Dracula
Dracula
Mika lag auf dem Sofa. Die Schule war schon längst aus und die Hausaufgaben gemacht. Mika ist ein Teenager von 16 Jahren mit dunkelblonden Haaren und blauen Augen. Sie ist sehr beliebt in der Schule und hat viele Freunde. Dafür ist sie ein Einzelkind. Da ihre Eltern lange arbeiten, war sie oft allein zu Haus, wie jetzt auch. Sie langte nach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher ein. Doch nachdem sie durch alle 100 Sender gezappt hatte, war sie sich sicher, dass sie etwas anderes machen musste. Also, Fernseher aus und ran ans Telefon. Josh würde schon Zeit für sie haben.
"Ja, hier Benett!", meldete sich eine Frauenstimme. "Hallo Mrs. Benett, hier ist Mika. Kann ich bitte mit Josh sprechen?" "Aber natürlich Mika, einen Moment bitte.", antwortete Mrs. Benett.
Josh und Mika kannten sich schon, seit sie drei Jahre alt waren. Zu der Zeit hatten sich ihre Mütter bei einem Weiterbildungskurs kennen gelernt. Auch sie waren seitdem, wie Josh und Mika, die besten Freunde.
"Hallo Mika Schneckchen! Hast wohl Langeweile?" witzelte Josh. Aber auch nur er durfte Mika Schneckchen nennen, bei anderen Personen wurde Mika sehr schnell sauer. "Haha, sehr witzig. Aber mit der Langeweile hast du Recht. Hast du Zeit? Wir könnten uns im Tomis treffen" schlug Mika vor. "Klar hab ich Zeit. Bis in zehn Minuten dann" sagte Josh und schon hatte er aufgelegt.
Fünf Minuten später saß Mika im Tomis, einer Eisdiele in der sich die Schüler der South Hill High gerne am Nachmittag auf ein Plauderstündchen treffen. "Na Mika, auch mal wieder hier" begrüßte sie Davis, der Chef im Tomis, der aber auch gleichzeitig, wegen Personalmangel, als Kellner arbeitet. "Wartest wohl auf Josh", quasselte er weiter, "was darf ich bringen?" "Ich glaub, ich nehm einen Schokobecher", überlegte sie. "Kommt sofort", und schon war er verschwunden. Mika sah auf die Straße, um zu sehen, ob Josh kam, aber sie sah nur einen alten Mann. Nur komischerweise kam er ihr bekannt vor. Und jetzt erkannte sie ihn. Es war Josh in einer seiner Verkleidungen. Er konnte es einfach nicht lassen, sich als jemand anderes zu verkleiden. Damit war er immer der Hit auf allen Partys. "Ich spiele das Spiel einfach mit", dachte sie sich. Gesagt, getan. Der alte Mann Josh betrat das Tomis. Sofort sah er Mika und ging auf sie zu.
"Na meine Kleine", sprach Josh Mika an, "was machst du denn hier so allein?" Er verstellte sogar seine Stimme, um es noch echter wirken zu lassen, doch Mika kannte auch das. "Ach, mein Freund wollte herkommen und ich warte jetzt auf ihn." "Und wie heißt denn dein Freund?" wollte er weiter wissen. "Ich glaube, das wissen Sie am besten! Ich hab dich nämlich längst durchschaut, Josh." "Wie hast du das geschafft?", fragte er ungläubig. "Ich hatte es einfach so im Gefühl. Und jetzt nimm endlich diese Maske ab und setz dich hin." Nach ungefähr einer Minute hatte er es endlich geschafft, die Maske abzusetzen. Er setzte sich Mika gegenüber an den Tisch. Im selben Augenblick kam auch schon Davis mit Mikas Schokobecher. "Na Josh, hast du schon wieder ein neues Kostüm? Eigentlich solltest du nach der Schule sofort ans Theater. Dort kannst du dich wenigstens dauernd verkleiden. Wo hast du die Kostüme eigentlich immer her?" "Die bringt mir mein Bruder Steve mit. Er arbeitet am Theater als Maskenbildner. Und nun kannst du verschwinden und mir ne Coke bringen." "Wie der Herr wünschen", und schon war er verschwunden. Eine Minute später stand die Coke vor Josh. Jetzt begann Josh auch auf Mika einzureden. "Boah, meine Mum hat mich dazu verdonnert, am Wochenende auf meine kleine Schwester aufzupassen. Meine Eltern wollen einen Bekannten besuchen, der nicht viel von Kindern hält und Steve hat auch keine Zeit. Kannst du nicht vielleicht bei mir übernachten, dann hab ich die Kleine wenigsten nicht allein am Hals." "Da ich am Wochenende noch nichts vorhab, könnte es klappen." "Prima!", redete Josh weiter, "Ich weiß auch schon, was wir machen. Winnie möchte Modenschau spielen. Also kannst du deinen Kleiderschrank mitbringen. Aber Winnie muss um acht ins Bett. Wenn sie schläft, können wir uns dann einen schönen Videoabend machen." "OK, ich mach mit. Wann soll ich da sein?" "Ich würd sagen, so gegen fünf."
Nachdem sie noch ungefähr eine Stunde gequatscht hatten, verabschiedeten sie sich voneinander und gingen nach Hause.
Am nächsten Tag stand Mika Punkt fünf vor Joshs Haus. "Hallo, komm rein. Winnie wartet schon", war die Begrüßung, mit der Josh sie empfing. Also wurde schön Modenschau gespielt. Mika schaffte es sogar, Josh in einen ihrer Röcke zu zwängen. Nach zwei Stunden war Winnie zum Glück schon so müde, dass sie sich nur noch ein Sandwich griff und nach oben ins Bett ging.
"Was hast du denn für Videos da?", fragte Mika. "Na was wohl?", neckte er sie, "natürlich nur Filme mit Gespenstern, Werwölfen, Vampiren und Zombies." "Hmmmm, ich glaub wir nehmen <Das Ende der Nacht>, den hab ich lange nicht mehr gesehen" entschied Mika und schon landete der Film im Videorecorder. Doch schon nach den ersten zehn Minuten wurden sie gestört, weil das Telefon klingelte. "Werden wahrscheinlich meine Alten sein", vermutete Josh. Doch es kam ganz anders als er sich gedacht hatte.
"Ja, hier Benett!", meldete sich Josh. "Ich weiß, das ihr allein seid", antwortete eine dumpfe heisere Stimme. Josh schaltete den Lautsprecher ein, damit Mika auch mithören konnte. "Ich weiß auch", sprach die heisere Stimme schnell weiter, "das ihr beiden auf Gruselstorys steht. Deshalb habe ich eine Aufgabe für euch. Ich will aber nicht am Telefon davon reden. Ich habe alles für euch Wichtige in einen Brief geschrieben. Dieser liegt schon bei euch vor der Haustür. Ich melde mich wieder bei euch."
Noch bevor Josh irgendetwas sagen konnte, hatte der Fremde aufgelegt. "Komisch, dieser Anrufer", sagte Mika endlich. "Bei dieser Stimme kann man ja nur auf Gruselschocker tippen. Außerdem habe ich jetzt eine Gänsehaut. Aber holen wir erst mal den Brief, um zu sehen was an der Sache dran ist." Und schon war sie verschwunden. Josh bemerkte, dass auch sein Herz schnell schlug. Doch bevor er sich noch Gedanken darüber machen konnte, stand Mika wieder mit dem Brief vor ihm. "Mach schnell auf, oder ich komm um vor Aufregung" stachelte er Mika an. Diese öffnete dann auch mit zittriger Hand den Brief. In ihm stand das Folgende:
An den Empfänger dieses Briefes;
Ich habe euch schon einige Zeit beobachtet und ich finde, es ist jetzt an der Zeit,
euch mit eurer Aufgabe vertraut zu machen. Mit einigen anderen Kollegen bilde ich eine Organisation, die alles Übernatürliche auf dieser Erde beobachtet und studiert. Wir sind also so etwas wie die Geisterjäger, nur dass wir die Untoten nicht vernichten wollen. Für unsere neue Aufgabe (hier bei euch in der Stadt) war es wichtig, mindestens zwei Personen zu finden, die sich in der Stadt auskennen und sich gleichzeitig auch für Übernatürliches interessieren. Dabei sind wir auf euch gestoßen. Es geht darum, dass wir in eurer Stadt schon länger Aktivitäten beobachten, nur wissen wir nicht, was es ist.
Wir bitten euch deshalb um Mithilfe. Wenn ihr einverstanden seid, dann kommt
morgen um 12 Uhr mittags an das Eingangstor des Stadtparks. Wir bringen euch dann zu unserem Hauptquartier, wo alle Einzelheiten geklärt werden. Wir sehen uns dann hoffentlich morgen.
Graf Dracula
i.A. der OfUP (Organisation for Undeath People)
Einige Minuten war es ganz still im Zimmer. Man konnte richtig merken, dass beide intensiv nachdachten. "Hast du so was schon gehört?", fragte Mika. "Nein, aber es klingt interessant. Wir könnten es doch mal versuchen. In den Ferien haben wir sowieso noch nichts vor und in den letzten drei Schultagen passiert eh nich mehr viel." "Ich glaub, du hast Recht. Dann gehen wir morgen dort hin. Aber können wir jetzt ins Bett gehen? Ich hab jetzt keine Lust mehr auf den Film und genug Spannung hatten wir jetzt auch", schlug Mika vor und Josh stimmte ihr zu.
