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Der Zirkel der Macht - Buch 1
von

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Kapitel 6

6
 

Mittlerweile war es lange nach Mitternacht. Mit Hilfe des Taxifahrers hatten sie Alex in Beas Wohnung geschafft und ihn in ihr Gästebett gebracht. Eva hatte ihren Eltern gesagt, dass sie über Nacht bleiben würde.

"Weißt du eigentlich, wie spät es ist?", hatte ihre Mutter sie entgeistert gefragt.

"Ja, das weiß ich, Mama."

"Wo bist du? Wir hatten schon Angst, dir sei etwas zugestoßen!"

"Nein Mama, mir geht es gut." Sie hatte eigentlich noch mehr sagen wollen, aber ihre Mutter fiel ihr sofort ins Wort:

"Das will ich auch schwer hoffen! Du kommst jetzt sofort nach Hause!"

"Hör zu Mama, einem Freund von mir geht’s nicht gut. Es hat ihn vorhin umgehaut und jetzt haben wir ihn ins Bett geschafft. Ich kann jetzt nicht heim, ich muss wissen, wie es ihm geht!"

Sie hatten noch mindestens fünf Minuten telefoniert, aber schließlich durfte Eva über nacht bleiben – ausnahmsweise.

Dana hatte solche Probleme zum Glück nicht mehr. Ihre Eltern ließen ihr eigentlich alles durchgehen, seit sie anscheinend wieder normal geworden war. Dabei war Eva zwei Jahre älter als sie. Dana nahm das ganze schulterzuckend zur Kenntnis und dachte nicht weiter darüber nach. Alex ging im Moment vor. Er war immer noch eiskalt. Sie hatten ihn in dicke Decken gepackt und ihm einen heißen Waschlappen auf die Stirn gelegt. Wogegen sie nichts machen konnten war die Tatsache, dass sein Körper zu zerfliesen schein.

"Wir müssen ihm doch helfen können! Wozu sind wir Magier?", hatte Eva vehement gefordert.

"In dem Fall nicht", hatte Bea ihr erklärt. "Er leidet an magischem Rückschlag. Wenn wir jetzt irgendetwas machen wird es nur noch schlimmer. Da muss er alleine durch."

Eva war sichtlich aufgebracht, hatte dem aber nichts mehr entgegenzusetzen.

Nach einer Weile erklärte Bea ihr dann aber, dass die Verformungen nicht so schlimm seien. Alexander würde das überstehen. "Ganz sicher. Ich weiß das", beruhigte sie Eva. Woher sie es gewusst haben wollte sagte sie aber nicht dazu. Dana hielt es für eine Lüge, um Eva zu beruhigen.

Kopfschüttelnd ging sie aus dem Zimmer, um ein provisorisches Bett auf Beas Couch einzurichten. Da sie schon dabei war tat sie das selbe gleich für Eva. Sie würden einfach beide heute im Wohnzimmer schlafen. Sie war gerade dabei, die zweite Decke auszubreiten, als Bea ins Zimmer kam.

Wortlos packte sie mit an, half Dana das Bett fertig zu machen. Als sie fast fertig waren begann sie zu sprechen. "Ich kann es spüren, ganz deutlich", sagte sie in ermahnendem Ton.

"Was?", erkundigte Dana sich.

"Die Strafe. Alex ist nicht der einzige, der es heute nacht übertrieben hat. Eine falsche Schwingung und du gehst hoch, genau wie er", versuchte sie Dana ins Gewissen zu reden.

"Unsinn!", entgegnete die, aber man konnte deutlich erkennen, dass sie besorgt war.

"Überhaupt nicht. Sogar Eva könnte es spüren, wenn sie nicht so sehr mit Alex beschäftigt wäre."

Dana seufzte. "Und was soll ich jetzt tun?", fragte sie dann.

"Das weißt du genau. Schone dich und vor allem: lass das Zaubern für ein paar Tage! Wenn du eine Woche lang wartest und nichts falsches mehr machst müsste das Schlimmste ausgestanden sein."

"Ich werd mir Mühe geben." Es war offensichtlich, dass sie er ernst meinte.

"Das hoffe ich, kleine Schwester", entgegnete Bea ebenso ernst. "Ich schaue wieder nach Alex und Eva." Mit diesen Worten verließ sie das Zimmer. Dana blieb nachdenklich zurück. Sie wusste nur zu genau, dass ihre Freundin Recht hatte. Sie seufzte erneut, dann ging sie zurück zu den anderen.

Der Samstag verlief ruhig. Eva musste nachmittags nach Hause. Dass sie bereits siebzehn war schien ihren Eltern egal zu sein. Alex kam den ganzen Tag nicht wieder zu Bewusstsein. Abends saßen Bea und Dana schweigend an seinem Bett.

Inzwischen hatten sie auch in den Rucksack geschaut, den Alex umklammert hatte. Sie hatten darin etliche altertümliche Bücher und eine alte Pistole gefunden. Als Dana die Pistole sah, zuckte sie unwillkürlich zusammen. Sie kannte die Pistole, es war die Pistole aus ihrer Vision. Etwas beunruhigt fragte sie sich, ob es sich möglicherweise doch um eine Vision gehandelt haben konnte. Sie hatte aber vor einigen Wochen gelernt, wie leicht man eine Vision fehl interpretieren konnte. Sie beschloss, für den Moment nicht weiter darüber nachzudenken.

Nachdem sie keine Hinweise auf irgendeine Nachricht gefunden hatten legten sie die Bücher und die Pistole auf den Tisch neben Alexanders Bett.

Spät abends verabschiedete Dana sich. Sie genoss viele Freiheiten, aber auch sie kannte ihre Grenzen. Am nächsten Tag wollten ihre Eltern ihre Großeltern besuchen. Es war ganz selbstverständlich, dass Dana und Silke mit mussten. Silke war Danas ältere Schwester. Sie waren vier Jahre auseinander und hatten sich erstaunlich wenig zu sagen. Silke gehörte zu den oberflächlichen Menschen, die das Leben all jenen zur Hölle machen konnten, die einen eigenen Kopf hatten und sich nicht kompromisslos anpassten. Ihre größten Sorgen zur Zeit waren ihr drei Jahre älterer Freund aus Nürnberg und die Frage, wer diese Woche ganz oben in den Charts sein würde. Es wurde ein richtig langweiliger Tag, genau wie zu erwarten gewesen war. Danas Sorge um Alex verschlimmerte alles noch. Wie sie Eva bereits gesagt hatte wollte sie absolut nichts von ihm, aber er war ein wertvoller Freund für sie. Drei mal schrieb sie Bea eine SMS und drei mal kam die Antwort zurück, dass sich nichts an seinem Zustand verändert habe. An diesem Abend ging sie ziemlich unzufrieden zu Bett.

Der Unterricht am nächsten Tag glitt wie im Traum an ihr vorbei. Ihr fehlte einfach die Konzentration. Immerhin munterte Sarah sie etwas auf. Sarah war ihre beste Freundin. Sie kannten sich seit der fünften Klasse und waren seit zwei Jahren befreundet. Sarah war erfrischend anders als die meisten anderen in der Klasse. Sie lass gerne, hob sich mit ihrer Kleidung vom Mainstream ab und besaß auch sonst Klasse. Gerade hatte sie einen neuen Lieblingsmanga entdeckt und jetzt musste sie Dana natürlich alles darüber erzählen. Das Gesprächsthema änderte sich aber schnell, als die Kunststunde begann. Sie hatten mit der Parallelklasse zusammen und Sarah konnte plötzlich nur noch über Martin reden, ihren geheimen Schwarm, der drei Reihen vor ihnen saß und mit seinen Freunden rumalberte. Sarah war total in ihn verknallt, aber das konnte sie ihm niemals eingestehen. Dana konnte darüber nur den Kopf schütteln. Ihr hatte auch schon der eine oder andere Junge gefallen, aber so albern hatte sie sich noch nie aufgeführt.

In der Pause ging sie darum kurzerhand mit Sarah im Schlepptau zu Martin und seiner Clique hin und setzte sich neben sie. Sie erzählten gerade von irgendeinem Spiel, zumindest klang es so. Offensichtlich spielte jeder darin einen Actionhelden und sie mussten gemeinsam Gefahren überwinden und Gegner besiegen.

"... Und stell dir vor! Der Raum war voller Skelette. Ich dachte schon, das wär's gewesen, aber dann holte Max doch glatt noch einen Feuerball raus. Ich hab keine Ahnung, wo er den noch herhatte, ich dachte er wäre schon seit drei Räumen leer gewesen. Jedenfalls hat er damit alles weggeputzt. Drei standen noch, aber die waren auch stark angeschlagen und wir haben sie dann problemlos fertig gemacht..."

Dana konnte nur den Kopf schütteln, sie wusste selbst nicht genau, warum eigentlich. Irgendwie kam ihr das einfach nur albern vor. Vielleicht sollten sie einfach mal mit ihr tauschen. Dieses Wochenende alleine hätten sie wahrscheinlich mehr geboten bekommen, als sie jemals gewollt hatten. Ohne weiter auf Sarah Rücksicht zu nehmen ging sie in die Cafeteria und holte sich etwas zu essen.

Die Zeit bis zum Schulschluss zog sich immer mehr in die Länge. Irgendwann hatte sie es aber doch überstanden. Mit Sarah zusammen floh sie vor den Mädchen aus der Bank hinter ihnen, die sich detailliert über den Fotoroman in der aktuellen Bravo unterhielten. Sie hatte in diese Zeitschrift noch nie reingesehen und hatte nicht das Gefühl, irgendetwas verpasst zu haben. Auf dem Weg aus dem Schulgebäude rief sie kurz Bea an.

"Und, wie geht’s es ihm?", wollte sie wissen.

Die Antwort war gleichermaßen knapp und unbefriedigend: "Unverändert"

"Meld dich, wenn sich was tut, okay?", bat sie Bea, bevor sie wieder auflegte.

Dana hatte Montag immer Nachhilfe. Mathematik war noch nie ihre große Stärke gewesen. Die Nachhilfe begann aber erst um fünf. Bis dahin zogen sie wie immer gemeinsam durch die Stadt. Sarah stand total auf Silberschmuck, besonders solchen mit ausgefallenen Fantasymotiven. Es war eigentlich nur noch eine Frage der Zeit, bevor sie sich ganz in einen Goth verwandeln würde.

Sarah schleifte sie wieder einmal in einen von unzähligen Läden voller pseudookkulter Anstecker. Dana fand das eher langweilig, ging aber trotzdem mit. Der Enthusiasmus ihrer Freundin tat ihr im Moment mehr als gut. Sarah verschwand sofort zwischen den engen Regalen des Ladens. Dana blieb eher gelangweilt am Eingang stehen. Dann entdeckte sie jedoch etwas, das ihre Aufmerksamkeit weckte. Es handelte sich um eine Halskette, an der ein dreieckiger Kristall hing. Vorsichtig nahm sie die Kette in die Hand, betrachtete den Stein genauer. Es handelte sich tatsächlich um einen Kristall. Sie hielt ihn ganz nah vor ihr Auge und drehte ihn leicht, während sie hindurchsah. Sie konnte deutlich sehen, wie die Zeit sich in ihm brach. Der Anhänger gefiel ihr. Er war nicht billig, aber sie wollte ihn haben. Sich bei Sarah etwas Geld leihend kaufte sie ihn.

Nach der Nachhilfestunde rief sie noch einmal Bea an, aber es gab immer noch nichts neues. Sie beschloss, am nächsten Tag persönlich vorbeizusehen. Das war aber alles andere als einfach. Sie hatte einen riesigen Haufen Hausaufgaben bekommen, die sie bis vier beschäftigt hielten. Dann machte sie sich aber sofort auf den Weg. Alexander lag noch immer reglos im Bett. Die Verformungen an seinem Körper waren noch schlimmer geworden. Fettringe waren aus dem Nichts aufgetaucht, seine Nase hatte an Kontur verloren uns auch sonst sah er nicht gut aus. Bea beschwichtigte sie jedoch, dass das okay sei. "Alexander wird schon wieder, wenn er seine Strafe erst einmal abgesessen hat", erklärte sie ihr zuversichtlich.

"Trotzdem, er sieht furchtbar aus."

"Ich weiß. Ich habe keine Ahnung, was er gerade durchmacht, aber wenn es nur halb so schlimm ist wie sein 'Monat der Busse' tut er mir echt leid."

Dana nickte nur wissend.

"Sag mal, sollten wir nicht vielleicht irgendjemandem Bescheid sagen, dass er hier ist?", fragte sie dann.

"Da hab ich mir auch schon Gedanken darüber gemacht. Bislang hat aber noch niemand versucht, ihn auf seinem Handy zu erreichen und ich wüsste auch gar nicht, wem wir Bescheid sagen sollten?"

"Na ja, seinen Eltern am besten."

"Weißt du denn, wie wir sie erreichen sollen?"

Darauf wusste Dana keine Antwort.

"Ich habe schon in seinem Adressbuch geschaut, aber da gibt’s keinen Eintrag 'Mama' oder so..."

Sie schwiegen beide einige Momente lang, dann wechselte Bea das Thema: "Ich habe übrigens mal die Bücher durchgeschaut, die Alex mitgebracht hat. Das meiste sind arkane Aufzeichnungen. Wir könnten sie gut brauchen."

Dana wusste nicht so recht, was sie davon halten sollte. Vielleicht hätten sie doch lieber damit warten sollen, bis Alex wieder bei Bewusstsein war.

"Über die Pistole kann ich gar nichts sagen. Ich weiß, dass sie eine mystische Bedeutung besitzt, aber ich denke nicht, dass es sich um magische Macht handelt."

"Ich kenne die Pistole" Dieses einfach Statement brachte Bea deutlich aus dem Konzept. "Was? Woher?", konnte sie nur erwidern.

Dana erzählte ihr die Geschichte, die sie erst einige Tage zuvor Eva erzählt hatte erneut.

"Und die Pistole ist das?"

"Ja, ganz sicher!"

"Vielleicht sollten wir sie dann einfach zerstören, ehe irgendetwas passiert."

Sie dachten eine Weile gemeinsam über den Vorschlag nach und verwarfen ihn schließlich. Irgendetwas in dieser Tasche musste einen großen Wert für Alexander besitzen, das hatte man deutlich erkennen können. Solange sie nicht wussten, was es war konnten sie die Pistole nicht beschädigen, das waren sie ihrem Freund schuldig. Sicherheitshalber sperrte Bea sie aber weg. Angesichts Danas Vision war das das Beste.

Der nächste Tag war auch nicht besser. Sarah war furchtbar drauf, weil sie Martin mit irgendeinem Mädchen aus seiner Klasse hatte sprechen sehen. "Wenn du was von ihm willst, dann sag ihm das doch einfach!", hatte Dana ihr entnervt vorgehalten. Im Religionsunterricht hielt Lydia dann ein Referat über den Buddhismus.

Dem Referat zu Folge war das oberste Ziel des Buddhismus, als besseres Wesen wiedergeboren zu werden, was man nur erreichen konnte, indem man gute Taten beging. Dana schüttelte ungläubig den Kopf. Sie war kein Experte auf dem Gebiet, hatte aber Alex gelegentlich etwas erzählen hören. Spontan kehrten ihre Gedanken zu ihrem bewusstlosen Freund zurück. Wie es ihm wohl ging? Sie machte sich ernsthafte Sorgen um ihn. Sie wussten immer noch nicht, was er alles erlebt hatte, aber wenn er den Dämon tatsächlich eigenhändig vernichtet hatte war der Rückschlag wahrscheinlich immens gewesen. Sie wusste nicht, ob die Möglichkeit bestand, dass ihr Freund überhaupt nicht mehr erwachen würde, aber die bloße Vorstellung machte ihr bereits zu schaffen.

Ihre Gedanken kehrten in das hier und jetzt zurück. Lydia stritt sich gerade mit Herrn Weber, dem Religionslehrer. Sie hatte Gefallen an der Vorstellung gefunden, wiedergeboren zu werden und offenbar konnte sie es nicht verkraften, dass Herr Weber die Reinkarnation als nette Idee und nicht mehr abtat. Der Rest der Klasse hatte schon längst abgeschaltet. Nur Sarah zeigte Interesse an der Debatte und langsam begann sie sich einzumischen.

"Und weshalb soll es keine Reinkarnation geben, Herr Weber?", fragte sie. Auch ohne in die Zukunft zu sehen wusste Dana, was nun folgen würde. Herr Weber würde die Bibel ins Feld führen, deren Autorität daraufhin wie üblich von Sarah in Frage gestellt werden würde. Und das alles nur wegen der Frage nach der möglichen Existenz von Reinkarnation. Die ganze Situation war so absurd, dass Dana eigentlich nur darüber lachen konnte. In Anbetracht der Tatsache, dass sie sich immer noch im Unterricht befand unterließ sie das jedoch lieber. Herr Weber war dafür bekannt, so etwas persönlich zu nehmen. Alexanders immer noch ungewisses Schicksal tat sein übriges, sie am Lachen zu hindern. "Ich gehöre nicht hierher!", sagte sie sich selbst, als sie das Trauerspiel weiter beobachtete.

Am Nachmittag schaute sie erneut bei Bea vorbei. Eva war auch anwesend. Sie saß an Alexanders Bett und kümmerte sich darum, dass die Tücher auf seiner Stirn nicht zu kalt wurden. Sie machte einen wirklich verlorenen Eindruck, gerade so als werde sie mit der Situation nicht richtig fertig.

Bea nahm derweilen Dana beiseite und erzählte ihr, was sie in den Büchern gefunden hatte.

"Wir haben ein Problem", begann sie unverhohlen. "Es geht um den Dämon, den wir erledigt haben. Wenn ich das richtig verstanden habe hat er an verschiedenen Orten Hinterlassenschaften deponiert. Es kann sich um alles mögliche handeln, Waffen, Kreaturen, Kraftspeicher..."

Als Dana das hörte stieg ihre Besorgnis unverkennbar. "Fuck!", war das einzige, dass sie von sich gab.

"Genau", erwiderte Bea. "Wir sollten besser auf alles vorbereitet sein. Wer weiß, wann das Zeug auftauscht!"

Sie einigten sich darauf, die Augen offen zu halten. Mehr konnten sie im Moment nicht tun. Viel mehr gab es im Moment nicht mehr zu sagen. Alex' Zustand war nach wie vor unverändert. Da Dana morgen eine Arbeit schreiben musste ging sie bald darauf nach Hause und lernte. Das brachte aber nicht wirklich viel. In der Klausur hatte sie die Hälfte des Stoffes schon wieder vergessen. Mit der deprimierenden Aussicht auf eine Vier ging sie niedergeschlagen nach Hause. Nicht einmal der langhaarige Kerl, der oft mit dem selben Bus fuhr und an dem sie sich sonst nicht sattsehen konnte mochte ihr Stimmung irgendwie verbessern. Da erreichte sie eine SMS:

Alex ist wach

Das war alles, was darin stand. Mehr war auch nicht nötig. Nach Hause zu fahren hatte plötzlich seine Bedeutung verloren. Ohne sich weiter aufhalten zu lassen fuhr sie zu Bea. Als sie ankam saß Alexander mit einer heißen Tasse Tee in der Hand und in Decken eingewickelt in Beas Gästebett. Sein Aussehen war so schlimm wie die letzten Tage. Als Dana das Zimmer betrat sah er sie traurig an. Sie merkte es zunächst überhaupt nicht. Überschwänglich begrüßte sie ihn und erklärte ihm immer wieder, wie viel Sorgen sie sich um ihn gemacht habe. Er blieb jedoch stumm und sah sie nur immer weiter an mit seinen großen braunen Augen.

Irgendwann kam ihr das komisch vor. "Was ist?", verlangte sie zu wissen. Er griff nach drei Büchern, die neben ihm auf dem Tisch lagen, legte sie vor sich auf den Schoß und begann zu sprechen:

"Ich will dir etwas erzählen. Es geht um die letzten Stunden eines ganz besonderen Menschen..."

Aufmerksam hörte Dana ihm zu. Sie konnte kaum glauben, was er ihr erzählte, aber sie wusste, dass es stimmte. Als er fertiggesprochen hatte gab er ihr die drei Bücher. Wortlos verließ er den Raum, als sie zu lesen begann. Sie bemerkte überhaupt nicht, wie die Zeit verging. Über eine Stunde später kam sie hinüber ins Wohnzimmer, wo Bea, Alex und Eva zusammensaßen und zum ersten mal seit Tagen wieder lachten. Alex hatte sogar sein altes Aussehen zurück. Die ganze Episode schein endgültig ausgestanden.
 

***
 

"Schläfst du, Dana?!", klang Herr Webers Stimme am nächsten Tag durch das Klassenzimmer. Dana bemerkte es aber überhaupt nicht. Sie war mit ihren Gedanken weit weg. Gestern Nacht hatte sie die drei Tagebücher komplett gelesen und nun weilte sie in der fernen Vergangenheit. Dana war nicht Maria, sie waren zwei komplett verschiedene Personen, aber in diesem einen Moment lebte Maria in Dana fort.



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