Zum Inhalt der Seite

No World of Beauty

von
Koautor: Platan

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Kapitel 3: Dann sind die Gerüchte also wahr?


 

Flordelis hatte sein Wort gehalten, sehr zur Freude von Platan. Sie verbrachten den restlichen Tag miteinander, bis es so spät wurde, dass es leider erst mal Zeit war sich wieder zu trennen. Immerhin mussten beide am nächsten Tag früh raus. Sein Freund begleitete ihn aber sogar noch nach Hause, bis zu seiner Tür, wo sie sich schließlich voneinander verabschiedeten. Als Flordelis sich abwandte, um zu gehen, starrte Platan ihm sehnsüchtig hinterher. So lange, bis er nicht mehr zu sehen war.

Erst danach ging er seufzend in seine Wohnung und trank noch wie gewohnt eine Tasse Kaffee, bevor er sich ins Bett legte, um zu schlafen. Jedenfalls versuchte er es. Allerdings gingen ihm noch viel zu viele Gedanken durch den Kopf, die ihn ewig wach hielten. Ascor. Der Zeitsprung. Und vor allem Flordelis …

Irgendwann musste er dennoch eingeschlafen sein, denn der Wecker ließ ihn am nächsten Morgen hochschrecken. Sofort vergewisserte er sich, nicht nur einen schönen Traum gehabt zu haben und schrieb Flordelis eine Nachricht. Als er darauf eine Antwort erhielt, konnte er aufatmen. Alles gut. Er hatte nicht nur geträumt. All das war real. Ascor hatte ihm ein Wunder geschenkt, auch wenn er immer noch nicht verstand, was es mit seiner Bedingung dafür auf sich hatte. Darüber dachte er aber erst mal nicht nach.

Zuerst musste er Flordelis retten.

Darum saß er nun nachdenklich im Büro an seinem Schreibtisch. Statt zu arbeiten, grübelte er darüber nach, wie er Projekt Y am besten verhindern könnte. Der Bildschirmschoner seines Laptops hatte sich schon lange aktiviert und zeigte einige Blütenblätter, die hin und her tanzten. Mähikel lag in ihrem Pokémon-Bettchen an der Wand und beobachtete Platan aufmerksam.

Ich muss sichergehen, dass die ultimative Waffe nicht aktiviert werden kann.

Auf die Weise bekäme er auch mehr Zeit, sich etwas zu überlegen, mit dem er Flordelis davon überzeugen könnte von seinem Plan abzulassen und die Welt auf eine andere Weise zu retten. Also benötigte Platan den Schlüssel, der die ultimative Waffe aktivierte, was wiederum bedeutete, dass er mit Azett sprechen musste. Und den zu finden, war nicht einfach.

Platan könnte selbst durch Kalos reisen, in der Hoffnung, auf ihn zu treffen, was er wahrscheinlich auch getan hätte, nur um nicht herumsitzen und warten zu müssen – aber er konnte sich daran erinnern, dass die Kinder ihm von einem Treffen mit Azett in der Illumina-Steppe erzählt hatten. Wenn er zu diesem Zeitpunkt also auch vor Ort wäre, dürfte Platan ihn auf jeden Fall erwischen und sparte sich so das Reisen (das ihn ohnehin nur von Flordelis abgelenkt hätte). Dann müsste er Azett nur noch dazu überreden ihm den Schlüssel anzuvertrauen.

Wo hielten sich die Kinder wohl gerade auf? Wie weit waren sie schon gekommen? Zügig stand er auf und ging um die Trennwand herum, zum Schreibtisch von Sina und Dexio, die er freundlich anlächelte. Mähikel war aufgesprungen und ihm treu gefolgt.

»Na, alles gut bei euch?«, fragte er entspannt. »Irgendwie läuft es heute nicht so gut bei mir mit der Arbeit. Ich drifte viel zu sehr mit meinen Gedanken ab und frage mich, wie sich die Kinder wohl machen, denen ich dieses Jahr jeweils ein Pokémon anvertraut habe. Wisst ihr zufällig, wie sie vorankommen?«

Sina sah Platan besorgt an. »Professor, die Kinder waren erst vor ein paar Tagen hier im Labor. Haben Sie das vergessen?«

»Erst vor ein paar Tagen ...«, wiederholte Platan langsam.

Also dauerte es noch eine ganze Weile, bis sie die Illumina-Steppe erreichten. Das gefiel ihm nicht, aber er hätte sich denken müssen, dass er nicht sofort etwas ändern könnte. Er musste froh sein, überhaupt Einfluss auf den Verlauf der Zukunft nehmen zu können, damit sie nicht nochmal den Weg einschlug, den er miterleben musste. Wie ärgerlich, dass er nicht wusste wo genau sich Yveltal aufhielt, bevor Team Flare ihn entdeckte.

»Professor?«, unterbrach Dexio seinen Gedankengang vorsichtig.

»Hm?« Platan blinzelte irritiert, winkte dann jedoch rasch ab. »Ich habe mir nur gerade ausgemalt, wie viel Spaß die Kinder bestimmt haben. In jungen Jahren Erfahrungen zu sammeln ist immerhin besonders prägend für das Leben und daher richtig aufregend, nicht wahr?«

Dexio nickte zwar, sah ihn aber seltsam unsicher an. »Genau davon schwärmen Sie jedes Jahr.«

»Es ist eben eine faszinierende Sache.« Lächelnd wanderte sein Blick zwischen seinen Assistenten hin und her. »Bitte informiert mich zwischendurch darüber, wie die Kinder sich machen.«

»Ja, natürlich«, sagte Sina, ehe ihr noch etwas einfiel: »Oh, Professor, wenn Sie schon mal hier sind, kann ich Sie dann was fragen?«

Noch bevor er dazu kam, etwas zu sagen, kramte sie eine Zeitschrift aus ihrer Tasche.

»Die habe ich vorhin auf dem Weg zur Arbeit gekauft«, erklärte sie dabei, während sie Platan die Zeitschrift entgegenhielt, bereits auf einer bestimmten Seite aufgeschlagen.

Neugierig beugte Platan sich etwas vor und betrachtete sie genauer. Es war eindeutig irgendein Klatschmagazin, an dem sich so manche Person in Illumina City erfreute. Er erstarrte sofort, als er das Bild auf der offenen Seite erkannte: Es war der Moment, in dem er Flordelis umarmt hatte.

Er musste zwei Mal hinsehen, bis er wirklich glauben konnte, was er da sah. Hatte er Flordelis tatsächlich derart intensiv und leidenschaftlich umarmt oder lag es nur an der Perspektive?

Moment.

Er sollte sich über etwas ganz anderes Gedanken machen. Der Titel des Berichts sprach ganz eindeutig von einer Beziehung.

Das ... gefällt Flordelis mit Sicherheit gar nicht.

»Ist das wahr?«, fragte Sina aufgeregt

Statt zu antworten, nahm er die Zeitung in die Hände und überflog die Texte ein wenig. Hatten sie derart intim auf andere gewirkt? Wieso machte ihn das so ... verlegen? Sollte er nicht genervt sein und sich daran stören? Nein, das konnte er nicht. Nicht nachdem er Flordelis so schmerzlich vermisst hatte.

»Werden Sie gerade rot?!«, platzte es erstaunt aus Dexio heraus.

Erschrocken ließ Platan die Zeitschrift sinken. »W-was? Nein, ich ... das ist ein Irrtum. Freunde dürfen sich doch einfach nur sehr nahe stehen, oder nicht? Ich habe mich an diesem Tag einfach nur sehr gefreut, Flordelis zu sehen.«

Sina sog erschrocken die Luft ein, ehe sie ihn misstrauisch musterte. »Aber Sie haben Flordelis doch erst vorgestern gesehen. Warum haben Sie sich dann gestern soooo sehr über ihn gefreut?«

Sie war sehr aufmerksam. Das machte ihn stolz, keine Frage, aber in diesem Fall kam ihm das eher ungelegen. Wie sollte er denn darauf antworten?

»Weil ich ... ich ...« Nervös suchte er nach irgendwelchen passenden Worten – sonst hatte er damit keine Probleme, doch gerade war sein Kopf wie leergefegt. »Ihr zwei! Habt ihr nicht auch manchmal Tage, an denen ihr euch einfach mehr freut den jeweils anderen zu sehen? Ohne, dass mehr dahinter steckt?«

Dexio machte ein nachdenkliches Geräusch. »Ich denke schon.«

»Seht ihr?«

»Aber ...«

»Aber?«

Statt weiterzusprechen, warf Dexio einen Blick zu Sina, den Platan nicht so recht deuten konnte.

»Ich habe Dexio trotzdem noch nie derart intensiv umarmt«, sprach sie für ihn weiter. »Selbst wenn ich mich wirklich gefreut habe, ihn zu sehen. Und ich bin auch nie auf einen stundenlangen romantischen Spaziergang mit ihm gegangen.«

Es kam Platan so vor, als würde Dexio nach Sinas Worten ein leises »Ja, leider« murmeln, aber er war sich nicht sicher. Er musste sich gerade erst mal irgendwie erklären.

»Das war nur ein ganz normaler Spaziergang«, betonte er unruhig.

Wer hatte sie überhaupt dabei beobachtet? Ihm war niemand aufgefallen, aber er hatte sich auch nur auf Flordelis konzentriert ... die ganze Zeit.

»Und die Umarmung war ...«

Platan wollte nicht weiter darauf beharren, dass es nur freundschaftlich gemeint war und nichts bedeutet hatte. Das wäre gelogen. Für ihn hatte es einiges bedeutet. Nach einem halben Jahr konnte er seinen Freund endlich wiedersehen, obwohl er in seiner Zeit tot war. Das war unbeschreiblich.

»Habt ihr nicht noch Arbeit zu erledigen?«, lenkte Platan räuspernd ab. »Oder Pause zu machen? Ja, macht am besten Pause und geht etwas essen.«

Dexio grinste ein wenig. »Jetzt schon? Wir sind noch gar nicht lange hier.«

Stimmt, es war noch früh.

»Dann trinkt noch einen Kaffee oder so. Kaffee geht immer.«
 

»Sie wissen, dass Sie uns so nicht einfach loswerden können, oder?«, fragte Sina. »Wir würden nach dem Kaffee wiederkommen.«

»Ich will euch nicht loswerden«, verteidigte Platan sich, vermutlich wenig überzeugend. »Wir sollten uns nur alle eine kleine Denkpause gönnen.«

»Wenn Sie das sagen, Professor«, meinte Dexio amüsiert schmunzelnd.

Platan wedelte mit der Zeitschrift Richtung Aufzug. »Na los, geht schon. Genießt euren Kaffee.«

Nach diesen Worten ging er ziellos ein paar Schritte, blieb kurz darauf aber schon wieder neben einem Fenster stehen und warf nochmal einen Blick in die Zeitschrift. Nun dachte ganz Illumina City, er hätte eine Beziehung mit Flordelis. Wie hatte das so schnell eskalieren können? Dabei war er erst einen Tag in dieser Zeit.

Er war so sehr in Gedanken versunken, dass er das Klingeln seines Holo-Logs erst bemerkte, als Sina ihn darauf hinwies. Darauf ließ er die Zeitschrift sinken und starrte nervös auf seine Armbanduhr. Eine Anrufer-ID wäre wirklich hilfreich. Ob Flordelis das schon auf die Liste gesetzt hatte?

Dexio war inzwischen mit Sina aufgestanden und schlenderte schon zum Aufzug. »Bis gleich, Professor~.«

Warum wirkten seine Assistenten nur so begeistert von diesem Artikel? Nun, es war besser, als wenn sie ihm mit Abscheu begegnet wären. Damit hätte Platan nicht umgehen können. Statt weiter nachzudenken nahm er aber erst mal rasch den Anruf entgegen.

»Hallo, Platan«, grüßte Flordelis ihn ernst, kaum dass sich das Hologramm zusammengesetzt hatte. »Deinem Blick nach zu urteilen, gehe ich davon aus, dass du es auch schon gehört hast.«

Obwohl Flordelis so ernst aussah, freute Platan sich so sehr, ihn zu sehen, wenn auch nur als Hologramm, dass er sofort lächeln musste, obwohl ihm diese Situation auch unangenehm war.

»Guten Morgen, Flordelis«, erwiderte er den Gruß aufrichtig und seufzte anschließend leise. »Ja, ich habe es gerade eben gelesen. Tut mir leid, ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen. Hoffentlich bekommst du wegen diesem Artikel keine Schwierigkeiten mit Investoren oder so.«

Das täte ihm wirklich leid. Immerhin wollte Flordelis mit seinen Erfindungen die Welt verbessern, wenn er aus Verzweiflung nicht gerade alles Schlechte mit der ultimativen Waffe auszulöschen plante.

»Keine Sorge«, beruhigte Flordelis ihn sofort, »für mich ist das kein Problem. Eigentlich wollte ich dich bezüglich dieses Gerüchts auch nur um etwas bitten, um es nicht noch schlimmer zu machen.«

Es beruhigte Platan, dass dieses Gerücht für Flordelis persönlich offenbar kein Problem darstellte. Die darauf folgenden Worte sorgten aber für ein ungutes Gefühl in seiner Brust.

»... Ja?«, erwiderte er zögerlich. »Worum willst du mich bitten?«

Wollte Flordelis nun erst mal Abstand zu Platan halten, damit die Presse nicht noch mehr Material bekäme, auf das sie sich stürzen könnte? Selbst wenn es seinen Freund nicht störte, waren solche Gerüchte natürlich schwierig, wenn man derart in der Öffentlichkeit stand wie er.

Nein, er sollte nicht direkt in Panik geraten und sich erst mal anhören, was Flordelis von ihm wollte.

»Bitte rede nicht mit Reportern darüber«, sagte dieser ernst. »Jedes Statement, das dazu abgegeben wird, macht es nur schlimmer. Deswegen ist es besser, wenn wir beide nichts dazu sagen.«

Seine Sorge war tatsächlich unbegründet gewesen. Er atmete auf. Die Angst davor Flordelis erneut zu verlieren, egal auf welche Weise, war fest in ihm verankert. Platan sollte aufpassen, dass genau dieses Gefühl Flordelis nicht eines Tages sogar abschreckte.

»Kein Problem, ich werde Reportern gegenüber schweigsam sein«, versicherte Platan ihm und schmunzelte ein wenig. »Auch wenn ihnen dadurch einige spannende Märchen entgehen, die ich zu erzählen wüsste. Vielleicht hätte ich dadurch einige Fans gewonnen und in einer Radiosendung regelmäßig Geschichten erzählen können.«

Flordelis musste auf seine Worte hin auch schmunzeln. »Das würde dir jedenfalls ähnlich sehen.«

Als Platan einen Blick aus dem Fenster warf, bemerkte er sofort einige neugierige Leute von der Presse, die erwartungsvoll sein Labor draußen belagerten. Er wich einige Schritte zurück ... und plötzlich wurde ihm bewusst, was für ein riesengroßes Problem das war. Wenn er in nächster Zeit immerzu mit Reportern rechnen musste, die ihn verfolgten, konnte er nicht unbemerkt nach Azett suchen oder andere Dinge planen, ohne dass auch Flordelis davon erfuhr.

Platan wurde blass. Wenn das Interesse der Presse nicht rechtzeitig wieder abnahm, sobald er Azett in der Illumina-Steppe abfangen wollte ...

»Was ist los?«, fragte Flordelis besorgt. »Stimmt etwas nicht?«

Platan schluckte schwer und sah hilfesuchend das Hologramm von Flordelis an. Dabei war er doch derjenige, der zurückgekommen war, weil er ihm helfen sollte. Nicht umgekehrt.

»Mir ist nur gerade bewusst geworden, dass ich wegen den Reportern nun erst mal im Labor festsitze«, antwortete er unruhig. »Wie lange dauert es für gewöhnlich, bis solche Gerüchte uninteressant werden und man sicher sein kann, nicht auf Schritt und Tritt verfolgt zu werden?«

»Kommt immer darauf an«, antwortete Flordelis. »Aber so gut kenne ich mich dann auch nicht damit aus. Vielleicht ein paar Tage? Deine Assistentin kennt sich bestimmt besser damit aus.«

Platan legte die rechte Hand an sein Kinn. »Guter Tipp. Ich werde sie mal fragen.«

Immerhin hatte Sina besonders viel Interesse an diesem Artikel gezeigt, also könnte sie bestimmt gut einschätzen, ab wann so etwas uninteressant wurde. Notfalls müsste er sich einfach etwas einfallen lassen, um die Reporter loszuwerden, sobald er Azett treffen wollte.

Genau, niemals aufgeben.

Das hatte Ascor ihm gesagt, also sollte er sich nicht so leicht unterkriegen lassen.

»Entschuldige, ich bin aktuell einfach etwas unruhig, aber das legt sich schon wieder«, versicherte Platan, auch um sich selbst Mut zu machen. »Jedenfalls müssen wir uns wohl zukünftig erst mal bei dir oder bei mir zu Hause treffen, ohne dabei erwischt zu werden ... das könnte abenteuerlich werden.«

Flordelis wirkte einen Moment lang verunsichert, worauf Platan wieder befürchtete, etwas Falsches gesagt zu haben, vielleicht war er ja zu aufdringlich. Aber dann atmete Flordelis bereits durch. »Also ... wir finden schon eine Lösung, da mache ich mir keine Sorgen.«

Platan lächelte beruhigt. »Wenn du zuversichtlich bist, muss ich das auch sein~.«

Er war schon lange nicht mehr bei Flordelis zu Hause gewesen, auch nicht bevor er in der Zeit zurückgereist war. In der Regel hatten sie sich entweder in seinem Bistro oder einem Café getroffen, weil ansonsten jeder von ihnen mit Arbeit beschäftigt gewesen war. Manchmal war Flordelis auch in sein Labor gekommen. Viel Zeit für privatere Treffen hatte es nicht gegeben ... oder es war einfach nicht dazu gekommen. Auch das könnten sie nun ändern.

»Ich freue mich darauf, wenn wir uns wieder treffen. Bis dahin steht aber wohl erst mal etwas Arbeit an.«

Auch wenn es für Platan unmöglich wäre, sich in den nächsten Wochen auf seine Forschungen zu konzentrieren, selbst wenn sie teilweise nur aus Wiederholungen der Forschungen aus seiner alten Zeit bestanden.

»Überarbeite dich nicht«, mahnte Flordelis. »Und mach keinen Unsinn. Melde dich bei mir, falls irgendetwas sein sollte. Und ich melde mich im Gegenzug auch bei dir, falls etwas ist.«

»Das klingt gut~.« Platan zwinkerte ihm zu. »Überarbeite du dich auch nicht.«

Immerhin wusste er, womit Flordelis schon insgeheim beschäftigt war. Plan Y erforderte sicher immer wieder seine Aufmerksamkeit. Nebenbei auch noch seine andere Arbeit. Er musste ziemlich beschäftigt sein. Umso mehr freute es Platan, dass er sich trotzdem Zeit für ihn nahm.

»Ich schreibe dir zwischendurch, damit du weißt, dass mich die Trennwand nicht umgehauen hat.«

»Achte auch auf normale Wände«, bat Flordelis ihn schmunzelnd. »Man weiß nie, wann sie beschließen, jemanden anzugreifen.«

Tatsächlich warf Platan kurz einen misstrauischen Blick zu den Wänden seines Büros und lachte schließlich, so gelöst wie schon lange nicht mehr.

»Pass auf, ich glaube das noch. Du weißt doch, wie ich bin«, erinnerte Platan ihn. »Und du würdest staunen, wenn du wüsstest, was alles möglich ist.«

Ob Flordelis es ihm jemals glauben könnte, dass er mit seinen Erinnerungen durch die Zeit gesprungen war, um ihn zu retten? Er konnte das nicht so recht einschätzen.

»Irgendwann erzählst du mir hoffentlich, was alles so möglich ist«, sagte Flordelis mit einem eigenartig zufriedenen Lächeln, das Platan so von ihm noch nicht kannte.

»Natürlich, ich gebe dir mein Wort.«

Egal, wie schwer es Platan fallen mochte, er wollte Flordelis wirklich die Wahrheit sagen, wenn der Zeitpunkt dafür gekommen war. Schon weil er es hasste, Geheimnisse vor ihm zu haben.

Lächelnd lehnte er sich näher zu dem Hologramm. »Ich lege übrigens ganz bestimmt nicht auf, da kannst du ewig warten. Die Arbeit kann kann zumindest bei mir auch mal liegenbleiben. Von mir aus können wir den ganzen Tag reden. Das ist meine Spezialität, wie du weißt~. Und ich habe jede Menge Redebedarf im Moment. Noch mehr als sonst. Ah, da fällt mir ein-«

Plötzlich stieß Mähikel ihn an. Anschließend hüpfte sie einige Schritte zurück zum Schreibtisch seiner Assistenten, wo sie sich Richtung Trennwand drehte und laut irgendetwas oder jemanden anmähte.

Platan neigte ein wenig den Kopf. »Sina? Dexio?«

Bevor er eine Antwort von seinen möglicherweise bereits zurückgekehrten Assistenten bekommen könnte, meldete Flordelis sich wieder: »Platan, ich muss Schluss machen, auf mich wartet noch Arbeit.«

»Ja, auf mich wohl auch«, entgegnete Platan und nickte Flordelis zu. »Wir sehen uns.«

Wenn nicht persönlich, dann wenigstens dank des Holo-Logs. Schon das war mehr als erfüllend, wenn er bedachte, wie bei ihm die letzten Monate ausgesehen hatten.

Er hörte, wie Dexio sich bereits halbherzig bei Mähikel beschwerte, weil sie die beiden verraten hatte, worauf sein Pokémon nur unschuldig blinzelte. Dann hüpfte Mähikel mähend auf der Stelle.

»Ich melde mich wieder«, versprach Flordelis, dann beendete er den Anruf.

Als sich das Hologramm von Flordelis auflöste, fühlte Platan sich schlagartig leer. Er wusste, dass Flordelis nicht einfach komplett verschwunden war, doch es betrübt ihn trotzdem. Umso wichtiger war es, die Zeit, in der er Flordelis nicht sehen konnte, an einem Plan zu arbeiten, wie er seinen Freund vor einem erneuten Untergang zu bewahren könnte.

Platan atmete kurz tief durch und wagte sich zu Mähikel, wo er tatsächlich Sina und Dexio hinter der Trennwand entdeckte. »Sieh an. Jetzt muss ich mich also schon von meinen eigenen Assistenten belauschen lassen, hm? Wieso seid ihr überhaupt so schnell zurück?«

Wortlos hielt Dexio ihm eine Tasse Kaffee entgegen und sofort fing Platan an zu strahlen.

»Oh, wie aufmerksam von euch~. Vielen Dank!« Er nahm das Mitbringsel freudig an und trank direkt einen kleinen Schluck. »Ah, ja, wie ich sagte, Kaffee kann man jederzeit genießen~.«

Sina hielt sich an ihrem eigenen Kaffee fest, während sie Platan mit glitzernden Augen betrachtete.

»Professor~«, flötete sie gut gelaunt. »Dann sind die Gerüchte also wahr? Sie und Flordelis sind ein Paar?«

Platan verschluckte sich an dem Kaffee und musste kurz husten. Dabei nickte Dexio so seltsam grinsend, was das Ganze nicht besser machte. Als er sich wieder gefangen hatte, räusperte Platan sich verlegen.

»Offenbar erfreut euch dieser Gedanke sehr, weshalb ich es fast bedauerlich finde, euch enttäuschen zu müssen. Flordelis und ich sind wirklich kein Paar«, antwortete er gefasst und lächelte nachsichtig. »Wenn es so wäre, hätte ich euch schon lange vor der Presse davon erzählt.«

Immerhin war es ihm wichtig, seinen Assistenten nahe zu stehen. In einer freundschaftlichen Atmosphäre arbeitete es sich nämlich viel besser, davon war er fest überzeugt. Er würde sich selbst unwohl dabei fühlen, die beiden nur als Angestellte zu betrachten. Das könnte er gar nicht. Sie waren sehr viel mehr als das.

Von seiner Antwort wirkte Sina enttäuscht. »Oh, wirklich nicht? Das ist ja schade.«

Sie musterte ihn kurz, seltsam nachdenklich, dann fügte sie noch etwas hinzu: »Also ... falls Sie irgendjemanden brauchen, der sich Ihre Sorgen anhört, sind wir auf jeden Fall für Sie da.«

Platan dachte tatsächlich darüber nach, ob er mit Sina und Dexio über seine Zeitreise sprechen sollte. Den beiden könnte er vertrauen, sie würden ihm bestimmt helfen. Aber er glaubte, es wäre vorerst besser, wenn so wenig wie möglich davon wüssten.

Außerdem wollte er sie auch nicht damit belasten. Es tat ihm immer noch leid, dass er in seiner Zeit die beiden alleine losgeschickt hatte, um Kalos zu retten, während er selbst tatenlos im Labor herumsaß. Diesmal wollte er derjenige sein, der die Arbeit übernahm, damit die zwei sich entspannen könnten.

»Danke, das werde ich mir merken«, sagte Platan sanft.

Da ihn das Problem mit den Reportern noch plagte, wurde er schnell ernst. »Sina, wie lange halten sich solche Gerüchte eigentlich? Wann kann ich davon ausgehen, dass mich niemand unterwegs verfolgen oder beobachten wird?«
 

»Also das kommt darauf an«, sagte sie nachdenklich. »Wenn keine neuen Informationen dazukommen, meistens nur so eine Woche. Oder weniger, wenn ein interessanteres Gerücht daherkommt.«

Platan war kein Freund davon, Gerüchte in die Welt zu setzen, also musste er wohl abwarten. Vielleicht hatte er Glück und das Interesse flaute rechtzeitig wieder ab.

Seufzend legte er die Zeitschrift, die er immer noch festgehalten hatte, auf dem Schreibtisch von Sina und Dexio ab. »Bitte sagt am besten nichts, falls ihr von Reportern angesprochen werden solltet. Es wäre mir wirklich wichtig, dass die Leute diese Sache schnell wieder vergessen.«

Er trat ans Fenster, um nochmal einen prüfenden Blick nach draußen zu werfen, wobei er einen weiteren Schluck Kaffee trank. Natürlich waren die Leute von der Presse – die sich nicht viel Mühe gaben, zu verbergen, wer sie waren – nach wie vor dort draußen und lauerten auf ihre Chance für ein Gespräch mit ihm.

»... Hm?«

Plötzlich stutzte Platan. Zwei junge Mädchen standen zwischen den anderen Leuten, eines mit dunkelblauen und eines mit kastanienfarbenen Haaren ... und starrten mit ziemlich finsteren Blicken zu ihm hinauf. Sie kamen ihm nicht bekannt vor, deshalb war er irritiert.

»Kennt einer von euch diese beiden Mädchen da draußen?«, fragte Platan seine Assistenten.

Sina und Dexio traten ans Fenster und sahen ebenfalls hinaus.

»Nein, sie kommen mir nicht bekannt vor«, antwortete Sina. »Warum sind sie wohl so sauer? Haben Sie den beiden irgendetwas getan, Professor?«

Dexio schüttelte auch mit dem Kopf, also handelte es sich auch nicht um Bekannte von ihm. Merkwürdig.

»Ich sehe sie zum ersten Mal«, erwiderte Platan nachdenklich.

Hoffte er jedenfalls. Zeitreisen waren nicht sein Spezialgebiet. Vielleicht waren hier einige Dinge anders, als er in Erinnerung hatte. Könnte das möglich sein? Er hätte zu gerne jemanden gefragt, der sich mit so etwas auskannte. Zu schade, dass Ascor ihm nicht verraten hatte, wo er zu finden wäre. Wie sollte er von selbst darauf kommen, wo er sich aufhielt?

»Könnte einer von euch runtergehen und mit ihnen reden?«, bat er. »Möglicherweise brauchen sie einfach nur Hilfe.«

»Ich mache das«, sagte Sina. »Ich komme auch gleich wieder.«

Dann stellte sie schon ihren Kaffee auf dem Tisch ab und strebte zum Aufzug.

Platan sah ihr hinterher. »Danke dir, Sina.«

Als sie mit dem Aufzug kurz darauf nach unten fuhr, blickte Platan wieder aus dem Fenster. Was für ein Problem diese Mädchen wohl haben mochten? Waren sie vielleicht unsicher? Oder wirklich so wütend, wie sie aussahen? Aber weswegen?

Plötzlich stieß Dexio ihn vorsichtig mit dem Ellbogen an, weshalb er seine Aufmerksamkeit auf ihn lenkte.

»Okay, Professor, jetzt sind wir unter uns«, begann er bedeutungsvoll. »Mir können Sie ruhig die Wahrheit sagen. Sie müssen das nicht mit sich alleine ausmachen.«

Überrascht weiteten sich Platans Augen.

Dexio konnte unmöglich etwas von dem Zeitsprung wissen.

Oder?

»So von Mann zu Mann ...« Sein Assistent deutete zu der Zeitschrift. »Sie sind mit Flordelis zusammen, oder?«

»... Dexio.«

»Ja?«

»Wie weit bist du schon mit Sina?«, stellte er trocken eine Gegenfrage.

Nervös hob Dexio entschuldigend die Hand und setzte sich rasch mit seinem eigenen Kaffee an den Schreibtisch, während Platan schmunzelte. Flordelis hatte ganz sicher kein romantisches Interesse an ihm, deshalb war er schon froh, dass sein Freund sich nicht an diesem Gerücht störte, welches nun überall in Illumina City erblühte. Mit etwas Glück vergaßen die Leute diese Geschichte bald. Dann wäre es leichter für ihn, nach Azett zu suchen.

Solange stürzte Platan sich einfach in die Arbeit und würde einige alte Dokumente sowie Bücher durchgehen. Vielleicht ließ sich irgendwo ein Hinweis finden, wo Yveltal zu finden war. Oder Azett, auch wenn er das nicht glaubte. Hoffen wollte er es aber. Ihn früher zu finden wäre nämlich ziemlich hilfreich. Daher nickte er entschlossen und ging zu seinem eigenen Schreibtisch zurück, um diesen Aufgaben sofort nachzugehen.

 



Fanfic-Anzeigeoptionen
Blättern mit der linken / rechten Pfeiltaste möglich
Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück