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The Tiger and the Wolf

von

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Ein gemeinsamer Nachmittag

Der restliche Schultag verlief relativ ruhig. Sie hatten nur mehr Kunst und Biologie und Scott blendete alles um sich herum, so gut es eben ging, einfach aus. Seine Gedanken kreisten um den anstehenden Nachmittag. Er würde sich quasi in die Höhle des Löwen begeben und das war, gelinde gesagt, nichts, worüber man sich eigentlich freuen sollte. Seltsamerweise tat er es, nach reiflicher Überlegung, doch. Er hatte seiner Mutter kurz geschrieben, dass er später nach Hause kommen würde, sich von Stiles verabschiedet und saß schon neben Luke in dessen Wagen, bevor er überhaupt wusste, wie ihm geschah.
 

Die Fahrt führte sie in den inneren Kern von Beacon Hills. Trotz der teilweisen Neubauten, einigen Bürokomplexen, die wie ein verzweifeltes Aufbäumen nach Geschäftigkeit aussahen, war der eher rurale Stil der Stadt nicht zu verleugnen. Sie hielten direkt auf ein mehrstöckiges Gebäude zu, welches kaum zehn Jahre alt sein konnte. Ein brauner Anstrich verlieh dem Ganzen einen rustikalen Eindruck, wie auch die dunkel gehaltenen Balkone. Insgesamt wirkte der Komplex von außen entsetzlich kahl. Dieser Eindruck verstärkte sich noch, als Luke den Häuserblock umrundete und in die Einfahrt einer Tiefgarage einbog. Ihre Gespräche waren belangloser Natur gewesen, über Scotts Karriere als aufstrebendes Lacrossesternchen, eine gemeinsame Abneigung gegen den neuen Chemielehrer (der genauso schlimm war wie Mister Harris), Lukes fehlendes Talent in Bezug auf Kunst und Mathe und dergleichen. Dem Werwolf brannte zwar die Frage nach dem Ursprung der Narbe nach wie vor auf den Lippen, doch er wollte sie zu einem richtigen Zeitpunkt anbringen und der war bisher noch nicht gekommen.
 

Ein Aufzug brachte sie nach oben, wo Luke gleich zielstrebig auf eine weiße Tür mit der Aufschrift Taylor/Argent zuhielt. Einen Schlüsseldreh später betraten sie beide auch schon das Reich des Briten und Stiles schien erneut Recht behalten zu haben: Lukes Wohnung setzte den Trend des teuren Sportwagens perfekt fort. Auf den geräumigen Eingangsbereich folgte ein großes und zusammenhängendes Wohn/Esszimmer. Die Küche war dunkel gehalten und schien förmlich zu glänzen. Hochpreisig wirkende Möbel, vom großen Glastisch über die Esszimmerstühle, bis hin zum Ledersofa, fügten sich perfekt in die Wohnung ein. Der große Fernseher tat sein Übriges, um Scott die Kinnlade herunterklappen zu lassen.
 

„Komm, gehen wir nach oben in mein Zimmer“, meinte Luke leichthin und bedeutete Scott ihm mit einem Handwink zu folgen. Eine gusseiserne Wendeltreppe führte sie in den oberen Stock, der ähnlich ausgestattet war, wie der Wohnzimmerbereich unten. Erneut hielt der Brite auf eine dunkel gehaltene Tür zu und erlaubte Scott damit einen Einblick in sein persönliches Reich; ein Reich, das gefühlt dreimal so groß wie das des Werwolfs war.
 

Das große Doppelbett zierte eine Bettwäsche, die einen Son Goku mit weißen Haaren beherbergte, wie er in seinen aneinandergelegten Händen einen blauen Energiestrahl aufbaute. An der Decke hing ein großes Poster von einem blondhaarigen Jungen mit blauen Augen in einem lila Shirt, das einen goldenen Lorbeerkranz mit den Buchstaben „SPQR“ zeigte. Das Schwert in seinen Händen wurde von Blitzen umspielt. Eine Englandfahne, mit dem Logo von einem Manchester United, oder was auch immer das sein sollte, in der Mitte des Kreuzes, war über einem weiteren Poster befestigt worden, das einen Mann Ende seiner 20er zeigte. Scott konnte darunter eine Unterschrift erkennen, die wohl einem „Harry Kane“ gehörte. An der Fahne hingen noch ein Paar orange-weißer Fußballschuhe.
 

Auch im Zimmer befand sich ein monströser Fernseher, vor dem eine Playstation, auf einem passenden Tisch, Posten bezogen hatte. Das anschließende Wandregal enthielt wohl die größte Ansammlung an Videospielen, die Scott jemals in seinem Leben zu Gesicht bekommen hatte. Alle wirkten fein säuberlich nach dem Alphabet sortiert. Zwei schwarze Controller lagen bereit und warteten nur darauf, dass man sich mit ihnen ins Getümmel stürzte, vorzugsweise von dem äußerst bequem wirkenden, dunklen Sofa aus.
 

Dann gab es noch einen großen Schreibtisch, samt Laptop, ein prall befülltes Bücherregal und mehrere Urkunden, wie auch Auszeichnungen, die allesamt Lukes Namen zierten. Die große Glasvitrine in der hinteren Ecke des Raumes gab den Blick auf eine Vielzahl an Medaillen und Pokalen preis und Scott konnte sogar Zeitungsartikel ausmachen, von denen der Brite förmlich strahlte, seine Auszeichnungen dabei in die Höhe reckend. Einige davon zeigten mehrere Jungen in seinem Alter, allesamt in einem roten Fußballtrikot. Luke führte wohl die Nummer 9 ins Feld.
 

Scott fühlte sich fast ein wenig erschlagen von den ganzen Sachen. Es war nicht so, dass das Zimmer ungemütlich wirkte, viel mehr, dass es, wie auch die restliche Wohnung bisher, einen reservierten Eindruck machte. Alles wirkte blitzeblank geputzt und war so angeordnet, dass es einem Nutzen diente, die Dekoration im Zimmer einmal ausgenommen. Außerdem zeigten sämtliche Bilder nur Luke, weder seinen Vater noch sonst irgendjemanden, zumindest auf den ersten Blick.
 

„Such dir inzwischen ein Game aus, ich werde uns eben etwas zum Knabbern besorgen, ja?“
 

Damit war Luke auch schon wieder verschwunden und Scott alleine. Mit jeder Sekunde, die er in diesem Zimmer verbrachte, empfand er es mehr wie aus einem aus einem Designerkatalog entnommen und in den Raum geworfen. Die Einrichtung hier drinnen verschlang wahrscheinlich mehr, als seine Mutter in fünf Jahren verdiente und doch, trotz der persönlichen Note, die Lukes Reich anhing, fehlte ihm etwas, wie auch der restlichen Wohnung bisher: Wärme. Sie wirkte kalt und lieblos. Das lag nicht an fehlenden Zimmerpflanzen oder dem eher dunkel gehaltenen Stil – sie schien geradezu steril zu sein. Gerade als Scott sich an das Videospieleregal heranwagen wollte, fiel sein Blick auf das schwarze Nachtkästchen. Ein Bilderrahmen aus hellem Holz stand darauf, stach wie ein Leuchtfeuer, förmlich aus dem dunklen Raum heraus.
 

Scott zögerte einen Moment, bevor er das Bild in die Hand nahm und es betrachtete. Es zeigte einen jungen Mann, Mitte bis Ende seiner 20er, auf einem hellen Mehrsitzer. Mürrisch wirkend starrte er ihm entgegen, die dunklen Brauen dabei so weit nach unten geschoben, dass sie beinahe mit den Augen Bekanntschaft schlossen. Sein schwarzes Haar war zerzaust und er trug einen Dreitagesbart. Scott hätte seine Statur am Besten mit schrankartig beschrieben. Die hellbraunen Augen hatten etwas Genervtes an sich. Die Szenerie wurde einzig dadurch ein wenig aufgewertet, dass er einem Schäferhund mit schneeweißem Fell, der seine Schnauze in seinem Schoß abgelegt hatte, den Kopf kraulte. Scott begriff nicht ganz, warum genau dieses Motiv einen einzigartigen Stellenwert einzunehmen schien, denn es zeigte überhaupt nichts von Luke. Kurz kam ihm der Gedanke, dass es sich bei dem jungen Mann um dessen großen Bruder handeln könnte, doch diese Idee verwarf er gleich wieder. Es bestand weder eine wirkliche Ähnlichkeit zwischen ihnen, noch war Kate alt genug, dass sie auch seine Mutter hätte sein können. Das Bild musste für seinen Besitzer aber von großem Wert sein, denn es war genau so platziert worden, dass er es beim Wachwerden im Blick hatte. Scott drehte es herum und konnte einen Namen in die Rückseite eingeritzt sehen: Adriel. Das Bild wieder herumdrehend, begutachtete der Werwolf die Szenerie noch einen Moment, ehe er es so auf dem Nachttisch abstellte, dass die Position der von eben glich. Dieser Adriel, Scott nahm an, dass der Hund nicht so hieß, musste extrem wichtig für Luke sein. Vielleicht konnte er ihn bei Gelegenheit darauf ansprechen? Er machte sich jedenfalls über das Videospielregal her und staunte nicht schlecht, als er von RPGs, über Shootern und Rennspielen bis hin zu Sportsimulationen alles finden konnte.
 

Scott hatte gerade einen besonders blutrünstig wirkenden Shooter in der Hand, als die Tür aufschwang und Luke mit einem Tablett in den Händen auftauchte. Eine Schüssel mit Kartoffelchips, wie auch eine Schüssel mit Popcorn, wurde gemeinsam mit zwei Gläsern und einer Glaskaraffe Orangensaft balanciert.
 

„Eine gute Wahl. Den kann man sogar online miteinander spielen. Können wir gleich versuchen“, meinte Luke begeistert und nickte in Richtung der Spielhülle. „Ich hoffe, Chips und Popcorn gehen für dich in Ordnung? Jonathan hat gestern welche gemacht. Der Orangensaft ist auch frisch gepresst.“ Damit stellte er das Tablett auf dem Glastisch vor dem Sofa ab und schnappte sich einen Controller, wie auch die Spielhülle, schob die CD in die Spielkonsole und bugsierte Scott auf den Mehrsitzer, wobei er ihm den zweiten Controller in die Hand drückte.
 

Nach gut zwei Stunden, in denen Scott die Vorzüge selbstgemachter Kartoffelchips kennenlernte, feststellen durfte, dass Luke und er auch in diesem Videospiel ein gutes Team abgaben (Luke deckte ihn hervorragend ab und teilte dabei gut aus, während Scott ihm den Rücken freihielt), und sie sich über eher Belangloses unterhalten hatten, wagte er nun den Vorstoß, sich ein wenig mehr über seinen Gastgeber zu informieren. Die Stimmung war ausgelassen und der Werwolf konnte es dem Briten förmlich anmerken, wie sehr er sich über seine Gesellschaft freute. Er hatte in einer Tour gelächelt, mal abgesehen von den Fluchtiraden, wenn jemand ihn oder Scott doch über den Haufen geschossen hatte. Dementsprechend behutsam ging der Alpha vor, um den durchaus angenehmen Nachmittag nicht zu zerstören.
 

„Sag mal, Luke, darf ich dich etwas fragen?“, begann er vorsichtig und warf sich etwas Popcorn in den Mund.
 

„Klar. Also Shooter sind meine große Stärke, wie auch Fifa, falls du das meinst“, grinste er ihm entgegen.
 

„Wäre mir nicht aufgefallen“, grinste Scott zurück und straffte seine Haltung ein wenig, bevor er etwas ernster wurde. „Mir geht deine Narbe nicht aus dem Kopf.“ Er beobachtete genau, wie sich Lukes fröhliche und gelassene Miene bei jedem einzelnen Wort mehr und mehr verzerrte, förmlich verfinsterte.
 

„Ah ja, die Narbe, neben der Zahnspange mein größter Makel“, seufzte er und nippte an seinem Glas, welches er nun mit beiden Händen umklammerte. „Ich nehme einmal an, dass du gerne wissen würdest, woher ich sie habe?“
 

Scott bestätigte die Frage mit einem stummen Nicken und konnte beobachten, wie Luke mit sich rang. Irgendwie schien er zu zögern. Das war nur natürlich, aber er schien dem Alpha auch irgendwie zu vertrauen. Wahrscheinlich war Scott der erste Mensch in Lukes Leben, der sich tatsächlich für ihn und nicht nur für sein Geld oder seine Erfolge interessierte. Mal abgesehen von diesem ominösen Unbekannten vielleicht. Es versetzte ihm einen Stich, dass auch er nicht gänzlich nur an seiner Person interessiert war, doch diesen Gedanken schob er erst einmal beiseite.
 

„Das ist eine lange Geschichte“, begann er und nahm eine Hand vom Glas, um sich damit durch die Haare zu fahren. „Bist du mir böse, wenn ich dir sage, dass ich gerade jetzt nicht darüber reden möchte?“ Luke atmete tief durch und sah Scott ernst an: „Ich verspreche dir aber, wenn einmal der richtige Moment da sein sollte, dann unterhalten wir uns darüber. Reicht dir das?“
 

Scott wollte schon etwas erwidern, da sah er den niedergeschlagenen und schmerzvollen Ausdruck in Lukes Gesicht und für einen kurzen Augenblick war ihm, als könne er genau diesen Schmerz und dieses Leid ebenfalls fühlen. Dann ebbten die Emotionen wieder ab und er nickte nur knapp. „Tut mir leid, ich wollte dich nicht verletzen.“
 

„Das hast du nicht, Scott. Es ist nur schwer über etwas zu reden, das quasi mein ganzes Leben ins Wanken gebracht hat. Ich rede mir oft ein, sie würde nichts verändern, doch sie hat praktisch alles verändert. Schaltet man den Fernseher ein, sieht man Berichte und Geschichten über Seelengefährten, die zueinander gefunden haben und glücklich sind, die wahre Liebe erfahren durften.“ Der Brite hielt inne und biss sich auf die Unterlippe, bevor er innehielt. „Ich beneide diese Menschen irgendwie. Trotz meiner Fähigkeiten, trotz meiner ganzen Anstrengungen und auch des Geldes meines Vaters, bleibt es mir verwehrt, diese eine Emotion erfahren zu dürfen.“ Luke hielt erneut inne und nippte an seinem Glas Orangensaft, den direkten Augenkontakt mit Scott vermeidend, bevor er sich zu sammeln schien und fortfuhr: „Mein persönliches Märchen wird niemals wahr werden, egal wie sehr ich mich anstrenge.“
 

„Aber das ist doch gar nicht gesagt“, warf Scott ein. „Du hast doch selbst gestern noch behauptet, die Möglichkeit bestünde, sofern sich dein Gefährte in dich verlieben würde.“
 

„Natürlich, wenn ich Grandpas Worten Glauben schenken darf. Doch selbst wenn er Recht haben sollte, wie soll ich denn, bei acht Milliarden Menschen, genau den Richtigen finden? Die Chancen sind utopisch gering. Das kann selbst ich mir ausrechnen.“ Lukes Finger krallten sich förmlich um das Glas und die orangene Flüssigkeit schwappte ob des Zitterns hin und her, welches seine Hand begleitete. „Für mich gibt es eben keinen Gegenpart. Ich könnte es versuchen, würde aber nie ganz glücklich sein, denn ein kleiner Teil von mir würde sich immer fragen, ob es mit meinem Seelengefährten nicht noch schöner sein würde.“
 

Der Werwolf fühlte sich nun endgültig schlecht. Nicht nur, dass er die gute Laune gekippt hatte, nein, er hatte Luke auch offenkundig verletzt, wenn auch unbeabsichtigt. Wahrscheinlich verdrängte er diese Gedanken so gut es eben ging und er hatte ihn gezwungen, aus seinem eigenen Misstrauen gegenüber Gerard heraus, sich damit zu befassen. Was sollte er sagen oder tun? Da fiel sein Blick auf die Englandfahne und ihm kam eine Idee.

„Was ist das für ein Zeichen auf der Flagge? Das gehört da nicht hin, oder?“ Scott deutete in Richtung der Fahne, was Luke aufsehen ließ.
 

„Du meinst das Logo von Manchester United?“
 

„Ja, ich denke schon?“
 

„Manchester United ist mein absoluter Lieblingsverein. Wir haben im Old Trafford, dem Heimstadion von Manchester United, einen Dauerlogenplatz gebucht. Mein großer Traum wäre es, als Stürmer im Verein aufgenommen zu werden.“ Die Augen des Briten begannen dabei zu leuchten und die Traurigkeit von eben noch verschwand langsam.
 

„Und wer ist das drunter? Spielt er bei Manchester United?“, versuchte Scott, mit großem Erfolg, Luke abzulenken, denn dieser schüttelte lachend den Kopf.
 

„Nein, das ist Harry Kane, Spitzname ‚the hurricane‘. Harry Kane spielt für Tottenham Hotspur und ist einer der besten Stürmer überhaupt. Er läuft außerdem für die englische Nationalmannschaft auf, ist Träger des Goldenen Schuhs bei der Weltmeisterschaft 2018 mit sechs Treffern und noch besser als Raheem Sterling.“
 

Scott atmete erleichtert aus und ihm fiel eine große Last von den Schultern, als Luke damit begann, ihm die Auszeichnungen seines großen Idols aufzuzählen, wie er bereits als kleiner Junge im Stadion seinen Verein bejubelt hatte und auch, dass er mit eben jenen Fußballschuhen seine erste Schulmeisterschaft gewonnen habe. Der Werwolf erfuhr sogar, warum Luke genau dieses Modell ausgewählt hatte, denn sie würden den Namen eines römischen Gottes mit geflügelten Schuhen in sich tragen.
 

„Fußball ist nicht nur ein Sport, es ist eine Lebenseinstellung“, schloss Luke seinen Vortrag ab und schnappte sich wieder sein Glas Orangensaft. „Wobei das wahrscheinlich generell auf Sport zutrifft. Ich meine, ich liebe es im Winter Langlaufen zu gehen, das schon, aber nichts kommt an Fußball heran. Das Gefühl, wenn die Kugel deinen Bewegungen folgt, du sie beeinflussen kannst, ihr deinen Willen aufzwingen, die Verteidigung ausdribbelst, und den Keeper alt aussehen lässt, Tor um Tor schießt und das gesamte Stadion jubelt, das ist… einzigartig.“
 

„Das klingt ein wenig beliebter als Lacrosse“, nuschelte Scott.
 

„Ist es auch. Fußball ist Englands Nationalsport Nummer 1.“ Ein Kichern entsprang Lukes Kehle, als er Scotts leicht deprimierten Gesichtsausdruck bemerkte, der sich nun nicht mehr wie ein Sportass fühlte, sondern vielmehr wie jemand, der drittklassigen Sport betrieb und dafür aus Mitleid gefeiert wurde. „Lacrosse ist, den Erzählungen nach, ein harter Sport und ich glaube, es ist mindestens so anstrengend wie Fußball. Wenn es dir aber zu langweilig wird, und ich Grandpa dazu bekomme, dass ich eine Mannschaft für die Schule aufstellen darf, dann würde ich mich freuen, wenn du dabei wärst.“
 

„Aber ich habe doch gar keine Erfahrung“, protestierte Scott, was aber von seinem Gesprächspartner mit einer Handbewegung abgetan wurde.
 

„Du spielst perfekt mit mir zusammen. So etwas habe ich noch nie gesehen. Selbst in meiner alten Mannschaft gab es niemanden, der so gut zu mir gepasst hat. Du bist gelaufen, als du laufen musstest, stehen geblieben, als du stehen bleiben solltest, hast den Ball abgegeben, meine Pässe angenommen – wir wären ein unschlagbares Team.“
 

Luke wirkte so euphorisch, dass es Scott schwerfiel, ihm diesen Wunsch abzuschlagen. Innerlich seufzend stimmte er zu, dass er, sollte es jemals eine Fußballmannschaft an der Beacon Hills High geben, der Mannschaft beitreten würde. Das freute seinen Gesprächspartner umso mehr. Die gute Stimmung schwappte nun auch auf den jungen Alpha über und im Nu war der restliche Nachmittag vorbei gewesen. Die Hausaufgaben hatte man gänzlich vernachlässigt und auch den Plan, sich weiter über Luke und dessen Vergangenheit zu erkundigen. Stattdessen waren noch mehrere Online-Sessions im Ego-Shooter gefolgt, wie auch das Knabberzeugs aufgegessen worden. Erst als Lukes Handy läutete, war der Zauber und die Unbeschwertheit vorbei. Der Brite hatte ihn, sichtlich zerknirscht darüber, dass ihre gemeinsame Zeit bereits zu Ende war, zumindest für heute, nach Hause gebracht, mit der Begründung, er müsse seinen Großvater abholen.
 

Auch die Heimfahrt gestaltete sich als nicht furchtbar, was nützliche Informationen über Luke anging. Scott hatte es auch nicht mehr wirklich darauf angelegt. Es tat ihm selbst irgendwie auch leid, dass der gemeinsame Nachmittag so schnell vergangen war. Er fühlte sich in Lukes Nähe wohl und das beunruhigte ihn ein wenig. Nicht, dass er besonders misstrauisch gewesen wäre, und auch, wenn er Stiles´ Bedenken nicht vollständig teilte, so war es dennoch seltsam, sich auf Anhieb so gut mit jemandem zu verstehen.
 

„Soll ich dich morgen wieder abholen?“, wollte Luke wissen, als Scott ausgestiegen war.
 

„Morgen holen mich Stiles und Derek ab, aber wie wäre es mit Mittwoch?“, schlug der Alpha vor, was die anfängliche Enttäuschung des Briten in ein breites Lächeln verwandelte.
 

„Klar. Ich bin pünktlich wieder da. Bis morgen, Scott!“
 

„Bis morgen.“
 

Damit schloss sich die Tür und der Werwolf und machte sich auf den Weg in sein Haus, in dem in der Küche bereits Licht brannte, denn es dämmerte schon. Morgen würde er sich mit Stiles austauschen und vor allem Allison befragen. Irgendwie war es schwer vorstellbar, dass dieser Junge etwas Böses im Schilde führen konnte. Vielleicht hatte Stiles ja doch Unrecht mit seiner Vermutung und er war zu übervorsichtig? Scott vertraute seinem besten Freund und zweifelte nicht an dessen Menschenkenntnis, aber es fiel ihm mit jeder Sekunde schwerer, hinter Luke etwas Böses zu vermuten. Wenn, dann war er nur ein Opfer der Umstände, die in diesem Fall Gerard Argent hießen. Was dem jungen Alpha aber bereits jetzt bewusst wurde, war die Tatsache, dass ihm diese ganze Situation über den Kopf zu wachsen drohte. Hoffentlich konnte Allison morgen Stiles´ Vermutungen entkräften, denn sonst würde er sich eventuell bald in einer ziemlichen Zwickmühle befinden.



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