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The Whisper of Water

von

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3.

In der Nacht weckte sie ein lautes Gewitter, was sie, da ihr Zimmer unter dem Dach lag, noch deutlicher wahr nahm, als jemand der unten im Haus sein Zimmer hatte. Als sie auf ihr Smartphone blickte, war es gerade einmal kurz vor vier Uhr. Sie hatte also noch vier weitere Stunden, bevor sie ihre Mutter wecken würde und ihr Vater sie eine Stunde später zum Treffpunkt fahren würde.

Den Chat im Messenger nachlesend, setzte sie sich auf und griff nach ihrer Wasserflasche, die auf ihrem Nachtschrank stand. Maria und die anderen hatten am Abend noch fleißig gechattet und überlegt wie die Chancen standen, an einem Abend Party zu machen. Annika wollte ihr Handy gerade weglegen und etwas trinken, als sie eine Direktnachricht bekam.

»Kannst du auch nicht schlafen?«, stand darin und Annika konnte die Nummer niemanden zu ordnen und weil ihr Kopf noch zu träge war, kam sie nicht auf die simpelste Antwort, weshalb sie fragte, wer da ist.

»Zaya. Sorry, ich hätte dich nicht einfach anschreiben sollen.«

»Das Gewitter hat mich geweckt«, tippte sie zurück und fügte noch ein: »Was ist es bei dir?«, hinzu und tippte dann auf senden. Danach trank sie einige Schlucke Wasser und bevor sie fertig war, hatte sie auch schon eine Antwort. Sie verschloss die Flasche wieder, griff sich ihr Handy, lehnte sich in ihre Kissen zurück und begann zu lesen.

»Mein Vater, mein Stiefbruder hat Geburtstag und sie, einige Freunde von ihm und meine Stiefmutter, machen nebenan Party. Versuch zu schlafen, aber immer wenn ich am einschlafen bin, machen die Lärm.«

»Wie alt ist dein Stiefbruder?«, fragte Annika und fügte ein »Tut mir Leid für dich«, noch an. Gähnend sah sie zu ihrem Dachfenster, gegen das der Regen lautstark prasselte und hoffte, es würde dadurch wenigstens am Tag nicht so warm werden.

»Ist sein 18. Ich kann es verstehen und wir haben ja ohnehin Ferien, aber es nervt trotzdem. Schwimmst du schon lange?«

»Seit ich denken kann«, tippte Annika zurück. »Und du?«

»Seit Ende der Grundschule«, kam die Antwort prompt. Ein wenig später schrieb Zaya: »Aber eigentlich hasse ich es«, und Annika hatte keine Ahnung, was sie darauf sagen sollte. Weshalb sie einfach nicht antwortete, aufstand und mit dem Handy an das Dachfenster ging. Sie öffnete es und genoss die  Regentropfen auf ihrer Haut, die prompt auf sie einprasselten.

Wie konnte man das schwimmen hassen und gleichzeitig in einem Schwimmteam sein? Nachdenklich starrte sie in die Nacht hinaus und dachte daran, wie sie seit sie denken konnte, jede freie Minute im Wasser verbracht hatte.

Ein eingehender Anruf unterbrach ihre Gedanken und ohne groß darüber nachzudenken, wie bescheuert es war, nach vier Uhr in der Nacht jemanden anzurufen, ging sie einfach ran.

»Hab ich dich verschreckt, mit meiner Nachricht?«, erkundigte Zaya sich und Annika konnte im Hintergrund gedämpfte Musik und feiernde Menschen hören.

Annika schüttelte ihren Kopf und sie überlegte, wieso sie nicht geantwortet hatte, bis sie bemerkte, dass Zaya ihr Kopfschütteln ja nicht sehen konnte.

»Nein«, sagte Annika dann schließlich.

»Dann wolltest du nicht nachfragen, weil du nicht wusstest, ob du es wirklich wissen willst?«

War es so? Annika sah nachdenklich auf ihre Hand, die sie dem Regen entgegen gestreckt hatte und an der nun das Wasser an ihrem Arm hinab ran.

»Ich bin nicht so oberflächlich«, erwiderte Annika dann. »Es ist aber spät und ich weiß nicht, ob ich nicht noch einmal schlafen will oder ob ich wach bleibe.«

Annika konnte das Lächeln hören, was Zayas Lippen mit Sicherheit zierte, als sie sagte: »Denkst du denn, es ist oberflächlich, nicht zu fragen, wenn man es nicht wissen will?«, und Annika dachte nicht darüber nach, sondern nur an die Lippen von Zaya und wieso sie nun an diese schmalen Lippen dachte.

»Nein, tue ich nicht«, sagte sie nach einem Augenblick. »Aber auf andere kann es so wirken, als sei man oberflächlich, wenn man nicht besorgt nachfragt.«

»Also hast du dir Sorgen gemacht?«, erkundigte sich Zaya und klang nun deutlich amüsiert.

»Ich liebe es zu schwimmen und kann mir nicht vorstellen, es jemals zu hassen. Wieso hasst du es?«, fragte Annika schließlich und erntete ein langes schweigen, was Annika dazu veranlasste sich selbst zu fragen, was passieren müsste, dass sie es hassen würde, zu schwimmen.

»Meine Mutter war Profi-Schwimmerin«, erklang es nach einer Weile und Annika zuckte zusammen, weil sie nicht mehr mit einer Antwort gerechnet hatte. »Ich hasse sie, also hasse ich schwimmen.«

Annika dachte, dass sie das verstehen konnte und wusste, dass sie nun fragen könnte, wieso Zaya ihre Mutter hasst, aber das wäre einfach nur Sensationslust und Neugier.

»Gibt es nichts daran, was du gerne magst? Schau dir Maria an, die schwimmt eigentlich nur wegen mir und weil sie so knackige Jungs angaffen kann ohne mal einen Schritt auf sie zu zu gehen.«

»Und warum schwimmst du?«, war der Konter auf ihre Frage von Zaya, ohne dabei auf Annikas Frage einzugehen.

»Ich fühle mich frei im Wasser. Als wäre unter Wasser alles möglich. An der Oberfläche musst du immer deine Maske tragen um mit der Masse mit zu schwimmen. Unter Wasser zählt nichts, außer das was du bist und sein willst. Der Spruch, stille Wasser sind tief, muss doch irgendwo her kommen, oder nicht?«

»Wie philosophisch«, war Zayas einzige Antwort, danach war die Leitung weg und Zaya hatte ihr wohl aufgelegt. Annika fragte sich zwar wieso und ob sie etwas falsches gesagt hatte, legte ihr Smartphone aber aufs Bett, anstatt nachzufragen und holte sich ein Handtuch aus dem Schrank um sich das Gesicht und die Haare abzutrocknen, die vom Regen feucht geworden waren. Hatte Zayas Antwort zynisch geklungen? Annika war sich nicht mehr sicher und sie grübelte darüber nach, ob an ihrer Antwort irgendetwas schlimm gewesen war, doch sie fand keine Erklärung und drehte sich irgendwann mit ihren Überlegungen nur noch im Kreis, was sie nervte. Weshalb sie sich wieder in ihr Bett kuschelte und mit Schäfchen zählen versuchte, wieder einzuschlafen.
 

Als Annika ihre Augen wieder öffnete, fühlte sie sich unausgeruht und so gar nicht bereit für das strahlende Lächeln ihrer Mutter und der energischen Stimme die flötete: »Aufstehen mein Schatz, heute fährst du in dein Schwimmcamp.«

Annika zog sich ihre Bettdecke über den Kopf, aber ihre Mutter zog ihrerseits fest daran, so dass Annika einen Moment später ohne Decke im Bett lag und sich grummelnd aufsetzte.

»Wie spät ist es?«, fragte sie murmelnd und ihre Mutter meinte, es sei kurz nach acht und sie solle sich besser beeilen, wenn sie noch frühstücken wollte, bevor ihr Vater sie fahren würde.

Stimmt, das Camp. Bevor ihre Mutter noch etwas sagen konnte war Annika aufgesprungen und eilte in ihr Badezimmer, wo sie sich den Schlaf weg duschte und sich für den Tag fertig machte. Nichts besonderes, ein bisschen Gel in ihre kurzen braunen Haare, damit sie cool ab standen und Zähneputzen. Danach zog sie sich in ihrem Zimmer eine Jeans an, deren Beine sehr weit abgeschnitten waren und einst mal ihrer großen Schwester gehört hatten und ein schlichtes Bandshirt von ihrer Lieblingsband Metallica. Danach schob sie noch ihr Laptop und das Ladekabel ihres Smartphones in die Reisetasche, schnappte sich ihre kabellosen Kopfhörer und ihr Smartphone, schob sich beides in die Hosentaschen und schulterte die Reisetasche. Ihre Geldbörse war in ihrer schlichten Umhängetasche, die sie sich als nächstes griff und damit ging sie dann nach unten. Im Flur stellte sie ihre Sachen ab und gesellte sich zu ihren Eltern und ihren zwei Jahre jüngeren Bruder, die schon am Frühstückstisch auf sie warteten.

»Hast du alles?«, erkundigte sich ihr Vater, statt einem Morgengruß und Annika nickte und setzte sich neben ihren Bruder. Ihre große Schwester war schon vor zwei Jahren ausgezogen, weshalb ihr Platz immer frei blieb.

»Freust du dich schon?«, wollte ihr Bruder Matthias wissen und Annika sah ihn ernst an.

»Du lässt die Pfoten von meinem Zimmer, während ich nicht da bin, ja? Ich will nicht, dass es da nach Gras oder Kotze riecht, klar?«

Matthias grinste sie an. »Ich weiß nicht wovon du redest, aber ich verspreche dir gar nichts.«

»Kinder«, warnte ihre Mutter und Annika und Matthias zuckten unisono mit den Schultern.

»Keine Streitereien am Frühstückstisch«, fühlte sich ihre Mutter noch genötigt zu sagen. Annika griff sich die Milch und das Müsli und begann dann schweigend zu essen, während sich ihre Eltern über irgendwelche Belanglosigkeiten unterhielten, die sie eh nicht interessierten. Ihr Bruder hämmerte neben dem Essen auf seinem Smartphone herum und sie fragte sich, ob er seinen Freunden gerade erzählte, dass das coole Zimmer unter dem Dach bald für zwei Wochen leer stand.

Nach einem Moment, als Annika ihr Müsli beendet hatte und sich gerade noch ein Glas Orangensaft nachgoss sah ihre Mutter sie lächelnd an.

»Und bist du bereit? Du weißt, wenn irgendetwas ist, kannst du mich oder Papa jederzeit erreichen.«

»Und mach uns keine Schande«, legte ihr Vater etwas strenger nach, grinste sie aber schief an. Annika lächelte dankbar und nickte lediglich.

»Wollen wir dann los?«, erkundigte sich ihr Vater und trank seinen letzten Schluck Kaffee. »Lieber zu früh, als zu spät dran sein, eh?«

Annika verabschiedete sich mit einem High Five von ihrem Bruder, der nicht einmal von seinem Display dabei aufblickte, umarmte ihre Mutter und gab der Katze Carly, die gerade in die Küche trat noch ein paar Streicheleinheiten, bevor sie in den Flur trat um ihre Sneaker anzuziehen. Ihr Vater nahm danach ihre Reisetasche und sie selbst schnappte sich ihre Umhängetasche, in der sie sich, von der Kiste Wasserflaschen, noch ein Flasche Wasser verstaute. Nachdem sie sich sicher war, dass sie auch ihre Geldbörse hatte, folgte sie ihrem Vater und setzte sich neben ihn auf den Beifahrersitz. Dort betrieb sie mit ihrem Vater, während der Fahrt, ein wenig Smalltalk. Nichts was wichtig war. Sie und ihr Vater hatten sich wenig zu sagen, ihr Bruder und ihre Schwester waren es, die ihm nah standen. Was nicht bedeutete, dass er ein schlechter Vater war, sie hatten sich einfach wenig zu sagen, neben dem Alltäglichen. Annika liebte ihren Vater, war er es doch, der ihr die Star Wars Filme gezeigt hatte, und war er es doch, der ihren Namen an Anakin Skywalker angelehnt hatte. Sie liebte die Filme und alles was damit zu tun hatte und war dahingehend ein kleiner Nerd, würde sie aber nie jemanden gestehen.

Wenig später, die Fahrt dauerte nicht lange, verabschiedete sich ihr Vater von ihr mit den Worten: »Möge die Macht mit dir sein«, was Annika ein Grinsen entlockte, bevor sie ihm ein Küsschen auf die Wange drückte, und er wieder ins Auto einstieg. Sie winkte ihm noch hinterher und machte sich dann mit ihrer Reise- und Umhängetasche, die ziemlich schwer war, auf den Weg zu den anderen, die schon warteten. Es waren noch nicht alle da, aber Maria und ein paar der Jungs schon.

»Guten Morgen«, warf sie in die Runde, ließ ihre Reisetasche geräuschvoll auf den Boden fallen und umarmte ihre beste Freundin fest.

»Da bist du ja«, grinste Maria und sah sie prüfend an. »Du siehst müde aus. Schlecht geschlafen?«

Annika grinste schief. »War in der Nacht mal eine Weile wach und konnte schlecht einschlafen.«

»Na dann musst du gleich im Bus ein Nickerchen machen«, schlug Maria vor und sah sie mitfühlend an.

»Vielleicht«, erwiderte Annika und sah, wie ihre Trainerin und einer der Lehrer, der das zweifelhafte Los gezogen hatte, die Gruppe zu begleiten, sich näherten.

»Meinst du, Herr Funke hilft den Jungs keinen Blödsinn zu machen, oder wird er die Sachen einfach ignorieren und hoffen die 14 Tage gehen schnell um?«, fragte Maria sie amüsiert und Anika zuckte mit den Schultern. So gelangweilt wie der Lehrer aussah, vermutlich letzteres. Doch sie hatte schnell keinen Gedanken mehr dafür, als ein silbernes Auto vorfuhr und Zaya, laut auf einer asiatischen Sprache fluchend, aus dem Auto ausstieg, die Tür zuwarf und dem Mann der sie gefahren hatte den Mittelfinger zeigte. Sie trug heute ein schwarzes Kleid mit weißen Punkten und sah im Gegensatz zu gestern richtig feminin aus. Das brachte auch einige Jungen zum Sabbern, den anzüglichen Sprüchen nach zu urteilen, wie Annika bemerkte und irgendwie eklig fand, auch wenn sie es durchaus nachvollziehen konnte, was sie selbst überraschte.

»Sie wirkt heute verändert, nicht nur wegen dem Kleid«, merkte Maria an und Annika bemerkte, dass Maria aufgefallen war, dass sie Zaya einen Moment zu lange angesehen haben musste.

»Warum denkst du das?«, fragte sie Maria und wandte ihren Blick von Zaya ab, die nun selbst noch einmal zu Zaya sah.

»Irgendwie reservierter? Gestern erschien sie mir deutlich offener uns allen gegenüber. Ich meine, sie kommt nicht einmal zu uns, obwohl wir hier stehen und sie gestern umarmt haben«, stellte Maria fest. Annika sah selbst noch einmal zu Zaya und sah wie diese den Blick in ihre Richtung mied und stattdessen die Trainerin ansprach und diese in ein Gespräch verwickelte.

Annika wollte Maria von diesem seltsamen Gespräch in der Nacht erzählen, aber gleichzeitig befand ein Teil von ihr, dass sie es nicht tun sollte und bevor sie noch irgendeinen Gedanken an Zaya fassen konnte, tauchte der Bus auf, der schon die restlichen Mitglieder ihrer Truppe beinhaltete.

Auf in die Schlacht, dachte Annika sich, als es darum ging, wer mit wem und wo saß. Zaya würdigte ihr und den anderen keinen Blick, als sie anstanden und darum wetteten, wer den besten Platz bekam.

Am Ende landete Annika auf einem Fensterplatz neben Maria und hatte sich sehr schnell ihre Kopfhörer in die Ohren gesteckt und von Metallica ins Traumland begleiten lassen.



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