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Harmonie im Herzen von Fontaine

Wriothesley/OC
von

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Der Gesichtsausdruck von Wriothesley war eine Mischung aus Enttäuschung, Fassungslosigkeit und Unverständnis. Im gleichen Atemzug machte er sich Vorwürfe, warum er es nicht schon vorher bemerkt hatte, dass Guillaume nicht der Mann war, für den er ihn die ganze Zeit gehalten hatte. Vor dem Herzog7, Sigewinne und anderen Gefängniswächtern Fort Meropides kniete ein Mann mit kurzen braunen Haaren und etwas getönter Hautfarbe. Er vermied den Blick des Herzogs und schwieg zu der aktuellen Situation, in der er sich gerade befand.
 

"Von allen Mitgliedern dieses Ortes hatte ich das größte Vertrauen in dich, Guillaume.", Wriothesleys Stimme war ruhig, jedoch war in seinem Unterton eine Art von Warnung enthalten. "Ich hoffe dir sind die Konsequenzen deines Handelns bewusst, einen so gefährlichen Schwerverbrecher entkommen zu lassen, der eine Gefahr für ganz Fontaine darstellt."
 

In Fort Meropide wurden Leute inhaftiert, die von Neuvillette für ihre Taten schuldig gesprochen wurden. Dabei war das Spektrum der Verbrechen sehr breit - von kleineren harmloseren Delikten wie die Verspottung des Archons Focalor, bis hin zu Freiheitsberaubung, Körperverletzung und sogar Mord. Für letzteres gab es sogar einen eigenen Zellenblock, in dem ganz besonders schwere Fälle wie Serienmörder unter Beobachtung standen.
 

Derzeit war das wachsame Auge allerdings nur auf einer Person, die ein so immenses Strafregister besaß, dass Childe stolz auf die Anzahl der Opfer wäre - wenn es nicht hauptsächlich um unschuldige Zivilisten gehen würde. Leiko Mizutani, eine junge Frau, die bereits bei ihrer Verhaftung durch Wriothesley aufgefallen war. Nicht wenige wehrten sich gegen den Herzog, wenn dieser sie verhaftete, aber Leiko provozierte regelrecht einen Kampf der göttlichen Augen - Kryo gegen Kryo. Nachdem Leiko ihm eine markante Narbe unter dem Hals verpasst hatte, konnte er sie schließlich überwältigen und gab sie in die Obhut von Guillaume.
 

Guillaume war ein junger Mann, der schon einige Jahre unter der Führung des Herzogs arbeitete und mit herausragendem Pflichtgefühl und Verantwortungsbewusstsein glänzte. Es gab niemanden in Fort Meropide, auf den sich Wriothesley so verlassen konnte, wie Guillaume. Die Tatsache, dass nun gerade dieser Mann der gefährlichsten Frau Fontaines zur Flucht verholfen hatte, wollte einfach nicht in den Kopf des Herzogs. "Der oberste Richter wurde bereits von diesem Vorfall unterrichtet und deine eigene Verhandlung wird bald stattfinden. Bis dahin wirst du selbst in einer Zelle auf die Verurteilung warten. Bringt ihn weg.", Wriothesleys Worte schienen etwas kühl, aber Sigewinne wusste um seine wahren Gefühle. Die Zerrissenheit in seinem Inneren war ihm deutlich an den Augen abzulesen. Wie konnte sich gerade er, der für seine Menschenkenntnis bekannt war und ein Händchen für andere hatte, nur derartig in jemandem täuschen?
 

Als Guillaume abgeführt wurde, blieb er kurz stehen. "Ich weiß, es gibt keine Entschuldigung für mein Verhalten, Herzog Wriothesley. Aber ich möchte noch sagen, dass ich sehr viel Freude hatte so lange in deiner Gunst gestanden zu haben.", die Worte von Guillaume klangen emotionslos und Wriothesley bemerkte eine pechschwarze Aura um den jungen Verräter. Der Herzog schwieg und schloss seine Augen, bis Guillaume verschwunden war.
 

"..Hätten wir Monsieur Neuvillette und Madame Furina nicht von diesem seltsamen Element erzählen sollen..?"
 

"Dafür ist es noch zu früh, Sigewinne. Zuerst muss Leiko wieder sicher nach Fort Meropide zurück gebracht werden. Ich werde selbst an die Oberfläche gehen und nachforschen. Halte du solange die Stellung hier.", sprach Wriothesley und die kleine Melusine blickte auf.
 

"Du willst selbst gehen..?"
 

"Es war meine eigene Nachlässigkeit. Hätte ich Guillaumes Absichten vorher durchschaut, wäre das nicht passiert. Also werde ich mich persönlich darum kümmern, die Kriminelle wieder einzufangen."
 

"Bei eurem letzten Aufeinandertreffen hat sie dir eine weitere Narbe hinzu gefügt. Solltest du nicht lieber Madame Clorinde um Unterstützung bitten?", fragte Sigewinne besorgt.
 

"Madame Clorinde hat uns schon zu oft geholfen in letzter Zeit. Sie hat sich eine Pause verdient."
 

"Genau wie du auch, Wriothesley."
 

"Ich kann mir keine Pause erlauben."
 

"Nimm zumindest jemanden mit und mach nicht alles auf eigene Faust!", die Melusine ließ nicht locker, also knickte Wriothesley schließlich ein.
 

"In Ordnung. Ich werde Hiro und Taisaki mitnehmen. Lass die beiden bitte rufen."
 

Sigewinne schien zufrieden und strahlte. "Ja sofort! Ein letzter Tee bevor ihr aufbrecht?", fragte sie dann.
 

"Das wäre sehr freundlich."
 

"Kommt sofort!"
 

Hiroshi und Taisaki waren zwei talentierte Kampfsportler, die den Insassen im Pankration-Ring Grundlagen und Fortgeschrittenenkurse gaben. Ursprünglich stammten sie aus Liyue und waren durch die Länder Teyvats gereist, um ihre Fähigkeiten zu verbessern. Zudem waren sie Geschwister. Mit den beiden hatte Wriothesley die passende Unterstützung, falls es zum Kampf kommen sollte. Hiros Pryo-Fäuste schlugen schnell und unbarmherzig zu und Taisakis Geo Tritte trafen immer ins Schwarze.
 

In seinem Büro erklärte Wriothesley dann die Sachlage bei einer Tasse Tee. Hiroshi und Taisaki sahen einander an und verschränkten die Arme.
 

"Mach dir keine Vorwürfe, Wriothesley. Niemand hätte Guillaume so etwas zugetraut. Und es klingt so, als hätte diese schwarze Aura etwas mit seinem Verhalten zu tun.", sprach Taisaki ernst und legte ihren Zeigefinger in einer Denkerpose unter ihr Kinn. "Aber natürlich verrät er nichts. Du solltest jedenfalls darauf achten, dass er immer bewacht wird. Es könnte sein, dass der Drahtzieher hinter der Flucht ein Interesse daran hat, Guillaume für immer zum Schweigen zu bringen.", fügte sie hinzu.
 

Wriothesley nickte. "Dessen bin ich mir bewusst und habe bereits Vorkehrungen getroffen."
 

Hiroshi schmunzelte. "Wie vom Herzog erwartet."
 

An der Oberfläche von Fontaine suchten die Drei ein kleines Dorf im Süden der Hauptstadt. Während des Weges hatte Taisaki die Akte von Leiko für einen kleinen Hintergrundcheck in der Hand, die sie ihrem Bruder vorlas.
 

„Leiko Mizutani, geboren in Inazuma. Ihre Eltern waren angesehene Archäologen von der Akademie in Sumeru, die auch ihr älterer Bruder besucht und nun die Arbeit ihrer Eltern fortführt. Die Eltern gelten seit einer Mission bei den Ruinen Kaenriah's für verschollen. Neben ihrem Bruder hat sie noch eine Zwillingsschwester. Das Verhältnis zu Leiko und ihren Geschwistern war schon immer sehr frostig und verhalten und offenbar brach der Kontakt schon vor ungefähr 5 Jahren ab. Mhm. Aber wir suchen doch gerade den Wohnort der Schwester auf, nicht wahr? Wieso glaubst du, sie gerade hier zu finden, obwohl die beiden keinen Kontakt haben und ein schlechtes Verhältnis?“, fragte Taisaki verwundert und Wriothesley stoppte, bevor er vor den Toren des Dorfes stand.
 

„Weil es das perfekte Versteck ist. Sie könnte denken, dass sie hier niemand suchen würde. Selbst wenn ihre Schwester ihr kein Obdach bietet, könnte sie sich dort frei bewegen, wenn sie sich versteckt.“, erklärte Wriothesley.
 

„Die Idee ist gar nicht mal so dumm. Es ist zumindest ein guter Start und eventuell erfahren wir von der Schwester ein paar Dinge, die uns helfen, Leiko zu finden. Sie kennt sie schließlich besser als wir.“, fügte Hiroshi hinzu und die drei liefen weiter, bis sie an einer kleinen unscheinbaren Hütte ankamen. Es besaß einen kleinen Garten mit einem Teich und verschiedenen Blumen, die in geordneten Beeten den Weg zur Haustür zierten. Darunter Regenbogenrosen und sogar Arten aus Liyue und Mondstadt, die die Beete farblich hervorhoben.
 

Wriothesley atmete tief durch und begann sanft an die Tür zu klopfen. „Entschuldigung die Störung, aber wir haben ein wichtiges Anliegen.“, sprach er dabei. Kurz darauf hörte er leichte Schritte und die Tür öffnete sich. Eine Frau mit langen blonden Haaren, einer auffälligen roten Strähne im vorderen Pony und himmelblauen Augen öffnete ihnen die Tür mit einem überraschten Lächeln.
 

„Ja?“
 


 

Wriothesley wollte etwas sagen, seine Stimme versagte aber bei der Realisation, dass er die junge Frau vor sich erkannte. Hiroshi und Taisaki waren ebenso erstaunt, schließlich sah die junge Frau überhaupt nicht wie Leiko aus. Leiko hatte kurzes, ungestümes Haar, welches dunkelblau war und ihre kalten blauen Augen durchbohrten jeden, der ihr Fahndungsfoto anschaute. Die warmen Augen der Blonden hingegen wirkten wie das komplette Gegenteil.
 

Wriothesley räusperte sich, um seine Fassung zu wahren. „Verzeihung. Ich hatte nicht damit gerechnet Euch unter diesen Umständen wieder zu sehen.“, meinte er.
 

„Eh? Ihr kennt euch bereits? Warum hast du das nicht vorher gesagt?“, fragte Hiroshi blinzelnd und schaute zwischen beiden Parteien hin und her. Wriothesley seufzte leicht und fasste sich an seine Stirn, bevor er den Kopf leicht schüttelte.
 

„Weil ich nicht wusste, dass diese junge Dame der Blaue Mond der erfolgreichen Abendaufführungen in Opera Epiclese ist.“, erklärte er, allerdings minderte das nicht die Verwirrung seiner beiden Begleiter.
 

„Wer?“
 

[Flashback]
 

Es begann vor einigen Wochen, kurz nach dem Vorfall in der Festung Meropide, in der die Wassermassen durch das Siegel brachen, welches sich im Verwaltungstrakt unter Wriothesleys Büro befand. Clorinde und der Herzog konnten das Wasser solange aufhalten, bis Neuvillette kam und es wieder eindämmen konnte. Ohne das beherzte und vor allem mutige Eingreifen der Beiden, wäre die Stadt Fontaine unter dem drohenden Eindringen des Wassers überflutet worden.
 

Aus Dankbarkeit veranstaltete Furina in der Opera Epiclese einige exotische Aufführungen, in denen sie Gäste verschiedener Regionen auftauchen ließ. Natürlich war auch Wriothesley eingeladen den Tag dort zu verbringen und einfach mal zu entspannen. Zuerst hatte er freundlich abgelehnt, doch Neuvillette hatte ihn dann überzeugen können, als er meinte:
 

„Ihr möchtet doch nicht eine persönliche Einladung von Fräulein Furina ausschlagen? Ich wäre untröstlich, wenn ich den Administrator von Festung Meropide für Missachtung unseres Archons verurteilen müsste.“, meinte der Hydro Drache mit einem leicht neckischen Unterton, da er natürlich nur scherzte. Auch wenn er Furina durchaus zutraute, jeden anzuklagen, der nicht das tat, worum sie jemanden bat.
 

Am Abend der Aufführungen war Furina oben in der Loge und hielt eine kurze Ansprache, wie dank IHRER Organisation, oder besser gesagt, dem Einsatz von Neuvillette, Clorinde und Wriothesley, Fontaine vor dem Untergang bewahrt wurde. Auf die Frage hin, was genau Furina eigentlich zu der Sache beigetragen hätte, erklärte sie nur, dass es ja ihr Verdienst war, dass Fontaine so verlässliche Beschützer hatte und sie das ja alles voraus gesehen hätte.
 

Wriothesley saß in der vorderen Reihe neben Neuvillette und seine Hände waren vor seiner Brust verschränkt. Der Hydrodrache bemerkte, dass sein Sitznachbar ein wenig versteift wirkte und räusperte sich. „Herzog Wriothesley, ich weiß, dass Ihr sonst kein Operngänger seid, aber versucht euch bitte ein wenig zu entspannen.“,sprach der oberste Richter ruhig. Der Herzog löste seine verschränkten Arme und schloss seine Augen.
 

„Ich versuche es.“
 

Das Licht ging aus und eine junge Frau mit kurzen schwarzen Haaren und einer Brille trat auf die Bühne. „Meine sehr verehrten Damen und Herren, vielen Dank, dass Sie so zahlreich erschienen sind. Um die Rettung unseres schönen Fontaines zu feiern, haben wir für Sie heute ein einzigartiges Programm zusammen gestellt! Wir haben einen Bestienzähmer aus Sumeru eingeladen, der die gefährlichsten Tiere Teyvats dabei hat. Aber haben Sie keine Angst, die Tiere gehorchen ihm aufs Wort! Oh, und wir haben die bekanntesten Musikanten Mondstadts und Liyue eingeladen! Der Barde Venti und die 'Rockerin' Xinyan werden ein gemeinsames Konzert geben! Aber denken Sie nicht, dass das schon alles war! Nein, nach diesem Auftritt erwartet Sie noch ein Sahnehäubchen! Lune Bleue, so der Künstlername unserer neusten Opernsängerin, feiert heute Abend ihr Debüt! Ja, Sie haben richtig gehört! Unsere Oper Epiclese hat ein neues Mitglied und wir möchten Sie ganz herzlich willkommen heißen. Ist es nicht so?“, nach dieser Frage applaudierte und jubelte das Publikum, zumindest alle bis auf Wriothesley, der neben sich blickte, wo Neuvillette auch eher verhalten klatschte. Allerdings nicht aus Desinteresse, sondern weil es eben seine Art war.
 

Der weitere Verlauf des Abends war für den Herzog dann eher nur noch mittelmäßig interessant. Der Bestienzähmer hatte das Publikum zwar in ihren Bann ziehen können, aber für jemanden, der tagtäglich mit den „Bestien“ in Menschengestalt zu kämpfen hatte, waren diese kleinen Spielchen mit Wildtieren eher belustigend. Auch das Konzert von Venti und Xinyan konnte ihn nicht ganz mitreißen, obwohl er sich dabei ertappte, mit seinem Fuß im Takt zu wippen, als die Musik den Saal einnahm und Xinyans rockiger Stil Ventis Bardenklänge untermauerte.
 

Neuvillette blinzelte, als Wriothesley versehentlich dessen Knie durch sein unterbewusstes Wippen anstieß und schmunzelte, als er sich die Hand vor den Mund hielt, um das Schmunzeln zu dämpfen. Dennoch veranlasste es den Herzog mit dem Wippen aufzuhören und sich leicht verlegen mit ebenfalls der Hand vor dem Mund in die andere Richtung zu drehen. „Verzeihung. Ich habe mich ein wenig mitreißen lassen.“, entschuldigte er sich.
 

„Es ist schön, dass Ihr Euch langsam auf den Abend einlasst, Herzog. Nur zu, genießt die Musik wie es Euch beliebt.“, lächelte der oberste Richter und war froh, dass Wriothesley die Einladung angenommen hatte. Denn der empathische Drache bemerkte schon seit längerem, dass Wriothesley diese Auszeit dringend gebraucht hatte.
 

Nachdem das gemeinsame Konzert zuende war und Venti und Xinyan sich vor dem tosenden Applaus des Publikums verbeugten, klatschte die Veranstalterin ebenso mit einem Lächeln, bevor sie nun die neue Opernsängerin ankündigte. „Und nun kommen wir zu Lune Bleue, die sich den weiten Weg aus Inazuma in unsere schöne Region gemacht hat, um hier als Opernsängern berühmt zu werden!“
 

Ein weiterer Applaus, als sich der Vorhang erneut öffnete, begrüßte die Blondine, die Wriothesley und die anderen aufsuchen werden. Ihre langen Haare wehten von der künstlichen Anemo-Turbine im Hintergrund und ihr elegantes Outfit ähnelte einer Diva. Sie atmete einmal tief aus und drückte das Mikrofon an sich.
 

„Hallo, Bewohner von Fontaine!“, begann sie und ihre Stimme war dabei ein wenig zittrig. Offenbar war sie doch ein wenig nervös. „Es ist das erste Mal, dass ich vor so einer Mengenmenge singe, deswegen seht mir meine Nervosität bitte ein wenig nach! Ich gebe mein Bestes, um dieser Oper den nötigen Respekt zu zollen und euch in die wunderbare Welt der Musik zu verzaubern.“, sprach sie weiter und es begann langsam Musik zu spielen, als sich die Bühne wieder verfinsterte.
 

Alle Augen waren auf sie gerichtet und es wurde totenstill in der Oper, als sie die ersten Zeilen sang.

( https://www.youtube.com/watch?v=mxABgqQdX7g )

„Du hast ein einziges Herz getroffen

das denselben Traum mit mir teilt

Hast an die Menschen gedacht

die sich auf dem falschen Weg verloren haben

und trotzdem trägst du diese verwitterte Sehnsucht

bewegst dich vorwärts durch die Einöde“
 

Wriothesley wurde hellhörig bei dem Text und blickte auf. Sein Blick traf den von der Sängerin und ihre klaren blauen Augen wirkten durch das Scheinwerferlicht wie funkelnde Saphire. Die Worte, die sie sang, trafen ihn irgendwie, auch wenn er sich das nicht eingestehen wollte. Seine Hand fuhr unterbewusst an seine Brust, wo sein Herz schlug, als er dem Liedtext weiter lauschte.
 

„Weder dein Lächeln noch deine Tränen solltest du hier verschwenden

Ertrage den Schatten des Sommers

Hisse höher unsere namenlose weiße Flagge.“
 

Neuvillette schmunzelte wortlos, als er sah wie vertieft der Herzog in den Gesang der jungen Frau war. Das war eigentlich der Hauptgrund, warum er wollte, dass Wriothesley herkam. Denn er hatte durch einen gewissen Insider von der Anführerin der Organisation Spina di Rosula erfahren, dass es für den Herzog nur von Vorteil sein kann, über ein paar Dinge in seinem Leben nachzudenken und da er ja selten auf Ratschläge anderer hörte, könnte vielleicht die Macht der Musik sein kaltes Herz erreichen.
 

„Jenseits dieses endlosen Pfades

der sich für immer fortsetzen würde

würde es ein Licht geben mit tausend Herzen

Setze dein Vertrauen auf den Himmel, den du hinaufstarrst“
 

Am Endes des Pfades gab es ein Licht... ob das wohl auch auf Wriothesley zutraf? Sein Pfad war von Dunkelheit erfüllt, die kahlen Gemäuer der Festung Meropide, die so ein erdrückendes Ambiente besaß. Und die kalten, dunklen Schwarz-weiß Töne, die er durch seine totale Farbenblindheit immer und überall erblicken musste. Er wusste nicht mal, wie so ein Licht überhaupt aussah. Durch diese Realisation lachte er leise in sich hinein, aber es war ein bitteres Lachen.
 

„Lasst uns aufzeigen unsere Leitsterne

höher im östlichen Himmel

Und so werden wir mit unseren eigenen Händen

unsere Träume wahr werden lassen.“
 

Das Publikum verweilte still, bis das Lied vorbei war. Und als das Licht langsam wieder an ging, standen alle auf und klatschten lauten Beifall, riefen nach einer Zugabe und durch dieses laute Aufgebahren wurde der Herzog aus seiner halben Trance gerissen. Er blinzelte mit leicht aufgerissenen Augen, bevor er einen kleinen Schubs an seiner Schulter spürte. Es war Neuvillette. Auch er war inzwischen aufgestanden und klatschte und wollte seinem Sitznachbarn vermitteln, dasselbe zu tun. Wriothesley stand wortlos auf und klatschte in die Hände, als die schüchterne Blondine mit lautem Herzklopfen lächelte und sich für die Reaktionen des Publikums bedankte.
 

Wriothesley wollte danach gehen, denn dieser Act sollte der letzte des Abends sein, Neuvillette hielt ihn jedoch davon ab. Er meinte, dass er sich noch mit Fräulein Navia hinter der Bühne treffen wollte und es nett wäre, wenn Wriothesley dem Treffen beiwohnen konnte. Die beiden Männer gingen hinter die Tribüne, wo Navia bereits vor der Tür, der zu den Umkleiden der Statisten führte, stand. In der Sekunde, in der sie die beiden Männer sah, lächelte sie und winkte zur Begrüßung.
 

„Monsieur Neuvillette, Herzog Wriothesley. Wie schön, dass Ihr beide bekommen seid.“
 

„Fräulein Navia, es ist schon eine Weile her, nicht wahr?“, fragte Neuvillette und schüttelte der eleganten Dame die Hand, bevor diese schmunzelte.
 

„Ja, das stimmt. Es freut mich, dass wir uns mal nicht wegen eines Falles treffen. Herzog, wie läuft es in der Festung Meropide?“, fragte die Blonde dann.
 

Wriothesley schwieg zuerst, er suchte die richtigen Worte, um den tristen Arbeitsalltag nicht allzu deprimierend zu beschreiben. „Die Insassen benehmen sich ruhig und arbeiten gut daran, sich wieder in der Gesellschaft einzugliedern. Nur die Kämpfe in der Pankration-Arena werden langsam zu einem Problem und Sigewinne kommt mit dem Verarzten bei Turnieren nicht mehr hinterher. Wir brauchen wohl bald mehr Personal für die medizinische Versorgung.“, sprach er und Navia nickte im Verständnis.
 

„Verstehe, wenn Ihr möchtet, kann ich mich nach geeigneten Heilern umhören. Ich hörte, dass eine junge Heilerin aus Liyue, die normalerweise auf einem Piratenschiff unterwegs ist, derzeit in Fontaine Urlaub macht.“, schlug sie vor.
 

„Das ist wirklich freundlich, aber ich würde das doch lieber vorher mit Sigewinne besprechen. Sie kann sehr eigen sein, wenn es um ihren Arbeitsbereich geht.“, sprach Wriothesley mit einem schwachen Lächeln.
 

Kurz darauf öffnete sich die Tür und Minako trat heraus. „Oh! Vina! Wie hat dir der Auftritt gefallen? War ich in Ordnung?“, fragte die Blonde und kratzte sich blamiert an der Wange. Neuvillette und Wriothesley schauten aufgrund des Namens ein wenig perplex. 'Vina?'
 

„Habt Ihr einen zweiten Vornamen, Fräulein Navia?“, fragte Neuvillette neugierig. Navia winkte lachend ab.
 

„Nein, nein. Wir haben uns irgendwie angewöhnt uns mit Kurznamen zu rufen. Und da ich sie immer Mina rufe und wir uns so ähnlich sehen, kam sie auf die Idee meinen Namen so zu kürzen, dass er sich auf ihren reimt. Ich mag diesen Kosenamen.“, meinte Navia und Minako lachte leise.
 

„Haha, ja, wir wurden schon oft gefragt, ob wir Schwestern sind. Vina war mir eine große Hilfe, als ich in Fontaine ankam.“, erklärte Minako.
 

„Nicht doch, ich habe zu danken! Du hast uns sehr dabei geholfen, einen Entführungsfall aufzuklären.“, erwiderte Navia und winkte ab.
 

„Ich erinnere mich. Der Entführter hatte einen kleinen Jungen als Geisel genommen und sich als sein Vater ausgegeben. Dem Kind hatte er Angst gemacht, dass es umgebracht wird, wenn er sich bemerkbar macht, also sollte er aus Angst mitspielen.“, überlegte Neuvillette.
 

„Das stimmt, ich bin den beiden begegnet und habe die Angst in den Augen des Jungen gesehen. Da hatte einfach etwas nicht gestimmt, also habe ich die beiden nicht aus den Augen gelassen und Vina und den Gendarmen Bescheid gegeben, den Mann beim Ausgang zu stellen. Zum Glück war alles gut ausgegangen.“, nickte Minako. „Es freut mich übrigens, Euch wiederzusehen oberster Richter. Außerhalb von Verhandlungen sieht man Euch ja leider relativ selten.“, schmunzelte sie und ihr Blick fiel dann auf den Schwarzhaarigen neben dem Richter. „Oh, ein neues Gesicht. Ich glaube nicht, dass wir uns schon einmal begegnet sind.“
 

„Nein.. Sind wir nicht.“, antwortete Wriothesley leise, doch bevor sich einer der beiden Parteien vorstellen konnte, wurde die Harmonie jäh durchbrochen, als außer Kontrolle geratene Mecha-Patroullien die Straßen vor der Oper unsicher machten. In letzter Zeit kam so ein Fehler häufiger vor und war auf Sabotage an den Maschinenkernen zurück zu führen. Wer dafür jedoch verantwortlich war, konnte bis heute nicht herausgefunden werden.
 

Ab diesem Tag besuchte Wriothesley die Oper regelmäßiger, auch wenn er stets im Schatten der Dunkelheit verweilte und keine Gelegenheit mehr hatte, mit der blonden Sängerin zu sprechen. Sie kannten nicht einmal die Namen des jeweils anderen.. Nur ein paar heimliche Blicke, wenn sie sich von einer Ecke der Oper beobachtet fühlte und dann umher schaute, aber Wriothesley nicht erblicken konnte..
 

Dass sich die beiden auf solche Umstände wiedersehen würden, hätte wohl keiner der beiden gedacht.
 

[Flashback Ende]
 

Hiroshi schmunzelte nach dieser Geschichte. „Nun, wenn das mal kein Zufall ist, dass ihr euch jetzt wieder seht. Aber leider ist das kein Grund zur Freude, Fräulein Minako. Ich möchte direkt auf den Punkt kommen, wenn es Recht ist. Wann hast du deine Schwester Leiko das letzte Mal gesehen?“, fragte der Rotschopf, als sich die vier Parteien bei einer Tasse Tee in Minakos Wohnung gemütlich gemacht hatten.
 

„Meine Schwester? Mhm, das muss jetzt schon fünf Jahre her sein. Sie hatte meinem Bruder und mir den Rücken gekehrt, als er anfing in der Akademie von Sumeru zu studieren. Leider verschwand sie dann komplett aus unserem Leben und wir haben nie wieder etwas von ihr gehört. Geht es ihr gut?“, fragte die Blondine und sah leicht besorgt zu den Dreien.
 

Taisaki sah zu Wriothesley, der kurz seine Augen schloss. Dann begann er zu sprechen. „Wenn der Kontakt vor fünf Jahren abgerissen ist, dann hast du wohl keine Kenntnis darüber, was deine Schwester danach getan hat.“, auf diese Worte schüttelte die Blondine den Kopf und sah dann, wie der Herzog ihr zögerlich eine Akte reichte. „Es ist in deinem besten Interesse, nur die erste Seite zu lesen..“
 

Minako schluckte leicht und blickte auf die Akte. „...Mehrere Tötungsdelikte..? Gewalt gegen Staatsoberhäupte und Menschenhandel..?“, man sah an ihren Augen, dass sie es kaum glauben konnte. „Sie ist in der Festung Meropide?!“
 

„Nein. Ich meine ja, eigentlich sollte sie dort sein. Aber ihr ist heute die Flucht gelungen.“, erklärte Wriothesley.
 

„A-Aber.. Ich dachte die Festung Meropide hätte die größte Sicherheitsstufe, wie kann sie da entkommen? Vina hat mir erzählt, dass seit der Erbauung der Festung noch nie ein Häftling fliehen konnte..“, stammelte die junge Blondine und reichte Wriothesley die Akte zurück.
 

„Ja, es ist ein großer Fauxpas und hätte niemals passieren dürfen. Deswegen sind wir hier. Hast du etwas merkwürdiges bemerkt? Verdächtige Gestalten oder hältst du es sogar für denkbar, dass sich Leiko in der Nähe verstecken würde?“, fragte Wriothesley dann.
 

„Nein.. Wieso sollte sie hier in der Nähe sein? Sie weiß nicht mal, dass ich hier lebe, da ich erst vor einem halben Jahr hierher gezogen bin. Direkt nachdem ich als Opernsängerin angenommen wurde. Und selbst wenn sie meinen Wohnort kennen würde, ich wäre der letzte Mensch, bei dem sie unterkommen wollen würde.“
 

„Dessen sind wir uns durch eure Vergangenheit bewusst, aber genau deswegen hielten wir es auch für das perfekte Versteck. Aber offenbar müssen wir wieder von vorne anfangen. Mhm. Kannst du uns mehr über deine Schwester erzählen? Wie war sie so als Kind? Hatte sie irgendwelche Vorlieben?“, fragte Taisaki.
 

„Sie war immer eine Einzelgängerin. Mein Bruder und ich kamen fast nie zu ihr durch und wir haben nie verstanden, warum sie so verschlossen und kühl war. Sie hat auch immer verletzte Tiere mit nach Hause gebracht und sie dann gesund gepflegt. Das sind diese seltenen Momente, wo wir sie wirklich mal Lächeln gesehen haben. Hobbies hatte sie soweit ich weiß keine wirklichen, sie war ständig nur in ihrem Zimmer oder hatte sich weggeschlichen. Mh.. Oh! Mir fällt etwas ein. Sie hatte da diese Vorstellungen über eine Rebellengruppe. Vendetta Mortale, ihr Ziel war es, Tiere in menschlicher Gefangenschaft zu befreien und jedem, der Tieren etwas antat, dasselbe Leid zuzufügen. Eventuell hat sie noch diese Tätigkeiten im Sinn.“, überlegte die junge Blondine.
 

„Vielen Dank für die Erklärungen. Das hilft uns in der Tat. Mach dir keine Sorgen, wir werden deine Schwester finden, bevor sie etwas anrichten wird. Wir lassen es dich wissen, wenn wir erfolgreich waren.“, bedankte sich Wriothesley und stand auf, um mit seinen Begleitern wieder zu gehen. Doch als sie an der Tür waren, wurden sie von Minakos Stimme gestoppt.
 

„Wartet bitte.“, sprach sie und die drei wandten sich zu ihr. „Ich möchte euch gerne helfen.“, ihre Worte ließen Taisaki und Hiroshi zu ihrem Vorgesetzten blicken. „Bitte. Sie ist meine Schwester und ich weiß in etwa, wie sie denkt. Vielleicht kann ich sogar zu ihr durchdringen, wenn wir sie stellen.“
 

„Das ist viel zu gefährlich für eine Zivilistin. Sie würde dich vermutlich ebenso angreifen, weil sie keinerlei Sympathie für das Leben anderer besitzt. Schließlich war sie nicht umsonst im Sicherheitstrakt für Schwerverbrecher.“, meinte Wriothesley leicht streng.
 

„Das verstehe ich, aber bitte lasst mich dennoch helfen! Ich werde euch nicht im Weg stehen, das verspreche ich. Und sollte es zu einem Kampf kommen..“, begann sie und griff in ihr Oberteil. Dann holte sie einen Anhänger hervor, der bei näherer Betrachtung ein göttliches Auge mit dem Hydro Symbol war. „..werde ich euch auch da unterstützen, so gut ich kann. Sie ist meine Schwester und.. ich fühle mich mit verantwortlich für das, was sie getan hat.“, erklärte Minako weiter und sah Wriothesley entschlossen an.
 

Hiroshi pfiff leise. „Ein göttliches Auge hast du also auch? Du steckst wirklich voller Überraschung, Fräulein. Also ich finde, es ist nur von Vorteil jemanden dabei zu haben, der unser Zielobjekt durchschauen kann. Und mit vier göttlichen Augen hat Leiko ja wohl keine Chance.“
 

„Falls sie der einzige Feind ist, dem wir gegenüber stehen werden. Nun gut, wenn es dein Wunsch ist, uns zu helfen, nehmen wir diese Hilfe gerne an. Aber sei dennoch gewarnt, diese Mission birgt unbekannte Gefahren. Und gehe keine unnötigen Risiken ein, in Ordnung?“, fragte Wriothesley geschlagen. Minako lächelte und nickte.
 

„Vielen Dank für Eure Umsicht, Herzog. Suchen wir meine Schwester.“
 

Der erste Weg führte die Vier zur Hauptstadt. Da die Festung Meropide direkt mit einem Kanal zur Hauptstadt verbunden war, führte der offensichtlichste Fluchtweg direkt in die Hauptstadt. Also ging es nun auf die Suche nach möglichen Zeugen.
 

„Die Stadt ist ziemlich groß. Wir sollten uns aufteilen und die Leute separat befragen.“, schlug Taisaki dann vor.
 

„Das ist eine gute Idee, aber was tun wir, wenn wir auf unvorhergesehene Gefahren stoßen? Ist es da schlau, alleine unterwegs zu sein? Außerdem wissen wir nicht, wie fähig die Kampffertigkeiten von Fräulein Minako sind.“, überlegte Hiroshi. Minako verschränkte daraufhin die Arme.
 

„So stark wie ihr werde ich vermutlich nicht sein, aber gerade deswegen wäre ich vorsichtig. Wenn etwas schief geht, kann ich immer noch ein Signal geben.“, sprach sie und ließ Wasser in ihrer Hand entstehen, die sich hastig erhitzte und zu Dampf wurde.
 

„Dennoch, ich finde wir sollten zumindest in Zweierteams unterwegs sein. Tai und ich übernehmen den Norden und Osten, ihr beide geht in den Süden und Westen.“, schlug Hiroshi schließlich vor. Wriothesley nickte und blickte auf seine Taschenuhr.
 

„Die Flucht ist jetzt exakt zwei Stunden und 10 Minuten her. Durch den Kanal braucht man etwas mehr als 8 Minuten. Gehen wir zuerst zur Oper Epiclese, wo die Verbindung zwischen Meropide und der Oberfläche ist.“, analysierte er und Minako nickte, bevor sich die Vier in Paare aufteilten.
 

Bei der Oper fragten Minako und Wriothesley auch getrennt die Passanten, ob ihnen etwas merkwürdiges aufgefallen war. Eine Person, die von Richtung des Kanals kam oder jemand, der durchnässt durch die Straßen lief, schließlich war es sonnig und kein Regen. Anfangs verlief das sehr schlecht, da niemand etwas bemerkt zu haben schien. Oder Leiko hatte andere Fluchtwege gefunden? Es war auch noch immer unklar, welches Element im Spiel war. Apropos Element, das brachte Wriothesley auf eine Frage, die bisher außer Acht gelassen war.
 

„Seit wann hat deine Schwester ein göttliches Auge?“, fragte er, als sich die beiden eine Pause vom vielen herumlaufen und herumfragen gönnten.
 

„Huh? Oh. Wir haben unsere Augen etwa zeitgleich bekommen. Das muss nun ungefähr 9 Jahre her sein. Da wurden wir von einem großen Hilichurl angegriffen, als wir im Wald gespielt haben. Warum ist das wichtig?“, wollte die Blondine nun wissen.
 

„Weil mich etwas stutzig macht. Das Auge deiner Schwester scheint kein gewöhnliches Kryo-Auge zu sein. Es bedient sich einer Kraft, die ich bisher noch nie im Leben gesehen habe. Meine Leute sagen mir, dass diese Energie pechschwarz ist. Da für mich fast alles schwarz ist, konnte ich keinen Unterschied ausmachen.“
 

„Ich verstehe, das kann ich dir- Warte, für dich ist fast alles schwarz?!“, fragte Minako und blinzelte, als sie neben sich blickte. Wriothesley nickte leicht.
 

"Seit meiner Geburt leide ich an Achromatopsie, einer Form der Farbenblindheit, bei der ich nur Schwarz und Weiß sehen kann.", erklärte Wriothesley und Minako fühlte eine Welle Mitgefühl für den Schwarzhaarigen aufkeimen.
 

„Oh.. Dann hast du diese Welt ja noch nie in ihren prächtigen Farben erlebt..“, meinte sie leise. Wriothesley schwieg, da er überlegte, was er sagen sollte. Er wollte die Stimmung nicht herunter drücken.
 

„Nein, aber das ist schon in Ordnung. Solange mich diese Farbenblindheit bei meiner Bestimmung und meinen Zielen nicht behindert, stört sie mich auch nicht.“, murmelte er leise. Nun dachte er wieder an den Liedtext, den er hörte, als er Minako das erste Mal singen hörte.
 

„Herzog-“
 

„Die Formalitäten sind nicht nötig. Bitte einfach nur Wriothesley. Das Herzog ist nur ein Titel, den ich in der Festung trage und ich mittlerweile gewohnt bin.“, unterbrach er sie direkt und Minako nickte leicht.
 

„Wriothesley, darf ich dir eine Frage stellen? Wie lange leitest du Meropide bereits?“, fragte sie.
 

„Ungefähr drei Jahre. Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, den Leuten wieder den rechten Weg zu weisen, die von Fontaines Gesetzen abgekommen sind. Und als bessere Menschen diesen trostlosen Ort wieder verlassen können.“, erklärte er. „Warum möchtest du das wissen?“
 

„Nur so. Aber das klingt wirklich großartig. Du bist ein so ehrbarer Mann, das ist bewundernswert.“, ihre Worte ließen Wriothesley abermals bitterlich auflachen. Ehrbar? Er? In seinen Augen war er weit davon entfernt.
 

„Glaub mir, ich bin alles andere als das. Ein ehrbarer Mann hat kein Blut an seinen Händen kleben.“
 

„W-Was?“
 

Wriothesley ignorierte ihren geschockten Gesichtsausdruck und stand wieder auf. „Wir sollten weiter nach Anhaltspunkten suchen.“, sprach er dann und ging gar nicht mehr auf seinen Satz ein. Minako schluckte leicht und stand auf.
 

„In Ordnung..“
 

An dem Tag waren die beiden leider nicht erfolgreich und Taisaki und Hiroshi schienen ebenso wenig in Erfahrung gebracht zu haben. Das Geschwisterpaar aus Liyue hatte sich eine Pension nahe ihrer Zeugenbefragungen genommen, also mussten Wriothesley und Minako wohl ebenso nach einer Bleibe für die Nacht suchen. Dummerweise waren die meisten Pensionen bereits ausgebucht und es war nur noch ein Etablissement übrig, wo sie die Nacht verbringen konnten. Jedoch waren die beiden darüber nicht gerade erfreut.
 

Die Pension „Le Jardin des Sens“ (Garten der Sinne) war eine Pension, die von einem Herrn aus Inazuma betrieben wurde und ein spezielles Angebot für Liebespaare anbot. Die Pension war ausschließlich für Liebespaare, weswegen Minako und Wriothesley keine andere Wahl hatten, als sich bei der Empfangsdame als Paar auszugeben.
 

Nach einigen peinlichen Momenten der Stille, als die beiden in einem romantisch hergerichteten Zimmer saßen, welches nach exotischen Düften roch und für diverse Dinge vorbereitet war, die garantiert nicht stattfinden würden, räusperte sich Wriothesley, bevor er aufstand. „Ich werde auf dieser.. Couch..“, begann er und schaute auf eine Liebescouch mit vielen Samtkissen und rosa Flaum. „...schlafen. Es steht außer Frage, dass ein Mann mit einer Frau ein Bett teilt, mit der er nicht in einer romantischen Beziehung ist.“
 

Minako war dankbar über seinen Anstand, fühlte sich aber doch etwas schlecht, dass sie das große Kingsize-Bett für sich alleine hatte und die Liebescouch doch ein wenig zu klein zum Schlafen war. „Ich danke dir. Falls wir morgen nicht fündig werden, können wir gerne tauschen.“
 

„Ich hoffe, dass wir dann eine normale Pension finden. Ich fühle mich hier..äußerst unbehaglich.“, seufzte der Herzog und Minako schmunzelte leicht, als sie eine Packung Kondome, die auf dem Nachttisch stand, anhob und anschaute. Ja, so ging es ihr auch und ihre roten Wangen waren für ihn sicherlich auch gut sichtbar. Dieser Ort.. und zugegebenermaßen war Wriothesley ein sehr attraktiver und charmanter Mann.. Sie konnte nicht sagen, ob sie abgeneigt wäre, wenn es zu mehr kommen würde.. Moment mal, was?
 

Der Gentleman, der Wriothesley war, ließ die junge Dame natürlich zuerst das Bad benutzen, um sich bettfertig zu machen. Er selbst saß in der Zeit am Fenster und blickte hinaus, vermutlich um ihr das Gefühl von Privatsphäre zu geben, wenn sie in Nachtbekleidung zurück kam und unter die Bettdecke schlüpfen konnte. Nach einiger Zeit hörte er auch die leichten Schritte und das Rascheln der Bettdecke. Nachdem die Geräusche verstummten, drehte er sich vom Fenster weg und betrat das Badezimmer. Als er wieder kam, war Minako bereits eingeschlafen. Wriothesley schaute kurz zu ihr und hatte ein leichtes Lächeln, als er ihren friedlichen Gesichtsausdruck sah mit dem leicht offenen Mund. Danach legte er sich auf die Couch und versuchte ebenfalls zu schlafen.
 

Einige Stunden später erwachte Minako, da sich ihr Mund sehr trocken anfühlte. Es war noch immer Nacht und außer den rötlichen Lichtern des Zimmers, war von draußen nur der Mondschein als Beleuchtung da. Minako erhob sich leise vom Bett und blickte kurz hinüber zur Couch, sie wollte ihn nicht wecken. Sie tapste barfuß zur Minibar und holte sich eine Fonta, ein beliebtes Kohlensäurehaltiges Getränk, was in Fontaine äußerst beliebt war.
 

Nachdem sie ihren Durst gestillt hatte, tapste sie wieder zu ihrem Bett, allerdings bemerkte sie auch, dass es im Zimmer mittlerweile recht frostig geworden war. Die Nächte in Fontaine konnten aufgrund der fallenden Luftfeuchtigkeit relativ kühl sein und das Fenster stand schon seit Stunden offen. Minako fröstelte es an ihren baren Oberarmen und Beinen, bevor sie bemerkte dass Wriothesley nicht einmal zugedeckt war. Er lag einfach so da, in seiner Hose und seinem Shirt und seiner Jacke unter sich um auf dem Sofa bequemer liegen zu können. Allein vom Anblick seines nackten Oberkörpers lief ihr vor Kälte ein Schauer die Wirbelsäule entlang. Wobei.. lag das wirklich an der Kälte? Ihr Blick wanderte ein wenig zu lang über seine gestählten Muskeln und die zahlreichen Narben von seinem Hals hinunter und an seinem Oberkörper.
 

Minako schluckte leicht und schüttelte den Kopf. Nein, das gehörte sich nicht. Sie tapste zu einem der Hotelschränke und suchte nach etwas, womit sie ihn zudecken konnte. Es dauerte auch nicht lange, bevor sie fündig wurde und nahm eine flauschige Wolldecke, die wohl für den Winter gedacht war, aus dem Schrank. Dann lief sie wieder zu ihm, bedacht ihn nicht zu wecken, und deckte ihn behutsam mit der Wolldecke zu.
 

Erleichtert darüber, dass er davon nicht wach wurde, lächelte die junge Frau und ging danach wieder in ihr eigenes Bett. Nachdem sie die Augen geschlossen hatte, öffnete Wriothesley eins seiner Augen, um sicher zu gehen, dass sie es nicht bemerkte. Er kuschelte sich an die Wolldecke und ein kleines Grinsen zierte seine Lippen. Es war tatsächlich schon ein Weilchen her, seit ihm jemand solche warmen Gesten hat zukommen lassen und ihm war gar nicht mehr bewusst, wie gut sich das anfühlte. Er schloss seine Augen wieder und driftete ins Land der Träume, bis der Morgen anbrach.
 

Am nächsten Morgen waren Taisaki und Hiroshi auf der Suche nach Wriothesley und Minako. Anhand einer kleinen technischen Apparatur, dessen Funktionsweise eines GPS Gerätes ähnelte, konnten die beiden Kampfsportler aus Liyue den Standort ausmachen. Sahen allerdings nur ein romantisches „Love Hotel“, wie diese Art Etablissements hießen. Sie sahen einander an. „Das muss ein Fehler sein oder?“
 

Noch bevor Hiroshi darauf antworten konnte, verließ genau das Paar das Hotel, nach dem sie gesucht hatten. Wriothesley und Minako sahen die beiden und liefen purpurrot an, als sie den geschockten Gesichtsausdruck von Taisaki und das breite Grinsen von Hiroshi sahen.
 

„Es ist nicht so wie es aussieht!“, stammelte Minako mit geröteten Wangen und wedelte panisch mit den Händen. Auch Wriothesleys Wangen hatten ein gesundes Rot angenommen und er kratzte sich leicht verlegen an der Nase, schwieg jedoch zu der Situation. Taisaki blinzelte mehrfach und wollte gerade fragen, was es denn sonst war, da rettete der Hilferuf einer Frau das Paar vor dieser peinlichen Situation. Ohne weiter darüber nachzudenken, rannten die Vier in die Richtung, aus der der Schrei kam.
 

Eine Frau mittleren Alters saß am Boden und vor ihr war eine Kreatur. Es war jedoch weder ein Hilichurl, noch ein Abgrundmagier, sondern ein reales Tier. Genauer genommen ein riesiges Krokodil. „Wie kommt das denn hierher? Die Kanäle sind doch gesichert.“, fragte sich Taisaki und Minako blinzelte.
 

„Und außerdem sind diese Tiere doch eher in Sumeru heimisch oder nicht? Ich habe hier noch nie ein Krokodil gesehen..“, meinte sie leise. Wriothesley war schnell und kerkerte das Tier mit einer Wand aus Eis ein, die er blitzschnell aus seinen Fäusten erschuf, jedoch war unter dem Tier ein Gullideckel und so verschwand es in den unterirdischen Kanalbereich unter der Stadt.
 

„Verdammt. Wir müssen es einfangen. Es mag vielleicht nicht so gefährlich sein, wie ein Abgrundmagier oder ein Hilichurl, aber für Zivilisten ist es dennoch lebensbedrohlich. Vor allem für Kinder. Tai, Hiro, gebt unmittelbar Neuvillette und Navia Bescheid.“, befahl er und sprang bereits zum Gulli.
 

„Eeeeh? Wegen einem Tier? Wriothesley, ich bitte dich..“, meinte Hiroshi verdattert, da ihm das ganze doch ein wenig überstürzt vorkam, gleich alle großen Hebel in Gang zu setzen.
 

„Das ist kein normales Krokodil.“, merkte Minako an, woraufhin das Geschwisterpaar zu ihr blickte. „Habt ihr den schwarzen Rauch in seinen Augen gesehen? Ihr hattet mir erzählt, dass meine Schwester und dieser Wachmann ebenfalls von dieser Energie erfüllt waren.. Ich denke, es ist gefährlicher als es aussieht und wir dürfen nicht riskieren, dass die Wasser von Fontaine verunreinigt werden durch diese Energie.“
 

„Exakt!“, Wriothesleys Worte hallten, da er bereits in den Kanal gestiegen war. Minako nickte und folgte ihm dann.
 

„Holt ihr bitte den obersten Richter und Vina, ich werde mit dem Herzog dieses Tier einfangen.“
 

„Aber-“
 

„Du hast sie gehört Tai, lass uns lieber mal schnell los.“, zwinkerte Hiroshi und Taisaki seufzte geschlagen und zuckte mit den Achseln, bevor sie sich auf dem Weg zum Palast machten.
 

Wriothesley bemerkte schnell, dass noch jemand in den Kanal gesprungen war und blickte leicht verdattert zu der jungen Frau, die mit ihren unpassenden Schuhen versuchte nicht den Halt zu verlieren an den rutschigen Rohren. Bevor er jedoch hinterfragen konnte, was sie da machte, stemmte sie ihre Hände an die Hüften und schaute ihn entschlossen an.
 

„Du glaubst doch nicht, dass du alleine einer unbekannten Gefahr folgen kannst. Taisaki-san hat mir mal unter vier Augen erzählt, dass du dazu neigst die Situationen zu unterschätzen. Also muss doch jemand auf dich aufpassen.“, kurz nachdem sie das im Brustton der Überzeugung von sich gab, rutschte sie auf dem glitschigen Pfad aus und drohte in das Abwasser zu stürzen. „Aaah~“
 

Der erwartete nasse Sturz blieb jedoch aus, als sie sich in zwei starken Armen und an eine muskulöse Brust gedrückt wieder fand und Atem an ihrem Ohr spürte, der ihr einen Schauer den Rücken entlang jagen ließ. „Und wer passt auf dich auf~?“, flüsterte er dabei und Minako konnte einen Hauch Erheiterung in seiner Stimme wahrnehmen. Sie räusperte sich blamiert und löste sich von dieser Umarmung.
 

„D-Das war nur ein Test, um deine Reflexe zu testen. Vielleicht brauchst du ja doch weniger Hilfe.“, murmelte sie dann und blickte leicht verlegen zur Seite, um ihre roten Wangen zu verdecken. Wriothesley hob eine Augenbraue leicht und schmunzelte dann.
 

„Natürlich. Sei lieber vorsichtiger, die Pfade sind eng und rutschig. Vielleicht solltest du auch wieder nach oben, dieser Ort ist nichts für eine Dame.“, meinte er dann und fuhr sich durchs Haar. Minako wollte gerade etwas erwidern, da hörte sie das Quietschen eines Nagetiers und etwas pelziges an ihrem Bein.
 

Nun war sie erneut an Wriothesley geklammert und hatte ihr Gesicht in seiner Halsbeuge vergraben. Das leise Aufschreien konnte sie noch dämpfen, aber durch die Wucht ihrer plötzlichen Attacke, war Wriothesley an die Wand gedrückt und wie aus Reflex waren seine Arme um sie gelegt. Er blinzelte mehrfach als sich die junge Frau so stark an ihn schmiegte und sich versuchte von dem Schreck zu erholen.
 

„Alles gut, alles gut. Ich hatte nicht erwartet, dass ich Angst vor Nagetieren habe.. Hahaha, tut mir leid, ich bin nur etwas leicht schreckhaft an so dunklen Orten.“, entschuldigte sie sich gegen seine Haut. Wriothesley seufzte leise, aber es war kein genervtes Seufzen.
 

„Deswegen sagte ich ja, dass du lieber wieder nach oben solltest.“
 

„Und dich hier unten alleine lassen?“
 

„Ich komme schon klar. Ich bin nicht umsonst der Herzog von Festung Meropide.“, schmunzelte er und streichelte beruhigend über ihren Rücken.
 

„Das weiß ich.. Aber..“
 

„Aber?“, fragte er nun nach. Minako schwieg und ihre glühenden Wangen fühlten sich heiß an diesem kalten Ort an.
 

„Ich möchte helfen, wo ich nur kann. Und ich fühle mich wohler, wenn du nicht ganz alleine hier unten bist. Also lass mich bitte an deiner Seite bleiben, ja..?“, fragte sie und erneut spürte Wriothesley diese angenehme Wärme in seiner Brust.
 

„Also gut, wie du möchtest. Aber es steht dir jederzeit frei, wieder nach oben zu gehen.“, meinte er und die junge Frau schaute nun auf. Er hielt sie noch immer im Arm und sein Gesichtsausdruck war freundlich und sanft, etwas, was man ihm auf den ersten Blick gar nicht ansah. Sie lächelte dankbar und löste sich dann wieder von ihm.
 

„Hah, als ob ich einfach wieder gehe. Wenn ich etwas anfange, bringe ich es auch zuende.“
 

Ihre Einstellung gefiel ihm und so gingen die beiden weiter, um in der Kanalisation nach diesem seltsamen Geschöpf zu suchen. Unterwegs wurde die unbehagliche Stille einige Male unterbrochen und die beiden unterhielten sich ein wenig. Wriothesley erfuhr mehr über Minakos Vergangenheit, ihr Verhältnis zu ihrem Bruder, ihren Hobbies und Vorlieben und auch ihrem Kampfstil. Sie benutzte metallische Fächer aus Inazuma, die Tessen genannt wurden, um ihre Gegner auf Distanz zu halten. Durch ihre Hydrokräfte konnte sie kraftvolle Wellen erzeugen, die sie wie Schallwellen durch das Drehen der Fächer und „fächeln“ auf ihre Gegner schleudern konnte. Und auch wenn Wriothesley gerne mal ihre Kampfkünste in Aktion sehen wollte, so hoffte er doch inständig, dass ein Kampf nicht nötig war.
 

Über ihn selbst verriet er jedoch nicht sehr viel, außer, dass er selbst einmal Häftling in der Festung Meropide war. Minako war darüber sehr erstaunt, aber da er nicht näher darauf einging, wollte sie ihn auch nicht löchern oder damit nerven, also ließ sie das Thema schließlich auf sich beruhen.
 

Der Kanal war recht groß und die beiden wussten irgendwann gar nicht mehr, von wo sie eigentlich gekommen waren oder wie sie wieder heraus kamen. Ein Anzeichen von dem Krokodil oder anderen seltsamen Dingen war bisher jedoch auch nicht auszumachen.
 

„Es ist ziemlich unheimlich je weiter wir voran kommen. Es wird immer dunkler und nasser und kälter. Aber zumindest fühlt man sich hier nicht beobachtet.“, merkte die junge Frau irgendwann an, um die längere Stille, die sie nach beenden ihres Smalltalks hatten, zu beenden. Wriothesley machten ihre Worte etwas stutzig.
 

„Das klingt so, als würdest du dich anderswo beobachtet fühlen?“, fragte er nach. Minako nickte leicht, aber sie wusste nicht, ob sie ihm davon erzählen sollte. Eventuell sah sie ja nur Gespenster..
 

„Seit einiger Zeit fühle ich mich während meiner Auftritte beobachtet. Also.. nicht von der Publikumstribüne, sondern.. wie soll ich sagen.. irgendwo aus den pechschwarzen Reihen dazwischen. Als ob mich jemand beobachtet, der aber nicht will, dass ich ihn sehe. Klingt verrückt, oder?“, fragte sie. Wriothesley schwieg erst, bevor er realisierte, dass er ja derjenige war, der die Oper nach ihrem ersten Auftritt hin und wieder aufsuchte, aber eher im Verborgenen blieb. .. Ja, warum tat er das? Um keine spöttischen Kommentare von Furina oder anderen zu hören? Oder weil die Leute, die ihn oberhalb kannten, eher von ihm eingeschüchtert waren? Die Frage konnte er nicht einmal wirklich beantworten.
 

„Du hast ein sehr gutes Gespür, wenn du jemanden in der Dunkelheit bemerkt hast.“, schmunzelte er nur mysteriös und Minako blinzelte ihn perplex an.
 

„Huh..? Du glaubst also auch, dass da jemand war? Und ich mir das nicht nur eingebildet habe?“, fragte sie nach. Wriothesley wich unterbewusst ihrem Blick aus und dann wurde es Minako auch klar und sie wurde leicht rot als sie weg sah.
 

„Jetzt weiß ich zumindest, warum dein Blick hin und wieder suchend durch die Reihen gegangen ist. Du hast versucht auszumachen, woher dieses unbekannte Paar Augen kam.“, lachte er dann leise. Die Blondine lachte ebenfalls leise, aber eher um nicht zu sagen, dass ihre Suche an sich andere Gründe hatte. Sie hatte nämlich nach diesem attraktiven Herzog von Meropide Ausschau gehalten in der Hoffnung ihn noch einmal sehen zu können. Nun zu wissen, dass er sie hin und wieder in der Oper besucht hatte und offenbar wirklich nur ihretwegen (Weil wieso sonst sollte er sich nur bei ihr verstecken? Lyney und die anderen Stars der Show sagten nämlich, dass sie nie das Gefühl hatten, dass ein weiteres Augenpaar auf ihnen ruhte, aber während ihrer Auftritte ein seltsames Gefühl da war aus der hinteren Bühne), ließ ihr Herz vor Freude anschwellen. Wer hätte gedacht, dass die beiden nach einer schicksalhaften Begegnung beide Sehnsucht nacheinander verspürten und das Schicksal sie sogar jetzt wieder zusammen geführt hatte.
 

„Du hättest aber ruhig mal Hallo sagen können nach den Auftritten.“, merkte sie nur an und stieß ihn sachte von der Seite an. Wriothesley schmunzelte erneut und blickte neben sich auf die deutlich kleinere Frau hinunter.
 

„Du wurdest immer direkt von Fräulein Navia und Fräulein Furina besucht, da wollte ich lieber nicht stören.“, gab er zu.
 

„Oh, ich hätte dich nicht als den schüchternen Typ eingeschätzt, Wriothesley.“, lachte die junge Frau und Wriothesley räusperte sich leicht.
 

„Die Leute neigen oft dazu, mich falsch einzuschätzen. Ich habe einfach eine einschüchternde Aura.“
 

„Wirklich? Ehrlich gesagt habe ich mich keinen einzigen Moment von dir eingeschüchtert gefühlt.“, überlegte sie. Die beiden hielten danach für einen Moment inne und sahen einander schweigend und lächelnd an, bis die Harmonie zerstört wurde und Wriothesley blitzschnell reagierte, um Minako zur Seite zu ziehen. Dadurch verfehlte eine Pyrokugel sie nur haarscharf.
 

„W-Wo kam das denn her?“, fragte die Blondine und sah Wriothesley seine Boxhandschuhe überstreifen.
 

„Dort oben.“, meinte er etwas kühl und als Minako aufschaute, sah sie zwei Abgrundmagier. Einen Pryo-Magier und einen Elektro-Magier. „Das muss das Empfangskomitee sein. Hier verlaufen sich normalerweise keine Wesen des Abgrunds.“, meinte er und schoss mit seinen Fäusten einige Salven Kryo zu den beiden Wesen.
 

Die Abgrundmagier verschwanden in ihrer Barriere und teleportierten sich nach unten. Nun war der Pryomagier vor Wriothesley und der Elektromagier vor Minako, die nun Rücken an Rücken standen. „Nun, die sollten kein Problem darstellen. Nur die Barrieren sind nervig.“, sprach Minako und beschwörte ihre Metallfächer.
 

Die beiden Wesen griffen zeitgleich an und Minako und Wriothesley schlugen die Angriffe mit ihren eigenen Elementangriffen zurück, sodass eine Elementarreaktion an ihren Schilden ausgeführt wurde. „Die Schilde sind weg, das ist unsere Chance!“, rief der Herzog und schlug mehrere Salven mit Eis auf die am Boden liegenden Magier. Minako machte ein paar Posen, wie in ihren Aufführungen mit den Fächern und schleuderte Wasser zu dem Eis, bis die beiden Wesen gefroren waren. Nun konnte Wriothesley mit einem Faustschlag die gefrorenen Körper zerstören.
 

Nachdem sie besiegt waren, sah Minako einen schwarzen Kristall am Boden, wo die Magier sich auflösten. „Was ist denn das..?“, fragte sie und wollte den Kristall aufheben.
 

„Warte, nicht anfassen! Das ist die dunkle Energie, die deine Schwester befallen hat!“, warnte Wriothesley, doch bevor Minako den Kristall anheben konnte, gab es eine große Erschütterung und die junge Frau verlor dadurch ihr Gleichgewicht. Wriothesley versuchte sie zu fangen, doch sie entglitt seiner rettenden Hand um Haaresbreite, bevor sie von einem Strudel erfasst und unter Wasser gedrückt wurde.
 

Bevor Wriothesley jedoch hinterher springen und sie retten konnte, drehte sich der Wirbel durch eine weitere Kraft, vermutlich ihrem Angriff, um und die junge Frau tauchte wieder auf, als sie zu dem Vorsprung schwamm, wo Wriothesley sich bereits hingekniet hatte und seine Hand aufhielt. „Alles in Ordnung?“, fragte er, nachdem er sie wieder hochgezogen hatte.
 

„Ja.. nur ein wenig durchnässt und kalt.. Wo kam das Erdbeben plötzlich her?“, fragte sie und bemerkte, dass sich ein Riss in einer Wand aufgetan hatte. Genau dort, wo sie zuvor in eine Sackgasse geraten waren.
 

„Irgendjemand will wohl, dass wir einen bestimmten Weg einschlagen..“, murmelte er.
 

„Also eine Falle.“
 

„Es gibt nur eine Möglichkeit das heraus zu finden.“, sprach der Herzog und die beiden setzten ihren Weg fort.
 

Die beiden wussten nicht, wie lange sie bereits in diesen Kanälen umher wanderten, aber ihre müden Gliedmaßen erschwerten die Suche. Außerdem war Minako so durchnässt, dass sie durch die Kälte stark zu frieren begann. Sie rieb sich die Oberarme, bis sie etwas warmes um ihre Schultern spürte. Sie blickte neben sich und sah, dass Wriothesley seine Jacke um ihre Schultern gelegt hatte.
 

„Verzeih, ich hätte besser auf dich aufpassen sollen. Hoffentlich hilft die Jacke ein wenig, sie ist leider nicht sehr dick.“, sprach er dabei. Minako kuschelte sich in die Jacke und inhalierte den Duft von ihm, den das Kleidungsstück trug.
 

„Das ist doch nicht deine Schuld! Ich danke dir, aber.. es ist doch recht kalt hier unten. Macht dir das gar nichts aus?“
 

Wriothesley grinste leicht auf ihre Frage. „Kryo, meine Liebe.“, antwortete er nur und Minako lachte leise.
 

„Verstehe.“
 

Es dauerte noch ein wenig, bevor die beiden einen Zwischenraum fanden, der zumindest teilweise wohnlich aussah. Vermutlich hatte diesen Ort jemand als Versteck genutzt. Eventuell ja sogar Leiko..? Vielleicht würden sich ja Hinweise finden und die Pause tat den beiden gut.
 

Während sie den Raum durchsuchten, bemerkte Minako, dass Wriothesley auf dem Boden saß, als er einige durchweichte Zettel durchsuchte, die vor ihm verstreut lagen. Die junge Frau kam nicht umhin, die Zeit mit ihm Revue passieren zu lassen und die ganzen netten Dinge, die er getan hatte. Plus die Sachen, die sie von Navia und Neuvillette über ihn gehört hatte. Umso mehr stellte sich die eine Frage, weil sie sich nicht vorstellen konnte, was er verbrochen haben konnte, um selbst in Meropide als Verurteilter gesessen zu haben..
 

„Wriothesley-?“, fragte sie nach einer kurzen Zeit, in der sie den Mut gesammelt hatte, ihn darauf anzusprechen.
 

„Hm?“, er summte nur als Antwort, da er in die Berichte vertieft war, die von mehreren Ereignissen handelten, die als ungelöste Fälle von Fontaine archiviert waren.
 

„Du hast mir gesagt, dass du nicht ehrenhaft bist, weil an deinen Händen Blut klebt.. und du warst einmal selbst Insasse von Meropide.. Hast du.. jemanden getötet?“, fragte sie dann leise. Wriothesley erstarrte leicht und ließ von dem Blatt ab, welches er gerade in der Hand hatte.
 

„Ja.“
 

Dass er das zugab, verwunderte sie. Offenbar vertraute er ihr nun genug, um mit ihr darüber zu sprechen. „Wie kam es dazu? Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass du einfach so jemanden töten würdest.“
 

„...“
 

„Wen hast du getötet?“
 

„Meine Zieheltern.“
 

„Oh..“
 

Danach herrschte eine unbehagliche Stille, in der keiner der beiden wagte zu sprechen oder sich anzusehen. Irgendwann brach Wriothesley dann die Stille. „Ich war ein Waisenkind und wurde von einer adligen Familie adoptiert. Mein Ziehvater und meine Ziehmutter gaben das Bild einer perfekten Familie ab. Neben mir wurden noch weitere Kinder adoptiert. Meine Freunde, meine 'Geschwister' mit denen ich auf der Straße aufgewachsen war. Wenn wir älter wurden, wurden wir an .. größere Familien weiter gegeben, die uns aufnehmen sollten. Und meine 'Eltern' würden dann wieder neue Kinder adoptieren. Sie waren solche guten und herzlichen Menschen, dachte ich damals.“, begann er. Während er begann zu erzählen, drehte sich Minako zu ihm. Er saß noch auf dem Boden und schien auf seine Hände zu schauen. Seine Stimme war nicht so ruhig und gelassen wie sonst. Offenbar hasste er es, über seine Vergangenheit zu reden.
 

„Dann habe ich herausgefunden, dass wir lediglich als.. 'Viech' aufgezogen wurden.“, dieser Satz ließ die junge Frau sich ihre Augen weiten. „Wenn wir ein bestimmtes Alter erreicht hatten, wurden wir als Arbeiter auf einem Schwarzmarkt für Menschenhandel verkauft. Alle Kinder, die den Haushalt damals verlassen hatten.. habe ich nie wieder gesehen. Niemand weiß, was aus ihnen wurde. Und die Kinder, die sich nicht verkaufen ließen.. hatten für meine Eltern keinen Nutzen und wurden.. 'entsorgt'.“
 

„Entsorgt..?!“, Minako hielt sich vor Schock die Hand vor den Mund, sie mochte sich gar nicht vorstellen, was er damit meinte, obwohl es klar auf der Hand lag.
 

„Es ist so lächerlich, wenn ich heute darüber nachdenke. Denn damals hielt ich mich für ein Kind, dass extrem viel Glück hatte. Und so ging es wohl jedem meiner Geschwister. Und ich war weder der Einzige, noch der Erste, der hinter das grausame Geheimnis unserer Eltern kam. Aber genau wie die 'nutzlosen' Kinder, wurden auch alle, die hinter das Geheimnis gekommen waren, einfach zum Schweigen gebracht. Für immer.“ Minako wurde immer stiller und trauriger, als er mehr über seine Vergangenheit erzählte. „Meine Eltern hatten ein so falsches Lächeln auf den Lippen, als sie uns Kinder wie Viech handelten. Sie haben sich keine einzige Sekunde um uns geschert, wir waren ihnen immer egal. Und es war ihnen egal, was mit den Kindern passierte. Aber mir war es nicht egal.“
 

Minako nickte leicht. „Also hast du sie getötet, damit sie nicht noch mehr Kinder verkaufen konnten und ihnen nichts mehr antun konnten..“
 

Wriothesley nickte. „Ja. Ich habe sie umgebracht und alle Kinder aus ihrer Obhut befreit. Ich wollte nicht, dass sie jemals wieder Hand an irgendjemanden legen und sie traumatisieren oder.. schlimmeres. Ich wurde für mein Verbrechen angeklagt und habe meine Strafe abgesessen. Dann habe ich mir geschworen, die Festung Meropide zu einem Ort der Wiedergeburt zu machen. Jedem, der einen falschen Weg wählt, den Weg zurück ins Licht zu zeigen und sie zu besseren Menschen zu machen.“, erklärte er weiter und schloss seine Augen. „Aber ich bin weit davon entfernt, ein ehrbarer Mann zu sein.“
 

Minako schwieg nach seinen Worten und drückte die Jacke an sich. „Noch weniger habe ich das Recht, die Welt oberhalb von Meropide in ihrer Schönheit zu betrachten.“, sprach er weiter. Die junge Blondine schwieg weiterhin und Wriothesley hörte nur plötzlich Schritte hinter sich. Er blickte nicht einmal auf, als er Arme um seinen Nacken spürte und einen Kopf auf seiner Schulter. Minako kniete über ihm und umarmte ihn fest, als sie ihn fester an sich drückte.
 

„Das stimmt aber nicht. Wriothesley, du hast nichts schlimmes verbrochen. Du hast Monster beseitigt, die noch viele viele weitere Kinder missbraucht und verkauft hätten. Du hast deine Geschwister und jedes Waisenkind in Fontaine gerettet. Und du hast deine Strafe dafür angenommen und abgesessen. Und mehr noch, du hilfst nun anderen, die vom Pfad der Gerechtigkeit abgekommen sind. Jeder in der Festung sieht zu dir auf.. und das nicht, weil du dort das Sagen hast. Sondern weil du diesen Ort nicht wie ein Gefängnis leitest, sondern .. wie eine große Gemeinschaft, wo sich jeder hilft, arbeitet und unterstützt. Ich habe mir sagen lassen, dass viele sogar nach ihrer Haftstrafe freiwillig dort bleiben, um zu helfen. Es gibt niemanden, der mehr Ehre besitzt als du, glaub mir Wriothesley. Aber du musst deine Dämonen aus der Vergangenheit loslassen, um dich so zu akzeptieren.“, sprach sie und schloss ihre Augen. Wriothesley schloss seine Augen ebenfalls und wie aus Reflex lehnte sein Kopf an ihren.
 

„Meine .. Dämonen..“, wiederholte er und spürte, wie sie ihre Arme enger um ihn schmiegte. Danach herrschte wieder eine Stille zwischen ihnen, während sie in dieser innigen Pose verweilten. Wriothesley ließ sich gänzlich von der Wärme umfangen, den Minakos Umarmung mit sich brachte und sie merkte, wie er unter ihrer Berührung langsam entspannte.
 

Plötzlich verlagerte er sich in seiner sitzenden Position und zog die junge Frau in diesem Prozess nach vorne auf seinen Schoß. Minako war leicht überrascht von seiner Aktion, als sie aus Reflex die Arme um seinen Nacken legte. Der Schwarzhaarige vergrub seine Nase in ihren Haarschopf und drückte sie an sich. Erst jetzt realisierte die Blondine, wie einsam er sein musste. Ein einsamer Wolf auf seinem endlosen Pfad der Einöde.. Je mehr sie ihn kennen lernte, desto erstaunter war sie, wie gut ihr Liedtext ihres beliebtesten Songs auf diesen Mann passte..
 

„Danke für deine Worte.“, flüsterte er irgendwann. Minako lächelte und strich sanft über seinen Rücken.
 

„Es ist nur die Wahrheit, Wriothesley. Du tust so viel für die Menschen in Fontaine. Mehr wie jeder andere. Deine Ruhe und Gelassenheit veranlasst die Menschen, keine Angst vor deiner Position zu haben. Und du zeigst ihnen, dass du auf ihrer Seite bist und ihnen helfen willst. Also sag nie wieder, dass du keine Ehre besitzt. Du bist der wundervollste Mensch, der in ganz Teyvat zu finden ist.“, den letzten Satz sprach sie so leise, aber anhand von Wriothesleys merklichem Versteifen, wusste sie, dass er sie gehört hatte. Als sie aufschaute sah sie dann, wie seine Wangen vor Verlegenheit gerötet waren und sein Mund leicht aufstand. Nun merkte sie auch, was sie da eigentlich gesagt hatte und biss sich auf die Lippe.
 

Die junge Frau wand den Blick beschämt von ihm ab und schaute zur Seite, bis sie einen Zeigefinger unter ihrem Kinn spürte, der ihr Gesicht wieder zu ihm drehte. Sie schluckte, als sie sah wie nahe er ihrem Gesicht mit seinem gekommen war. „Es ist so merkwürdig..“, flüsterte er.
 

„Huh..?“, fragte sie leise und schloss die Augen als er mit seiner Stirn an ihrer lehnte.
 

„Ich fühle mich so wohl in deiner Gegenwart.“, sprach er weiter und Minako fühlte eine ungeheure Wärme in ihrer Brust anschwellen.
 

„Mir ergeht es ganz genauso. Es ist, als würden wir uns schon jahrelang kennen..“, fügte sie leise hinzu. Wriothesley summte leicht als Bestätigung und seine Hände streichelten leicht abwesend ihre Seiten auf und ab.
 

„Ja, das finde ich auch. Es ist, als würdest du mich in und auswendig kennen..“
 

„Ist dem denn nicht so? So viel, wie ich nun von dir erfahren habe? Ich wette, dass nur wenige Leute deine Vergangenheit kennen. Du redest nicht gerne darüber, oder?“, fragte sie und genoss das Gefühl seiner Finger auf ihren Seiten. Wriothesley entließ ein leichtes Schmunzeln, durch die Vibration in seiner Brust musste auch die junge Frau leise auflachen.
 

„Wie wahr. Ich weiß selbst nicht, was mit mir los ist. Dieses Gefühl ist mir vollkommen.. fremd.“, gab er zu und löste sich von der Position mit der Stirn, um sie direkt anzusehen. Minakos Wangen glühten erneut und sie sah tief in seine kühlen Augen, die aber auch voller Empathie leuchteten.
 

„Mir.. auch.. Aber.. ich genieße es.“, gab sie zu und schloss ihre Augen, als sie seine Lippen federleicht auf ihren spürte. Wriothesley schloss die Distanz zu ihren Lippen komplett, als beide in einen langen und zärtlichen Kuss fielen, während die Welt um sie herum zu verschwimmen drohte.
 

Das junge Paar verlor sich komplett in diesen Kuss, bis sie sich aufgrund des Sauerstoffmangels voneinander lösen mussten. Als Minako ihre Augen wieder öffnete, sah sie wie auch Wriothesleys Wangen rosarot geworden waren. „Verzeih.. Normalerweise bin ich nicht so.. forsch.“, entschuldigte er sich und fühlte sich leicht dumm für seine Aktionen. Doch als er sich komplett von ihr lösen wollte, spürte er ihre Hände an seinen Wangen und als er zu ihr sah, spürte er erneut ihre Lippen auf seinen.
 

Der zweite Kuss war fordernder und nicht mehr so zurück haltend auf beiden Seiten, als Wriothesley seine Hände an ihre Hüften legte und sie stärker an sich presste. Die junge Frau entließ ein Keuchen und das nutzte er, um ihren Mund zu öffnen und seine Zunge in ihre Mundhöhle wandern zu lassen. Es begann ein Kampf um Dominanz ihrer Zungen, bei dem Wriothesley ganz klar als Sieger hervor ging. Doch viel Zeit um seinen Sieg zu feiern hatte er nicht, denn er musste sich erneut von ihr lösen, als die beiden nach Luft rangen. Danach schauten sie einander an und lachten leicht, bevor sie sich umarmten.
 

„Du wirfst dich auch jedem dahergelaufenen Penner an den Hals, oder Schwesterherz?“, eine kühle und abfällige Stimme durchbrach die idyllische Atmosphäre, und das junge Paar trennte sich abrupt voneinander, als sie in eine defensive Haltung wechselten. Leiko stand lässig an einer Wand auf der anderen Seite und wirkte deutlich angewidert über die romantische Stimmung.
 

„Scheint so, als würde unser Zielobjekt von selbst kommen. Das erspart uns die ewige Suche in diesen Kanälen.“, meinte der Schwarzhaarige und holte seine Handschellen von seiner Hose, die er lässig um seine Finger balancierte.
 

„Oh, versteht mich nicht falsch. Ich bin nicht hier, um mich zu stellen. Mein Auftrag ist ganz einfach. Den Herzog von Meropide ausschalten. Dann gewährt mir Tarana eine Macht, mit der ich alle Bewohner dieses stinkigen Planeten auslöschen kann und Teyvat von dieser Seuche befreie.“, sprach Leiko und schoss einige Kryo Kugeln, die sich während des Fluges in kleine Eisklingen verwandelten in die Richtung von Minako und Wriothesley.
 

„Tarana? Den Namen höre ich zum ersten Mal. Ist das die Person, die Guillaume bei mir eingeschleust hat?“, knurrte Wriothesley und ließ die Klingen mit seinen mechanischen Kampfhandschuhen zerspringen.
 

„Das hat dich nicht zu interessieren, du stirbst sowieso gleich.“, antwortete Leiko und sprang in die Luft, um eine gewaltige Attacke vorzubereiten: Ein Wirbel aus spitzen Eisklingen und Eiswind entstand, während sich eine Waffe materialisierte: Eine Hellebarde. Der Eiswind regnete auf Minako und Wriothesley herab und die junge Frau begann sich an ihre Brust zu fassen, dort wo ihr Herz schlug.
 

„Was ist mit mir los..? Ich fühle.. eine starke Verbitterung in mir..“, murmelte sie und blickte hilfesuchend zu Wriothesley, der ebenso kurz neben sich wirkte. Dann schüttelte er den Kopf.
 

„Atme nicht den eisigen Wind ein! Er vernebelt deinen Verstand.“, warnte er und rotierte mit seinen Fäusten vor sich und Minako, um die Attacke abzuwehren.
 

„Zu spät. Wenn meine kryo-angereicherte Verbitterung erst einmal in eurem Organismus ist, wird er euch langsam zerstören. Ihr werdet das gleiche fühlen, wie ich die letzten Jahre.“, sprach Leiko monoton und lief langsam auf ihre Schwester zu.
 

Wriothesley richtete sich auf und erzeugte mit seinem eigenen Kryo einen Schleier um sich und seine Begleiterin. „Ich habe selbst Kryo, also wirkt dein kleiner Trick nicht richtig bei mir. Minako, nimm meine Hand.“, befahl er dann, sein Blick und seine Stimme waren augenblicklich sanfter, als er die Blondine ansprach. Minako nickte leicht und griff nach seiner Hand, als die Kälte seines Kryo Elementes von ihrer Hand in ihren Körper strömte. „Es betäubt das, was auch immer sie in deinen Körper injiziert hat.“, erklärte er weiter und sah, wie Leiko ihre Hellebarde auf den Boden vor sich rammte und ein neuer Schild aus Eis erschien.
 

„Ihr wollt es also nicht anders? Auch gut. Ich werde den gesamten Kanal zum Einsturz bringen und Fontaine in Schutt und Asche legen.“, knurrte sie. Wriothesleys Auge begann zu funkeln und Minako bemerkte zuerst nicht, dass er ihre Hand losließ. Seine Bewegungen waren schnell, schneller als das menschliche Auge es registrieren konnte, als er vor Leiko war und ihre Hand, die die Hellebarde hielt, festhielt. Mit einem kräftigen Tritt in ihren Bauch, ließ Leiko von ihrer Waffe ab und wurde von Wriothesley an die Wand hinter sich gedrückt. Dabei packte er ihren zweiten Arm und hielt beide über ihren Kopf.
 

„Nicht solange ich lebe. Minako!“, rief Wriothesley dann hinter sich. „Wie du siehst, habe ich alle Hände voll zu tun, also.. kannst du mir beim Verhaften behilflich sein? Meine Handschellen sind an meiner Hose.“, meinte er dann mit seinem typischen Grinsen. Minako schwieg die ganze Zeit über, sie war überwältigt wie gut er das alles im Griff hatte und nickte nur leicht, als sie nach vorne zu den beiden lief.
 

Leiko versuchte sich mit Tritten und Bissen zu wehren und auch kleine Kryo-Nadeln, die sie noch erschaffen konnte. Die Nadeln streiften Wriothesleys Gesicht und rissen ein paar blutige Kratzer, doch das schien ihn nicht zu stören. Ebenso wenig wie ihre Tritte. Als Minako endlich da war, nahm sie die Handschellen und legte sie um Leikos Handgelenke. Als das geschehen war, ließ Wriothesley von ihren Armen ab und schmunzelte triumphierend. „Puh, danke. Noch etwas länger und sie hätte sich sicherlich befreien können.“
 

„Pah, als ob mich diese dummen Handschellen aufhalten könnten!“, knurrte Leiko und versuchte sich zu befreien.
 

„Oh, das werden sie, keine Sorge. Oder hast du deine erste Verhaftung bereits vergessen?“, fragte er und Leiko knurrte böse, bevor sie von Wriothesley nach oben gebracht wurde, mit Minako im Schlepptau.
 

An der Oberfläche wurden sie von Taisaki und Hiroshi begrüßt, denen sie schnell die Sachlage erklärten. Hiroshi gab seinem Vorgesetzten daraufhin einen Daumen nach oben. „Super schnell und effizient erledigt! Was anderes habe ich auch nicht erwartet. … Fräulein Minako, wurdet Ihr auch verletzt?“, fragte er dann und lief näher auf die junge Frau zu.
 

„Huh? Ich habe doch gar nicht mitgekämpft richtig.“
 

„Aber da ist ein roter Fleck an Eurem Hals. Wenn das kein Blut ist.. Moment.. ist das ein KNUTSCHFLECK?!“
 

Hiroshis Satz und anschließendes Pfeifen waren so laut, dass Minako und Wriothesley erneut rot wurden und weg sahen, während Taisaki sicher ging, dass Leiko sicher in Gewahrsam genommen wurde. Hiroshi verschränkte nur grinsend seine Arme. „Ich nehme an, das ist auch nicht das, wonach es aussieht?“, fragte er dann neckisch, bekam von den beiden allerdings nur betretenes Schweigen als Antwort.
 

Als dann der Abschied gekommen war, gingen Hiroshi und Taisaki bereits vor, allerdings ohne Leiko. Wriothesley wollte sie persönlich zurück bringen, aber wollte sich auch von Minako verabschieden ohne das Geschwisterpaar mit ihren neckischen Kommentaren dabei zu haben.
 

„Damit endet unsere gemeinsame Mission.“, sprach er und kratzte sich an der Wange, unsicher, was er sagen sollte. Minako nickte leicht.
 

„Ja, ich bin froh, dass wir .. beziehungsweise du verhindert hast, dass etwas schlimmeres passiert.“, nickte sie und blickte dann zu ihrer Schwester. „Und ich bin auch froh, dass wir uns noch einmal sehen konnten, auch wenn die Umstände alles andere als schön waren.“, meinte sie weiter.
 

Leiko sah nur weg. „Verschone mich bitte mit diesem sentimentalen Gesabbel. Am liebsten würde ich dich niemals wieder sehen.“, murmelte sie. Wriothesley schloss kurz seine Augen und wollte mit Leiko gehen.
 

„Ich werde dich in Fort Meropide besuchen kommen, versprochen.“, sprach Minako nur. Leiko drehte sich um und schaute genervt.
 

„Wer sagt, dass ich will, dass du mich besuchen kommst? Hast du mir gerade nicht zugehört?“, fauchte sie.
 

„Wer sagt, dass ich dich gemeint habe?“, konterte die Blondine nur und zuckte mit den Schultern. Sie lief dann eiskalt an ihrer Schwester vorbei und zog Wriothesley an seiner Krawatte in einen kurzen und sanften Kuss auf seine Lippen. „Das ist doch okay, oder..?“
 

Wriothesley erwiderte den Kuss und sah sie dann erheitert an. „Natürlich. Es ist eine nette Abwechslung, wenn du mir mal die Ehre deines Besuches erweist. Anstatt dass ich mich ständig für deine Auftritte nach oben schleichen muss.“, erwiderte er mit einem Zwinkern. Dadurch wurde Minako wieder rot im Gesicht.
 

„D-Du bist also wirklich nur zur Oper gekommen, um mich zu sehen?“
 

„Weswegen denn sonst?“, fragte er und hob seine Hand, um ihren Wangenknochen mit seinem Daumen zu streicheln. Die junge Frau verlor sich fast in seinem Charme und unterdrückte ein verliebtes Aufseufzen.
 

„Tch, nehmt euch ein Zimmer.“, kommentierte Leiko und wurde mit jeder Sekunde genervter. Wriothesley lachte leicht.
 

„Nun, wenn wir das nächste Mal die Gelegenheit dazu haben.“, begann er und lehnte sich dann zu Minakos Ohr. „Können wir die Dienste des Love Hotels wie vom Besitzer angedacht in Anspruch nehmen.“, flüsterte er in ihr Ohr und merkte, wie sich ihre Nackenhaare aufstellten. Als er sich wieder nach vorne löste, war Minakos Gesicht tomatenrot.
 

„Oh, darf ich mich dann für den Knutschfleck revanchieren?“, antwortete sie dann und gab ihm zum Abschied noch einen weiteren Kuss auf den Mund. „Ich kann es nicht erwarten, dich wieder zu sehen, mein Herzog.“, flüsterte sie gegen seine Lippen. Wriothesley ließ von seiner Gefangenen ab, um seine Hände an Minakos Taille zu legen und sie kurz an sich zu drücken.
 

„Dann lass mich nicht zu lange warten~“, hauchte er zurück und seine Lippen verweilten neckisch vor ihren, bis die beiden von einem Rufen aus ihrer Trance gerissen werden.
 

„Herzog, die Fähre wartet nicht mehr lange auf uns. Wir müssen nun wirklich zurück!“, rief Taisaki von weitem und das Paar löste sich mit einem Seufzen voneinander. Wriothesley streichelte Minako eine letzte Strähne aus ihrem Gesicht hinter ihr Ohr und zwinkerte erneut mit einem Lächeln, bevor er sich mit Leiko in Bewegung setzte. Minako beobachtete ihn, bis er nicht mehr zu sehen war und lächelte, als sie ihre Hand erneut an ihre Brust legte, wo ihr Herz schlug. Dieses warme Gefühl nahm sie komplett ein und sie würde sicher gehen, ihn so oft zu besuchen, wie es möglich war und diese aufblühende Liebe weiter zu vertiefen.
 

ENDE
 

EXTENDED ENDING

(Achtung, hier wird es ein wenig heiß aber nicht zu explizit.)
 

Sigewinne summte fröhlich vor sich hin, als sie mit einem kleinen Tablett, auf dem eine Tasse Tee war, zu Wriothesleys Büro spazierte. Der Herzog genoss nach der Mittagszeit immer seinen Tee und die Oberschwester brachte ihm jeden Tag eine Tasse. Allerdings hatte sie es diesmal mit der Zeit ein wenig zu gut gemeint, denn sie erschien deutlich früher als sonst.
 

„Herzog, der Tee- Oh! Fräulein Minako, ich wusste nicht, dass du auch da bist!“, begrüßte Sigewinne die Blondine, die augenscheinlich auf dem Schoß des Herzogs saß. Wriothesley sah entspannt von seinem Papierberg auf und lächelte.
 

„Ah, der Tee kommt heute etwas früher als erwartet. Vielen Dank, Sigewinne.“, sprach er und sah aus seinem Augenwinkel, wie die junge Frau auf seinem Schoß leicht erzitterte. Sie hatte ihre Fäuste geballt und wirkte unruhig, was den Schwarzhaarigen zum Schmunzeln brachte.
 

„Ah, ja, ich habe gleich noch einen wichtigen Patienten. Fräulein Avice kommt zu ihrer Routineuntersuchung.“
 

„Ist mit dem Baby alles in Ordnung?“
 

„Ja, keine Komplikationen! In zwei Monaten ist es auf der Welt..! .. Oh Fräulein Minako, geht es dir nicht gut? Hast du Fieber? Du bist so blass.“, merkte die kleine Melusine dann an und legte ihre Pfote besorgt unter ihr Kinn.
 

Minako lächelte und schüttelte den Kopf. „N-Nein, alles in Ordnung.“, sprach sie, ihre Stimme war dabei leicht zittrig. Sigewinnes Sorgen wuchsen.
 

„Oh, ich denke eine Tasse Tee würde der bezaubernden Dame sicher Besserung verschaffen. Würdest du bitte noch eine Tasse holen?“, fragte Wriothesley dann in seiner charmanten und ruhigen Stimme. Die Melusine lächelte und nickte.
 

„Natürlich! Sofort!“, meinte sie und verließ das Büro wieder. Als die Tür zu war, entwich der jungen Frau ein leises Stöhnen und ihre Stirn ruhte auf seiner Schulter, als sie seine Männlichkeit in sich zucken spürte.
 

„Tut mir leid. Sie bringt den Tee sonst nie so früh.“, entschuldigte er sich und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. Minako schmollte leicht und haute ihn sachte auf die Schulter.
 

„Das ist das letzte Mal, das wir so was machen.“, sprach sie, woraufhin Wriothesley sanft auflachte.
 

„Das war deine Idee, meine langweilige Arbeit mit deiner Wärme angenehmer zu machen~“
 

„Oh, sei still du Blödmann.“
 

„Lieb dich auch, meine Wildkatze~“
 

ENDE



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Tijen
2023-11-09T20:09:44+00:00 09.11.2023 21:09
Also ich muss schon sagen, es gefällt mir sehr gut. Es ist sehr anschaulich beschrieben und für Kampfszenen hast du einfach ein Händchen. Außerdem wird es nie langweilig.

Nach dem, was ich von dir so über Wriothesley erfahren habe, finde ich es sehr passend, dass sich die beiden schon einmal getroffen haben und dass du Leiko dafür genutzt hast, um sie wieder zueinander zu führen, ist sehr raffiniert. Was der arme Bursche alles mitmachen musste in seiner Kindheit… ich finde, Minako und er passen sehr gut zusammen, gerade wegen ihrer Moral und dem Ehrgefühl.

Minako das 1. Mal auf der Bühne zu erleben (zumindest in den Stories die ich gelesen habe), freut mich doch sehr, da der Gesang ja ihre Leidenschaft ist und ich es passend finde, dass das eine entscheidende Szene mit den beiden war. Dass Wrio mehr darüber nachdenkt und es zumindest in Erwägung zieht, sich mit sich selbst auseinander zu setzen. Dass er farbenblind ist, wusste ich gar nicht.

Taisaki und Hiroshi zumindest kurz wieder zu lesen, war super. Die sind mir richtig ans Herz gewachsen und sind auch ein super Team. Alles in allem wirklich sehr gut geglückt. :3

Manchmal glaube ich echt, Leiko und Setsuna würden sich sehr gut verstehen. XD So btw.
Ach und das Ende war wirklich hot. XD Hehehe~. Ein wenig smut, aber ich steh auf sowas. Ich könnte mir btw. durchaus vorstellen, dass Minako und Wriothesley ein Baby bekommen. ;3



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