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Fremder Feind

von

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Planänderung

Wütend schlug Amuro gegen den Schrank in seinem Hotelzimmer. Alles was er mühsam geplant hatte, war aus dem Ruder gelaufen und das nur, weil er das Ticket für die Geburtstagsfeier verloren hatte. Es ärgerte ihn zudem ungemein, dass er die Wahrscheinlichkeit für den Fehlschlag und ein vorzeitiges Treffen mit Akai als sehr gering einschätzte und sich daher keinen zweiten Plan überlegte. Ein Fehler und es war alles vorbei gewesen.

Amuro ballte die Faust. Nicht nur, dass Akai über seine wahre Identität Bescheid wusste, er hatte auch Jodie an ihn verloren und sein Auftrag war gescheitert. Wenigstens würde Akai das Geheimnis für sich behalten. Zunächst. Dennoch hatte er noch keine Idee, wie er der Organisation den Verlust von Jodie glaubhaft erklären sollte. Außerdem musste er dafür sorgen, dass man nicht versuchen würde, sie umzubringen. Aber wie? Und wie sollte er sein eigenes Leben retten? Bourbon biss sich auf die Unterlippe und setzte sich auf das Bett. Er zog seinen Laptop aus der Tasche und fuhr diesen hoch. „Komm schon“, murmelte er nervös. Er wusste, dass es keine Beschattung gab und dennoch überkam ihn das Gefühl, dass irgendwas nicht stimmte.

Amuro tippte sein Passwort in die Leiste und rief anschließend seine E-Mails auf. Glücklicherweise hatte sich die Organisation noch nicht bei ihm gemeldet, doch er ahnte, dass sie nicht lange auf sich warten ließen. Spätestens, wenn die Nachrichten nichts über Ackermans Tod schrieben, würde er ihnen Rede und Antwort stehen müssen.

Es hätte alles so einfach sein können. Nachdem er es nicht mehr auf das Schiff geschafft hatte, hatte er sich am Hafen einen sicheren Stützpunkt gesucht und das Schiff beobachtet. Als der erste Körper ins Wasser fiel – ein kleiner schwarzer Fleck, den er nur durch die Beleuchtung des Schiffes erkannte – keimte für einen kurzen Moment Hoffnung in ihm auf. Aber dann sprang eine zweite Person ins Wasser. Sobald beide wieder auftauchten und in Richtung des Hafens schwammen, verließ er seinen Stützpunkt. Es wäre ein leichtes gewesen den FBI Agenten und Jodie zu erschießen, sofern er seine Waffe dabei gehabt hätte. Doch leider glaubte er die Fänden in den Händen zu halten und wurde eines Besseren belehrt. Seine Hochnäsigkeit wurde unverzüglich bestraft.

Amuro seufzte und legte sich nach hinten aufs Bett. Er sah nach oben an die Decke und war über das Klingeln seines Handys überrascht. Hatte die Organisation doch…? Er runzelte die Stirn und strich über den Display. Erleichtert registrierte er die Nummer seines besten Freundes. „Hey.“

„Hey“, begann Scotch. „Ich dachte, ich frag mal nach was dein aktueller Auftrag so macht. Und ich wollte dich an mein Mitbringsel erinnern.“

Amuro lächelte. „Der Auftrag war eine reine Katastrophe“, antwortete er wahrheitsgemäß. „Eigentlich ist alles schief gegangen, was nur hätte schief gehen können. Mein Plan war perfekt, aber ich habe Akai in meine Berechnungen nicht mit einbezogen. Ein Fehler der sich nicht wiederholen wird.“

„Du kannst das bestimmt wieder einrenken.“

„Ich glaube kaum“, antwortete Bourbon. „Jodie ist jetzt bei ihm. Und du kennst Akai. Er wird jetzt dafür sorgen, dass sie nicht mehr in unsere Hände gelangt. Auch er hat aus seinen Fehlern gelernt.“

„Vielleicht ist es ja auch besser so“, murmelte Scotch.

Amuro verengte die Augen. „Für sie bestimmt, für mich und die Organisation nicht. Außerdem muss ich mir jetzt noch eine Erklärung einfallen lassen, warum sie bei ihm ist und warum ich nichts unternommen habe. Es wäre viel einfacher, wenn sie nicht mehr am Leben wäre.“ Er seufzte. „Ich habe die Berechtigung sie zu erschießen, aber vorher muss ich noch den anderen Auftrag abschließen und die andere Zielperson erledigen.“

„Einen Fremden zu erschießen ist oftmals einfacher, als jemanden den man kennt“, gab das Organisationsmitglied von sich. „Ich glaube ein Teil in dir will sie am Leben lassen.“

„Es wird Zeit, dass wir den Auftrag bald zu einem Ende bringen. Wenn ich wieder in Japan bin, werden wir einen Schritt weiter gehen und sie in die Enge treiben.“

„Du kannst auf mich zählen.“

„Och, wi0e süß.“

Scotch drehte sich um und blickte in das Gesicht der Schauspielerin. „Ver…mouth.“

„Ich hatte schon die ganze Zeit das Gefühl, dass Akai nicht der einzige Verräter in unseren Reihen war“, begann sie. „Ich hätte aber nicht gedacht, dass es sich ausgerechnet um dich handelt. Mich würde ja nur zu gern interessieren, wie du es angestellt hast, unsere Tests zu bestehen. Möchtest du es mir nicht erzählen?“

„Ich weiß nicht, was du meinst“, gab Scotch von sich.

Schlagartig hatte sich Amuro aufgesetzt. Er lauschte dem Gespräch und fühlte sich machtlos. Seine Hand zitterte. Mach nichts unüberlegtes, Hiromitsu, betete er.

„Das antwortete jede Ratte, wenn sie enttarnt wird“, antwortete Vermouth. „Aber es soll mir egal sein.“ Sie hob ihre Waffe und richtete sie auf ihn. „Aber eines musst du mir verraten. Mit wem telefonierst du da? Ist es deine Kontaktperson von der Sicherheitspolizei?“

Scotch sah aus dem Augenwinkel auf das Handy und schluckte.

„Was? Du willst es mir nicht sagen?“ Vermouth schmunzelte. „Keine Sorge, wir haben schon noch Mittel und Wege, um es zu erfahren.“

„Es tut mir leid“, wisperte Scotch und zog seine Waffe aus der Jackentasche. Sofort richtete er sie auf das Handy und schoss.

Vermouth feuerte parallel ebenfalls einen Schuss ab und Scotch ging zu Boden.

Das Signal am anderen Ende der Leitung verstummte augenblicklich. Ungläubig sah Bourbon auf sein Handy. „Hiro…mitsu“, wisperte er und startete den Rückruf. The person you have called is temporarily not available. Er versuchte es nochmal und nochmal. Schließlich musste Bourbon der Wahrheit ins Auge sehen. „Hiromitsu“, schrie er verzweifelt.
 

Jodie starrte wieder auf das Haus und schluckte. Konnte sie die vermeidliche Wahrheit tatsächlich akzeptieren? Und wenn ja, wann würden ihre richtigen Erinnerungen wieder zurückkommen? Langsam drehte sich die junge Frau um und suchte ihre Umgebung nach den FBI Agenten ab. Doch in der Dunkelheit konnte sie kaum etwas Erkennen.

„Geht’s dir gut?“, wollte Shuichi wissen und beobachtete sie.

Jodie nickte und wandte ihren Blick auf den Boden. Nach allem was in den letzten Stunden passiert war, fühlte sie sich gerädert und wollte eigentlich nur noch ins Bett.

„Dann komm, wir sollten langsam los gehen. Du erkältest dich sonst noch“, sagte er und setzte sich in Bewegung. Für Jodies Wohl hätte er nahezu alles getan, auch wenn er – ihre Zielperson – ihr den Rücken zudrehen musste. Dennoch beobachtete er sie aus dem Augenwinkel und lächelte leicht, als sie ihm folgte.

Was hätte Jodie auch sonst tun können? Immerhin hatte Amuro sie zurück gelassen und was würde im Hotel auf sie warten? Zudem waren sie von FBI Agenten umzingelt, was eine Flucht aussichtslos machte. Deswegen war es am besten, wenn sie sich erst einmal kooperativ zeigte.

„Wir gehen…also zu dir?“, fragte sie leise.

Shuichi nickte. „Bei mir sind wir sicher.“ Er musterte sie. „Dort kannst du dich aufwärmen.“

Jodie sah sich erneut um. „Und…und deine Kollegen?“, wollte sie leise wissen.

„Das war nur ein Bluff“, gestand Shuichi. Er schmunzelte. Seinen Plan hatte er innerhalb weniger Stunden geschmiedet und nicht damit gerechnet seine Kollegen einzuweihen. Es hätte Fragen gegeben und möglicherweise hätte keiner geholfen, vielleicht hätten sie ihn sogar für verrückt erklärt. Deswegen entschied er sich nur eine Person einzuweihen. Und Camel war sehr loyal.

Er hatte ihn am Hafen gelassen und ihn mit der Beschattung von Amuro sowie dem Schiff betraut. Selbst wenn Amuro verschwinden sollte, durfte Camel seine Position nicht verlassen. Shuichi zog das Handy aus der Jackentasche und wischte darüber. „Mhm…“, murmelte er.

„Hat…hat es das Wasser…überlebt?“

„Es sollte“, begann Shuichi. „Laut meinem Boss ist es wasserdicht gemäß IP68-Standard. Ob es tatsächlich noch einsatzbereit ist, sehen wir gleich“, fügte er hinzu und schickte seinem Kollegen seine aktuellen GPS-Koordinaten. Anschließend wählte er dessen Nummer und wartet. „Ja, ich bins“, sprach er in das Telefon. „Gibt es am Hafen Auffälligkeiten?“

Camel sah durch das Fernglas. „Amuro hat vor über einer Stunde den Hafen verlassen“, erzählte der FBI Agent. „Wie du gewollt hast, bin ich geblieben und habe das Schiff weiter im Auge behalten. Es scheint nichts passiert zu sein. Es wurde zumindest keine Polizei gerufen.“

„Verstehe“, murmelte Shuichi. „Das habe ich mir bereits gedacht. Das Schiff wird erst lange nach Mitternacht wieder zurückkehren, sodass ich nicht glaube, dass wir weitere Handlungen durch die Organisation zu befürchten haben.“

„Bist du dir sicher?“

„Sicher kann man bei ihnen nie sein“, entgegnete Shuichi. „Durch einen Zwischenfall mussten Jodie und ich von Board gehen. Wir sind wohlauf, allerdings nicht mehr am Hafen. Ich hab dir unsere Koordinaten geschickt, wir kommen dir entgegen. Wenn du die Möglichkeit hast, besorg uns eine Decke.“ Er sah zu Jodie. „Und sorg dafür, dass die Heizung im Wagen an ist.“

Camel runzelte die Stirn. „Im Kofferraum müsste eine Rettungsdecke neben dem erste Hilfe Koffer liegen“, murmelte er und startete das Navigationsgerät. „Es wird ein paar Minuten dauern, aber dann bin ich bei euch.“

„Bis gleich“, sagte Akai und legte auf. Er steckte das Handy weg und sah zu Jodie. „Dann wollen wir mal.“

Jodie nickte und folgte ihm wie ein frommes Lamm.

„Du musst vor Camel keine Angst haben. Er wirkt manchmal bedrohlicher als er eigentlich ist“, erklärte der FBI Agent. „Ihr habt euch letztes Jahr kurz in Japan getroffen. Mach dir also keine Gedanken, wenn er erstaunt sein wird, dich zu sehen.“

„Okay. Und du…du willst mir wirklich die Wahrheit erzählen? Keine Lügen?“

„Keine Lügen.“

Jodie versuchte zu lächeln.
 

Beinahe apathisch saß Jodie im Wagen, hielt die Decke fest und sah aus dem Fenster. Es gab nur noch wenig Menschen die zu dieser Uhrzeit ihr Leben außerhalb der Wohnung verbrachten. Und sie gehörte zu einem von ihnen. Nachdem das Adrenalin aus ihrem Körper wich, spürte sie die Kälte und ihre nasse Kleidung machte es nicht besser. Jodie zitterte und brauchte unbedingt eine warme Dusche, Wärmflasche oder etwas Anderes. Die warme Heizung im Wagen verbesserte ihre Situation nur gering.

Shuichi beobachtete sie aus dem Augenwinkel und verschränkte die Arme vor der Brust. Er selbst hatte auf die Decke verzichtet und tippte nebenbei auf dem Handy herum.

„Was sollen wir jetzt machen?“, wollte Camel wissen.

„Fahr uns zu mir“, antwortete Akai. „Ich kümmer mich um Jodie und werde morgen Black informieren.“

„Aber…“, murmelte Camel leise.

„Ich weiß, was du sagen willst. Ich müsste ihn heute darüber in Kenntnis setzen, aber wir wissen Beide, wie das enden würde. Die Organisation hat irgendwas mit Jodies Erinnerungen angestellt, deswegen müssen wir ihr Zeit lassen. Wenn Black heute noch zu mir nach Hause kommt…“ Shuichi schüttelte den Kopf.

„Ja, natürlich“, gab der FBI Agent von sich. „Entschuldigung, ich wollte wieder über das Ziel hinaus schießen.“

„Schon gut.“ Shuichi warf einen Blick nach hinten. „Das ist doch auch für dich in Ordnung, nicht wahr?“

Als Jodie den Blick auf ihrem Körper bemerkte, sah sie nach vorne. „Mhm? Ja…ja, natürlich“, wisperte sie.

Camel blickte leicht besorgt in den Rückspiegel. „Ich hoffe, es geht alles gut“, murmelte er leise.

„Das wird es“, gab Akai von sich und sah wieder auf die Straße.

Als sie nach knapp zwanzig Minuten in der Nähe seiner Wohnung anhielten, stieg er aus. „Ich melde mich morgen bei dir“, sagte er und half Jodie raus. Er legte die Rettungsdecke zusammen und ließ sie im Wagen.

„Bis morgen“, antwortete Camel und sah zu Jodie. „Alles Gute.“

„Danke“, murmelte die junge Frau und begab sich mit Shuichi in dessen Wohnung. „Hier war ich noch nie, richtig?“

„Ja, das stimmt“, antwortete Akai und betrat die Eingangstür des Wohnhauses. Anschließend stieg er mit Jodie in den Fahrstuhl und fuhr nach oben. Nachdem sich der Fahrstuhl öffnete, ging er auf seine Haustür zu. Er öffnete sie und warf Jodie erneut einen Blick zu. „Hast du bedenken?“

Jodie nickte. „Aber ich weiß, dass ich das machen muss“, wisperte sie und ging rein.

„Ich zeig dir erst einmal wo das Badezimmer ist und lege dir ein paar meiner Sportsachen raus“, entgegnete er. „Hast du Hunger?“

„Ein Bad oder eine Dusche reichen“, antwortete die junge Frau.

„Hier entlang“, sprach Shuichi und öffnete die Tür zum Badezimmer. Sofort drehte er die Heizung auf und kniete sich zu seinem Trockner. „Du hast Glück, die Sachen sind sauber und trocken“, kam es von ihm. „Bedien dich einfach. Wenn was ist, findest du mich im Wohnzimmer oder in der Küche.“

„Danke“, murmelte Jodie.

Shuichi nickte ihr zu und verließ den Raum. Er ging zuerst in die Küche und setzte Teewasser auf. Die Wartezeit verkürzte er, indem er die neusten Nachrichten auf seinem Handy las. Schon nach der zweiten Meldung, riss er die Augen auf. Leon Ackerman, Mord oder Selbstmord?



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