Zum Inhalt der Seite

Bewohner der Dunkelheit

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Die Gefangenschaft

Etwas piepte, als Alira die Augen öffnete. Sie hörte einige Stimmen murmeln. Unfähig den Rest ihres Körpers zu bewegen, öffnete sie die Augen ganz. Erschrocken zuckte sie zusammen. Sie schwamm in einer leicht roten, aber transparenten Flüssigkeit in einem Glaszylinder. Ihre Füße waren an dem Boden fest gekettet. Man hatte ihr die Stiefel und ihren Mantel ausgezogen. Auf ihrem Mund lag eine Art Maske, die sie beatmete. Es war ein ekliges Gefühl und sie konnte nicht richtig schlucken, da ein Schlauch in ihrer Luftröhre war. Vor sich sah sie Menschen in weißen Anzügen. Eine Frau stand vor dem Zylinder und beobachtete sie. Sie hielt einen Notizblock und einen Kugelschreiber in der Hand und war damit beschäftigt irgendetwas aufzuschreiben. Der Raum war abgedunkelt und die einzige Lichtquelle war der Glaszylinder, von dem aus ein rotes, schummriges Licht ausging. Mehrere Menschen standen an einigen Gerätschaften und drückten irgendwelche Tasten und Knöpfe. Ein Mann gesellte sich zu der Frau. „Und Sie sind sich sicher, dass sie sich nicht bewegen kann? Immerhin wissen wir nicht, wie viel der Zylinder aushält.“, fragte er. Die Frau sah ihn an. „Auch wenn wir ihn das erste Mal ausprobieren, ist das hier immerhin Panzerglas. Da kommt kein Wesen dieser Welt hinaus. Und unsere Kleine kann sich nicht bewegen. Der Elektroschock dürfte sie noch für eine Weile außer Gefecht setzen. Alira war wütend. <So, die denken also, man kann mich einfach so gefangen halten. Na, die können was erleben.> Mit einem Ruck riss sie die Arme nach vorne und schlug gegen die Glasscheibe. Erschrocken machten alle einen Satz nach hinten. Wütend kratzte Alira an der Glasscheibe. Dennoch hatte sie keinen großen Erfolg damit. Die rote Flüssigkeit schien ihre Energie gleich abzusaugen und so musste sie ihre Arme wohl oder übel kraftlos sinken lassen. „Sehen Sie, ich habe doch gesagt, dass sie erstaunlich ist.“, lächelte die Professorin und wandte sich einem anderen Kollegen an einem Meßpult zu. Alira versuchte sich von ihren Fußfesseln los zu machen, indem sie ihre Beine nach oben zog. „Geben Sie ihr noch einen kleinen Gute Nacht Kuss. Sie soll erstmal schlafen.“, sagte die Professorin und ihr Kollege drückte einen Knopf, nachdem er an einem kleinen Rädchen gedreht hatte. Alira durchzuckte es wie ein Schlag und sie wurde augenblicklich wieder ohnmächtig.

Rowen gelangte an eine Straße, er war müde und hungrig. Die Wagen waren anscheinend in Richtung Norden abgebogen. Verzweifelt folgte Rowen der Spur. Als die Sonne aufging verwandelte er sich zurück. Er kam an ein Dorf, wo er sich ausruhte. Die Menschen erwachten gerade und so holte er sich etwas zu essen. Er setzte sich an einen Baumstamm und erlaubte sich eine kurze Pause. Dann lief er weiter.

Alira erwachte. Ihr taten alle Knochen weh und sie fühlte sich unheimlich schwer. Platt lag sie auf dem Boden, unfähig sich zu rühren. Man hatte sie in eine Zelle verfrachtet. Ihre Lunge schmerzte, der Schlauch befand sich nicht mehr in dieser. Die Vampirin hob den Kopf und sah sich genauer um. Die Wände und die Decke schienen aus Metall zu bestehen, der Boden war gefliest. Es gab kein Fenster, außer dem Kleinen in der Tür. Schwerfällig erhob sie sich und wankte darauf zu. Sie fasste die Klinke an und zuckte willkürlich zurück. Ihre Hand qualmte leicht von dem Silber, welches sie verbrannt hatte. <Verdammte Menschen>, fluchte Alira innerlich. Nur was wollten sie von ihr? Waren hier noch andere Vampire? Was würden sie noch mit ihr anstellen? Fragen über Fragen quälten sie. Erschöpft ließ sie sich wieder auf den Boden fallen. Sie zog die Knie an und legte ihren Kopf darauf ab. „Rowen.“, flüsterte sie leise. Der Gedanke an ihn gab ihr Kraft. Sie spürte die Blicke auf ihrem Körper. Langsam hob sie den Kopf und sah zur Tür hinüber. Dort stand schon wieder diese Professorin. Alira fühlte sich ausgedörrt. Sie hatte jetzt schon länger kein Blut mehr gehabt. Ihr Mund war trocken. Was würde sie jetzt dafür geben, an dem Hals dieser Person zu saugen. Der Blutdurst machte sie aggressiv und kampflustig. Zudem kam noch, dass sie kein Zeitgefühl mehr hatte. Sekunden fühlten sich an wie Minuten, Minuten wie Stunden. Neben der Frau erschien ein Mann. „Und? Wie macht sie sich?“, fragte er. „Oh, sie macht sich noch gut. Wollen wir mal sehen, wie lange sie es ohne Blut aushält. Irgendwie werden wir das Gen schon bekommen.“, selbstsicher lächelte sie ihn an. „Natürlich, wenn Sie das sagen.“, bestätigte er. „Sie wird uns schon das Geheimnis ihrer Unsterblichkeit preis geben.“, kaltherzig sah sie durch die kleine Scheibe auf die Vampirin, die sich in der Mitte des Raumes zusammen gekauert hatte. „Halten Sie es denn wirklich für Richtig, dass wir sie hungern lassen? Ich meine, das wird sie nicht lange durchhalten.“ Vernichtend sah ihn die Frau an. „Stellen Sie mein Wort in Frage?“, drohend baute sie sich vor ihm auf. „Nein, natürlich nicht. Das würde ich nie im Leben tun.“, katzbuckelte er und machte sich auf den Weg. „Männer.“, verächtlich sah sie ihm hinterher. Dann wandte sie sich wieder ihrem Forschungsobjekt zu. „Ja, meine Kleine. Du wirst uns reich und zudem noch unsterblich machen.“ Alira fauchte in ihre Richtung und senkte den Kopf dann wieder. Hoffentlich würde Rowen sie finden und retten.

Nach etlichen vergangenen Stunden sah der Assistent der Professorin nach Alira. Die junge Vampirin lag flach auf dem Boden und rührte sich nicht mehr. Ihr Gesicht war aschfahl und ihre Adern standen blau hervor. „Oh mein Gott, sie ist tot.“, keuchte er und befahl dem Wachmann, ihm die Tür zu öffnen. Schnell näherte er sich der jungen Frau und drehte sie auf den Rücken. Die Tür war hinter ihnen wieder geschlossen worden. Er beugte sich über sie und fasste ihr an den Hals. In dem Moment riss sie die Augen auf und stürzte sich auf ihr wehrloses Opfer. In einer einzigen Bewegung war sie über ihm, riss seinen Kopf nach hinten und versenkte ihre spitzen Zähne in seinem Hals. Er schrie noch auf, doch sein Schrei ging in einem erstickten Gurgeln unter. Alira sah mit einem wilden, unberechenbaren Blick zur Tür, während sein Blut auf den Boden troff. Die Professorin sah sie erschrocken an und verschwand. Alira ließ ihre Mahlzeit erst fallen, als er blutleer war. Dann wischte sie sich mit dem Handrücken über den Mund und trat in einer einzigen explosionsartigen Bewegung die Tür ein, die an dem Ende des Flurs gegen die Wand krachte. „Ausbruch in Sektor Q1. Ich wiederhole Ausbr....“ Es knackte entsetzlich laut, als Alira dem Wachmann das Genick brach. Dann setzte sie ihren Weg fort, auf der Suche nach dem Weg, der sie in die Freiheit führte. Es lagen etliche Gänge vor ihr und sie alle waren menschenleer. Dann wurde ihr Weg versperrt. Die Schleusen waren geschlossen worden. Auch hinter ihr schloss sich die Schleuse. Alira saß in der Falle. Mit ihren Fäusten hämmerte sie gegen das massive Metall, doch es bewegte sich kein Stück. Lediglich kleine Dellen blieben zurück. Die junge Frau hielt inne, als sie ein zischendes Geräusch hörte. Verwirrt sah sie sich um. Aus mehreren Leitungen entließen sie Gas. Alira hielt sich ihren Arm vor den Mund, doch sie begann bereits zu husten und zu keuchen. Ihre Sinne schwanden und sie begann zu taumeln. Dann gaben ihre Beine unter ihr nach und sie fiel in einen ruhelosen Schlaf.

Rowen war etliche Stunden unterwegs gewesen und hatte die kleine Stadt schon wieder verlassen. Sein Weg führte ihn weiter nach Norden. Er konnte spüren, dass es Alira nicht gut ging. Um so mehr beeilte er sich, um sie endlich aus den Klauen der Machenschaften der Menschen zu entreißen. Die Strasse führte durch ein Gebirge, doch nicht weit. Schon bald ging es wieder bergab und Rowen sah auf die Landschaft vor sich herab. Er blieb stehen und sah gebannt auf das ihm dargebotene Bild. Eine riesige Industrielandschaft tat sich vor ihm auf und schien kein Ende zu nehmen. Zahlreiche Schornsteine ragten in den Himmel, aus denen schwarzer Fabrikrauch quoll. Es stank nach Abgasen, Öl und anderen ebenso unerfreulichen Chemikalien. Doch Rowen wusste, dass er dort nach Alira suchen musste. Irgendwo in einem dieser Gebäude war sie und er würde sie finden. Egal, was es ihn kosten würde. Rowen machte sich an den Abstieg. Es wurde bereits wieder dunkel, doch die Sterne waren verdeckt. Eine dicke Dunstglocke hing über dem gesamten Tal und verwehrte einem den Blick auf das atemberaubende Firmament, was er ansonsten jeden Abend gesehen hatte. Bevor er die Fabrikstadt betreten würde, suchte Rowen sich ein ruhiges Plätzchen, wo er versuchte einige Momente schlafen zu können und neue Kraft zu sammeln. Schon bald fielen ihm die Lider zu. „Rowen!“, rief eine Stimme. Der junge Werwolf sah sich um. Er war wieder in dem düsteren Wald und lief zwischen den Bäumen auf einer bestimmten Fährte. „Alira!“ Plötzlich verwandelten sich die Baumstämme in Fabrikschlote, aus denen dunkel der Rauch quoll. Rowen hustete. Es stank erbärmlich und nahm ihm die Luft zum Atmen. Mit zusammengekniffenen Augen stolperte er vorwärts. „Rowen!“, schrie Alira schrill. Sie klang panisch und verängstigt. „Alira!“, rief er zurück und versuchte zu orten, woher ihre Stimme gekommen war. Aufeinmal lief er zwischen den Fabrikgebäuden umher und schien einer ganz bestimmten Spur zu folgen. Er rannte um eine Ecke und stoppte abrupt. Es regnete und vor ihm lag Alira. Ihr Blick war leer und sie schien leblos. Mit einem Satz war er bei ihr, nahm ihren Kopf hoch und legte ihn auf seinen Schoß. „Alira. Bitte sag doch was.“, flüsterte er verzweifelt und strich über ihre regennasse Wange. „Hilf mir, Rowen.“, hauchte sie kaum hörbar. Dann sank ihr Kopf zur Seite und ihr Körper erschlaffte. Alles wurde dunkel um den Werwolf und er erwachte aus seinem Traum.

Als Alira erwachte, fühlte sie sich genauso erschlagen, wie zuvor. In dem Raum, in dem sie war, herrschte gedämpftes Licht und sie lag auf einem Stuhl. Gefesselt und unfähig sich zu bewegen, kehrten ihre Lebensgeister zu ihr zurück. Wütend sah sie sich um. „Was soll das? Mach mich sofort los!“, rief sie sauer und starrte die Menschen an, die vereinzelt um sie herumstanden. Auch diese seltsame Frau war wieder da. „Wer zum Teufel sind Sie und was wollen Sie von mir? Sie haben kein Recht mich hier festzuhalten!“ Alira‘ s Stimme klang schriller, als sie es beabsichtigt hatte. „Ruhig. Wir wollen dich nur untersuchen.“, sagte die Professorin und kramte in einer Schublade mit dem Rücken zu ihr gewandt. „Sie haben nicht meine Erlaubnis dafür! Also lassen Sie mich gehen, oder Sie werden es bitter bereuen!“, brüllte Alira und ruckelte an ihren Fesseln. Doch diese waren aus massivem Metall und bewegten sich kein Stück. Die Frau drehte sich ihr wieder zu. Alira‘ s Augen wurden größer. „Wagen Sie es ja nicht...“, fauchte die Vampirin und versuchte sich so klein wie möglich zu machen. Dies schien die Professorin jedoch nicht zu beeindrucken. Sie fasste Alira am Hals und drückte ihr die Nadel der Spritze in den Hals. Vor Schmerz verzog sie das Gesicht, als man ihr das Blut abzapfte. „Jetzt dürfen Sie, meine Herren.“, nachdem sie die Spritze, gefüllt mit dunklem Blut, herausgezogen hatte, machten sich die anderen Menschen in dem Raum zu schaffen. Sie fassten ihre Arme und schoben die Ärmel nach oben. Verängstigt sah Alira ihnen zu. Ihr Atem ging schnell. Dann wurden ihr auf jeder Seite ein Venenzugang gelegt, an dem ein Schlauch angeschlossen wurde. Eine glänzende Flüssigkeit lief hindurch und drang in ihren Körper ein. Es war Alira, als wenn ihre Arme absterben würden. Sie waren kalt, wie das kälteste Eis, dass sie kannte und dieses Gefühl zog immer weiter nach oben. Alira‘ s Brustkorb hob und senkte sich immer schneller, sie hatte das Gefühl keine Luft mehr zu kriegen. Ihre Adern wurden tief blau sichtbar und man sah, wie die Flüssigkeit ihren Hals hinauf kroch. Alles um sie herum begann zu verschwimmen. „Das Silber scheint gut zu wirken.“, hörte sie noch. Dann wurde alles schwarz.

Rowen fühlte sich etwas frischer, nachdem er aus dem Traum erwacht war. Wenn er Alira sah, war es, als würde sie ihm Kraft geben. Er stand auf und klopfte sich den Staub aus der Kleidung. Die Sonne ging mittlerweile auf und streichelte ihn mit ihren Strahlen. Wärme durchdrang seinen Körper und gab ihm zusätzliche Energie. In den Fabrikhallen erklangen die lauten Geräusche der Produktion. Rowen ging den Abhang hinab und tauchte ein in die kühle Zwischenwelt zwischen den Fabrikgebäuden. Viele verdreckte Menschen liefen hier herum, kümmerten sich jedoch nicht um ihn. Rowen war dies nur recht. Immer weiter führte ihn sein Weg in das Labyrinth aus Gassen, Gängen und breiteren Straßen. Er hatte keinen Anhaltspunkt dafür, wo er anfangen sollte zu suchen. Einfach seinem Instinkt folgend, ging er voran. Mal wurde das Gefühl stärker, mal wurde es schwächer, dass sie ganz in seiner Nähe war. Es war schon Stunden her, dass er dieses schier undurchdringliche Gelände betreten hatte und immer noch hatte er keinen größeren Erfolg zu verzeichnen. Eine Gruppe von Arbeitern kam ihm entgegen. „Hey, ihr. Wisst ihr, ob irgendwo Untersuchungen bzw. Forschungen betrieben werden?“ Die Männer sahen sich an. „Du kommst nicht von hier, oder?“, fragten sie misstrauisch. „Ähm, ich bin neu hier. Und ich finde mich noch nicht hier so zurecht.“, log Rowen sich zurecht. „Das sieht man.“, grinste ein besonders verschmierter von ihnen. „Es gibt nur eine Forschungsstation hier. Aber dir das zu beschreiben, würde Stunden dauern und ich bezweifle, dass du dir das merken kannst.“, lachte er. Rowen sah ihn entnervt an. „In welcher Richtung liegt sie?“, fragte er. Neue Hoffnung keimte in ihm auf. Die Arbeiter deuteten hinter sich und Rowen machte sich schnellen Fußes auf und davon. <Ich komme Alira, halte durch.>, rief er in Gedanken und beschleunigte seine Schritte noch. Laufend durchquerte er viele Innenhöfe und passierte etliche Straßen. Das Gefühl, ihr näher zu kommen, wurde stärker. Und nicht nur das Gefühl wurde stärker, auch seine Kraft schien von Schritt zu Schritt immer mehr zu zunehmen. Es war bereits später Nachmittag, als Rowen sich eine Pause erlaubte und etwas aß. Er hatte sich eine Kleinigkeit mitgenommen und verschlang diese hastig. Dann machte er sich wieder sofort auf den Weg. Keine Sekunde mehr hielt er ohne Alira‘ s Gegenwart aus. Der Tag neigte sich dem Abend zu, als Rowen urplötzlich anhielt. Er stand vor einem Fabrikzaun, der zusätzlich mit Stacheldraht gesichert war und hinter dem sich ein flaches Fabrikgebäude erhob. Es gab hier keine Schornsteine. Die Mauern waren massiv und aus dickem Stahlbeton. Irgend jemand schien zu wollen, dass das, was hinter diesen Mauern gefangen war, unbedingt hinter diesen blieb. Rowen‘ s Herz klopfte. Hier musste es sein. Er spürte es ganz genau.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück