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Einzelposting: Arbeitslos aus Überzeugung?


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Von:   abgemeldet 03.06.2013 20:50
Betreff: Arbeitslos aus Überzeugung? [Antworten]
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> aber als Zeitarbeiter hat man es schlechter
Subjektive Wahrnehmung. Du kannst nicht zwei Dinge miteinander vergleichen, wenn du nur eines von beidem kennst.

Ich war schon einige Male arbeitslos. Technisch gesehen bin ich es selbst jetzt noch (Umschulungsmaßnahme) ^^ Angenehm, oder schön fand ich es aber nie. Du glaubst gar nicht wie frustrierend das sein kann, wenn du jeden Tag Zuhause herumhocken musst und du nicht weißt was du mit deiner Zeit noch anfangen kannst. Irgendwann kommt diese Phase, und ab dann geht die "Freizeit ist toll"-Phase ganz schnell vorbei, und wird durch verdammt viel Frust ersetzt.

Dann kommen noch deine Bewerbungsbemühungen hinzu, bei denen standardmäßig mehr automatisiert verfasste Absagen als Zusagen kommen. In den Medien, im Familien- und Freundeskreis, sowie auch auf der Straße hörst du dann noch durchgehend diskriminierende (!) Äußerungen gegen Arbeitslose, und um das ganze noch abzurunden nutzen unsere Herren Politiker die Arbeitslosen auch alle paar Wochen mal wieder als Bauernopfer.

Ein paar Unannehmlichkeiten, wie Fahrzeiten, die fehlen vielleicht.. aber dafür isoliert das ganze einen auch, und einen gewissen, psychischen, Druck, den gibt es ebenfalls noch.. aus allen Ecken des Landes. Ich war nie freiwillig arbeitslos, und trotzdem wurde ich häufig grundsätzlich so behandelt als ob es anders wäre.

Und zum Vergleich dazu habe ich auch einen "Scheiss-Job" in meinem Lebenslauf drin. Welchen? Den als Briefzusteller. 7,60€/Stunde, 6-Tage-Woche, und besonders zur Winterzeit wurden täglich grundsätzlich 1-4 Überstunden gefordert. Insgesamt kam ich wenn es hoch kam vielleicht auf meine 1.200€ brutto (wir hatten ebenfalls eine magische Grenze, bekamen Überstunden i.d.R. mehrere Monate verzögert ausbezahlt, aber nie mehr als rund 1.200€ => Zeitkonto) bei diesem Job, während ich gleichzeitig meine 50-Stunden-Wochen schob, ebenfalls sehr lange Anfahrtwege hatte, und ja, auch der Job war schweißtreibend und anstrengend. Weißt du was? Ich empfand es trotz allem als angenehmer, als die Arbeitslosigkeit. Selbst als ich in die Depotleitung befördert wurde, und ich grundsätzlich 12-Stunden-Tage hatte, da war mir das noch angenehmer, als mich von der Gesellschaft und vorallem dem Amt permanent diskriminieren zu lassen ;-)

> Gerade aber solche Leute wie Zeitarbeiter werden oft gefragt ob sie heute länger machen können
Dir gebe ich nun mal genau den selben Tipp, den ich all meinen Mitarbeitern gab, als ich ihr Chef war: Antworte auf diese Frage grundsätzlich mit einem "Nein".

Überstunden dürfen nur in besonderen Fällen 'gefordert' werden, d.h. mit eingehenden Verpflichtungen. Schlechte Planung von seitens des Unternehmens, die in personellen Engpässen resultierte, die gelten nicht als besonderer Fall - die gelten als "Shit happens".

Du kannst immer sagen, dass du schon etwas vor hast, und da dein Arbeitgeber dich nicht nach deinem Privatleben fragen darf musst du ihm nicht mal verraten, was es denn ist. "Ich kann heute nicht, ich habe schon etwas vor" => damit bist du fein raus.

Meinen Mitarbeitern musste ich zwangsläufig immer sagen, dass sie Überstunden zu machen haben, weil es von oben gefordert wurde. Ich teilte es ihnen auch mit, dass sie 'offiziell' welche machen sollen, und inoffiziell verriet ich ihnen, dass sie denen da oben mal den Stinkefinger zeigen können. Die meisten taten es auch, was ich klasse fand. Konsequenzen gab es für sie keine. Für mich gab es nur welche, als durchsickerte, was für ein netter Chef ich dort denn war :D.. aber das ist eine andere Geschichte. Grundsätzlich hast du ein Recht dazu Überstunden abzulehnen. Lediglich bei besonderen Fällen, oder "Notfällen", bei denen solltest du nicht allzu oft ablehnen. Sowas kann als Arbeitsverweigerung gewertet werden, sofern die zu erledigenden Überstunden schon im Vorfeld bekannt waren. Kommt aber zwei Stunden vor Feierabend jemand zu dir, und sagt "Hey, gute Nachticht! Überstunden!", dann.. ja.. dann ist es wenn du mich fragst grundsätzlich Zeit für eine "FU!"-Geste.. ;-)

> Nach einiger Zeit meinte er jedoch wenn auch resigniert dass es das beste war was Ihm passieren konnte da er so mehr Anspruch auf finanzielle Hilfe hat als normales Harz 4 und gleichzeitig mit lästigen Jobangeboten in Ruhe gelassen wird. Mittlerweile ist er Vater geworden und sagt das er jetzt gar keine Zeit zum arbeiten hätte.
Komisch, andere Väter scheinen das noch hinzubekommen..

> Beim Amt wollten die wissen wie viel meine Eltern verdienen usw. und das wollen beide, vor allem mein Vater nicht bekanntgeben.
Bei mir wollten sie damals (Jobcenter) sogar wissen, ob sie irgendwelche Ersparnisse, Lebensversicherungen o.ä. haben. Sobald du volljährig bist können sie an deren Geld aber eigentlich nicht mehr ran, von mir erhielten sie damals nicht mal eine Auskunft darüber. Von meiner Seite aus hieß es, ich wäre mit den beiden zerstritten, und das es schwer ist Leute die einen hassen um derartige Informationen zu bitten.. ^^ Damit kam ich da ganz gut durch..

> Bei einem der vielen Termine beim Arbeitsamt und bei der Arge meinte eine Frau ich sollte doch zu meinen Eltern zurückkehren.
Die Leute vom Amt haben i.d.R. keine Ahnung von auch nur irgendetwas. Ich erlebte schon, wie eine türkische Frau vor mir bei der Sachbearbeiterin war (Glastüren mit Spalt drunter - sitzt du vor der Tür, dann hörst du alles). Sie hatte eine richtig dicke Sprachbarriere, konnte also kaum deutsch. Sie war schon etwas älter, und sie arbeitete ihr Leben lang wenn ich das richtig verstanden hatte in so einem kleinen, türkischen, Lebensmittelgeschäft. Das Geschäft machte wohl zu, und nun war sie arbeitslos. Willst du mal hören, was das Amt ihr auf die Frage, wo und als was sie sich denn bewerben könne antwortete?

=> Sekretärin in einer Anwaltskanzlei.

Diese Menschen beim Amt haben keine Ahnung vom Arbeitsmarkt, keine Ahnung von Menschen und vorallem keine Ahnung von dem, was eigentlich ihr Job ist. Und all das sorgt dafür, dass sie den Arbeitslosen mit ihrem vollkommen stupiden 'Befehlen' ständig das Leben zur Hölle machen.

Nimm mich als Beispiel. Ich wusste im Vorfeld schon, das mein Vertrag nicht verlängert werden würde, also meldete ich mich vier Monate vorher schon dort. Dort sagte eine Sachbearbeiterin von sich aus sofort, dass eine Umschulung bei mir eindeutig Sinn machen würde. Sollte der Vertrag auslaufen und sich nichts anderes ergeben, so solle ich halt nochmal nachfragen, sobald ich arbeitslos bin, und dann würde man schauen, wie man mich in eine Umschulung bekommen würde.. hieß es.

Vier Monate später stand ich dort, fand nichts, und fragte die nächste Sachbearbeiterin die mir zugewiesen wurde, wie das denn mit einer Umschulung aussehen würde. Außerdem erwähnte ich natürlich, dass ihre Kollegin da etwas andeutete, und das sie meinte es auch im System eingetragen zu haben.

.. japp, und daraufhin wurde ich einfach mal als fauler und dummer Schmarotzer bezeichnet. Am Ende reichte ich Beschwerde über diese äußerst nette Person ein, und drei Sachbearbeiterinnen später erst wurde meine Umschulung genehmigt, dann auch problemlos.

Die Leute wissen nicht, was sie tun, halten die Arbeitslosen teilweise grundsätzlich für den "Feind" und behandeln ihn auch so. Aber ich glaube, das ist allgemein so ein Sachbearbeiterding. Ich machte vor kurzem ein sechsmonatiges Praktikum als einer, bei einer Krankenversicherung. Mit den Kunden sprang man dort auch nicht besser um, schon gar nicht wenn sie von Hartz IV lebten.. da wurde grundsätzlich erst mal angekeift und jeder Antrag wenn möglich einfach mal abgelehnt.

Aber worauf ich hinaus will: Beim Arbeitsamt, und besonders auch beim Jobcenter, da haben viele der Angestellten meiner Meinung nach ein ähnliches Denken, wie ein paar gewisse Menschen es während des zweiten Weltkrieges in Deutschland auch hatten. Hat man Glück, dann gerät man an einen netten und kompetenten Mitarbeiter, hat man aber Pech (also, fast immer), dann landet man bei jemandem, der einen sofort als "Dreck" abstempelt, entsprechend behandelt, und der einen mit seinen "Hilfen" einfach nur schikaniert..
Not my fault, someone put a wall in my way.

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