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Underground

(Reise ins) Labyrinth
von

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Underground

No one can blame you

For walking away

Too much rejection

No love injection

Life can be easy

It's not always swell

Don't tell me truth hurts, little girl

'Cause it hurts like hell
 

Jareth beobachtete in seiner Kristallkugel, wie Sarah durch das Labyrinth lief. Um den Koboldkönig herum tobten seine kleinwüchsigen und seltsam anmutenden Untertanen, doch er ließ sich davon nicht im Geringsten stören. Die Jahre hatten ihn gegen den unerträglichen Koboldblödsinn und das ewige Geschnatter abgehärtet.

Beruhigend, dass das geschehen war. Beunruhigend, dass es notwendig geworden war.

Nun ja, es war nicht so, dass er sein Leben und seine Untertanten hasste, das nicht. Es ödete ihn nur beides an. Und das auf eine nahezu unerträgliche Art und Weise.

Deshalb hatte er begonnen, Sarah zu beobachten, lange bevor sie in sein Labyrinth gekommen war. In der Gestalt einer weißen Schleiereule hatte er sie verfolgt und zugesehen, wie sie ihrer schauspielenden Mutter nachgeeifert hatte, indem sie das Stück ,Labyrinth' einstudiert hatte. Das Stück, das seine Geschichte erzählte. Das Stück, das verriet, wie man nervige, kleine Kinder loswurde und den Koboldkönig rief.

Was hatte ihn eigentlich zuerst auf Sarah gebracht? Die Tatsache, dass sie genau dieses Stück ausgewählt hatte oder seine Langeweile? Er wusste es nicht. Letztlich war es aber auch ziemlich egal, da beides auf das gleiche hinauslief.

Der Legende vom Koboldkönig wurde wenig Aufmerksamkeit geschenkt und Sarah war somit die erste - mittlerweile anwesende - Ablenkung seit Jahren. Sarah - und ihr kleiner Bruder Toby, der gerade selig in einer zerschlissenen und ungefähr hundertmal geflickten Decke neben Jareth' Thron schlief. Toby, das Kind, das möglicherweise zu Jareth' Thronfolger werden konnte, wenn Sarah versagte und es ihr nicht geling, das Schloss im Zentrum des Labyrinths innerhalb der Frist von dreizehn Stunden zu erreichen.

So waren die Regeln. Zwar war es nicht Jareth' Entscheidung gewesen, Toby zu entführen, da waren seine Untertanen etwas vorschnell gewesen, aber das Kleinkind war hier und entsprechend hatten die Regeln befolgt zu werden.

Im Moment hatte Sarah dank dieses kleinwüchsigen Trottels Hoggle gute Chancen. Bessere als Jareth gedacht hatte. Schade, denn er hatte gehofft, sie vielleicht dazu zu bringen, zu bleiben, und dazu musste sie als erstes scheitern...

König über eine Horde geistig minderbemittelter Kobolde zu sein, bedeutete zwangsläufig, dass man in mehrfacher Hinsicht einsam war. Zum Beispiel fehlte es an Gesprächspartnern, die nicht bei jedem harten Wort kuschten, nicht ständig kicherten und sich einigermaßen auf Augenhöhe befanden - sowohl in körperlicher als auch in geistiger Hinsicht.

Na gut, manchmal, das musste Jareth doch zugeben, hasste er sein Leben...

Der hoch gewachsene Mann mit dem blonden, schulterlangen Haaren beobachtete das Geschehen noch einen Augenblick in der Kugel, dann beschloss er einzugreifen.
 

Sarah und Hoggle eilten an den sprechenden Felsen vorbei, die sie immer wieder darauf hinwiesen, dass ihr Weg falsch war und ins ewige Verderben beziehungsweise in den sicheren Tod führte. So langsam nervte das.

"Sieh!" Sarah deutete auf eine Kristallkugel, die an Hoggle und ihr vorbeirollte und in einem dunklen Tunneleingang verschwand.

In stiller Übereinkunft folgten die beiden ungleichen Reisegefährten der glitzernden Kugel und beobachteten staunend, wie diese in die ausgestreckte Hand eines blinden Bettlers hüpfte, der im Schneidersitz auf dem kalten Steinboden saß.

Etwas eingeschüchtert angesichts einer weiteren skurrilen Gestalt in diesem Labyrinth blieb das schwarzhaarige Mädchen stehen. Sie wollte gerade fragen, ob der Bettler den Weg zum Schloss kannte, als dieser elegant und schwungvoll aufsprang, sich seiner Verkleidung entledigte und sich als der hartherzige und grausame Koboldkönig entpuppte, dem Sarah ihr Hiersein in diesem verfluchten Labyrinth zu verdanken hatte

Trotzig verzog sie den Mund. Sie würde ihm die Stirn bieten - klein bekam er sie nicht!
 

Jareth' Blick wanderte kurz zu Sarah, die schon wieder diesen trotzigen Kleinmädchenausdruck auf dem Gesicht hatte, und heftete sich dann an Hoggle, der vergeblich versuchte, mit der Tunnelwand zu verschmelzen.

"Sieh an, du bringst sie doch zum Anfang zurück, Hogwarts, hm?" Jareth kam freundlich lächelnd einige Schritte auf Hoggle zu, der wiederum sofort zurückwich.

"Es heißt Hoggle!", fauchte der Zwerg, um gleich darauf kleinlaut zur Seite zu blicken. "Ja, natürlich..."

"Du tust WAS?" Sarahs Stimme überschlug sich. Empört und fassungslos sah sie den Mann an, den sie bis zu diesem Worten für einen Freund gehalten hatte.

Hektisch blickte Hoggle von dem Koboldkönig zu dem Mädchen und wieder zurück.

Stirnrunzelnd zog Jareth die Augenbrauen zusammen. Der Zwerg wusste offenbar nicht, wem seine Loyalität gelten sollte. Und das war etwas, das er nicht dulden konnte. Die Loyalität seiner Untertanen musste absolut sein.

Außerdem schmerzte Jareth der Gedanke, dass der kleinwüchsige Kerl in Sarah eine Freundin gefunden hatte, mehr, als er jemals zugeben würde. Er hatte keine Freunde und daher würde niemand sonst in diesem Labyrinth Freunden finden und haben. Das mochte vielleicht verdammt egoistisch klingen, aber er war hier der König und machte die Regeln. So einfach war das.

"Denk an das Moor des ewigen Gestanks, Hagdle, - und führ deinen Auftrag aus."

Jareth wirkte sanft und freundlich, doch das täuschte.

Hoggle wusste das - und er wusste ganz genau, was die Drohung mit dem Moor des ewigen Gestanks zu bedeuten hatte. Ewiger Gestank und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn sobald ein bisschen Haut mit dem Sumpf in Berührung kam, stank ihr Angehöriger den Rest seines Lebens ebenso erbärmlich wie das Moor selbst...
 

Jareth wandte sich von dem Zwerg ab und trat zu Sarah. Lässig lehnte er sich neben dem Mädchen an die Wand. Mittlerweile war der Trotz von ihrem Gesicht gewichen und hatte einer gewissen Unsicherheit Platz gemacht.

"Wie gefällt dir mein Labyrinth, Sarah?", fragte er mit einem Lächeln auf den Lippen. Es interessierte ihn ehrlich, was sie dachte. Schon allein, weil sie sein erster ,Gast' seit Jahren war - und weil das Labyrinth für ihn etwas besonderes war...

"Es ist langweilig - und ein Zuckerschlecken für mich." Mit trotzig geschürzten Lippen und einem hochmütigen Leuchten in den Augen sah sie ihn an.

Jareth' Miene verfinsterte sich. Gut, das Mädchen hatte Feuer, aber verdammt noch mal, keinen Funken Respekt. Respekt vor dem Labyrinth - und damit vor ihm. Denn das Labyrinth war alles, was er hatte. Alles, worauf er stolz sein konnte. Es war sein Leben.

Augenblicklich wurden Jareth' Augen zu schmalen Schlitzen.

"Nun, dann wollen wir das Spiel für dich aufregender gestalten." Er schenkte Sarah ein düsteres und hinterhältiges Lächeln. Aus dem Nichts erschien eine Uhr und die Zeiger auf ihr rückten atemberaubend schnell vor. Nachdem so sieben Stunden von Sarahs Frist in Sekundenschnelle verschwunden waren, blieben ihr somit nur noch drei Stunden, um ihre Aufgabe zu meistern.

"Das ist nicht fair!" Fassungslos sah das Mädchen von der Uhr zu Jareth.

Dieser bedachte sie jedoch nur mit einem herablassenden Blick. Was gerade geschehen war, hatte sie sich schließlich selbst zuzuschreiben. Alles, was er gewollt hatte, war ein Zeichen des Respekts gewesen - und das hatte sie ihm verweigert.

"Ich frage mich, woher du deinen Begriff von Fairness hast. Hier gilt er jedenfalls nicht. Du bist in meiner Welt, in meinem Labyrinth. In meinem Leben."

- Und du bist nie eingeladen worden, sondern einfach hineingestolpert. Also finde dich mit dem ab, was du vorfindest. Und übrigens: Herzlich willkommen, fügte er in Gedanken hinzu.

"Und Hoddle, wehe, du hilfst ihr. Denk an den ewigen Gestank!", warnte der Koboldkönig Hoggle noch einmal. Mit ausgreifenden Schritten ging er davon, ohne sich noch einmal umzusehen. In der Dunkelheit des Tunnels lösten sich seine Umrisse allmählich auf und er verschwand.
 

Sarah seufzte leise. Ihre Aufgabe war nicht gerade leichter geworden.

"Du hättest ihn nicht reizen sollen...", murmelte Hoggle leise.

"Halt die Klappe!" Wütend auf sich selbst, auf Hoggle und auf Jareth setzte Sarah ihren Weg durch das Labyrinth fort. Sie hatte keine Wahl. Wie der Koboldkönig gesagt hatte, dies war seine Welt, sein Labyrinth - sein Leben. Er machte die Regeln und sie konnte sich nur anpassen. Wenigstens vorläufig. Trotzdem würde sie es ihm noch zeigen!
 

Nachdenklich lehnte sich Jareth auf seinem Thron zurück. Wieder haftete sein Blick fest auf der Kristallkugel und er ignorierte die aufgedrehte Bagage um ihn herum. Sarahs Aufgabe war schwieriger geworden - wenn nicht sogar unlösbar.

Deutlich standen ihm noch ihre Fassungslosigkeit und ihr regelrechtes Entsetzen vor Augen. Ein leichter Schauer rann ihm über den Rücken. Aber er hatte doch nur getan, was sie von ihm erwartete hatte. Na gut, und er hatte sich hinreißen lassen, weil sie ihn verletzt hatte. Er war hartherzig gewesen - und grausam. So sah sie ihn doch, nicht wahr? Und auf irgendeine verdrehte Art und Weise wollte er ihre Erwartungen erfüllen. Wenigstens das.

Und vielleicht, ganz vielleicht, würde sie nach ihrem Scheitern ja bleiben - und ihn aus dieser ewigen Langeweile befreien. So wirklich glaubte er aber nicht mehr daran.

Ein leiser Seufzer kam ihm über die Lippen. Aber was sollte er machen? Hinnehmen, dass ihn dieses Mädchen nicht ernst nahm? Dass sie sein Leben nicht ernst nahm? Das konnte er nicht. Das konnte niemand, der auch nur ein bisschen Stolz besaß.

Und Sarah... Sie würde sicher nicht aufgeben. Ein winziges Lächeln huschte wieder über seine Lippen. Ja, sie hatte wirklich Feuer. Und damit würde sie ihn dazu zwingen, doch noch mal in seine Trickkiste zu greifen. Und vielleicht, ganz vielleicht, fand er dort etwas, dass ihr den Kopf so verdrehen würde, dass sie blieb. Dann war er nicht mehr alleine gefangen in diesem verdammten Labyrinth, in diesem verdammten Leben.
 

It's only forever

Not long at all

Lost and lonely

That's underground

Underground
 

ENDE
 

A/N: Der Songtext ist aus David Bowies "Underground" vom Labyrinth OST. ^^



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von:  JD1990
2012-04-27T15:23:00+00:00 27.04.2012 17:23
OMG Ich liebe diesen Film einfach
Und als ich gesehen ha das du noch eine OS geschrieben hast, musst ich diese jetzt auch verschlingen *_*
Du kannst Jareth wirklich gut rübr bringen. Sehr gut.
Ich hab Gänsehaut während des Lesens bekomen.
Einfach nur super wie du geschrieben hast.
Von: abgemeldet
2007-09-07T17:20:34+00:00 07.09.2007 19:20
Oh wie wundervoll. Ich hab die Platte im Schrank, tausend Kratzer drauf und tonnenschwere Erinnerungen daran, den Film ein dutzend Mal gesehen und du läßt ihn einfach so wieder in meinem Kopf entstehen.
Danke dafür.
Das ist jetzt die zweite Geschichte 'deines' Labyrinthes und sie verzaubert mich genau wie die erste.
Jareth als Jemand, der sich mit dem Erfüllen von Sarah's Wünschen immer tiefer in seinen eigenen Abgrund zieht. Das war schon früher für mich das eigentliche Drama, und hier, in deiner Geschichte ist es so wunderbar greifbar herausgeschrieben.
Ach ja ... und David Bowie macht generell erstklassige Musik *grins*.
*stehend Handgeklapper*
von der Elster
Von:  JinShin
2007-08-10T11:10:16+00:00 10.08.2007 13:10
...und da bin ich gleich nochmal... ;-)

Du lässt wirklich die Charaktere aus dem Film auferstehen!
Ich bin echt begeistert!
Und erinnere mich wieder daran, wie toll ich Jareth auch schon damals fand...

Ganz, ganz großes Lob!

Ich werde bestimmt noch mehr von dir lesen! (Schön, dass ich dich entdeckt hab!)

Liebe Grüße!

Von:  Lene
2007-06-30T17:46:42+00:00 30.06.2007 19:46
gott ich liebe diesen film seit dem ich ihn endlich kenne.
und ich muss sagen, dass du die einzelnen charakterzüge gut rüber gerbracht hast.
besonders die gedanken von jareth (ich liebe ihn) gefallen mir.
und ich wollt noch sagen, dass dein schreibstil gut zur story passen.
Von: abgemeldet
2006-01-19T01:51:33+00:00 19.01.2006 02:51
das weckt kindheitserinnerungen...
habe damals, bei meiner großen schwester, den film immer mind. zwei mal hintereinander angesehen.
und sie erinnert mich bis zum heutigen tag daran, das ich mit neun jahren in den koboldkönig verknallt war... lol

aber es weckt nicht nur erinnerungen. dein stil katapultiert mich sofort wieder in die story. die hochnäßigkeit sarahs gegenüber dem könig. wie hoggel zwischen den beiden hin und her gerissen ist. ich fühl richtig mit ihnen.
doch am meisten gefällt mir wie du hinter jereth blicken lässt. das, was der film nie rüber bringen konnte, hast du auf den punkt gebracht...
da fällt mir mein liebligsspruch ein:
du brauchst mich nur zu fürchen, nicht zu lieben.
wenn du tust was ich sage, bin ich dein sklave.

klasse...
grüße von einem rießen labyrith fan...
kitty
Von:  Myojo
2006-01-18T20:24:22+00:00 18.01.2006 21:24
So jetzt setze ich mich zum tausendsten Mal an ein Kommi hierzu.
Also, ich kenn den Film ja nicht, aber die FF ist schon mal interessant.
Macht mich neugierig auf den Film.

Deine Schreibweise finde ich sehr schön, vor allem passend zu Setting und Handlung.
Ich finds auch toll, dass die Leute Gründe für ihr Verhalten haben.

Jaaa... das ist auch schon der Grund, warum ich mich bis jetzt zu kein Kommi geschrieben hab... Ich finds toll und kann nicht sagen warum *drop*

Auf jeden Fall gefällts mir^^
Von: abgemeldet
2005-11-28T21:05:13+00:00 28.11.2005 22:05
So, endlich, nach langer Zeit ist es mir gelungen, ins Mexx zu hüpfen!
Hier auch dein versprochener Kommi:

Dieser Film ist (wie du weißt) einer meiner Lieblingsfilme. Deshalb ist mir diese Geschichte gleich zu beginn sehr lieb.
Was mich besonders fasziniert ist die Art, wie du das Verhalten der Protagonisten interpretiert hast. Einfach super...
Es passt schön in die Störy und erklärt auch so manches.
Zudem ist dein Stil schön und ausgewogen. Nicht zu schnörkelig, aber dennoch mit hinreichenden Ausschmückungen.

Dickes Lob
vom Flugzeugtreibstoff

Ich hoffe dieses Kommentar wird dich zufrieden stellen.
Schöne Adventszeit noch!^^


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