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Champ Stories

Band 1: Endynalos
von
Koautor:  Flordelis

Vorwort zu diesem Kapitel:
Das Kapitel der Awkwardness hoch Zehn! :,D
Aber gerade deswegen finde ich es irgendwie charmant. Die beiden sind halt sehr ... unbeholfen, wenn es nicht um Pokémon-Kämpfe geht. :> Komplett anzeigen

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Willst du also nicht wissen, wie ich schmecke?

Es folgte eine ausgiebige, intensive Spielphase. Unter anderem stand Fangen auf dem Plan, Delion und Raelene stellten sich als Kletterbaum zur Verfügung und sie versuchten alle gemeinsam mit Pii eine Tanzchoreografie auf die Beine zu stellen – beide stellten dabei fest, für so etwas keinerlei Talent zu besitzen. Nicht mal eine Stunde später hatten die Kleinen sich ordentlich ausgetobt und waren schlagartig müde geworden.

Einige von den Baby-Pokémon kuschelten sich nun an Knuddeluff, die ihnen ein leises Schlaflied sang. Azurill klammerte sich mit ihrem Schweif immer noch an Raelenes Haaren fest und hing kopfüber, hatte jedoch, genau wie die anderen, die Augen geschlossen. Eines der Pichus war offenbar total vernarrt in Delion und schlief deshalb einfach auf dessen Kopf, wie in einem gemütlichen Nest. Er störte sich nicht daran, da es ohnehin noch ziemlich leicht sein dürfte.

Raelene und Delion nutzten die Gelegenheit und hatten derweil den Picknickkorb ausgepackt. Darin war eine große, flauschige Decke gewesen, auf der sie nun saßen. Über ihnen zogen inzwischen einige wenige Wolken vorbei, die an eine Herde Wollys erinnerten. Ein wahrlich malerischer Tag im Spätsommer.

„Obwohl Babys so viel Energie haben, werden sie echt schnell müde“, bemerkte Raelene, den Blick auf die schlafenden Pokémon gerichtet.

Delion achtete darauf, sich nicht zu heftig zu bewegen, damit das Pichu auf seinem Kopf am Ende nicht doch noch herunterfiel.

„Dafür erholen sie sich aber auch ziemlich schnell wieder“, meinte er. „Sie können ihre Kraft eben noch nicht einschätzen und verpulvern ihre Energie deswegen zu unbedacht.“

Irgendwann könnten sie es sicher, dann wären sie wahrscheinlich sogar ernstzunehmende Gegner. Sein Lächeln ließ vermuten, dass er sich genau darauf schon freute.

Raelene nickte verstehend. „Es ist das erste Mal, dass ich wirklich Zeit mit Baby-Pokémon verbracht habe. Kaum zu glauben, wie stark sie werden können, wenn sie erst mal älter sind.“

Besonders das war aber auch in gewisser Weise die Faszination dahinter.

Sie griff nach einem der Sandwiches, welche Gloria ihnen zubereitet und mit allerhand anderen leckeren Sachen in den Korb gelegt hatte. Hungrig nahm Raelene einen großen Bissen und kaute anschließend zufrieden. Getränke standen auch bereit, unter anderem Wasser, verschiedene Teesorten und Saft. Nach einem weiteren, flüchtigen Blick in den Korb entdeckte Raelene zudem Salat und Pudding. Ihre Freundin war sogar so umsichtig gewesen, eine Schale mit Beeren für die Pokémon bereitzustellen.

Gloria hatte sich wirklich viel Mühe mit diesem Picknick gegeben. Schade, dass sie jetzt nicht mal dabei sein konnte. Inzwischen war die Stimmung zwischen Delion und Raelene dafür derart gelöst, dass sie ohne Nervosität mit ihm sprechen konnte, wofür sie äußerst dankbar war. Darum plapperte sie auch einfach lebhaft weiter, während sie aß.

„Obwohl ... als ich damals Hopplo von dir bekommen habe, war er ja im Prinzip auch noch ein Baby. Aber er wirkte schon so erfahren.“

Bevor Delion ihr antwortete, nickte er sich selbst zu, als wäre ihm die Erinnerung daran soeben nochmal durch den Kopf gegangen. Wie Raelene hatte er sich zuerst ein Sandwich geschnappt und aß ebenfalls nebenher. Ihm schien es genauso zu schmecken wie Raelene.

„Hopplos sind sehr abenteuerlustig und werfen sich mit Vorliebe in jede Gefahr, deswegen wirken sie so.“

„Ah, kein Wunder, dass wir dann so gut zusammengepasst haben.“ Ein sehnsüchtiger Seufzer entglitt ihr, als sie an damals zurückdachte. „Wenn du wüsstest, wie oft wir während der Arena-Challenge fast in eine Schlucht gefallen wären. Die Gegend um Passbeck herum ist echt nicht ganz ohne.“

Aufmerksam hörte Delion ihr zu und lachte, als sie ihm davon erzählte. Vermutlich, weil sie dabei so sorglos klang. Sein Blick im Anschluss wirkte aber dann recht besorgt. Schließlich hätte ihr damals einiges zustoßen können, doch das war Vergangenheit. Glücklicherweise saß sie nun hier mit ihm, gesund und munter.

Da er ihr gerne zuzuhören schien, erzählte sie direkt weiter: „Das erste Mal im Wirrschein-Wald hatte ich mich sogar auch mal heftig verlaufen und gedacht, meine Pokémon und ich kommen da nicht mehr heil raus, obwohl ich ja mein Handy dabei hatte.“

Nur dank eines wilden Brimano war sie aus dem Wald wieder herausgekommen – und dieses Pokémon hatte Raelene später im Champ-Cup als Silembrim obendrein noch in den Kämpfen beigestanden. Diese Arena-Challenge war wirklich spannend und manchmal nervenaufreibend gewesen. Ganz Galar zu bereisen sorgte wahrlich für allerlei Abenteuer. Dadurch hatte sie diese Region, ihre Heimat, richtig lieben gelernt, vor allem ihre Pokémon.

Erneut entfuhr ihr ein Seufzer, diesmal war es jedoch aus Betrübtheit heraus. „Und obwohl wir zusammen reisen wollten, war dann irgendwie jeder ganz woanders.“

„Ja, das hat Hop mir erzählt. Traurig, dass es so schnell gegangen war.“ Erwartungsvoll blieb sein Blick weiterhin fest auf sie gerichtet. „Aber du hast trotzdem viel von den anderen gelernt, oder?“

„Auf jeden Fall“, bestätigte Raelene lächelnd. „Ohne die anderen hätte ich sicher nicht so gute Fortschritte gemacht.“

Genüsslich nahm sie einen weiteren Bissen von ihrem Sandwich. Raelene aß für gewöhnlich immer etwas zu schnell, wenn sie aufgeregt war oder einfach nicht viel Zeit hatte. In diesem Moment lag es daran, dass sie sich so sehr freute, ungezwungen mit Delion reden zu können. Dann fiel ihr etwas ein, worüber sie noch mit ihm sprechen konnte, weil er bei diesem Thema vielleicht ähnlich fühlte wie sie.

„Weißt du, damals, in der Arena-Challenge, hatte ich einen spannenden Kampf nach dem anderen. Ich will nicht undankbar klingen oder eingebildet, aber jetzt, als Champ, hat man jedes Jahr nur ein einziges Mal einen richtig großen Kampf. Das finde ich irgendwie schade.“

Tatsächlich konnte er das auf Anhieb nachfühlen. „Ja, das rührt noch aus den Zeiten, als ich als Champ ziemlich beschäftigt war.“

Stimmt, damals war Delion oft unterwegs gewesen, um Probleme mit Pokémon in Galar zu lösen. Oder andere Dinge zu regeln, bei denen man seine Fähigkeiten benötigt hatte. Nicht zuletzt, weil hin und wieder eines von Roses Experimenten schiefgelaufen war. Wo der sich inzwischen wohl herumtrieb? Eigentlich wollte Raelene es nicht unbedingt wissen.

„Da wollte man verhindern, dass ich mal nicht zur Rettung präsent sein kann, nur weil meine Pokémon erschöpft wären“, führte er weiter aus.

Gegenwärtig gab es kaum noch Schwierigkeiten, zu denen Raelene hinzugezogen wurde, um sie zu lösen. Deswegen wäre es im Grunde nicht mehr nötig, den Champ von Galar warmzuhalten, statt mehr Schaukämpfe oder ähnliche Veranstaltungen anzubieten. Zu ihrer Freude sah Delion das offenbar genauso.

„Ich kann in der Liga mal anmerken, dass wir öfter Veranstaltungen mit Kämpfen haben, wenn du magst.“

„Das wäre super!“, platzte es begeistert aus Raelene heraus.

Kaum hatte sie das herumgeschrien, hielt sie sich erschrocken eine Hand vor den Mund und warf einen Blick zu den Baby-Pokémon, aber sie schliefen zum Glück noch alle friedlich.

Trotzdem sprach Raelene lieber etwas leiser weiter: „Ich bin natürlich froh, dass es kaum Notfälle gibt, bei denen man mich braucht, aber ich fühle mich gerade darum oft zu unrecht so gut bezahlt, wenn ich ehrlich bin ...“

Es gab Zeiten, wo sie viele Tage am Stück frei hatte. Sicher, sie trainierte dann mit ihren Pokémon, um sich weiterhin jedem Challenger stellen zu können, doch etwas mehr Abwechslung wäre wirklich nett.

Delion neigte schmunzelnd den Kopf. „Wir können unseren Champ ja nicht unzufrieden sein lassen, oder? Ich bin sicher, der Liga und mir wird etwas einfallen, das dir gefällt.“

„Das wäre schön. Danke dir~.“

Vielleicht fiel ihnen etwas ein, bei dem auch Delion wieder so richtig Spaß haben könnte. Der Kampfturm war natürlich schon eine großartige Idee gewesen, aber sicher noch nicht ganz das Richtige. Immerhin musste er momentan stets abwarten, ob es überhaupt ein Herausforderer bis zu ihm schaffte. Die spannenden Kämpfen fehlten ihm mit Sicherheit schrecklich, zumindest ihr würde es an seiner Stelle so gehen.

Jedenfalls tat es unheimlich gut, sich derart locker mit Delion unterhalten zu können. Sie hätten schon viel früher offener zueinander sein sollen. Mit ihren Gefühlen für ihn blieb sie dennoch erst mal weiter vorsichtig. Da sie sich gerade jetzt ausgesprochen hatten, wäre es schade, es durch die falschen Worten zum ungeeigneten Zeitpunkt schon wieder zu zerstören.

Das Azurill fiel plötzlich aus ihren Haaren, wahrscheinlich weil es den Halt verloren hatte. Dadurch wachte es sofort auf und fing an zu schluchzen, was an dem Schreck liegen musste.

„Oh je, komm her. Lass mal sehen“, sagte Raelene mitfühlend.

Behutsam hob sie die Kleine auf ihren Schoß und griff nach einer Beere aus der Schüssel. Diese gab sie Azurill und kontrollierte nebenbei, ob es sich irgendwo verletzt hatte, aber es war nicht mal eine Beule zu sehen. Und die Beere hatte es auch direkt wieder beruhigt.

„Na also, halb so schlimm. Jetzt schaust du dir Delion an, dann geht es dir gleich noch besser~.“

Verwirrt hob das Azurill kauend den Blick und sah Delion an. Wie erwartet fing es an zu strahlen und strampelte mit den Füßchen. Wer bekäme keine gute Laune, bei seinem Anblick?

Delion selbst hatte Raelene dabei beobachtet, wie sie mit dem Azurill umging. Etwas an seinem Blick wirkte seltsam verträumt, beinahe sehnsüchtig. Womöglich schmolz schlicht sein Herz, wenn er sah, wie Azurill sich bei seinem Anblick freute. Welchen anderen Grund sollte es sonst geben? Für Raelene war das nachvollziehbar.

Lachend winkte Delion Azurill zu. „Na? Scheint ja alles wieder super bei dir zu sein.“

Azurill lachte fröhlich, als wollte es zustimmen.

„Bei dem Pichu auf deinem Kopf scheinbar auch. Es knabbert an deinen Haaren“, schmunzelte Raelene.

Offenbar träumte es davon zu essen, was unendlich niedlich war. Zu gerne hätte sie ein Foto davon gemacht, aber das wäre zu respektlos Delion gegenüber, glaubte sie.

„Anscheinend schmeckst du auch noch gut~.“

Abermals lachte Delion herzlich, statt sich um seine Haare Sorgen zu machen. Im Zweifelsfall wuchs es ohnehin wieder nach, also störte er sich nicht mal daran. Pichu konnte sich wirklich glücklich schätzen. Es war schön, ihn nach Ewigkeiten wieder so fröhlich zu erleben.

„Ja, darauf wette ich“, sagte Delion, ohne dabei eingebildet zu klingen. „Obwohl ich mich noch nie probiert habe. Du schmeckst aber bestimmt auch gut.“

Raelene hielt kurz die Luft an. Moment, was? Hatte er das wirklich gerade gesagt? Natürlich freute sie sich, dass er ihr das Kompliment zurückgab, ohne zu wissen, wie der jeweils andere eigentlich schmeckte. Irgendwie kam ihr das nur etwas … intim vor. Interpretierte sie da zu viel hinein?

Mit geweiteten Augen winkte Delion rasch ab. „Nein, nein, das ... vergiss das einfach.“

Also doch, sie interpretierte es falsch. Er hatte es sogar zurückgenommen. Fand er also, sie würde sicher doch nicht gut schmecken? Wie groß war die Chance, dass er gerade nur ... verlegen war?

„Sch-schon gut“, erwiderte Raelene zögerlich. „Ich hab ja damit angefangen.“

Wäre jetzt eine gute Gelegenheit, möglichst dezent zu erfahren, wie Delion sie betrachtete? Zwar war es ihr schon klar, was für eine Position sie in seinem Leben einnahm, doch es könnte nicht schaden, es direkt von ihm zu hören. Eine gute Freundin, die gleichzeitig der Champ war. So in etwa.

Raelene sammelte all ihren Mut zusammen, holte tief Luft und setzte dann ein lockeres Lächeln auf. „Willst du also nicht wissen, wie ich schmecke?“

... Okay, die Frage war in ihrer Vorstellung irgendwie weniger unangenehm gewesen. Am liebsten hätte sie ihren Mut geohrfeigt. Hätte sie besser einfach die Klappe gehalten. Wie sollte er denn darauf antworten, ohne dass es zu beschämend für sie beide wurde?

Überrascht und ein wenig fassungslos, senkte Delion die Hände wieder. „W-was?“

Sein Kopf versuchte sichtlich, diese Frage zu verarbeiten. Bestimmt war er unsicher, was genau Raelene damit in Erfahrung zu bringen gedachte. Hoffentlich käme er zu dem Schluss, dass es einfach nur ein schlechter Scherz sein sollte. Nur so könnten sie aus dieser peinlichen Sackgasse noch entkommen.

„W-wie meinst du das?“, stammelte er vor sich her. „Weil, also, eigentlich, na ja, ich hätte nichts dagegen, wenn ...“

Keiner von ihnen strahlte gerade die Würde eines Champs aus, ganz im Gegenteil. Wenn sogar Delion nur noch stammeln konnte, war die Lage ernst. Zu allem Überfluss spürte Raelene, dass ihr Gesicht schon wieder knallrot geworden war.

E-er hätte nichts dagegen? Gegen was? Etwa das, was ich denke? Aber was denkt er wirklich?

Warum waren Gefühle nur so furchtbar kompliziert und anstrengend? Pokémon-Kämpfe waren wesentlich einfacher und machten Spaß. Mit solchen Situationen konnte sie aber nicht umgehen. In ihrem Leben hatte es bislang nur Pokémon gegeben … bis ihre Liebe für Delion erwacht war. Unbeholfen hob Raelene das Azurill vor ihr Gesicht, das absolut nichts verstand und nur unschuldig blinzelte.

„S-sorry, das sollte nicht so ... so ... ich weiß auch nicht. Irgendwie ist es über mich gekommen. Weil ich, ich ... kann nicht ganz so klar denken, wenn du da bist.“

Deshalb würde sie in einen Rematch gegen Delion diesmal wohl sehr wahrscheinlich verlieren, käme es jemals dazu. Trotz Azurill als Schutzschild spürte sie seinen Blick auf ihr. Erst als es sich so anfühlte, als hätte er ihn abgewendet, spähte sie kurz hinter dem Pokémon hervor. Seine Hand griff hilfesuchend knapp über seiner Stirn ins Nichts, was dazu führte, dass er daraufhin unruhig die Arme verschränkte. Erst in diesem Augenblick fiel ihr auf, dass er seine Kappe gar nicht dabei hatte.

Hatte er sich hinter ihr verstecken wollen?

„Dir geht es also auch so, was?“, murmelte er, irgendwie aufgeregt.

Ihre Gedanken wollten sich wieder selbstständig machen und Raelene einreden, dass er etwas ganz anderes meinte und sie das nur vollkommen falsch verstand. Aber selbst wenn es so sein sollte, war es ein unglaublicher Fortschritt. Vor diesem Tag hatte sie noch angenommen, Delion könnte sie nicht leiden.

Nun wirkte er nervös und gab ihr zu verstehen, in ihrer Gegenwart auch nicht klar denken zu können. Würde nicht mehr dahinter stecken, hätte er einfach von Anfang an lachen und sie als Witzbold hinstellen können, oder?

„Uhm, vielleicht ... sollten wir uns mal verabreden, um richtig darüber zu reden?“, schlug Raelene vor.

Natürlich wäre es erlösend gewesen, sofort zu erfahren, was Sache war. Etwas in ihr fürchtete sich aber noch davor, nur komplett daneben zu liegen. Zwischen all den Baby-Pokémon, auf einer Picknickdecke, war außerdem irgendwie nicht der beste Ort, um so etwas zu besprechen, wie sie fand. Zunächst wirkte Delion nicht allzu zufrieden mit diesem Vorschlag. Hätte er am liebsten auch auf der Stelle darüber geredet?

Letztendlich gab er nach und nickte. „Ja, eine Verabredung, das wäre sicher das beste.“

Als Raelene gerade fragen wollte, wann es ihm denn recht sei, wachte das Pichu auf seinem Kopf wieder auf und gähnte herzlich. Es roch anscheinend sofort die Beeren in der Nähe, weil die Schüssel inzwischen auf der Decke stand und der Geruch nicht mehr durch den Korb gedämpft wurde. Energiegeladen sprang es von Delions Kopf und eilte auf die Beeren zu, um zu essen.

Das machte Azurill wohl nervös, da es auch noch was von den Beeren abhaben wollte. Also setzte Raelene es wieder ab. Nach und nach wachte ein Baby nach dem anderen von dem Geschmatze auf und gesellte sich zu den anderen an die Schüssel, wo sie sich gierig an den Beeren labten. Vermutlich bezogen die Kleinen daraus ihre Energie, indem sie viel aßen – und das schnell.

„Essen macht anscheinend wieder munter“, kommentierte Raelene schmunzelnd. „Ich könnte jetzt auch noch was vertragen.“

Beherzt griff sie gezielt zu dem Pudding, statt vorher noch Salat zu essen. Gerade war ihr mal nach etwas Süßem, nachdem ihr Gespräch in so eine unerwartete Richtung verlaufen war. Eigentlich sollten sie das Thema durch diese kleine Unterbrechung von den Baby-Pokémon nicht einfach fallenlassen, doch Raelene wollte Delion nicht zu sehr bedrängen. Nicht noch mehr, als sie schon getan hatte.

Delion kümmerte sich nicht um das Essen, sondern legte eine Hand in seinen Nacken. „Wann würde es dir denn passen?“

Raelene ließ den Löffel sinken und sah ihn mit großen Augen an. Wenn er es nun sogar von sich aus nochmal ansprach, musste es ihm wirklich wichtig sein, genau wie ihr. Sehnsucht wuchs in ihrem Herzen, obwohl er genau neben ihr saß. Wahrscheinlich könnte keiner von ihnen diese Nacht schlafen, wenn sie das nicht zeitnah klärten …

„Am liebsten ... so schnell wie möglich“, sagte Raelene ehrlich. „Ich hab heute noch Zeit oder morgen. Oder übermorgen. Wann immer es dir passt.“

Sie wusste nicht, ob und wann er Termine hätte. Momentan stand zwar kein Cup an oder so, aber es gab als Liga-Präsident sicher noch zahlreiche andere Dinge zu regeln.

„Dann lass es uns heute noch tun“, bat er, ohne zu zögern. „Ich habe keine Termine mehr, und ich würde das auch gern so früh wie möglich besprechen.“

Noch an diesem Tag! Ein großer Teil ihrer Zweifel wurde spontan fortgespült, zumindest vorerst. Raelene nickte hastig und konnte nicht verbergen, dass sie sich freute. Lächelnd rührte sie mit dem Löffel in ihrem Pudding herum. Hoffentlich verstand sie all diese Zeichen nicht total falsch und das klärende Gespräch würde am Ende nicht doch ganz furchtbar werden.

„Puh, jetzt bin ich nervös“, gab Raelene zu. „Also, noch mehr als vorher.“

Es kam dem Gefühl nahe, das sie verspürt hatte, kurz bevor sie im Finale damals gegen Delion angetreten war. Delions Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln, allerdings wandte er auch den Blick wieder ab.

„Ich bin auch etwas nervös.“

„Das beruhigt mich irgendwie. Ich-, hey!“

Azurill schleckte mit der Zunge ungeniert den Pudding aus ihrer Dessertschüssel auf und ließ sich auch von ihrem erschrockenen Ausruf nicht davon stören. Zum Vorteil der Kleinen brachte Raelene es nicht über das Herz, Azurill davon abzuhalten.

„Okay, okay. Schon kapiert, ich sollte auf meine Linie achten“, lachte Raelene warmherzig. „Iss nicht zu viel davon, sonst bekommst du Bauchschmerzen.“

Die anderen Pokémon liefen derweil auf Delion zu und fingen an ihn wieder zu belagern. Der Ball mit seinem Gesicht lag immer noch im Auslauf, aber, wie erwartet, fanden auch sie das Original inzwischen viel besser und interessanter.

Delion betrachtete die Baby-Pokémon lächelnd. „Na, wollt ihr noch eine Runde spielen, wenn ihr jetzt schon wieder wach seid?“

Kontaktfreudig hielt er ihnen seine Hände entgegen, damit sie sich eingeladen fühlten – und sich an ihm festhalten könnten, wenn sie wollten. Offensichtlich war er ziemlich gut gelaunt, genau wie Raelene. Jegliche Unsicherheit, die vor wenigen Minuten noch vorgeherrscht hatte, war wieder verschwunden.

Begeistert nahmen die Baby-Pokémon seine Geste an und kletterten auf Delion herum. Ob dieser Hort Kameras besaß? Sie würde dieses Bild von ihm liebend gerne für immer bewahren.

„Okay!“ Raelene stellte die Dessertschüssel ab und stand entschlossen auf. „Wir haben uns kennengelernt, uns ausgeruht und gegessen. Habt ihr nun Lust auf ein Übungskämpfchen? Ihr seid doch bestimmt schon suuuperstark, nicht wahr~?“

Azurill stimmte lauthals zu und zeigte sofort, wie schnell und hoch sie auf dem Ball am Ende ihres Schweifs springen konnte. Auch die Pichus nickten und rieben mit den Händen über ihre Wangen, um einige elektrische Funken zum Vorschein zu bringen.

„Klasse! Teilen wir uns in zwei Teams und dann ...“ Schwungvoll deutete sie auf Delion. „Ich fordere dich heraus~.“

Zuerst war er ein wenig über ihren plötzlichen Sinneswandel irritiert, aber dann grinste er zufrieden. Er stand ebenfalls auf, ungeachtet der Pokémon, die noch auf ihm herumkletterten.

„Okay, ich nehme diese Herausforderung an!“

Das war wirklich eine schöne Abwechslung – außerdem hatten sie lange nicht gegeneinander gekämpft. Selbst wenn sie dafür nur Baby-Pokémon benutzen würden.

„Ich habe auch nichts anderes erwartet~“, freute Raelene sich. „Gut, wer kommt in mein Team?“

Lautstark meldete sich Azurill sofort zu Wort und hüpfte um sie herum. Somit war schon mal ein motiviertes Baby am Start. Alle anderen ... klammerten sich weiterhin an Delion und die Pichus zeigten sich ebenfalls kampfbereit für ihn. Knuddeluff beobachtete das alles interessiert und blieb gemütlich sitzen. Also stand es 1 gegen 6?

„Oh.“ Raelene kratzte sich lächelnd am Hinterkopf. „Ich verstehe schon, Delion ist einfach zu toll. Dann Eins gegen Eins. Du hast die Qual der Wahl~.“

Seine Augen leuchteten vor Freude auf, entweder wegen den Pokémon oder ihrer Bemerkung, wie toll er war. Woran es auch lag, es war jedes Mal auf's Neue ein schönes Gefühl, ihn so zu sehen. Er konzentrierte sich zunächst eine Weile auf die Pichus und wählte schließlich jenes, das zuvor an seinem Haar geknabbert hatte, wie er anmerkte. Für Raelene war es nicht überraschend, dass er es problemlos wiedererkannte.

Vorsichtig griff Delion nach diesem Pichu, um es direkt anzusehen. „Na, Kumpel, willst du für mich in den Kampf treten?“

„Pi, pi, pichu!“

Motiviert ballte es die winzigen Pfoten zu Fäusten und schlug blind in die Luft, um zu zeigen, dass es bereit war – und es strahlte vor Stolz, weil Delion ihn gewählt hatte. Raelene kniete sich hin und brachte Azurill dazu anzuhalten, damit sie ihren Kopf tätscheln konnte.

„Denk dran, wir üben nur, also hab ganz viel Spaß! Bist du bereit?“

„Rill!“, rief Azurill, ebenso motiviert wie Pichu.

Als wüsste es instinktiv, wie so etwas ablief, stellte es sich kampfbereit vor Raelene in Position und hüpfte dabei auf der Stelle.

Delion setzte das Pichu wieder auf dem Boden ab. „Streng dich an und hab auch du Spaß~.“

Voller Elan stellte Pichu sich in Position, so wie Azurill. Elektrische Funken zuckten über seine Wangen. Beide Pokémon waren so niedlich. Raelene müsste sich zurückhalten, damit sie es nicht übertrieb.

Knuddeluff war derweil aufgestanden und stellte sich mit etwas Abstand in die Mitte, zwischen Raelene und Delion. Sie hob beide Arme in die Luft – anscheinend wollte sie die Schiedsrichterin sein. Streng setzte sie mit einem „Knuddeeel~“ an und stieß ein lautes „Uff!!!“ aus, als sie den Startschuss für den Kampf gab.

„Azurill, Tackle!“, rief Raelene sofort.

Auf ihrem Ball hüpfte Azurill sogleich verspielt auf Pichu zu.



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