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*~Colours Of My Life~*

~A Collection Of Jojo's Bizarre Adventure Short-Stories~
von

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*Good Vibes*

Die Klimaanlage hatte noch einigermaßen die Hitze, die im Flieger herrschte eindämmen können. Als Rohan jedoch schließlich mit Nika nach draußen trat und sich die Hitze der Mittagssonne wie ein Tuch auf sein Gesicht legte, wünschte er sich für wenige Sekunden wieder die angenehmen Sommertemperaturen von Morioh zurück. Nika hatte Rohan bereits auf dem Hinflug gewarnt, dass es auf Jamaika um diese Jahrezeit sehr heiß sei aber dass die Hitze ihn so übermannen würde, damit hatte er nicht gerechnet. Sie erreichten den Norman Manley International Airport ohne Verspätung. Beim Ausstieg fiel Rohan bereits auf, wie malerisch die Inseln, die sich zu Jamaika zusammensetzten, waren. Dass Nika tatsächlich aus Jamaika stammte sah man ihr mit den rot gefärbten Haaren sowie der hellen Haut gar nicht an und einmal mehr wunderte er sich, dass ihr die Hitze so gar nichts ausmachte. Am Eingang des Flughafens setzten die beiden sich erst mal auf eine Bank und warteten.

"Wahnsinn. Die Hitze in diesem Land ist kaum auszuhalten. Ich meine, du hast mich ja schon vorgewarnt aber das hier sprengt alle meine Erwartungen."

"Tja, willkommen auf Jamaika, Rohan. Oder wie wir hier sagen, Aalrait! Wenn wir bei meinem Vater ankommen ziehen wir uns erst mal um."

"Das wäre wohl das Beste, ich gehe ein in meinen normalen Klamotten! Ich hoffe, dein Vater ist nicht zu streng mit mir."

"Ach wo, mein Vater ist wohl der lockerste Mensch, den du dir vorstellen kannst! Bei ihm musst du dir keine Sorgen machen! Lern ihn erst mal kennen."

"Ich bin...einfach nur etwas nervös. Aber diesmal mehr als bei Billy und Jared. Ich meine, er ist dein Vater, das ist noch was anderes."

"Glaub mir, ich denke, ich hätte eher Probleme bei deinen Eltern gut anzukommen weil du aus einem strengen Haushalt stammst. Deine Eltern würden meine viel zu lockere Art und meine Lebenseinstellung ganz sicher nicht akzeptieren. Zumindest denke ich das jedes Mal wenn du mir von ihnen erzählst."

"Sei mir bitte nicht böse aber ich denke, das wäre tatsächlich so. Meine Eltern haben mich geliebt aber ich war auch immer ihr ganzer Stolz. Auch wenn sie fast nie da und auf Geschäftsreisen waren wollten sie, dass ich mit Diziplin und Strenge erzogen werde. Sie hätten mir bestimmt nie erlaubt eine Frau wie dich an meiner Seite zu haben."

Rohan entging nicht, dass er von Nika keine Antwort mehr erhielt, doch die Stille wurde in jenem Moment unterbrochen als sie ein hochgewachsener Mann mit einer Mähne voller Rastazöpfen sich ihnen näherte und sie mit offenen Armen empfing.

"Trinidad, mi dawta!"

"Faada!"

Voller Freude sprang Nika dem Rastaman in die Arme, der sie erst mal hochhob bevor er sie kräftig drückte.

"Ich freue mich so sehr über deinen Besuch, meine Kleine. Es ist so lange her seit ich dich das letzte Mal gesehen habe."

"Viel zu lange, Vater. Es ist schön endlich wieder hier zu sein!"

"Ich bin etwas spät dran. Ich hoffe, ich habe euch nicht warten lassen?!"

"Keinesfalls, wir sind erst vor ein paar Minuten angekommen."

Im Anschluss fiel der Blick von Nika's Vater auf Rohan, der doch leicht nervös wirkte.

"Ah, du musst Rohan sein! Es freut mich sehr dich endlich kennenzulernen!"

Für Rohan war die stürmische Begrüßung als der Mann ihm einen Klaps auf den Rücken gab sowie die offene Art, die auch Billy und Jared an den Tag gelegt hatten, sehr gewöhnungsbedürftig aber keinesfalls unangenehm. Er erwiderte mit einem kräftigen Händedruck und einem neutralen Lächeln auf den Lippen.

"Die Freude ist ganz auf meiner Seite, Herr Zambrano."

"Ich bitte dich, nicht so förmlich! Nenn mich bitte Ricardo! Nun denn, wollen wir? Ihr seid sicher erschöpft von dem langen Flug. Bei mir Zuhause könnt ihr euch etwas frisch machen!"

"Oh, du hast sogar den Pickup genommen, um uns abzuholen! Klasse! Komm, Rohan!"

Schmunzelnd folgte der Mangazeichner der Rothaarigen, die statt auf dem Beifahrersitz mit ihrem Gepäck auf der Ladefläche Platz nahm. Rohan folgte ihr und setzte sich neben sie.

"Alles klar, los geht's, ihr Hübschen!"
 

*~*
 

Der Weg zu Ricardo's Haus führte Rohan und Nika direkt durch die Innenstadt und am Strand vorbei. Bereits auf dem Hinweg bekam Rohan eine regelrechte Reizüberflütung zu spüren als er die malerische Gegend sowie deren Menschen betrachtete. Dabei drang gefühlt von allen Straßen Musik an sein Ohr und während sie fuhren zückte er seinen Block um einige Motive festzuhalten.

"Du bist ja jetzt schon ganz begeistert."

"Es ist traumhaft. Mit der Hitze habe ich noch etwas zu kämpfen aber die Stadt...es ist wie eine ganz andere Welt für mich."

"Montego Bay ist einer der schönsten Städte Jamaika's und sehr beliebt für Touristen, gerade wegen des tiefblauen Meeres. Vater wohnt etwas abgelegen von der Innenstadt aber direkt am Strand."

Sie fuhren fast eine ganze Stunde bis sie das Zuhause Ricardo's erreichten doch zu Rohan's Überraschung strahlte dieser Ort nur so von Idylle. Sein Haus lag an einer Straße, von der er aus direkt in die Kleinstadt, in der er lebte gehen konnte. Zur anderen Seite grenzte einige Meter weiter das Meer, welches von einigen Palmen umgeben war. Als sie vom Pickup abstiegen, konnte Rohan nicht anders als für einen Moment gebannt auf das blaue Meer zu starren.

"Und? Wie findest du es?"

"Das ist...wie das reinste Paradies."

"Ich sagte doch, dass er dir gefallen wird."

"Ich kenne die Antwort zwar schon aber warum bist du nie hierher zurückgezogen, Nika?"

"Wie du schon sagst, du kennst die Antwort aber verstehst du jetzt, warum mich manchmal so die Sehnsucht nach Zuhause packt?"

"Noch nicht ganz so wie du aber ich möchte es gerne mit dir über die nächsten acht Tage herausfinden."

"Das würde mich sehr freuen, Rohan."

Darauf folgten sie Ricardo ins Haus, dessen Eingang mit einem Holzperlenvorhang verzierrt war.

"Fühlt euch ganz wie Zuhause! Ihr könnt eure Sachen hier drüben abstellen! Mein Haus ist eurer Haus!"

Bei näherer Betrachtung der Wohnung fielen Rohan direkt einige Klangspiele ins Auge, die aus bunten Glas bestanden und das Licht der Sonne an der Wand in den schönsten Farben reflektierte. An den Wänden hingen Flaggen von Jamaika sowie Bilder von Bob Marley. Auf dem Boden lagen diverse orientalische Teppiche und neben der Haustüre stand ein alter Fernsehr sowie eine orangefarbene Couchgarnitur. Auf dem kleinen Tisch, der vor dieser stand konnte Rohan einige Instrumente wie Nadeln oder Werkzeuge wie einen Schraubenzieher erkennen.

"Die Dusche befindet sich hier den Gang runter auf der linken Seite. Euer Zimmer habe ich im kleinen Gästezimmer hergerichtet. Ich hoffe, der Platz reicht für euch beide aus."

"Das wird es sicher, Vater. Tanks!"

"Yuh welkom!"

Schließlich fiel Nika's Blick auf einen hölzernen Schrank, auf dem diverse Dekorationen standen sowie kleinere Bilderrahmen, in den sich Polaroids befanden.

"Vater, du hast sie ja alle aufbewahrt."

Rohan erkannte direkt den sentimentalen Unterton in Nika's Stimme.

"Ja, das habe ich. Ich hänge nach wie vor sehr an deiner Mutter, Trinidad. Ich kann sie nicht vergessen. Ich brauche diese Fotos, um sie für immer in Erinnerung zu halten. Dabei fällt mir ein, ich habe etwas für dich..."

Einen Moment lang verschwand Ricardo im Hinterzimmer und kam anschließend mit einem braunroten Stoff wieder, der an einigen Stellen goldene sowie schwarze Stickereien aufwies.

"Dieser Wickelrock gehörte einst deiner Mutter. Ich schenkte ihn ihr als sie Jamaika das zweite Mal besuchte. Ich weiß ja, dass du nicht gerne Röcke trägst aber...ich dachte, um sie in Ehren zu halten..."

"Vater...der ist wunderschön! Ich werde ihn liebend gerne tragen! Vielen Dank!"

"Ich konnte mich einfach nicht von ihm trennen als ich kürzlich hier ausgemistet habe. Ich dachte, bevor ich ihn wegschmeisse sollst du ihn kriegen. Du wirst sicher zauberhaft in ihm aussehen."

"Dann werde ich ihn direkt mal anprobieren!"

Nach einer schnellen Dusche trat Nika mit dem Rock und einem weißen Top bekleidet ins Wohnzimmer, wobei sie sowohl von Rohan als auch von ihrem Vater erstaunte Blicke zugeworfen bekam.

"Nika...du...du siehst aus...wie deine Mutter..."

"Ich bitte dich, Vater...ich sehe doch ganz anders aus."

"Nein. Nur die roten Haare sind anders, du bist deiner Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten."

Nika entging nicht, wie sich in den Augen ihres Vaters Tränen ansammelten. Auch Rohan kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.

"Du...du siehst wunderschön aus."

"Danke."

"Ihr Lieben, habt ihr Hunger? Ich koche euch gerne etwas."

"Sehr gerne. Doch...ich würde ganz gerne erst einmal...zu ihr gehen."

"Wie du möchtest, Nika. Sie ist immer da und wartet schon auf dich."

Fragend schaute Rohan der Rothaarigen hinterher während sie den Strand ansteuerte. Der Mangaka hingegen nahm gegenüber von Ricardo Platz und beobachtete, wie dieser zwei Bier öffnete und anfing sich einen Joint zu drehen. Das war wohl normal auf Jamaika aber damit musste Rohan sich wohl abfinden. Einen Moment lang beobachtete er den Mann. In seinen langen Rastalocken befanden sich kleine Kugeln, die in einige seiner Strähnen reingeflochten worden waren und die typischen Farben für Jamaika darstellten. Am Körper hatte er diverse schwarze Tattoos, darunter ein Cannabisblatt direkt auf die linke Wange tätowiert. Er sah nicht schlecht aus, war vielleicht sogar bei den Frauen beliebt und durchtrainiert. Zögerlich nahm Rohan das Bier entgegen, welches Ricardo ihm reichte und stieß mit ihm an.

"Auf die Familie."

"Auf die Familie, Ricardo."

Beide nahmen einen tiefen Schluck aus ihren Flaschen und Rohan war für einen Moment sehr dankbar über die eiskalte Flüssigkeit, die ihm die Kehle runterlief.

"Danke übrigens dafür."

"Ach, dafür doch nicht! Du gehörst jetzt auch zur Familie, Rohan. Und ich bin sehr froh zu wissen, dass meine Tochter nicht mehr alleine ist. Sie hatte in ihren letzten Briefen sowie Telefonaten viel von dir erzählt. Du zeichnest Comics oder sowas in der Art, richtig?"

"Genau, ich bin Mangaka. Sowas wie ein japanischer Comiczeichner."

"Ein Künstler also. Finde ich gut. Es ist schade, dass man mit Kunst heute nur noch so wenige Menschen begeistern kann. Zeichnen ist eine Gabe, die nicht jedem gegeben ist aber man kann mit ihr Großes bewirken."

"Es ist lange her, dass ich jemanden getroffen habe, der genauso denkt, Ricardo."

"Nun, ich bin irgendwo auch eine Art Künstler. Ich bin Tätowierer."

"Ah, ich verstehe. Deswegen die Nadeln und die Instrumente."

"Ein kleines Studio würde sich besser anbieten aber leider kann ich mir das nicht erlauben. Deswegen habe ich für die Zeit, wo ihr hier seid mein Arbeitszimmer zum Gästezimmer umgebaut. Das ist aber kein Problem, die Instrumente stehen solange hier im Wohnzimmer."

"Das wäre doch nicht nötig gewesen."

"Oh doch! Ich weiß ja selbst, dass es nicht sonderlich groß ist aber wenn ich schon die Gelegenheit meine Tochter zu sehen, möchte ich sie ungerne in ein überteuertes Hotel stecken. Jamaika ist schön aber es gibt auch viele Kriminelle und ich habe nur diese eine Tochter. Das Gleiche gilt aber auch für dich, Rohan. Du bist mein Gast und gehörst zur Familie, zögere deswegen nicht wenn du etwas brauchst."

"Danke, das ist sehr freundlich."

"Ich freue mich wirklich sehr über euren Besuch. Es sind so viele Jahre vergangen seit ich Trinidad das letzte Mal gesehen habe. Aber ich weiß, dass sie sehr eingebunden ist mit ihrer Arbeit und ihrem neuen Leben."

"Sie hat sich sehr gut in Morioh eingelebt, Ricardo."

"Sparrt sie denn nach wie vor jeden Cent für ihre eigene Tanzschule?"

"Ja aber sie ist der Meinung, dass sie es nicht schaffen wird."

"So ein Quatsch! Ich kenne meine Tochter. Wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat, kann man sie nicht mehr aufhalten. Sie glaubt nur zu wenig an sich selbst. Tritt ihr da ruhig ein bisschen auf die Füße!"

"Keine Sorge, das tue ich."

"Ich kann es leider nicht und ich glaube auch nicht, dass sie das möchte. Dass sie sich eine Zukunft aufbauen konnte ohne die Hilfe ihrer Eltern ist sowieso ein Wunder. Ich bin mit einer wundervollen Tochter gesegnet wurden."

Einen Moment lang sagte keiner ein Wort, dann schaute Ricardo sehnsüchtig auf das Regal, wo die Polaroids standen.

"Ich bin kein wirklich guter Vater, Rohan. Ich würde alles für meine Tochter tun wenn ich könnte. Als ich damals noch in der Autowerkstatt gearbeitet habe, habe ich das Geld für Trinidad's Brust-OP zusammengesparrt, damit ihr das Schicksal vom Krebs zugrunde gerichtet zu werden ersparrt bleibt. Wieiviel Geld ich dafür ausgeben musste war mir egal, ich wollte einfach nur meine Tochter retten! Sie ist das einzig Gute, was nach dem Tod ihrer Mutter noch geblieben ist."

"Und sie ist dir sehr dankbar dafür, Ricardo. Sie liebt dich über alles."

"Ich weiß und trotzdem habe ich das Gefühl, dass es nie genug ist. Trinidad verdient ein so viel besseres Leben. Sie sagt immer wieder, dass sie möchte, dass ich auch glücklich bin und wenn ich jemanden finden würde, in den ich mich vom ganzen Herzen wieder verliebe, würde sie das sehr glücklich machen. Sie möchte nicht, dass ich alleine bin."

"Und damit hat sie recht."

"Ja, ich weiß...aber bis heute kam ich nicht über den Tod ihrer Mutter hinweg. Ava...war eine wundervolle Frau."

"Ava also. Nika hat nicht oft über ihre Mutter geredet."

"Verständlich, es war auch eine furchtbare Tragödie. Ihr vollständiger Name lautete Ava Charlotte Harper. Sie war ein Workaholic aber auch diese Art von Menschen brauchen mal Urlaub und so lernten wir uns kennen als sich unsere Wege eines Tages hier auf Jamaika kreuzten. Ich war sofort von ihr gebannt, diese grünen Augen und weiße Haut. Das alles hat Trinidad von ihr geerbt, von mir die schwarzen Haare. Ich vermisse Ava furchtbar, Rohan. Ich denke jeden Tag an sie und mache mir bis heute Vorwürfe, dass ich nicht da war als sie mich gebraucht hatte. Ich bin ein totaler Versager, Rohan. Ich habe nicht viel aus meinem Leben gemacht aber Ava und Trinidad waren das einzig Gute in meinem Leben. Ich hätte alles für sie getan. Für Ava kann ich es nicht mehr aber für meine Tochter."

"Du bist ein guter Vater, Ricardo. Selbst auf die Entfernung und das weiß Nika auch."

"Rohan...dürfte ich dich um einen Gefallen bitten? Bitte...versprich mir, dass du auf sie aufpasst. Dass du sie beschützt. Meine Tochter gehört nun dir. Sie soll ihr Leben in Glück und jeden Tag mit Freude verbringen. Das ist alles, was ich mir für sie wünsche."

"Ich verspreche es dir, Ricardo. Wobei ich manchmal glaube, dass ich nicht der Richtige für sie bin."

"Was lässt dich das glauben?"

"Ich...habe manchmal Sorge, dass ich ihr nicht wirklich das geben kann, was sie möchte oder braucht weil ich mein Leben lang introvertiert und für mich gelebt habe. Jetzt jemanden an meiner Seite zu wissen, der mir alles bedeutet...ist so ein neues Gefühl für mich und manchmal...habe ich einfach das Gefühl, dass ich nicht genug für sie da bin. Dass ich einfach sehr viel falsch mache...und sie am Ende wieder gehen könnte."

Mit zusammengekniffenen Augen nahm Ricardo einen tiefen Zug aus seinem Joint.

"Du hast Selbstzweifel, Junge aber die sind vollkommen unbegründet. Wenn Trinidad's Herz dich ausgewählt hat, dann wird es auch seinen Grund haben. Und wenn ich ehrlich bin sehe ich mich ein wenig in dir wieder. Ich hatte auch diese Selbstzweifel aber Ava...sie hat es nicht oft gesagt aber sie hat mich immer wieder spüren lassen, dass ich der Einzige in ihrem Leben bin. In einer Beziehung läuft nicht immer alles rund aber solange die Herzen im Einklang sind kann man alles erreichen."

"Ja, vielleicht hast du recht. Wo...wo ist Nika überhaupt hingegangen?"

"Da, wo sie ihrer Mutter am nähesten ist. Am Grab ihrer Mutter. Warum gehst du ihr nicht nach während ich das Essen vorbereite?"
 

*~*
 

Sie hockte im Sand, die Arme um ihre Knie geschlungen und schaute in die Ferne. Neben ihr unter einer Palme war ein kleiner steinerner Altar aufgebarrt, auf dem Nika ein Duftstäbchen entzündet hatte. Zwischen einigen Blumen und Blättern befand sich eine Urne. Rohan vermutete, dass es sich dabei um die Urne von Nika's Mutter handelte. Schweigend setzte er sich neben sie und versuchte den Punkt auszumachen, den Nika in der Ferne am Horizont fokussierte. Der Wind streifte sanft durch sein Haar und der Klang der Wellen hatte eine angenehm beruhigende Wirkung auf Rohan.

"Ich habe dich gesucht. Dein Vater ist wirklich sehr nett."

"Lass mich raten, er mag dich."

Und ob. Wer mag Rohan Kishibe nicht? Nein, er schätzt die Arbeit, die ich ausübe."

"Das dachte ich mir schon. Es freut mich, dass ihr beide euch so gut versteht."

"Hast du...mit ihr sprechen können?"

"Ich habe es versucht...aber sie gibt mir keine Antwort. Vielleicht...redet sie auch nicht mehr mit mir oder sie weiß, dass sie endlich ihren Frieden finden konnte. Mutter wollte, dass ihre Asche nach ihrem Tod über dem Meer verstreut wird. Das haben wir genau an diesem Punkt getan aber der Altar ist geblieben."

"Du hast deine Mutter so gut wie nie mir gegenüber erwähnt, Nika."

Darauf erhob sie sich und lächelte Rohan an.

"Würdest du mich ein Stück begleiten?"

So gingen die beiden barfuß durch den warmen Sand und blickten immer wieder auf das Meer hinaus.

"Ich rede nicht gerne über meine Mutter weil es zu viele Wunden aufreißen würde. Sie war eine gute sowie liebevolle Frau und Mutter und das ist es, was ich in Erinnerung behalten möchte. Natürlich fehlt sie mir, jeden Tag. Aber ich habe mich damit abgefunden, Rohan. Ich habe Anfangs viel getrauert nachdem sie gestorben ist und das war es, was mich letzten Endes so zerstört hat und der Grund, warum ich so krank wurde. Ich wollte mich nie wieder von diesen Ereignissen runterziehen lassen und mittlerweile komme ich gut damit zurecht. Natürlich hätte ich mir gewünscht, dass meine Mutter noch eine Weile bei mir ist aber...es ist wie es ist. Mein Leben geht weiter und ich habe mir geschworen es so zu leben, wie ich es möchte und ich möchte, dass du ein Teil meines Lebens bist. Und natürlich wünsche ich mir auch für meinen Vater das größte Glück. Eines Tages wird er über meine Mutter hinwegkommen und dann wird auch er endlich wieder glücklich werden. Er soll keine Rücksicht auf mich nehmen, er soll sein eigenes Glück finden...so wie ich es getan habe."

"Bist du denn...glücklich mit mir, Nika?"

"Du bist das größte Glück, was mir je wiederfahren ist, Rohan."

"Aus deinem Mund klingt das jedes Mal so wunderschön. Ich weiß nie, wie ich es ausdrücken soll...meine Gefühle zu dir."

"Dann...sag es wie du es sagen würdest."

Darauf nahm der Mangaka die Rothaarige sanft in den Arm und schaute ihr tief in die Augen.

"Du bist für mich...das größte Meisterwerk, was ich je geschaffen habe. Ein so seltenes sowie einzigartiges Kunstwerk wie du finde ich nie wieder auf dieser Welt. Du bist...die Farbe meines Lebens und ich möchte, dass du nie wieder traurig bist oder weinen musst."

"Rohan..."

Er besiegelte diesen sinnlichen Moment mit einem innigen Kuss bevor sie ihren Weg am Strand fortsetzten und Rohan sein liebstes Kunstwerk mit Bleistift und Papier auf einem Felsen sitzend festhielt.
 

*~*
 

"Und gefällt dir es?"

"Es ist wundervoll, Vater."

"Damit hast du ein schönes Andenken, was du mit nach Hause nehmen kannst."

Neugierig begutachtete Nika ihren linken Oberarm sowie den linken Knöchel.

"Eigentlich wollte ich kein weiteres Tattoo aber...dieses verschnörkelte Armband sowie der kleine Kolibri machen sich sehr gut an meinem Arm sowie an meinem Knöchel."

"Der Kolibri war mir besonders wichtig, denn er strahlt das aus, was dich ausmachen sollte: Freude. Ganz simpel die Freude am Dasein, die Freude am Licht und überhaupt die Freude am Leben. Allerdings wurde dem Kolibri auch eine enge Verbindung zum Herzen nachgesagt, also zum Sitz des Gefühls des Menschen. So schön der Anblick leuchtend schöner Blumen und im Sonnenlicht funkelnder Federn auch ist, solange das Herz nicht beteiligt ist, dringt nichts wirklich in die Seele. Das wäre, als würde man lediglich das, was man sieht, als Collage akzeptieren. Das Herz muss beteiligt sein, nicht nur wenn man etwas Schönes sieht, sondern bei allem, was man tut."

"Ach Vater..."

"Worte eines sentimentalen alten Mannes, der seine Tochter nicht gehen lassen will. Die Woche ist viel zu schnell vergangen, Trinidad. Müsst ihr wirklich schon wieder los?"

"Leider ja. In Morioh wartet Arbeit auf uns und leider haben wir uns nur wenige Wochen frei genommen. Aber es tat sehr gut mal wieder herzukommen. Am Strand spazieren gehen, von Klippen ins Wasser springen, die grünen Wälder zu erforschen und mit den Einwohnern beim Lagerfeuer auf Reggae zu tanzen. Das habe ich dringend mal wieder gebraucht."

"Und du hast tatsächlich sogar deinen Freund dafür begeistern können."

"Oh ja, Rohan kam aus dem Zeichnen und Staunen gar nicht mehr raus! Wobei ich glaube, dass er etwas überfordert war als ich ihm zum tanzen aufgefordert habe."

"Er ist ein guter Mann. Er wird sicher gut auf dich aufpassen und solange ich weiß, dass du in guten Händen bist, bin ich zufrieden. Bist du denn glücklich, Trinidad?"

"Das bin ich, Vater. Glaub mir."

"Ich wünsche mir nichts mehr als dass du glücklich bist."

"Und ich wünsche mir, dass du endlich mal wieder ein neues Glück findest, Vater! Du sollst nicht alleine sein! Selbst in deinem Alter findet man immer noch schöne Frauen oder vielleicht sogar Männer!"

"Hey, junge Frau! Du redest hier immer noch mit deinem Vater!"

"Ich weiß, deswegen bin ich ja so direkt!"

"Eines Tages, Trinidad. Wenn ich den Mut gefunden und meine Trauer endgültig überwunden habe. Aber ich denke, ich bin auf einem guten Weg dahin, denn dich glücklich zu sehen hat meinem Herz über die Woche so viel Freude bescherrt."

Darauf nahm Nika ihren Vater feste in den Arm.

"Du wirst mir sehr fehlen, Faada. Irgendwann werde ich wiederkommen."

"Und wenn es soweit ist bring Rohan nochmal mit! Ich mag den Jungen."

"Das werde ich, ganz sicher."

"Wo ist er überhaupt? Wir müssen bald los."

"Er sagte, er wollte noch etwas erledigen bevor wir losfahren."

Es dauerte nicht lange, da kehrte dieser lächelnd vom Strand zurück.

"Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat. Ricardo, ich habe hier etwas für dich."

"Für mich?"

Darauf reichte Rohan ihm eine Skizze, auf dieser Ricardo mit Nika und Ava zu sehen war. Nika und ihr Vater standen am Strand, lächelnd und Hand in Hand während Ava's Silhouette leicht über ihnen schwebte und ihre Arme ihre Familie einhüllten. Im Hintergrund sah man die Sonne am Horizont untergehen und Palmen, die sich im Wind bogen. Nika's Vater hatte Tränen in den Augen.

"Du...du hast..."

"Vielleicht kann Ava nicht mehr bei euch sein aber...ein Mensch, den man so sehr geliebt hat und immer noch liebt...wird nie verschwinden und immer bei euch sein. Sie lebt weiter. In den Pflanzen, im Wasser, mit dem Wind. Ihre Stimme ist überall auf dieser Insel und wenn ihr zuhört und eure Herzen öffnet...dann werdet ihr sie hören."

"Rohan..."

"Deine Mutter...hat dich sehr geliebt, Nika."

Die plötzliche Umarmung von Nika sowie ihrem Vater kam sehr überraschend für Rohan aber selbst als er das Gefühl hatte keine Luft mehr zu bekommen lächelte er und für einen Moment hatte Nika das Gefühl über seine Schulter hinweg am Strand die Silhouette einer Person zu sehen, dir ihr nicht vertrauter hätte sein können. Sie lächelte und verschwand mit den Wellen im Meer.
 

*~*
 

"Jetzt heißt es wohl Abschied nehmen."

"Wir sind ja nicht aus der Welt, Ricardo!"

"Das stimmt! Komm her, Junge!"

Ein weiteres Mal, wo Rohan das Gefühl hatte keine Luft mehr zu bekommen aber er lachte und ihm entging nicht, dass auch Nika schmunzeln musste. Als Ricardo den jungen Mann wieder runterließ, schlugen sie feste die Hände ein.

"Es hat mir sehr gefreut dich kennengelernt zu haben, Ricardo!"

"Die Freude war ganz auf meiner Seite, Rohan. Komm bald wieder!"

"Sehr gerne! Wie sagt man auf auf wiedersehen hier auf Jamaika?"

"Likkle more. Walk good, Rohan!"

"Bitte?"

"Auf Wiedersehen. Pass auf dich auf, Rohan."

"Das werde ich. Du aber auch."

"Du hast mir mit deinem Bild ein wunderschönes Geschenk hinterlassen, das werde ich nie vergessen und in Ehren halten."

Dann wandte sich Ricardo Nika zu.

"Nun zu dir, Rotschopf. Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr du deinen alten Herren mit Stolz erfüllst. Du bist eine wundervolle Tochter, die sich jeder Vater wünschen sollte."

"Danke, Vater. Du wirst mir furchtbar fehlen."

"Du mir auch, Trinidad. Du mir auch. Trägst du eigentlich noch die olivgrüne Strickbeanie, die ich dir mal gestrickt habe?"

"Immer, Vater! Ich lege sie eigentlich so gut wie nie ab. Nur jetzt auf Jamaika war sie mir doch etwas zu heiß. Aber ich trage sie immer bei mir."

"Das freut mich, dass sie dir so viel Freude bereitet."

"Danke für alles. Ich hab dich lieb, Vater."

"Ich hab dich auch lieb, Trinidad!"

"Nenn mich doch einfach Nika!"

"Nein, das ist nicht dasselbe! Für mich wirst du immer Trinidad heißen! Und nun los, sonst verpasst ihr euren Flug!"

Sie wunk ihrem Vater ein letztes Mal zu bevor sie in Richtung Flugzeug stürmten. Ein letztes Mal drehte sie sich um, da war ihr Vater schon in der Menge verschwunden und nicht mehr zu sehen.
 

*~*
 

Im Flugzeug herrschte für einige Zeit eine bedrückende Stimmung als dieses abhob.

"Bist du traurig, Nika?"

"Nein, nur etwas sentimental. Es waren sehr schöne zwei Wochen, wo ich die Gelegenheit hatte meine Familie wiederzusehen. Jetzt...geht es wieder nach Hause. Aber ich weiß, dass es vergeht. Dieses Gefühl der Trauer."

"Dein Vater ist ein toller Kerl. Du kannst dich glücklich schätzen so einen tollen Mann als Vater zu haben."

"Das bin ich. Und ich weiß, dass er deine Geste sehr zu schätzen weiß, Rohan. Das war wirklich das schönste Geschenk, was du ihm hättest machen können."

"Wie er bereits sagte, mit Bildern kann man solch großen Gefühle ausdrücken und ich dachte, dass es das wäre, mit dem ich ihm die meiste Freude machen könnte und ihm damit meine Dankbarkeit zeige. Und ich habe nachgedacht. Eigentlich...würde ich dir schon ganz gerne eines Tages meine Eltern vorstellen."

"Wirklich?"

"Naja, diese Woche hat mich viel nachdenken lassen. Vielleicht liegen zwischen dir und mir Welten aber...du bist meine Freundin und ich bin stolz darauf sagen zu können dich meine Freundin zu nennen. Ich wünsche mir, dass meine Eltern diese großartige Frau kennenlernen, die ihr Leben an meiner Seite verbringt und es soll mir egal sein, was sie am Ende denken. Hauptsache ich weiß, was ich an dir habe. Und nein, fang jetzt bitte nicht an zu weinen weil ich ein wenig emotional geworden bin!"

"Rohan...ich liebe dich einfach...so sehr! Du weißt gar nicht, wie sehr deine Worte mein Herz erfreuen."

Danach spürte Rohan nur noch, wie Nika ihre Arme um seinen Arm schlung und sich an ihn kuschelte. Ein Lächeln huschte ihm über das Gesicht während er freudig aus dem Fenster schaute und an die wundervollen zwei Wochen mit Nika zurückdachte und nun führte ihr Weg sie wieder nach Hause, wo sie hingehörten. Nach Morioh und die Zukunft stand weit offen für sie.



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