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Memories

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Momentan ist Memories Baustelle. Nicht nur die Logik ist flöten gegangen, sondern es ging drei Lesern am Ende etwas zu schnell und es wirft einige Fragen auf, die ich nicht mit in die Fortsetzung nehmen will.

Außerdem werden einige Kapitel ergänzt und enthalten später mehr Inhalt als vorher. Das passiert jedoch alles sehr langsam und daher nimmt Memories auch an keinem Award mehr teil. Ich will hier erst Ordnung hereinbringen, meine Kapitel ausarbeiten und ebenso meine Charaktere, die manchmal zu schnell vorkommen und einige vergessen wurden. Zudem habe ich das Ende bereits im Kopf, notiert und schreibe so, dass es hinterher zusammenpasst und nichts vergessen wird, was wichtig sein könnte. Wer die alte Fassung noch kennt, der darf gespannt sein, wie sehr hier einiges anders sein wird. Es dauert jedoch noch ein bisschen, da ich vorrangig anderes schreiben und beenden werde und dann Luft habe, um an dieser Geschichte wieder mehr arbeiten zu können.

Die ersten Kapitel bleiben wie gehabt, aber einiges wird auch noch ergänzt, damit ich die Logik wieder im Kasten habe und am Ende mit dieser Geschichten zufrieden sein kann. Komplett anzeigen

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Erinnerungen werden niemals gerecht

Midnight, not a sound from the pavement

Has the moon lost her memory?

She is smiling alone

In the lamplight, the withered leaves collect at my feet

And the wind begins to moan
 

Memory, all alone in the moonlight

I can dream of the old days

Life was beautiful then

I remember the time I knew what happiness was

Let the memory live again
 

Every streetlamp seems to beat

A fatalistic warning

Someone mutters and the streetlamp sputters

And soon it will be morning
 

Daylight, I must wait for the sunrise

I must think of a new life

And I mustn't give in

When the dawn comes, tonight will be a memory too

And a new day will begin
 

Burnt out ends of smoky days

The stale, cold smell of morning

A streetlamp dies, another night is over

Another day is dawning
 

Barbra Streisand – Memory
 

Drei Tage hörte er nun schon dieses Lied und mit jedem gesungenen Wort, erkannte er, dass auch Barbra tiefen Schmerz fühlte und wusste, wovon sie sang.
 

Von Verlust, Gefühlen und einer Person, die sie nicht losließ. Kevin konnte es so sehr fühlen, verstehen und beinahe danach greifen. Doch er griff ins Leere, nach einer Person, die längst vergangen war und nie wieder zurück in sein Leben trat.
 

Seine letzten Worte hallten auch heute noch durch seine Gedanken, saßen tief, schienen ihn auszulachen und sich wie ein Mantra zu wiederholen.
 

Erinnerungen können mir niemals gerecht werden.
 

Ein Zitat aus dem Film Final Fantasy VII Advent Children stammend, welchen er neben dem Spiel GTA am meisten geschaut, gezockt und geliebt hatte.
 

Damit hatte er recht behalten, nachdem er vor zwei Jahren das Set für immer und ohne wirkliche Begründung verlassen hatte.
 

Zurückgeblieben war nichts außer Erinnerungen und alte Bilder, die ihm niemals genommen werden konnten.
 

Ihn manches Mal verzweifeln ließen und doch hatte er Freunde, die zu ihm hielten, ablenkten und auffingen.
 

Ein kleiner Trost in schweren Tagen.

Der Blick eines Hundes

Diese Augen.
 

Braun, einen Blick, der dem eines Hundes glich, welcher einen erwartungsvoll ansah und gekrault werden wollte.
 

Dann dieses Lächeln.
 

Dieses unschuldige Schmunzeln, welches nicht darauf hindeutete, was dieser Kerl bereits alles getrieben hatte und vor allem mit wem.
 

Kevin schmunzelte wissend vor sich hin, während er die Zimmerdecke über sich ansah und in Erinnerungen schwelgte.
 

Zwölf Jahre, fast schon dreizehn war es her, als er ihn zum ersten Mal sah.
 

Unschuldig auf einer Couch und keine Ahnung, wer er war und wie er hieß.
 

Kevin seufzte, er drehte sich um und auf den Bauch, um besser an seinen Laptop zu kommen.
 

Zielstrebig öffnete er einen selbst angelegten Ordner, klickte sich durch unzählige Bilder und blieb bei einem länger hängen.
 

Da war es.
 

Jenes Bild, welches sich tief in seine Netzhaut gebrannt hatte und noch schlimmer in sein Herz und seinen Verstand.
 

Den Wochentag selber wusste er nicht mehr, dafür aber das Datum, an jenem er früher als erwartet in der Agentur angekommen war und zielstrebig auf der Suche nach Lukas war. Einer der Fotografen, der bereits seit Jahren im Geschäft und früher auch Darsteller war.
 

***
 

Er konnte an den Stimmen nicht erkennen, ob da gerade Lukas oder Marty ein Shooting durchführte. Schwer für ihn zuzuordnen, die Stimmen. Kevin horchte daher auf, blieb einen Augenblick stehen und schlich bis zu der Tür, aus der die Stimmen kamen und linste um die Ecke. Doch ein Shooting und Marty, der die Kamera in der Hand hielt und dem Jungen auf dem Sofa Anweisungen gab. Er schien gut zu sein, setzte vieles zu Martys Zufriedenheit um und noch immer sah er nicht richtig, wer da geshootet wurde.
 

Lediglich braune Haare erkannte er, gekleidet war der Junge mit einem weißen Shirt und verwaschene Bluejeans.
 

Das Gesicht sah er nicht wirklich, dafür stand er zu weit weg, wollte nicht stören und schon gar nicht erwischt werden.
 

Dennoch blieb er nicht unbemerkt, Marty hatte Augen wie ein Luchs und scheinbar konnte er zu seinem Nachteil um Ecken gucken.
 

„Was machst du da, Kevin?"
 

Ertappt und sichtlich verlegen trottete Kevin aus seiner Ecke heraus und grinste unbeholfen.
 

„Eigentlich suche ich ..." Kevin blieben die Worte im Hals stecken, sein Blick klebte förmlich an dem Jungen auf der Couch, an dessen Lippen, an seinen Augen, seinem unschuldig wirkenden Blick, der unsicher zu ihm herübersah.
 

„Ja?", hörte er zwar Marty fragen, doch er konnte sich nicht von diesem griechischen Gott abwenden, der plötzlich so süß zu lächeln begann, dass ihm ganz anders wurde.
 

„Kevin?"
 

„Hm?", brummte der Angesprochene lediglich und reagierte erst, als Marty kopfschüttelnd auf ihn zutrat und sich vor ihm aufbaute. „Raus jetzt, du Trantüte. Ich hab zu tun."
 

Kevin schmollte kurzzeitig, verließ jedoch das Zimmer und doch drehte er sich nochmals um, sah den Jungen auf dem Sofa an und lief beinahe gegen den Türrahmen.
 

Marty rollte mit den Augen, er schüttelte nochmals den Kopf und nahm sich schließlich wieder seine Kamera zur Hand.
 

„Wer war das?", wollte der braunhaarige Junge wissen und kam nicht umhin leise zu lachen.
 

„Dein Drehpartner für die nächsten Tage", erwiderte Marty knapp und nahm seine Arbeit wieder ganz auf.
 

Trotz der Entfernung konnte Kevin deutlich hören, was Marty gesagt hatte oder spielten ihm seine Ohren einen Streich? Nein, sicher nicht. Kevin hatte sehr wohl mitbekommen, dass dieser süße Junge sein Drehpartner sein sollte.
 

Ein schüchternes Lächeln umspielte seine Lippen und die zuvor sichere Haltung wich. Warum war er überhaupt in die Agentur gekommen? Alles war weg, nur dieser Junge war in seinen Gedanken und dominierten diese.
 

„Kevin?", sprach ihn jemand an, doch er brauchte eine ganze Weile, um zu realisieren, dass Lukas rief und die Hand hob. „Kommst du? Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit und wir müssen noch einiges besprechen."
 

Ohne zu antworteten, folgte Kevin dem älteren Mann in sein Büro, setzte sich ihm gegenüber und sah ihn an. „Du hast in zwei Tagen einen Dreh mit einem Neuzugang und ich erwarte, dass du nett zu ihm bist."
 

„Wie heißt er?", wollte Kevin wissen.
 

„Andre. Er ist nur wenige Wochen jünger als du und hat gerade jetzt sein erstes Fotoshooting. Wenn du willst, kann ich euch nachher kurz bekannt machen", schlug Lukas vor, während er sich durch seinen Dreitagebart strich. „Das Thema ist dir bereits bekannt?"
 

Ein Nicken folgte.
 

„Keine überdrehten Sachen. Nichts, was überfordert oder Andre abschrecken könnte. Sei natürlich ..."
 

Verschwommen drangen die restlichen Worte in seine Ohren. Kevin war in Gedanken schon wieder bei diesem süßen Jungen, der ihm von der ersten Sekunde an massiv den Kopf verdreht hatte. „Kevin, hörst du zu?"
 

Dümmlich grinsend nickte der Angesprochene, was zur Folge hatte, dass Lukas seufzte, eine Packung Taschentücher nahm und ihn an den Kopf warf. „Ich erwarte übermorgen ein gewisses Maß an Professionalität und jetzt komm, Andre hat nachher noch ein Interview", wies er Kevin an, der sich bereits erhob und ungeduldig wirkte. Lukas schüttelte den Kopf. Er kannte dieses Verhalten gut, hatte es bei anderen Jungs schon oft gesehen und wusste, was sich daraus entwickelte.
 

Oft nichts Gutes. Anfänglich vielleicht, danach endete es im Chaos, mit Tränen und nicht geplantem, vorzeitigem Ausstieg. Lukas folgte Kevin, holte ihn ein und hielt ihn kurz bevor er das Zimmer, in welchem Andre saß erreichte, zurück und sah ihn besorgt an. „Tu dir selber einen Gefallen und stürze dich nicht in ein Abenteuer, was euch beiden schadet. So etwas endet nie gut."

Verbotene Frucht

Ob die Bauchschmerzen vor Aufregung kamen, oder er einfach etwas Falsches gegessen hatte, konnte Kevin nicht genau sagen. Es war nur so, dass sich sein Magen ständig zusammenkrampfte, der heutige Tag im Desaster enden würde und das nur, weil der Dreh mit diesem süßen Jungen endlich anstand. Kevin war sogar noch vor seinem Wecker aufgestanden, hatte ausgiebig geduscht, sich zurechtgemacht und nun stand er aufgeregt vor der Metrolinie und wollte Richtung Zizkov, dem dritten Stadtteil Prags fahren.
 

Ob der Andere auch so aufgeregt war? Bestimmt nicht, er wirkte schon bei seinem Shooting ruhig, besonnen und fast wie ein Profi. Auf ihn hatte Andre mächtig Eindruck hinterlassen, mehr noch ein Kribbeln im Bauch und Gedanken im Kopf, die verschlossen gehörten. Kevin grinste frech, steckte sich seine Kopfhörer in die Ohren und betrat, nachdem die Metro eingefahren war, eines der Abteile. Voll war es nicht, dennoch stand er lieber, hielt sich an einer der Stangen fest und blickte raus. Auf Dunkelheit traf helles Licht, dann wieder ein Tunnel und schließlich erreichte er sein Ziel. Er hätte auch locker laufen oder sein Auto nutzen können, doch er war zu aufgeregt, wollte sich lieber sammeln und nicht die ganze Zeit an Andre denken. Die halbe Nacht hatte gereicht und ihm eine schöne Morgenlatte beschert.
 

Lukas hätte vermutlich gelacht, gesagt, dass der erste Druck weg wäre, aber dem war nicht so. Kevins Körper reagierte wie der eines Teenagers. Kaum schloss er die Augen, stand Andre vor ihm, blickte ihn an, leckte sich über die Lippen und trieb ihn in den Wahnsinn. Zu Hause kein Problem, aber in der Bahn sollte er sich unter Kontrolle haben und an etwas anderes denken. Nur woran? Kevin stellte sich vieles vor, aber nichts passte, oder es lief wieder in die verkehrte Richtung. Omas Krampfadern halfen auch nicht sonderlich. Der Gedanke war uralt und nicht von Erfolg gekrönt. Kevin seufzte frustriert, verließ, nachdem die Metro seine Station erreicht hatte, aus und lief hastig die steinerne Treppe rauf.
 

Oben angekommen, traf ihn die Sonne mit voller Wucht, beförderte ihn zurück in die reale Welt und erinnerte daran, dass heute der heißeste Tag des Jahres gemeldet war. Passend, dachte er sich, schob seine Hände in die Hosentaschen und überquerte die Straße. Wie sollte er den heutigen Tag bloß überstehen? Entweder würde er Andre den Verstand heraus rammeln oder aber er würde vor lauter Nervosität ganz versagen. Letzteres wäre schlimmer. Bisher stand sein Schwanz immer wie eine Eins, aber vielleicht machte er sich auch einfach zu viele Gedanken.
 

Ruhig an die Sache gehen, tadelte er sich, atmete tief durch. So schwer kann es nicht sein und es ist nicht das erste Mal, dass ich drehe. Gedanken, die hoffentlich halfen und er sich nicht ganz blamierte. Es reichte schon, dass er wieder nicht auf dem Schirm hatte, wer heute hinter der Kamera stand und Regie führte. Kevin hoffte jedoch, dass es nicht Marty war. Seine Art würde ihm den Rest geben, ihn aus dem Konzept bringen und da wäre ein schlaffer Penis das kleinere Übel. "Man ey." Murrend raufte Kevin sich die Haare, holte seine Schachtel Zigaretten aus der Hosentasche und zündete sich eine davon an.
 

Wenn alles nichts half, aber das half ganz sicher. Bei Adam funktionierte es auch und der hatte mehr Gründe nervös zu sein. Galant lehnte sich Kevin an die triste Fassade des Hauses, welches an alte, vergangene Zeiten erinnerte und dringend einen neuen Anstrich brauchte. Dieses verwaschene Altrosa war furchtbar und sah grauenhaft aus. Kurz schüttelte er sich, nahm einen letzten Zug von seiner Zigarette und schnippte sie schließlich weg. Zeit hereinzugehen, auch, wenn die Nervosität nicht verschwunden war, noch immer lauerte.
 

Die Tür surrte, nachdem Kevin geklingelt hatte. Er drückte dagegen, betrat das Treppenhaus und lief die paar Stufen nach oben. Oben angekommen vernahm er Stimmen, darunter auch die von Andre. Er war bereits da, lachte einige Male, ehe er sich weiter unterhielt. Kevin grinste, überwand die letzte Hürde und betrat schließlich das Zimmer, aus welchen die Stimmen kamen. Andre saß bereits auf dem hellblauen Sofa, trug ein pinkes T-Shirt und eine beige, kurze Hose. Kevin hingegen verwaschene Bluejeans und klassisch ein weißes Shirt.
 

"Kevin, wie schön, dass du pünktlich bist."
 

Wie hatte er? Marty konnte unmöglich Augen am Hinterkopf haben oder spiegelten die Fensterscheiben so sehr, dass er ihn sah?
 

"Nun setz dich schon hin", forderte ihn der ältere Mann auf, deutete auf den Platz neben Andre. Kevin kam dem nur langsam nach, mogelte sich an einem kleinen Tisch und dem Kameramann vorbei.
 

Marty beobachtete ihn ganz genau dabei, wartete, dass er sich setzte und entspannte. Ihm war sehr wohl aufgefallen, wie nervös Kevin war. Emotionen, die er gut kannte, die gerade jetzt unpassend erschienen.
 

"Entspann dich, Kevin. Es ist ein Dreh wie jeder andere und du kennst das." Martys Blick lag streng auf dem dunkelblonden Jungen, der sich langsam setzte, Andre von der Seite ansah, ehe er ihm die Hand reichte.
 

"Bin Kevin", stellt er sich knapp vor, während der Andere grinste und nickte.
 

"Das weiß ich. Hab dich bereits gesehen und Marty hat mir gesagt, wie du heißt."
 

Tatsächlich? Kevin blickte zum Kameramann, der die letzten Handgriffe tätigte und aufstand.
 

"Also gut, ihr habt freie Hand, könnt tun, was ihr wollt. Bedenkt aber, dass einer von euch die Jungfrau spielt."
 

Beide Jungs sahen sich daraufhin an, schienen zu überlegen, wer diese Rolle einnahm. Letztendlich übernahm Kevin die Rolle, ließ Andre freie Hand.
 

"Keinen Blödsinn", mahnte Marty nochmals. "Ich erwarte eine gewisse Ernsthaftigkeit."
 

Lediglich kam ein Nicken der beiden, ehe sie sich erhoben, in das angrenzende Zimmer liefen, in welchem lediglich ein schmales Bett und ein Schrank standen. Marty gab ihnen ein Zeichen, dann lief die Kamera und ehe sich Kevin versah, hatte Andre ihn an sich gezogen, legte besitzergreifend seine Lippen auf die seinigen. Ein leidenschaftlicher Kuss zwischen beiden, der obendrauf ziemlich echt wirkte. Dennoch weigerte sich Andre auf den Zungenkuss einzugehen, entzog sich Kevin immer wieder oder er wich ihm geschickt aus.
 

"Cut", grummelte es sofort hinter der Kamera. "Absprache war, dass keine feuchten Küsse ausgetauscht werden. Nicht mit Neulingen und das weißt du sehr genau, Kevin."
 

Sofort wurde der Angesprochene rot um die Nase, genierte sich und doch war es Andre, der ihn sofort wieder einfing, mit seinen Lippen, seiner Zunge ablenkte. Marty ließ die Jungs ihr Ding machen, hatte nichts mehr anzumerken, außer einer späteren Pause, die beide für sich nutzen. Kevin, um eine zu rauchen, sich zu sammeln und Andre telefonierte.
 

Mit wem er das tat, konnte Kevin nicht hören, jedoch klebte er an seinen Lippen, die er vor wenigen Minuten noch heiß geküsst hatte. Könnte er sie beschreiben, sie wären weich, warm, voll und schmeckten süß. Vergleichbar wie die verbotene Frucht aus dem Garten Edens. Und Andre? So unschuldig, heiß, verdorben. Wie ein Engel, der im Teufelskostüm steckte. Reine Sünde, die pure Versuchung und sein Drehpartner, von dem er nichts wusste. Nur den Namen, das Alter und mehr war da nicht. Keine Ahnung, was er privat machte, ob er Single, oder am Ende vergeben war.
 

"Bist du fertig? Ich würde dann gern weitermachen?"
 

Eine Frage, die ihn aus den Gedanken riss und in das Gesicht von Marty blicken ließ. Deutliche Ungeduld war zu erkennen und sagte Kevin, dass es besser wäre, zügig hereinzugehen und nicht zu diskutieren. Schweigend schritt er daher an dem älteren Mann vorbei, zurück zum Set, wo Andre bereits wartete. Wieder völlig entspannt, nicht so wie er, nervös und mit Schmetterlingen im Bauch.
 

Mit seinen Gefühlen stand Kevin alleine, Andre war entweder ein guter Schauspieler, oder es bestand keinerlei Interesse, sich auf privater Ebene näher kennenzulernen. Enttäuscht darüber trat er auf seinen Drehpartner zu, versuchte sich nichts anmerken zu lassen und ließ zu, sich zurück auf das Sofa drücken zu lassen. Wie verlangt, legte Kevin alles ab, unterdrückte jegliches Gefühl, welche immer wieder aufkamen und den Dreh für ihn erschwerten.

Einsamkeit an der Moldau

CHROM - Loneliness
 


 

My loneliness is killing me
 

I'm waiting for you, can't you see
 

I see your face in front of me
 

I'm falling down right on my knees
 

This is the way that I should go
 


 

Wie oft stand er schon am Ufer der Moldau und machte sich Gedanken?
 

Oft genug, in seinem jungen Leben und immer brachte ihn das fließende Gewässer innerlich zur Ruhe, besänftigte sein aufgewühltes Inneres und gab ihm die Kraft weiterzumachen.
 

Er hatte schon oft darüber nachgedacht alles hinzuschmeißen, sich in sein Auto zu setzen und einfach quer durch die Tschechei zu fahren.
 

Aber wozu?
 

Um erneut vor den Kopf gestoßen zu werden und sich hinterher schlecht zu fühlen?
 

Kevin seufzte leise, setzte sich auf eine der Bänke nahe dem Wasser und sah einer Entenfamilie zu, die schnatternd über die Moldau schwamm.
 

Bis heute hatte er keinen wirklichen Anhaltspunkt, was vor gut zwei Jahren der Anlass war, dass sein Kollege einfach aufgehört hatte.
 

Auch Adam hatte darauf keine Antwort parat und war genauso mit dem rasanten Abgang überfordert, wie alle anderen auch.
 

Nur mit dem Unterschied, dass er noch Kontakt zu ihm hatte.
 

Herauszukriegen war aus ihm jedoch nichts.
 

Jedenfalls sagte Adam das und Kevin vertraute ihm, legte für ihn sogar die Hand ins Feuer und das trotz aller Umstände, die sie vor Jahren einmal hatten.
 

Damals hatte es ihm den Boden unter den Füßen weggerissen, einen Dolch in sein Herz gebohrt und die Luft zum Atmen genommen.
 

Er stand unter Schock, tagelang ging es ihm schlecht und in der Zeit war es Jack, der nicht von seiner Seite gewichen war und sich um ihn gekümmert hatte.
 

Auch jetzt noch meldete er sich regelmäßig, rief an, schrieb ihm oder aber man tauschte sich per Sprachnachrichten aus.
 

In Jack hatte Kevin neben Adam einen verdammt guten Freund gefunden und doch konnten die beiden eine gewisse Person nicht ersetzen.
 

Kevin seufzte, nahm sein Handy aus der Jackentasche und öffnete den Chatverlauf mit Jack.
 

Die letzten Tage hatten sie viel geschrieben, gestern sogar bis spät in die Nacht und doch fühlte sich Kevin nicht besser.
 

Nicht annähernd.
 

Wann immer er die Augen schloss, sah er ihn, sein Lächeln, seine Augen, die ihm keck entgegenblickten und den Verstand raubten.
 

Es war wie verhext und das seit Jahren.
 

Jahre, die er geschwiegen hatte und es bereute.
 

Real war er eben doch anders, als vor der Kamera.
 

Schüchterner und auf Distanz.
 

Jedenfalls dann, wenn er eine Person mochte, aber nicht wusste, ob das bei jener ebenfalls der Fall war.
 

Anzeichen hatte es dafür keine gegeben, auch nicht, als die Kamera schon lange aus war und sie Feierabend hatten.
 

"Hier steckst du? Ich dachte, wir treffen uns auf der Brücke?"
 

Kaum merklich zuckte Kevin zusammen, blickte von seinem Handy auf und direkt Jim an, der vor ihm stand und schief grinste.
 

"Sorry, hab's verpeilt", erwiderte er, erhob sich von der Bank und band sich seinen rechten Turnschuh zu.
 

"Kommt in letzter Zeit häufiger vor, wie mir scheint. Hast du Stress, oder was ist mit dir los?"
 

Kevin schüttelte auf Jims Frage den Kopf. "Stress würde ich das nicht nennen."
 

"Wie dann?" Jim ließ nicht locker, er machte unterstreichend ein besorgtes Gesicht und legte freundschaftlich seinen Arm um den Anderen. "Reden soll helfen und ich höre dir auch gerne zu, wenn dich irgendwas belastet."
 

Kevin lachte freudlos und kickte einen Stein weg. "Ich bin kein Mensch von großen Reden und das weißt du."
 

Jim rollte mit den Augen, boxte seinen Kollegen in die Seite und fixierte ihn. "Und genau das ist dein verdammtes Problem. Du redest nicht, du versteckst dich hinter einer Maske und denkst, es bekommt keiner mit."
 

Er versteckte sich, aber das ging Jim genauso wenig etwas an, wie Jamie oder Kieran.
 

Nicht alle zählten zu jenen Personen, mit denen er ganz dicke war.
 

Dazu gehörten nur Jack, Adam, Jerome und Helmut.
 

Gut, Paul und Sven mittlerweile auch, aber das hatte seine Zeit gedauert und doch setzte er auch bei ihnen die Maske auf, zeigte sich stets fröhlich und lächelte mittlerweile immer öfter falsch.
 

"Jim, lass gut sein, du kannst mir da genauso wenig helfen wie der Rest."
 

Jim sah ihm verdutzt nach, dann aber setzte er sich in Bewegung und holte Kevin ein. "Vielleicht kann ich es doch. Wenn du nicht redest, dann kann dir keiner helfen."
 

"Ich rede doch", erwiderte Kevin leicht genervt.
 

"Belangloses, dummes Zeug, ja. Aber ernsthaft über dein offensichtliches Problem nicht", maulte Jim beleidigt und fühlte sich vor den Kopf gestoßen.
 

"Mir kann da nicht mal Jack helfen, verstehst du?" Fast hätte Kevin ihn angebrüllt und riss sich in letzter Sekunde zusammen.
 

Jack? Was hatte Jack jetzt damit zu tun?
 

Jim war weiterhin ratlos, gab aber nicht auf. "Vielleicht dann Adam?"
 

"Der noch weniger", schnauzte Kevin zurück und da war sich nun auch Jim sicher, dass da irgendwas sein musste.
 

Jim überlegte, kam aber nicht drauf, was Kevin sein Problem war und wie nahe er diesem eigentlich war.
 

"Wenn du reden willst, du hast meine Nummer. Ich bin die nächsten Tage in Pilsen bei meiner Familie", bot Jim dennoch an. "Und jetzt zieh nicht so ne Fresse, wir wollen joggen."
 

Kevin sagte nichts, er setzte sich eher in Bewegung, joggte locker an der Moldau entlang und versuchte das Gefühl der Einsamkeit zu verdrängen. Wirklich gelingen wollte ihm das nicht. Andre tauchte immer wieder vor ihm auf, lächelte oder zwinkerte ihm so keck zu, dass er beinahe über seine eigenen Füße stolperte. Jim bekam von alledem nichts mit, rannte vor und drehte sich nur gelegentlich zu ihm um. Vielleicht um sicherzugehen, dass er auch wirklich folgte und am Ende nicht doch in die Moldau fiel.

Ein Buch mit sieben Siegeln

Er war nicht wirklich bei der Sache, nicht bei Jim, dessen braune Augen ihn immer wieder skeptisch betrachteten und schon gar nicht beim Joggen, er war bei ihm und nur diese eine Person beherrschte seine Gedanken, sein Denken und Handeln.
 

Kevin hätte sich die Haare raufen können, aber das würde genauso wenig bringen wie alles andere, was er bereits versucht hatte, um zu vergessen.
 

Er bekam Andre einfach nicht aus dem Kopf und ihm war, als hätte sich ein kleiner, gemeiner Parasit in seinem Gehirn festgesetzt und lachte ihn jeden verdammten Tag aus.
 

Andre war überall und selbst Musik war etwas, was er mittlerweile nicht mehr hören oder fühlen konnte.
 

Besonders aber bestimmte Lieder und ganz weit vorne Gina von Doplex.
 

Vor Jahren hatten sie es ständig gehört, sogar im Fitnessstudio und es entpuppte sich als fieser Ohrwurm, der nicht wegzudenken war.
 

Kevin seufzte wie so oft, schob Gina in die hinterste Ecke seines Kopfes und ging noch eine Runde an der Moldau entlang.
 

Jim beachtete er gar nicht mehr oder war es umgedreht und sein Kollege lief weiter vorn, weil er die Faxen dicke hatte?
 

Möglich war es, er hatte ihn eben ziemlich angeraunzt und Jim konnte für Andres Verschwinden nichts.
 

Er kannte ihn nicht einmal und scheinbar war es genau das Gleiche wie bei ihm selber.
 

Neun Jahre Zusammenarbeit und lediglich den Geburtstag wusste er von Andre.
 

Alles andere glich der Büchse der Pandora, der Bundeslade, die man nicht öffnen konnte, weil sie nicht auffindbar war.
 

Ein Buch mit sieben Siegeln, welches noch zusätzlich durch den Datenschutz gesichert war.
 

Es war ja nicht so, dass er nicht daran gedacht hätte, einfach in Andres Vertrag zu gucken und sich dessen Adresse aufzuschreiben.
 

Fast war er so weit, doch Marty war schneller, mit seinen Adleraugen und beinahe hätte er ihn erwischt.
 

Hin und wieder hatte Kevin Glück, aber eher bei den falschen Dingen des Lebens.
 

Das Karma meinte es wirklich nicht gut mit ihm, ebenso Jim, der stehen blieb und ihn argwöhnisch ansah.
 

"Geh nach Hause, du Trantüte", beschwerte er sich der braunhaarige Tscheche mit der viel zu breiten Nase, stemmte die Hände seitlich in die Hüfte und schüttelte unterstreichend den Kopf. "Chill mal die Tage und lass den Kopf aus den Wolken. Oder fahr zu deiner Familie."
 

Kevin überlegte, ob das Sinn machte, zu seinen Eltern zu reisen, verwarf den Gedanken aber schnell wieder, da momentan seine kleine Schwester zu Besuch war und ihm das zu viel des Guten war.
 

Vielleicht sollte er zu Natuschka fahren, zu seinen beiden Neffen aufs Land und raus aus der stickigen Großstadt.
 

"Vielleicht mache ich das", erwiderte Kevin seinem Kollegen, der ihn daraufhin dankbar umarmte, sich aber genauso schnell wieder löste.
 

"Danke, Digga. Ich mache mir sonst echt Sorgen und ich tue das ungern, wie du weißt."
 

Kevin nickte, er wusste, dass Jim kein Freund davon war, wenn es anderen schlecht ging und normal hielt er sich dezent zurück.
 

Nicht aber, wenn es scheinbar offensichtlich war und da konnte Jim schon anders reagieren, oder vielmehr auch mal überreagieren.
 

Und das war etwas, was seine große Schwester genauso gut konnte.
 

Super, also doch zu Hause bleiben oder ...
 

Kevin kam die zündende Idee, er zog sein Handy aus der Trainingsjacke und rief kurze Zeit später Jack an.
 

Er wohnte selber auf dem Land, hatte zudem Pferde, einen Bauernhof und lebte unmittelbar am Waldrand.
 

Ein kleines Paradies mitten auf Erden, um das er seinen besten Freund schon beneidete.
 

Warum war er nicht früher darauf gekommen, einfach zu ihm zu fahren?
 

Jack hatte es ihm sogar vor Tagen angeboten und doch hatte er abgelehnt, wollte ihn nicht stören und mit seinem Kummer ersticken.
 

Jetzt aber sah er es doch anders, brauchte seinen besten Freund und da würde er auch die längere Autofahrt nach Milavče hinnehmen.
 

Zeit wurde es, Jack war schon oft bei ihm in Prag gewesen, aber Kevin war nie bei ihm, da er es mit dem Land nicht ganz so hatte.
 

Pferde hin oder her, es war nicht sein Ding überall mit dem Auto hinfahren zu müssen und nicht einfach spontan den Bus zu nehmen.
 

Die Aussicht auf ein bisschen Ruhe und Gesellschaft überwogen jedoch und Jack freute sich am anderen Ende der Leitung und konnte es gar nicht erwarten, dass er endlich mal den Arsch hochbekam und die Flucht nach vorne antrat.
 

Jim hingegen war verwirrt und dachte, Kevin würde zu seiner Familie fahren. "Du willst ernsthaft nach Milavče fahren? Weißt du überhaupt, wo das ist?"
 

"Nicht wirklich, aber ich werde es schon finden", antwortete er auf Jims Frage hin.
 

"Na ja, die nächste etwas größere Stadt wäre Domažlice", erklärte der braunhaarige Mann mit dem smarten Lächeln, setzte sich auf eine der Bänke und atmete die klare Frühlingsluft ein.
 

Doma – was?
 

Irritiert blinzelte Kevin seinem Kollegen entgegen. "Sagt mir so gar nichts."
 

"Liegt unweit von Pilsen." Jim scrollte durch sein Mobiltelefon, rief Google Maps auf und hielt Kevin schließlich sein Handy unter die Nase.
 

"Pilsen sagt mir dann doch was", erwiderte Kevin, nahm neben dem anderen Platz und streckte gelassen alle viere von sich, ehe er die Hände hinter dem Kopf verschränkte und die Augen schloss.
 

Aber nur kurz, Kevin fuhr hoch und sah aus, als hätte er einen Geist erblickt.
 

"Domažlice?", wiederholte er stockend.
 

"Jahaaa ..." Beinahe schon vorsichtig sprach Jim, denn Kevin sah aus, als würde er entweder gleich an die Decke gehen oder freiwillig in die Moldau springen.
 

"Da wohnt Adam."
 

"Echt? Deswegen hab ich ihn letztens gesehen, als ich durchgefahren bin", murmelte Jim und runzelte die Stirn. "Scheint wieder in festen Händen privat zu sein. Sah jedenfalls schwer danach aus."
 

Adam sollte in einer Beziehung sein?
 

So ganz glauben konnte Kevin das nicht, Adam hätte es erzählt und ebenso Jack. "Da musst du dich irren, Adam hätte uns das erzählt." Stirnrunzelnd betrachte er Jim weiter. Kannte er Adam überhaupt?
 

"Vermutlich", pflichtete Jim bei, doch hätte er schwören können, dass Adam mit der anderen Person Händchen gehalten hatte und ebenso hatte er beide in inniger Umarmung vorgefunden und wäre deswegen fast bei Rot über die Ampel gefahren.
 

"Dennoch sah das schwer nach etwas mehr als nur Freundschaft aus", überlegte Jim laut, ignorierte dabei Kevins Blick, der alles bedeuten konnte und legte stattdessen den Kopf in den Nacken. "Niedlich war der ja, also das, was ich so von Weitem sehen konnte."
 

Niedlich war ausschließlich einer in Kevins Augen und das war stets Andre, den er seit zwei Jahren nicht mehr gesehen hatte und grübelte, ob er noch immer so unschuldig wirkte. Vielleicht hatte er sich mit der Zeit verändert, hatte andere Interessen, wobei er von denen nur eine kannte und die galt damals Blechkisten. Andre liebte es an Autos herumzuschrauben, sie aufzumotzen und aus alten Wracks abermals vorzeigbare Wagen zu zaubern. Mehr Interessen kannte Kevin nicht und sofort kam ihm wieder das Buch mit den sieben Siegeln in den Sinn.
 

Unfassbar, dass man sich in einen Menschen verlieben konnte, ohne ihn je passend kennengelernt zu haben und hätte er die Möglichkeiten, er würde die Zeit zurückdrehen und noch einmal von vorne anfangen.
 

Es richtig machen.
 

Andre davon abhalten zu gehen, wie eine Seifenblase zu zerplatzen und nichts außer schmerzhafter Erinnerungen zu hinterlassen.
 

Jim riss ihn aus seinen Gedanken, hatte den Arm um ihn gelegt und dicht an seinen Körper gezogen. "Egal, was es ist, lass nicht zu, dass es dich auffrisst."
 

Auf die Worte hin konnte er nichts erwidern, er ließ die sorgende Geste einfach zu und konnte es nicht mehr verhindern, dass es ihm die Tränen in die Augen trieb.
 

Jim bemerkte es dennoch, aber auch er sagte nichts, er kannte diese Seite von Kevin nicht und wollte sich kein Urteil erlauben.
 

"Soll ich dich nach Hause bringen?", fragte er dann aber, nachdem bereits eine Stunde vergangen war und es langsam kalt wurde.
 

"Du hast doch sicher noch was Besseres vor, als Babysitter zu spielen", erwiderte Kevin ironisch seinem Sitznachbarn, der jedoch nur leise lachte und ihm in die Seite pickte. "Ich nehme mir gerne die Zeit und so wie du wirkst, solltest du lieber nicht alleine gehen."
 

Kevin gab nach, Jim konnte verdammt hartnäckig sein, eine Eigenschaft, um die er ihn beneidete und sich wünschte, er hätte ebenfalls diesen Biss.
 

Er glänzte eher als guter Zuhörer, hatte schon oft Helmut sein Ohr geliehen und ebenso war er für ihn da.
 

Besonders dann, wenn zwischen ihm und Jerome mal wieder die Fetzen flogen, alles drunter und drüber ging und einer von beiden bereits den Auszug plante.
 

So lief das in der WG, dennoch war Kevin in dieser alleine, seine Mitbewohner waren allesamt im sonnigen Kalifornien und nicht in Prag.
 

"Lass uns gehen, ehe ich es mir noch anders überlege", murmelte Kevin, erhob sich von der Bank und reichte Jim die Hand, zog ihn hoch und mit einem leichten Lächeln hinter sich her.
 

Jim folgte, doch da war noch etwas, was Kevin ansprechen wollte. "Adam hat vor dir aufgehört. Du kannst ihn unmöglich gesehen haben. Seine Akte ist vernichtet und wieso sollte Adam wieder mit seinem Ex anbandeln?"
 

"Adam war doch dieser große, breite Kerl mit dem breiten Grinsen, oder nicht?", hinterfragte der Jüngere verwirrt, blieb stehen und war sich selbst unsicher. "Dieser Riese?"
 

Kevin lachte bereits und schüttelte den Kopf. Jim sah zu witzig aus, stand da wie ein Kind, welches man bei einem Streich ertappt hatte und genierte sich in Grund und Boden. "Du hast gerade Kris beschrieben und ja, der lebt in der Nähe von Pilsen und ist seit einigen Jahren in festen Händen."
 

"Fuck", stöhnte Jim auf. Peinlich, dass er die Jungs allesamt nicht auseinanderhalten konnte und sie ständig verwechselte. Da kam noch einiges an Arbeit auf ihn zu, lange Nächte, in denen er sich mit aktuellen Kollegen beschäftigten sollte und alte besser raushielt.
 

"Jetzt komm, sonst überleg ich es mir nochmal und geh alleine." Ungeduldig sah Kevin ihn an, tippelte mit dem Fuß auf dem Schotter und stieß ihn frech an.
 

"Hey", maulte Jim, setzte sich aber zeitgleich wieder in Bewegung und schob das Durcheinander in seinem Kopf beiseite.

Eine seltsame Wandlung

Chrom - Memories
 

We know each other for so long
 

Traveled the world and returned home
 

We had no sorrows in these days
 

One day you turned around and left
 

My world broke down, it took my breath
 

These memories will never leave... They'll never leave
 

I know we'll never meet again
 


 


 

Reisetasche und Rucksack waren gepackt, standen bereits im Flur und noch einmal überlegte Kevin, ob er alles für die nächsten Tage zusammen hatte.
 

Ausreichend Wechselwäsche befand sich in der großen Tasche, ebenso Zahnbürste, Zahncreme und was man sonst für die tägliche Hygiene brauchte.
 

Alles andere wie Handy und Ladekabel hatte er in seinem Rucksack, ebenso etwas zu lesen, zu trinken und ganz weit oben eine gute Auswahl an Musik für sein Auto.
 

Im Großen und Ganzen hatte er alles, die Reise konnte losgehen, es fehlten nur noch die Autoschlüssel und seine Jacke, die er vom Haken nahm und schließlich überzog.
 

Seinen Rucksack schulterte er auf, die Reisetasche nahm er in die linke Hand, während er mit der rechten die Wohnungstür abschloss und sich auf den Weg zum Fahrstuhl machte.
 

Es dauerte, bis dieser oben im letzten Stockwerk ankam, sich mit einem leisen Pling öffnete, Kevin eintreten konnte, den Knopf zur Tiefgarage drückte und der Fahrstuhl schließlich nach unten fuhr.
 

Einen Moment schloss Kevin die Augen, ließ den gestrigen Tag Revue passieren und ungewollt schlich sich ein echtes Lächeln auf seine Lippen.
 

Jim hatte Wort gehalten, ihn zu seiner Wohnung begleitet und hatte einige Stunden noch bei ihm verbracht.
 

Wann genau Jim gegangen war, wusste er nicht, sein Kollege hatte sich nicht verabschiedet, hatte einfach mitten in der Nacht seine Sachen geschnappt und war abgehauen.
 

Vermutlich eine Art Flucht nach vorn, nachdem man den ersten Schock überwunden hatte und einem bewusst wurde, dass es ein Fehler war.
 

Kevin sah das anders, für ihn war es reine Ablenkung und doch hatte er sich dabei erwischt, an Andre und nicht an Jim selber zu denken.
 

Er war einfach da, hatte sich mitten im Akt in seinen Kopf geschlichen und Kevin wusste nicht mal, wann und warum und ob Jim irgendetwas davon mitbekommen hatte.
 

Normal war Kevin aber auch nicht so, hatte privat selten etwas am Laufen und schon gar nicht mit einem Kollegen.
 

Kevin seufzte, öffnete die Augen und blickte in die Tiefgarage, die wie ausgestorben wirkte.
 

Er war allein, konnte ungesehen zu seinem Auto gelangen, welches unweit vom Fahrstuhl parkte.
 

Zielstrebig steuerte er sein Auto an, öffnete den Kofferraum und verstaute die Reisetasche, während der Rucksack auf dem Beifahrersitz landete.
 

Noch eben den Schlüssel ins Zündschloss, eine Playliste aus Last Soldier und James Dymond in die Musikanlage und die knapp dreistündige Autofahrt nach Milavče konnte losgehen.
 

Zum Glück verfügte er neben der neuesten Musikanlage ein Navi, welches ihn schnell und problemlos aus der Stadt und auf die Autobahn lotste.
 

Kevin drehte die Musik lauter, Deadline dröhnte durch die Boxen, machte die lange Fahrt angenehmer und verhinderte zudem, dass er durch irgendwas abgelenkt oder gar gestört wurde.
 

Erst vor wenigen Wochen hatte er Trance für sich entdecken können, liebte die erst schnellen und dann wieder langsam werdenden Beats und so manches Stück lud nicht nur zum Tanzen, sondern auch zum Träumen ein.
 

Besonders in Kombination mit einem Piano, welches er sofort heraushörte und regelrecht in den Klängen versank.
 

Er fühlte regelrecht die Musik, entfloh dem Alltag und ihm war, als würde er eine ganz andere Welt betreten.
 

Eine, die vergessen ließ.
 

Wenn, auch nur für eine bestimmte Zeit.
 

Die Musik wechselte, Paul van Dyk hatte sich irgendwie eingeschlichen und Nothing But You erklang und noch bevor die Stimme der Sängerin richtig einsetzen konnte, hatte Kevin das Lied dreist übersprungen.
 

Wie gewohnt lief nun wieder James Dymond, dazu mit härteren Beats und einer männlichen Stimme im Hintergrund.
 

Die Fahrt verlief inzwischen entspannt, Landschaftsabstriche wechselten von kleinen Dörfern immer wieder zu dicht bewachsenen Baumabschnitten, zu Parkbuchten und Rastplätzen, von denen Kevin eine nutzte, um sich ausreichend die Füße zu vertreten.
 

Eine Stunde Autofahrt war dann doch erstmal genug und ein Kaffee musste her, den er in einer Thermoskanne mitgenommen hatte und sich in seinem Rucksack befand.
 

Kevin hielt an, nahm seinen Rucksack und verließ sein Auto, setzte sich unmittelbar auf eine Bank, die unweit neben dem roten Sportwagen stand und goss sich von seinem Kaffee ein.
 

Die Pause tat gut, ebenso der Kaffee, der seinen Dienst ziemlich gut machte, seinen fast eingeschlafenen Geist wieder zum Leben erweckte.
 

Weit und breit war kein Mensch zu sehen, Kevin allein und doch war diese Ruhe, die lediglich von vorbeifahrenden Autos unterbrochen wurde, ganz angenehm.
 

Anders als die Ruhe in der Stadt, die dennoch hektisch und stickig wirkte und einem die Luft zum Atmen nahm.
 

Hier war er frei, hier konnte er atmen, die Seele baumeln lassen und das die nächsten Tage.
 

Angesetzt waren sechs Tage, dann würde er zurück nach Prag fahren und wieder anfangen zu arbeiten.
 

So war jedenfalls der Plan und noch etwas über eine Stunde musste er fahren, um sein Ziel, um seinen besten Freund zu erreichen, der ihm eine kurze Nachricht hatte zukommen lassen.
 

Typisch Jack.
 

Ungeduldig wie eh und je und scheinbar konnte er es kaum erwarten, dass Kevin die nächsten Tage bei ihm verbrachte.
 

So war er immer schon, so hatte Kevin seinen besten Freund kennengelernt und das vor Jahren schon.
 

Es hatte einfach gepasst, man verstand sich auf Anhieb und das nicht nur beruflich, sondern auch privat.
 

Damals waren sie gerade 18 Jahre alt, junge Erwachsene und oftmals steckte der Kopf noch in den Wolken und der Sinn nach Blödsinn wurde großgeschrieben.
 

Da kam es schonmal vor, dass sie übertrieben hatten, einander Streiche spielten und hinterher herzhaft darüber lachen konnten.
 

Jack hatte einmal versucht Andre einen Bleistift in die Nase zu stecken, ihn damit piercen zu wollen und dieser revanchierte sich sehr viel später mit einem Korken.
 

Kevin grinste still in sich hinein, hatte lebhaft das Gesicht seines besten Freundes vor Augen und ebenso den empörten Blick, als ihm klar wurde, was da genau aus seinem Hintern geschossen kam.
 

Zwei Tage hatte er geschmollt, mit keinem ein Wort gewechselt und sie gar manches Mal mit einem tödlichen Blick konfrontiert.
 

Heute war Jack deutlich entspannter, er nahm nicht mehr alles so ernst wie damals und konnte auch mal über Späße lachen.
 

Wobei diese deutlich zurückgegangen waren.
 

Sie beide wurden dieses Jahr bereits dreißig und da hatte man andere Dinge im Kopf, als Blödsinn machen.
 

Man war ruhiger, sah vieles nicht mehr so streng und doch unterschieden sie sich beide.
 

Kevin wohnte in einer WG mit seinen Kollegen und Jack wohnte noch immer auf dem Bauernhof seiner Eltern.
 

An sich nicht schlimm, immerhin hatte er sich wohl einen Teil der alten Scheune umbauen lassen und hatte somit sein eigenes Reich.
 

So jedenfalls hatte es Jack ihm erzählt und ebenso, dass sie einige Pferde hatten und er gerne ausritt.
 

Beneidenswert, Kevin selber hatte einmal in seinem Leben auf einem Pferd gesessen und das war eher wegen eines Shootings.
 

Vielleicht war es an der Zeit, sich auf neue Dinge einzulassen.
 

Zeit dafür war da und wenn Kevin genauer darüber nachdachte, so kam ihm in den Sinn, wie sehr Jack immer schwärmte, man fühle sich auf dem Rücken eines Pferdes frei.
 

Ebenso hatten sie ein feines Gespür, erkannten wohl, wenn es jemandem schlecht ging und verhielten sich dementsprechend.
 

Wenn dem wirklich so war, würde das Tier wohl nicht von seiner Seite weichen und das war etwas, was ihn dann doch ziemlich neugierig machte.
 

Kevin leerte seinen Becher, schnappte sich seinen Rucksack und stieg zurück in sein Auto.
 

"Sie haben ihr Ziel erreicht", ertönte die sanfte Frauenstimme des Navigationsgerätes nach gut eineinhalb Stunden weiterer Autofahrt, lotste ihn durch ein paar breitere Gassen, durch schmalen Straßen und schließlich zum Bauernhof seines besten Freundes.
 

Vorsichtig fuhr er den Hof rauf, parkte sein Auto vor dem Haupthaus, stieg aus und sofort stürmte ein großer, schwarzbrauner Hund auf ihn zu und sprang ihn freudig bellend an.
 

"Bingo, wo ..." Ein junger Mann, mit lichtem Haar, kam hinter dem Haus hervor, hielt inne und sah ihn eingehend an. "Du bist sicher, Max. Jack hat schon erzählt, dass du kommst."
 

Max, welcher Max?
 

Kevin war im ersten Moment verwirrt, dann aber sprang ihn erneut dieser Hund an, schleckte ihm über die Hand und animierte ihn dazu, ihn zu streicheln.
 

Schwanzwedelnd legte das Tier den Kopf schief, schloss die Augen und gab einen zufriedenen Laut von sich.
 

"Eigentlich heiß ich ja Kevin", erklärte er dem Mann vor sich, der ihn noch immer neugierig musterte und schließlich grinste. "Jack hat nur von einem Max erzählt. Sorry, bring da wohl gerade etwas durcheinander."
 

"Scheint so", murmelte Kevin, erwiderte das Lächeln, welches noch breiter wurde, als Jack um die Ecke kam und wie angewurzelt stehenblieb. "Du bist schon da? Wow, das ging ja echt schnell."
 

"Dabei hab ich zwischendrin eine Pause gemacht", erklärte Kevin, ehe er von dem Hund abließ, zu seinem Freund trat, der nur wenige Zentimeter kleiner als er war und ihn freundschaftlich an sich zog und umarmte. "Tut echt gut, hier zu sein."
 

Jack nickte, erwiderte die Geste der Umarmung und ließ es sich nicht nehmen, Kevin durch die Haare zu wuscheln. "Schön, dass du hier bist."
 

Eine Weile alberten die beiden einfach wie in alten Zeiten herum, dann aber wurde Jack wieder ernster, nahm seinen Freund an die Hand und zog ihn hinter sich her. "Na komm, ich zeige dir erstmal den Hof."

Heuboden mit Charme

Chrom - Only you
 

I don't wanna feel like garbage
 

I don't wanna lose myself in you
 

I try to keep the courage
 

I try to separate the truth
 

It's not always my fault
 

Come on forget about your pride
 

If you don't the world could be cold
 

Come on it's time now to decide
 

All I ever waited for
 

Was the chance to reach your door
 

All I wanted you to do
 

Say these words
 

Only you
 

Now I'm lying on the floor
 

Sad and lonely more and more
 


 

Rustikales Bauernhaus traf auf Neubau, ringsherum waren riesige Koppeln, auf denen vereinzelt Pferde standen und grasten.

Angrenzend war direkt der Wald, welcher zu langen Spaziergängen einlud und doch zogen ihn vorerst die Pferde magisch an.

Kevin lächelte als er eine Stute mit ihrem Fohlen sah und doch sah er zu seinem besten Freund, der verträumt den Kopf auf das Gatter gelegt hatte. "Wer war der Typ vorhin?", wollte er von seinem dunkelblonden Freund wissen, der sich in Gedanken den Finger in seinen Tunnel steckte und den Blick zufrieden auf die Koppel gerichtet hatte.

"Mein älterer Bruder", erwiderte Jack ruhig, während er die Stute zu sich lockte, die jedoch skeptisch den Kopf hob und keinerlei Anstand machte, seiner Aufforderung nachzukommen.

"Und wer ist Max?", fragte Kevin weiter und kletterte auf den hölzernen Zaun.

"Ähm ..."

Kevin sah geduldig zu seinem Freund, der scheinbar die passenden Worte suchte, vorerst zu ihm kletterte und leise seufzte. "Max ist unser Max aus dem Büro und na ja, es hat sich da halt was entwickelt."

Daher wehte der Wind, es war scheinbar frisch und dennoch hatte Kevin nicht mitbekommen, dass sich zwischen den beiden etwas anbahnte.

Wie auch, er war selten im Büro, sah Max dementsprechend wenig und meist telefonierte er und dann hatte er entweder Elio am Telefon oder Philippe.

"Also alles noch frisch, wie mir scheint", erwiderte Kevin ohne wütend oder enttäuscht zu sein.

Grund dazu hätte er gehabt, immerhin war er Jacks bester Freund und normal redeten sie über alles.

Auch über Jungs, über Typen die sie irgendwie interessant fanden oder aber einfach nur heiß.

Max zählte für Kevin allerdings eher zu den Jungs, die er als Kumpel sehen würde, vielleicht mal etwas mit ihm trank aber für mehr war er nicht bereit.

Bei keinem.

"Sorry, dass ich es dir nicht erzählt habe. Aber wir wollten noch etwas warten und Max ist auch noch nicht so weit, dass er es ganz offiziell machen will", entschuldigte sich Jack.

Kevin nickte verstehend, zeigte Verständnis und ihm war klar, wie schwer das für beide sein musste.

Ihr Job war nicht ohne, nicht jeder verstand es und oftmals zerrissen sich die Leute unwissend ihren Mund und hatten keinerlei Ahnung wo der Hase lang lief.

Klischees hielten sich hartnäckig, besonders aber jenes, dass sie es nur wegen des Geldes taten oder aber schlichtweg gezwungen wurden.

Totaler Blödsinn, Kevin hatte damals schon wegen des Geldes angefangen, sah aber auch den Spaß dahinter, die vielen Reisen und schließlich sah er ihn.

Andre.

Sein Sternchen, sein Kollege und gemeinsam waren sie sehr schnell in die Elite aufgestiegen.

Ebenso Jack und Adam, die beide etwa zeitgleich mit Andre kamen und jahrelang nicht wegzudenken waren.

Vier Jungs, die sich nicht wirklich kannten, auf Anhieb aber verstanden und von denen einer schmerzlich fehlte.

Jack schien das zu merken, legte den Arm um Kevin und sah dennoch zu den Pferden. "Du musst nach vorn blicken. Andre wird nicht wiederkommen. Er hat seine Zelte abgebrochen und nicht nur in der Agentur selber."

Er verstand, was sein Freund sagen wollte, hatte es selbst mitbekommen und es war beinahe genauso schmerzhaft anzusehen, wie Andre auch aus den sozialen Netzwerken verschwunden war.

Erst Facebook, dann folgte Twitter und anschließend Instagram.

Ein Schock für sie alle, über Instagram waren sie alle verbunden gewesen, ebenso über Handy und selbst die Telefonnummer gab es nicht mehr.

Kevin biss heftig auf die Unterlippe, er wollte schreien, doch angesichts der Tatsache, dass recht scheue Tiere auf der Koppel standen, widerstand er dem Ausbruch und schluckte das ungute Gefühl herunter.

"Du hättest damals schon aufwachen müssen. Damals als ..."

"Verschone mich bitte mit weiteren Details, ich weiß, was du sagen willst", unterbrach Kevin ihn rabiat, ehe er langsam vom Zaun kletterte und neckisch an Jacks Shirt zupfte. "Zeig mir lieber endlich mal dein Reich. Ich brenne darauf, zu erfahren, wie du wohnst."

Jack schwang sich breit grinsend vom Zaun, legte den Arm um Kevin und lachend stolperten beide zu der alten Scheune, die er in liebevoller Kleinstarbeit mit seinem Bruder umgebaut hatte.

Außen war das riesige Scheunentor aus Holz, dahinter Platz für landwirtschaftliche Fahrzeuge und Geräte und die Treppe links der Wand entlang führte rauf zu Jacks Wohnung.

"Beeindruckend", flötete Kevin anerkennend und sah rauf zum alten Heuboden. "Da oben hast du dich bestimmt immer versteckt. Ich kenn dich doch."

Jack lachte herzlich, schüttelte jedoch den Kopf. "Nein, das war eher Andrej, der sich auf den Heuboden verzogen hat."

"Also kein Verstecken." Kevins Augen funkelten spitzbübisch, er steuerte die große Leiter an und ehe Jack etwas sagen konnte, kletterte er bereits hoch und ließ sich in einen riesigen Berg an Heu fallen.

Kaum später warf sich Jack neben ihn, blickte versonnen zur Decke rauf und verschränkte die Hände hinter seinem Kopf. "Wenn du magst, können wir die Nacht auch hier oben pennen."

"Hab nichts dagegen", erwiderte Kevin, während er sich einen Halm in den Mund schob, darauf herumkaute und grinste.

Jack entging das Grinsen nicht, ebenso der Gedanke dahinter. "Irgendwann bestimmt mal, aber nicht sofort. Wir gehen das langsam an."

"Du und langsam. Ist klar", schmunzelte Kevin, wurde darauf hin mit Heu beworfen und eine wilde Rangelei entstand.

Man bewarf sich immer wieder mit Heu, welches auch schon mal in der Hose verschwand.

"Bor ne, das kitzelt überall", murrte Jack, fischte ein paar der Halme aus seiner Shorts und ebenso eine fette Kellerspinne.

"Immerhin keine Maus", stellte er fest, setzte das Tier ab und wandte sich Kevin zu. "Na komm, wir sollten was essen. Die ganze Balgerei macht hungrig."

Jack ging vor, kletterte die Leiter herunter und wartete auf Kevin, der ihm kaum später folgte. "Wir grillen. Meine Eltern wissen, dass du kommst."

"Dein Bruder wohl aber eher nicht, der dachte ernsthaft, ich wäre Max", erwiderte Kevin, zupfte dabei seinem Freund das Heu vom Shirt und sah ihn eingehend an. "Seit wann läuft da was zwischen euch und wieso hab ich davon nichts gemerkt? Normal reden wir doch immer über alles, warum nicht auch über Max?"

Deutlich sah Jack, wie enttäuscht der Andere war. "Ich hatte meine Gründe", entschuldigte er sich bei Kevin, nahm ihn an der Hand und zog ihn schließlich zu sich. "Allein, weil du immer noch an Andre hängst und da wollte ich für dich da sein und dich nicht mit meiner Verliebtheit zu Max belästigen."

Kevin antwortete nicht und es sah aus, als wäre er sauer, doch bei genauerem Hinsehen stellte Jack fest, dass er mit den Tränen kämpfte.

"Scheiße, dich hat's ziemlich heftig erwischt." Noch bevor es ganz vorbei war, Kevin emotional zusammenbrach, umarmte Jack ihn rasch, strich beruhigend über seinen Rücken und versuchte ihm eine Stütze zu sein. "Ich pack das nicht. Ich krieg ihn einfach nicht aus meinem Kopf heraus."

Tränen liefen ihm über die Wange, seine Nase vergrub sich an Jacks Hals und sein Körper begann zu zittern.

"Schhh ..." Immer wieder sprach Jack leise auf ihn ein. "Wir kriegen das hin, versprochen", wisperte er und hielt Kevin seinen bebenden Körper dicht an den seinigen gepresst.

Wie, sobald er schlief, sah er ihn, bekam die letzten Jahre immer wieder wie einen Film vorgeführt und selbst sein Lachen hatte sich wie ein Mantra in seinem Kopf festgesetzt.

Am schlimmsten aber waren seine Augen, unterstrichen mit diesem sinnlich, kecken Blick, den er vor Jahren das erste Mal sehen durfte und der ihn immer wieder aus der Fassung brachte.

Kevin versuchte sie sich nicht vorzustellen, wehrte sich dagegen und selbst Jack bekam mit, dass irgendwas in seinem Freund arbeitete.

"Lass uns erstmal essen, du brauchst Ablenkung und meine Eltern sind echt neugierig, was dich betrifft." Er ließ ab von ihm, nahm jedoch seine Hand und führte ihn zum Haupthaus, welches noch typisch wie ein Bauernhaus wirkte und einen gewissen Charme besaß.

Untergang

Chrom • Morbid Mind
 

Now look at you....your so beautiful
 

Make me confuse.....no you make me crawl
 

And by the way.....it's our time to fall
 

I gotta say...........you break my will you take it all
 

I see your face.....it's like a miracle
 

Need your embrace....but it's impossible
 

I go insane......about the way you walk
 

Inside my brain.....you're naked now, don't wanna talk
 

I'm gonna hate today, 'cause I just love the way
 

I will be cruel to you, no matter what you do
 

I can't stand to wait, you always hesitate
 

This love is wrong I know, but I can't stop the show
 

I want to lick your sweat, you turn around instead
 

I guess I lose my mind, but I still try to find
 

My truth my destiny, the craving's constantly
 

I'm just a morbid mind, don't ever look behind
 


 

Vorwitzig kitzelte einer der Halme an seiner Nase, immer und immer wieder und das so lange, bis Kevin die Augen öffnete und den Störenfried aus seinem Gesicht beseitigte.
 

Einige Male blinzelte er, drehte schließlich den Kopf zur Seite und lächelnd betrachtete er seinen besten Freund neben sich.
 

Jack schien noch zu schlafen, wirkte entspannt und doch hatte Kevin bereits den Schalk im Nacken sitzen, griff sich einen Halm und kitzelte den Anderen damit unter der Nase.
 

Grummelnd kräuselte er die Nase, versuchte den Halm im Halbschlaf zu fangen, bekam ihn aber nicht zu fassen und packte sich stattdessen seinen Freund.
 

Knurrend drehte er ihn um, setzte sich frech auf sein Becken und sah ihn verschlafen von oben herab an. "Guten Morgen."
 

"Gu ..." Weiter kam Kevin nicht, Jack fasste blitzschnell zu, nach seinen empfindlichen Seiten und gnadenlos kitzelte er drauf los.
 

Lachend versuchte sich Kevin zu entziehen, die Hände seines Kollegen festzuhalten, die ihn frech attackierten und nicht vorhatten aufzuhören.
 

Jack unterband die Versuche alle, er setzte sogar noch einen drauf, beugte sich vor und schnappte nach Kevin seinem Ohr.
 

"Jack nicht", lachte dieser lauthals los, wandte sich im Heu und versuchte der feuchtwarmen, neckenden Zunge zu entkommen, die immer wieder frech über das Ohrläppchen leckte.
 

Jack dachte jedoch nicht daran aufzuhören, er neckte Kevin weiterhin und auch, wenn dieser sich heftig wehrte, so war die Stimmung ausgelassen.
 

"Selber schuld, wenn du mich derart mies weckst", knurrte es neben seinem linken Ohr, ehe das Ohrläppchen zwischen die Zähne genommen und angeknabbert wurde.
 

Er wusste, wie sein bester Freund werden konnte, dennoch lenkten ihn solche süßen Rangeleien dann doch gut ab und Andre hatte in diesem Moment keine Chance seine Gedanken in irgendeiner Form zu beherrschen.
 

Jack wusste das, hörte nach einiger Zeit jedoch auf und setzte sich breit grinsend neben ihn.
 

Eine Weile sah er Kevin einfach an, legte seinen Arm um ihn und zog ihn dichter zu sich und an seinen Körper. "So ausgelassen erlebt man dich immer seltener."
 

Lange schwieg der Andere, biss sich unterstreichend auf die Unterlippe und innerlich begann es in ihm zu arbeiten.
 

Kevin begann nachzudenken, darüber, ob es noch Sinn machte, einem Phantom hinterherzujagen und zurückholen zu wollen.
 

Zwei Jahre lebte er eine an den Nerven zerrende Einsamkeit, verstellte sich und es war eine Frage der Zeit, bis diese Mauer einriss und er ganz zusammenbrach.
 

Irgendetwas musste passieren und das schnell.
 

"Jack?", fragte er leise an.
 

"Hmmm?", brummte dieser, entließ ihn aus der Umarmung und ihm schwante bereits, dass Kevin etwas bedrückte.
 

Allein die Tonart verriet es, ebenso die Haltung und der Blick gen Boden gerichtet.
 

Und sicher auch wieder in Gedanken an Andre.
 

Verständlich, er hatte eine Art an sich gehabt, der man sich nur schwer entziehen konnte und doch hatte Jack selber das immer beruflich und nie privat gesehen.
 

Kevin war da anders, er hatte sich Hals über Kopf verliebt und das seit Andre seinem Shooting.
 

Die ständigen Blicke und Schwärmereien waren ihm sofort aufgefallen, ebenso Adam, der es hingenommen hatte und das, obwohl er mit Andre fest zusammen war.
 

Jack erinnerte sich jedoch genau daran, wie sehr Kevin gelitten hatte, wie sehr er auch heute noch litt und das nur, weil sich Gefühle entwickelt hatten, die scheinbar niemals erwidert wurden.
 

Ein schweres Laster, ein Zustand, der kaum auszuhalten war und an den Nerven nagte.
 

Mit den Jahren war aus Kevin ein anderer Mensch geworden und niemand außer ihm hatte diesen Prozess hautnah miterlebt und machte sich intensiv Gedanken darum.
 

Jack schon.
 

Er sorgte sich, war ihm eine Stütze und hatte immer ein offenes Ohr und eine Schulter zum Anlehnen. "Sprich dich ruhig aus, ich sehe, dass du etwas auf dem Herzen hast."
 

Kevin nickte, suchte erneut den nötigen Halt und lehnte sich an. "Es geht um Andre, darum, dass es so nicht weitergehen kann."
 

Wissend nickte Jack, antwortete jedoch nicht, da sein Freund noch nicht fertig war.
 

"Ich bin nicht mehr ich selber, stumpfe ab und versinke in einem Strudel von Einsamkeit. Das bin nicht ich, das passt nicht und ich kann mein Leben lang nicht unglücklich sein."
 

Auch das waren Worte, die Jack verstehen und nachempfinden konnte. Kevin hatte das Recht zu leben, zu lächeln und darauf endlich zufrieden zu sein.
 

Ohne Andre.
 

"Das heißt, du willst abschließen?"
 

Nun war es Kevin, der nickte, kaum später aufstand und sich ausgiebig streckte. "Dafür werde ich aber die Hilfe von Max brauchen und ich weiß jetzt schon, dass wir alle drei dafür in Teufels Küche kommen könnten."
 

Max besonders, er saß im Büro und hatte Zugang zu Daten und Adressen, auch zu jenen, die längst vergangen waren.
 

Ein hohes Risiko und sollte er erwischt werden, würde es ihm im schlimmsten Fall den Job kosten.
 

"Du willst die Hilfe von meinem Freund?" Jack war überrascht von der Tatsache und doch dämmerte es ihm, was genau der Plan dahinter war. Kevin wollte an Andres Adresse, ihn besuchen oder ihn zumindest anderseits kontaktieren.
 

Ein Fehler, ein ganz böser Fehler, den Jack dahinter erkannte, vorerst aber noch für sich behielt. "Ich kann dir nicht versprechen, dass er bei deinem Vorhaben mitmachen wird."
 

"Das versteh ich", lenkte Kevin ein, streckte sich nochmals und doch blieb er einen Moment stehen, fischte sich einen Grashalm aus den Haaren und betrachtete ihn.
 

Der Strohhalm, nach dem der Ertrinkende griff.
 

Die rettende Hand, die gereicht und verschmäht wurde.
 

Das letzte Rettungsboot der Titanic.
 

Restlos überfüllt, er mittendrin und mit dem Gedanken spielend wieder auszusteigen und umzukehren.
 

"Na komm, wir gehen." Jack riss ihn aus den Gedanken, aus dem Boot, weg vom eisigen Wasser und zurück in die Realität. Gerade noch rechtzeitig. Kevin wäre zurück an Bord und mit der Titanic untergegangen.
 

Jack zog ihn wie einen kleinen Jungen hinter sich her, die Treppe zu seiner Wohnung rauf, die er bisher noch gar nicht gesehen hatte.
 

Kevin war jedoch neugierig, ließ sich mitreißen nach oben und doch traf ihn im Flur angekommen, der Schock.
 

Überall Bilder, jene, die er selber kannte und doch zeigte keines Andre.
 

Es war, als hätte Jack ihn ausgelöscht, sämtliche Bilder verbrannt und jegliche Erinnerung bewusst verdrängt.
 

An einer Klippe zerschellen lassen, von tosenden Wellen weggespült und dem Tode überlassen.
 

Bilder, die Kevin wahrhaftig vor sich abspielen sah, das Ertrinken miterlebte und dennoch nicht helfen konnte.
 

Zu viel für ihn, Kevin brach in Jacks Armen zusammen und erlag weinend seinem Kummer und Schmerz der letzten Jahre.
 

Jack hielt ihn, war da, sprach beruhigend immer wieder auf ihn ein und wich nicht von seiner Seite. Nicht, solange er sich beruhigt und wieder gefangen hatte.
 

Ein Kraftakt für sie beide, ein schwerer Gang, den Kevin nicht alleine, sondern gemeinsam mit ihm ging.
 

Jack war da, die ganze Zeit über, ließ nicht ab und erwies sich wieder wie all die Jahre als Fels in der Brandung und gab Kevin das Gefühl nicht allein zu sein, es zu schaffen und neue Hoffnung zu schöpfen.
 

"Geht es wieder?" Eine Frage, die Kevin nur schwer erreichte, ihn schwach nicken ließ und als er den Kopf hob, sah er nicht nur Jack, sondern auch dessen Bruder und Max.
 

"Da helfen meine berühmten Pfannkuchen", grinste Andrej aufmunternd, betrat bereits die Küche, während Max Jack dabei half Kevin auf die Beine zu bekommen.
 

Besorgte Blicke wurden ausgetauscht, doch keiner sprach, während sie Kevin in die Küche und an den Tisch führten.
 

"Das wird schon wieder. Du bist jung und irgendwann kommst du darüber hinweg", plapperte Jacks Bruder beim Anrühren des Teigs. "Schau dir meinen kleinen Bruder an, der hat auch seinen Deckel gefunden und das hat einige Jahre gedauert."
 

"Was soll das denn heißen?", maulte Jack beleidigt, warf Max dabei einen vorsichtigen Blick zu, erkannte jedoch, dass der nur schief grinste und scheinbar keinerlei Bedenken hatte.
 

Andrej seufzte laut. "Darius sagt dir noch etwas?"
 

"Du hattest was mit Darius? Ich dachte, mit Billy?" Kevin sah seinen besten Freund beleidigt an, denn diese Information war selbst ihm neu.
 

"Das ging nicht lang. Darius und ich... es gab Probleme und kaum später fing das mit Billy an."
 

"Also war Billy das Problem?", fragte Kevin weiter, worauf Jack nickte und seinen Pfannkuchen entgegennahm.
 

"Wir waren damals zu jung und ich wollte nicht, dass irgendwer etwas Falsches von mir denkt", entschuldigte sich Jack, griff zur Gabel und stocherte auf seinem Teller herum.
 

Kevin schüttelte den Kopf, erhob sich langsam und umarmte seinen besten Freund. "Ich verurteile dich nicht wegen deiner Exfreunde. Das habe ich nie und das werde ich nie. Im Gegenteil. Es ist dein Leben und du entscheidest darüber."
 

Jack lächelte, zog Kevin zu sich runter und küsste dessen Wange."Danke, du bist der beste Freund, den man haben kann."
 

"Gott seid ihr süß", entfuhr es Andrej ironisch klingend. "Wie ein altes Ehepaar."
 

"Na ja, so schlimm sind die beiden nicht", mischte sich Max ein, schob sich den ersten Bissen in den Mund und sprach erst weiter, als dieser leer war. "Helmut und Jerome sind bereits unser altes Ehepaar. Obendrauf führen sie sich auch auf wie Eltern, die zu viele Kinder haben."
 

Schweigen, dazu irritierte Blicke von allen Seiten und schließlich lautes Gelächter, das noch sehr lange anhielt und Kevin mehr und mehr entspannen ließ.

Hoffnungsschimmer

OSING MYSELF - Chrom
 

I'm walking around
 

And all see is her
 

She is the one
 

The woman I prefer
 

It's taking my mind
 

The moment she is near
 

Finally I'm breaking inside
 

The time to disappear
 

I'm losing myself
 

For the last time
 

Try to find out
 

What it's like
 

I'm losing myself
 

For the last time
 

Hope that you will
 

Be mine ...
 


 

Ausgelassene Stimmung, viel Gelächter und das war es, was Kevin derzeit am meisten neben seinem besten Freund brauchte.
 

"Wer will den letzten Pfannkuchen haben?", wollte Max wissen und blickte fragend in die Runde.
 

"Ich bin voll bis oben hin", lehnte Kevin dankend ab, legte sein Besteck auf den Teller und schob diesen ein Stück weit von sich weg.
 

Jack lehnte ebenfalls ab. "Ich kann eher noch einen Kaffee vertragen."
 

Kaffee klang gut.
 

Nicht nur Max stimmte dem zu, sondern auch Kevin und während Jack sich darum kümmerte, stellten die beiden das Geschirr zusammen und trugen es vorerst zur Spüle.
 

"Und was machen wir heute noch mit dem angebrochenen Tag?"
 

"Gute Frage, Max. Soweit ich jedoch weiß, braucht Kevin deine Hilfe."
 

"Meine?" Max sah erst zu seinem Freund, dann zu Kevin, der nickte und sich bereits wieder setzte und sammelte.
 

Man sah deutlich, dass es ihm alles andere als leicht fiel und er nach den richtigen Worten suchte, um Max nicht ganz zu überfallen.
 

Unsicher biss Kevin sich daher auf die Unterlippe, er sah zu Jack, der ihm aufmunternd zunickte und schließlich eine Tasse Kaffee reichte.
 

Unterstreichend legte er seine Hand auf den Rücken seines besten Freundes und setzte sich neben ihn."Lass dir Zeit, ich weiß, es ist schwierig und alles andere als leicht."
 

Kevin nickte, drehte die Tasse vor sich auf dem Tisch von links nach rechts und von rechts wieder nach links.
 

Es fiel ihm nicht gerade leicht, zu reden.
 

Zwar kannte er Max, aber bei weitem nicht so gut, wie er Jack kannte und vertraute.
 

Max aber war genauso geduldig wie Jack auch, trank stattdessen seinen Kaffee und schaute kurz in sein Handy, welches kurz zuvor vibriert hatte.
 

"Schlechte Nachrichten?", fragte Jack besorgt.
 

Max schüttelte den Kopf, reichte seinem Freund grinsend das Handy und dieser sah erstaunt auf das Display. "Ist das? Das ist doch ..."
 

Jack sah fassungslos auf das Handy seines Freundes, dann zu Kevin, der nicht wirklich verstand, was los war.
 

"Du bist mit Andre befreundet und sagst mir das nicht?" Jack war nicht nur enttäuscht, er war auch angefressen, dass Max scheinbar die ganze Zeit ein Geheimnis hatte, von dem er nichts wusste.
 

"Hör mal, dass ...", setzte Max an, doch Jack fuhr ihm bereits eiskalt über den Mund. "Nein, du hörst mir jetzt zu!"
 

Kevin verstand noch immer nicht worum es ging, warum Jack so ungehalten und am Streiten war.
 

Irgendwas von Verrat hörte er heraus, ebenso immer wieder Andres Namen, der sich wie ein Mantra in seinen Kopf festsetzte und die lautstarke Diskussion der anderen beiden übertönte.
 

Andre.
 

Max hatte Kontakt zu Andre und das scheinbar seit Jahren.
 

Sie schrieben sich, schienen zu telefonieren und offenbar sahen sie sich auch regelmäßig, was Jack ganz und gar nicht gefiel.
 

"Du weißt genau, dass Andre ein Freund ist und war und du hältst es nicht für nötig, mir zu sagen, dass ihr befreundet seid? Wie arschig bist du bitte?", regte Jack sich weiterhin auf.
 

Kevin hörte gar nicht mehr richtig zu, er zuckte nicht mal weg, als Jack zu schreien begann, mit der Faust auf den Tisch schlug und das so heftig, dass sämtliche Tassen umkippten und sich dessen Inhalt auf seiner Hose verteilte.
 

Erst, als Max schlagartig die Küche verließ, reagierte auch Kevin, erhob sich und eilte ihm nach. "Max warte!"
 

Ein paar mal musste er ihn rufen, dann aber blieb der Gerufene endlich stehen und drehte sich um. "Was, Kevin? Willst du mir auch noch an den Kopf knallen, dass ich ein egoistisches Arschloch bin?"
 

"Nein, das will ich nicht", murmelte er leise zur Antwort und kam langsam näher, blieb jedoch mit etwas Abstand vor Max stehen und lächelte. "Lass uns ein Stück gehen, dann erklär ich dir was. Vielleicht verstehst du Jacks Ausbruch dann besser."
 

"Meinetwegen", gab sich Max brummend geschlagen, begleitete Kevin zu der Pferdekoppel und beobachtete die Pferde, die wild und ungezähmt über die saftigen Wiesen galoppierten und keinerlei Notiz von ihm nahmen.
 

Kevin sah dem lächelnd zu, er beneidete diese Freiheit, diese ungezwungene Art sich zu bewegen und vor allem aber, dass sie keinerlei Gedanken verschwendeten oder sich darum kümmern mussten, gewisse Dinge einfach zu vergessen.
 

"Du wolltest mir etwas erklären." Max stupste ihn seitlich an, holte seine Zigaretten aus der Hosentasche und zündete sie sich sogleich an. "Auch eine?"
 

Ohne zu antworten, nahm sich Kevin eine Zigarette aus der Schachtel, klemmte sie zwischen seine Lippen und zündete sie an.
 

Eigentlich hatte er damit aufgehört, doch jetzt erschien es ihm passend und wenn er ehrlich war, so beruhigt ihn das Nikotin und er entspannte sich zunehmend.
 

Er wirkte mit einem Mal so entspannt, dass er Max alles erzählen konnte und das von Anfang an bis zum heutigen Tag.
 

Nicht ein Detail ließ er aus, redete sich alles von der Seele und Max hörte zu, sagte nicht ein Wort, sondern war da und gab ihm das Gefühl verstanden zu werden.
 

Ähnlich wie Jack und vermutlich passten sie deswegen so gut zusammen. "Du solltest mit Jack reden. Streitet euch nicht wegen einer Sache, von der du keine Ahnung hattest."
 

Max seufzte. "Wenn ich es geahnt hätte, dann wäre es nicht so beschissen gelaufen. Ich fühle mich gerade echt schlecht. Schlecht im Sinne davon, dass ich weder dir noch Jack ein besonders guter Freund war."
 

Kevin begann zu schmunzeln. "Du warst ein schlechter Freund, ja, aber ich denke, du kannst ein sehr viel besserer sein, wenn du Jack hilfst. Wenn du mir hilfst."
 

Es war eine gewagte Bitte, unterstrichen von einem Blick, der nicht nur traurig, sondern auch verzweifelt war und all den Schmerz der letzten Jahre widerspiegelte.
 

Eine Wahl hatte er nicht, er wollte endlich abschließen, Andre noch einmal sehen, mit ihm reden und endgültig Abschied nehmen.
 

Max war sich dem durchaus bewusst, ebenso dass er sich eine Menge Ärger einfangen würde und doch wollte er gemeinsam mit Kevin und Jack diesen letzten Weg gehen.
 

"Gib mir mal dein Handy", bat er Kevin und streckte die Hand auffordernd aus.
 

Der Angesprochene blickte skeptisch zu Max, auf dessen Hand, die ausgestreckt war und insgeheim fragte er sich, was er jetzt vorhatte.
 

Kevin hatte zwar schon einen Verdacht, aber würde Max echt so weit gehen und ihm einfach so Andre seine Handynummer geben?
 

Seine eigene war doch sicher noch bekannt und wer weiß, ob Andre das so lustig fand, wenn jemand seine Nummer hatte und das ungefragt über dritte.
 

Max aber schien genau das zu planen, er verlieh seiner Geste nochmals Nachdruck und wackelte unterstreichend mit den Fingern. "Gib einfach her und lass mich den Rest machen, okay? Ich mach auch keinen Blödsinn."
 

"Max, ich weiß nicht ..." Kevin hatte Bedenken, dennoch reichte er ihm zögerlich sein Handy, kletterte wie einen Tag zuvor schon auf den Holzzaun und sah den Fohlen bei dem Versuch zu, sich zu jagen und hinter ihren Müttern zu verstecken.
 

Wie gern würde er jetzt tauschen, sich ebenfalls verstecken oder fluchtartig den Platz verlassen.
 

So aber blieb er sitzen, kaute nervös auf der Unterlippe und schielte hin und wieder zu Max herüber, der noch immer mit seinem Handy beschäftigt war und eifrig tippte.
 

"Bin gleich so weit", kam es von Max, dann schwieg und tippte er wieder und Kevin hätte schwören können, er legte irgendwie ein Profil an, da er in seinen Bildern etwas zu suchen begann.
 

"Denkst du das funktioniert?" Kevin hatte Bedenken, Andre war alles andere als dumm und irgendwann würde er dahinterkommen, was gespielt wurde.
 

Dann war nicht nur Max ein Arsch, sondern auch er selber und Andre?
 

Vermutlich sauer und enttäuscht, dass ein guter Freund ihn rücklings verraten hatte.
 

Max aber grinste gelassen, reichte Kevin sein Handy und erstaunt blickte dieser auf ein neues Instagram-Profil, dass so gar nicht passte.
 

Bei genauerem Hinsehen stellte er sogar fest, dass es sich bei dem verwendeten Bild um einen Avatar aus dem Internet handelte und einen niedlichen Hund zeigte.
 

Gar nicht so dumm.
 

"Du folgst ihm bereits, ebenso noch ein paar seiner und meiner Freunde. Sieht also danach aus, dass wir uns kennen", schmunzelte er und zwinkerte ihm aufmunternd zu.
 

Kevin erwiderte das Lächeln, wurde dann aber wieder ernst. "Geh und rede mit Jack. Er wird warten."
 

Max nickte, drehte sich aber nochmals um und warf Kevin seine Packung Zigaretten zu. "Die könntest du gebrauchen, aber übertreib es nicht."
 

Ein kurzes Lächeln huschte über seine Lippen. "Geh schon und rede mit Jack. Ich hab nämlich keine Lust, seine Launen später zu ertragen."
 

Mehr als ein leises Brummen hörte er von Max nicht mehr, Kevin drehte sich aber auch nicht nochmal um, sondern betrachtete mehr sein neues Profil auf Instagram.
 

Nicht lange, dann öffnete er das von Andre und scrollte sich durch dessen Bilder, die er in letzter Zeit hochgeladen hatte.
 

Wie schon vermutet, darunter auch ein paar Schnappschüsse, wie er an diversen Autos schraubte und sie reparierte.
 

Hier und da ein Bild mit Adam, aber keines welches darauf hinwies, dass sie wieder ein Paar sein könnten.
 

Mehr sah es freundschaftlich und vertraut aus.
 

Das neuste Bild zog Kevin dann aber doch wie das Licht die Motte an.
 

Ein niedlicher weißer Hund blickte in die Kamera und Kevin war sich sicher, dass es sich hierbei um einen Spitz handeln musste.
 

Er öffnete das Bild ganz und fand heraus, dass es eine Hundedame namens Velvet war.
 

Kevin überlegte hin und her, dachte darüber nach, ob und was er unter das Bild schreiben konnte.
 

Würde Andre es überhaupt lesen oder darauf antworten?
 

Kevin war ratlos, sah sich andere Bilder an, die deutlich älter waren und stellte fest, dass Kommentare tatsächlich allesamt beantwortet waren.
 

Mit einigen schrieb er so sogar mehrfach, darunter auch eine Person, die ihm optisch recht ähnlich war.
 

Vielleicht Verwandtschaft, ein Cousin oder hatte Andre am Ende sogar einen Bruder?
 

Möglich war es, er wusste nie viel über ihn und doch war da noch immer dieses Herzklopfen, wenn er an ihn dachte oder eines seiner Bilder betrachtete.
 

Das Lächeln war noch immer gleich.
 

Süß, aber auch verwegen und auch, wenn Andre genau wie er erwachsen war, diese Unschuld im Blick war noch immer da.
 

Kevin begann zu lächeln, er öffnete erneut das Bild von Velvet, gab diesem ein Like und schrieb einfach das, was ihm bei dem Anblick dieser Knopfaugen durch den Kopf ging.
 

Instagram wurde geschlossen, das Handy steckte er in die Hosentasche und stattdessen atmete er tief durch, während sein Blick zu den Pferden schweifte.
 

Noch lange stand er einfach da, beobachtete die Pferde, atmete die klare Luft ein und drehte sich erst um, als er ein Bellen hörte und Bingo ihn bereits freudig ansprang und Aufmerksamkeit forderte.
 

"Kommst du ein Stück mit?"
 

"Sicher, ich muss doch aufpassen, dass ihr nicht wieder streitet", erwiderte Kevin auf die Frage seines besten Freundes, ehe er gemeinsam mit Bingo auf diesen zukam und ihn sanft gegen die Brust boxte.

Unruhe

SO HIGH -Chrom
 

Someone is calling out your name
 

These eyes are tired & ashamed
 

These eyes will burn out in your flames
 

So I let you be my destiny
 

Forget the time & what should be
 

There is no future I believe
 

There's only you & me
 

Only you & me
 

And I can't live without my pride
 

Can't stand the things that
 

I Have tried & failed in my life
 

And I didn't criticize So I arranged me with a lie
 

And time kept passing by Then
 

I got so high The last thing I tried
 


 

Die Nacht fiel für Kevin recht unruhig aus, er wälzte sich von einer Seite auf die andere, wachte immer wieder auf und stellte fest, dass er nur geträumt hatte.
 

Wieder von Andre, davon, wie sie sich kennengelernt und ihren ersten gemeinsamen Dreh hatten.
 

Es fühlte sich beinahe an, als wäre es gestern gewesen.
 

Unschuldige Blicke, Berührungen, die unkoordiniert passierten, weil man sich und den anderen Körper nicht besonders gut kannte.
 

Kevin seufzte auf, fühlte beinahe diese zarten Hände auf seinem Körper, die vorwitzige Zunge an seinem Hals, die sich lauernd wie eine Schlange weiter zu seinen Lippen vorarbeitete und unschuldig darüber leckte.
 

Wie gerne würde sie noch einmal schmecken, sie küssen und zu einem wilden Spiel auffordern? Seine Hände dabei an seinen Körper legen, ihn dicht an sich ziehen, ihn halten und nicht mehr loslassen.
 

Kevin wimmerte beinahe schon bei dem Gedanken, wandte sich in den Laken und fuhr erschrocken hoch, als die Tür aufging und sein bester Freund das Zimmer betrat.
 

"Jack", hauchte er beinahe so leise, dass man Mühe hatte, ihn überhaupt zu verstehen und doch hatte er ihn gehört.
 

Wortlos legte sich Jack zu ihm, zog ihn dicht zu sich und für einen Moment mischten sich seine Gedanken mit der Realität.
 

"Du zitterst", murmelte Jack leise und strich beruhigend durch das dunkelblonde Haar seines Freundes.
 

Kevin antwortete nicht, er lag einfach da, riss immer wieder die Augen auf und schob die süßen Erinnerungen an Andre weit von sich.
 

Sein Freund war allerdings nicht dumm, er ahnte bereits, was in dem Anderen vor sich ging und grinste wissend vor sich hin. "Entweder gehst du kalt duschen oder aber du lässt mich dir helfen."
 

"Jack nicht ..." Kevin versuchte von ihm wegzukommen, doch sein bester Freund war schneller, hatte bereits begonnen, sanft aber doch bestimmend über die empfindliche Haut an seinem Hals zu lecken, während seine rechte Hand frech unter sein Shirt krabbelte.
 

Zielstrebig reizte er eine der Brustwarzen, wusste sehr genau, welche Knöpfe er bei Kevin drehen musste, biss frech in den Nacken und lauschte dem ersten noch unterdrückten Keuchen.
 

"Lass dich gehen", raunte er ihm leise zu, malträtierte weiterhin Kevins Hals, ehe die zweite Hand ohne Umwege in seine Shorts wanderte und nach seinem bereits vollständig aufgerichteten Glied griff.
 

In seinem Kopf war es Andre, der ihn berührte, um den Verstand brachte und mit seinen schlanken Fingern dem Höhepunkt entgegenbrachte.
 

Kevin meinte sogar seine Stimme zu hören.
 

Leise und lauernd.
 

Sinnlich und verführerisch in sein Ohr wispernd.
 

Dinge sagten, die so derbe und vielversprechend klangen, dass Kevin sich heiß und leise wimmernd in Jacks Hand ergoss und heftig atmete.
 

Die Nachwehen seines Höhepunktes dauerten an, Kevin kam nur langsam wieder zu sich, öffnete die Augen und kniff sie im selben Moment doch wieder zusammen.
 

Ihm war, als hätte er sich selbst betrogen und schleichend überkam ihn das schlechte Gewissen, welches lachend aus der Ecke trat und spitz zu ihm sprach.
 

Kevin fühlte sich mit einem Mal schlecht, ihm kamen die Tränen, sein Körper schrie unaufhörlich, er habe etwas falsch gemacht und das mit einer Person, die sich sein bester Freund nannte.
 

Vorwurfsvolle Blicke schienen ihn zu strafen, eine Stimme sprach zu ihm und er konnte deutlich die Enttäuschung hören, die aus dieser kam.
 

Kevin wimmerte, er hielt sich die Ohren zu und wollte es nicht hören, wie sehr sie ihn tadelte und zornig wisperte.
 

Jack hielt ihn die ganze Zeit über im Arm, sprach leise auf ihn ein, versuchte ihn zurückzuholen und strich sachte über seinen Nacken. "Alles gut, ich bin da. Du bist nicht alleine."
 

Lediglich ein schwaches Nicken kam, während Kevin sich ganz langsam beruhigte, merkte, dass er gehalten und damit nicht alleine war.
 

Er fühlte sich mit einmal plötzlich sicher, geborgen und verstanden.
 

Nicht, dass Jack ihn je missverstanden hätte, eher war, dass das Gegenteil und er wusste stets, wann und wie er eingreifen und welche Worte er sprechen musste.
 

"Danke, dass du für mich da bist und mich mit meinen ganzen Macken erträgst", murmelte Kevin nach einer Weile des Schweigens.
 

Leise lachend küsste Jack ihn im Nacken. "Ich lieb dich so, wie du bist und anders will ich dich gar nicht haben."
 

"Nicht?" Kevin drehte sich grinsend in seinen Armen um und blickte ihn eingehend an. "Ich bin in letzter Zeit nicht gerade die beste Gesellschaft."
 

Wie zu erwarten antwortete sein bester Freund genau das, was er bereits ahnte, dass es nicht stimmte und es nur an Andre seinem Verschwinden lag.
 

"Bestimmt meldet er sich noch", murmelte Jack müde, verstummte und Kevin wusste, dass er eingeschlafen war.
 

Er selber lag noch länger wach, schlief aber mit den ersten Sonnenstrahlen endlich wieder ein und das traumlos bis zum Mittag.
 

So fest, dass er nicht mitbekam, wie Jack aufstand, auf leisen Sohlen aus dem Zimmer schlich und hinter sich die Tür schloss.
 

Kevin wurde erst wieder vom Duft frischen Kaffees wach, der ihm direkt in die Nase stieg, ihn wach kitzelte und auf dem Nachttisch platziert wurde, nachdem er endgültig die Augen aufgeschlagen und sich aufrecht hingesetzt hatte.
 

"Wie spät ist es?", wollte er wissen, während er zu der Tasse griff und zu seinem Handy.
 

"Kurz vor elf. Fast schon Mittag und ich würde sagen, dass wir heute auswärts essen", erwiderte Jack mit einem breiten Grinsen auf den Lippen, ehe er sich doch dazu entschied, sich noch etwas neben Kevin ins Bett zu setzen.
 

"Und hat er was geschrieben?" Jack steckte neugierig die Nase in das Handy seines besten Freundes, doch kein Kommentar war von Andre zu sehen.
 

Ein Seufzen entwich ihm, er kuschelte sich freundschaftlich an Kevin an. "Bestimmt wird er sich bald melden. Ist ja auch erst einen Tag her, dass du seinen Hund niedlich fandest."
 

Kevin musste auf die Worte hin leise lachen. "Ich finde den immer noch süß, besonders seinen Blick."
 

"Aja und wir sprechen hier noch von einem Hund?", fragte Jack frech, ehe er auswich, sich aus dem Bett versuchte zu retten, da Kevin die Tasse wegstellte und aussah, als würde er etwas Hinterlistiges planen.
 

Alles was folgte war ein erneutes Lachen, Kevin hatte lediglich das Kissen zurechtgerückt und es sich bequem gemacht.

Zu viel

Chrom - Vision
 

We gotta make our own decisions
 

Nobody can tell us what to do
 

Keep your eyes on your strongest visions
 

The right people will see it too
 

The whole world just keeps on turning
 

But it's high time for a break
 

You've been tired but now you're burning
 

You still breathe & you're awake
 

There are things we can't explain
 

But the hope will still remain
 

Now it's time to make a change
 

In this world that seems so strange
 

And I'm sure that this could be
 

Our fate & destiny
 

Cause we're all the same right now
 

We've gotta make it somehow
 

Just try to keep your passion
 

Cause your light is shining through
 

Let this thought be your obsession
 

Cause your mind can make it true
 

The whole world just keeps on turning
 

But it's high time for a break
 


 

Einfach raus in die Stadt fahren war eine gute Idee, machte den Kopf frei und es lenkte davon ab, ständig auf das Handy blicken zu wollen.
 

Sollte wirklich eine Nachricht kommen, würde es schon Alarm schlagen und vibrieren.
 

"Was nimmst du?" Jack, der ihm gegenüber saß, legte die Karte zur Seite, zündete sich lässig eine Zigarette an und sah sich vor dem kleinen Bistro um.
 

Viel war nicht los, aber es war auch eher ein Insider und die wenigsten wussten, dass man hier die besten Burger bekam, die Pilsen neben gutem Bier zu bieten hatte.
 

"Das übliche. Also einen normalen Burger, aber ohne Käse", erwiderte Kevin, der gar nicht erst nachgucken musste, was er genau haben wollte.
 

Jack nickte lediglich, ihm war durchaus bewusst, dass sein bester Freund eine Unverträglichkeit gegen Käse hatte und doch zogen ihn andere damit gerne mal auf.
 

Besonders Rocco, der sich vor Jahren einen bösen Scherz damit erlaubt hatte und von Marty jedoch einen Einlauf bekam, der sich gewaschen hatte.
 

Jack war es egal, er aß selber auch nicht alles, aber Käse war etwas, worauf er nur schwer verzichten konnte und wollte.
 

Dennoch nahm er Rücksicht auf Kevin und aß diesen selten, wenn sie untereinander waren.
 

Heute aber ging das, es gab genug Auswahl und beide erfreuten sich bester Laune und die konnte heute keiner stören oder ihnen madig machen.
 

Abgesehen von nicht beantworteten Nachrichten.
 

Kevin aber schien selbst das nicht zu stören, er saß einfach da, wartete auf seinen Burger und beachtete sein Handy gar nicht.
 

"Und dazu ein Bier", ergänzte Kevin nach einer Weile des Schweigens.
 

"Für mich aber nicht, ich fahr schließlich noch", erwiderte Jack, ehe er die Bestellung weitergab und neben dem Bier für sich ein Wasser bestellte.
 

Kevin grinste, es kam selten vor, dass Wasser getrunken wurde und den Anblick musste er dann doch bildlich festhalten und auf Instagram posten.
 

Ohne Gesicht, dafür aber mit Hand und die legte sich frech um das Wasserglas und setzte sich gekonnt in Szene, während Jack einfach nur den Kopf schüttelte und lachte. "Du hast echt mal einen Schaden."
 

"So wie du, wenn du Füße fotografierst."
 

Beide lachten auf, während Kevin das Bild mit nettem Text hochlud und öffentlich teilte.
 

Sofort wurde es geliket, darunter auch von Max, der einen lachenden Smiley unter das Bild setze und sein Beileid ausdrückte.
 

Jack zog eine Schnute, Kevin aber schmunzelte und antwortete Max, dass er ihn selber ebenfalls bedauerte und in Gedanken ein Bier für ihn mittrinken würde.
 

"Würdest du echt?" Jack sah seinen besten Freund aufmerksam an, während er sich aufrecht hinsetzte und seinen Burger in Empfang nahm.
 

"Würde ich", grinste Kevin, der nach seinem Bierglas griff und Jack aufmunternd zuprostete. "Auf den besten Freund, den man haben kann."
 

Jack erwiderte die Geste mit einem Nicken, mit Wasser wollte er dann doch nicht anstoßen, aber später könnte und würde er ebenfalls ein Bier trinken und damit den Tag ausklingen lassen.
 

"Dann lass dir mal deinen Burger schmecken."
 

"Danke, der sieht echt lecker aus", stimmte Kevin zu, ehe er seinen zwischen die Hände nahm, einmal abbiss und sich zufrieden zurücklehnte.
 

Jack hingegen aß seinen in einem Rutsch, dafür ließ er sich jedoch mit den Pommes als Beilage Zeit, die Kevin mehr aß und dazu sein Bier trank.
 

Gerade als er wieder zum Burger greifen wollte, vibrierte sein Handy, zeigte an, dass sein Bild erneut geliket und kommentiert worden war.
 

"Willst du nicht nachsehen?" Jack sah auf das Handy, dann zu Kevin, der lieber erstmal abbiss und genüsslich kaute. "Läuft nicht weg."
 

Jack nickte, dann aber schnappte er sich das Handy und sah erstaunt auf den Kommentar. "Den solltest du echt lesen, der ist von Andre."
 

Fast hätte sich Kevin verschluckt, räusperte sich und klopfte sich einmal gegen den Brustkorb, ehe er nach seinem Handy griff und sich den Kommentar durchgelesen hatte.
 

'Sieht aus wie Wodka, aber wem ist die Hand zu dem Glas Wasser?'
 

'Ist das wichtig, wessen Hand das ist?'
 

Jack musste grinsen als er die Antwort las und schob sich eine weitere Pommes in den Mund. "Ich hätte ihm gesagt, wessen Hand das ist."
 

Und vermutlich auch gleich, wer das Bild geschossen hatte.
 

Jack war direkter in solchen Dingen, ebenso wenn er flirtete und selbst im Job war es so, dass sich Jack mehr herausnahm als andere.
 

Kevin seufzte, während er sein Handy weglegte, seinen Burger aufaß und sein Bier leerte.
 

Ein paar Pommes lagen noch auf seinem Teller. "Willst du noch? Ich bin irgendwie schon satt."
 

Wortlos verschwanden diese kaum später in Jacks Mund, die letzte aber knabberte er nachdenklich, spannte sich dabei an und legte beobachtend den Kopf schief.
 

Wie ein Erdmännchen auf der Lauer.
 

Beinahe schon niedlich, wäre da nicht diese Schnute, die er zog und sich immer mehr zu einer hässlichen Fratze definierte.
 

"Hast du ein Alien gesehen, oder was soll mir dein Blick sagen?", fragte Kevin sichtlich verwirrt, drehte sich dann aber selber um und erstarrte mitten in seiner Bewegung.
 

Unmöglich.
 

Mit allem hatte er gerechnet, nicht aber damit und schon gar nicht hier.
 

"Denkst du, er hat uns gesehen?", murmelte Jack, nachdem er sich langsam gefasst hatte, sein Gesicht dennoch hinter der Speisekarte versteckte und immer wieder hinter dieser hervorsah.
 

"Ich denke nicht. Er ist mit seinem Handy beschäftigt", stellte Kevin bei genauerem Hinsehen fest und verdrängte es, aufstehen und einfach zu ihm hingehen zu wollen.
 

"Geh zu ihm, ich seh doch, dass du mit dir ringst."
 

Er rang nicht, er kämpfte und dieser Kampf glich jenem aus diesem Drachenfilm, wo am Ende alle gegen den Großen bestritten und gewannen.
 

Wo aber stand er?
 

Mittendrin, daneben oder war er am Ende jener Drache, der verloren hatte?
 

"Jetzt geh schon." Wieder Jack, dieses Mal energischer im Ton und unterstrichen von einem Tritt gegen sein Schienbein.
 

Kevin zischte leise, sah seinen besten Freund böse an, der jedoch aussah, als hätte er einen Geist vor sich stehen.
 

Oder den Drachen, seinen Drachen.
 

Kevin schluckte, er drehte sich langsam um und sah jene braunen Augen, die ihn vor Jahren in den Bann gezogen und nicht mehr losgelassen hatten.
 

"Hat es Jack mal ausnahmsweise die Sprache verschlagen?", fragte Andre keck heraus, schnappte sich einen der Stühle, die noch frei waren und setzte sich dreist neben ihn.
 

Kevin schwieg, ebenso Jack, der einige Male blinzelte. "Du redest? Noch dazu mit uns?"
 

"Für gewöhnlich singe ich ja eher, reden tu ich nur im äußersten Notfall." Andre grinste, dann aber fiel ihm das Glas auf dem Tisch auf und ebenso der Teller.
 

Automatisch sah er zu Jack, auf dessen Hände und schließlich sah er zu Kevin, der ihm automatisch auswich. "Keine Ahnung, was bei euch schiefläuft, aber witzig finde ich das nicht."
 

"Wir finden einiges auch nicht besonders witzig", erwiderte Jack. "Besonders dein Verhalten, deinen Ausstieg und, dass du den Kontakt zu uns abgebrochen hast."
 

Jack sah schließlich zu Kevin. "Von Kevin will ich nicht mal anfangen, denn dann säße ich womöglich noch Jahre hier fest und würde diskutieren."
 

Andre seufzte, das musste ja so kommen, ebenso die Fragen, die wie ein Vorschlaghammer auf ihn niedersausten. "Ich hab mir das auch nicht leicht gemacht."
 

"Du?" Kevin sah ihn das erste Mal wieder an, richtig an und musste vorerst schlucken.
 

Andre wirkte anders, seine Augen hatten nicht mehr dieses Leuchten, sein Lächeln wirkte eingefroren und die Haltung war einfach nur noch steif.
 

Er schien müde, dunkle Augenringe zeichneten sich unter den braunen Augen ab, welche glasig aussahen und gerötet.
 

Kevin wusste, was das bedeutete, es war kein Geheimnis, dass in ihrem Job hin und wieder Gras geraucht wurde und doch wirkte Andre, als würde er das täglich konsumieren und das nicht nur einmal.
 

"Andre, was ist passiert? Du siehst mehr als fertig aus." Sorge schwang in Kevins Blick wieder, ebenso in seiner Stimme und vorsichtig streckte er die Hand aus, welche jedoch harsch weggestoßen wurde. "Fass mich nicht an!"
 

"Kevin wollte doch nur ...", setzte Jack an, doch Andre ließ ihn gar nicht erst ausreden und sprang hastig auf.
 

Zu hastig.
 

Er taumelte, fasste sich an den Kopf und kämpfte gegen den Schwindel an, gegen das Zittern seines Körpers und bekam von seinem Umfeld nur noch wenig mit.
 

Bevor er jedoch zusammenbrach, umfassten ihn zwei starke Arme und fingen ihn auf.

Es reicht

Chrom- Let it go
 

I woke up just for today
 

And it started so confused
 

Too many sorrows in my way
 

I've gotta let it go
 

I don't know how to make my way
 

And I don't really care at all
 

I guess that this is just the day
 

I've gotta let it go
 


 


 

Jack und Kevin tauschten immer wieder besorgte Blicke untereinander aus, dann aber entschloss sich der junge Mann mit Tunnel im Ohr Andres Handy aus der Hosentasche zu ziehen.
 

"Ich schau mal, ob ich ..." Weiter kam Jack jedoch gar nicht mehr, tauchte neben ihm ein Junge auf, der doch eine viel zu offensichtliche Ähnlichkeit mit Andre hatte. "Ist er wieder umgekippt?"
 

"Ähm ..." Jack konnte nicht anders als zu starren und es lag nun eher an Kevin, mit dem fremden Mann vor sich zu reden und zu erklären, was genau vorgefallen war.
 

Geduldig wurde ihm zugehört, verstehend genickt und nicht ein böser oder vorwurfsvoller Blick.
 

Kevin war erleichtert, jedoch immer noch besorgt, als Andre sich langsam zu regen begann und die Augen aufschlug.
 

"Na, wieder wach?", fragte Jack mit einem schiefen Grinsen, doch Andre ging darauf nicht ein, sondern sah seinen Bruder an, der ihn tadelnd ansah.
 

"Jiri ...", murmelte er schwach, versuchte sich aufzurichten und doch wurde er sanft aber bestimmend von Kevin davon abgehalten. "Bleib liegen, du warst einige Minuten ganz weg und wir waren schon kurz davor, einen Krankenwagen zu rufen."
 

"Ich brauch keinen Arzt", fauchte Andre, versuchte dabei Kevin wegzuschieben, sich aus seinen Armen zu befreien und aufzustehen.
 

Kevin hielt ihn davon ab, spürte dabei wie schwach und abgemagert der Andere war und das rief nur noch mehr Sorge in ihm wach. "Andre ..."
 

Keine Reaktion, dafür aber ein Blick, der lange auf ihm lag und den Kevin so nicht kannte.
 

Es war fast, als würde Andre durch ihn hindurchsehen, ihn nicht wahrnehmen oder mitbekommen, dass er da war.
 

Vorsichtig strichen seine Finger durch das schwarze Haar, während er zu Jiri sah. "Weißt du, warum er einfach damals gegangen ist? Ich weiß, es geht mich nichts an, aber ich würde es gerne verstehen."
 

Jiri nickte auf Kevins Frage, dennoch war es nicht seine Aufgabe das zu erzählen, sondern die seines Bruders, der nur langsam begriff, was gesprochen wurde und sich hastig hochhievte.
 

So hastig, dass er mit Kevin zusammenprallte und sich vorerst die Stirn rieb. "Du hast einen ziemlichen Dickschädel, weißt du das?"
 

Kevin lachte darauf hin. "Das weiß ich selber, aber du bist dafür der sture Esel."
 

Jack und Jiri sahen sich an, sie grinsten sogar und doch schwiegen sie und beobachteten die beiden weiterhin.
 

Andre rieb sich nochmals die Stirn, ehe er Kevin gegen den Brustkorb boxte und ihn böse ansah. Es war nicht fest, eher war es ein Stupsen und keinerlei Kraft dahinter.
 

Sein Gegenüber nahm es gelassen hin, es war Spaß und dennoch kam er nicht umhin den Anderen an sich zu ziehen und festzuhalten. "Erzählst du mir nun endlich, was damals in dich gefahren ist?"
 

"Sollen wir euch alleine lassen?", mischte sich Jack ein, doch Andre schüttelte bereits den Kopf, versuchte sich erneut aus Kevins Umarmung zu befreien und knurrte ungehalten auf. "Kannst du mich endlich loslassen?"
 

Vorwurfsvolle Blicke lagen auf Kevin und sofort ließ er den Anderen los, setzte sich zu Jack und Jiri und alle drei sahen zu Andre, der noch mit sich kämpfte, ob es nicht doch die falsche Entscheidung war.
 

Andre biss sich auf die Unterlippe, etwas, was Kevin schon immer an ihm liebte, ihm dabei ganz anders wurde und er Probleme hatte, sich von diesem Anblick loszureißen.
 

Er starrte stattdessen auf den Bierdeckel, der vor ihm auf dem Tisch lag, nahm ihn in die Hand und legte ihn wieder weg.
 

Ganz offensichtlich war er nervös, während Andre angespannt wirkte, sich aber dennoch endlich setzte.
 

"Lass dir Zeit", murmelte sein Bruder leise, strich dabei seinen Rücken, hoch zu seinem Nacken und begann ihn lächelnd zu kraulen.
 

Es half, Andre entspannte, löste sich und doch dauerte es. "Keine Ahnung, wo ich anfangen soll."
 

"Wenn es dir hilft, dann können wir auch einfach Fragen stellen", schlug Kevin vor, wobei ihn nur eine Antwort interessierte und das sei Jahren schon.
 

Jack seufzte darauf hin, ahnte bereits, welche Frage seinem besten Freund auf der Seele brannte und hatte leichte Bedenken, wie er auf die Antwort, wenn sie käme, reagieren würde.
 

Was, wenn sie nicht die war, die er sich erhofft hatte?
 

Sorgenvoll legte sich seine Stirn in Falten. "Erwarte nicht zu viel", murmelte Jack leise an Kevin gewandt, schnappte sich dann aber die Karte auf dem Tisch und warf einen Blick rein. "Wollt ihr was trinken? Ich lad euch ein."
 

"Für mich nichts, danke", erwiderte Jiri auf Jacks Angebot, während sein Bruder sich für ein Wasser entschied und Kevin für eine Cola.
 

Jack selber bestellte für sich einen Kaffee, zündete sich, während er die Bestellung aufgab, eine Zigarette an und hielt Kevin die Schachtel entgegen. "Soll hin und wieder helfen", grinste er.
 

Dankend nahm Kevin an, legte sie jedoch vorerst auf den Tisch und knetete nervös seine Hände.
 

Andre erging es nicht anders, alle Blicke lagen auf ihm, verunsicherten ihn und er fühlte sich alles andere als wohl in seiner Haut. "Mein Augenlicht wird schlechter", begann er schließlich zu erzählen. "Ich müsste eigentlich eine Brille tragen, aber ich kann sie nicht leiden. Sie ist hässlich, macht mich hässlich und ..." Noch bevor Andre weiter reden konnte, griff sein Bruder nach seiner Hand und sah ihn ernst an. "Red dir nicht immer ein, dass du mit Brille hässlich bist."
 

Kevin und Jack sahen sich beide verwirrt an. Andre und hässlich?
 

Wie kam er darauf?
 

Kevin schluckte, er griff doch zu seiner Zigarette und zündete sie an. Jetzt war er am Zug, auch, wenn er Andre eigentlich reden lassen wollte.
 

"Hör mal, Andre", fing er leise an, stoppte kurz, da der Kellner mit den Getränken kam. Kurz wartete er, dann wandte er sich dem schwarzhaarigen Wuschelkopf wieder zu und schmunzelte.
 

Jack ahnte bereits, was folgen würde. Jetzt aber eingreifen war keine gute Idee und somit ließ er seinen besten Freund einfach ins offene Messer laufen.
 

Er hatte es so gewollt und ihm war bewusst, dass das hier kein gutes Ende nahm. Andre wirkte nicht bereit, unsicher, wie ein Tier, welches man in die Enge trieb und gleich ausbrechen und davonlaufen würde.
 

Dennoch legte Jack seine Hand unter dem Tisch auf Kevins Bein und gab ihm so zu verstehen, dass er da war und ihm Halt gab.
 

"Ich will diese Brille nicht", unterbrach Andre die kurze Stille und das so unvorbereitet, dass Kevin heftig zusammenzuckte.
 

"Du musst sie aber tragen und das weißt du."
 

"Ich muss gar nichts."
 

"Willst du blind werden, oder warum sträubst du dich dagegen?
 

"Mir egal. Lieber blind, als hässlich."
 

Blind und hässlich.
 

Zwei Worte, die zu viel waren.
 

"Du bist nicht hässlich. Mit Brille nicht und auch ohne nicht. Wie kommst du überhaupt darauf? Du hast echt nen Schaden, und zwar einen gewaltigen!"
 

"Jack lass es."
 

"Nein, ich lasse es nicht. Ich fange gerade erst an und mir ist es verdammt noch mal egal, was du sagst oder ob das Andre passt." Jack war sauer, er kochte vor Wut und man sah es ihm deutlich an. Er wirkte wie ein brodelnder Vulkan, der erste Asche spuckte und kurz darauf im gewaltigen Ausmaß ausbrach.
 

Kevin schluckte, Andre hingegen sah Jack nicht einmal an. "Lassen wir das. Ich verschwende meine Zeit", murmelte er während er aufstand, jedoch von Jiri festgehalten und streng angesehen wurde. "Du bleibst und wirst dir das jetzt anhören!"
 

Andre zeterte. "Lass mich. Ich will ..."
 

"Du wirst und wenn ich dich festbinde. Immer nur weglaufen ist der falsche Weg", versuchte Jiri es weiter, redete mit Engelszungen auf seinen Bruder ein, der sich beide Hände an die Ohren legte und so tat, als würde er nichts hören. Jiri gab es auf, sein Bruder gab sich wie ein bockiges Kind.
 

Jack hingegen platzte endgültig der Kragen, er griff sich das Glas Wasser auf dem Tisch und schüttete es Andre mitten ins Gesicht. "Kein Wunder, dass sie dich Babygesicht nannten. Du hast nicht nur eins, du bist eins", regte er sich auf. "Und dir rennt Kevin seit Jahren nach? Wofür denn? Dafür, dass du hier sitzt und jammerst wegen einer beschissenen Brille?"
 

"Jack hör auf ..."
 

"Nein, Kevin, ich höre nicht auf. Ich hab die Schnauze voll und ich hab keinen Bock mehr. Schon gar nicht darauf, dass du dir die Nerven wegen eines uneinsichtigen Kleinkindes kaputt machst." Jack war noch nicht fertig, lange noch nicht und ihm war es egal, dass ihn andere Gäste ansahen und zu tuscheln begannen.
 

"Kevin ist seit Anbeginn in dich verknallt, er hat gelitten und das über Jahre. Immer wieder hat er nach dem Warum gefragt, hat sich bei mir ausgeheult, bei Helmut, bei Jerome und letztendlich sogar bei Jim, der dich nicht mal kennt."
 

Immer mehr redete sich Jack in Rage, trieb seinem besten Freund die Schamröte und Andre die Fassungslosigkeit ins Gesicht. Unsicher sahen sich beide an, keiner sagte irgendwas und doch sah Jiri deutlich, dass es in den Köpfen zu arbeiten begann.

Peinliche Aktion

Mohamed Ragab Feat Jaren 'Hear Me'
 

I'm everywhere you step but you step over me
 

every way you look but you don't see
 

and every single thing you say to me goes unanwsered
 

You're just out of reach
 

I can't let you go and I don't know
 

If you could hear me
 

I wish that I could touch you one last time
 

If you could hear me
 

If you could hear me you know that
 

I'm always here as you are on your journey no I'll never dissapear but I wish that
 

I could touch you one last time
 

If you could hear me...
 


 


 

Keiner sprach, alle Augenpaare waren auf Andre gerichtet, der noch immer fassungslos seinen Gegenüber ansah. Vom ersten Tag an sollte Kevin in ihn verliebt sein? Kaum zu glauben, alle Anzeichen dafür standen auf null und wenn Andre ehrlich war, rannten ihm ein paar Jungs zu viel nach. Damals und heute war es sicher nicht sehr viel anders.
 

So viel hatte Andre damals mitbekommen, sich anfangs nicht daran gestört, doch irgendwann kotzte ihn dieses ganze Gehabe einfach nur noch an. Es ging so weit, dass er sich deswegen mit Adam gestritten und anschließend von ihm getrennt hatte.
 

"Andre?" Jiri riss ihn aus seinen Gedanken, lächelte schwach und schob ihm ein Glas Wasser zu. "Du wirkst mir ein wenig zu blass."
 

"Geht schon", nuschelte er, während er verstohlen zu Kevin rüberschielte.
 

All die Jahre hatte er nur Augen für ihn. Wie dumm er war und sicher würden ihn viele darum beneiden. Ein kleines Lächeln huschte über seine Lippen, während er nach dem Glas griff und einen großen Schluck trank. Ob er mit Kevin alleine reden sollte? Irgendwie traute er sich dann doch nicht und wenn er ehrlich war, kannten sie sich privat gar nicht. Er wusste von Kevin nichts und Kevin wusste von ihm nichts. Keine besonders gute Basis, um sich näherzukommen.
 

Andre seufzte leise, leerte sein Glas und kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf. Wie sollte er es bloß anstellen, mit Kevin zu reden? Soweit er wusste, war er noch immer aktiv in seinem Job unterwegs und tingelte von A nach B. Zeit blieb da nicht viel.
 

Und er? Zeit genug hatte Andre, hatte sich seinen Traum erfüllt von einer eigenen Werkstatt und meist fiel er abends total müde in sein Bett. Autos schrauben war anstrengend, aber einfacher im Vergleich zu Kevins Knochenjob. Immer gut aussehen, funktionieren, präsent sein und das machen, was verlangt wurde. Nicht zu vergessen, lächeln, freundlich sein, obwohl man am liebsten an die Decke gehen wollte oder einen scheiß Tag hatte. Genug Gründe, warum Andre aufgehört hatte. Den Hauptgrund behielt er jedoch für sich, hatte nie darüber gesprochen und auch Adam wusste davon nichts.
 

Viel reden war ohnehin nicht sein Ding, wurde ihm gerade wieder bewusst und noch ehe er ansetzen konnte, ergriff Jack das Wort. "Reden soll helfen. In Köpfe können wir schlecht reingucken." Frech zwinkerte er ihm zu und deutete somit an, dass er es nicht böse meinte. Andre nickte lediglich, kannte er die Art doch ziemlich gut noch.
 

"Kannst es ja mit der Bleistiftnummer nochmal probieren. Vielleicht funktioniert es ja." Unterstreichend streckte Andre dem blonden, jungen Mann vor sich die Zunge heraus und taute langsam auf.
 

"Hey, geil, du bist wieder da." Begeistert klatschte Jack in die Hände, feierte den kleinen Erfolg ganz groß und knuffte Kevin in die Seite. Ein Zeichen, dass er sich miteinbringen sollte, Andre weiter aus der Reserve zu locken.
 

"Wir sollten das feiern, aber nicht hier", plapperte er emsig weiter, legte sich bereits einen Plan zurecht und hoffte, Andre würde dem zustimmen.
 

"Was genau schwebt dir vor?", fragte Kevin von der Neugier gepackt, ehe ihm wieder bewusst wurde, dass Jack sein kleines Geheimnis ausgeplaudert hatte. Schlagartig wurde er rot um die Nase, was Andre nicht entging.
 

Also doch. Da waren Gefühle. Anderenfalls würde Kevin sich nicht so genieren und versuchen seine Verlegenheit zu verstecken. Irgendwie süß und wenn er sich nicht irrte, war da vor Jahren eine ganz ähnliche Situation. War er damals nur zu jung und unerfahren, um zu bemerken? Andre biss sich überlegend auf die Unterlippe und genau das machte Kevin wahnsinnig. Damals wie heute. Wenn Andre sich selber biss, dazu diesen Blick draufhatte, dann...
 

Kevin rutschte tiefer in seinen Stuhl, atmete tief durch und versuchte sich die schlimmsten Dinge vorzustellen, um sich nicht gänzlich zu blamieren. Allerdings machte er die Rechnung ohne seinen besten Freund, der ihn gut genug kannte, um zu merken, was gerade passierte. "Oho." Ein fettes Grinsen hatte Jack ebenfalls auf den Lippen, während er dreist auf Kevins Schritt schielte.
 

Dem Blick folgte auch Andre, der erst verwirrt und schließlich selbst verlegen war. Wie peinlich. Kevin klappte das Zelt in der Hose auf und er schien die Ursache dafür zu sein. "Sorry", nuschelte er hastig, drehte den Kopf weg und sah lieber in eine völlig andere Richtung.
 

An sich war der Anblick nicht neu, jedoch Jahre her und beruflicher Natur. Andre hatte es jedenfalls immer geglaubt und jetzt hieß es, er war die ganze Zeit hinter ihm her. Vermutlich auch, als er mit Adam etwas Kurzes am Laufen hatte. Weiterhin Gedanken wollte er sich nicht machen, Jack hatte etwas gesagt, einen Vorschlag gemacht.
 

"Feiern willst du?", wiederholt er zaghaft. "Wann und wo denn?"
 

"Heute nicht mehr", antwortete der blondhaarige Mann ihm und hatte genau erkannt, dass Andre dafür gesundheitlich nicht in der Lage war. "Wir können das die Tage gerne machen, wenn du Lust und vor allem Zeit dazu hast."
 

Von allen Seiten wurde er angesehen, auch von Kevin, der sein Problem in den Griff bekommen hatte und die Antwort kaum erwarten konnte. Hoffentlich sagte er zu, verbrachte ein paar Stunden mit ihnen und was noch wichtiger war, ihm eine neue Chance gab. Er war nervös, rutschte hin und her, griff zur Zigarette und wurde von Andre komisch angesehen.
 

"Rauchst du wieder?"
 

"Nur, wenn ich nervös bin", rechtfertigte Kevin sich wie aus der Pistole geschossen und grinste schief.
 

Andre erwiderte die Worte mit einem Lächeln. "Wie mir scheint, muss ich dich echt neu und besser kennenlernen. Viel weiß ich nicht über dich und du weißt noch weniger."
 

"Dann bist du dabei?", mischte Jack sich hoffnungsvoll ein.
 

"Bin ich. Wann und wo steigt die Party?", wollte Andre wissen, während auch er sich eine Zigarette anzündete und diese langsam rauchte.
 

Kevin und Jack sahen sich kurz an, grinsten über beide Ohren. "Bei mir, also auf dem Hof. Kennst ihn ja noch."
 

Kennen? Wohl kaum, Andre war einmal da gewesen und das war Jahre her. Jack feierte damals seinen zwanzigsten Geburtstag. Viele waren da und wenn er es richtig in Erinnerung hatte, war er nach nicht mal zwei Stunden wieder verschwunden.
 

"Vage, Jack, ganz vage", winkte er deshalb ab, drückte seine Kippe im Aschenbecher aus und stand langsam auf. "Ich finde es aber schon und wenn nicht, frage ich Adam. Er war immerhin ja schon öfter bei dir."
 

Verstehend nickte der junge Mann mit den markanten Gesichtszügen. "Dann sehen wir uns übermorgen, so gegen sieben?"
 

Andre erwiderte darauf nichts, hob aber zum Abschied die Hand und folgte seinem jüngeren Bruder über die Straße. Zurück blieben Kevin und Jack, die kurz darauf die Rechnung verlangten und zahlten. "Denkst du, er kommt wirklich?" Jack sah seinen besten Freund an. Hoffnung schien neu aufzukeimen und inständig hoffte er, dass Kevin nicht wieder auf die Nase fiel.
 

Nochmals würde er das nicht durchstehen. Da konnte er noch so sehr eine Mauer um sich bauen. Irgendwann bröckelte diese und riss ein. Jack legte freundschaftlich den Arm um seinen besten Freund und schmunzelte. "Warten wir es ab."

Fellfreund

Iko - Heart Of Stone
 

Can you keep a secret?
 

Will you hold your hand among the flames?
 

Honey, you're a shipwreck
 

With your heart of stone
 

Can I get a witness
 

To the bruises and the wasted tears?
 

You could dry a river
 

With your heart of stone
 


 

I can breathe
 

I can breathe water, water
 

When you're here with me
 

You're not here with me
 

Can I pry your finger
 

From everything
 

I say and do?
 

And I just can't forget you
 


 

Entspannt lag Jack am Pool, zog besorgt die Sonnenbrille hoch und sah rüber zu seinem besten Freund. Heute schien dieser besonders die Hummeln im Hintern zu haben, lief immer wieder um seine Sonnenliege herum und wirkte dabei recht zerstreut.
 

"Alles okay mit dir? Du rennst seit geschlagenen fünf Minuten im Kreis herum!"
 

Kevin blieb augenblicklich stehen und kratzte sich ertappt am Hinterkopf. Jack kannte ihn zu gut, wusste in etwa, was in ihm vorging und wenn er ehrlich war, war das auch nicht schwer zu erraten. Andre wirbelte wie so oft durch seinen Kopf, beherrschte seine Gedanken und er stellte sich immer wieder die gleiche Frage.
 

Würde Andre heute wirklich kommen?
 

Kevin war unsicher. Es war schwer, jemanden einzuschätzen, den man Jahre nicht gesehen hatte und so gut wie gar nicht kannte. Ein Seufzen verließ daher seine Lippen, ehe sich neben Jack auf die Liegen sacken ließ und diesen unsicher ansah. "Denkst du, er kommt?"
 

Stirnrunzelnd blickte sein bester Freund auf. "Das kann ich nicht genau sagen, aber gib die Hoffnung nicht auf. Würde er nicht kommen und den Kontakt meiden, hätte er dich längst auf Instagram blockiert."
 

Verstehend nickte Kevin und doch sah er immer wieder Richtung Hof. Vielleicht richtete Andre es früher ein, kam unerwartet und überraschte sie? Hör auf, so zu denken, tadelte er sich schließlich selbst und blies mürrisch dabei die Wangen auf. Jack, dem das nicht verborgen blieb, fing lautstark an zu lachen und boxte ihm freundschaftlich in die Seite. "Bocken kannst du."
 

"Ja, ja", erwiderte Kevin kleinlaut, ehe sich seine Laune schlagartig änderte. Seine Augen begannen zu leuchten, seine Haltung ging in eine entspannte über und sein Lächeln wurde immer breiter.
 

Andre war gekommen, hatte sich tatsächlich auf den Weg gemacht und schritt lässig auf seine beiden alten Kollegen zu. "Hey", grüßte er und ließ sich schließlich neben Jack nieder.
 

"Wow", entfuhr es diesem vorerst. "Du bist ernsthaft hier. Hätte ich ja nicht erwartet."
 

"Mein Bruder hat mich genötigt", erwiderte Andre so ernst, dass Kevin es ihm direkt abkaufte und sich enttäuscht eine Flasche Bier griff. "Das war ein Scherz", lachte er kaum später auf, ließ es sich nicht nehmen, dem anderen in die Seite zu knuffen und erneut zu lachen. "Du bist ziemlich empfindlich, echt jetzt."
 

Kevin antwortet vorerst nicht und musste die Worte erstmal sacken lassen. Jack hingegen war schneller, packte sich Andre und brachte ihn unter sich auf die Liege. Triumphierend blickte er auf ihn herab. "Eigentlich wollte ich dich in den Pool schmeißen, aber so mies bin ich dann ja doch nicht."
 

Sichtlich erleichtert atmete der Untenliegende auf, ehe er heftig zusammenzuckte und anfing zu lachen. Beobachtet wurde er dabei von Kevin, der nur breit grinste, nicht einschritt und auch nicht, als Jacks Hund dazukam und Andre einen seiner besonders Hundeküsschen gab. Einmal quer durchs Gesicht geleckt, dann ließ er ab, setzte sich brav neben die Liege und ließ es zu, dass Kevin ihn streichelte. Andre hingegen sah erst zu den beiden, dann wieder rauf zu Jack. Dessen Hände lagen gefährlich an seiner Seite, an jenen Stellen, wo er extrem kitzlig war.
 

Er ahnte, was folgen würde, versuchte abwehrend die Hände zu heben und sich zu ergeben. "Gnade", lachte er, doch diese kannte Jack nicht und kitzelte erbarmungslos seinen alten Kollegen durch.
 

Das helle Lachen seitens Andre veranlasste Bingo dazu, näherzukommen, diesen zu beschnuppern und abzulecken. Immer und immer wieder, bis Andre nass im Gesicht war und der Hund zufrieden. Freudig wedelte er nach getaner Arbeit mit dem Schwanz, beobachtete aber sehr genau, was sein Herrchen tat.
 

Jack kitzelte eine ganze Weile, blickte zu Kevin, der weder einschritt noch sich daran beteiligte. Er sah nur zu und trank sein Bier. Kopfschüttelnd gab der blonde Mann mit dem auffälligen Tunnel im rechten Ohr auf, löste sich von Andre und stand auf. "Auch Bier?", wollte er wissen, worauf der Dunkelhaarige nickte und sich langsam aufrichtete.
 

"Sind wir nur zu dritt, oder kommt noch jemand?", fragte Andre, nachdem er Jack das gereichte Bier abnahm.
 

"Max kommt noch", erwiderte Jack, setzte sich zu Kevin auf die Liege und streichelte seinem Hund über den Kopf. "Du kennst ihn und bevor du fragst, wir sind zusammen."
 

Zusammen? Jack hatte einen Partner? Kaum zu glauben, er galt immer als Rebell, der nichts anbrennen ließ und dann noch Max. Unglaublich in seinen Augen und doch lächelte er. "Tja, Gegensätze ziehen sich wohl an, hm?"
 

Eifrig nickte Jack, während er sein Bier öffnete und einen Schluck nahm. "Und bei dir? Single oder ist da jemand?", fragte er frech nach und stieß Andre kumpelhaft an.
 

"Single, da ist niemand", antwortete dieser so schnell, dass Jack Zweifel kamen. "Nicht mal verknallt?"
 

Damit hatte er ihn. Andre schielte verstohlen in seine Flasche, wich ihm aus und bei genauem Hinsehen erkannte Jack die zarte Röte auf den Wangen. "Aha, also ist da jemand, den du interessant, sexy und anziehend findest."
 

Andre antwortete nicht sofort darauf und das war Jack genug der Antwort. "Wusste ich es doch. Anderenfalls wärst du nämlich nicht gekommen."
 

"Jack!" Entsetzt sah Kevin seinen besten Freund an, während sich Andre an seinem Bier verschluckte, kräftig hustete und erst aufhörte, als ihm jemand auf den Rücken klopfte.
 

"Wie ich sehe und höre, hast du mal wieder übertrieben, Darling." Letzteres Wort betonte Max zuckersüß, grinste frech und nun war es sein Freund, der empört tat und für Gelächter sorgte.
 

"Wann ist die Hochzeit und wer streut Blumen?", fragte Andre frech heraus, hatte Gefallen gefunden indessen Jack ärgern zu können und bekam sogar Unterstützung von Kevin, der lachend auf Bingo deutete. "Der streut Blumen oder er begleitet Jack zum Altar."
 

"Gute Idee und wenn er nicht pariert, jagt Marty ihn durch die Kirche." Sofort lachten die beiden, erinnerten sich an alte Zeiten und daran, wie ein mehr als kritischer Fotograf gerne einen der Jungs durch Gärten gejagt hatte. Meist, weil sie Unfug betrieben, nicht hörten oder einfach provoziert hatten.
 

"Witzig." Jack strafte beide mit bösen Blicken, wurde jedoch sofort handzahm, als Max sich auf seinen Schoss setzte und ihm den Nacken kraulte.
 

"Dein Hund färbt ab." Frech grinste Andre, wich seinem alten Kollegen schon aus und stutzte, als dieser anfing, mit Max zu tuscheln.
 

Verstehen konnte er nichts, aber Andre bemerkte deutlich, dass beide immer wieder zu Kevin sahen und dann zu Jacks Hund. Planten die beiden irgendwas? Misstrauisch legte er den Kopf schief, lehnte sich weiter zurück und beobachtete skeptisch das junge Paar. Zu gerne wüsste er, was die beiden ausheckten und er war sich sicher, dass es irgendwas mit Kevin zutun hatte.
 

Vorsichtig schielte Andre zu diesem rüber, sah aber schnell wieder weg, als dieser seinen Blick erwiderte. Peinliche Stille herrschte zwischen den beiden und das bemerkte auch Max. Kurz überlegte er, dann erhob er sich von seinem durchaus bequemen Platz und schritt zu Kevin. "Komm mal mit", bat er ihn leise, während Jack an Andre herantrat.
 

Kurz wartete er, vergewisserte sich, dass sie außer Hörweite waren und setzte sich anschließend neben Andre. "Man merkt, dass da etwas ist. Warum springst du nicht über deinen Schatten?" Abwartend auf eine Antwort, trank Jack sein Bier leer, nahm sich ein neues und grinste. "Auch noch eins? Soll die Zunge ein wenig lockern."
 

"Ich weiß nicht", fing Andre unsicher an, stellte die Flasche auf dem Boden ab und erhob sich. "Ich hätte vielleicht doch daheim bleiben sollen."
 

"Nichts da. Ich seh das doch und bin nicht blind", versuchte es Jack nochmals.
 

Andre seufzte. "Mag sein, dass du nicht blind bist, aber ich kann das nicht. Kevin arbeitet noch immer in seinem Job, ich hingegen arbeite in einem ganz anderen Bereich und da liegen Welten dazwischen." Er griff wieder zur Flasche, leerte sie und sah Jack entschuldigend an. "Denkst du, dass mache ich mit? Mich hat das damals schon fertig gemacht und genau deswegen habe ich aufgehört."
 

Erstaunen machte sich in Jacks Gesicht breit. "Komm schon, wir machen das nicht für die nächsten Jahre. Kevin hat schon Angebote bekommen, hinter der Kamera zu arbeiten. Denkst du nicht, er hat genug gelitten? Er rennt dir seit Jahren nach, konnte dich nie vergessen und hat jeden abgewiesen, der ihm zu nahe kam. Er hat eine Chance verdient. Ihr habt es verdient. Du und er, ihr beide gehört zusammen und das nicht vor der Kamera."
 

"Ich kenne ihn..."
 

"Keine Ausreden mehr, lernt euch neu kennen und probiert es einfach aus. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt." Jack zwinkerte Andre zu und in genau dem Moment kamen auch Max und Kevin zurück.
 

"Alles klar bei euch?", wollte der junge Mann mit Brille wissen, kam näher und auch Kevin schritt näher auf die beiden zu. Nahe genug für Jack, der plötzlich zu pfeifen anfing und seinen Hund auf den Schirm rief. Bingo war nicht nur ein treuer Freund, sondern auch ein stürmischer Zeitgenosse und sprang Kevin direkt von hinten an, dass dieser nach vorn und gegen Andre taumelte. Viel fehlte nicht und beide wären zu Boden gegangen.
 

Bingo bellte zufrieden, lief um die beiden herum und holte sich schließlich sein verdientes Leckerchen bei Jack ab. Grinsend sah dieser zu seinen Freunden. "Sorry, aber irgendwer muss nachhelfen. Ihr zwei kriegt echt nichts auf die Kette."

Blockiert

Diesmal wird es für immer sein
 

Auch diese Wunde wird verheilen
 

Ich reiße mich los, muss mich befreien
 

Denn unser Schicksal holt uns ein
 

Verzeih mir – bleib bei mir!
 

Und ich sagte noch Vergissmeinnicht
 

Ich schenk dir zum Abschied
 

Ein letztes Licht
 


 

Eisbrecher - Vergissmeinnicht
 


 

Jacks Worte hallten noch lange in den Köpfen aller wieder und es war Kevin, der nach einer Weile den Mut fasste und zu Andre sprach. "Wir sollten reden und das ohne die beiden Lästermäuler hier." Unterstreichend grinste er speziell Jack an, schnappte sich dann aber zwei Flaschen Bier und wartete, dass Andre ihm folgte.
 

Tatsächlich erhob er sich, schritt langsam hinter Kevin her und drehte sich in einiger Entfernung nochmals zu Max und seinem Freund um. Ein breites Grinsen erschien auf Jacks Lippen, während Max aufmunternd nickte und eine Geste machte, die zu verstehen gab, dass es in Ordnung war.
 

"Kommst du, oder muss ich die zwei Flaschen alleine trinken?"
 

"Was?" Verwirrt drehte sich der dunkelhaarige, junge Mann um, blickte direkt in Kevins blaue Augen und musste kurzzeitig schlucken. Ihm war, als würde er in die Vergangenheit geschleudert, an jenen Tag zurück, als er sich genau in diese Augen verliebt hatte. Sogar die feuchtwarme Hitze des Klimas schien er zu spüren. Rauschen von Wasser drang an sein Ohr. Welches Duschgel hatte Kevin nochmal genutzt? Andre versuchte sich den Geruch zurückzuführen, doch es gelang ihm nicht.
 

"Wo bist du mit deinen Gedanken hin?" Eine vertraute Hand fuchtelte vor seinen Augen, holte ihn ins Hier und Jetzt zurück und einen Moment brauchte er.
 

"Bali", murmelte er und versetzte sein Gegenüber ins Staunen. "Bali? Wieso denn Bali?"
 

"Weiß nicht", log Andre rasch, klaute Kevin eine der Flaschen und schritt schon vor zum Gatter der Pferde.
 

"Hey, warte auf mich!" Hastig eilte er ihm nach, holte ihn aber nicht mehr ein und stellte sich mit Abstand neben ihn. Ruhig sahen beide auf die Pferde, dann öffneten sie ihr Bier und nahmen einen Schluck. "Also, was ist jetzt mit Bali?", fragte Kevin erneut nach.
 

Andre seufzte. "Du bist hartnäckig."
 

"Nein, nicht wirklich", gab Kevin offen zu. "Wäre ich das, hätte ich den Kontakt zu dir gesucht und nicht aufgegeben." Eine leichte Röte legte sich auf seine Wangen, während er starr gerade aussah und einem Fohlen beim Spielen zusah.
 

Andre hingegen war erstaunt. Mit allem hatte er gerechnet, nicht aber damit, dass Kevin so offen zu ihm sprach. "Ich wäre schwer zu finden gewesen und das weißt du", erwiderte er ruhig, ehe er seine Zigaretten aus der Hosentasche fischte und sie seinem alten Kollegen hinhielt.
 

"Ohne Max wäre ich aufgeschmissen", gab Kevin kleinlaut zu, während er sich einen Glimmstängel nahm. "War wie die Suche nach der Bundeslade."
 

Andre lachte leise. "Nicht der heilige Kral?"
 

"Vielleicht eher die Reichsinsignien?" Laut lachten die beiden jungen Männer. Es tat gut einfach zu reden, ein wenig Blödsinn zu machen und zu merken, dass man über den gleichen Mist lachen konnte.
 

"Und jetzt? Wie soll es weitergehen?" Eine Frage, die Kevin unter den Nägeln brannte, auf die er nur zu gerne, eine Antwort hätte und darauf hoffte, es gäbe so etwas wie eine gemeinsame Zukunft.
 

Andre nahm einen tiefen Zug seiner Zigarette, stieß den Rauch in kleinen Kringeln aus und schien zu überlegen. Sollte es überhaupt weitergehen? Wie stellte Kevin sich das überhaupt vor so zwischen Job, herum tingeln in der Weltgeschichte und dem wenigen Urlaub im Jahr? Kam er da nicht etwas zu kurz oder erwartete Kevin ernsthaft, dass er mit auf Reisen ging?

Ein netter Gedanke, wirklich, aber schlecht umsetzbar. Andre hatte sein eigenes Standbein, seine Werkstatt und die lief ohne ihn nicht.
 

Urlaub machen war da ganz schlecht und was sollte er dann machen? Kevin beim Dreh seiner Filme zugucken und am Ende noch das Gerede ertragen, wie heiß er mit seinen dreißig Jahren noch war? Wirklich Lust hatte er dazu nicht.
 

"Können wir es nicht so belassen, wie es gerade ist? Einfach Bekannte und alte Kollegen sein?" Die Frage fiel Andre sichtlich schwer, er wagte es kaum den Anderen anzusehen und würde am liebsten zurück zu Jack und Max zurückgehen. Doch weglaufen war keine Option, verstecken ebenso. Kevin würde ihm folgen, festhalten und genau davor hatte er Angst.
 

"Keine Freundschaft?", fragte dieser bereits zögernd nach und Andre wusste genau, dass wenn der andere so sprach, dass er enttäuscht war. Etwas, was er damals schnell gelernt und nie vergessen hatte. Und auch so ziemlich das Einzige, was er von Kevin richtig wusste.
 

"Wir kennen uns kaum, um wirklich Freunde zu sein. Wie soll das denn funktionieren?", erwiderte Andre gewissenhaft.
 

"Man kann sich kennenlernen."
 

"Aja und wie soll das bei deinem Job gehen? Durch Internet und Handy? So alle paar Monate mal sehen, oder etwas unternehmen?", wollte Andre etliche Fragen auf einmal beantwortet haben und überforderte ihn.
 

"Dachte ich mir, dass du darauf keine Antwort findest und genau deswegen würde auch keine Beziehung oder irgendwas in diese Richtung funktionieren", murmelte Andre, nachdem er eine Weile gewartet hatte und Kevin buchstäblich die Worte im Halse hängenblieben.
 

Ohne weiter zu warten, stieß sich Andre vom Gatter ab, schritt zurück zu Jack, der ihn bereits zu erwarten schien. "Und, wie ist es gelaufen?" Neugierig musterte er seinen alten Kollegen, stellte aber schnell fest, dass die Fronten keineswegs geklärt waren. "Hmm okay", nuschelte er und hielt Andre eine neue Flasche hin. "Willst'e darüber reden?"
 

Kopfschüttelnd winkte er ab, lehnte sogar das Bier ab und hielt es für besser zu gehen. "Ich kann das alles einfach nicht. Tut mir leid", verabschiedete er sich und ließ einen verwirrten Max und einen enttäuschten Jack zurück.
 

"Willst du ihn nicht aufhalten?"
 

"Nein, er ist ein Sturkopf und da bringt das nichts", seufzte Max, der Andre besser kannte, aber nicht wirklich schlau aus dessen Verhalten wurde. "Ich werde später vielleicht kurz mal Michal anrufen. Vielleicht kann er da noch was drehen."
 

"Wie du meinst", sprach Jack ernst, sah auf und direkt in das blasse Gesicht seines besten Freundes. Ohne groß zu überlegen, stand er auf, nahm das Häufchen Elend in die Arme und kaum hatte er das getan, ließ Kevin seinen Tränen freien Lauf. Max beobachtete die Szene schweigend, dann aber entschied er sich beide alleine zu lassen.
 

Eine ganze Weile hielt Jack seinen Freund im Arm, dann löste er sich und führte ihn zu einer der Sonnenliegen. "Lass ihm Zeit. Ich denke, er war vielleicht noch nicht so weit."
 

Von Kevin kam lediglich ein Nicken, während er sein Handy aus der Hosentasche zog, es wieder wegsteckte und das Spiel so lange wiederholte, bis Jack es ihm wegnahm. "Lauf ihm nicht nach, das macht alles nur noch schlimmer, hörst du?"
 

"Was soll ich denn sonst machen?"
 

"Ihn aufgeben. Lass ihn ziehen und schau nach vorn", antwortete Jack ehrlich, auch, wenn er lieber geschwiegen hätte. Die Worte mussten wehtun, etwas bewegen und Kevin nochmal in Watte packen war keine gute Idee.
 

"Ich kann ...", setzte Kevin bereits an, doch Jack war schneller, hielt ihm das Handy unter die Nase und den Beweis, dass es besser war, endlich loszulassen. "Sieh hin, Kevin. Er hat dich blockiert. Er ist nicht bereit. Nicht jetzt und auch nicht in Zukunft!"

Abstand

Open my grave andlet the sunshine in
 

I am just a lost soul
 

Help me to grow,show me the way into your heart
 

Oh, can't you see how I'm dying?
 

I've got noreason to be proud,drink this water aroundme before I drown
 

God save the Queen, but why can't God save me
 

All the flowers die tonightTear drops falling down my faceand all the candles lose their flames
 

And the more we grow,the less we knowuntil the timewe lose it all
 

Look at me now,I'm broken and empty
 

Why does it alwaysrain on me?
 

Give me your heartso I can live
 

Negative - Lost Soul
 


 

Erneut hatte er es getan, Kevin blockiert und damit Jack auf keinen dummen Gedanken kam, diesen mit Max gleich mit. Es ging einfach nicht, sein Leben und das seiner ehemaligen Kollegen passt nicht zusammen. Andre hatte seine Werkstatt, sein Baby, seine Autos und Hunde und alles andere war zu viel. Jedenfalls redete er sich das ein und es war gut so, wie es war. Jiri war Ersatz genug für alles. Zum Reden war er da, um Halt zu geben, Blödsinn zu machen und um die Häuser ziehen. Der perfekte, kleine Bruder, der ihm so oft wie ein großer vorkam. Jiri war oft in Sorge, tadelte, schimpfte und es kam vor, dass er ihn ungehalten einfach anbrüllte, weil es ihm zu viel war.
 

In letzter Zeit kam das oft vor und nicht nur Jiri überstieg Grenzen, sondern auch Adam, der sich immer wieder unangemeldet breitmachte. Es war okay für Andre, Adam war sein bester Freund und das seit Jahren. Zusammen hatten sie viel durchgemacht, erlebt und irgendwann waren sie sogar mehr als nur Freunde. Eine zarte Liebe entstand, wurde auf viele Proben gestellt und am Ende scheiterten beide daran. Zu oft, zu dicht aufeinander. Damit aber nicht genug. Adam zeigte immer wieder Eifersucht, telefonierte ihm sogar nach und am Ende tauchte er ungefragt am Set auf.
 

An sich kein Problem, aber Adam hatte übertrieben, sich sogar mit Marty angelegt, als dieser sich schützend vor ihn gestellt hatte. Alles sah danach aus, als würde er auf den sonst so lustigen Pausenclown, den Andre damals gerne vorgab, losgehen und das wollte der strenge Regisseur verhindern. Nie war es ein Geheimnis gewesen, dass Andre sein Liebling war, er geschützt wurde und auch gerne mal wie ein rohes Ei behandelt wurde. Noch heute hatten beiden Kontakt, doch das behielt Andre für sich und auch Marty gab sich bedeckt. Schwer seufzte er, stieg in seinen Wagen, drehte die Musik auf, legte den Rückwärtsgang ein und verließ den Hof. Laut drangen die ersten harten Beats von Darren Porter durch die Lautsprecher, schlichen sich in seine Ohren und stellten den sonst so scheuen, jungen Mann auf feiern um.
 

Party machen, saufen, die Sau herauslassen und vergessen. Das war genau das, was er brauchte und dafür wäre Adam bestens geeignet. Vielleicht auch Jiri ... wobei? Sicher würde er sich wieder aufspielen, ihm den Spaß verderben und mit Engelszungen auf ihn einreden, den Unfug sein zu lassen. Wer war er denn, sein Babysitter? Richtig, er war sein Bruder! Jiri war verdammt noch mal sein kleiner Bruder und nicht sein Bodyguard. Wütend darüber drehte Andre die Musik lauter, so laut, dass der ganze Wagen vibrierte und man unmöglich das Martinshorn hören konnte. "Fahr zur Hölle", zischte er. "Schieb dir deine Moralpredigten in deinen jungfräulichen Arsch!"
 

Hässliche Worte, die er von sich gab, beinahe schon brüllte und ihm leidtun sollten. Das taten sie jedoch nicht. Kein Wort ließ sein Herz schmerzhaft zusammenziehen. Mehr löste sich endlich ein Knoten, der sich die letzten Wochen eng um seine Sichtweise gelegt hatte. Es war befreiend, fühlte sich richtig und gut an. Andre lachte freudlos auf. "Fick dich, Jiri!" Ein paar mal wiederholte er diese Worte wie ein Mantra, schlug erzürnt auf sein Lenkrad und beruhigte sich langsam. Tief atmete er durch, fuhr weiter Richtung Domažlice und unterließ weitere Schimpftiraden, die sein Bruder ohnehin nicht hören würde.
 

Jiri ahnte nicht einmal, dass er schon zurückkam, die Party wie so oft vorzeitig verlassen und sämtliche Kontakte abgebrochen hatte. Darüber müsste er so oder so mit ihm sprechen. Andre kannte seinen kleinen Bruder, wusste, dass er ihm alles an der Nasenspitze ansah und keine Ruhe gab, ehe er nicht über alles Bescheid wusste. Damit nicht genug, Adam wäre der nächste, der seine Nase mal wieder in sein Problem steckte und verdammt, er konnte schlimmer dramatisieren, als Jiri es je getan hatte. Ärger gab es so oder so. Andre roch diesen bereits kilometerweit. Lange würde es nicht dauern, bis Adam auf der Matte stand. Genervt verdrehte Andre kurz die Augen, bog die nächste Straße links ab, fuhr die schmale Straße nach oben und parkte, nachdem er sein Ziel erreicht hatte, seinen silbernen BMW vor seinem Haus.
 

"Du bist schon zu Hause? Ich dachte, du bleibst über Nacht weg?", sprach ihn eine weibliche Stimme an und er wusste genau, zu wem diese gehörte. Die Freundin seines Nachbarn und einem alten Kollegen.
 

"Ich bin abgehauen, wie so oft", gab er ehrlich zu, sah die junge, blonde Frau jedoch nicht an und wusste auch so, dass sie ihn skeptisch musterte.
 

"Warum war mir das von Anfang an nur klar?", grummelte Radka, trat langsam auf ihn zu und legte die Hand behutsam auf seine Schulter. "Magst du reden? Soll ich Nivek rüberschicken, oder jemanden anrufen?"
 

"Ich weiß nicht", murmelte Andre niedergeschlagen, ließ mit einem Mal den Kopf hängen und fühlte sich wie ein kleiner Junge, den man beim Klauen erwischt hatte.
 

"Soll ich ...", fing Radka an, doch sofort schnitt Andre ihr das Wort ab. "Auf gar keinen Fall Adam. Schick von mir aus Nivek rüber, aber bitte ruf weder meinen Bruder noch Adam an. Ich ertrage beide nicht. Heute jedenfalls nicht."
 

Verstehend nickte die junge Frau, holte darauf hin ihr Handy aus der Hosentasche und schrieb ihrem Freud eine kurze Nachricht, dass er gebraucht wurde. Lange brauchte Nivek nicht, wohnte keine vier Meter neben Andre und hatte schnell dessen Haus erreicht. Von Weitem sah er schon, dass es ihm nicht gut ging und genau dafür hatte er das Richtige einstecken. Kurz begrüßte er seine Freundin mit einem Kuss auf die Wange, dann trat er auf Andre zu.
 

"Du siehst echt scheiße aus", stellte er fest. "Na komm, wir gehen rein. Hab auch was dabei." Gut gelaunt zwinkerte er Andre zu, hörte dann jedoch die mahnende Stimme seiner Freundin. "Übertreibt es nicht. Besonders du, Andre!"
 

"Ja, Mama", erwiderte dieser sarkastisch, stapfte zur Haustür und schloss auf.
 

"Lass ihn. Ihm gehts echt scheiße", wandte Nivek sich nochmals an Radka, folgte Andre dann aber ins Haus und kopfschüttelnd blickte die junge Frau den beiden nach. Sie beschlich ein ungutes Gefühl. Sicher übertrieb Andre wieder und Nivek würde ihn nicht davon abhalten. Die beiden zusammen ging fast nie gut, doch in Anbetracht seiner Stimmung wollte sie es heute dabei belassen. Für den Notfall hätte sie so oder so einen Schlüssel, konnte sich vergewissern, dass alles in Ordnung wäre. Radka warf einen letzten Blick auf das Haus, drehte sich um und ging rüber, um ein wenig im Garten zu arbeiten.

Raus aus dem Kopf

Einiges an Gras wurde konsumiert, vernebelte die Sinne, ließ vergessen und nicht mehr klar denken. Andre war es egal, ebenso der ganze Alkohol, der in ihn floss, als sei es pures Wasser. Nivek ließ ihn machen, wusste ganz genau, was der Andere durchmachte und fühlte den Schmerz. Es war kein Geheimnis, was Andre empfand und für wen. Oft genug hatte er damals am Set mitbekommen, wie heimliche Blicke folgten, nervöses Lächeln und doch hatte Kevin keine Ahnung, dass alles ihm galt. Wie sollte er das auch merken? Ihm klebten sämtliche Kollegen buchstäblich am Arsch und Nivek wusste leider auch, dass es dabei nicht geblieben war. Jack musste nur mit dem Finger schnippen und schon sprangen die beiden ins nächstgelegene Bett oder hinter den Baum.
 

Freudlos lachend kippte der braunhaarige Mann ein weiteres Bier herunter und ärgerte sich, dass ihn das noch immer störte. Er sollte glücklich sein, Radka zu haben, die wirklich alles hinnahm und akzeptiert hatte. Nicht oft kam es vor, dass eine Frau oder generell jemand seinen Job akzeptierte. Im Gegensatz zu Andre war er nämlich noch immer in diesem aktiv und verdiente damit sein Geld. Ferne Reisen unternahm er keine mehr, Radka erwartete ein Kind und die Geburt wollte er auf gar keinen Fall verpassen. Er pendelte also zwischen Domažlice und Prag und war zufrieden, wie es war. Er sollte jedoch aufhören über sich und sein Leben nachzudenken, es ging um Andre, seinen Nachbarn und guten Freund.
 

"Willst du reden?", wandte sich Nivek an seinen Freund, blickte ihn von der Seite an und stellte fest, dass er bereits ziemlich benebelt war. Ob nun vom Gras konsumieren oder Alkohol war völlig egal. Eine Antwort würde also eher nicht mehr kommen. Auch gut, dann würden sie einfach dasitzen, schweigen und den Tag ausklingen lassen.
 


 

Tage verstrichen so, dann Wochen und irgendwann hatte Radka genug davon. Andre war kaum noch ansprechbar, wirkte immer wieder abwesend oder so, als wäre er ganz weit weg. Die Werkstatt lief zwar, aber das war mehr der Verdienst seiner Angestellten und nicht seiner. Sogar Anrufe seitens Adam wurden hartnäckig blockiert, ebenso jene, die von seinem Bruder stammten. Jiri war jedoch ganz anders, er ließ sich nicht abspeisen oder gar ignorieren. Im Gegensatz zu Adam war er verbissen darauf, seinem großen Bruder zu helfen und verschaffte sich schließlich mit seinem Notschlüssel Zugang zu dessen Haus. Bevor er es aber betreten konnte, hielt Nivek ihn davon ab. "Lass es lieber, dein Bruder lässt sich derzeit nicht helfen."
 

Die wenigen Worte machten Jiri sauer. "Ach, was du nicht sagst. Mir ist es jedoch nicht egal, dass er sich nicht helfen lässt."
 

Nivek seufzte und hielt den Jüngeren an der Schulter fest. "Es wird nichts bringen."
 

Zornig riss Jiri sich los und drehte sich um. "Er ist mein Bruder. Ich werde ihn nicht, wie deine Freundin, im Stich lassen!" Unterstreichend ballte er die Fäuste, wollte bereits auf Nivek losgehen und wurde hastig von seinem eigenen Vater zurückgehalten. "Er hat recht. Andre muss sehen, dass keiner mehr da ist. Entweder wacht er von selber auf, oder er geht den Bach runter."
 

Und solch eine verletzende Aussage aus dem Munde seines Vaters. Jiri war fassungslos, schluckte die Worte, die ihm auf der Zunge lagen, herunter und stapfte enttäuscht ins Haus. Die Haustür schlug er absichtlich laut hinter sich zu, ehe er langsam das Wohnzimmer betrat, in dem er seinen Bruder vermutete. Zuvor musste er sich durch eine Berg an Müll kämpfen, hielt sich dabei die Nase zu und stieg, bevor er das Sofa erreichte über mehrere Pizzakartons.
 

Kurzum, es herrschte nicht nur Chaos im Kopf seines Bruders, sondern auch in dessen Haus. Jiri seufzte. Hier würde ein ganzes Stück Arbeit auf ihn warten. Sein Bruder wäre derzeit nicht in der Lage hier aufzuräumen und Jiri alleine würde es nicht schaffen.
 

"Fuck", stieß er leise aus, sah sich nochmals um und hielt es für besser, Adam zu involvieren. Er war nicht nur Andres bester Freund, er kannte ihn auch am besten. Er würde nicht urteilen. Auch dann nicht, wenn andere bereits aufgegeben hatten.
 

Hilf mir bitte. Andre geht es mehr als beschissen.
 

Worte, die er schnell getippt und letztendlich abgeschickt hatte. Nun konnte Jiri nur hoffen und abwarten, dass Adam sich bereiterklärte, ihn zu unterstützen. Ungeduldig blickte er auf sein Handy, dann zur Uhr, die über der Wohnzimmertür hing. Minuten verstrichen ohne besondere Vorkommnisse. Es war, als würde die Welt kurz anhalten, nur um sich gleich darauf noch schneller zu drehen. Nervös knetete Jiri seine Hände, dann hörte er ihn.
 

Adam war tatsächlich gekommen, stand auf dem Hof und legte sich verbal mit seinem Vater an. Mutig, das musste er ihm lassen und angespannt verfolgte Jiri das Schauspiel, welches nicht lange dauerte. Adam hatte bald genug, ließ Vladimir einfach stehen und schritt wie ein wild gewordener Gorilla auf das Haus zu. Kurz darauf klingelte er auch schon Sturm und hämmerte unterstreichen mit der Faust an die Tür. Adam schien mehr als sauer zu sein, was Jiri verstehen konnte und doch lief er schwer schluckend durch den Flur und öffnete ihm.
 

"Hey, schön, dass du gekommen bist", murmelte er leise, doch er bekam nur ein lautes Brummen zur Antwort.
 

Jiri beließ es dabei, Adam konnte man nur so nehmen, wie er sich gab und jetzt einen Streit vom Zaun brechen, würde seinem Bruder auch nicht helfen. Im Gegenteil. Adam war immer noch eine wichtige Stütze, sein bester Freund und würde dieser gehen ...
 

Jiri wollte sich das nicht ausmalen. Nochmals seufzte er, setzte seinen Weg fort und betrat das Wohnzimmer erneut. Adam hatte zumindest schon angefangen, die Pizzakartons auf die Seite zu schieben und saß bereits bei Andre auf dem Sofa.
 

"Wo sind die Hunde?", wollte der in die Breite gewachsene Mann wissen und sah sich um.
 

"Bei unserer Mutter", erwiderte Jiri, während er den Sessel gegenüber der Couch leerräumte und sich setzte.
 

"Gut, gut", nuschelte Adam, zog ganz langsam die Decke weg und sah Andre mit weit aufgerissenen Augen an. Er schien zu schlafen, sah aber ungesund blass aus und eingefallen. "Wann hat er das letzte Mal etwas gegessen?"
 

"Ich weiß es nicht. Er hat mich ganze sieben Tage nicht an sich gelassen." Bedrückt sah Jiri zu Boden. Er hatte versagt, hätte sich eher kümmern müssen und nicht erst dann, als seine Mutter Alarm geschlagen hatte. Blanka war zuvor hier gewesen, hatte Andre seine beiden Hunde zu sich geholt und ihn dann sich selbst überlassen. Eine harte Maßnahme, aber nur auf den ersten Blick. Sie hatten das einmal schon durchgemacht und es hatte geholfen, seinen Bruder aus dieser Sucht zu befreien. Jedoch nur kurz.
 

Jiri erinnerte sich. Andre war zwei Wochen ohne Gras ausgekommen und dann trafen sie Jack und diesen Kevin. Den beiden wollte er keinen Vorwurf machen, sie wussten es nicht besser, sie ahnten nicht, was in Andre vor sich ging. Damals nicht und heute erst recht nicht.
 

"Seit wann nimmt er das Zeug wieder?", wollte Adam wissen.
 

"Seit einigen Wochen und das mehrmals täglich. Radka hat es mir gesagt, bevor sie Andre aufgeben hat."
 

Verstehend nickte Adam, blickte auf den kleinen Tisch vor sich und erhob sich. "Bleib du bei ihm, ich räume die Scheiße hier weg." Kurzerhand griff er sich die Bong, alles andere und packte es in einen großen Müllsack. Pizzakartons gesellten sich dazu und ebenso Essensreste aus der Küche, die bereits Schimmel angesetzt hatten. Dann öffnete er die Fenster, ließ frische Luft hinein und brachte den Müll gleich raus. Dabei wurde er komisch von Nivek angesehen, aber auch von Andres Vater. Keiner machte Anstalten ihm zu helfen und das ärgerte Adam enorm.
 

"Dass ihr euch ..." Adam hielt inne, hörte plötzlich den verzweifelten Schrei Jiris, der direkt durch Mark und Bein ging. Sofort rannte er zurück ins Haus, stürzte ins Wohnzimmer und erkannte den Ernst der Lage. Geschockt sah er auf Jiri, der Andre in seinen Armen hatte, ihn rüttelte und weinte.
 

"Halt seinen Kopf hoch, räum ihm den Mund leer, verdammt!" Adam griff zu seinem Handy, rief den Notarzt und half Jiri dabei, Andre auf die Seite zu rollen, damit er nicht ersticken konnte.
 

"Andre", wisperte er, strich durch die mit Erbrochenem bedeckten Haare und sah immer wieder aus dem Fenster. "Wo bleibt der scheiß Arzt? Er stirbt!" Verzweifelt mussten Jiri und Adam zusehen, wie Andre nach Luft rang, wie Minuten verstrichen und sein Leben am seidenen Faden hing.
 

Jiri weinte, Adam brüllte laut, wirkte verzweifelt und machtlos. Andre war zu jung, er durfte nicht sterben. Nicht jetzt, nicht heute. Dann endlich hörten sie die Sirene des Krankenwagens, der bereits auf den Hof fuhr. Jiri sprang auf, rannte zur Tür und öffnete diese. Zwei Sanitäter drängen sich sofort an ihm vorbei und betraten das Wohnzimmer. Jiri blieb im Flur zurück und weinte. Er konnte nicht mehr.
 

Andre war sein Bruder, er durfte nicht sterben und ihn alleine zurücklassen. Bitterlich weinte er, zitterte am ganzen Körper und war nicht gewillt sich zu bewegen. Er sackte stattdessen zusammen und blieb auf dem Boden sitzen, währen die Rettungskräfte um das Leben von seinem Bruder kämpften.

Totalschaden

I′ve got this gun, to your head

I've got blood, on these hands

I′ll be your eternal, never ending

I'll be the end of your beginning

I'm the battle to your every war

I′m the first fist, of everything torn

I′ve got no room in this heart

Gonna tear you apart
 


 

Infected with deception
 

Destruction is my, obsession

I'll feed off your sweet suffering

Your confession, is my sweet crime

You've fed me up with your lies

Thought i knew you deep inside

So when i take this razor to your neck

I′ll cut out all your fucking regrets

I′ve got no room in this heart

Gonna tear you apart
 


 

Blood on the dance floor - Death to your heart!
 


 


 

Wie lange die Sanitäter um Andres Leben gekämpft hatten, war Jiri nicht bewusst. Er bekam es mehr wie durch einen Schleier mit, dass sie ihn aus dem Haus trugen und Adam langsam nach draußen folgte. Er sah gezeichnet aus, wirkte einige Jahre älter und Jiri verstand den Schmerz, den er jetzt durchmachen musste. Solange schon kannten sie sich, hatten vieles erlebt, durchgemacht und jetzt sollte es vorbei sein? Von einem Tag auf den anderen und das nach nur wenigen Jahren?
 

Jiri schluckte, versuchte sich aufzuraffen und wollte seinen Bruder nicht gehen lassen. Mit letzter Kraft zog er sich hoch, taumelte raus auf den Hof und wurde sofort von seinem Vater aufgefangen, der ihn in eine feste Umarmung zog. Jiri ließ es für eine kurze Zeit zu, riss sich dann aber los und wurde bevor er den Krankenwagen erreichen konnte, von Nivek gestoppt. "Du kannst nichts tun. Lass es bleiben."
 

Jiri sah ihn nicht an, sagte kein einziges Wort. Seine Welt stand still, fühlte sich wie ein nie endender Alptraum an, aus dem er nicht erwachen konnte. Wie in Zeitlupe wandte er sich schließlich ganz ab, schritt zurück ins Haus und ließ sich auf den Sessel fallen, auf dem er zuvor noch gesessen und seinen Bruder angesehen hatte. Eine bedrückende Leere machte sich breit, alles erschien ihm sinnlos. Sein Empfinden schwankte zwischen Trauer, versagt zu haben und tiefer Ohnmacht. Warum hatte er sich nicht früher gekümmert? Wieso war er nicht so stur, wie sonst auch? Und wann hatte er zugelassen, dass er sich abwimmeln ließ?
 

Jiri verstand sich selbst nicht mehr, wurde sogar wütend, dass er sich hatte verdrängen lassen und das zu einem Zeitpunkt, wo Andre ihn am meisten gebraucht hätte. Was war er nur für ein Arschloch von einem Bruder? Jiri konnte es nicht fassen, sich nicht verzeihen. Schluchzend saß er da, verbarg weder seine Tränen, noch seinen Kummer und Schmerz. Erst, als er hörte, dass Andres Handy klingelte, hielt er inne und sah sich nach diesem um. In diesem Chaos würde er es wohl nicht finden. Nicht so schnell, dass er rangehen konnte.
 

Nur wenige hatten diese Nummer und fast alle waren hier vor Ort. Abgesehen von seiner Mutter, die hoffentlich ... Jiri schluckte. Wusste sie es schon und von wem hatte sie es dann erfahren? Sein Vater war ja vollkommen ruhig und wo steckte Adam? War er überhaupt noch hier? Noch bevor Jiri sich aufraffen konnte, klingelte nun sein Handy. Hastig zog er es aus der Hosentasche, warf einen Blick auf das Display und stockte.

Marty? Was zur Hölle wollte der jetzt von ihm? Vorsichtig drückte er auf "Anruf annehmen" und meldete sich mit kratziger Stimme.
 

"Jiri? Sorry, dass ich anrufe, aber ich erreiche deinen Bruder nicht. Gehts ihm gut?", plapperte der Ältere am anderen Ende der Leitung los und es dauerte, bis Jiri die passenden Worte fand.
 

"Andre ist ..." Er stockte, schluckte einige Male und brach wieder in Tränen aus.
 

"Er ist was? Jiri, jetzt rede doch?", verlangte Marty, hörte dann aber das bittere Weinen. "Nein, nicht das, was ich denke. Nein, nein, nein."
 

"Ich weiß es nicht, er bekam keine Luft mehr. Adam war auch hier", erklärte Jiri, nachdem er sich einigermaßen beruhigt hatte.
 

"Adam?", wiederholte Marty, ehe er seufzte. "Pass auf, ich bin gerade zu Hause, quasi in der Nähe und ich komme jetzt vorbei. Keine Widerrede!"
 

Bevor Jiri etwas sagen konnte, hatte Marty bereits aufgelegt. Er kannte den Mann ziemlich gut, ebenso seine Sorgen um Andre und es war kein Geheimnis, dass er ihn schütze, wie seinen eigenen Sohn. Damals wie heute und, dass er jetzt herkommen würde, war verständlich. In diesem Fall jedoch nicht nötig in seinen Augen. Was sollte Marty hier schon groß bewirken können? Tote wiederbeleben, gehörte nicht zu seinem Areal. Das wäre ihm neu. Noch bevor er sich darüber weiter den Kopf zerbrechen konnte, trat plötzlich Adam auf ihn zu und sah ihn an.
 

"Es war knapp, sehr knapp", murmelte er und setzte sich einfach vor dem Jüngeren auf den Boden.
 

"Er lebt also?", wollte Jiri wissen und wischte sich die aufkommenden Tränen weg.
 

"Ja, er lebt. Allerdings haben sie ihn mitgenommen und er wird eine Weile im Krankenhaus bleiben müssen", erklärte Adam weiter. "Bis dahin sollten wir hier aufräumen und ihn auch weiterhin unterstützen. Nichts mehr mit abwimmeln lassen."
 

Dagegen sprach nichts. Jiri begrüßte den Vorschlag sogar mit einem kräftigen Nicken und einem dicken Grinsen auf den Lippen. "Kommt gleich noch Hilfe ins Haus, die wir einspannen sollten."
 

Adam, der nach seinem Handy hangelte, hielt inne. "Wer kommt denn?"
 

"Du kennst ihn", erwiderte Jiri wissend und als er das Handy sah, fiel ihm Andre seins wieder ein. Wo zum Geier könnte das sein? Suchend sah er sich erneut um, stand dann aber auf und sah auf dem Sofa nach.
 

"Was suchst du denn?", fragte Adam skeptisch und betrachtete das Gewusel eingehend.
 

"Sein Handy. Marty hat angerufen."
 

"Marty?" Wenig begeistert runzelte Adam die Stirn. "Der kommt aber nicht her, oder?"
 

"Doch, wieso?" Jiri drehte sich um und sah ihn kritisch an. "Haste immer noch Schiss vor ihm?"
 

Adam rieb sich den Nacken. "Nicht direkt, aber Respekt hab ich schon noch", gestand er leise und erinnerte sich an so manche Vorkommnisse zurück. Eine Sache würde Adam nie vergessen. Jenen Tag, als Marty Andre und ihn abseits der Kamera erwischt und ihn ganze drei Stunden durch den Garten gejagt hatte. Irgendwie lustig, aber den Schrecken, den Adam in den Knochen hatte, hielt auch heute noch an, wenn er den mehr als strengen Regisseur traf.
 

Das letzte Aufeinandertreffen lag allerdings schon etwas zurück und Adam ahnte bereits, dass er sich Vorwürfe anhören dürfte. Es war immer so gewesen. Besonders schlimm wurde es nach Andres Ausstieg, für den er nicht einmal verantwortlich war. Es wurde ihm zu viel, das dauerhafte Reisen in fremde Länder belastend, der Druck dahinter kräftezehrend. Adam konnte es verstehen, nachvollziehen und nur ein paar Jahre später hörte auch er auf.
 

Es gab jedoch noch einen ganz anderen Grund. Einen, von dem Adam bis heute nichts wusste und Andre sich in Schweigen hüllte. Er wusste nur so viel, dass es auch etwas mit Kevin zutun hatte und der Streit zwischen ihnen nervenaufreibend war. Damals schon und heute hatten beide einfach den Kontakt abgebrochen. Adam ging es damit deutlich besser, auch wenn Kevin mit seinen Fragen nach Andre manchmal nervte. Beantwortet hatte er keine davon, las sie jedoch und rollte wie jedes Mal mit den Augen. Irgendwann würde er lernen, dass Andre keinen Kontakt wollte. Notfalls würde er es Kevin nochmals ins Gesicht sagen. Der Tag würde kommen und Adam sehnte sich diesen mehr als deutlich herbei. Andre ging es schon schlecht genug, da brauchte er keinen Kevin, der mit blöden Fragen Nerven rauben konnte. Seufzend verdrängte er schließlich die Gedanken an jene Person, die schnell zum Liebling aller wurde. Sowohl bei den Fans, als auch bei Kollegen, die ihm allesamt nachrannten und reihenweise abschmetterten.
 

Etwas brannte dann aber doch unter seinen Fingernägeln und vorsichtig wandte er sich an Jiri. "Du sag mal ...", fing er an. "Hatte Andre je mehr für Kevin übrig, als Freundschaft?"
 

Verwundert sah der Jüngere auf. "Jetzt sag nicht, du weißt das nicht?", fragte er und musste daraufhin grinsen. "Du bist seit Jahren Andres bester Freund und weißt nicht, dass er seit einigen Jahren in Kevin verschossen ist?"
 

Adam schüttelte nur stumm den Kopf. "Seit wann genau?", fragte er nach einer ganzen Weile und biss sich auf die Unterlippe.
 

Jiri seufzte. "Das fing noch an, als er gedreht hat. Ungefähr ein paar Monate vor seinem Ausstieg", erklärte Jiri dem Anderen.
 

Adam dämmerte es langsam. Die ständigen Streits, die Ausbrüche und letztendlich die Flucht von allem. Andre war letztendlich wegen Kevin gegangen. Er hatte dem Ganzen die Krone aufgesetzt und es nicht einmal gewusst, dass er Andre vertrieben hatte. Adam ballte sichtlich erzürnt die Fäuste und schnaubte. "Weiß er es?"
 

Zaghaft nickte Jiri auf diese Frage, sah die Wut deutlich, die Adam empfand und auch konnte er nachvollziehen, dass er sich hintergangen fühlte und enttäuscht war. Nicht zuletzt, weil Andre es ihm nicht erzählt hatte. Vieles andere vermutlich auch nicht.
 

"Sie hatten vor einigen Wochen wieder Kontakt, den Andre aber wieder abgebrochen hat."
 

Das hatte gesessen. Adam sah aus, als würde er Wände einreißen wollen, so wütend wurde er. "Deswegen auch die Drogen, der Zusammenbruch und der ganze verdammte Scheißdreck. Jetzt kapier' ich es endlich!" Endlich sah er vieles klarer, hatte Erklärungen, die wie der Arsch auf den Eimer passten und Sinn ergaben. "Ich sorg' schon dafür, dass er Andre in Ruhe lassen wird. Notfalls helfe ich nach", knurrte er leise, verstummte jedoch mit dem Klingeln an der Tür und versuchte möglichst seine Wut auf Kevin zu verbergen.

Herber Schlag

You tell me you'll be back again soon,
 

I don't know if I believe you now,
 

but I will when you call my name
 

You tell me you'll be back again soon,
 

I don't know if I believe you now,
 

but I will when you call my name
 

Don't say, don't say
 

Don't say, you won't stay
 

Or all my colours fade to grey
 


 

Allen & Envy feat Victoriya - Don't Say
 


 

"Kannst du mir mal bitte helfen?" Jim lugte zur Tür rein, sah Kevin beinahe schon flehend an und kam nur langsam in dessen Büro.
 

"Was gibt es denn?", wollte der Ältere wissen, ohne von seiner Arbeit aufzusehen, die er am Computer zu verrichten hatte.
 

Jim atmete einmal tief durch, dann schloss er hinter sich die Tür und setzte sich dem anderen gegenüber an den Schreibtisch. "Marty kommt die Tage und das nicht alleine. Nichts gegen ihn, aber seine Art ist ..." Jim fuhr sich durch die braunen Haare und seufzte. "Er ist echt anstrengend."
 

Kevin runzelte die Stirn und legte vorerst seine Arbeit nieder. Marty sollte nach Camp Town kommen und das ohne vorher etwas zu sagen? Seltsam, ihm hatte keiner etwas davon mitgeteilt. Weder Lukas noch Luke, die beide unten waren und einige der Jungs knipsten.
 

"Woher hast du diese Informationen?"
 

Jim grinste schief. "Aufgeschnappt."
 

Aha, aufgeschnappt, eher wohl wieder gelauscht und Regeln missachtet. Irgendwie ... Kevin seufzte, wurde nachdenklich und sah Jim prüfend an. Mit seinen brauen Augen und seiner frechen Art erinnerte er schwer an Andre, der noch immer in seinem Kopf war und sich wie ein Parasit festgefressen hatte. Mit anderen Worten, er konnte ihn nicht vergessen und loslassen.
 

Mittlerweile war es ein Jahr her, seit er mit ihm geredet hatte und am Ende auf Instagram blockiert wurde. Zu seinem Leidwesen auch Jack und Max. Keiner wusste also irgendwas und es hatte sich herausgestellt, dass auch Adam mittlerweile beide auf die schwarzen Liste gesetzt hatte. Unmöglich, noch irgendwas zu erfahren oder je eine Antwort zu bekommen, warum er wieder verschwunden war.
 

"Kevin?" Besorgt sprach Jim ihn an, erkannte, dass irgendwas nicht stimmte und sein Gegenüber in Gedanken war. Eine Reaktion kam jedoch nicht. Kopfschüttelnd stand er daher auf, schritt um den Schreibtisch herum und legte freundschaftliche seine Hände auf den breiten Schultern ab. Vorsichtig knetete er die Rückenpartie, stellte fest, dass Kevin ziemlich verspannt war und ließ es daher bleiben. "Okay, was beschäftigt dich? Du bist wieder so nachdenklich und reagierst kaum."
 

"Tue ich das?", murmelte Kevin, während er den Kopf in den Nacken legte und Jim von unten her ansah. Ein Fehler, seine braunen Augen erinnerten zu stark an Andre und hastig riss er den Kopf wieder vor.
 

"Irgendwas hast du. Mach mir nichts vor, oder rede dich raus." Jim hatte genug gesehen, er war nicht dumm und wenn er es richtig betrachtete, hatte er diese Verhalten schon einmal gesehen.Vor über einem Jahr in Prag. Damals waren sie joggen und Kevin ging es mehr als schlecht. Zwar hatte er dies nie gesagt, aber Jim hatte ein feines Gespür und mitbekommen, dass Kevin kein Typ für schnelle Sachen war.
 

Anfangs hatte ihn das schwer getroffen. Sogar ausgenutzt hatte er sich gefühlt und erst dann gemerkt, dass Kevin sich nach Nähe gesehnt hatte, die er auf eine gewisse Art vermisste. Oder eine Person, was sein Verhalten immer deutlicher machte. Jim war längst nicht mehr sauer, trug ihm nichts nach und machte sich einfach nur Sorgen.
 

"Friss es doch nicht in dich rein und rede." Ein erneuter Versuch, den Kevin nur langsam annahm. Seufzend drehte er sich zu dem Jüngeren um und blickte ihn an. "Du erinnerst mich stark an jemanden, mit dem ich einige Jahre eng zusammengearbeitet habe."
 

"Oh ..." Mehr kam vorerst nicht von Jim, da er richtig gelegen hatte und Kevin nicht unterbrechen wollte. Ein verständnisvolles Nicken kam dann aber doch, ebenso ein aufmunterndes Lächeln, welches kurzzeitig sogar erwidert wurde.
 

"Er war lange in meinem Team, kannte Jack und auch Adam", erzählte Kevin weiter. "Wir verstanden uns gut und dann ist aus Adam und ihm mehr geworden, als nur Drehpartner und beste Freunde."
 

"Und du hast dich ebenfalls in diesen Jungen verguckt?", schlussfolgerte Jim aus der Erzählung heraus.
 

"Ja, bis heute."
 

"Bis heute?" Jim wirkte, als hätte man ihm einen Hammer auf den Kopf geschlagen. "Du bist echt verrückt, weißt du das?"
 

"Verrückt vor Liebe", seufzte Kevin frustriert. "Er ist nach ein paar Jahren dann einfach gegangen, hat sich überall gelöscht und vor einem Jahr hatte ich Hoffnung, die er wieder zunichtemachte."
 

"Klingt nach Drama ohne Happyend", murmelte Jim, ehe er heftig zusammenzuckte, da das Klopfen an der Tür etwas unerwartet kam.
 

Leise kicherte Kevin darüber, ehe er ein lautes "Herein" rief und erstaunt die Person ansah, die kaum später die Tür öffnete und eintrat.
 

"Lange nicht gesehen", begrüßte diese den erstaunten Kevin, schritt an Jim vorbei und umarmte seinen alten Freund und Kollegen. "Hast dich kaum verändert. Bist immer noch platt, wenn ich mit meinem breiten Kreuz erscheine."
 

"Ihr kennt euch?", fragte Jim interessiert und sah zwischen den beiden älteren Männern hin und her.
 

"Klar, wir haben neun Jahre eng zusammengearbeitet", grinste er. "Bin Adam und du bist?"
 

"Jim", erwiderte er und musterte diesen Adam ganz genau. Ziemlich breit gebaut, blaue Augen, die ihm frech entgegenblickten und ebenso ein breites Grinsen wie sein Kreuz.
 

"Neu, nehme ich mal an. Kenn dich nämlich nicht", stellte Adam fest und musterte nun ebenfalls den Anderen. "Irgendwie erinnerst du mich an unseren kleinen Clown Andre", stellte er nach einiger Zeit fest.
 

Andre? Nie gehört. War das etwa der Name von dem Jungen, dem Kevin seit Jahren nachtrauerte? Irgendwie war er neugierig, wollte mehr erfahren, aber bestimmt würde Kevin nicht weiter darauf eingehen. Nicht, wenn dieser Adam im Raum war. "Cool, Jack war auch dabei, oder?", fragte er deswegen vorsichtig heraus.
 

"Du kennst Jack?", wollte Adam wissen und sah kurz zu Kevin, der nickte. "Jack ist mittlerweile einer unserer Cutter."
 

"Cutter? Hätte ich ihm gar nicht zugetraut, aber so irrt man sich", schwatzte Adam emsig, setzte sich schließlich auf einen der feien Stühle und streckte sich. "Nun, ich bin hier, um dem faulen Haufen da draußen ein paar Speckrollen abzutrainieren."
 

Fauler Haufen? Von wegen, dachte sich Kevin, drehte sich um und stellte aber erstaunt fest, als er herausblickte, dass tatsächlich einige Jungs in der Sonne lagen und nichts taten. Aber Speckrollen?
 

"Nun ja, etwas träge sind sie, aber das liegt auch am Wetter", verteidigte Kevin die Neulinge vor seinem alten Kollegen.
 

"Wer von denen ist Kieran? Hab gehört, er hat ein besonders Training nötig."
 

"Kieran? Öhm ..." Ratlos sah Kevin zu Jim, der sofort verstand und dessen Büro verließ. Die Chance nutzte Kevin kurz für sich, um Adam über Andre auszufragen. "Hast du eigentlich noch Kontakt zu unserem Pausenclown?"
 

Adam seufzte tief aus, als hätte er bereits geahnt, dass genau diese Frage kam. "Hör mal Kevin, ich will dir echt nichts Böses, aber es ist besser, wenn du dir Andre aus dem Kopf schlägst."

Zusammenbruch

Kevin hätte am liebsten auf Adam Worte hin gelacht, tat es jedoch nicht. Stattdessen sah er ihn einfach nur an. "Du weißt es also?"
 

"Ja, aber noch nicht so lange", erwiderte Adam sachlich. "Ich hab Jack und dich deswegen auch blockiert."
 

"So ist das also", wisperte Kevin, ehe er sich von seinem Platz erhob und um seinen Schreibtisch zur Tür lief. Galant öffnete er diese und gab seinem alten Kollegen zu verstehen, dass er gehen sollte.
 

"Du schmeißt mich raus? Dein Ernst, Kevin?"
 

Stumm nickte Kevin, deutete weiterhin an, dass Adam bei ihm nicht weiter erwünscht war. "Jim wird dir sicher mit Kieran helfen." Mehr hatte er ihm nicht mehr zu sagen, schloss hinter Adam die Tür, nachdem dieser fassungslos aus dem Büro trat und glitt erleichtert an dieser herunter. Vorbei war das Versteckspiel. Adam wusste alles, hatte sich mehr als deutlich ausgedrückt, dass Kontakt nicht mehr erwünscht war.
 

Damit kam Kevin klar, nicht aber damit, dass er Andre aufgeben sollte. Hieß das, die beiden waren wieder ein Paar, mehr als beste Freunde? Mit einem Mal wurde ihm schlecht. Der Gedanke an beide zusammen löste Übelkeit aus und ihm war, als würde ihn eine bitterböse Stimme auslachen. Ein Alptraum, aus dem er nicht aufwachen konnte.
 

Tränen stiegen ihm in die Augen, sammelten sich und liefen schließlich seine Wangen herunter. Trauer mischte sich mit Wut, aber auch das Gefühl versagt zu haben, überkam ihn. Enttäuschung, dass Adam ihm so in den Rücken gefallen war und das, obwohl er es wusste. Vielleicht noch nicht so lange wie Jack, aber er wusste von seinen Gefühlen zu Andre.
 

"Kevin?"
 

"Geh weg, Jim! Geh einfach weg", brüllte Kevin durch die geschlossene Tür, während ihm weiterhin die Tränen liefen, sein Magen sich zusammenschnürte und ihm das Gefühl gab, er würde keine Luft bekommen.
 

Vor der Tür wurde es schließlich still. Kevin hörte nicht mehr, wie Jim sich entfernte und nach kurzer Zeit wiederkam. Allein war er jedoch nicht, hatte einen äußerst besorgten Lukas dabei und durch sein Erscheinen, wurde auch Marty aufmerksam und näherte sich der Tür.
 

"Ist da nicht Kevin drin?", wollte er wissen, klopfte direkt an und legte lauschend sein rechtes Ohr an die Tür. Kein Mucks war zu hören und das beunruhigte den sonst so strengen Mann. "Kevin?", rief er nochmals, doch auch dieses Mal bekam er keine Antwort.
 

Seufzend drehte er sich zu Lukas und Jim um. "Versuchen wir es über den Balkon." Jim eilte bereits keine Sekunde später vor, riss die Tür zu Jeromes Zimmer auf und hastete auf den Balkon. Dicht hinter ihm folgten die beiden Kameramänner und verwirrt sah der blonde Lockenkopf, der auf seinem Bett saß hinterher. Kopfschüttelnd nahm er wieder sein Handy zur Hand und scrollte durch Instagram.
 

Dabei stach ihm ein Post von Adam ins Auge, der ihn nachdenklich machte. Zu sehen war ein Bild von ihm und Kevin, doch es wirkte bearbeitet, ähnelte daran, dass es zerrissen wurde. Darunter standen Worte, die Jerome buchstäblich aus dem Bett trieben und raus auf den Flur. Suchend sah er sich um, eilte erst zu Kieran, der auf dem Sofa lag und schließlich zu Jamie an den Pool. "Hast du Adam gesehen?", wollte er wissen.
 

"Äh ne, wieso?", wollte dieser wissen, streckte sich auf seiner Sonnenliege und blinzelte dem Größeren müde entgegen. "Was ist überhaupt los hier? Da oben auf dem Balkon ist der Teufel los und du rennst herum wie ein aufgescheuchtes Huhn."
 

"Irgendwas ist mit Kevin und Adam", murmelte Jerome, während er hoch zum Balkon sah und mit Schrecken feststellte, dass Marty bereits dabei war, die Fensterscheibe einzuschlagen. "Ich gehe hoch", merkte er an, wurde aber von Jamie zurückgehalten. "Misch dich da nicht ein. Marty wird schon das Richtige tun und Lukas ist schließlich auch dabei."
 

"Ich kann aber doch nicht hier unten stehen und nichts tun", beschwerte sich Jerome wie ein mauliger Esel.
 

"Doch, genau das wirst du tun", grinste Jamie ihn frech an und wartete darauf, dass Jerome sich zu ihm gesellte. Mürrisch kam dieser der Bitte schließlich nach, zuckte jedoch zusammen, als eine Glasscheibe laut klirrend zu Bruch ging. Marty hatte also Ernst gemacht und diese eingeschlagen. Dann passierte eine ganze Weile nichts mehr und skeptisch behielt sowohl Jamie den Balkon im Auge, als auch Jerome.
 

"Denkst du, Kevin geht es gut?", fragte Jerome nachdenklich, worauf Jamie seufzte und ihm auf den Hinterkopf schlug. "Den haut nichts um. Der wird nur bockig im Büro hocken und das ist alles."
 

"Bockig? Man merkt, dass du Kevin nicht wirklich kennst. Herum bocken ist eher Adam sein Fachgebiet, aber den darf ich ja nicht fragen, geschweige denn suchen", murrte der Lockenkopf erneut.
 

"Meine Güte, dann such und frag ihn halt, wenn es dich ..." Jamie hielt inne, hörte Sirenen, die immer lauter wurden und schließlich bog ein Krankenwagen auf das Grundstück ein. "Es scheint wohl doch ernster zu sein", murmelte Jamie betroffen, sah zu, wie die Sanitäter aus dem Fahrzeug sprangen und eilig in den ersten Stock rannten.
 

Etwas später kam Marty endlich runter und wirkte blass. Fassungslos setzte er sich etwas abseits von Jerome und Jamie auf einer der Sitzgruppen, zückte sein Handy und telefonierte.
 

"Denkst du, er ruft Georg an?", nuschelte Jamie leise, während Jerome versuchte irgendetwas mitzuhören. "Weiß nicht, aber könnte sein", erwiderte er leise und horchte erneut. Viel hören konnte er jedoch nicht, Marty war ein Meister im leise Reden und selbst seine Mimik verriet nicht ansatzweise, mit wem er telefonieren könnte. Jerome seufzte auf, Jamie hingegen ließ endlich seinen Arm los und stand auf. "Ich frage jetzt einfach, was da los war."
 

Guter Plan, dachte sich der Lockenkopf, grinste dabei und hielt vorerst Abstand. Den Einlauf würde Jamie sich alleine einholen, er blieb auf Abstand und wartete ab. Weiterhin grinsend beobachtete er jeden Schritt, dann aber sah er verwirrt hinter sich und auf seinen Partner Helmut, der sich langsam neben ihn auf die Liege setzte. "Kevin hat es ziemlich erwischt", erklärte dieser, lehnte sich an ihn und behutsam streichelte Jerome ihm über den Rücken.
 

"Der Streit?"
 

Helmut nickte. "Nicht nur der. Es hat ihn nervlich zusammengefaltet und das über Jahre."
 

"Bitte, was?" Jerome war fassungslos. Wie konnten sie das all die Jahre nicht mitbekommen haben? Was war überhaupt der Grund dafür? Kevin hatte nie etwas gesagt, oder angedeutet, dass es ihm schlecht ging. "Denkst du, es hat mit Adam zutun?"
 

Helmut schüttelte den Kopf. "Nein, Jim hat etwas angedeutet. Es ist wohl wegen Andre."
 

"Was hat der jetzt damit zutun?" Ein übergroßes Fragezeichen schien über dem Kopf des Blonden zu schwirren. "Der ist doch vor einigen Jahren, ohne was zu sagen, einfach abgehauen."
 

"Ich weiß, ich war damals dabei, falls du es vergessen hast", nuschelte Helmut und erinnerte sich an genau diesen Tag zurück.
 

Damals waren sie genau wie heute in dieser Villa, saßen am Pool und alles war wie immer. Es wurde gelacht, einige Bierchen gezischt und Pläne geschmiedet, für freie Tage. Jamie war den Tag ziemlich gut drauf, blödelte immer wieder herum und es war kein Wunder, dass er kurz darauf im Pool landete. Was danach passierte, konnte Helmut nicht mehr richtig zuordnen, doch irgendwann kam Andre nach draußen und war ziemlich betrunken.
 

Seine Augen wirkten, als hätte er es wieder mit Gras rauchen übertrieben und als Adam ihn genau deswegen ansprach, regelrecht zusammenfaltete, drehte er komplett durch. Er stieß Adam von sich, rauschte rein und das Letzte, was Helmut mitbekommen hatte, war, dass Marty ihn nicht aufhalten konnte. Andre war abgereist, hatte sich danach nie wieder gemeldet und keiner wusste, wo er war. Abgesehen von Adam, der den Tag ziemlich mitgenommen und aufgebracht war.
 

Helmut schüttelte sich, verdrängte die Vergangenheit und sah Jerome ernst an. "Andre hat ganz sicher etwas damit zutun. Warum sonst, ist Kevin nach dem Zusammentreffen mit Adam so fertig und zusammengebrochen?"
 

"Das erklärt es dennoch nicht ganz", merkte der Blondschopf an. "Adam und Kevin haben sich immer gut verstanden. Sie haben ganze neun Jahre sehr eng zusammengearbeitet. Sowas verbindet." Richtig, sowas konnte verbinden und doch war irgendwas vorgefallen, was die Freundschaft zerbrochen hatte.
 

Je mehr Helmut darüber nachdachte, umso deutlicher wurde, dass Andre die treibende Kraft dieses Streites war. "Ich hab einen Verdacht", platzte es schließlich auch ihm heraus.
 

"Und der wäre?", hinterfragte Jerome neugierig und sah dennoch besorgt zum Krankenwagen, in den Kevin bereits auf einer Liege reingeschoben wurde.
 

"Ganz einfach, die haben sich um Andre gestritten", schlussfolgerte Helmut offen und plusterte empört die Wangen auf, als sein Freund ihn auszulachen begann. Das Lachen verstummte jedoch ganz schnell und Jerome fiel es wie Schuppen von den Augen. All die Jahre, in denen es Kevin schlecht erging, hingen mit Andre zusammen. Der Besuch bei Jack machte es deutlich, ebenso das plötzliche Interesse an Jim. "Scheiße, ich glaube, du hast recht", gab er leise zu.
 

"Aber erstmal lachen", grummelte nun Helmut gespielt, wich seinem Freund sogar aus, der versöhnlich seine Nähe suchte. Nach Kuscheln war ihm nicht, die Sorge um Kevin war größer. Umso erleichterter war er, als Marty auf sie zukam, sein Handy zurück in die Hosentasche steckte und beide lächelnd ansah. "So weit geht es Kevin gut. Alles andere habe ich bereits erledigt und fahr jetzt ins Krankenhaus."
 

"Bestell Kevin, liebe Grüße von uns", wisperte Helmut und lehnte sich jetzt doch an seinen Freund an. Beide waren erleichtert, auch darüber, dass Marty sich auf den Weg ins Krankenhaus machte, sich um alles gekümmert hatte und in der Villa kein weiteres Chaos entstand.

Camp Town

'Cause you are the cool in my disaster
 

And I can't let you goI try to run to you faster
 

With you, I'm not alone
 

You've been gone way too long, it's getting cold
 

How do I know if you'll be back?
 

These walls are twisting and burning down
 

They all keep screaming out your name
 

Where did you go, my world is caving in
 

I'm holding on and following the winds'
 

Cause you are the cool in my disaster
 

Arctic Moon feat. Shuba - Cool In My Disaster
 


 

“So kriege ich das auf keinen Fall hin. Das reißt mich finanziell komplett auseinander und ich hab Mitarbeiter, um die ich mich auch noch kümmern muss.” Andre sah niedergeschlagen aus und das, obwohl er Wochen in der Klinik verbracht und seither kein Marihuana angerührt hatte. Seinen Traum, den Kfz-Meister machen zu können, rückte wieder einmal in weite Ferne. Seufzend griff er zu einer Zigarette, drehte sie einige Male in der Hand und zündete sie schließlich an.
 

“Und jetzt?” Fragend sah er Marty an, der bereits zu überlegen schien.
 

“Du weißt, dass du jederzeit zurück kannst? Also nicht zum Film, aber vielleicht machst du ein paar Fotos mit der richtigen Person zusammen und schon hast du die Hälfte zusammen.”
 

Fotos machen mit der richtigen Person? Sprach Marty jemand bestimmten an? Irgendwie kam es ihm so vor. Das breite Grinsen sagte deutlich, dass ihm jemand Besonderes vorschwebte.
 

“Und wer soll diese Person sein?”, fragte er misstrauisch nach, konnte sich aber bereits denken, wer gemeint war. “Denkst du an Kevin?”, wollte er deswegen direkt wissen.
 

Marty nickte vorerst, zündete sich sein Zigarillo an und blies den Rauch in kleinen Kringeln nach oben in die Luft. Aufmerksam sah er Andre anschließend an, beobachtete ihn und studierte ganz genau seine Reaktion. Wie zu erwarten, war eine zarte Röte auf seinen Wangen. Die Gefühle waren noch immer vorhanden, schlummerten und warteten darauf, neu entfacht zu werden.
 

“Wusste ich es doch. Noch immer ist da was.”
 

Andres Schweigen war Antwort genug. Er konnte es nicht leugnen, Marty anlügen oder sich herausreden. Man sah es, merkte es deutlich an seinem Verhalten. Er wirkte unsicher, beinahe wie damals, als es ihm bewusst wurde, dass da mehr war, aber nie sein würde. Das dachte er immer und vor einem Jahr hätte er die Chance gehabt und hatte sie vertan. Nicht, weil er nicht wollte, aber vieles war unklar und Andre war kein Fan davon, lange und breit erklären zu müssen. Besonders über seine Gesundheit oder der Tatsache, dass Kevin noch immer in diesem Job steckte. Er kam damit noch weniger klar, als damit, dass er die Finger von Gras lassen sollte, da es seine Depressionen begünstigte.
 

Nachdenklich biss sich Andre auf die Unterlippe, dachte nach, ob er wirklich so weit gehen sollte. Fotos für seinen Traum, dazu mit Kevin, den er eigentlich vor einem Jahr aus seinem Leben gestrichen hatte. Konnte er nochmal einen Schritt, einen letzten, auf ihn zugehen und es endlich mit seinen Gefühlen vereinbaren? Er war sich nicht sicher, blickte immer wieder zu seinem alten Mentor, zu dem Menschen, der immer schon gewusst hatte, dass da mehr war und nie ein Drama daraus gemacht hatte. Andre war dankbar dafür.
 

“Es gibt bereits jemanden, der dich gerne wieder auf Fotos sehen würde. Dafür müssten wir aber nach Camp Town”, erklärte Marty und fuhr sich nachdenklich über seine Bartstoppeln.
 

Ausgerechnet Camp Town, dachte sich Andre, erinnerte sich zurück an seinen Ausbruch, an den Streit, daran, dass er alles versucht hatte, hinter sich zu lassen. Am Ende hatte es bedingt geklappt, sich ein neues und vor allem anderes Leben aufzubauen. Andre würde diesen Weg jedoch ein letztes Mal gehen, ins kalte Wasser springen und Kevin gegenübertreten.
 

Einige Tage später brannte Andre die afrikanische Sonne gnadenlos ins Gesicht, während Marty einige Telefonate tätigte und wie ein aufgescheuchtes Huhn über die marmorierte Terrasse lief. Erst nach rechts, dann nach links und schließlich lief er angespannt im Kreis. Ein Anblick, der Andre schmunzeln ließ und Marty von einer ganz anderen Seite zeigte. Hier war er ganz er selbst, kein Arbeitstier und doch machte Marty mit einem Schlag ein Gesicht, als würde man ihm seinen heiligen Käse vom Buttertoast stibitzen. Ein Anblick, den Andre kannte und stutzig machte. Scheinbar war in der Villa weiter oben in felsiger Landschaft etwas vorgefallen und er musste weg.
 

“Alles okay, Marty?”, fragte er, legte sein Handy weg und wartete darauf, dass er eine Antwort bekam.
 

“Ich muss nur kurz weg. Einiges mit Lukas durchgehen, da sich ein bisschen etwas verändert hat”, erwiderte der kahlköpfige Mann, steckte sein Handy in die Hosentasche und rieb sich den Nacken. “Du kommst alleine klar, oder?”
 

“Hau schon ab, ich bin kein Baby mehr.” Andre grinste bei seinen Worten und ignorierte den skeptischen Blick, der ihm dennoch zugeworfen wurde. Nachvollziehen konnte er es. Er war noch nicht lang genug vom Gras weg und er musste beweisen, dass es durchaus ohne ging. Enttäuscht hatte er Marty in den letzten Wochen nicht, zeigte, dass er es konnte, sich mit anderen Dingen ablenkte und dem Drang widerstand, rauchen zu wollen. Normale Zigaretten rauchte Andre noch immer. Sie waren nie das Problem und viele andere rauchten genauso ihr Kippe, um zu entspannen.
 

Marty konnte getrost zur Villa fahren, ihn alleine lassen und um wichtige Dinge sich kümmern. Wie auch immer diese aussahen. Andre war zu lange schon raus und dennoch freute er sich irgendwie auf das anstehende Shooting. Der Kunde dahinter war bekannt, schon oft hatte Andre mit diesem zusammengearbeitet und die Fotos sahen immer verdammt gut aus. Lag aber auch an Attila, der als Fotograf einen guten Job machte und gewisse Posen kannte, die nachher nochmal mehr herausholten.
 

Wie aber würde Kevin reagieren? Sowohl Marty als auch Andre selber hatten ihn im Blick und wussten, dass da noch immer Gefühle waren. Jedenfalls von Andres Seite und leugnen war genauso schwierig, wie verdrängen. Wie aber empfand Kevin? Immer noch wie damals oder hatte er aufgeben und längst jemand anderes gefunden? Andre biss sich auf die Unterlippe, konnte es sich nur schwer vorstellen, dass jemand seinen Platz eingenommen hatte und glücklich in Kevins Armen lag. Allein die Vorstellung sorgte für Übelkeit, sein Herz krampfte schmerzhaft zusammen und ihm war, als würde er ungebremst gegen eine Wand fahren.
 

Es liefen sogar Tränen. Unbemerkt stahlen sie sich über seine Wangen, tropften von seinem Kinn und auf sein Handy, welches er noch immer in der Hand hielt. Überlegend sah er es an, dann öffnete er langsam Instagram und hob einige Blockierungen auf. Max wurde entblockt, ebenso Jack und am Ende hob er jene bei Kevin auf, ohne ihn anzuschreiben. Das hätte Zeit, er wollte nicht aufdringlich sein oder ihn am Ende nerven. Nein, ein paar Tage gab er sich noch Zeit, um ihn anzuschreiben. Auf eine Antwort hoffte er erst gar nicht, es war nicht nur ein Jahr vergangen, es war auch eine ganze Menge passiert.
 

Andre seufzte, legte das Handy weg, nur um es einige Sekunden später wieder in die Hand zu nehmen. Warum rief Marty ihn jetzt an? Krontrolle, ob er alleine klarkam oder war am Ende etwas passiert? Mit einem komischen Gefühl in der Magengegend nahm er den Anruf entgegen und hörte angespannt zu, was Marty zu berichten hatte. Was er hörte, gefiel ihm gar nicht. Kevin hatte offensichtlich einen Zusammenbruch, war nervlich am Ende und lag bereits im Krankenhaus.
 

“Ist er ansprechbar?”, wollte Andre wissen, nachdem er den riesigen Kloß in seinem Hals heruntergeschluckt hatte und sprechen konnte.
 

“Weiß ich nicht, aber ich hole dich jetzt und dann fahren wir beide hin”, erwiderte Marty, legte danach schon auf und hinterließ einen verwirrten Andre, der fassungslos auf sein Handy starrte.

Epilog

Ich will mich nicht verändern, um dir zu imponieren

Nicht den ganzen Abend, Probleme diskutieren

Aber eines geb ich zu, das, was ich will, bist Du!
 

Ich will nichts garantieren, was ich nicht halten kann

Will mit dir was erleben, besser gleich als irgendwann

Und ich gebe offen zu, das, was ich will, bist Du!
 

Münchener Freiheit - Ohne dich
 


 

Die ganze Zeit war Jim nicht von Kevins Seite gewichen, saß an dessen Krankenbett und hielt seine Hand. Er wirkte obendrauf erleichtert, dass es nichts Ernstes war, sondern nur ein Zusammenbruch. Ausgelöst durch Stress, zu wenigem Essen und getrunken hatte Kevin so gut wie gar nichts. Entsprechend blass wirkte er und hing obendrauf am Tropf.
 

Jim seufzte, wollte etwas sagen, doch da klopfte es bereits an der Tür und Marty steckte den Kopf durch einen kleinen Spalt. "Ist er wach?"
 

"Er schläft, aber sicher nicht mehr lange", schmunzelte Jim, ließ die Hand von Kevin los und erhob sich von seinem Platz.
 

Lächelnd trat kurz darauf Marty ein, schloss aber nicht gleich die Tür, was Jim skeptisch werden ließ. "Kommt da noch jemand?"
 

"Vielleicht", erwiderte der Ältere geheimnisvoll, trat näher an das Krankenbett heran und besah sich den Patienten. Immer noch am Schlafen, dazu blass, aber sicher würde das ein wenig ruhe bald wieder einrenken. Und ein besonderer Besuch, der gerade Kaffee holte.
 

"Und in der Villa?", fragte Jim weiter, wollte nicht schweigen, sondern lieber reden und wissen, wie es den anderen Jungs erging.
 

"Die Jungs sind teils erwachsen und haben es entsprechend gut aufgenommen, sofern sie es mitbekommen haben", erklärte Marty ernst, wurde jedoch wieder entspannter, als er ein Räuspern hörte. Sofort hellte sich seine Miene auf, er lächelte sogar sanftmütig, beinahe schon väterlich.
 

Erstaunt folgte Jim diesem Anblick mit seinen Augen, sah aber von Marty schließlich zu der Person, die langsam den Raum betrat und zwei Becher Kaffee in den Händen hielt. Dunkelbraune, fast schon schwarze Haare, dazu Augen, die einem scheuen Reh glichen und Jim sofort an Kieran erinnerte. Jedoch war das nicht Kieran, das Lächeln war ganz anders, wirkte beinahe unschuldig und ziemlich niedlich auf ihn.
 

"Hast dich also doch getraut", neckte Marty und nahm ihm schon einen der Becher ab. "Hmm", brummte der Angesprochene und sah dann endlich zu Kevin.
 

"Er schläft, du kannst also ruhig näher zu ihm", grinste Marty frech, wirkte der Andere doch sehr schüchtern, zurückhaltend und das war damals immer schon sein Markenzeichen gewesen.
 

"Du bist dieser Andre, oder?", fragte Jim vorsichtig nach.
 

"Hmm", brummte dieser wieder und nippte an seinem Kaffee.
 

"Wow, sehr gesprächig bist du ja nicht", merkte Jim an, während er sich wieder zu Kevin setzte und dessen Hand nahm.
 

"Ich muss nicht mit jedem reden", erwiderte Andre trocken. "War scheinbar eh ein Fehler herzukommen, wenn ich das so sehe."
 

"Hä?" Jim runzelte die Stirn. "Kevin ist deinetwegen so fertig, du Idiot!", fauchte er schließlich und hatte erkannt, dass Andre dachte, er wäre bereits irgendein Ersatz.
 

"Jungs bitte", ermahnte Marty die beiden. "Streitet euch nicht."
 

"Wer streitet?"
 

"Kevin!" Jim war schon wieder sofort zur Stelle, lächelte ihn an und wirkte mehr als erleichtert, dass er wach war. "Wie geht es dir?"
 

"Geht ..." Plötzlich hielt er inne, starrte Andre an und blinzelte einige Male dabei. "Träum ich? Wieso bist du hier?", wollte er wissen, richtete sich langsam auf und spürte, wie Jim ihm das Kissen richtete.
 

"Frage ich mich auch gerade, was ich hier mache", erwiderte Andre ruhig, leerte seinen Becher und schmiss diesen anschließend in den im Zimmer befindenden Mülleimer. "Eigentlich wollte ich reden, aber scheinbar kann ich mir das sparen."
 

Nun war es Kevin, der die Stirn runzelte und aussah, als würde er nur Bahnhof verstehen.
 

"Er denkt, wir beide hätten was miteinander", klärte Jim ihn schließlich leise kichernd auf.
 

"Wir beide? Das ist doch Quatsch", wehrte Kevin sofort ab. "Jim ist nur ein Kollege und war da, als es mir schlecht ging."
 

"Genau, er liebt immer noch dich, du Trantüte", mischte sich indessen Marty zusätzlich ein. "Sorry Kevin, aber das hab ich dir all die Jahre angesehen und nie hab ich etwas gesagt. Deswegen hab ich Andre auch hergeholt. Er war mein Begleiter."
 

Während Andre nur stumm nickte, war Kevin erstaunt, verwirrt, aber auch dankbar, dass Marty ihm nie Vorwürfe gemacht hatte. Immerhin war bekannt, dass er nicht nur streng war, sondern auch Andre immer bevorzugt und geschützt hatte. Vielleicht unwissend auch vor ihm selber. "Und wir dachten, du bringst ein neues Model mit."
 

"Eher ein altes, sofern du dabei bist." Andre zwinkerte Kevin zu, der eine Weile brauchte, bis er den Wink verstanden hatte. Bali, er sprach Bali an und das Shooting, das ihm einiges abverlangt hatte.
 

"Warum willst du wieder modeln? Ich dachte, du schraubst nur noch an Autos herum und nicht an Männern."
 

"Hab was vor, daher die Bilder und ich mache das nur, wenn du es machst", murmelte Andre und wurde dabei ein wenig verlegen.
 

"Sag bitte, ja", bat er inständig und sah Kevin mit diesem unschuldigen Blick an, dass diesem ganz anders wurde.
 

Nein sagen war da etwas, was Kevin nicht in den Sinn kam. Vor ihm tauchten bereits die Bilder auf und schnell schüttelte er sich und gab nach. "Bin dabei, aber du kennst das. Körperkontakt und ähm ..."
 

"Weiß ich und hab damit kein Problem", grinste Andre schief, während er sich dreist auf Kevins Bett setzte und ihn ansah.
 

Jim verstand sofort, zog sich daher zurück und schlich sich bereits aus dem Zimmer raus. Marty tat es ihm gleich, nur ein wenig diskreter. "Ich hole mal noch Kaffee."
 

"Kaffee, so, so", schmunzelte Andre. "Und wir zwei? Reden?"
 

Sofort schüttelte Kevin auf die Frage hin den Kopf, zog den Anderen zu sich und küsste vorsichtig dessen Lippen. Endlich ein Kuss ohne Regie, Kamera oder Anweisungen, die sie zu befolgen hatten. Dieser Kuss war gewollt, trieb Kevin die Tränen in die Augen und brachte sein Herz dazu, noch schneller zu schlagen.
 

Jahre hatte er gelitten, tausend kleine Tode in Kauf genommen und endlich hatte er sein Ziel erreicht. Andre war hier bei ihm, erwiderte den Kuss und wie es schien, hatten sie eine gemeinsame Zukunft.
 

Vorsichtig löste sich Kevin von den unwiderstehlichen Lippen, sah in diese unschuldigen, braunen Augen und lächelte. "Reden wir über Bali?"
 

Andre schien kurz zu überlegen, dann aber grinste er verwegen. "Also nur reden wollte ich nicht." Erneut suchten und fanden sich ihre Lippen, verschmolzen zu einem zärtlichen Kuss, der noch sehr lange andauerte, aussagte, was beide füreinander empfanden und über Jahre verschwiegen hatten.



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Kommentare zu dieser Fanfic (8)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  dasy
2023-02-28T23:56:59+00:00 01.03.2023 00:56
Und was lernen wir daraus?
Redet miteinander und vor allem nicht nur über einander!
Niemand kann in eure Köpfe sehen und niemand kann wissen, was ihr fühlt oder wollt, solange ihr es nur in Euch reinfresst!
Schöne Geschichte, wenn auch grammatikalisch und vom Ausdruck her stellenweise leicht grottig. Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod und so weiter!
Aber insgesamt tut es der Geschichte keinen Abbruch, ich mag es, wenn sich auch mal halbwegs erwachsene Jungs wie vierzehnjährige Mädchen verhalten.
Und immerhin hast Du auch noch ein Happy End geschafft, was ich nach der ersten Geschichte, die ich von Dir gelesen hatte, nicht mehr erwartet habe.
Nur so als Idee: Nummeriere die Geschichten der "Prager Jungs", angefangen mit dem Dritten Teil von Harry und Draco zeitlich durch, dann kann man den Jungs einfacher folgen, ein wenig baut ja alles auf einander auf. Aber das ist nur ein Vorschlag, ich habe es ja auch nicht geschafft, sie in der Reihenfolge Deiner Veröffentlichung zu lesen, also ist fraglich, was die Nummerierung nützen würde...
Ich bleibe dabei, Du kannst echt gut schreiben, und ich werde auch immer mal wieder etwas von Dir lesen!

Gute Nacht, Dasy
Antwort von:  Pragoma
01.03.2023 07:59
Erstmal danke für deinen Kommentar. Ich muss anmerken, dass diese Story nicht auf anderen aufbaut oder damit etwas zutun haben. Vielleicht Namen und Job, aber die Jungs sind immer eigenständig und haben auch keinen Ausbau mit den Harry Potter Geschichten. Hier sind sie zudem deutlich älter und ich schreib eher in dem Bereich Darsteller für Filme ab 18 und da sind die Namen her. Also haben alle Storys mehr das gleiche Thema, aber ansonsten unabhängig voneinander. Man muss da nicht die und die Story lesen, um da etwas zu verstehen, einfach auch, weil Memories ein eigenes Werk und keine Fanfiktion ist.
Antwort von:  dasy
01.03.2023 08:20
Passt schon. Lass Dich von mir nicht ärgern. Ich bin nur nicht der Typ für ultimative Lobhudelei.
Ich hatte nur Angst vor dem Ende und dann ist es doch gut ausgegangen.
Hab noch einen schönen Tag!
Von:  SuperCraig
2020-04-29T00:09:05+00:00 29.04.2020 02:09
So,

Ich scheine doch noch geistig in der Verfassung zu sein, dass ich dir was schreibe. :D

Das ist die Härte, und ich kann es so gut verstehen. Kevin hat es nicht nur erwischt, es scheint so, als hätte er die Liebe seines Lebens gefunden. Das gehen zu lassen, das ist schlimmer, als wenn dir wer einen Dolch ins Herz rammt. Ich weiß das. Das war bei mir eine ähnliche Situation, und ich bin daran geistig fast zerschellt. Dabei kann ihm ein Jack auch nur so halb helfen. Er muss selbst kapieren, dass das vorbei ist, und der Prozess... Einmal durch die Hölle und zurück, und zwischendrin gefühlt tausend Jahre am heißesten Punkt sitzen.

Ich habe fast damit gerechnet, dass Andre und Adam ein Paar (geworden) sind, oder zumindest waren. Da sitzt er erst recht zwischen den Stühlen, wenn er Adam mag. Dass er das über die Jahre so gepackt hat, Hut ab. Ich wäre wahrscheinlich dem Wahnsinn verfallen. So starke Gefühle, der Glaube, DEN Richtigen gefunden zu haben, und dabei wird er von einem Anderen, den du auch noch magst, bereits geliebt...

Du sitzt da, bist bereit einfach alles hinzuschmeißen, einfach bereit, alles zu geben, und siehst, es reicht nicht, oder wie es in Kevins Fall ist, es darf nicht reichen. Wäre er mit Andre zusammengekommen, hätte er eine Beziehung zerstört, und auch noch die von einem guten Freund. Er streckt die Hand nach dem aus, was er so liebt, und dabei ist es unerreichbar.

Wahnsinn, das ist echt rührend. Vor allem weil es in dem Metier auch noch angesiedelt ist. Ich bewundere Andre und Adam aber auch. Wenn ich einer von den Beiden gewesen wäre, ich hätte durchgedreht, und zwar komplett. Du bist fest mit dem Anderen zusammen, und er schläft mit wem Fremden, oder eventuell sogar mit einem Freund von dir. Dieses Maß an Professionalität - Geld hin oder her, packe das mal erst. Ich könnte mir vorstellen, dass es da welche gibt, die emotional verkrüppeln.

Dieser Strohhalm mit der Adresse...rund um diesen Bereich die Sätze, die Metaphern, das hat es auf den Punkt hin getroffen. Auch der Zusammenbruch.

Ich weiß nicht, ob du das selbst mitgemacht hast, wenn ja, dann hast du es echt treffend beschrieben, wenn nicht, dann ist das noch ein wenig mehr herausragender, weil du es so gut getroffen hast.

Also, Deidara, dass eine Eigene Serie mich so packen könnte, das hätte ich nie geglaubt. Ich bin gerade echt nachdenklich und in mich gekehrt.

Ich hoffe, dass Adam und Andre sich getrennt haben, und Kevin ihn am Ende für sich gewinnen kann. Ich würde es ihm so wünschen, dieses eine Happy End.

Was auch noch so pikant ist: Kevin ist ja erfolgreich, auch hübsch (mein Typ ist er nicht, aber das heißt ja nix, objektiv gesehen ist er ansehnlich) und die Jungs würden ihm zu Füßen liegen. Er könnte wahrscheinlich durchgehen, sich einen aussuchen, den sogar so verformen wie er will, und dabei wünscht er sich nichts sehnlicher als das, was er nicht haben kann. Wie krank ist das eigentlich? Genau das macht die Story aber aus, weil selbst jemand wie er das gleiche Problem hat wie viele Andere.

Mir sind jetzt zwei Dinge aufgefallen: Du hast zweimal "seinem" geschrieben, was sich irgendwie komisch anhört.

"Jack unterband die Versuche alle, er setzte sogar noch einen drauf, beugte sich vor und schnappte nach Kevin seinem Ohr",

"Kevin war da anders, er hatte sich Hals über Kopf verliebt und das seit Andre seinem Shooting".

Ich würde da wirklich plump einfach "Kevins" und "Andres" schreiben.


"Ein hohes Risiko und sollte er erwischt werden würde es ihm im schlimmsten Fall den Job kosten."

Da gehört ein ihn, statt einem ihm.


Tut mir leid, wenn das pingelig rüberkommt, ist nicht so gemeint. Du schreibst so lebhaft, so gefühlsvoll, da stört das einfach. Sowas kann sich einschleichen, passiert mir auch, aber gerade bei einem echt guten Werk muss mich da, für mich selbst, was sagen. ;)

Ganz liebe Grüße hinterlässt ein sehr nachdenklicher
SuperCraig



Antwort von:  Pragoma
06.05.2020 09:40
Wenn man so lange jemandem nachrennt, dann ist es wohl die große Liebe. Ich selber kenn das noch gut und rannte ganze 5 Jahre einem Kerl nach, der es nicht einmal wert war. Da gab es leider aber auch keinen Jack, der mir durch die Hölle geholfen hat. Wäre schön gewesen.



Damals waren Adam und Andre ein Paar. Ganze zwei Jahre, die für Kevin nochmal die Härte gewesen sein müssten, da er sie ja beinahe täglich um sich hatte und sich nur schwer dem Ganzen entziehen konnte.

Andre und Adam waren nicht nur ein Paar, sie hatten auch Drehs gemeinsam aber ich denke, daran knabbert man doch, wenn man sogar noch zusehen muss, wie der feste Freund gerade beruflich mit jemand anderem schläft. Vielleicht ist das auch einer der Gründe, warum Andre überhaupt alles hingeschmissen hat.



Ich hab sowas tatsächlich durchmachen müssen, aber es ist Jahre her und dennoch kommt es immer mal wieder hoch und dann ist es aber auch gut und man kann umso besser schreiben.

Wow, es freut mich echt, dass dich eine eigene Serie so derart mitreißen kann. das freut mich wirklich und spornt an, an dem Ganzen weiter zu machen.


Max und Jack tun gerade sehr viel für Kevin. Max sogar noch mehr und er greift hierbei zu Mitteln, die ganz böse enden könnten und sogar eine Freundschaft in Gefahr bringt.


Oja, Kevin ist verdammt hübsch, auch heute noch und er wird mittlerweile 30. Jungs liegen ihm tatsächlich reihenweise zu Füßen, aber auch Frauen. Die haben nur leider alle Pech, weil Kevin nun mal auf Jungs steht. Dennoch will er nur Andre, Baby Andre und das seit er ihn das erste Mal gesehen hat. Kann ich aber auch verstehen, diese Unschuld im Gesicht zieht einen schon in ihren Bann.


So nun mal zu deinen pingeligen Anmerkungen xDD

Ich schreib so schon immer, ich mag diese Kürzungen nicht und auch, wenn sie manchmal nicht passen, so bleiben sie dennoch drin. So und nun geh ich mal frisch ans Werk, lade das neue Kapitel hoch und suche mal noch ein bisschen Musik zusammen.

LG Deidara










Von:  SuperCraig
2020-04-28T23:21:44+00:00 29.04.2020 01:21
Meine Güte, das ist ein Kapitel, emotional und zeitgleich doch mit einem gewissen Maß an Humor verbunden.

Das mit Max und Jack verstehe ich. Ist ja nicht nur so, dass Max halt mit einem eher bekannten Darsteller geht, sondern, dass sie beruflich miteinander zu tun haben. Wenn das in die Brüche geht, muss man schon sehr reif sein, und sich auch ein wenig Gedanken darüber machen, wie das so die restlichen Kollegen sehen werden, das Umfeld, und so weiter...

Kevin ist echt süß, wie er an Andre hängt. Ich finde das sehr romantisch, fast schon ein wenig ritterlich. Seinen Schutzpanzer, den man sich in dem Job, denke ich zumindest, abzulegen, ist schon sehr mutig und auch verdammt schwer.

Wie ist das eigentlich? Kevin, Jack, Adam und Andre waren ja Kollegen. Die haben zusammen gedreht auch? Bewundernswert, wenn du deinem Gegenüber nachher noch normal in die Augen schauen kannst. Diese nötige Distanz aufzubauen, das ist glaube ich irre schwer.

In dem Kapitel hast du wieder ein wenig mehr mit den Gefühlen gespielt als im Letzten. Ich konnte richtig spüren, wie sich Kevin fühlte, und auch Jacks Motive verstehen. Für den besten Freund da zu sein, während man selbst auf Wolke 7 schwebt, ist ein Kunststück. Finde das sehr reif und auch selbstlos (auch wenn die Jungs schon ein wenig älter sind als 16 oder 20, wo man mit solchen empathischen Prozessen noch mehr Probleme hat ;) ).

Übrigens, dass du die Liedereinstiege so konsequent durchziehst, finde ich gut. Ich weiß ungefähr, was mich grob erwartet, auf gefühlsmäßiger Ebene, wenn ich das Intro lese. Stimmt schon ein wenig ein, auf das was kommt.

Mal sehen ob ich noch geistig in der Lage bin, das nächste Kapitel gleich zu kommentieren, oder ob mir die Müdigkeit das Hirn vernebelt ;).

LG
SuperCraig
Antwort von:  Pragoma
03.05.2020 13:57
Hin und wieder gehört Humor mit rein, um das Ganze etwas aufzulockern. Ich würde sonst anfangen zu heulen, wenn ich nur auf emotionaler Schiene schreiben müsste.

Jack schwebt auf Wolke sieben ja, ebenso Max und doch hat mehr Jack Rücksicht genommen, da Max und Kevin nicht so den Bezug haben. Das wird man auch im neuen Kapitel dann deutlich merken.

Kevin, Adam, Jack und Andre haben auch zusammen gedreht, ja. Sehr oft sogar und sie waren zudem die berüchtigten Kinky Angels und es kam sogar auch vor, dass Kevin nur mit Andre gedreht hatte. Selten, aber es kam vor, wie man ja im ersten Kapitel lesen konnte.

Keine Ahnung, ob ich da noch genauer drauf eingehe, es wäre sonst Adult, da ich kein Fan von Zensur bin.


Chrom neigt sich leider musikalisch dem Ende zu. Leider passen nicht alle Songtexte, aber ein paar habe ich noch und suche bereits aber nach einer Alternative, da ich es echt beibehalten will und wollte.

Gerade hör ich es wieder, da ich ja aktuell gerade weiter schreibe und die Emotionen überall etwas überkochen. Da muss man schon das passende Beiwerk an Musik haben, anders kann ich das sonst nicht rüberbringen.

LG Deidara
Von:  SuperCraig
2020-04-12T18:17:36+00:00 12.04.2020 20:17
Hey!

Wie es der Zufall so will, habe ich gerade an einigen Werten in Pathfinder rumgespielt, und dabei gesehen, dass du hochgeladen hast :D.

Ich glaube, du solltest das mit dem Einstieg so echt beibehalten. Das sind immer so ein paar Zeilen, bei denen man gleich nachdenkt, ohne sich direkt auf die Story zu konzentrieren. Wenn das passiert ist, lässt man sich dann leichter auf das Geschriebene ein - die Auswahl war jedenfalls wieder passend.

Dieses Kapitel war jetzt weniger, also spannend wäre das falsche Wort, es war nicht so geistig anspruchsvoll, und dann doch... Der Einstreuer mit Jim hat sich gut eingefügt. Ich kann mir gut vorstellen, dass man in so einer Situation an jemand anderen denkt, wobei das der eigentlichen Person gegenüber recht böse sein mag. Ändert nichts daran, dass es verständlich ist, und auch wieder ein Stück zu Immersion und Lebhaftigkeit beiträgt.

Die Autofahrt war schnell rum, gefüllt mit Details, die insgesamt wieder ein Bild ergeben. Paul van Dyk kannte ich sogar, aus NFS Underground 2 - auch wenn Kevin weitergeschaltet hat, so musste ich ein wenig Schmunzeln. Wer auf diese Scheiben steht, hat einen eigentümlichen, aber guten Geschmack. ;D

Der Gedanke zu den Pferden gefällt mir persönlich gut. Das sollen wirklich sensible Tiere sein. War so ein "Random"-Faktum, das wieder aufgelockert hat.

Jetzt ist er also am Hof, und wird gleich als Max bezeichnet. Ich gebe zu, ich bin neugierig. Zufall? Versehen? Absicht?

Ich weiß nicht, aber bei der Autofahrt hatte ich das Gefühl, dass Kevin klar ist, dass er alleine ist, aber das auch ein wenig genießt. Finde ich normal. So eine Pause regt zum Nachdenken an, schafft einen frischen Geist und ermöglicht, wieder ein wenig klarer und objektiver auf so manche Dinge zu schauen.

Ich bin neugierig, was auf dem Hof und in den angedachten sechs Tagen alles so passieren wird.

Was mich auch noch interessiert: Wer ist denn der junge Mann?

Das sind Fragen über Fragen. Hoffentlich beantwortet die wer! :P

LG
SuperCraig
Antwort von:  Pragoma
15.04.2020 08:29
Huhu :)


Ja, derzeit schreibt sich die Story echt locker herunter, was ich anfangs nicht gedacht hätte. So langsam aber hab ich den Plan im Kopf, wohin das Ganze mal laufen soll.

Den Einstieg lasse ich tatsächlich so, da ich Chrom einfach liebe und die ziemlich viel passendes Musikwerk haben. Aber nicht nur sie, auch andere, die ich gerne mal beim schreiben höre.

Jim ist jemand, der damit denke ich gut klar kommt, dass er in dem Sinne nur ein Lückenfüller war. Er weiß ja auch nichts über Andre oder kennt ihn genauer. Aber er wusste ja, dass Kevin den nächsten Tag zu seinem besten Freund fährt und hat sich daher wohl auch zurückgezogen.


Ach du kennst den guten alten Paul? Find ich gut, ich hab ihn schon als Teeny gehört und liebe ihn auch heute noch. Gott, ich bin alt, aber er musste mal kurz rein, weil der Titel so passte und daher auch der schnelle Übergang. Der Titel ist ja nun doch etwas triggernd für Kevin gewesen.

Ich hatte damals ein Pflegepferd und ja, sie spüren genau, wenn es einem schlecht geht und sie werden auch gerne mal für Therapien eingesetzt und sie sind einfach großartige Tiere.


Verwirrung könnte es auch sein. Aber wer nun Max ist und wer der andere junge Mann? Das kommt schon im nächsten Kapitel dran :)

Ich weiß nicht, aber bei der Autofahrt hatte ich das Gefühl, dass Kevin klar ist, dass er alleine ist, aber das auch ein wenig genießt. Finde ich normal. So eine Pause regt zum Nachdenken an, schafft einen frischen Geist und ermöglicht, wieder ein wenig klarer und objektiver auf so manche Dinge zu schauen.

Ich muss zugeben, dass er klar war, ja. Er fährt immerhin Auto, da sollte man den Kopf schon frei haben und das hat er mit der passenden Musik und der Pause ganz gut geschafft. Ich denke, Ablenkung kann ihm die nächsten Tage ganz gut helfen und Jack wird ihn da ganz sicher unterstützen.


LG Deidara
Von:  SuperCraig
2020-04-09T21:08:32+00:00 09.04.2020 23:08
Hey du!

Zuallererst einmal: Das Kapitel hat mir wieder gut gefallen.

Die innere Zerrissenheit, die innere Verschlossenheit von Kevin, ich kann das sehr gut nachvollziehen. Du kannst dich deiner Familie nicht anvertrauen, auch nicht deinem besten Freund. Du machst es dennoch, auch wenn sie oder er weit weg sind/ist. Du hoffst, dass dir jemand diese Gedanken, diesen unausgesprochenen Schmerz nehmen kann, aber wirst enttäuscht. Einerseits hast du Schiss, nachzuforschen, andererseits willst du aber unbedingt, weil es dich beinahe an den Rand des Wahnsinns treibt, nicht zu wissen, was mit dem Anderen ist. So zumindest, lese ich das heraus, und das passt auch, wenn dem so ist.

Der Hof von Jack, signalisiert Distanz, und dabei einen sicheren Hafen, weil eben er selbst dort lebt. Das mit den Pferden nimmt man gerne in Kauf, weil es doch noch immer entschädigt, indem man den besten Freund besucht. Ich hoffe, dass Kevin dort die Ruhe findet, die nötig ist, aber zweifle ein wenig daran. Nichts kann diese Gedanken, und den damit verbundenen Schmerz, wirklich lindern, oder gar auflösen. Hoffentlich werde ich eines Besseren belehrt.

Es wundert mich, dass er sich traut, durch die Stadt zu fahren, in der Adam wohnt. Das ist, nach Jims Worten, nicht nur erstaunlich, nein, es ist mutig. Mutiger, als die meisten Menschen in der Situation wären, finde ich zumindest. Natürlich wäre, diesen Ort zu meiden, vor allem nach der Geschichte... Auch wenn es nur eine "erfundene" Figur sein mag, sie hat meinen tiefsten Respekt.

Mal sehen, mit wem Adam, wenn er es denn wirklich war, zusammen ist. Ich bin gespannt, gespannt wie ein Flitzebogen.

Weißt du, gerade diese Story, dieser eine Kollege, den Kevin so liebt, trotz der Tatsache, dass er so wenig über ihn weiß, macht den Charakter so glaubwürdig. Dazu der Job. Für mich zeigt das, abstrakt gesehen, dass es sich bei solchen Darstellern am Ende auch nur um Menschen handelt. Sie mögen hübsch sein (vor allem Adam :P), begehrenswert, und sicher auch so mancher mit dem Wissen ausgestattet, dass er da draußen Dutzende, Hunderte, vielleicht sogar Tausende haben könnte, aber nur die eine Person will, und auch von der Liebe, Zuneigung und Zärtlichkeit, wie alle anderen auch.

Mal ein wenig Abseits der FF: Ich war so frei, ein wenig zu überfliegen, was du sonst so schreibst, und habe auch ein wenig drüber nachgedacht. Mir hat sich eine Frage gestellt, die auch hier schlagend wird; mal angenommen, Kevin und Andre kommen zusammen, wie hält der Eine es aus, wenn der Andere schlicht seinen Job macht, und dabei ein Stück weit sich selbst, etwas, dass dem Anderen gehören sollte, verkauft? Ich glaube einfach nicht, dass man da ewig mit Professionalität drüberstehen kann. Das wäre die, für mich, nächste spannende Frage.

Ich bin noch so frei, dass ich dir hier auf den Kommi unten antworte ;).

Mir tut die Story ganz gut, weil sie fern der Genres ist, die ich normalerweise gerne lese und auch bediene. Es sind Alltagsprobleme, aber so schön und detailreich beschrieben, dabei aber wieder mit dem gewissen Mut zur Lücke, dass mein Gehirn arbeiten muss, nachdenkt, und dabei eine feste Vorgabe hat. Ich denke, deinen Job, in der Eigenen Serie, machst du sehr gut.

Ich, und bin hoffentlich damit nicht alleine, merke, wie dir die Arbeit Spaß macht. Du spielst mit den Sätzen, und hast auch den nötigen Mut, etwas stehen zu lassen. Dass Kapitel länger und kürzer sind, ist total normal. Ich meine aber zu erkennen, dass du nicht an der Wortanzahl klebst (ein Fehler, den ich selbst sehr oft mache), sondern so schreibst, wie es dir in den Sinn kommt. Bewahre dir das unbedingt!

Was ich mich heute auch gefragt habe, war, warum ich denn auf deine FF geklickt habe. Also wirklich. War es das Cover? Vielleicht. War es der Klappentext? Auch ein wenig. Waren es die Fotos (ja, die haben eine gravierende Rolle gespielt; einer davon ist genau mein Typ :P)? Ich bin normalerweise echt kein Freund der Eigenen Serie, obwohl ich das selbst ein paar Mal geschrieben habe, umso mehr freut es mich, dass du den Schritt gewagt hast, was Eigenes auf die Beine zu stellen. Ich glaube auch, dass das der richtige Schritt für dich war. Lass dich nicht entmutigen, falls es am Anfang mit dem Feedback stocken sollte - dein Spaß ist das Wichtigste.

Ich drücke mal frech zurück ;D.

In freudiger Vorfreude auf das nächste Kapitel
SuperCraig



Antwort von:  Pragoma
12.04.2020 19:51
Hallo :)

Awaaa wieder so ein schöner Kommentar, der mir den Elan gibt weiter zu schreiben.

Andre und Kevin waren tatsächlich mal ein Paar, ich plane dazu aber eine selbstständige Geschichte und die ist rein aus Andre seiner Sicht und da kommen knallhart die Fakten auf den Tisch, die ich ein bisschen sammeln konnte und vieles aber auch von Familie und Freunden erfahren habe. Wie man damit umgeht, wenn der eine nur seinen Job macht, weiß ich nicht. Hut ab, für die, die es können und dabei nicht gleich am Rad drehen.

Hier sind sie nun kein Paar, sie waren Kollegen, dazu aber sehr enge Kollegen, die oft zusammen einen Dreh hatten und sich so gesehen ziemlich lange kannten. Nun ist Andre aber weg, warum auch immer. Muss ich noch drüber nachdenken, da ich es mit seiner Biografie nicht zusammen schmeißen will. Erstmal will ich die Geschichte hier etwas locker halten, immerhin kommen hier bald die sogenannten heißen Erinnerungen, die sich immer mal wieder kleckerweise in Kevins Kopf schleichen.

Fies, aber gut, er hat Jack, er hat Adam und noch ein paar gute Freunde und Kollegen und sicher steht er auch irgendwann drüber oder aber er geht daran kaputt.

Muss ich als Autor der Geschichte noch drüber nachdenken.

So aber nun düse ich mal los und lade das neue Kapitel hoch, auf wlches du sicher schon wartest.

LG Deidara
Von:  SuperCraig
2020-04-08T11:00:09+00:00 08.04.2020 13:00
Hey du!

Und gleich das nächste Kapitel, freut mich! :D

Der Einstieg war wieder, wie beim vorigen Kapitel, klasse. Das wird aus einem Lied sein? Es passt jedenfalls als Einleitung sehr gut, und, wenn man sich drauf einlässt, kann man über die Worte nachdenken.

Kevins Sehnsucht beschreibst du sehr einfühlsam. Ich bin selbst grade ein wenig in Depristimmung, da kann ich mich noch besser hineinversetzen (was aber ohne diesen Gemütszustand gut möglich sein sollte).

Ich musste bei der Entenfamilie ein wenig schmunzeln, weil das ja in der Regel Ente, Erpel und Entenküken sind. Das spiegelt auch nur wider, was er sich wünscht, oder zumindest teilweise. Ich interpretiere zumindest so raus, dass er sich seinen Kollegen zurückwünscht, an seine Seite, nicht nur als Arbeitskollegen.

Du schreibst "recht" kurz, im Vergleich zu anderen, die oft 5.000 Wörter oder mehr in ein Kapitel packen. Das macht hier aber nix, weil es schön gegliedert ist, und vor allem, du schaffst es, in "wenigen" (ich weiß dass das nicht wenige Worte sind), Emotionen einzubringen und ein klares Bild zu erzeugen.

Der Fluchtreflex, die Ablehnung, der Wunsch, dass durch ein Abbrechen der Zelte sich einfach alles ändert, so klar und verständlich - richtiger Liebeskummer, der aber doch einen Hauch, eine Nuance enthält, bei der man sich fragt: Ganz sicher, dass sie ein Paar waren / Kevin will, dass sie wieder eins werden? Der schmale Grat wird hier von dir sehr gut beschritten, immer mit einem Kipp zu "ganz klar Pärchen", dann aber wieder ins Neutrale.

Kevin kommt jetzt schon sensibel rüber. Nicht so klassisch klischeehaft, weinerlich, wie es oft in Filmen und Büchern aufgezogen wird, sondern einfach...einsam. Dieses bedrückende Etwas, das unausgesprochen im Raum liegt, auf seinem Herzen lastet - niemand kann ihm dagegen helfen, und doch halten sie die Hand auf, strecken sie ihm entgegen. Das beschreibt die Situation ganz gut, denke ich. Also jetzt mal abseits von der FF, so ist es zu empfinden, wenn man großen Liebeskummer verspürt, oder jemanden sehr Nahestehenden verloren hat. Ich kann ihn mir gut vorstellen, auf der Bank, neben dem Fluss, nachdenklich, in sich gekehrt, in seiner eigenen Welt, die von dunklen Wolken durchzogen ist.

Ich bewundere jeden, der es schafft, sowas zu vermitteln. Mein tiefer Respekt.

So, und jetzt noch eine klitzekleine Kleinigkeit zum Abschluss: Der erste Satz - Wie oft stand er schon am Ufer der Moldau und machte sich Gedanken.
Jetzt muss ich dich fragen, wie der Satz gemeint ist: Wenn es ausdrückt, dass er sich da oft aufhält, wäre ein "so" zwischen dem "Wie" und dem "oft" angebracht, sonst würde ein Fragezeichen die innere Frage des Moments ganz gut ausdrücken.
Wieder nur eine ganz minimale Geschmacksfrage, bei einem sonst wirklich hervorragenden Text.

Hat mir wieder sehr gut gefallen und großen Spaß gemacht zu lesen, auch wenn es zum Nachdenken anregt.


Antwort von:  Pragoma
09.04.2020 12:29
Hallo :)

Tatsächlich sind die ersten Zeilen aus einem Song, der von CHROM stammt und Loneliness heißt. Er passt einfach vom Thema her zum gesamten Text und gerade habe ich Pippi in den Augen, weil dein Kommentar mich überwältigt.

Normal war ich bis vor wenigen Monaten noch ein FanFiktion-Schreiber, aber ich hab gemerkt, dass man da nicht so spielen und schreiben kann, wie bei eigenen Werken. Man musste sich einfach zu sehr in die Rolle fügen, aber das habe ich hier auch und dennoch genug Platz für eigene Spielereien.
So auch die Emotionen, die hier wirklich kurz gehalten werden und dennoch so viel aussagen. Ich spiel da gerne mit dem Satz “in der Kürze liegt die Würze.” Emotionen muss ich fühlen können, um sie zu schreiben und daher sind manche Kapitel bei mir länger oder eben auch kürzer.

Da fehlt wirklich ein Fragezeichen, immerhin stellt sich Kevin diese Frage selber und da sollte man auch eins einfügen. Er verbringt oft Zeit an der Moldau, er geht dort sehr oft joggen oder generell Sport machen, wenn das Wetter passt. Er verbringt zwar auch viel Zeit im Fitnessstudio aber diese dann eher zusammen mit Adam, was aber gerade nicht passend ist, da Adam nicht in Prag selber lebt.

Die Jungs haben ja immerhin einen sehr speziellen Job, wo ein gut gebauter Körper ein Muss ist und jetzt muss ich nochmals Danke sagen. Danke für diesen tollen Kommentar, der mir wieder deutlich zeigt, dass es wirklich Zeit war, Fanfiktion einmal hinter sich zu lassen und etwas Neues zu wagen.

Fühl dich mal ganz lieb gedrückt von mir.
Von:  SuperCraig
2020-04-07T00:30:20+00:00 07.04.2020 02:30
Hi!

Ich habe es schon ein paar Tage vor mich hergeschoben, aber jetzt, wo ich noch einmal drübergelesen habe, muss ich einen Kommi dalassen. ;D

Mich hat zuallererst einmal das Cover ein wenig in den Bann gezogen. Dieser suchende, nachdenkliche Blick, kombiniert mit dem Titel - hat schon einmal ein wenig meine Neugierde geweckt.

Der Einstieg mit dem Zitat - welches Game ist das? Etwas, das jemand in der heutigen Zeit neben GTA zockt - ein MMORPG?

Es wirkt jedenfalls sehr philosophisch. Regt auch zum Nachdenken an. War ein guter Anreißer. Kurz, knackig, mit genügend Freiraum um drüber zu philosophieren.

Du vermischt in dem Kapitel ein wenig Sehnsucht, die spürbar im Charakter brennt mit so einer Art, hm, wie soll ich das denn nennen - frecher Verspieltheit? Witz? Charme? Ich stelle mir Kevin wie so einen frechen Player vor (auch wenn ich Anglizismen hasse, aber mir fällt kein besseres Wort ein). Passt zum Bild auf der Charakterseite. :P

Ich würde eine Sache ändern. Das soll keine Kritik sein, aber dieses „was er neben GTA...“ - ich würde dieses Was durch ein Das ersetzen. So nimmt es dem Satz ein wenig die Flüssigkeit beim Lesen, bzw. es passt nicht ganz rein.

Jetzt bin ich gespannt, was noch kommt. Wenn ich werten müsste, wäre Adam der Niedlichste. Wie er die Stäbchen im Mund hat. :P

Aus Neugierde heraus, wie spricht man Andre und Adam aus? So wie es dasteht, also Andre und Adam oder anders? Wahrscheinlich Adam Englisch, also Ädem?

Insgesamt echt ein guter Einstieg gewesen. 👌🏻 Freue mich aufs nächste Kapitel.

Antwort von:  Pragoma
07.04.2020 08:54
Hallo :)

Das Cover war ein Akt für sich, ja. Ich hab mich durch zig Bilder wühlen müssen, um dieses am Schluss dann doch noch zu finden. War echt nicht leicht, weil der Herr doch verdammt viele Bilder hat und nicht alle als Cover taugten.

Das Zitat ist tatsächlich aus dem Game Final Fantasy und es kommt von Sephiroth selber, falls es dir etwas sagt.

Tatsächlich ist Kevin wirklich ein Player, immerhin hab ich ne ziemlich gute Vorlage, was seinen Charakter angeht und ja, ich mag es, diesen hier getreu wiederzugeben. Er hat aber nicht nur eine freche Seite, auch die sensible kommt gerne mal durch und die Schüchternheit ^^

Deine Kritik nehme ich zudem gerne an, da DAS wirklich besser passt und was dann doch eher seltsam klingt.

Adam ist wirklich ein ganz niedlicher Kerl, aber er ist nicht ganz ohne. Man spricht ihn zudem Adama aus, weil die Jungs allesamt aus der Tschechei stammen. Dort spricht man Andre auch eher als Ondre aus.

So nun hab ich alles brav beantwortet und es freut mich, dass es dir bis hierhin gefallen hat. Kapitel 2 ist schon in Produktion und lange muss man darauf nicht mehr warten.


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