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Missverstanden

Rachel x Reyna
von
Koautor:  CharleyQueens

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Viel zu langsam bewegte sich der Sekundenzeiger vorwärts. Die große Uhr an der Außenwand der Principia zeigte kurz vor halb neun. In wenigen Sekunden würde sie um die Ecke biegen.

Der Minutenzeiger sprang nach vorne, doch von Reyna war bisher noch keine Spur. Ihre abendliche Joggingrunde führte sie durch den Park in Neu-Rom und pünktlich um halb neun erreichte sie dann das Forum der Stadt, wo sie ihre Runden mit Dehnübungen beendete.

Vielleicht war sie aufgehalten worden, überlegte Rachel und zeichnete dann weiter. Schließlich wusste Reyna nicht, dass Rachel einen unglaublich starken Crush auf sie hatte. Woher denn auch? Rachel wüsste nicht, wie sie es ihr sagen sollte.

Kurz nachdem sie im Camp Jupiter angekommen war, hatte sich Rachel eines Abends mit Zeichenblock und Stiften bewaffnet, auf eine der Bänke gesetzt und angefangen, alles mögliche zu zeichnen. Die Statuen der römischen Götter, die in regelmäßigen Abständen um das Forum standen. Bäume und andere Pflanzen. Die um den Platz stehenden Gebäude. Vorbeigehende Passanten.

Und als Rachel an ihrem fünften Abend gerade die Principia zeichnete, kam plötzlich Reyna aus einer der anliegenden Gassen angetrabt. Zunächst hatte Rachel sie nur aus der Ferne beobachtet, während sie sich weiter ihren Zeichnungen widmete. Reyna hatte Dehnübungen drei Bänke entfernt von Rachel gemacht und war dann gegangen. Sie hatten sich kurz zugenickt, aber ansonsten kein Wort miteinander gesprochen.

Vier Tage später war nur noch eine Bank zwischen Rachel, die erstaunliche Schwierigkeiten hatte, sich auf Jupiters Statue zu konzentrieren, die sie gerade zeichnete. Und das hatte definitiv nichts damit zu tun, dass Reyna in Sportkleidung ein viel interessanter Anblick als ein alter, weißer Mann – selbst wenn es sich hierbei um einen Gott handelte – war.

Zwei Tage danach machte Reyna ihre Dehnübungen an der Bank direkt neben Rachel.

Irgendwann hatte sich Reyna dann erkundigt, wie weit sie und Ella schon mit ihren Nachforschungen waren, was die sybillinischen Bücher betraf. Die beiden waren ins Gespräch gekommen und Rachel hatte Reyna zurück ins Camp begleitet.

Es wurde so was wie ein abendliches Ritual. Pünktlich um halb neun Uhr abends kam Reyna aus einer der dem Forum angrenzenden Gassen, machte ihre Dehnübungen neben Rachel auf der Bank und ging dann mit ihr zum Camp. Seit drei Monaten trafen sie sich auf dem Forum und redeten über alle möglichen Dinge. Und auch wenn Rachel das Leben in Camp Jupiter interessant fand – es unterschied sich so sehr vom Halfblood Camp – die Arbeit mit den sybillischen Büchern war anstrengend und nervenaufreibend. Die abendlichen Spaziergänge mit Reyna wurden schon bald etwas, auf das sie sich den ganzen Tag über freute. Und das hatte nicht nur etwas damit zu tun, weil sie sich definitiv in Reyna verliebt hatte.

Acht Uhr und fünfunddreißig Minuten. Vielleicht war ihr ja nur etwas dazwischen gekommen. Eine Versammlung, die länger gedauert hatte oder irgendein Notfall. Kein Grund, sich Sorgen zu machen. Monster würden nicht über die magische Barriere kommen und selbst wenn, Reyna wusste sich zu verteidigen.

Rachel richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihren Zeichenblock. Ohne es zu merken, hatte sie angefangen Frank und Hazel zu zeichnen. Die beiden waren ihr in den letzten Wochen wirklich ans Herz gewachsen. Sie fügte Jason und Piper mit aufs Blatt.

Dann fand auch Leo neben Jason seinen Platz auf ihrer Zeichnung. Von Reyna war bisher noch immer keine Spur.

Von den sieben Halbgöttern ihrer ersten eigenen Prophezeiung fehlten nur noch Annabeth und Percy. Wenn sie die sieben komplett hatte, würde sie gehen, selbst wenn Reyna bis dahin noch nicht da war. Nicht, dass es sie wirklich störte, dass diese noch immer nicht aufgetaucht war.

Rachel ließ ihren Stift sinken und betrachtete ihr fertiges Werk. Auf dem Bild saßen die Sieben zusammen am Lagerfeuer. Rachel blickte nachdenklich auf ihre Zeichnung von Percy. Da war absolut nichts mehr, realisierte sie. Keinerlei Gefühle mehr. Stattdessen freute sie sich einfach nur, dass er und Annabeth so glücklich zusammen waren. Sie alle machten einen fröhlichen und unbekümmerten Eindruck.

Rachel warf erneut einen Blick auf die Uhr. Es war kurz vor neun. Rachel seufzte und schob dann Stift und Zeichenblock in ihre Tasche, die sie sich dann über die Schulter warf.

Sicher würde Reyna morgen wieder da sein.
 

*~*
 

Reyna war am nächsten Abend wieder nicht da. Und am darauf folgenden Tag auch nicht. Aber vielleicht, sagte sich Rachel, hatte sie auch einfach nur wichtigeres zu tun und ließ deshalb ihre Joggingrunden ausfallen. Schließlich trainierte sie ja auch so oft genug und als Prätorin hatte sie bestimmt noch andere Verpflichtungen.

Das Stechen in ihrer linken Brust ignorierte Rachel geflissentlich.

Eine Woche verging und Reyna tauchte kein einziges Mal auf. Es war Samstagabend und sie und Ella waren gerade damit beschäftigt, die sybillinischen Bücher zusammenzusetzen.

„Hier steht etwas von Und der Eine muss von der Hand des anderen sterben“, las Ella einen der Schnipsel vor. „Ella glaubt, sich daran zu erinnern. Denn keiner kann leben, während der andere… Nein, das ist aus Harry Potter und der Orden des Phönix, Seite neunhundertsiebenundachtzig. Ellas Kopf ist schon komplett durcheinander.“ Sie schenkte Rachel einen entschuldigenden Blick.

„Ist schon okay. Was hältst du davon, wenn wir einfach früher Schluss machen? Wir haben uns beide eine Pause verdient“; schlug Rachel vor. Ella war sofort einverstanden und während die Harpyie in der Bücherei zurückblieb, wo sie sich ihr Heim eingerichtet hatte, machte Rachel einen kleinen Spaziergang. Sie verließ die Stadt und stieg dann den Hügel hoch zum Garten des Bacchus ein.

Bienen schwirrten durch die Weinreben, welche einen süßlichen Duft verströmten. Rachel folgte dem Weg, bis sie in der Mitte des Gartens ankam. Nahe des Springbrunnens stand Reyna in Sportkleidung und machte ihre Dehnübungen. Verwundert warf Rachel einen kurzen Blick auf ihre Armbanduhr. Es war kurz vor halb neun.

Ging Reyna ihr etwa absichtlich aus dem Weg?

Der Gedanke war lächerlich. Wenn Reyna einen anderen Weg beim Joggen nahm, dann war das ihr gutes Recht. Das hatte definitiv nichts mit ihr zu tun.

„Ich weiß, dass du da bist!“, durchschnitt Reynas Stimme auf einmal die Stille. „Denk ja nicht, dass du dich an mich heranschleichen kannst!“

Sie drehte sich herum und blickte Rachel dann überrascht an. „Oh. Was machst du hier?“

„Spazieren“, entgegnete Rachel. „Und du?“, fragte sie nach, obwohl sie beide wussten, was sie hier tat.

Reyna antwortete nicht sofort, sondern nahm einen Schluck aus ihrer Wasserflasche.

Aber eigentlich hatte Rachel den Eindruck gehabt, dass Reyna ihre abendlichen Gespräche genauso mochte wie sie selbst. Angestrengt versuchte sie sich daran zu erinnern, ob sie bei ihrem letzten Gespräch etwas falsches gesagt oder getan hatte. Hatte sie irgendwie ihre Gefühle für Reyna durchschimmern lassen und Reyna mied sie nun, weil sie ihr so mitteilen wollte, dass sie kein Interesse an ihr hatte?

Aber dann hätte sie es ihr doch auch einfach sagen können.

„Gehst du mir aus dem Weg, Reyna?“, fragte sie geradeheraus. Sie hatte es mit einem Titanen aufgenommen und das nur mit einer Haarbürste bewaffnet – da würde sie das hier auch überstehen.

Reyna fiel vor Schreck die Wasserflasche aus der Hand. Also hatte Rachel richtig gelegen mit ihrer Vermutung.

„Hab ich irgendetwas falsch gemacht? Wenn du mich nicht sehen willst, dann hättest du mir das auch einfach sagen können“, fuhr Rachel fort. „Ich dachte eigentlich, du würdest mich mögen und das wir Freundinnen wären.“

Reynas Augen weiteten sich kurz. „Rachel, ich mag dich“, gestand sie ihr dann. „Und genau darin liegt ja das Problem.“

Jetzt war es Rachel, die sie überrascht anblickte.

„Ich verstehe nicht ganz, was du damit meinst.“

„Bei den Göttern, wieso ist das eigentlich so schwer?“, fluchte Reyna und bückte sich dann nach der Wasserflasche, ehe sie dann einige Schritte auf Rachel zutrat. „Ich bin nicht gut darin, über meine Gefühle zu reden. Also bin ich dir aus dem Weg gegangen, weil ich nicht wollte, dass sich da mehr entwickelt.“

„Dass sich da mehr entwickelt?“, wiederholte Rachel ihre Worte. Ihr Herz klopfte schneller als normal.

„Ich mag dich, Rachel. Ich mag dich sogar sehr und wenn ich ehrlich bin, dann mag ich dich mehr als auf eine platonische Art“, gestand Reyna schließlich. „Und es ist so typisch für mich, dass ich mich immer in die Falschen verknalle. Erst Jason, der dann spurlos verschwindet und jetzt verknalle ich mich ausgerechnet in das Orakel von Delphi. Aber daraus kann nichts werden, weil du dich als Orakel nicht verlieben darfst und dabei will ich schon seit Wochen nichts anderes tun, als dich zu küssen.“

Rachel brauchte einige Sekunden, um Reynas Worte zu verarbeiten. „D-du willst mich küssen?“, fragte sie irritiert und ging dann einige Schritte auf sie zu, bis sie nur noch eine Armlänge von ihr entfernt stand.

„Ich will dich eigentlich ständig küssen, Rachel.“ Reyna biss sich unsicher auf ihre Unterlippe. Sie sah verschwitzt aus, ihr Zopf hatte sich gelöst und einige Strähnen klebten ihr im Gesicht. Sie sah wunderschön aus. Rachel konnte es nicht fassen, was Reyna ihr gerade gestanden hatte. Das musste doch sicher ein Traum sein, dass diese unglaublich starke und wundervolle Frau sich in sie verliebt hatte.

„Also wenn ich nicht das Orakel von Delphi wäre, dann hättest du mich schon längst geküsst?“, fragte Rachel nach.

Reyna zögerte nicht, sondern nickte sofort und das war alles, was Rachel brauchte, um die letzten Zentimeter zwischen ihnen beiden zu überwinden und ihre Lippen kurz auf die von Reyna zu drücken.

Dann ließ sie wieder von ihr ab und trat einen Schritt nach hinten. Reyna hob ihre Hand und berührte damit ihren eigenen Mund, so als hätte sie noch nicht ganz verstanden, was eben passiert war.

„Ich mag zwar das Orakel von Delphi sein“, stimmte Rachel ihr zu. „Aber das heißt nicht, dass ich mich nicht verlieben darf. Liebe und Küssen ist in Ordnung, nur Sex ist tabu für mich.“

Reyna runzelte die Stirn. „Woher weißt du das?“

„Ich hab Apollo gefragt, als mir klar wurde, dass ich mich in dich verliebt habe“, erzählte Rachel ihr. „Er hat mich ausgelacht und gemeint, er wäre kein Monster.“

„Du hast dich in mich verliebt?“

Rachel nickte lächelnd. „Nun, ja. Du bist so unglaublich, Reyna. Wenn ich gewusst hätte, dass du genauso empfindest, hätte ich schon vorher etwas gesagt.“

„Und ich dachte, dass mit dir wäre genauso wie mit Jason damals. Venus hat mir mal gesagt, dass kein Halbgott mein Herz heilen wird und ich…“

„Hast du vergessen, dass ich keine Halbgöttin bin?“, fragte Rachel lächelnd. „Außerdem denke ich nicht, dass du jemanden brauchst, um dein Herz zu heilen. Du bist auch schon so fantastisch.“

Reyna lächelte und in Rachel entsprang ein Feuerwerk. „Kann ich dich nochmal küssen?“, fragte sie nach. „Für meinen ersten Kuss war das definitiv zu kurz.“

Rachel nickte nur und Reyna zog sie an sich, um sie erneut zu küssen.
 

Ende
 



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Ur
2019-01-01T16:49:53+00:00 01.01.2019 17:49
Ooooh, für mich? :o Ein so gutes Paar *~* Und ich glaube, die beiden haben irgendwie ... eine Interaktion miteinander? xD
Es waren so viele gute Bonbons hier drin! Der Auftritt von Ella und die HP Referenz waren wunderbar und dass Rachel gesagt hat, dass Reyna niemanden braucht, der ihr Herz heilt *~* (Und der Kommentar über den alten, weißen Mann :D) Vielen Dank hierfür, ich bin jetzt ganz plüschig innen drin <3
Antwort von:  Cirque_des_Reves
02.01.2019 16:22
Huhu <3
Ja, für dich. Ich musste doch die Gelegenheit beim Schopf greifen, wenn ich endlich mal zu dem Pairing schreiben will xD. Eine Interaktion nur? Ehrlich gesagt wusste ich nicht einmal mehr, dass die beiden in den Büchern überhaupt irgendwie mal aufeinandertreffen. Ich hab in den Büchern eigentlich immer nur anderen Kram nachgeschlagen (wie das mit Venus zB). Aber die beiden sind so toll zusammen und einfach ~hach
Ich wusste doch, dass dir die HP Referenz gefallen wird. ;)
Es freut mich, dass dir der One-Shot gefallen hat. <3333

Liebe Grüße
CharleyQueens
Antwort von:  Ur
03.01.2019 12:15
Ich bin beeindruckt wie gut du mich einschätzen kannst :D Vielen Dank noch mal <3 (Ich hoffe, du hattest einen guten Start ins neue Jahr!)


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