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When fire and ice collide

von

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Schleichendes Gift

14: SCHLEICHENDES GIFT
 

Laternen stehn im Rauch versteckt

Als niste Unglück in jedem Strauch,

Hat der Nebel die Nacht überlistet.

Wie eine Schlange auf nassem Bauch

Liegt er auf seinem Gange Stück bei Stück

Und fristet ein giftiges Leben.

Er will die Dinge in nichts fortheben

Und hängt sich ums Licht wie eiserne Ringe

(...)
 

(Max Dauthendey, "Laternen stehn im Rauch versteckt")
 

Was für ein herrlicher Morgen! Es geht doch nichts über ein bisschen Spaß vor dem Frühstück. Ein dünnes Lächeln huschte über Morgaines Lippen, als sie an den verwüsteten Raum im ersten Stock dachte. Es würde ein ziemliches Stück Arbeit sein, dieses Chaos zu beseitigen, selbst mit magischer Hilfe... Das Lächeln wurde breiter, als sie auf dem Gang Dolores Umbridge begegnete.

"Unzivilisierte Wilde!"

"Guten Morgen, Madam Umbridge." Wow. Sie weiß wirklich, wie man anderen Leuten die Laune verdirbt. Aber um des Friedens willen...

"Tochter des Teufels!"

Falsch. Tochter des Chirurgen.

"Man weiß ja, was man von Sturmkindern zu halten hat. Jähzornig und wirr im Kopf sind sie..."

Morgaine lagen zwar bereits einige passende Bemerkungen auf der Zunge, doch sie behielt sie (noch) für sich. "Ach, Madam Umbridge, ich habe im übrigen Ihr Büro durchsucht."

"WAS?"

"Das Vorrecht des Auroren", erklärte die Bretonin kalt lächelnd. Natürlich war ihr von vornherein klar gewesen, dass die alte Unke gar nicht die notwendige Courage aufbringen würde, für Voldemort zu arbeiten. Aber die Vorstellung, wie Umbridge ihre ekelhaften Porzellankatzen aus Unmengen von Ministeriumspapieren heraussortierte, hatte durchaus etwas für sich - auch wenn es ein eher kümmerlicher Triumph und irgendwie kindisch war.

Selbstverständlich musste die so genannte Bewahrerin der pädagogisch-magischen Ordnung wieder ihren Senf dazugeben. "Sie sollten sich vielleicht eher für das Büro Ihres Onkels interessieren. Wer weiß, was Sie dort finden würden..."

"Was meinen Sie damit? Severus Snape ist ein ehrenwerter Mann!"

"Na, wenn Sie meinen... hem, hem..." Böse kichernd wandte Dolores sich zum Gehen. "Halt! Ich lasse nicht zu, dass Sie meinen Onkel verleumden!"

"Fragen Sie doch Dumbledore, wenn Sie nicht auf mich hören wollen, meine Liebe. Im übrigen möchte ich Sie warnen. Sie überschreiten Ihre Kompetenzen bei weitem." Lass' dich nicht provozieren. Bleib ganz ruhig. Das will sie doch nur... Bevor sie sich daran hindern konnte, machte sie bereits einen drohenden Schritt auf die Ältere zu. Deren Augen wurden prompt weit vor Entsetzen; Morgaine konnte den untrüglichen, berauschend Duft ihrer Furcht wahrnehmen.

"Guten Morgen, meine Damen." Blendend gelaunt stellte Albus Dumbledore sich genau in die Gefahrenzone.

Muss der eigentlich immer im falschen Moment auftauchen? "Guten Morgen, Albus."

"Professor Dumbledore, Aurorin LaMort hat mir mit einem tätlichen Angriff gedroht! Außerdem hat sie mein Büro durchsucht!"

"Nun, tatsächlich wird Professor LaMort alle Lehrerbüros durchsuchen, nur um sicherzugehen, dass wir kein Sicherheitsleck in der Schule haben. Ich persönlich bin zwar von der Integrität jedes Mitglieds des Kollegiums vollkommen überzeugt, aber Vorsicht ist bekanntlich besser als Nachsicht."

Schau an. Ministeriumsleute schließt er in diese Gewissheit nicht mit ein...

"Außerdem kann eine erfahrene Aurorin gewisse Dinge mit Sicherheit besser beurteilen als ich."

"Aber diese Frau ist brutal und unberechenbar!"

"Nun, Professor LaMorts Ausbildung formt den Charakter sicherlich in einer ganz besonderen Art und Weise. Doch ich vertraue ihr in wirklich jeder Hinsicht blind."

"Bei... hem, hem... diesem Onkel?"

Dumbledore hielt Morgaine sanft, aber nachdrücklich an der Schulter fest. "Severus Snape ist über jeden Verdacht erhaben, Dolores."

Mit einem freundlichen Lächeln wandte er sich wieder an die junge Aurorin, ohne die Hand von ihrer Schulter zu nehmen. "Kommen Sie, Morgaine. Ich habe gehört, dass heute die erste Himbeermarmelade dieses Jahres auf den Tisch kommt." Er schob sie in Richtung der großen Halle. Morgaine lächelte gezwungen, doch in ihren Augen glühte kaltes Feuer. Wenn die Umbridge es noch einmal wagte, etwas gegen ihren Onkel zu sagen, würde sie sich wünschen, niemals geboren worden zu sein.
 

"Hagrid ist wieder da!" Begeistert zeigte Ron auf den Lehrertisch. Tatsächlich saß der riesenhafte Wildhüter und Lehrer für die Pflege magischer Geschöpfe neben Professor Flitwick und bemühte sich krampfhaft, etwas dunkles, wuseliges in seine Manteltasche zu stopfen. Morgaine LaMort und Albus Dumbledore sahen amüsiert zu, während Dolores Umbridge eher angewidert wirkte.

Harry grinste begeistert zu dem Halbriesen hinüber. Nach dem nächtlichen Debakel vor drei Tagen konnte er positive Überraschungen gut brauchen - auch wenn das Quidditch-Training seine Laune bereits erheblich verbessert hatte. Noch dazu hatte Cho Chang ihn gestern vor dem Abendessen tatsächlich gefragt, ob er sie am Wochenende nach Hogsmeade begleiten würde... Manchmal war das Leben doch gar nicht so schlecht.
 

Diese Einstellung musste er allerdings schon kurze Zeit später revidieren. Die Doppelstunde Zaubertränke bei Snape war - wie nicht anders zu erwarten - eine Katastrophe. Neville gelang es bereits nach einer Viertelstunde, seinen Kessel zur Explosion zu bringen und von einem übel gelaunten, mit blauem Schleim garnierten Snape fünfzehn Punkte Abzug und drei Abende Strafarbeit zu kassieren. Natürlich hatte der hakennasige Professor danach an allen Gryffindors etwas auszusetzen und hielt seine berühmte "Braumeister und Versager"-Predigt. Harry bekam wie immer den größten Teil seines Hohns ab. Denk an Cho. Denk an das Quidditch-Match nächste Woche. Denk an...

"Potter. Nachdem Ihr Trank schon so aussieht, als hätte ein Troll hineingespuckt, sollten Sie mir wenigstens zuhören. Sonst sehe ich nämlich schwarz für Ihre ZAG-Prüfungen."

Da war es wieder, das Stichwort, mit dem die Lehrer in diesem Jahr alle Fünftklässler an den Rand des Wahnsinns trieben. Die Schüler der höheren Klassen schlossen bereits Wetten über die Zahl der zu erwartenden Nervenzusammenbrüche ab. Obwohl er am liebsten protestiert hätte, tat Harry das einzig vernünftige: er wich Snapes Obsidianblick aus und murmelte "Ja, Sir."

Malfoy fand das alles sehr komisch; jedenfalls, bis Snape ihn mit einem kalten "Malfoy - Ruhe jetzt" zum Schweigen brachte. Wenn Snape jetzt begann, seine Günstlinge zu tadeln, bestand wohl doch noch Hoffnung für die Zaubererwelt. Vielleicht war es aber auch nur ein Zeichen für die bevorstehende Apokalypse...
 

"Heute lernen Sie, wie man Dämonen dritten Grades beschwört." Morgaine LaMort sah aus, als habe sie die letzten drei Nächte mit eben dieser Beschäftigung verbracht. Erschöpft, bleich und mit wirren Haaren saß sie auf dem Pult und bedachte ihre Schüler mit bohrenden, unfreundlichen Blicken.

"Fällt so etwas nicht unter den Begriff der Schwarzen Magie?" Hermine konnte offensichtlich nicht begreifen, dass es für sie definitiv besser wäre, in Gegenwart der Elementarhexe den Mund zu halten...

"In Ordnung. Raus." Die junge Aurorin war vor ihrer "Lieblingsschülerin" stehengeblieben und funkelte sie nun giftig an.

"Wie... wie bitte?"

"Raus. Da Ihnen mein Unterricht offenbar nicht zusagt und Sie keine Gelegenheit ungenutzt lassen, dies auch kundzutun, können Sie genauso gut gehen. Es ist mir völlig gleichgültig, wie Sie sich auf Ihre Prüfungen vorbereiten - aber offenbar wissen Sie ja schon alles."

"Pro...Professor, ich..."

"Sie wissen doch, wo die Tür ist."

"Laut der Bildungsverordnung..."

"Diese Verordnung ist mir völlig egal. Sie sägen bereits seit unserer ersten Begegnung an meinen Nerven, und jetzt habe ich endgültig die Nase voll von Ihnen. Melden Sie sich vor dem Abendessen bei Professor Dumbledore. Und jetzt verlassen Sie mein Klassenzimmer!" Für einen Moment glaubte Harry, an Stelle seiner Lehrerin eine andere Person zu sehen: eine große Frau mit einem Raben auf der Schulter, Feuer im Haar und Wahnsinn in den Augen.

Kaum war Hermine, blass vor Zorn, an ihr vorbei aus dem Raum geschlichen, verging das Trugbild. Am Pult stand wieder die kleine, müde aussehende Bretonin, deren Schutzgeist nun zärtlich den Kopf an ihr Knie schmiegte. Sie kraulte das Tier abwesend und räusperte sich; es klang nach üblen Halsschmerzen. "Wie man einen Bannkreis zieht, haben Sie ja letzte Stunde gelernt. Also: bitte."

Schweigend sah sie den aufgeregt tuschelnden Gryffindors zu, ging durch die Reihen und korrigierte Fehler mit ungeduldig wirkenden, knappen Bewegungen des Zauberstabs. "Treten Sie jetzt in Ihren Bannkreis und entzünden Sie die schwarze Kerze und den Weihrauch. Mister Longbottom, der Docht ist am anderen Ende der Kerze." Sie vollführte eine komplizierte Handbewegung und schuf auf diese Weise ihren eigenen, aus Flammen bestehenden Schutzkreis. "Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass der Dämon, den wir nun rufen werden, verantwortlich für einen großen Teil des Negativen in unserem Leben ist. Verhalten Sie sich entsprechend vorsichtig. Miss Patil, dass ist nichts, worüber man lachen sollte."

Energisch schüttelte Morgaine ihre rote Mähne in den Nacken. "Sprechen Sie mir nach: Nekned hcue rüf eredna gihur tssal!"

Mühsam wiederholte die Klasse die fremdartigen Worte.

"Thcin rhi thcuarb Gnuniem enegie enie! Nlefiewz uz, thcin tgaw! Muiretsinim med tbualg!" In die dunkelgrünen Augen der Elementarhexe trat ein boshaftes Funkeln, als sie nach einer kurzen Pause fortfuhr: "Negarfretnih uz Egnid eid, Ehüm eid thcin hcue thcam!"

Alle hielten den Atem an - man hätte eine Stecknadel fallen hören können. Nach unerträglichen zwei Minuten geschah... nichts.

"Professor LaMort...?", meldete sich Dean Thomas schüchtern.

Lachend wies die Rothaarige auf die Tafel. "Schreiben Sie sich die Beschwörung auf und überlegen Sie bis zur nächsten Stunde, warum nicht das passiert ist, was Sie offenbar alle erwartet haben. Außerdem möchte ich, dass Sie sich darüber Gedanken machen, was ich Ihnen in dieser Stunde vermitteln wollte. Zwei Rollen Pergament, Herrschaften. Wir sehen uns nächste Woche. Und wischen Sie die Bannkreise weg, bevor Sie gehen." Ehe noch jemand protestieren konnte, wirbelte sie hinaus.
 

"Verdammter Mist! Warum bleibt immer alles an mir hängen?" Fluchend feuerte Morgaine ihren Besen in eine Ecke der Eingangshalle, machte eine obszöne Geste in Richtung des keifenden Familienporträts und trat nach dem wie immer übellaunig herumlungernden Hauselfen.

"Morgaine." Mit einem unbestimmten Gefühl der Erleichterung ließ sie sich von Mael umarmen, wobei sie rein gewohnheitsmäßig nach seinen Gedanken tastete - und prompt auf eine Barriere stieß.

"Bis hierhin und nicht weiter" bedeutete er ihr höflich, aber bestimmt. Irritiert und ein wenig verletzt zog sie sich zurück. Er hatte noch nie Geheimnisse vor ihr gehabt...

"Du siehst müde aus", sagte er leise.

Irgendwie brachte sie es fertig, zu lächeln. "Kunststück. Ich könnte eine Woche lang durchschlafen." Eine verlegene Pause entstand. "Wo ist Aidan?"

"Im Arbeitszimmer, Chroniken wälzen."

"In Ordnung. Wir sehen uns später."
 

"Was hast du dir dabei gedacht?" Wütend starrte Morgaine ihren Freund an. Aidan wirkte nicht im Geringsten verlegen - eine Tatsache, die den Zorn der jungen Aurorin nicht gerade minderte. "Bist du eigentlich völlig bescheuert? Mael hat sich auf dich verlassen. Wir alle haben uns auf dich verlassen. Und du gefährdest alles, weil du deinen Mittagsschlaf nachholen willst?"

Der Ire lehnte sich seufzend zurück und begegnete ihrem Blick mit entwaffnend strahlenden blauen Augen. "Es war nicht meine Schuld, Mór Ríagan¹."

Sie überging die nicht ganz ernstgemeinte Schmeichelei mit einem verächtlichen Schnauben. "Was heißt 'es war nicht deine Schuld'? Wessen Schuld war es dann? Die der Bhoabhan Sidhe² in den Wäldern? Oder hat Père Ankou³ dich mit seiner Sense bewusstlos geschlagen?"

Das Lächeln in seinen Augen erlosch. "Ich verstehe, dass du wütend bist. Aber bitte hör' dir an, was ich zu sagen habe."

Frustriert rammte sie ihren Dolch, mit dem sie bereits die ganze Zeit unruhig spielte, in die Tischplatte. "Mauditª! Dann komm' endlich zur Sache!"

Mit einem vielsagenden Seitenblick auf die zitternde Waffe dicht neben seiner Hand zeigte Aidan auf ein trübes Weinglas. "Sieh es dir an."

"Hm..." Feenkristall. Zweifellos seit Generationen im Besitz der Familie Black und heute so gut wie unbezahlbar. Seltsam ist nur... Vorsichtig schnupperte Morgaine an dem krümeligen Rückstand, bevor sie etwas davon mit der Fingerspitze aufnahm. Augenblicklich fühlte sie ein Kribbeln und die charakteristische Taubheit. "Oubliª¹." In Flüssigkeiten gelöst war dieses Gift völlig geschmacks- und geruchlos; man nahm es erst wahr, wenn es bereits zu spät war. Stellt sich nur die Frage, wem daran liegt, Aidan auszuschalten. Black ist zwar dämlich, aber nicht einmal er würde so weit gehen. Schließlich hält der Schutzschild auch das Ministerium von hier fern.

Gereizt schnippte sie mit den Fingern, um die Betäubung daraus zu vertreiben. "Hast du eine Ahnung, wer dafür verantwortlich sein könnte?"

Aidan fuhr sich mit der rechten Hand durch seinen wirren Haarschopf. Er wirkte noch immer reichlich mitgenommen. "Nein. Die einzigen, die in Frage kommen, sind Sirius, Alastor... und Mael."

"Jetzt mach' aber mal einen Punkt!"

"Ich habe noch versucht, ihn zur Hilfe zu rufen, aber er hat nicht reagiert..." "Er hat zu der Zeit in der Bibliothek meditiert!" Heftig zog sie ihren Dolch aus dem Holz der Tischplatte. Mael würde uns niemals verraten!

"Das sagt er zumindest." Ihr Kollege verzog das Gesicht und begann, seine Schläfen zu massieren.

Natürlich - eine der Nachwirkungen von Oubli sind höllische Kopfschmerzen. "Versteh' mich nicht falsch, Morgaine. Ich sage ja gar nicht, dass er es war. Das Ganze kommt mir nur ausgesprochen komisch vor."

"Denkst du, mir nicht?"

Wieder griff sie nach dem Glas. Dieses Mal hielt sie es an ihre Stirn und konzentrierte sich mit geschlossenen Augen auf die Schwingungen des Gegenstandes. Natürlich hat Aidan das Glas berührt. Vor längerer Zeit hat Sirius Black es benutzt... Nobel. Tokaier Jahrgangswein. Der Mann hat Geschmack... Die grünlich-graue Schwingung musste von dem Hauselfen Kreacher stammen, und die silbrig schimmernde... gehörte zu Mael. Sie war nur wenig älter als Aidans schwach blaue. Morgaine spürte, wie ihre Knie weich wurden. Nein!

"Ist alles in Ordnung, Mor?" Aidans Stimme drang nur undeutlich zu ihr durch. "Ja... Ich bin ziemlich übermüdet. Ich denke, ich lege mich eine Weile hin."

Obwohl er nichts sagte, spürte sie deutlich den forschenden Blick des Iren in ihrem Rücken, als sie hinausging. Sicherlich war es ihm nicht entgangen, dass sie das Weinglas mitgenommen hatte.
 

Ihr Puls raste; atemlos wie nach einem Marathonlauf lehnte sie sich in den Türrahmen. Das ist unmöglich... Winselnd leckte Scátach ihre Hand, doch sie bemerkte es kaum. Okay. Gehen wir es sachlich an. Ein Verrat von Alastors Seite war mehr als unwahrscheinlich. Und Black? Wie schon gesagt, ihm konnte nichts an der Ausschaltung des Schutzschildes liegen - vorausgesetzt natürlich, er machte nicht schon lange mit dem Ministerium gemeinsame Sache. Gegen das Versprechen einer Generalamnestie war schon mancher Unschuldige zum Verräter geworden... Aber wäre Dumbledore das nicht aufgefallen? Immerhin kannte er Black schon seit dessen Schulzeit. Andererseits hat er auch ein ganzes Schuljahr lang nicht bemerkt, dass Alastor nicht Alastor war. Es waren diese Momente, die einen leisen Hauch von Furcht in ihr aufkommen ließen, auch wenn sie es nie zugegeben hätte. Diese Augenblicke, in denen der Zweifel an ihrem Herz nagte und das Misstrauen sich bis zum Verfolgungswahn auswuchs...

"Keine Bewegung!"

Lächelnd trat Sirius aus den Schatten der Halle, die Hände defensiv erhoben. "Nicht schießen. Ich bin's nur."

Morgaine spürte, wie ihr linkes Augenlid zu zucken begann. Nicht jetzt! Ganz ruhig. Du kannst dir jetzt keinen Ausraster leisten. "Das sehe ich." Ihre Stimme klang noch ein paar Stufen frostiger als vorgesehen, aber das konnte nicht schaden. Wenigstens kam Black dann nicht auf dumme Gedanken.

"Sie sehen blass aus, Morgaine."

"Ich wüsste nicht, was Sie das angeht." Für ihren Geschmack war er ihr viel zu nahe; sie konnte die Wärme seines Körpers spüren.

"Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet." Er hob zögernd die Hand, als wolle er ihr über die Wange streichen. Statt dessen zeichnete er mit dem Zeigefinger beinahe unmerklich den Verlauf ihres Kieferknochens nach. Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte Morgaine jeden anderen Mann schon für den Versuch kastriert, doch im Moment war sie nicht ganz sie selbst.

"Welche Frage?", krächzte sie. Zum ersten Mal bemerkte sie, wie unglaublich dunkel seine Augen waren.

"Ist es nicht ziemlich anstrengend, ständig alles und jeden zu hassen?"

Entsetzt stellte sie fest, dass sie boshaft und völlig humorlos kicherte. "Man gewöhnt sich daran", stieß sie hervor. "Mit einem bisschen Übung ist es gar nicht mehr so schwer."

"Hey." Sirius' Blick war mit einem Mal sehr sanft. "Nimm dir mal 'ne Auszeit. Niemand kann alle Probleme allein lösen."

Die Aurorin spürte etwas warmes, feuchtes ihr Gesicht hinabrinnen. Warum nur war ihr Blick so verschleiert? "Ich... ich bin das Schwert. Ich bin eine Waffe. Ich muss funktionieren." Woher soll ich die Kraft dazu nehmen, wenn selbst Mael mich verrät? Gwalchmai hat Recht: im Prinzip geht mich das ganze gar nichts an... Ich sollte mir eine hübsche kleine Höhle im Wald Brocéliande suchen und mich nur noch um meinen eigenen Kram kümmern.

"In der Prophezeiung ist nicht davon die Rede, dass du alles allein erledigen sollst. Schwert, Schild und Speer - erinnerst du dich?"

Ja. Nur, dass der Schild gegen uns zu arbeiten scheint. Sie sah hinauf in diese unglaublichen Augen, verlor sich in der samtigen Wärme dieses Blicks... Genau so gut könnte er der Verräter sein. Wem kann ich noch vertrauen?

Trotz dieser düsteren Gedanken wehrte sie sich nicht, als Sirius sie in seine Arme zog. Seine Lippen berührten ihre Stirn, und sie lehnte sich an ihn, legte den Kopf an seine Brust und ließ sich in die Dunkelheit fallen.
 


 

¹: Mór Ríagan - "Große Königin"; die keltische Kriegsgöttin Mórrígan

²: Bhoabhan Sidhe - Vampirfeen der keltischen Mythologie

³: Père Ankou - die bretonische "Personifizierung" des Todes

ª: maudit - Verdammt !

ª¹: oubli - Vergessen



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