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Little Red Riding Hood

von

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You sure are looking good

Es war gestern reichlich spät geworden, denn nach ihrem ausgiebigen Dinner und nachdem sie gemeinsam zwei Flaschen Wein geleert hatten, hatte Peter deutlich gespürt, dass Isaac offensichtlich Angst vor der Nacht zu haben schien, so wie er immer weiter versuchte, ihr Gespräch fortzusetzen und den Abend nicht enden zu lassen.
 

Peter erinnerte sich gut daran, wie das war.
 

Die Nacht war die Zeit, in der die nicht zu ende gedachten Gedanken des Tages einen ratlos anzustarren begannen, wo sich Schatten leicht in Ungeheuer verwandelten und Ängste aller Art sich von hinten an einen heranzuschleichen begannen.

Dieser Junge hatte einiges hinter sich und er hatte überdies den ungewissen Ausgang des Prozesses noch vor sich. So etwas konnte einem den Schlaf rauben, weswegen Peter kurzerhand vorgeschlagen hatte, dass sie noch gemeinsam einen Film anschauen könnten.
 

Isaac war sofort begeistert auf dieses Angebot eingestiegen und hatte wissen wollen, ob sein Gastgeber wohl seinen Lieblingsfilm „Interview mit einem Vampir“ nach der Romanvorlage von Anne Rice kennen würde? Als Peter dies verneinte, konnte der Jüngere es kaum glauben und bestand darauf, dass sie diese Bildungslücke nun aber dringend schließen müssten.

Peter hatte widersprechen wollen, da er eher ein Realist war und ihm Geschichten über übernatürliche Wesen wie Vampire, oder Werwölfe nicht so sehr lagen, doch hatte er es angesichts Isaacs Enthusiasmus nicht übers Herz gebracht Nein zu sagen.
 

Es ging am Ende um die toxische Liebe eines jungen Tom Cruise zu einem noch jüngeren Brad Pitt, welchen Ersterer durch den ewigen Kuss in einen Vampir verwandelte. Um seinen Liebling ewig an sich zu binden, hängte er ihm dann noch einen Vampir-Balg, gespielt von einer kindlichen Kirsten Dunst an und das Ganze endete selbstverständlich im riesigen Drama.

Für Peters Geschmack war das Ganze zwar ein bisschen drüber gewesen, aber letztlich hatte es sich dennoch als recht unterhaltsam erwiesen und er konnte nachvollziehen, warum einen romantischen Jungen mit trauriger Herkunft eine solche Story fesselte.

Nach dem Film war es bereits weit nach Mitternacht gewesen und Isaac daher so müde, dass er sicherlich rasch einschlafen würde, womit Peter sein Ziel erreicht hatte, dem Jüngeren einen unbeschwerten Nachtschlaf zu verschaffen.
 

An diesem Morgen hätte Peter theoretisch ein wenig länger schlafen können, denn sein erster Termin an diesem Tag, ein Mandantengespräch in der Kanzlei, war erst auf zehn Uhr terminiert, doch sein Telefon machte ihm einen Strich durch die Rechnung, indem es bereits um halb sieben klingelte:
 

„WAS?“ knurrte er zornig in den Hörer:
 

„Bist du schon wach?“ Stiles am anderen Ende der Leitung klang ein wenig kleinlaut:
 

„NEIN!“ behauptete der Ältere: „ICH LEGE WIEDER AUF.“
 

„Aber wenn du doch schon mal wach bist...“ begann Stiles, welcher sein Selbstvertrauen schnell wiedergefunden hatte: „...sag mir doch wenigstens kurz, ob du in Isaacs Fall schon etwas erreichen konntest?“
 

Peter stellte sich vor, wie er Stiles durch die Telefonleitung zog, um ihm eins auf die Nase zu geben:

„Und deswegen weckst du mich in aller Herrgottsfrühe, du Spinner?“ bellte er in den Hörer:
 

„Na ja, es beschäftigt mich eben. Ich mache mir Sorgen um meinen Freund.“ erwiderte der Jüngere und schien dabei recht unbeeindruckt vom gerechten Zorn des Rechtsanwalts, angesichts der Störung zu so früher Stunde:
 

„Ich hasse dich!“ ließ Peter Dereks Partner wissen: „Aber nur zu deiner Beruhigung... Isaac geht es bestens, also entspann´ dich wieder, du kleiner Blödmann. Ich habe ihn aus dem Knast geholt. Er ist draußen.“
 

„Er ist... was?“ stutzte Stiles: „Wie? Wieso? Wo ist er denn? Er hat doch gar keine Bleibe mehr? Du hast ihn doch nicht etwa zu diesem alten Sack gehen lassen, bei dem er damals nach seinem Auszug von seinem Vater gelebt hat, oder? Isaac hat zwar nie etwas gesagt, aber ich bin sicher, da ist damals irgendetwas ganz Mieses gelaufen. Scheiße Peter, wieso hast du denn nichts gesagt? Ich hätte mir doch etwas einfallen lassen. Wie finde ich ihn den jetzt? Fuck, fuck, fuck!“
 

Peter seufzte, betete um Geduld und versicherte:

„Beruhige dich, Stiles! Isaac ist hier bei mir.“
 

„BEI DIR? ETWA IN DEINEM BETT?“ tönte es nun entsetzt vom anderen Ende der Leitung:
 

„Ich lege jetzt auf.“ erklärte Peter und das tat er auch.

Und zur Sicherheit schaltete er sein Telefon stumm, ehe er sich im Bett herumdrehte und die Augen noch einmal schloss.
 

Etwa eine Stunde später klingelte Peters Wecker und diesmal fühlte er sich auch tatsächlich bereit zum Aufstehen. Er schwang die Beine über den Bettrand, zog seine Trainingskleidung an und machte sich auf den Weg in sein privates Gym. Er hatte sich gerade auf dem Laufband warm gemacht und war bereit für sein Krafttraining, als er hinter sich das Tapsen nackter Füße vernahm.
 

Er wendete sich um und blickte in Isaacs verschlafenes Gesicht unter dem zerzausten Lockenschopf:

„Morgen Kleiner, gut geschlafen?“ erkundigte er sich grinsend.
 

Der Junge nickte:

„Wie ein Baby.“ versicherte er gähnend und wollte wissen: „Was willst du zum Frühstück? Ich laufe schnell los zum Einkaufen.“
 

„Entspann´ dich und werd´ erst einmal in Ruhe wach.“ gab der Ältere lachend zurück: „Ich esse morgens nichts. Intermittierendes Fasten, so halte ich meine Figur.“
 

„Das erklärt einiges.“ gab Isaac zurück und bewunderte seinen Gastgeber unverhohlen, wie er gerade dabei war Langhanteln zu bewegen, wobei er langsam ein wenig vom Schweiß zu glänzen begann:
 

„Von nichts kommt nichts.“ bestätigte der Anwalt, beendete seinen Satz und ließ grinsend seine beeindruckenden Brustmuskeln tanzen.
 

Isaac blickte ein wenig unzufrieden an seiner eigenen schlanken Gestalt hinab und Peter kommentierte lachend:

„Du kannst dich gerne auch ein bisschen hier austoben, wenn du später Lust hast, Kleiner.“
 

„Warum nennst du mich eigentlich immer Kleiner?“ fragte Isaac ertappt und ein wenig mürrisch: „Ich bin mindestens zehn Zentimeter größer als du.“
 

„Da hast du natürlich vollkommen recht. Ich werde mir wohl etwas anderes für dich überlegen müssen.“ stimmte Peter zu.
 

Mit einem Mal sah Isaac ziemlich zerknirscht aus:

„Entschuldige bitte, Peter.“
 

„Wofür entschuldigst du dich?“ erkundigte sich der Anwalt erstaunt:
 

„Weil ich so unfreundlich zu dir bin. Das hast du echt nicht verdient. Ich bin so ein Stinktier, bevor ich morgens meinen ersten Kaffee hatte. Bitte verzeih´ mir!“ murmelte der Jüngere unglücklich:
 

„Wann warst du denn unfreundlich zu mir?“ fragte Peter lachend: „Das ist mir beim besten Willen nicht aufgefallen. Aber wenn du einen Kaffee brauchst, dann geh doch in die Küche und mach´ dir einen. Mein Kaffeevollautomat ist das einzige Küchengerät, das ich neu angeschafft habe, als ich hier eingezogen bin und das Ding macht den besten Kaffee der Stadt. Es macht den fähigsten Barista arbeitslos.“
 

Isaac wirkte nicht wirklich so, als könne er sich schon selbst seine vermeintliche Stinktierhaftigkeit verzeihen, doch er zog sich zurück. Er verschwand in seinem Zimmer, um sich anzuziehen und folgte dann Peters Empfehlung den Kaffeeautomaten auf die Probe zu stellen, nur um festzustellen, dass der Hausherr wirklich nicht gelogen hatte, denn der Kaffee war in der Tat fantastisch. Isaac war bereits bei der zweiten Tasse, als Peter ihm frisch geduscht und bereit für seinen Arbeitstag in die Küche folgte.
 

Isaac stand abrupt von seinem Hocker an seinem Küchentresen auf und sagte:

„Ich mache dir auch einen, okay? Setz´ dich bitte! Geht sofort los.“
 

„Ganz ruhig, Klei... ich meinte, Isaac. Setz´ dich wieder. Ich bin bestens in der Lage, mir meinen Kaffee selbst kochen.“ versicherte Peter: „Du bist doch nicht das Hauspersonal.“

Der Anwalt drückte die Knöpfe an seinem Kaffeeautomaten, entnahm anschließend die dampfende Tasse und bereitete sich dann einen Eiweißshake in einem Plastikgefäß, welches dann in seine Aktentasche wanderte:

„Mittagessen.“ kommentierte er:
 

„Davon kann man doch nicht leben?“ erwiderte Isaac zweifelnd.

Dann fragte er zaghaft: „Aber unser Deal steht doch noch, oder? Ich darf dir etwas zu essen machen, wenn du später heimkommst?“
 

„Ich freue mich schon darauf.“ bestätigte Peter mit einem schelmischen Grinsen: „Was gibt es denn Gutes?“
 

„Ich hatte an selbstgemachte grüne Bandnudeln gedacht? Du hast da diese Pastamaschine. Und dazu vielleicht eine Steinpilz-Sahne-Sauce?“ erwiderte Isaac unsicher fragend, nur um schnell hinzuzufügen: „ Ich kann aber auch etwas ganz anderes kochen, wenn du so etwas nicht magst?“
 

„Nein, klingt super.“ versicherte Peter, seinen Kaffee trinkend und in sein Handy vertieft.

Stiles hatte heute Morgen in seiner bekannt-nervtötenden Hartnäckigkeit bereits siebenundzwanzig mal versucht anzurufen, um dann schließlich eine Nachricht schreiben.
 

Peter erkundigte sich seufzend: „ Denkst du, du kannst heute eventuell auch die doppelte Menge kochen, Isaac? Ich schätze wir Zwei bekommen später noch Besuch.“
 

„Wer kommt denn?“ wollte der Jüngere wissen.
 

Peter verzog grimmig das Gesicht:

„Die spanische Inquisition!“



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