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The fragrant Flower

von

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Gerbera


 

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Milo erwachte mit einem benommenen Gefühl. Sein Kopf drehte sich, während sein Körper so warm und gemütlich lag, dass er sich einen Augenblick einfach diesem Befinden hingab. Als er schließlich doch seine Augen öffnete brauchte er einen Moment um zu verstehen. Doch als die Erinnerungen ihn überrollten, wollten sie gar nicht mehr stoppen. Mit schnell schlagendem Herz setzte sich der Mann auf und schaute sich in dem aus Wurzeln errichteten Unterschlupf um. Von Fenin war keine Spur zu sehen, dafür schien helles Licht durch den kleinen Eingang. Er selbst war nicht nur mit seinem eigenen Umhang, sondern auch mit dem Fenins bedeckt gewesen, so dass ihm trotz der eisigen Luft, die von draußen herein kam, warm gewesen war. Nun aber begann er zu frieren. Er trug nichts weiter als seine dünne Unterkleidung, was er sogleich änderte. Nachdem Milo sich seine dickere Kleidung übergestreift hatte, saß er für einige Zeit reglos da und versuchte sich genau daran zu erinnern, was geschehen war. Auch wenn ihm manche Details gerne erspart geblieben wären, so begann sein Herz wieder unruhig zu schlagen, als er sich vor Augen rief, wie sie sich letzte Nacht immer und immer wieder geküsst hatten. Ein Schauer lief über seinen ganzen Körper, als er sich an jede noch so kleine Berührung erneut erinnerte. Und obwohl Milo sich sicher war, dass sie nicht weiter als eben jene Berührungen gegangen waren, so war er sich genauso sicher, dass er die treibende Kraft gewesen war, während sich Fenin ihm beinahe unterwürfig hingegeben hatte. Bei dieser Feststellung schoss ihm das Blut in den Kopf.

Was hatte er sich nur dabei gedacht? Milo brauchte nicht über eine Antwort nachzudenken, er wusste bereits, dass er an gar nichts gedacht hatte. Und auch wenn er nicht wusste, wie genau es letztendlich dazu gekommen war, so war ihm doch klar, dass Fenins Geruch die Hauptursache gewesen war. Das Schlimme war, er bereute es nicht einmal. Selbst jetzt kribbelte seine Haut noch vor Erregung. Während er sein Gesicht in den Händen vergrub, versuchte Milo sich etwas zu beruhigen.

Dass Fenin ein Dämon war störte ihn tatsächlich kaum noch. Trotzdem konnte es nicht richtig sein, dass er als Mensch diese Grenze überschritt. Viel mehr beschäftigte es Milo aber, dass der andere ebenfalls männlich war. Bisher hatte er sich nie für Liebschaften interessiert, obwohl sich ihm viele Gelegenheiten geboten hatten. Lag es möglicherweise daran, dass er schwul war? Konnte das sein?

Nachdem sich Milo noch einige Minuten den Kopf darüber zerbrochen hatte und sich danach überlegt hatte, wie er Fenin nun unter die Augen treten sollte, stand er schließlich auf, ohne zu einem Entschluss gekommen zu sein. Letztendlich würde sich nichts an seiner Situation ändern, außer dass es immer später werden würde. Als er ins Freie trat wurde er von dem grellen Licht des reflektierenden Schnees geblendet, so dass er einige Augenblicke wie blind in dem tiefen Frischschnee stand. Zumindest hatte es aufgehört zu schneien.

Ein leises Knirschen ließ ihn seinen Kopf in die Richtung des Geräusches drehen. Vermutlich das erste Mal in Jahren war er nicht achtsam genug, um in Verteidigungshaltung zu gehen. Er hatte nicht einmal seinen Stab dabei. Es war tatsächlich so weit gekommen, dass er sich auf den Schutz eines anderen verließ. Wie erwartet war das Geräusch aber von Fenin gekommen, wessen er sich nach ein paar mal Blinzeln versichern konnte. Seine feine Gestalt wurde schnell klarer. Als sich Milos Augen an das helle Licht gewöhnt hatten und er Fenin in seiner viel zu dünnen Kleidung sitzen sah, schoss ihm unmittelbar das Blut in den Kopf. Seine Wangen schienen in der Kälte geradezu zu brennen und er konnte nur hoffen, dass der andere sein Erröten auf die Temperatur zurückführte.

„Guten Morgen“, begrüßte ihn Fenin mit seiner gewohnt ruhigen Stimme, als wäre nichts gewesen. Für einen Augenblick fragte sich Milo wirklich, ob er das alles nicht nur geträumt hatte. Zwar ein überaus realistischer, aber dennoch nur verrückter Traum. Seine kurzen Hoffnungen wurden augenblicklich zerstört, als sein Blick den Hals des Dämons streifte. Noch zu gut konnte er sich an den berauschenden Geruch erinnern, der an dieser Stelle besonders intensiv zu sein schien. Allem Anschein nach hatten seine Lippen Spuren hinterlassen, die seine Taten unleugbar bewiesen. Unbewusst schluckte er und vergaß darüber vollkommen, die Begrüßung zu erwidern. Stattdessen blieb er wie angewurzelt stehen.

„Milo?“, riss ihn die angenehme Stimme aus seinen Gedanken. Fenin hatte sich von der erneut errichteten Feuerstelle, über der bereits etwas Fleisch hing, aufgerichtet und machte Anstalten auf ihn zuzukommen. Ungewollt trat Milo einen Schritt zurück.

„Ah, Entschuldigung. I-Ich wollte nicht...“ In Fenins Gesicht erschien ein trauriges Lächeln, was Milo verstummen ließ.

„Für was entschuldigst du dich?“ Die Distanz wahrend blieb Fenin vor ihm stehen. „Auch wenn gestern vieles von dir ausgegangen ist, so war mir schon klar, dass es dich im Nachhinein stören würde. Ich muss mich entschuldigen, dass ich es habe so weit kommen lassen. Du musst nicht darüber sprechen, wir können es dabei belassen.“ Seine Worte kamen unerwartet und hinterließen ein komisches Gefühl in Milo. Jedoch nahmen sie auch eine gewisse Last von dem Mann.

„Danke, aber... aber ich befürchte das ist keine Lösung.“ Er hatte seine Gedanken und Gefühle und all dieses Durcheinander lange genug vor sich hergeschoben und nicht beachtet. Dieses Mal würde er nicht den gleichen Fehler begehen. Fenin schaute ihn aufmerksam an, ließ ihm aber alle Zeit der Welt, um seine Worte zu sammeln. „Es ist nicht so, dass mich das Geschehene... stört. Es ist etwas anders, das mich beschäftigt und verunsichert.“ So offen Milo gerade auch sprach, er schaffte es nicht, dem anderen dabei in die Augen zu schauen.

„Dass ich ein Dämon bin“, stellte Fenin ruhig fest. Nun hob Milo doch seinen Kopf, um ihm einen vielsagenden Blick zuzuwerfen. Er konnte diese Aussage nicht vollkommen ablehnen, doch sein Hauptproblem war es nicht.

„Dass du ein Mann bist“, entgegnete er und bekam als Antwort einen irritierten Blick. Einen Ausdruck, den er bei Fenin niemals erwartet hätte und der ihn auf eine gewisse Weiße amüsierte. Wäre diese Situation nicht so ernst gewesen, hätte er vielleicht gelacht. So aber wartete Milo nur unruhig auf seine Reaktion.

„Nun“, begann Fenin langsam, nachdem er sich wieder gefangen hatte. „Das kann ich genauso wenig ändern. Stört es dich?“

„Dich etwa nicht?“, entgegnete Milo etwas zu schnell.

„Nein. Dein Geschlecht würde nichts an deinem Charakter ändern.“

„Es kommt doch nicht nur darauf an“, unterbrach er Fenin. „Zwei Männer in einer Beziehung sind nicht natürlich. Sie können keine Kinder bekommen!“

„Willst du Kinder mit mir haben?“ Die Frage ließ Milo augenblicklich das Blut in den Kopf schießen. Nicht nur war die Frage an sich absurd, sondern auch die Art und Weiße, wie Fenin sie stellte. Am liebsten wäre der Mann im Erdboden versunken.

„Natürlich nicht! Ich wollte nur verdeutlichen, warum es nicht vorgesehen ist.“ Er hatte seinen Blick gesenkt, trotzdem war er sich sicher, dass Fenin ihn eine Weile beobachtete, ehe er weitersprach.

„Ihr Menschen macht euch immer zu viele Gedanken um alles. Wenn du keine Kinder willst, dann brauchst du auch keine Frau.“ Milo starrte ihn an, als hätte er ihm gerade erzählt, dass er in Wirklichkeit von einem anderen Planeten kam.

„Und bei euch Dämonen ist das anders, oder wie?“ Wieder einmal reagiere Milo etwas gereizt, was in erster Linie daran liegen mochte, dass ihm dieses Thema unglaublich peinlich war.

„Falls ein Dämon an dem Punkt steht eine Beziehung, welcher Art auch immer, mit einem anderen einzugehen, dann ist das Geschlecht so ziemlich das Letzte worauf man schaut.“ Milo runzelte seine Stirn.

„Das klingt so, als würde das nicht sonderlich oft geschehen.“

„Die meisten Dämonen sind Einzelgänger und die wenigsten Beziehungen sind wirklich harmonisch. Meistens zieht nur jeder Part einen gewissen Nutzen daraus und löst die Verbindung ansonsten auf.“

Milo unterdrückte noch geradeso die Frage, welchen Nutzen Fenin aus ihm zog. Er hatte die Frage schon einige Male gestellt und mittlerweile mehr oder weniger eine Antwort bekommen. Der andere wusste es nicht, er wollte einfach bei ihm sein. Und so langsam glaubte der Mann zu verstehen, wovon er sprach. Ob er nun verzaubert worden war oder nicht, er konnte sich nicht vorstellen, von Fenin getrennt weiterzureisen. Und nach der letzten Nacht musste er sich wohl oder übel eingestehen, dass ihre Beziehung über eine einfache Freundschaft hinausging. Erneut begannen seine Lippen bei der Erinnerung zu kribbeln. Er vermied es, Fenins Blick zu suchen, aus Angst, dass dann wieder etwas passieren würde.

„Wenn zwei Menschen zusammenkommen, dann gründen sie eine Familie und bleiben für den Rest ihres Lebens zusammen“, murmelte Milo eher an sich selbst gerichtet.

„Das hast du gehört?“ Fenins Frage klang wie eine Mutmaßung, was den Mann aufregte. Jedoch konnte er nichts dagegen einwenden, da es stimmte. Seine Eltern hatten so gelebt und er hatte hier und dort solche Familien gesehen. Im Endeffekt konnte er aber nicht sagen, was dahinter steckte, oder wie viele Menschen wirklich so lebten. Er war immerhin nie mehr als ein Reisender gewesen, der immer nur kurzen Einblick in die Leben anderer erhielt. Das Schlimme war, dass er genau wusste, dass Fenin, der ihm seit damals folgte, dies wusste. „Lass mich dir sagen, dass dies zwar eine sehr schöne, aber dennoch eine Traumvorstellung ist. Auch wenn ich die Menschen meide, so habe ich in meinem Leben doch genug mitbekommen um sagen zu können, dass die wenigsten Menschen ihren wahren Seelengefährten finden. Meist geht es nur darum, eine sichere Grundlage zu haben, wozu anscheinend eine Familie gehört.“

Unbewusst biss sich Milo auf die Lippen. Ihn interessierte das alles eigentlich gar nicht. Er hatte Fenin doch nur klar machen wollen, warum es ihn störte, dass dieser ein Mann war. Und nun konnte er nicht einmal mehr seinen eigenen Worten glauben. Wen interessierte es schon, was er machte? Seitdem er als Junge seine Familie verloren hatte, war er immer auf sich alleine gestellt gewesen. Niemand hatte sich um ihn gekümmert, aber es hatte ihn auch nie jemand verurteilt. Er konnte tun und lassen was er wollte. Dass er jemals sesshaft werden und ein normales Leben führen könnte, hatte Milo längst aufgegeben. Alleine weil er niemals ruhen könnte, solange diese Welt derart von Monstern geplagt war.

„Es tut mir leid. Ich wollte weder dein Weltbild anzweifeln, noch dich zu irgendetwas überreden“, entschuldigte sich Fenin auf einmal und riss den Mann somit aus seinem inneren Konflikt. „Um ehrlich zu sein hätte ich niemals damit gerechnet, dass so etwas überhaupt jemals passieren würde. Darf ich trotzdem weiter bei dir bleiben?“

„Nur wenn du endlich deine Klappe hältst“, entgegnete Milo genervt. Er hatte genug von diesem ganzen unangenehmen Gerede. Nach der letzten Nacht hätte er gerne ein paar Stunden Ruhe gehabt, um einen klaren Gedanken fassen und sich sortieren zu können. Stattdessen brachte Fenin ihn nun nur noch mehr durcheinander. Er vermisste wirklich die sonst so ruhige, zurückhaltende Art des Dämons.

Dieser schaute ihn fragend an, während Milo sich tatsächlich zurückhalten musste, ihm nicht einfach zu zeigen, was er von dessen Frage hielt. Als ob er ihn nun einfach wegschicken würde, wo er gerade Gefühle in seinem Inneren entdeckte, die ihm nicht nur fremd waren, sondern die ihm derart gut taten, wie schon lange nichts mehr.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Ana1993
2020-08-27T07:15:41+00:00 27.08.2020 09:15
Wie, noch kein Kommi!? Das geht ja wohl nicht!
Mir gefällt deine Geschichte bis hier hin schon wirklich gut, mal etwas anderes :)
Und ein schüchterner, nicht kindlich wirkender Dämon... das ist wirklich erfrischend.

Einzig was mich manchmal irritiert (was aber auch einfach an meiner Lesegewohnheit liegen kann) ist, wenn Milo als "der Mann" betitelt wird. Das wirkt so distanziert, fremd, obwohl er ja die einzige Person ist, in deren Inneres wir Einblick haben. Wie gesagt, mag an meinen Gewohnheiten liegen und ist wirklich meckern auf hohem Niveau.
Antwort von:  Ryouxi
28.08.2020 21:17
Hey,
vielen Dank für deinen lieben Kommentar. :)
Es freut mich, dass dir die Geschichte bisher gefällt.

Finde ich interessant, dass du das mit dem "der Mann" ansprichst, denn mir ist bisher gar nicht aufgefallen, dass es seltsam sein könnte. Ich kann nicht einmal sagen, ob ich es mir aus anderen Büchern/Geschichten angeeignet oder einfach selbst so entwickelt habe. Aber in zukünftigen Geschichten werde ich mal darauf achten und schauen, ob ich etwas daran ändern will. :)


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