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Four Soulmates in an Other World

von

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Wie ein zu Hause

„Der Traum ist der beste Beweis dafür, dass wir nicht so fest in unsere Haut eingeschlossen sind, als es scheint.“

Friedrich Hebbel

 

♥♦♣♠

 

 

 

Als Noé die Augen öffnete konnte er die hohe Decke eines Hotelzimmers sehen. Alles wirkte noch ein wenig trüb durch die Müdigkeit. Er blinzelte mehrmals und drehte langsam den Kopf zur Seite. Lag er auf dem Boden? Wo befand er sich überhaupt? Sein Blick schweifte durch das Zimmer und nahm eine altmodische Einrichtung war. Die Tür öffnete sich.

Im Türrahmen stand Vanitas, der ihn wie immer mit einem leicht genervten Blick bedachte. Doch irgendetwas war anders an ihm als sonst. Er trug seltsame Kleidung, wie aus dem 19. Jahrhundert entsprungen, dazu einen riesigen Ohrring und… Sein Pferdeschwanz war länger als normalerweise? War das der Vanitas, den er kannte?

 

„Noé, bist du schon wieder aus dem Bett gefallen?“, seufzte Vanitas. „Du bist doch kein Kind mehr.“

 

Die Stimme war wie sonst auch. Nur der Dialekt weichte leicht ab.

Noé setzt sich langsam auf und rieb sich die Augen. „Ich schlafe nun mal sehr tief. Ich kann nichts dafür.“, hörte er sich selbst sagen, als sei es das selbstverständlichste auf der Welt, in einem fremden Hotelzimmer aufzuwachen und von einem verkleideten Vanitas angemault zu werden.

Vanitas hockte sich vor ihn und sah ihn zweifelnd an. „Ihr Vampire habt es wohl nicht nötig nachts wachsam zu bleiben.“, murmelte er.

Vampire? Wovon sprach Vanitas da? Und wieso reagierte er selbst nicht darauf? War das hier ein Theaterstück?

Er hörte Vanitas erneut tief seufzen. „Ich muss nochmal in die Bibliothek für meine Vampirstudien. Ich hoffe du bist angezogen bis ich wieder da bin.“

 

 

 

 

Es klopfte.

 

Als Noé, von dem Geräusch geweckt, die Augen aufschlug konnte er die Decke seines Studentenzimmers sehen. Er blinzelte mehrmals verwirrt und setzte sich langsam auf.

Das war also ein Traum gewesen. Aber Vampire? Hatte er mal wieder zu viel Tarte Tatin gegessen, um so einen Schwachsinn zu träumen?

 

Da er nicht auf das Klopfen reagiert hatte, öffnete sich die Tür nun von selbst. Dahinter stand Vanitas, der ihn leicht genervt ansah.

 

„Bist du schon wieder aus dem Bett gefallen, Noé?“, seufzte der schwarzhaarige junge Mann. „Du bist doch kein Kind mehr.“

Noé starrte ihn stumm an. Hatte er schon wieder ein Déjà-vu?

„Ich…. Schlafe halt tief…“, stammelte Noé langsam. Er konnte absolut nicht reagieren, als Vanitas langsam auf ihn zu kam und sich zu ihm hockte.

 

„Ein sorgloser Kerl wie du, schläft wohl wie ein Stein.“, murmelte Vanitas, ehe er in normalem Tonfall fortfuhr: „Ich muss nochmal in die Bibliothek für meine Medizinstudien. Ich hoffe du bist angezogen bis ich wieder da bin. Vergiss nicht, dass Dominique noch vorbeikommen wollte.“

 

Noé nickte wie in Trance. Was ging hier vor? Wurde er langsam verrückt? Es konnte doch nicht sein, dass er jetzt schon von Sachen träumte bevor sie geschahen.

Er betrachtete Vanitas eingängig.

Statt der riesigen Sanduhr am Ohr trug er seine normalen Steckerohrringe, statt Weste und Krawatte einen gemütlichen Hoodie, fingerlose Baumwollhandschuhe, statt langen schwarzen aus Leder und sein Haar war etwas kürzer als in Noés Traum.

Ja, das war der Vanitas, den er kannte.

 

Ein plötzlicher Schmerz riss Noé aus seinen Gedanken. Vanitas hatte ihm gegen die Stirn geschnipst und sah ihn sauer an. „Hör auf ständig zu träumen!“, grummelte Vanitas genervt, ehe er sich wieder der Tür zu wandte. „Wir sehen uns später.“

Als Vanitas die Wohnung verlassen hatte, sah Noé ihm noch lange nach. In letzter Zeit war sein Mitbewohne ständig gereizt. Meistens verhielt Vanitas sich so, wenn er zu wenig Schlaf abbekam. Ob das Studium gerade besonders stressig war?

 

 

 

Es war bereits Mittag, als Noé endlich fertig geduscht und angezogen war. Glücklicherweise hatte er heute keine Vorlesungen. Er musste sich heute Abend ganz auf die Bearbeitung einiger Videos aus dem Stream konzentrieren.

Vor kurzem war er zu einem großen Event für bekannte und weniger bekannte französische Y-tuber eingeladen worden und sollte dafür einen Trailer zu seiner Arbeit einreichen. Den musste er unbedingt noch fertig bekommen, bevor die Klausurenphase begann. Er schmunzelte ein wenig bei dem Gedanken, wie sauer Vanitas darüber gewesen war, dass er trotz größerer Zuschauerzahlen noch keine Einladung bekommen hatte. Noé öffnete die Email, die alle wichtigen Informationen zur Veranstaltung enthielt. Der Veranstalter nannte sich Lehrmeister Germain.

 

 

Seltsam wie er dabei an seinen Adoptivvater denken musste.

 

Als Noé klein war, hatte sein Vater sich gerne als seinen Lehrmeister bezeichnet. Es kam ihm wohl seltsam vor sich Vater zu nennen, wo er doch gleichzeitig bereits Großvater leiblicher Kinder war. Andererseits musste er damals sehr früh Vater geworden sein und auch jetzt sah er immer noch ausgesprochen jung für sein Alter aus. Einige Falten zierten jetzt sein schlankes Gesicht und sein Haar war weiß geworden, aber dennoch… Seine Ausstrahlung war die eines jungen Mannes geblieben.

 

Vielleicht passierte das einfach, wenn man sich viel um Kinder kümmerte? Dominique, die Enkelin seines Vaters, war damals ständig zu Besuch, um mit Noé zu spielen. Eine tolle Zeit. Auch jetzt noch waren sie beste Freunde.

 

„Also in einem kann ich diesen Blödmann Vanitas echt verstehen. Du musst öfter aufräumen, Noé. Dein Zimmer sieht furchtbar aus.“, schimpfte Dominique hinter seinem Rücken während sie einige Kleidungsstücke zusammensammelte, die auf dem Boden verteilt lagen.

 

Noé errötete als er sah wie sie seine Schmutzwäsche aufsammelte. „Domi! Das kann ich selbst!“, erwiderte er als er ihr die Kleidung abnahm und sie schnell in einen Korb stopfte.

 

Die Angesprochene schüttelte verständnislos den Kopf. „Ich verstehe ja, dass du gerade viel zu tun hast, aber du musst wenigstens dein Zimmer in Ordnung halten. Schlimm genug, dass der Gnom den ganzen Rest an Hausarbeit für dich erledigt. Kein Wunder, dass auch dein Kopf so durcheinander ist.“

 

Noé sah Dominique zweifelnd an. Warum nur bezeichnete sie Vanitas immer wieder als Gnom? Zugegeben war er selbst mehr als einen halben Kopf größer als Vanitas, aber Vanitas und Domi waren beinahe gleich groß.

„Tut mir leid, Domi. Ich gebe mir mehr Mühe.“, lächelte Noé versöhnlich, ehe er den Computer herunterfuhr und einige Notizen aus der Schreibtischschublade herausnahm. „Danke, dass du mir in Englisch hilfst. Ohne dich würde ich das Semester nicht schaffen.“

 

Sie setzten sich und Dominique holte ein paar Hefter aus ihrer Tasche. „Schon gut. Englisch fällt mir leicht. Und ehrlich gesagt wollte ich mit dir noch über etwas anderes reden.“ Sie sah ihn ernst an. „Über Vanitas. Ich will, dass er Jeanne in Ruhe lässt.“

Noé seufzt und lies die Schultern hängen. Er hatte geahnt, dass dieses Gespräch kommen würde. Aber was sollte er denn dagegen machen? Er war doch nicht Vanitas‘ Erziehungsberechtigter und obendrein schien Jeanne das einzige zu sein, was den Medizinstudenten in seinem Alltagstrott ein wenig aufheiterte. Oder zumindest ihre Anfälligkeit für Neckereien. In jedem Fall schien diese Bekanntschaft Vanitas von irgendetwas negativem abzulenken.

 

„Was soll ich tun? Er hat sich nun einmal in sie verguckt. Wenn Jeanne kein Interesse an ihm hat, muss sie das sagen.“, merkte er beinahe gleichgültig an.

Dominiques Gesicht verzog sich zu einer zornigen Grimasse. „Er hat sich nicht ‚verguckt‘!“ maulte sie. „Er belästigt sie einfach nur! Neulich hat er ihr angeboten sich ihren Namen auf den Hals tätowieren zu lassen!“

Der Geschichtsstudent vor ihr lächelte schief. „Ja, er übertreibt manchmal ein bisschen, aber ich glaube nicht, dass er das ernst gemeint hat. Im Grunde seines Herzens ist er ein guter Kerl.“

 

Jetzt zog Dominique einen Schmollmund. „Ich glaube es nicht, dass du ihn auch noch verteidigst! Was wenn er Jeanne etwas antut?“ Noé sah sie ungläubig an. „Du sagtest Jeanne hat einen schwarzen Gürtel in zwei Kampfsportarten. Ich glaube nicht, dass so ein schmächtiger Mann wie Vanitas ihr gefährlich werden kann.“

 

Ergeben legte Dominique die Hände in ihr Gesicht. „Ich gebe es auf. Du willst mich einfach nicht verstehen.“

Er hob eine Augenbraue an und sah skeptisch zu ihr. Domi war manchmal wirklich dramatisch. Vanitas war tief in seinem Herzen ein guter Mensch und Noé konnte sich einfach nicht vorstellen, dass er Jeanne anfassen würde, selbst wenn er ein freches Mundwerk hatte.

 

Je mehr er über die beiden nachdachte, desto mehr spürte er dieses komische Gefühl in seiner Magengegend. Auch als Domi ihm Jeanne das erste Mal vorgestellt hatte, hatte er dieses gleiche seltsame Gefühl wie bei Vanitas. Als würde er sie bereits kennen. Das ließ ihn nicht los.

 

„Woher kennst du Jeanne eigentlich? Kannst du mir ein bisschen mehr über sie erzählen?“

 

Sein letzter Satz ließ Dominique erstarren. Sie sah ihn verwirrt an, und fast schon ein wenig… verletzt?

 

„Was… Was willst du denn über sie wissen?“

 

Noé schien zu überlegen.

„Naja… Zum Beispiel…“ Ihm fiel etwas ein. „Wie sie es geschafft hat, Vanitas für sich zu begeistern! Ich versuche schon seit einem halben Jahr mit diesem Blödmann ein vernünftiges Gespräch zu führen, um ihn besser kennenzulernen, aber er blockt immer nur ab und zeigt mir die kalte Schulter! Es ist so unfair, dass Jeanne ihm schon viel näher ist als ich!“

 

Domi musterte ihn mit einem fassungslosen Blick. „Noé, du bist wirklich… So ein Idiot!“

Noé quiekte auf. Domi hatte sich plötzlich auf ihn gestürzt, um ihn zu kitzeln. Lachend krümmte er sich auf seinem Stuhl.

 

„Domi, hör auf! Ich bin kitzlig!“

 

Er hielt inne als er plötzlich ihre Lippen auf seiner Wange spürte. Sie hatte aufgehört ihn zu kitzeln. Sein Gesicht nahm eine wärmere Farbe an. Irgendwie machte es ihn verlegen, wenn sie ihn plötzlich so küsste. Sie waren doch keine Kinder mehr…

 

Aber Domi schaffte es immer, dass er sich wohl und erleichtert fühlte. Also nahm er sie fest in den Arm, um ihren Geruch einzuatmen. Ihre Nähe war für ihn wie ein zu Hause. Denn immerhin kannte er sie wirklich schon sein Leben lang.

Als er sich von ihr löste sah er in Domis Gesicht, die plötzlich unerklärlich rot geworden war. „Lass uns mit den Englischhausaufgaben anfangen.“, grinste er.



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