners.

„Taki, sag einfach ja oder nein. Ich will es wissen.“

Der Blonde sah ihn eine Weile schweigend an. Dann breitete sich ein Grinsen langsam über sein Gesicht. Er entzog Go seine Hand, steckte die Hände in die Hosentaschen und ging langsam weiter.

„Das hängt davon ab.“

„Wie bitte? Wovon?“

„Was bietest du an?“ grinste Taki.

„Ich fass es nicht...!! Ich werde dich gleich übers Knie legen!!“

„Auf so was stehe ich nun gar nicht.“ Taki grinste, reckte sich dann und ließ wie beiläufig seine Blicke schweifen. „Und jetzt, wo du’s erwähnst... Kidaka sieht wirklich ziemlich gut aus...“

„Verd...! Taki!“ Go wollte ihn packen, der wich aber aus und lief ihm voraus.

Nach einer kurzen Verfolgung holte Go Taki ein. Er packte den Blonden und zog ihn an sich. Taki legte seine Arme um Go’s Taille und schnappte nach Luft.

„Also, was bietest du an?“

„Für den Anfang... kann ich dich heute nacht um den Verstand bringen,“ antwortete der Dunkelhaarige bedrohlich.

„Und dafür sorgen, dass ich morgen früh nicht mehr gehen kann.“

„Mindestens.“

„Scheißtyp.“

Go beendete die Neckerei, indem er Taki dicht an sich zog.

„Ich biete dir mein Leben an. Ich will es mit dir teilen. Ist das genug?“

„Ja,“ sagte Taki leise. Sein Gesicht lag an Go’s Hals. Er atmete tief aus. Der Dunkelhaarige strich leise durch das glatte blonde Haar. „Tut mir leid, Go. Ich glaube, ich bin einfach... etwas stur.“

„Etwas ist gar kein Ausdruck.“

„Sonst wäre ich nicht so... skeptisch gewesen.“

„Mh? Was meinst du?“

Der Blonde wurde rot, machte sich etwas los und sah über das Wasser. Er traute sich nicht, seinen Geliebten dabei anzusehen.

„Ich habe nicht... gedacht... Ich meine, nicht...“

„Was?“

Taki räusperte sich. „Als wir... miteinander geschlafen haben. Ich dachte einfach nicht, dass es mir gefallen würde. Ich konnte es mir nicht vorstellen, bis wir... Nicht weil ich dich nicht mochte, aber ich dachte einfach nicht... Ich war immer davon überzeugt gewesen, rein heterosexuell zu sein.“

Go grinste ihn an. „Ich weiß, dass dir das so ging. Habe ich mir schon lange vorher gedacht.“

Taki sah ihn wieder an, er war noch etwas rot, aber nicht mehr ganz so. „Im Ernst? Aber trotzdem wolltest du...“

„Ja. Weil ICH mir immer gedacht habe, dass wir wunderbar harmonieren würden.“ Er grinste frech.

Taki hatte gute Lust, ihm wieder eine runterzuhauen. Er brummte etwas Unverständliches vor sich hin und ging weiter.
 

„Und - was machen wir jetzt?“ fragte Go nach einer Weile.

„Was meinst du?“

Go rollte die Augen. „Mit dem Rest unseres Lebens, du Idiot.“ Taki grinste. „Ich meine, willst du wirklich weiter für Tsunega arbeiten?“

„Nein,“ gab Taki offen zu. „Der Job hat zuerst Spaß gemacht, aber... noch mal so etwas erleben, nein.“

„Und, was machen wir dann?“ Glücklich über diesen Teilsieg (oder was er dafür hielt), wurde Go übermütig und schlang einen Arm um Taki’s Schultern. „Aufklärungsunterricht geben an einer Schule für pubertierende Jungs... einen Blumenladen eröffnen...“

„Notfalls bringe ich dir fürs erste bei, wie man kellnert,“ grinste der Blonde. „Aber Kanji und Mimi werden mir fehlen.“

„Mir auch.“

„Und auch Tsunega und Hatozaki, trotz allem.“

„Wir können den Kontakt sicher beibehalten. Hey, mach dir doch nicht solche Sorgen.“

„Wenn du vorhast, Teenager zu unterrichten, mache ich mir allerdings Sorgen.“ Taki grinste bei dem Gedanken. Der Wind zerzauste seine Haare, als er sich zu Go umdrehte. Nicht ahnend, was für einen Sturm er damit in dem Dunkelhaarigen auslöste.

„Komm, lass uns langsam zurückgehen. Es wird dunkel.“ Taki nahm Go’s Hand und zog ihn mit sich in die Gegenrichtung, zurück zum Hotel.

„Zu dir oder zu mir?“ fragte Go.

„Werd nicht frech. Was schwebt dir vor?“

„In meinem Zimmer steht ein Doppelbett...“ kam es von Go. Dann räusperte er sich.

„Idiot...!“ Taki zog den Freund an sich und drückte ihm die Lippen auf den Mund.
 

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Danach gingen wir noch lange den Strand entlang und sahen der untergehenden Sonne zu. Go versuchte immer wieder, meine Hand zu ergreifen oder seine Arme um mich zu legen, oder mir einen Kuss zu stehlen, und wie immer wehrte ich ihn ab, mit wechselndem Erfolg. Er wurde nicht böse, und ich auch nicht. Ich bringe es nicht mehr fertig, wirklich wütend auf ihn zu sein. Und ohne unsere ewigen Kabbeleien wären wir nicht mehr wir. Es fällt mir schwer genug, endlich daran zu glauben, dass wir beide immer noch hier sind, nach allem, was war.

Wir haben die Nacht dann trotz allem zusammen verbracht. Wir blieben fast zwei Wochen in diesem Hotel, das Personal ließ uns kommentarlos zusammen in Go’s Zimmer einziehen, weil es größer und bequemer war.

Nach dem ersten Mal bin ich in Go’s Armen in haltloses Weinen ausgebrochen. Der Schock ließ langsam nach, aber die Trauer war noch nicht überwunden. Er hielt mich beruhigend, sagte nichts. Er hat auch noch viele Verletzungen in sich, die die Zeit heilen muss.

Es wird noch dauern. Es gibt so vieles über mich, das Go nicht weiß. Und es gibt auch vieles, das ich über ihn nicht weiß. Aber ich glaube, dass wir am Ende dort sein werden, wo wir zusammen sein wollen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Onlyknow3
2019-05-27T15:56:21+00:00 27.05.2019 17:56
Die Story ist zwar was älter, aber mir hat sie gefallen. Weiter so, freeue mich auf mehr.

LG
Onlyknow3
Von:  Schwarzer_Fussel
2009-05-11T10:32:46+00:00 11.05.2009 12:32
i love it ^^
*schwärm*
das is so süß!
und ich liebe deine schreibweise!>.<
*schleim*
kann mir mal jemand einen lappen geben?... ich muss kurz den ganzen schleim wegwischen -.-'
*wisch wisch*
Von: abgemeldet
2009-04-23T20:17:42+00:00 23.04.2009 22:17
das war der wahnsinn!!!!!!!!!!
ich hab geheult so schön war es!!! du hast einen großartigen schreibstil!!! einmalig!!! eigentlich lässt sich meine begeisterung gar nicht in worte fassen!!!!!!!!!!


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