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Eternity III - Sklavenhändler und Drachentöter

Dieser Drache ist unverkäuflich!
von

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Slarivestische Geheimniskrämerei

Hallo Leser! Dies ist ein Kapitel mit Überlänge, das aber hauptsächlich aus einem Gespräch besteht. Ich hoffe, ihr langweilt euch nicht, während ihr mit Infos überhäuft werdet. *g*
 

In dem unteren Teil sind manchmal Zeilen freigelassen, obwohl eigentlich kein neues Ereignis stattfindet. Das dient einfach der Übersicht, denn es wird wirklich ziemlich viel am Stück geredet. Und trotzdem ist am Ende nicht alles geklärt…
 

Leider hat diese Episode eine Woche Verspätung und ich bin in einem Internetcafe, also ich kann leider nicht jeden sofort anschreiben, der kommentiert hat... Vieleicht seht ihr es ja auch so.^^
 

Eternity III

Kapitel 9: Slarivestische Geheimniskrämerei
 

Fackeln und ein Lagerfeuer erhellten die Nacht. Es roch nach gebratenem Fleisch und frischem Brot. Auch war Obst im Angebot, und zu trinken gab es neben Wasser natürlich Wein, alles entwendet von den Slarivestern, die das Spektakel von ihrem Gefängnis aus lediglich hören konnten, weil die Fenster zur anderen Seite zeigten.

Maris war wieder auf den Beinen – und er spornte sein Instrument zu Höchstleistungen an. Hiatari und zahlreiche andere Drachen und Draconer sangen zu seiner Musik oder klatschten den Takt, wenn sie den Text nicht kannten. Die meisten tanzten. Die Befreiungsparty fand seit dem Abend auf dem Hof statt, denn drinnen war nicht genug Platz für die teilweise spektakulären Darbietungen und ausgelassenen Tänze. Natürlich war es nicht vergleichbar mit den Vorführungen auf einem Drachentreffen, aber Hiatari zeigte ihre Lichteffekte, die sie beim Singen nach ihrem Willen formen konnte, und einige andere Lichtsänger machten so gut es ging mit. Aber der Höhepunkt war zweifellos der Auftritt von Noctivagus, der zu dieser Gelegenheit wieder zu Taika wurde. Er hatte sich Kleidung besorgt, die seiner traditionellen Clankleidung ähnelte, eine enge Lederhose und eine Weste. Sein langes Haar trug er offen, um wilder zu wirken. Valerian und Eikyuu genossen es, den verschlossenen Schattenmagier wieder einmal als den temperamentvollen Flammentänzer zu sehen, der sich hinter seiner kühlen Fassade verbarg.

Die Feiernden bildeten einen großen Kreis als Bühne für ihn und Maris, der am Rand saß und eine schnelle, dröhnende Melodie spielte, die man seinem zerbrechlich wirkenden Saiteninstrument kaum zugetraut hätte. Dazu sang der Barde mit fester, lauter Stimme das Lied von einem, der aus dem Gefängnis entflieht und dabei viele Hindernisse überwinden und Verfolger abschütteln muss. Taikas Füße hielten mühelos mit dem schnellen Rhythmus mit. Er machte Gebrauch von dem Platz, den er zur Verfügung hatte, wirbelte förmlich von einer Seite zur anderen und untermalte alles mit Flammen, die er teilweise zu Figuren formte. Yanis war nicht der Einzige, den das begeisterte.

Irgendwann im Laufe der Darbietung war Maris aufgestanden und hatte angefangen, auf und ab zu gehen, während er spielte. Manchmal mischte er sich in Taikas Tanz ein und stellte einen Verfolger dar, ohne eine Note zu verpassen. Als die Strophen gesungen waren, spielte er weiter, ohne zu singen, und verfolgte Taika durch den Kreis. Einige begriffen, was das sollte, aber Valerian war der Erste, der sich traute. Er sprang auf die *Tanzfläche* und nahm die Rolle eines Jägers an, der den Entflohenen verfolgte. Es überraschte ihn selbst ein bisschen, dass er sich für diese Seite entschied, andererseits musste es ja jemand machen. Er und Taika umtanzten sich spielerisch, untermalt von Taikas Feuereffekten, doch der Flammentänzer tat, als würde er müde werden und gleich dem Verfolger erliegen.

Da schubste Eikyuu Yanis nach vorne. Der Junge hatte sich bisher nicht ganz entscheiden können, aber nun sprang er Taika zu Hilfe. Er konnte seine Feuerkräfte nicht gut kontrollieren, schaffte es aber, ein paar Flammen entstehen zu lassen. Dass Maris nicht vor ihm zurückschreckte, obwohl er den Barden in der Kneipe verletzt hatte, ermutigte ihn, und er wurde etwas risikofreudiger.

Da begriffen auch die restlichen Anwesenden, was vorging. Einer nach dem anderen mischten sie sich in das Geschehen ein, bis keiner mehr wusste, wer welche Seite darstellte, und es war auch egal, denn alle tanzten ausgelassen zusammen und freuten sich seit langem einmal wieder ihres Lebens.

Valerian sah Shisei, Tondra und Dania mittendrin. Er wertete es als gutes Zeichen. Auch Kendra ließ sich gehen und tanzte mit den ehemaligen Sklaven, die sie jetzt einfach integrierten. Jemand fand etwas, das als Trommel verwendet werden konnte, und eine Flöte wurde aus den häuslichen Beständen entwendet. Die Musik änderte sich etwas.

Maris legte eine Pause ein, was Valerian sehr begrüßte. Er beobachtete den Blonden, wie er sich etwas aus dem Gedränge zurückzog und sich zu einer Gruppe von Leuten gesellte, die sich ebenfalls erst einmal ausgetobt hatten. Der Prinz begegnete dem tiefgründigen Blick des Barden, und im Schein des Feuers, des Mondes und der Sterne schien es ihm, als hätte der Mann auf einmal spitze Ohren, ein gewundenes Horn auf der Stirn und gefiederte Flügel auf dem Rücken. Er hätte schwören können, dass Maris keine Bardenkleidung trug, sondern das fürstlich anmutende, in Schwarz und Elfenbein gehaltene Gewand eines Gottes, verziert mit Schmuckfedern und gedrehten Ornamenten aus Silber. Als er das nächste Mal blinzelte, sah Maris wieder normal aus, bis auf das geheimnisvolle Lächeln in seinem Gesicht. Er zwinkerte Valerian zu und wandte sich dann zu den anderen um, die etwas über dem Feuer brieten, und bekam bereitwillig etwas davon ab.

„Ist etwas?“ unterbrach Eikyuu seine Gedanken. Valerian hatte ihn gar nicht kommen hören.

„Nein, nichts.“ Er legte einen Arm um ihn und zog ihn ein Stück vom Geschehen weg. „Ich habe nur etwas nachgedacht.“

„Ich auch,“ nickte Eikyuu. „Über unseren bisherigen Erfolg… es scheint so einfach zu sein, dass man sich fragt, warum es nicht schon früher getan wurde. Jetzt, wo ich keine Energie mehr für den Schutz des Schokoladenkelches aufbringen muss und meine volle Macht gut unter Kontrolle habe, scheint es ein leichtes zu sein, ganz Slarivestos einfach zu unterwerfen. Aber so wird es sicher nicht weitergehen. Wir konnten sie bisher überraschen, das ist alles.“

„Ich habe dich auch noch nicht deine Seelenleserkräfte in diesem Maße gebrauchen sehen,“ gab Valerian zu bedenken. „Pass auf, dass du dich nicht überforderst.“

Eikyuu lachte leise. „Aus dir spricht ganz deutlich der Heiler.“

„Tja, ich kann’s nicht ändern… aber mal im Ernst… Drachen sind viel stärker als Menschen, und ihr seid da gestern einfach hingegangen und habt die Sklaven alle mitgenommen. Warum gibt es überhaupt noch Sklaverei in Slarivestos? Ich verstehe es nicht… anscheinend reicht doch ein Magier mit seinen Drachenfreunden.“ Valerian blickte ratlos zum sternenklaren Himmel. „Es muss etwas geben, das den Slarivestern die Macht gibt, sie alle zu unterdrücken, ansonsten ergäbe das alles keinen Sinn.“

Eine Bewegung hinter ihnen ließ Eikyuu mit einer Antwort zögern. Maris hatte sie eingeholt, in der Hand hielt er einen duftenden Fleischspieß. „Natürlich gibt es das. Denk nach, Shitai.“

Valerian blickte verwundert zu der Feuerstelle, die sich eigentlich zu weit weg befand, als dass ihr Gespräch hätte belauscht werden können. Vielleicht hatte Maris nur den letzten Satz gehört. Andererseits… Valerian beschloss, es dabei bewenden zu lassen. „Ich? Was soll ich denn darüber wissen?“

Doch Maris berührte ihn mit einem Finger an der Stirn, dort, wo bei einem Rächer das Horn gewesen wäre – oder, in Menschengestalt, der rote Punkt, wie man bei ihm selbst einen sah. „Du warst in einem anderen Leben ein Slarivester. Streng dich an, du weißt es!“

Valerian hatte wirklich keine Lust, jetzt daran zu denken, allerdings war er ohnehin schon dabei, sich düsteren Gedanken hinzugeben. Er versuchte, sich zu erinnern. Sein slarivestisches Leben schien weit entfernt wie ein vergessener Traum, aber wenn er sich darauf konzentrierte, wurde es – zu seinem eigenen Entsetzen – ziemlich greifbar.

„Ja, jetzt… fällt es mir ein. Slarivesterkinder lernen sehr früh die Geschichte ihres Landes… Es hat einen Versuch gegeben, die Sklaven zu befreien, vor langer Zeit…“ Er wollte gerade vorschlagen, Kendra dazu zu holen, als diese auch schon angelaufen kam. Sie sah sehr aufgeregt aus.

„Eikyuu! Valerian! Maris! Kasar ist verschwunden! Ich wollte ihm gerade Essen bringen, aber er ist nicht in dem Zimmer, in dem wir ihn gelassen haben!“ Keuchend blieb sie bei ihnen stehen.

„Er ist sicher irgendwo anders…“ begann Valerian mit einem Anflug von Vorahnung.

„Nein, in seinem eigenen Zimmer ist er auch nicht. Er muss aus dem Fenster geklettert sein, an der Außenwand ist eine Weinranke… Ich habe auch schon im Nebengebäude nachgesehen, und als ich euch nicht fand, im Stall… es fehlt ein Pferd!“

Die Männer sahen sich alarmiert an. „Seid Ihr sicher?“ hakte Eikyuu nach. „Der Stall ist doch etwas ramponiert, vielleicht ist es auf einer Koppel…“

„Ich bin sicher, dass sie alle wieder eingefangen wurden oder von selbst zurückkamen,“ beharrte Kendra. „Ein Teil des Stalls war noch zu gebrauchen. Die kleinere Stute fehlt, auf der Kasar reiten gelernt hat. Ihr Zaumzeug und der Sattel sind auch nicht mehr da!“

„Kann er denn Hilfe holen? Er kann doch nicht über die Ereignisse reden, oder, Eikyuu?“ fragte Valerian seinen Partner.

„Er kann vielleicht nichts Genaues berichten, aber es könnte reichen, um ein paar Helfer zu mobilisieren,“ gab Eikyuu zu bedenken. „Wir müssen sofort die befreiten Sklaven von hier wegschaffen. Hast du schon entschieden, wer wo hingeschickt wird?“

Der Schwarzhaarige nickte eilig. „Sie wissen auch schon bescheid, ich habe es mit ihnen besprochen und sie dazu angehalten, morgen Vormittag abreisefertig zu sein.“

„Das muss jetzt etwas schneller gehen,“ stellte Eikyuu unnötigerweise fest und war auch schon auf dem Weg zurück zu den Feiernden. Seine Begleiter folgten ihm und verteilten sich, um möglichst schnell viele zu informieren…
 

Überraschenderweise ging alles eher ruhig vonstatten, niemand geriet in Panik. Vielleicht hatten sie mit so etwas gerechnet, oder sie waren es gewohnt, ihre Aufgaben schnell und still zu erledigen. Wer zu seinen Verwandten zurück wollte, reiste sofort dorthin ab, manche nahmen befreite Kollegen mit. Valerian hatte drei ausgewählt, die sich einigermaßen außerhalb von Slarivestos auskannten, und ihnen den Weg zu Eikyuus Insel beschrieben. Dort sollten sie die übrigen Befreiten absetzen. Er übergab ihnen auch eine mündliche Botschaft an Kyuujo. Nacheinander verwandelten sich Drachen und Draconer in ihre Drachenform, ließen einige Mitreisende aufsteigen, die Vorräte trugen, und verließen den Hof Richtung Sylvania. Während Valerian und Eikyuu die Abreise organisierten, packten Maris und Taika eilig ihr eigenes Gepäck zusammen, das sie bisher nicht irgendwo verstaut hatten. Zusätzlich nahmen sie Vorräte mit, und Kendra packte Kleidung für die Kinder ein. Shisei passte solange auf die beiden Mädchen auf – oder die Mädchen auf sie, man konnte es nicht genau sagen. Zusammen sahen sie zu, wie die Drachen wegflogen. Dania und Tondra waren ziemlich begeistert, weil sie noch nie so viele verschiedene gesehen hatten. Als es dann aber hieß, dass sie auch mitfliegen sollten, war ihnen das gar nicht so recht.

„Ich will nicht weg von zu Hause!“ weinte die Kleinere. „Warum kommt Mami nicht mit?“

Kendra band gerade das Gepäck für die Kinder auf einem Flammentänzer fest, der auf sie wartete. Ein Lichtsänger in Menschengestalt saß auf ihm. „Ich werde Eikyuu und die anderen begleiten und ihnen Tipps geben,“ erklärte sie sachlich. „Und vielleicht finde ich ja Kasar noch. Seid brav, ich komme bald nach.“

„Warum können wir nicht bei dir bleiben?“ beharrte Dania.

„Weil ich es so will,“ setzte Kendra fest. Natürlich war es auch viel zu gefährlich, und eigentlich wäre es der Gruppe lieber gewesen, auch Kendra wegzuschicken, aber sie konnte ihnen wirklich nützlich sein.

Das Argument schien aber beide Mädchen ruhig zu stellen, wie die Gruppe aus Athrya feststellte. In Slarivestos erzogen Eltern ihre Kinder noch recht autoritär. Ihr Wort war Gesetz. Vielleicht färbte die Behandlung der Sklaven auf die Erziehung der Kinder ab. Beide ließen sich auf den Drachen heben, der daraufhin auch schon abflog. Kendra konnte nun hören, wie sie begeistert aufschrieen, sie hatten noch nie auf den hauseigenen Sklaven mitfliegen dürfen. Die Slarivesterin war etwas beruhigt, ganz langweilig würde es den beiden sicher nicht werden.

Hiatari und Yanis blieben ebenfalls zurück, um bei weiteren Befreiungen zu helfen. Eikyuu, Taika und die Lichtsängerin nahmen ihre Drachengestalt an. Die übrigen verteilten sich auf den dreien. Als das Gepäck sicher befestigt war, ging die Reise los – wohin, wusste in diesem Moment keiner so genau.
 

***
 

Es dämmerte schon, als sie den Hof verließen und weiter ins Land vordrangen. Kendra konnte ihnen sagen, von wo eventuelle Helfer am ehesten kommen würden, und sie flogen einen entsprechenden Umweg. Die Drachen hielten sich nahe am Boden, um in der Luft nicht so aufzufallen. Es war nicht auszuschließen, dass die Slarivester, die Kasar inzwischen wohl benachrichtigt hatte, auch Späher mit Drachen benutzten, aber ein hoch fliegender Drache war selbst vom Boden aus gut sichtbar. Valerian schützte die Gruppe mit einem Unsichtbarkeitszauber, bis sie sich aus dem Gefahrenbereich heraus glaubten, und vorsichtshalber noch etwas länger. Der Zauber war nicht ganz einfach bei drei Drachen, die sich bewegten, und ermüdete ihn deshalb ein wenig. Die Tatsache, dass er seit einer Weile nicht mehr richtig geschlafen hatte, war wohl auch nicht ganz unwesentlich. Insofern war er froh, als sie eine Pause einlegten, und zwar mitten in einem kleinen Wäldchen.

Besser gesagt, sie landeten am Waldrand und gingen dann in Menschengestalt zu Fuß in das Gehölz hinein, um sich dort zu verbergen. Es gab keine Lichtung, die groß genug gewesen wäre, dass ein Drache dort landen konnte, und davon abgesehen war es zu gefährlich, sich auf einer aufzuhalten. Valerian überlegte ernsthaft, wie groß die Erfolgsaussichten für ihr Unternehmen noch blieben, wenn sie auf der Flucht waren. Er sah den anderen an, dass sie sich ähnliche Sorgen machten, auch wenn es keiner von ihnen aussprach.

„Wir sprachen vorhin darüber, warum es wohl sein kann, dass Drachen seit Jahrhunderten von Menschen versklavt werden,“ griff er das letzte Gesprächsthema vor ihrer Flucht wieder auf.

Kendra lehnte sich gegen einen Baum. „Es gibt verschiedene Geschichten… aber im Prinzip sagen sie alle das gleiche, nur regional gibt es ein paar Unterschiede. Grob zusammengefasst begann es so: Wie viele andere Völker waren auch die Slarivester früher Nomadenstämme. Sie kämpften mit anderen Stämmen um Land und Jagdgebiete, ganz wie andere auch. Letztendlich wurden sie in dieser Gegend sesshaft und verdrängten dabei andere, schwächere Stämme, die sie entweder eingliederten oder unterwarfen. So entstand eine frühe Form der Sklaverei.“

„Ich glaube, was das betrifft, haben sich andere Länder auch nicht mit Ruhm bekleckert,“ warf Valerian ein. „Auch im Königreich Athrya gab es früher Sklaverei. Das ist wohl eine ganz normale Erscheinungsform bei Völkern, die sesshaft werden…“

„Es ist oft so, dass Schwache von Starken unterdrückt werden,“ stimmte Maris zu. „Dagegen ist nicht einmal etwas einzuwenden, solange es nicht zur Ausbeutung wird. Große Gesellschaften brauchen nun mal eine gewisse Struktur. Dazu gehört auch, dass es Arme und Reiche gibt, Herrscher und Diener. Aber die Sklaven in Slarivestos werden teilweise schlechter als Vieh behandelt.“

„Wir haben unsere immer ausreichend versorgt!“ warf Kendra ein.

Maris hob beschwichtigend die Hände. „Teilweise, sagte ich. Das war nichts Persönliches, auch wenn ich finde, dass es wirklich nicht viel mehr als ausreichend war.“

„Ähm, vielleicht sollte Kendra weiter erzählen,“ mischte sich Eikyuu ein, um die Spannung etwas zu dämpfen.

Die Slariverterin seufzte gedehnt und blickte betreten auf ihre Hände. „Sicher, ich kann nicht abstreiten, dass manche Familien wirklich unnötig grausam sind, vielleicht ihren Zorn an den Sklaven auslassen… ich denke, ab und zu hat Tronet das auch getan… sogar ich… aber wir haben sie nie grundlos geschlagen, höchstens verbal unsere schlechte Laune an ihnen ausgelassen.“

Sie machte eine Pause, offenbar, um sich wieder auf das eigentliche Thema zu besinnen. „Also, es gibt eine Legende von einem Slarivester, der als Erster den Unterschied zwischen normalen Menschen und Draconern bemerkte, die in Menschengestalt unter ihnen lebten. In einem der eroberten Stämme war wohl ein kleiner Draconerjunge, zu erkennen an seinen spitzen Ohren, aber zu jung, um zu wissen, was er war. Es fiel auf, dass er viel mehr leisten konnte als andere. Seither wurde bei Eroberungen gezielt nach solchen Personen gesucht. Doch natürlich setzte sich irgendwann ein Draconer zur Wehr, indem er sich verwandelte. Erst dann erkannten die Slarivester, auf was sie sich eingelassen hatten. Natürlich waren Drachen schon vorher bekannt, aber nicht, dass sie Menschengestalt annehmen und sich mit Menschen paaren konnten.

Es gab eine Zusammenkunft der Stammesfürsten, um zu beraten, was zu tun war, denn man schätzte die Menschen, die sich in Drachen verwandeln konnten, auch als Gefahr ein. Andererseits überlegte man sich, dass sie von großem Nutzen sein konnten, und die slarivestischen Magiekundigen erforschten Wege, sich vor der Macht der Drachen zu schützen. Über viele Jahre hinweg entwickelten sie Zauber und Artefakte allein für diesen Zweck. Es gibt Wege, einen Drachen in seine Menschengestalt zu zwingen oder umgekehrt.“

„Dann wurden diese Sprüche in Slarivestos erfunden?“ staunte Eikyuu.

Kendra zuckte mit den Schultern. „Wahrscheinlich, aber vielleicht lernten wir es auch von ausländischen Magiern, das ist nicht sicher belegt. Ihr wisst doch, wie das ist… jeder will der Erste gewesen sein. Wahrscheinlich gibt es verschiedene Methoden für den gleichen Zweck. Jedenfalls entwickelte es sich regelrecht zum Beruf, wilde Drachen zu fangen und zu versklaven, weitere Sklaven aus ihnen zu züchten und immer bessere Methoden zu entwickeln, um sie zu zähmen.“

„Warum haben die sich nie gewehrt?“ wollte Yanis wissen, der bisher genau wie Hiatari, Shisei und Taika nur zugehört hatte. „Die müssen das doch mitgekriegt haben!“

„Nicht unbedingt,“ bemerkte Maris. „Drachen waren damals Einzelgänger oder lebten in Paaren, aber nie in großen Gruppen, weil sonst die Nahrung nicht reichte. Wenn unter solchen Bedingungen einer verschwindet, fällt das nicht unbedingt gleich auf. Erst als sie begannen, sich unter die Menschen zu mischen, fand man mitunter mehrere auf kleinem Raum. Das ist aber gut dreitausend bis dreitausendfünfhundert Jahre her.“

„Dazu kommt, dass Slarivestos ein eher isoliertes Land war,“ nahm Kendra den Faden wieder auf. „Wir haben als Landesgrenze ein Gebirge, einen breiten Fluss und auf der anderen Seite das Meer. Wir sind kein Durchreiseland. Handel betrieben wir damals hauptsächlich auf dem Wasserweg oder untereinander. Das änderte sich, als die Drachen als Reittiere entdeckt wurden. Einige Slarivester siedelten sich in anderen Ländern an und machten dort Handelsstützpunkte auf, abgelegene Gehöfte etwa, so dass sie die Waren von Landsleuten abholen und liefern lassen konnten. Sie wollten nicht, dass sich das Geheimnis ihres Erfolges herumsprach.

Einige machten es sich zur Aufgabe, Kontakte mit Magiern und Drachentötern zu knüpfen, um neue Methoden zu lernen. Selbstverständlich hatte es nicht lange gedauert, bis man feststellte, dass es einfach war, die Halbdrachen zu züchten, nur war es ärgerlich, dass bei Paarungen mit Menschen oft normale Menschen herauskamen. Deshalb waren diejenigen sehr angesehen, die einen gezähmten Volldrachen hatten.

In Slarivestos bildeten sich folgende Berufsfelder heraus: Die Züchter; sie züchten Drachen oder Halbdrachen und versuchen, an Volldrachen zu kommen, da sie mit ihnen auf jeden Fall Halbdrachen züchten können. Die Drachenfänger; sie wissen, wie man Drachen tötet, versuchen aber stets, sie lebend zu fangen. Sollte letzteres nicht gelingen, verkaufen sie die Hörner und andere wertvolle Teile des erlegten Drachen. Lebend gefangene Drachen werden unterworfen und verkauft, entweder an Privatleute oder Züchter. Wilde Drachen lassen sich nur schwer zähmen. Manchmal werden sie gezwungen, einige Kinder in die Welt zu setzen, und dann getötet. Deshalb fängt man gerne sehr junge, die sind noch leichter zu handhaben. Dann gibt es jene, die magische Artefakte und andere Hilfsmittel herstellen, um Drachen an der Flucht zu hindern. Dies sind meistens Magier. Sie spezialisieren sich manchmal darauf, widerspenstige Drachen zu brechen. Einige beherrschen es, Magie auszubrennen, so wie meine Schwiegermutter.“

Kendras Stimme war ziemlich leise geworden. Valerian erkannte entsetzt, dass ihm das alles sehr bekannt vorkam. Und er hasste die Vorstellung, dass Magie auf solche Art missbraucht wurde.
 

„Alles in Ordnung, Hiatari?“ fragte Eikyuu auf einmal. Alle wandten sich der Lichtsängerin zu, die dasaß, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen, dabei hatte sie bisher so stark gewirkt.

„Es geht schon,“ murmelte die Blonde. „Ich muss nur gerade daran denken… also… als man mich gefangen hatte, kam ich zu einem Drachenzähmer. Er versuchte erst, mich davon zu überzeugen, dass es besser wäre, mich zu fügen. Ich bekam ein Eisen umgelegt, das eine Rückverwandlung verhinderte. Aber ich konnte es nicht mit meiner Natur vereinbaren, mich einfach zu unterwerfen, und versuchte, die anderen Drachen, die er bei sich hatte, zum Aufstand zu bewegen. Aber sie waren alle bereits gebrochen und gaben mir keinerlei Unterstützung. Ich wurde im Dunkeln gehalten, weil bekannt ist, dass meine Art das Licht braucht. Man schwächte mich durch Nahrungsentzug, doch ich gab nicht nach.

Da ging der Mann dazu über, mich zu züchtigen. Lichtsänger und weibliche Drachen generell werden oft wegen ihrer Schönheit gehalten, deshalb wollte er mich nicht dauerhaft entstellen. Er prügelte mich so, dass ich zwar Blutergüsse bekam, aber keine offenen Wunden, die Narben hinterließen. Ich wehrte mich zu Anfang, aber ich bekam so wenig zu essen, dass ich bald zu schwach war. Der Mann lehrte mich, dass ich Essen durfte, wenn ich mich fügte. Dennoch weigerte ich mich. Schließlich teilte er mir mit, dass ich als Sklavin wertlos war, deshalb wolle er einige Nachfahren von mir züchten und dann weitersehen. Nun ja… ihr könnt euch denken, dass ich auch das nicht freiwillig mit mir machen ließ.“

Hiatari schwieg eine Zeitlang, doch niemandem fiel etwas zu sagen ein, und so berichtete sie weiter: „Er ließ mich jeden Tag von einem seiner gezähmten Sklaven vergewaltigen. Ich glaube, der Sklave war froh, dass er sich mal sexuell austoben konnte… wenn man selbst unterdrückt wird, macht es vielleicht sogar Spaß, sich an noch Schwächeren zu vergehen. Es hörte erst auf, als ich schwanger war. Ich musste das Kind in Menschengestalt gebären, da es zu spät war, um mich zu verwandeln, außerdem hätte er das nicht zugelassen. Der Vater des Kindes war ein Draconer. Ich nehme an, das Kind war auch einer, denn Mischlinge aus Drachenrassen entstehen selten. Doch es kommt vor… mein nächstes Kind bekam ich von einem Volldrachen, der in Gefangenschaft aufgewachsen war, einem Eisfang. Ich nehme an, es war ein Zuchtexperiment… zuerst verlor ich sein Kind, doch unser Besitzer zwang uns erneut zur Paarung. Ich gebahr eine Mischlingstochter, doch man nahm auch sie mir weg, nachdem ich sie einige Tage gestillt hatte.

Danach war ich so schwach, dass man mich erst einmal in Ruhe ließ. Inzwischen hatte ich die Hoffnung weitgehend aufgegeben, jemals freizukommen. Ich fügte mich erst einmal, um vielleicht später noch eine Chance zu bekommen. In meinem Zustand konnte ich jedenfalls keinen Widerstand mehr leisten. Ich wurde an einen Privathaushalt verkauft. Dort lebte ich einige Jahre, bevor ich einen Fluchtversuch unternahm. Da es aber in dem Haushalt keine weiteren Drachen gab und ich mich nicht verwandeln konnte, wurde ich wieder gefangen. Zur Strafe rief der Hausherr einen Magier, der mir Schmerzen bereitete, ohne mich zu verletzen. Danach blieb ich brav bei demselben Besitzer, bis dieser starb und mich an seinen Neffen vererbte.

Der Neffe besaß mehrer andere Sklaven, denn er hatte eine Obstplantage, die wir zu bewirtschaften hatten. Nebenbei züchtete er Drachen. Es gelang mir, einige zum Widerstand aufzuwiegeln, doch das Gehöft lag, wie so viele, sehr abgelegen. Deshalb konnten wir keine größere Rebellion anzetteln. Wir mussten feststellen, dass Slarivester leider sehr gut auf internen Widerstand vorbereitet sind. Die Halsbänder, die wir trugen, sonderten auf Befehl Blitze ab und zwangen uns in die Knie. Drei junge Draconer wurden geschlachtet wie Vieh, zur Abschreckung. Ich wurde nur verschont, weil ich als Volldrache besonders wertvoll war. Seitdem habe ich nie wieder versucht, eine Rebellion anzufangen.“

Hiatari blickte beschämt zu Boden, und Kendra tat es ihr gleich. Die anderen schwiegen betreten.
 

Nach einer Weile ergriff Yanis das Wort: „Also… da wo ich war, wurden wir relativ gut behandelt, aber mein Herr war sehr jähzornig und strafte uns immer schnell mal mit der Peitsche. Er hatte nur Arbeiter und Arbeiterinnen für seinen Hof, daher war es ihm egal, ob wir Narben hatten. Davon abgesehen aber bekamen wir alles, was wir brauchten, wenn wir nicht aufmuckten. Ich bin in Sklaverei geboren worden und bin es daher nicht anders gewohnt. Naja, als das in der Kneipe passierte, verlangte der Besitzer Schadenersatz, und viele, die als Gäste anwesend gewesen waren, und Bekannte meines Herrn forderten meine Hinrichtung. Ihr habt ja gesehen, was das für ein Volksfest war. Es sollte gleich noch ein abschreckendes Beispiel sein.“

Wieder trat ein Schweigen ein. Valerian hatte mit Erinnerungen aus einem anderen Leben zu kämpfen – teilweise kam es ihm so vor, als wäre es recht und billig, die Skaven so zu behandeln. Immer, wenn diese Seite in ihm hoch kam, schob er sie weit von sich. Um sich selbst davon abzulenken, fragte er: „Das hast du noch gar nicht genauer erzählt… was ist da eigentlich passiert?“

Yanis machte ein ratloses Gesicht. „Ich weiß es wirklich nicht. Ich saß neben meinem Herrn, und auf einmal… nun, da habe ich eine Gedächtnislücke.“

„Es war Baltron,“ ergänzte Maris die Erzählung. „Er hat dich irgendwie beeinflusst und dich in Panik versetzt oder so etwas, so dass du um dich geschlagen hast. Zufällig oder von ihm geplant hast du dich von deinem Herrn weg und mir zu gewand, so dass ich die volle Ladung abbekam. Noctivagus – oder Taika – konnte dich dann aufhalten.“

„Wo wir gerade von Baltron sprechen,“ begann Valerian, „Was war der denn überhaupt?“

Er richtete seine Frage hauptsächlich an den Barden, aber Kendra antwortete zuerst: „Baltron war schon ziemlich lange bei uns… sagte, er könne uns mit den Drachen helfen… Er war sowas wie ein Botengänger und Hausmeister in einem, hat sich auch immer um Reparaturen gekümmert… aber im Grunde weiß ich gar nicht mehr, warum wir ihn eingestellt haben, er war zwar hilfreich, aber eigentlich brauchten wir ihn nicht. Er wurde nicht einmal bezahlt, hat nur bei uns gewohnt und gegessen.“

„Er war ein Grimorach,“ sagte Maris, und alle sahen ihn verständnislos an. „Sie lebten lange, bevor die Menschen intelligent genug waren, um als gefährlich eingestuft zu werden, in großer Zahl auf dieser Welt. Es gibt sie ihn unterschiedlichen Gestalten und Größen. Menschen, die sie sehen, nennen sie Chimären, Mischwesen, weil sie aus Teilen von verschiedenen existierenden Tieren zu bestehen scheinen. Allerdings haben nur wenige Menschen je einen gesehen und die Begegnung überlebt – das gilt übrigens auch für Drachen.“

Er ließ die Information eine Weile wirken. Valerian wollte schon ungeduldig nachfragen, doch dann fuhr Maris fort: „Ursprünglich waren die Grimorachs natürliche Feinde der Drachen, erschaffen, um die Drachen etwas im Zaum zu halten, denn zu Anfang, als das Leben gerade entstanden war, hielten sich Drachen für unbesiegbar und waren sehr stolz, geradezu arrogant. Drachen in ihrer heutigen Form sind schon viel älter als andere Lebewesen. Unsterbliche Wesen machen keine große Evolution durch, während kurzlebige Geschöpfe sich ständig entwickeln.“

Seine Zuhörer nickten, das klang einleuchtend.

„Während also alle anderen Wesen sich schnell veränderten und zu ihrer heute bekannten Form entwickelten, gab es die Drachen bereits. Tiere starben aus, aber andere entstanden dafür. Auch die Drachen veränderten sich im Laufe der Jahrtausende, aber nicht grundlegend. Ihre Entstehung ist nicht die gleiche wie beispielsweise die des Pferdes oder des Hundes… aber lassen wir das jetzt.

Also… die Drachen beherrschten in großer Zahl die Welt, was den anderen Wesen die Entwicklung und das Fortbestehen erschwerte. Das Problem war, dass sie sich trotz Unsterblichkeit relativ schnell vermehrten und viel Nahrung brauchten. Selbst wenn sie einem Räuber zum Opfer fielen, tötete diesen das giftige Blut. Als eine Anzahl der größeren Tiere ausstarb, durch Naturkathastrophen oder Veränderungen der Welt, an die die Drachen sich anpassen konnten, verloren sie eine gute Nahrungsquelle und drohten, kleinere Geschöpfe auszurotten.

Mit dem Auftauchen der Grimorachs wurde die Situation ein bisschen entschärft, da sie eine Anzahl Drachen töteten. Kleinere Wesen konnten sich ungestört ausbreiten, da die Drachen weniger wurden. Die Grimorachs sind praktisch die Sterblichkeit einer unsterblichen Art. Sie sind auf die gleiche Stufe zu setzen wie Drachen, Einhörner oder Phönixe. Auch sie sind unsterblich, und es gibt sie heute noch, aber sie sind unerkannt unter uns, etwa in Gestalt von anderen Tieren. Sie vermehren sich, indem sie die Gestalt von normalen Tieren annehmen und sich mit ihnen paaren. Dadurch entstehen immer neue Mischwesen, der Nachfahre ist immer ein unsterblicher Grimorach. Allerdings vermehren sie sich langsam, nicht jeder Nachfahre ist lebensfähig. Dafür haben sie manchmal zwei bis vier auf einmal. Sie paaren sich nicht mit Menschen, können aber ihre Gestalt annehmen.“

„Und wie werden sie weniger, also… wie sterben sie?“ wollte Hiatari wissen. „Ich meine… wenn sie Drachen töten, wäre es nur gerecht, wenn auch sie Feinde haben.“

„Ja, natürlich,“ nickte Maris. „Nicht jeder Kampf mit einem Drachen endet mit dem Sieg des Grimorach, auch wenn meistens auch ein siegreicher Drache stirbt – an dem Gift, das sie immer in irgendeiner Form absondern.“

„Aber dieser Baltron… das war kein normaler Grimorach, oder?“ hakte Valerian nach.

Maris erlaubte sich ein etwas ironisches Lächeln. „Etwa so wenig, wie ich ein normaler Drache bin.“

„Ah,“ machte Valerian nur.

„Du hast jetzt aber nicht genau erklärt, wo die Viecher herkommen,“ bemerkte Yanis. „Sie können doch nicht aus dem Nichts gekommen sein.“

„Ebenso wenig wie Drachen,“ ergänzte Kendra.

Der Barde lachte leise und geheimnisvoll. „Da habt ihr Recht, aber ebenso gut könntet ihr mich fragen, woher das Leben an sich kommt. Es gibt keinen Anfang und kein Ende. Nur einen immer währenden Zyklus, und darin enthalten sind viele Dinge, die nicht jeder Verstand verkraften kann. Nehmt es einfach hin. Es ist jetzt so. Nur das ist wichtig.“

Damit mussten sie sich zufrieden geben. Sie grübelten eine Weile über das Gehörte nach, wobei Valerian sich fragte, was ihn störte. Irgendetwas hatte er noch fragen wollen und versuchte krampfhaft, sich daran zu erinnern. „Ach ja, Kendra…“ begann er schließlich, „Ihr habt vorhin die Drachenheiler nicht erwähnt, um mal wieder auf das andere Thema zurückzukommen… davon kamen wir irgendwie ab…“

Die Frau nickte. „Ja, dieser Beruf kam erst später auf, erst fiel dies in das Gebiet der Magier oder der gewöhnlichen Heiler. Erst viel später erkannte man, dass Drachen spezielle Medizin brauchten und dass man zum Beispiel ihr Blut zu Medizin verarbeiten konnte. Es hatte schon vorher die Legende gegeben, dass Drachenhorn ein Wunderheilmittel ist, doch erforschen konnte man das nur genauer, nachdem immer Drachen zur Verfügung standen. Man kann ja die Hörner auch abschlagen, ohne den Drachen zu töten.“

Der Schwarzhaarige nahm das zur Kenntnis und überlegte, was er noch hatte nachhaken wollen. Da kam ihm jetzt aber Eikyuu zuvor: „Trotzdem, was genau ist es, das die Drachen hier so ruhig hält? Doch nicht nur die Halsbänder… Die verhindern zwar Rebellionen von innen, aber was ist mit Angriffen von außen?“

„Tatsächlich gibt es seit einigen Jahrhunderten mehr Sklaven pro Familie als früher,“ fiel es Kendra ein. „Und es sind viele eingefangene dabei.“

„Ja, vermutlich seit die Rächer weniger wurden und schließlich ganz ausgerottet wurden,“ mutmaßte Taika. „Sag mal, Val, wolltest du vorhin nicht was erzählen, bevor Kendra uns unterbrach?“

Der Prinz nickte nachdenklich. Er versuchte, sich daran zu erinnern, was er in einem anderen Leben gelernt hatte. „Ja, es gab mal einen Versuch, die Sklaven mit Gewalt zu befreien. Eine Gruppe von etwa dreißig Drachen fiel vor gut tausend Jahren in Slarivestos ein und glaubte, es wäre einfach… Aber sie wurden nach anfänglichem Erfolg von einer slarivestischen Armee angegriffen. Die Krieger waren in den Sprüchen ausgebildet, mit denen man Drachen in die Menschengestalt zwingt… diese gehören zu einer Form von Magie, die man auch als Nichtmagier lernen kann, auch wenn eine gewisse magische Begabung nötig ist. Aber man muss dafür keine Magierausbildung haben…

Aber was noch schlimmer war, ist, dass sie nicht etwa auf Pferden, sondern auf Drachen ritten. Ihr könnt euch vorstellen, dass dies ein großer Schock für die Angreifer war. Es handelte sich um die Draconischen Ritter, eine Gruppe zu der jeder Junge und so manches Mädchen im Kindesalter gerne gehören will, aber nur wenige schaffen es. Die Ritter schlugen die angreifenden Drachen zurück, töteten mehrere und nahmen ein paar auch gefangen. Keinem gelang die Flucht, so sehr wurden sie überrumpelt.“

„Das würden Drachen nie mitmachen, gegen ihre eigenen Verwandten…“ protestierte Eikyuu sofort. „Ich habe davon gehört, dass mal ein Angriff schief gegangen ist und man nie den wahren Grund erfuhr, weswegen man wohl lange keine solchen Versuche mehr unternahm… außerdem gab es von Slarivestischer Seite im Anschluss eine regelrechte Hetze gegen die Drachen, wobei behauptet wurde, diese Wesen seien gefährlich und müssten bekämpft werden. Daraufhin hatten Drachen es eine Weile überall sehr schwer, die alten Vorurteile waren aufgefrischt worden und bestehen teilweise heute noch… Aber wir haben nie etwas von so einer Armee gehört.“

„Eben, die Info hätte irgendwie zu uns kommen müssen… warum wissen wir nichts von so einer Truppe?“ wunderte sich Taika. „Muss denn nicht vielleicht ein anderes Land von ihnen wissen, das gegen sie Krieg geführt hat oder so?“

„Ich kann mich an keinen solchen Krieg erinnern,“ meinte Hiatari nachdenklich, und Eikyuu musste zustimmen.

„Wir, ähm… die Slarivester führen keine Angriffskriege,“ entgegnete Valerian. „Das Land führt eine strikte Isolationspolitik, abgesehen von ein bisschen Handel, aber der wird lediglich über Außenstützpunke oder Seefahrt betrieben. Angreifer werden vernichtet, aber es kommen heutzutage keine mehr, weil alle Grenzen mehr oder weniger friedlich festgelegt sind. Früher wurde die falsche Kunde verbreitet, dass Slarivestos wenig fruchtbaren Boden hat und arm an Schätzen ist. Heute ist das die gängige Meinung im Ausland, und die Drachenarmee hält man meist für eine Legende, obwohl bekannt ist, dass Drachen als Sklaven gehalten werden… naja, auch das halten viele für eine Legende. Und selbst wenn mal jemand von den Rittern berichtet, hält Slarivestos dagegen, es sei eine rebellische Drachengruppe gewesen, was die Unbeliebtheit der Drachen erhöht.

Slarivester sind gut darin, Dinge zu verschleiern. Sie sind ein sehr diszipliniertes und königstreues Volk, auch wenn die allgemein verbreitete Meinung etwas anderes sagt. Aber nur so konnte die Strategie so lange aufgehen. Verglichen mit anderen Ländern hat Slarivestos recht wenige Einwohner, verteilt auf die Fläche. Das Königshaus sorgt sehr dafür, dass Überbevölkerung verhindert wird, indem manchmal die Anzahl der Kinder begrenzt wird, die jeder haben darf. Dadurch wird auch vermieden, dass man in Abhängigkeit zu den Nachbarn gerät, was etwa Rohstoffe und dergleichen angeht. Slarivestos hat im Laufe seiner Existenz sehr selten unter Hungersnot gelitten. Mist… warum weiß ich das alles…?“

„Solltest du langsam begriffen haben,“ grinste Maris.

Kendra blickte zwischen beiden hin und her. „Das mit der Reinkarnation meint Ihr wirklich ernst, was?“

„Rächer erinnern sich meist an ihre früheren Leben,“ bestätigte Valerian. Er sah zu Shisei und stellte fest, dass sie, an Taikas Seite gekuschelt, eingeschlafen war. Dabei wurde ihm wieder bewusst, wie müde er selbst war.

„Ich verstehe das alles nicht so recht,“ seufzte Kendra. „Aber jedenfalls habt Ihr Recht… Aber zur Zeit ist die Kinderzahl nicht begrenzt, viele Slarivester haben ohnehin keine oder wenige Kinder. Es kommt auch öfter vor als Ihr denkt, dass einer bei der Ausübung seines Berufes umkommt oder einem ähnlichen Unfall zum Opfer fällt wie Maris beinahe.“

„Dass dies alles außerhalb von Slarivestos nicht bekannt ist – jedenfalls nicht unter Drachen – liegt auch mit daran, dass sich die meisten Drachen zu wenig in die Belange der Menschen einmischen,“ informierte Maris die Gruppe. „Aus Kriegen halten sie sich meistens raus, da sie meinen, es ginge sie nichts an und würde außerdem nur ihren schlechten Ruf untermauern. Also schlichte Ignoranz. Es reicht nicht, ab und zu Sklaven zu befreien, man muss sich über das ganze System informieren.“

„Du bist ja auch ganz gut informiert, hättest du nicht schon längst mal was sagen können? So vor tausend Jahren?“ beschwerte sich Taika. „Deinem Horn nach zu urteilen bist du noch viel älter!“

„Ich kann euch nicht einfach alles sagen, was ich weiß, ich habe schon zuviel gesagt. Eigentlich dürfte ich gar nicht hier sein,“ antwortete Maris. „Aber ich bin hier, also warne ich euch: Es wird nicht so leicht weitergehen wie bisher. Wir waren nur am Rande von Slarivestos und haben noch nicht einmal ein Dorf besucht, nur eine Versammlung am Fluss. Wenn Slarivester mit einem Angriff rechnen, können sie sehr gefährlich sein. Die Leute bei der geplanten Hinrichtung dachten gewiss nicht, dass etwas schief gehen könnte… jedenfalls nicht, dass das Problem von außen kommt.“

„Vielleicht war es vorschnell, hierher zu kommen,“ grübelte Eikyuu. „Ich hätte mich länger damit aufhalten sollen, Informationen einzuholen, die andere vor uns gesammelt haben.“

„Ach, naja… wir haben alle dran schuld, schließlich waren wir auch sehr enthusiastisch,“ tröstete Taika ihn. „Vielleicht ist es sogar besser, wenn wir die Sache ohne vorgefasste Meinungen angehen. Ich wette, dein Vater hat dich eh nur gehen lassen, weil er dachte, du würdest schnell wieder zurück gekrochen kommen.“

„Wie soll es denn jetzt weitergehen?“ fragte Yanis, und das war wohl die Frage, die sie alle beschäftigte. „Valerian, bleibst du wirklich dabei, dass es diese Ritter gibt? Ich kann das nicht glauben… ich war doch Sklave, warum habe ich dann nie davon gehört?“

„Kein Slarivester wäre so töricht, so etwas vor dem Feind zu besprechen, auch wenn es sich dabei um den eigenen Sklaven handelt,“ antwortete Kendra für Valerian.

Der Prinz nickte. „Viele wollen es nicht wahrhaben, aber es ist so: Diener wissen oft über vieles besser bescheid als die Hausherren. Das habe ich zu meiner Zeit am Hofe des Öfteren mitbekommen. Aber wenn man ein Volk unterdrücken will, darf man das Risiko nicht eingehen, dass es wichtige Informationen bekommt. Wahrscheinlich ist das einer der Gründe, warum Slarivester so gut Dinge verschweigen können. Sie mögen rassistisch und mitunter grausam sein, aber ein Geheimnis ist bei ihnen gut aufgehoben. Außerdem… in jedem steckt zu einem gewissen Grad ein Tyrann, es kommt nur auf die Umstände an.“

Valerian dachte daran, dass er selbst einmal so gewesen war… in einem Leben, an das er sich jetzt mit Unwillen erinnerte. Nur vage konnte er sich entsinnen, was vor kurzem mit ihm geschehen war. Teilweise fragte er sich, ob das in diesem oder im letzten Leben gewesen war. Aber eines wusste er noch… es gab etwas, das er mit Eikyuu klären musste.

Fürs erste war die Gruppe mit so vielen neuen Informationen versorgt, dass die einzelnen Mitglieder jeweils in eigene Gedanken verfielen und schwiegen. Sicher wollten sie noch mehr über die Draconischen Ritter oder andere Dinge wissen, aber Valerian hatte keinen Nerv mehr dafür.

Ein anderes Problem war auch vorrangig. Sie mussten essen und schlafen und nebenbei vor eventuellen Jägern flüchten. Es war gut allerdings möglich, dass sie hier keiner mehr vermutete. Die befreiten Sklaven hatten das Land verlassen, wer kam schon auf die Idee, dass eine Handvoll dageblieben war, um das System umzustürzen?

Inzwischen hatte Kasar wahrscheinlich Hilfe geholt und seine Familie befreit, insofern hatte Valerian auch kein schlechtes Gewissen, weil sie Tronet und seine Eltern eingesperrt zurückgelassen hatten. Keiner von ihnen konnte wirklich genaue Angaben zum Geschehen machen, vielleicht hielt man sie einfach für verrückt. Aber da gab es noch einige Leute, denen Sklaven gestohlen worden waren, und die bestimmt etwas dazu aussagen konnten… und dazu passend den Besitzer einer niedergebrannten Kneipe…
 

***

Fortsetzung folgt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (9)

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Von:  jyorie
2013-11-29T22:10:12+00:00 29.11.2013 23:10
Hallo (◑‿◐)

XD ... ein wirklich langes Kapitel^^ ... aber so viel Gesprochenes wie im Vorwort, das ich dachte das komplette Kapitel ist ein Dialog war es nicht :D

Das Fest war toll, und der Tanz war klasse gemacht, wie die ehemals Gefangenen ganz langsam daran geführt wurden sich zu freuen und etwas zu genießen. Und dann plötzlich alle gefeiert haben. Schade nur, das der Junge dann abgehauen ist und sie jetzt wahrscheinlich bald ärger am Hals haben und alles Evakuieren müssen. (Nach dem Motto, das es mal nicht zu gut geht)

Ich fand es interessant, was da alles über das Züchten und Zähmen erzählt wurde und wie diese Nation es geschafft hat die Drachen unter ihre Hand zu bringen, aber auch wie sich die Lebensformen nebeneinander entwickelt haben. Dieser Grimorach und Maris, die bekämpfen sich wohl schon länger!?

Ich hoffe diese Drachenarmee ist nur eine Legende oder das es diese nicht mehr gibt nach 1000 Jahren.

Liebe Grüße, Jyorie


*seuftz* nur noch 1 Kapi :(

Von:  ushios
2009-10-25T23:05:49+00:00 26.10.2009 00:05
ich habe alle teile regelrecht verschlungen auch wenn ich traurig bin das der dritte teil bis jetzt nicht weiter ging deswegen hoffe ich sehr das du sie noch zu ende schreibst wäre schade wenn dies nicht der fall wäre denn alle teile sind super gemacht außerdem denke ich das valerian noch eine besondere rolle spielen wird warum sonst sollte der barde ich nenn ihn jetzt mal so( von dem ich glaube das es timeos der gott des rächer ist ) verucht ja ständig das valerian sich an sein früheres leben erinnert und warum sollte man dies tun wenn nicht noch irgendeine wichtige aufgabe für ihn ansteht und viele andere vermutungen habe ich noch aber wissen werde ich es erst wenn du weiter schreibst bitte bitte bitte (auf knie fallen bettel blick und wässrige o.feuchte augen ) BBBIIITTTEEE
Von: abgemeldet
2008-07-29T00:31:20+00:00 29.07.2008 02:31
oh man also ich hab jetzt alle drei story auf einen schlag gelesen *müde desu*
und OMFG....das ist so verdammt gut geschrieben....wirklich
damit kannst du zu nem verlag gehen!!!....
allein wie gut die geschichte durchdacht ist....und sie ist kein einziges mal langweilig...
das ist wirklich unglaublich geil!!! *sprachlos ist*
und val und kyuu sind so ein schönes paar...
und ....haaaaaaaaa~ch
wenn ich jetzt genau beschreiben wurde was ich an deiner story so toll finde würd ich hier bis übermorgen sitzen XDDDD~
nur jetzt du großefrage:

WANN GEHT ES WEITER?????? O_____________________________________O

das letzte update ist jetzt über ein jahr her....
du kannst doch nicht einfach so aufhören...
gerade wo es so spannend ist und man schon die ersten beiden teile gelesen hat....
das kannst du uns doch nicht antun!
ich bin jetzt schon süchtig und will am liebsten keine minute auf das neue kapitel warten müssen...
also du musst UNBEDINGT endlich weiter schreiben!!!!!
BIIIIIIIIIIIIIII~TTE
sonst fang ich an zu heulen und sterben dann ganz jämerlich *nick nick*
also bitte bitte bitte bitte......schreib weiter *fleh*

also cih warte gespannt aufs nächste kapi und wäre echt total glücklich wenn du mir ne ENS schicken könntest wenn es weiter geht ^.^

bis denni
*wink*
lg hiza ^-^
Von: abgemeldet
2008-07-24T17:46:39+00:00 24.07.2008 19:46
Hallo, gehts mal weiter bitte? Das ist so spannend!
Von:  Giga
2008-03-03T20:02:19+00:00 03.03.2008 21:02
das Kapitel ist genauso spannend wie der rest der Geschichte.
Ich hoffe das es bald eine fortsetzung der Geschichte geben wird.

Von: abgemeldet
2008-01-30T19:14:04+00:00 30.01.2008 20:14
heyhey
ah, ich hab mir deine story mal wieder durchgelesen, sie ist immer wieder toll.
du hast echt einen schönen schreibstil.
ich hoffe, dass es bald weiter geht ^^
Von: abgemeldet
2007-08-11T15:14:50+00:00 11.08.2007 17:14
ich gebe SubaruNoNamida recht dieses kapi war wirklich spannend und ich freue mich schon sehr auf sie fort setzung
ich hoffe doch sehr das es irgendwann bald eine gibt
Von: abgemeldet
2007-06-15T06:44:08+00:00 15.06.2007 08:44
Fand das Kap sehr gut. Es is' immer wieder spannend und ich hoffe es geht bald weiter^.^
Von:  Schwert-Lilie
2007-05-21T20:33:50+00:00 21.05.2007 22:33
Ein schönes Kapitel!
Es macht mir Sorgen dass Valerian sich so gut an sein anderes Leben erinnert, nicht dass er sich noch einmal so aufführt. Ich glaube auch das er mit Eikyuu sprechen sollte. Ich bin gespannt auf das Gespräch.
Wenn es dise Armee wirklich noch gibt haben sie ein Problem. Das könnte eng für sie werden.
Die Geschichte ist wirklich mal wieder sehr spannend.
Mach weiter so!


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