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Eisskulpturen

Türchen Nr. 14 des Fanfiction-Adventskalenders 2022
von

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Eisskulpturen

Eiskristalle funkelten auf Rapunzels Kleid und brachen das Sonnenlicht, so dass das Kleidungsstück je nach Blickwinkel in den unterschiedlichsten Farben des Regenbogens leuchtete. Die Haare des Mädchens schlangen sich verwegen um ihre Taille, fielen an ihren Knöcheln vorbei und schlängelten sich schließlich über das verschneite Kopfsteinpflaster. Wenn man den Blick auf den Boden richtete, konnte man sogar ihre nackten Füße erkennen.

Elsa erlaubte sich ein Lächeln. Sie fand, sie hatte ihre Cousine wirklich gut hinbekommen. In der einen Hand hielt Rapunzel ihre Pfanne fast wie zum Schlag erhoben. Die Andere hatte sie mutig in die Hüfte gestemmt. Sie strahlte von oben bis unten Selbstvertrauen aus. Hätte sie sich sehen können, sie wäre sicher begeistert gewesen.

Neben ihr machte Anna große Augen. „Oh, das ist wirklich super-duper-mega-cool!“, versicherte sie und die Horde kleiner Kinder, die ihr schon den ganzen Tag nachlief, stieg munter mit in ihre Lobeshymne ein.

„Wir brauchen einen Drachen! Einen Drachen!“, rief eines von ihnen und stürzte sich prompt auf einen besonders großen Haufen Schnee, um daraus einen würdigen Gegner für Rapunzel zu formen. Ein paar der anderen Kinder kamen ihm zur Hilfe.

Das Wort „Schneedrache“ erklang gleich aus mehreren Mündern und irgendwie schien es Elsa, als wäre mindestens einer davon der ihrer kleinen Schwester gewesen.

Sie verkniff sich ein Lachen. „Wolltest du Schneewittchen nicht einen Schneehasen bauen?“, erinnerte sie sie sanft.

Anna nickte. „Wollte ich“, bestätigte sie, „Aber die Ohren bleiben einfach nicht dran. Kristoff wollte welche aus Möhren machen, aber dann kam Sven und ähm ...“ Sie zuckte mit den Schultern. „Als ich gegangen bin, hatte der Hase noch anderthalb.“

Sie grinste. „Machst du uns noch eine Figur? Bitte, bitte, bitte!“, fing sie wieder an.

Elsa erwiderte ihr Lächeln. „Noch eine?“, fragte sie. „Wen möchtest du denn dieses Mal sehen?“ Anna legte den Kopf schief. „Vielleicht die Wüstenprinzessin aus dem dicken Märchenbuch?“, schlug sie vor.

„Jasmin?“

Anna nickte. „Ja, genau die!“, entfuhr es ihr. „Am besten mit ihrem Tiger, der gefährlich neben ihr zum Sprung ansetzt!“ Sie formte die Hände zu Krallen, und versuchte die gewünschte Pose vorzumachen.

Elsa schüttelte den Kopf. „Ich glaube, wenn ich so einen Tiger mache, kriegen deine kleinen Freunde Angst“, erinnerte sie ihre Schwester.

Anna blickte zu den Kindern. „Ach manno“, maulte sie. „Dann vielleicht diese chinesische Kriegerin. Fa Mulan mit ihrem Schwert und ihrem riesigen, feuerspeienden -“

„Anna“, unterbrach Elsa sie. „Der Gruselfaktor.“

Erwartungsgemäß sank Anna in sich zusammen. „Ja, ja du hast recht“, gab sie nach. „Aber es muss doch eine Figur geben, die nicht gruselig ist.Vielleicht - Nein ... der ist gruselig. Oder aber ...“

Anna begann im Kreis herum zu laufen.

Elsa wusste längst nicht mehr, wen sie gerade vor ihrem inneren Auge sah. Hin und wieder hörte sie Namen wie „Captain Hook“ oder „Meereshexe“. Eindeutig Gestalten, die Elsa lieber nicht auf ihrem Marktplatz haben wollte.

Immer noch gab es genug Menschen in ihrem Königreich, die sie argwöhnisch beäugten. Die sich an die schrecklichen Unterstellungen erinnerten, die man gegen sie erhoben hatte. Sie wollte das nicht bestärken, indem sie gruselige Figuren auf ihrem Marktplatz erscheinen ließ.

Sie wollte, dass die Kinder Spaß hatten, dass sie sich amüsierten und jauchzend Arielles langen Fischschwanz hinunter rutschen konnten. Sie wollte, dass sie in Cinderellas Kürbiskutsche steigen und ihren Freunden durch das kleine Fenster zu winken konnten.

Und sie wollte -

 

Einer neuen Eingebung folgend, beschwor sie ihre Eismagie und richtete sie auf eine leere Stelle zwischen zwei Buden. Sie wollte etwas Hübsches. Etwas Harmloses. Erneut formten Eiskristalle ein langes Kleid, formten Rüschen und Blüten, deren Namen Elsa nicht einmal kannte. Sie formte ein hübsches Gesicht, ein wissendes Lächeln und langes, glattes Haar.

Zunächst war da nur eine Blüte aus Eis, dann wurden es zwei, drei und ehe Elsa sich versah, stand ihr neuestes Modell in einem kleinen Meer aus unterschiedlichsten Schneeblumen.

„Wow, die ist aber hübsch“, stellte Anna neben ihr fest und eilte prompt an Elsa vorbei, um sich die Blüten näher anzusehen. „Da sind Rosen“, rief sie begeistert, „Und Chrysanthemen und - He Elsa, was ist das denn?“

Elsa trat langsam näher an Anna heran, um dann ihrem Fingerzeig zu einer besonders merkwürdig aussehenden Pflanze zu folgen. Das Mädchen aus Eis hielt sie in den Händen, als wäre sie ein besonderer Schatz. Doch die Pflanze hatte keine großen Blüten. Im Vergleich zu der Pracht zu ihren Füßen wirkte sie eigentlich ziemlich schlicht. Sie war klein und hoch und irgendwie ...

„Das Ding hat ja Stacheln!“

Elsa nickte langsam. Jetzt wo sie genau hinsah, sah sie es auch. Es war eine seltsam aussehende, kleine Stachelpflanze und doch ...

„Was auch immer das ist, es scheint ihr ausnehmend wichtig zu sein“, stellte sie fest.

Anna nickte zustimmend. „So wie sie es in den Händen hält.“

„Und so wie sie es ansieht.“

„Sie schaut ein bisschen so wie du.“

Langsam löste Elsa ihren Blick von der Eisfigur. „Wie bitte?“, fragte sie.

Anna verschränkte die Arme auf dem Rücken und wippte neben ihr auf und ab. „Na ja, manchmal, wenn du glaubst, dass keiner von uns hinsieht, dann hast du genau den gleichen Ausdruck im Gesicht.“

„Ich hoffe, du kaufst mir jetzt keine komische Stachelpflanze.“

„Nein! Nicht doch.“ Anna winkte eilig ab, doch Elsa wusste, bei ihrer Schwester konnte so ein ‚Nein‘ alles bedeuten.

„Ich glaube nicht, dass diese Pflanze in unseren Häfen gehandelt wird“, versuchte sie, ihrer Schwester die dumme Idee auszureden, doch die zuckte einfach nur mit den Schultern.

„So was weiß man erst, wenn man alle Buden gründlich durchsucht hat“, behauptete sie.

Elsa schüttelte den Kopf. „Du weißt aber schon, dass du nicht einfach irgendwelche Buden durchsuchen kannst“, versuchte sie es noch mal mit Vernunft, doch wie üblich perlte ihr Einwand an Anna einfach ab. Nachdenklich hob sie noch einmal den Blick, um Elsas neueste Statue zu mustern. Einen Moment lang hing ihr Blick an der Stachelpflanze, dann wanderte er aufwärts, zu dem Gesicht der jungen Frau, die das Ding wie einen Schatz in ihren Händen hielt.

„Weißt du was?“, fragte sie schließlich.

„Hmm?“, entgegnete Elsa.

„Eigentlich wüsste ich wirklich gerne, wer das eigentlich ist.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Goetterspeise
2022-12-14T23:36:56+00:00 15.12.2022 00:36
Ich stimme zu: wo ist der Schneedrache ;_;
Und auch dem awwww muss ich zustimmen.

Das ist wirklich eine mega süße Geschichte über die beiden. Ich kann mir das so gut vorstellen einfach. Die ganze Szenerie passt perfekt zu Anna und Elsa. Und dass Anna immer versucht, Elsa gefährliche Tiere und Figuren erschaffen zu lassen ist einfach eine so herrliche Vorstellung. Und auch der Nebenschauplatz mit dem Hasen und seinen Karottenohren war super lustig :D
Die Figur, die Elsa am Schluss erschafft, lässt natürlich Raum für Spekulationen und aufgrund der Blumen - und auch der stacheligen - musste ich tatsächlich als erstes an Isabela aus Encanto denken :D

Auf jeden Fall eine sehr passende, winterliche Geschichte!
Antwort von:  _Delacroix_
15.12.2022 12:30
Du hast mich erwischt. Ich hab tatsächlich an Isabela gedacht, beim schreiben.^^
Von: Arcturus
2022-12-14T22:55:40+00:00 14.12.2022 23:55
Awww.
Wie schon gesagt - ich finde die Story süß. Und die Idee eines Schneefestivals passt IMHO ziemlich gut zu den beiden Schwestern.
 
(Ich will nen Schneedrachen, though. ;_; )
Antwort von:  _Delacroix_
14.12.2022 23:57
Die gibt es nur falls du Elsa eine kindgerechte Version vorschlagen kannst, fürchte ich.^^


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