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The Boyfriend Experience

von

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I'm not meant to live alone, turn this house into a home...

Während der Autofahrt schwiegen die beiden Männer. Stiles blickte dann und wann verstohlen zu seinem Beifahrer hinüber, welcher tief in seinen Sitz gesunken war, seine Lederjacke eng um sich geschlungen und die Arme fest vor der Brust verschränkt hatte. Derek starrte stur geradeaus durch die Windschutzscheibe und schien vollkommen in Gedanken versunken. Erst als sie in Stiles Straße einbogen, schien er wieder zu erwachen. Er blickte neugierig in die Vorgärten, um ein Bild von der Nachbarschaft zu gewinnen.
 

Schließlich kam der Wagen zum Stehen und Stiles verkündete:

„Hier ist es, hier wohne ich.“

Er parkte den Wagen direkt vor dem Haus und sie stiegen aus.
 

„Wow!“ entfuhr es Derek beeindruckt und er verweilte einen Moment, um sich einen Eindruck des Gebäudes zu verschaffen: „Wie zur Hölle hast du dir so ein Haus in solch einer Gegend leisten können. Verdient man beim FBI denn so viel besser, als ich immer vermutet habe.“
 

Stiles lachte:

„Nein, sicher nicht, aber wie gesagt habe ich das Haus zu einem günstigen Zeitpunkt gekauft. Außerdem war es in wirklich erbärmlichem Zustand, als ich es erworben habe. Ich habe sehr viel daran machen müssen und das meiste konnte ich allein tun, alles bis auf die Elektrik und einige Sanitärarbeiten. Darauf bin ich unheimlich stolz. Sogar das Dach habe ich eigenhändig repariert. Ich bin wohl irgendwie ein Autodidakt und auch ein klein wenig besessen, wenn ich mir einmal ein Projekt vorgenommen habe. Ich musste für den Hauskauf allerdings immer noch einen Kredit aufnehmen, den ich noch immer abzahle. Das macht aber nichts, denn für gewöhnlich lebe ich ziemlich sparsam. Wollen wir reingehen?“
 

Derek nickte und schaute sich alles ganz genau an. Man durchschritt ein Rosenspalier, wenn man das Grundstück betrat. Die Zuwegung, welche die kleine Rasenfläche teilte, war links und rechts gesäumt von Margeriten, in welchen sich Bienen und allerhand anderes Getier tummelte. Die Hausfassade war in einem blassen Rot gestrichen, wovon sich Tür- und Fensterrahmen in blendendem Weiß abhoben. Der Sonnenuntergang tauchte alles in goldenes Licht. Vor dem Haus gab es eine kleine Veranda, auf welcher sich zwei Korbstühlen und eine, an der Decke verankerte, hölzerne Hollywoodschaukel befanden. Derek stellte sich vor, wie Stiles hier am Morgen mit seinem ersten Kaffee saß und in aller Ruhe den Tag begrüßte:
 

„Die Fenster sind unheimlich schön.“ stellte er fest und deutete auf die eingelassenen floralen Ornamente in rot und grün rings um die klaren Scheiben:
 

„Die waren schon da, als ich einzog. Diese Fenster sind richtig alt. Und halt´ mich nicht für verrückt, aber sie waren das Zünglein an der Waage, als ich mich damals für den Hauskauf entschieden habe. Ich habe mich in diese Fenster verliebt. Ist das nicht dumm?“ fragte Stiles mit einem verlegenen kleinen Grinsen.
 

Derek lächelte ebenfalls und versicherte:

„Es ist überhaupt nicht dumm. Es ist... irgendwie total süß.“
 

Stiles, welcher gerade dabei war aufzusperren, wandte sich um und blickte ihn schmunzelnd über die Schulter hinweg an:

„Hereinspaziert!“ rief er aus, als die Tür aufschwang und machte eine einladende Geste mit seinen Armen.
 

Der Hausherr knipste das Licht an, so dass sein Gast auch etwas sehen konnte. Im Inneren gab es unheimlich viel zu entdecken. Wenn man den kleinen Vorflur passiert hatte, stand man sofort in Stiles Wohnzimmer. Die Einrichtung hier bestand aus modernen Schränken und Regalen aus unbehandeltem Holz. Stiles besaß eine Unmenge von Büchern. Ein bestimmtes Thema war bei der Literatur nicht auszumachen, da waren Sachbücher zu unterschiedlichsten Fachgebieten, Kochbücher, Krimis und ebenso viele Klassiker und Derek fragte beeindruckt:

„Hast du die etwa alle gelesen?“
 

„Die meisten.“ bestätigte Stiles: „Mein Kopf braucht irgendwie immer Beschäftigung. Und ich mag echte Bücher, die ich in der Hand halten, fühlen und riechen kann und nicht diese elektronischen Dinger, egal wie praktisch die sein mögen. Ich weiß, es ist total altmodisch.“
 

„Ich kann das verstehen.“ versicherte Derek und blickte sich weiter um. Überall standen, oder hingen Fotos, von Stiles mit Leuten in seinem Alter, die vermutlich seine Freunde waren, insbesondere von einem hispanisch aussehenden jungen Mann mit Grübchen, Knopfaugen und süßem Lächeln und einer hübschen Erdbeerblondine, die auf jedem der Bilder stets perfekt geschminkt und in Positur geworfen schien, wie ein Model. Daneben fanden sich noch Fotos von Personen, bei denen sich vermutlich um Stiles Eltern handeln musste.
 

An Wänden, auf Kommoden und in Regalen waren Dekorationsgegenstände platziert, ohne dass es überladen oder kitschig wirkte. Da waren zum Beispiel eine große aufgebrochene Amethystdruse, welche dem Betrachter ihr prächtiges, violett schimmerndes Innenleben präsentierte und ein versteinerter Ammonit in derselben Größe daneben. An einer Wand hingen ein antikes japanisches Schwert, ein Aquarellgemälde, welches eine Strandlandschaft abbildete und ein Filmplakat des Klassikers von 1941 `The Wolf Man´. Es gab einen kleinen, gusseisernen Ofen, auf dem geölten Dielenboden lag ein hübscher Perserteppich in zarten Blau- und Grüntönen und ein royal-blaues Chesterfieldsofa mit zwei dazu passenden Sesseln, luden zum Ausruhen ein.
 

Alles wirkte unwahrscheinlich gemütlich und Derek liebte es!
 

Er dachte an sein eigenes nüchternes, cleanes und geradliniges Zuhause, welches mit Stiles Heim überhaupt nicht zu vergleichen war. Sicherlich war es so, dass Minimalismus zu Dereks Persönlichkeit passte, doch andererseits hätte er wohl auch gar keine Idee gehabt, mit welchen dekorativen Stehrumseln er seinem Apartment ein wenig mehr Wärme, Persönlichkeit und Behaglichkeit hätte verleihen können?

Und einen kurzen Augenblick lang wollte er all dies; die Hollywoodschaukel, die Hausbibliothek, die Dekoration, das Kuschelsofa, den Ofen, einfach alles. Einen flüchtigen Moment lang stellte er sich vor wie es wohl war, hier zu wohnen und sich einfach nur geborgen zu fühlen:
 

„Gefällt´s dir?“ fragte Stiles passenderweise in diesem Moment, da er Derek die ganze Zeit dabei beobachtet hatte, wie dieser sich umgesehen hatte:
 

„Sehr!“ bestätigte sein Gast: „Du hast wirklich Geschmack.“
 

Ein stolzes Grinsen zeigte sich auf dem Gesicht des Hausherren. Er bedankte sich und erklärte:

„Es hat eine Ewigkeit gedauert, bis alles so war, wie ich es haben wollte. Jetzt ist es endlich perfekt.“
 

Derek stimmte zu, doch eine Stimme in seinem Inneren widersprach dennoch. Ja es war perfekt, zumindest beinahe, doch eine Sache fehlte dennoch und es schien ihm etwas sehr Wichtiges zu sein, trotzdem kam er nicht drauf, was es war?
 

„Setz´ dich doch bitte!“ forderte ihn der Gastgeber auf und Derek folgte der Einladung nahm auf dem Sofa Platz:
 

„Ist dir noch immer kalt? Ich könnte den Ofen anmachen?“ schlug Stiles vor.
 

Derek wollte keine Umstände machen und so erwiderte er:

„Ein wenig, aber ich denke, das wird nicht nötig sein.“
 

Stattdessen zog Stiles nun jedoch eine große lindgrüne Häkeldecke aus einer Holztruhe, breitete diese über seinen Besucher und kündigte an:

„Also gut, aber dann werde ich uns wenigstens einen heißen Tee machen. Ich bin gleich wieder da! Willst du vielleicht inzwischen ein wenig Musik hören?“
 

Als sein Besuch nickte, legte Stiles eine Schallplatte auf.

Eine echte Schallplatte!

Derek hatte keine Ahnung, dass es tatsächlich noch Leute gab, welche Plattenspieler besaßen? Es knisterte ein wenig und wenig später erklang aus den Lautsprechern die samtig-liebliche Stimme von Ella Fitzgerald und Stiles verschwand in der Küche. Beruhigt von der Musik wickelte Derek sich noch ein wenig fester in seine Decke ein und schloss kurz die Augen. Der Schrecken des Überfalls ebbte langsam ab und er spürte, dass er erstmals wieder wirklich tief durchatmen konnte.
 

Stiles brauchte eine Weile in der Küche, was daran lag, dass er nicht nur einen Tee für sie gekocht hatte, er hatte auch Käse-Schinken-Sandwiches für sie bereitet, einen kleinen Obstsalat und ein wenig Kuchen aufgeschnitten:

„Greif´ zu wenn du magst. Du musst doch total ausgehungert sein?“ forderte der Gastgeber.
 

Und tatsächlich stellte Derek beim Anblick der Leckereien fest, dass er einen Wolfshunger hatte, denn immerhin lag seine letzte Mahlzeit ja bereits einige Stunden zurück und hinzu kam, dass die Krebsfleischsuppe seinen Körper ja auch schon unplanmäßig früh wieder verlassen hatte:

„Das sieht großartig aus!“ stellte er dankbar fest und bediente sich, während Stiles sich an seiner Seite niederließ und das Gleiche tat.
 

Als sie beide gesättigt waren wollte Stiles wissen:

„Geht es dir schon ein wenig besser?“
 

Derek nickte und bekannte mit einem verlegenen Lächeln:

„Es geht mir bedeutend besser, bis auf ein zerschrammtes Ego, weil ich vorhin so feige und hilflos gewesen bin.“
 

Stiles seufzte, blickte zunächst unentschlossen zu seinem Sitznachbarn hinüber und entschied sich dann, etwas zu unternehmen. Er hockte sich rittlings auf den Schoß des Größeren, verschränkte seine Hände in dessen Nacken und blickte ihm fest in die Augen:

„Du musst das abhaken, Derek.“ ordnete er an: „Schusswaffen verschaffen Angreifern einen unfairen Vorteil und wenn du da nicht ein paar gute Tricks kennst, wie ich durch mein FBI-Training, dann bist du am besten beraten, indem du dich geschlagen gibst und machst, was die wollen. Du hattest gar keine andere Wahl., als dich passiv zu verhalten.“
 

„Aber ich war ja wie erstarrt. Ich konnte gar nichts tun, nicht sprechen, nicht einmal machen, was dieser Kerl von uns verlangt hat, gar nichts!“ murrte Derek unzufrieden.
 

Stiles fuhr mit zärtlichen Fingern durch sein Haar:

„Also gut, dann sag´ mir doch mal, wie oft es dir bereits passiert ist, dass du in den Lauf einer Pistole geschaut hast?“
 

„Na ja... noch nie.“ gab Derek zu.
 

Stiles nickte bedächtig:

„Und nun stell´ dir doch mal vor, was geschehen wäre, wenn dies eine andere Angriff gewesen wäre. Was wenn ein unbewaffneter Kerl von deiner Größe...“ er streichelte die muskulösen Arme und die breite Brust seines Gastes: „... uns angegriffen hätte. Wärst du dann weggelaufen und hättest dich versteckt, oder hättest du dich gewehrt?“
 

„Ich hätte dich und mich natürlich verteidigt.“ räumte Derek ein.
 

Stiles grinste auf ihn hinab und stellte fest:

„Siehst du, du bist kein Feigling! Und sollten wir irgendwann mal in solch eine Situation kommen, dann lasse ich dir den Vortritt und du rettest mich, einverstanden? Denn das ist für einen großen, starken, beeindruckenden Kerl wie dich mit Sicherheit ein Leichtes!“
 

Derek schüttelte schmunzelnd den Kopf:

„Sag´ mal, versuchst du gerade meine angegriffene Männlichkeit wiederherzustellen?“ wollte er wissen:
 

„Funktioniert es denn?“ fragte Stiles kichernd:
 

„Jupp, funktioniert.“ bestätigte Derek.

Dann nahm er Stiles Gesicht in beide Hände, zog es zu sich heran und küsste ihn.

Stiles schloss die Augen, schmolz den fremden Lippen geradezu entgegen und öffnete die seinigen für Dereks Zunge, welche um Einlass bat.
 

„Das war... WOW!“ stammelte Stiles, als sie sich wieder von einander lösten. Er zögerte ein wenig und schließlich stellte er unsicher eine Frage, welche ihm auf der Seele brannte:

„Ich... ich dachte in deinem Job küsst man nicht? Ist das nur ein dummes Vorurteil? Und... oh Mann... ist vielleicht schon diese Frage beleidigend.“
 

Derek lächelte:

„Alles gut, die Frage ist okay.“ versicherte er: „Ich kann sie dir nur nicht richtig beantworten. Also ich persönlich habe das Küssen bislang vermieden. Es mag komisch klingen bei allem, was ich sonst so für Geld tue, aber es erschien mir immer zu... intim. Ich kann dir aber nicht beantworten, wie es andere Männer in meiner Position halten.“
 

Stiles runzelte die Stirn:

„Und wie kommt es, dass du ausgerechnet mich jetzt küssen wolltest?“
 

Derek zuckte mit den Schultern:

„Mit dir ist es anders. Du bist anders.“ erwiderte er nachdenklich:
 

„Und ist das gut?“ vergewisserte sich Stiles nervös.
 

Derek zögerte ein wenig mit seiner Antwort und seinem Gegenüber rutschte das Herz in die Hose, doch dann entgegnete er schließlich:

„Es ist verwirrend. Und es ist gut.“
 

Stiles hätte liebend gern noch weiter gefragt, weil er genau wissen wollte was das bedeutete, doch er schwieg, stieg von Dereks Schoß herunter, schmiegte sich stattdessen an dessen Seite und dieser legte einen Arm um ihn.
 

Sie schwiegen eine ganze Weile, tranken ihren Tee und lauschten der Musik. Es war kein unbehagliches Schweigen, eher im Gegenteil ein Zeichen dafür, dass sie sich miteinander wohlfühlten.
 

Und bei dem Song `A House Is Not A Home´ vom Plattenspieler wurde Derek urplötzlich klar, was es war, das diesem Haus fehlte:

Es war einfach nicht das Heim eines Single-Mannes. Sicherlich war Stiles der einzige Junggeselle in dieser Nachbarschaft, wo in jedem Vorgarten ein Kinderfahrrad auf dem Rasen lag, oder eine Schaukel und eine Rutsche herumstanden.

Dieses Haus war wie ein Nest ohne Gelege, wie der Bau eines einsamen Wolfes. Es war im Grunde für ein Paar, oder gar eine Familie bestimmt und dennoch wohnte hier bloß ein sehr liebenswerter, sehr einsamer Junge ganz allein.
 

Einem Impuls folgend fragte Derek:

„Darf ich heute Nacht bei dir bleiben? Ich... ich meine nicht als... du weißt schon, sondern als... Freund?“
 

Stiles hob den Kopf und blickte ihn überrascht an.

Dann nickte er.



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