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Einzelposting: Der Kinderdieb


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Von:   abgemeldet 18.03.2010 21:19
Betreff: Der Kinderdieb [Antworten]
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Ich habe das Buch neulich gelesen. Erst saß ich vor der Karte und wunderte mich, warum das Ganze in "Avalon" spielt, habe mich dann aber doch dazu entschieden, erst zu lesen, und dann zu meckern.

"lol" ist so ziemlich das Letzte, was ich in diesem Zusammenhang schreiben würde, aber du hast recht, ich habe meiner elfjährigen Schwester davon abgeraten, es zu lesen.

Für alle, die damit nichts anfangen können:
Peter Pan schleicht durch New York und stiehlt Kinder, aber es ist wählerisch. Es müssen die traurigen sein, die, die nichts zu verlieren haben, die misshandelt, geschlagen, vernachlässigt oder alles zusammen wurden. Er lockt sie recht geschickt durch "den Nebel", nach Avalon, zu den Teufeln.
Brom beschreibt alles recht detailliert, aber doch nicht zu sehr, sodass immer genug Freiraum für die Imaginationskraft des Lesers bleibt, und er nennt sogar seine Quellen, obwohl das derzeit scheinbar nicht sonderlich modern ist.
Der Übersetzer hat stellenweise deutlich gepatzt und wiederholt sich am laufenden Band, aber davon mal abgesehen, ist es wirklich angenehm zu lesen.

Ich finde es nur schade, dass Brom so wenig auf altbekannte Namen gesetzt hat, was andererseits hingegen von Vorteil ist. Wendy _kann_ ich mir gar nicht als vergewaltigtes Mädchen vorstellen, das krampfhaft einen Platz in der Gesellschaft sucht, um jeden Preis.
Der Kapitän ist zwar Kapitän, aber weder von einem Piratenschiff, noch verfügt er über die Art von Stil, die ich an Hook so schätze.
Die Pixies sind wie Tinker Bell, nur fügen sie sich in diesem Falle besser in die Geschichte ein, obwohl sie keinen Staub spenden, der die Leute fliegen lässt.
Man betrachtet die Charaktere, weiß genau, wie das Pendant von Barriel heißt, wie es eigentlich sein sollte - aber dennoch kann ich nicht sagen, dass es nervig oder unpassend wäre.

Brom hat, wie er selbst sagte, Peters düstere Seite genommen, sie mit alten Mythen und Sagen vermengt, eine Prise Moderne und Horror beigemischt, und daraus dann eine Handlung gewoben. Diese Handlung mag auch Sinn haben - überrascht war ich dennoch. Peter Pan in Mittelerde? So liest es sich.
Das Buch springt mal hier hin, um dort vorne wieder zu landen, quer durch Zeit und Raum. Das hat etwas, allerdings nur, wenn nicht bald der nächste Autor kommt, und meint, er müsse ebenfalls Leute aus sämtlichen Epochen zusammen in einen Baum stecken.

Ich sollte vielleicht dazu sagen, dass ich kein Horror Fan bin, denn das, was einem da meist vorgesetzt wird, empfinde ich als lächerlich. Plotholes, die mit mehreren hundert Litern Filmblut kompensiert werden, unglaubwürdige Charaktere an abstrusen Orten, und dennoch ein Happy-End auf Biegen und Brechen - ich will weder jemanden beleidigen, noch alle Filme und Bücher dieses Genres in einen Topf schmeißen, denn ich bin mir im Klaren darüber, dass es Ausnahmen gibt.

Wie dieses Buch. Ja, es ist blutig, und es vergeht kein Kapitel, in dem nicht neue Untaten geschildert werden. Der Autor bewegt sich aber auf einem anderen Niveau, als man es sonst gewohnt ist. Er schildert, was Gewalt bewirkt, wie weit die Folgen wirklich reichen können, und wie viele Leute sich in derartige Situationen verstricken können, und was passiert, wenn man versucht, ihr zu entrinnen.
Definitiv hat das Buch so seine Fehler, aber der gesamte Rest lässt sich gut lesen, fesselt, und es kommen immer wieder altbekannte Elemente hinzu, mit denen man so eigentlich nicht gerechnet hat.
Spoiler
Sekeus Heilung, ebenso wie die von Nick, erschien doch ein wenig unrealistisch. Die Dame ist krank, ihr Geist wandert weit entfernt herum - und das schon seit Jahrhunderten. Doch nachdem sie geweckt wird, braucht sie nur ein paar Minuten, um sich zu berappeln? Göttliches Wesen hin oder her, an der Stelle stimmte etwas nicht.


Ein modernes Werk mit Atmosphäre, ich bereue den Kauf keinesfalls. Allerdings lege ich mir dembald sicherlich das Original zu, ich will wissen, ob es wirklich "nur" der Übersetzer war, oder ob Brom seinen Schreibstil doch noch ein wenig verfeinern sollte.

Grüße, Polaris
Mögen die Erdbeeren mit dir sein und die Brombeeren deinen Weg behüten!

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