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Weihnachtsengel

Supernatural Adventskalender Tür 13
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Mein Beitrag für den inoffiziellen Supernatural Adventskalender auf fanfiktion.de
Das erste Türchen findet ihr hier. In der Supernatural Kategorie lassen sich auch problemlos alle weiteren Türchen finden; die Titel sind alle einheitlich und die Türchen-Geschichten sind mit die aktuellsten dort. Eine gesammelte Linkliste gibt es bisher nicht.

Achtung, die Story ist möglicherweise ein bisschen ... crack. Crazy Weihnachtsfluff wäre vermutlich eine gute Bezeichnung!

Wichtige Hinweise:

Der Oneshot beinhaltet Spoiler zu Staffel 13.

Ich habe diesen Türchen-Beitrag geschrieben, ohne mir groß Gedanken darüber zu machen, dass das deutsche Fandom nicht auf atkuellestem Serienstand ist.

Nun ist der Oneshot fertig und ich habe es nicht geschafft, eine spoilerfreie Alternative zu schreiben.


Ich nenne an dieser Stelle (inhaltslos!) die Art der Spoiler, damit ihr entscheiden könnt, ob ihr die Geschichte trotzdem lesen wollt, auch wenn ihr Supernatural nicht bis einschließlich Staffel 13

kennt. Also:


- ein totgeglaubter Charakter lebt (Hauptrolle der FF)
- die Beziehung von zwei Nebencharakteren zu den Winchesters und zu Cas hat sich entschieden geändert (wichtig für die Rahmenhandlung der FF)
- es gibt eine neue Serienhauptrolle (Randfigur in der FF)
- in Staffel 13 entwickelt sich eine für die Serie besonders wichtige und intensive Beziehung zwischen zwei Hauptrollen (Rahmenhandlung der FF)
- in Staffel 13 finden zwei wichtige Nebenrollen überraschenderweise Gefallen aneinander (Randinfo in der FF)

Man kann die Geschichte lesen und wird der Handlung folgen können, wenn man Supernatural bis einschließlich Staffel 11 kennt. Wem aber schon der Name Rowena nichts sagt, der sollte leider spätestens an dieser Stelle zu lesen aufhören. :(

Wer jetzt noch nicht weggelaufen ist - viel Spaß beim Lesen! Komplett anzeigen

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Weihnachtsengel

Es war der Heilige Abend – oder zumindest so etwas in der Art, denn von ‚heilig‘ konnte man wirklich nicht sprechen.
 

Dean Winchester fläzte sich mit einem Bier auf dem Sofa seiner ‚Dean-Höhle‘, die er, zur Feier des Tages, auch für den Rest der Bunker Crew freigegeben hatte.
 

Sam Winchester hatte seine unverschämt langen Gliedmaßen etwas ordentlicher beisammen und saß mit überschlagenen Beinen in Deans bevorzugtem Fernsehsessel.

Das wortlose Zugeständnis des Sitzplatzes sprach Bände über die Beziehung der Brüder: Im Raum gab es genau zwei dieser drehbaren, lederbezogenen Komfort-Highlights und der ältere Winchester hatte sich selbst und Sam nach dem Einrichten jeweils einen zugesprochen.

Dean bewachte aber nicht nur das eigene Sitzmöbel mit einer Beharrlichkeit, die an den Eifer eines Höllenhundes erinnerte. Auch Sams Sessel verteidigte er unter normalen Umständen vor jedem Nicht-Elch-Hintern, der darin Platz nehmen wollte.
 

Normal.

Gabriel schnaubte. Was hieß in diesem Haushalt schon ‚normal‘?
 

Dass Sam nicht in seinem eigenen Sessel saß, lag daran, dass er ihn Rowena angeboten hatte, die von dort aus mit einem Glas Chardonnay und Missbilligung auf den gespitzten Lippen zu Dean herüber schielte. Der hatte soeben laut gerülpst.

 

Gabriel gluckste leise und fing sich dafür abschätzige Blicke von gleich drei Augenpaaren ein.

Nach seinem … Abenteuer mit der rothaarigen Hexe knisterte es im Bunker noch stärker als ohnehin schon. Spannungen gab es immer, klar, aber seine ‚Sexkapade‘ mit Rowena setzte dem ganzen noch die Krone auf.

Sie schenkte Gabriel zu ihrem Todesblick auch noch ein Stirnrunzeln, bevor sie sich wieder dem Wälzer widmete, den sie aufgeschlagen auf ihrem Schoß hielt. Wer ihr die Erlaubnis gegeben hatte, sich am schwarzmagischen Bestand der Bunkerbibliothek zu bedienen, wusste Gabriel nicht, aber er würde sich hüten, eine Bemerkung darüber fallen zu lassen.

Wenn die Winchesters ihre Gäste nicht im Griff hatten, war das schließlich nicht sein Problem.
 

Sam, zu Gabes Linken, schluckte hörbar und rutschte unbehaglich in Deans Sessel herum.

Er war so sensibel bei diesen ganzen Zwischenmenschlichkeiten. Obgleich der Begriff ‚zwischenmenschlich‘ vermutlich etwas unbeholfen gewählt war, denn die Anzahl der Menschen im Bunker war im Verhältnis erstaunlich gering: Die drei Winchesters bildeten die klare Minderheit gegenüber dem Rest der Truppe, bestehend aus einem Nephilim, einer Hexe (die zwar menschlich war, aber diesen Aspekt konnte man getrost vernachlässigen), einem Dämon und zwei Engeln.

 

Der Fernseher lief halblaut im Hintergrund, aber außer Dean beachtete ihn niemand. Gabe futterte sich auf seinem Stuhl durch eine Tüte Weingummis und obwohl man nicht von Behaglichkeit sprechen konnte, fühlte er sich auch nicht gerade unwohl.

 

Spannung, ja. Möglicherweise war er selbst größtenteils daran Schuld, ob nun wegen seines One-Night-Stands oder durch seine bloße Anwesenheit.

Aber der Elefant im Raum zu sein, störte Gabriel nicht allzu sehr – nicht so wie Sam. Der Elch schien nicht einmal selbst der Elefant sein zu müssen; es reichte ihm offensichtlich, wenn er sich ihm auf zu engem Raum gegenüber sah.
 

Der Erzengel konnte sich allerdings auch nicht vorstellen, dass es bei ihnen vor dem Fernseher ungemütlicher war, als aktuell im Strategiezimmer und in der Küche.

 

Der Rest von ihnen hatte sich gerade in Festtagstraditionen verstrickt, und zwar in einer Konstellation, die Gabe immerhin ein amüsiertes Grinsen entlockte.

Als er das letzte Mal das Heimkino verlassen hatte, um sich eine Tasse Eggnog zu holen, hatten sich Mary und Crowley gerade über traditionelles Weihnachtsessen gestritten. Was nicht sonderlich viel Sinn ergab, denn soweit Gabriel wusste, konnte Mary so gut wie gar nicht kochen und der (ehemalige) König der Hölle musste nicht essen. Offenbar hatte die Mutter der Winchesters aber klare Vorstellungen davon, wie sie im Bunker (speisetechnisch) Weihnachtsstimmung verbreiten wollte.

Darüber hinaus hatte sie wohl Wind davon bekommen, dass ihr Ältester mit dem Kainsmal eine Zeit lang unter der Obhut des Dämons gestanden hatte, was ihr anscheinend nicht sonderlich gefiel.

Mary und Dean waren sich insofern ähnlich, als dass sie ihre Gefühle selten verbalisierten, sondern sie vielmehr in sich begruben, bis das Fass irgendwann überlief.

Die mütterliche Quittung, ihren Sohn auf Abwege geführt zu haben, äußerte sich gegenüber Crowley daher auf die Art, beim Kochen auf Unmengen an Salz zu bestehen und versehentlich Gemüse in Weihwasser zu kochen. Und vielleicht zum Kleinschneiden der Zutaten rein zufällig das Dämonenmesser der Winchesters zu benutzen, um es mit besonders ausholenden Bewegungen in Crowleys Nähe auf die Karotten niedersausen zu lassen.

Und Crowley, der sich partout nicht aus der Küche vertreiben lassen wollte, ließ dazu ungebetene Kommentare vom Stapel, die Gabe unterhaltsamer fand, als er zugeben durfte.
 

Im Strategiezimmer hatten Castiel und Jack es geschafft, das hässliche Nadelbäumchen, mit dem Dean am Vortag verlegen in den Bunker gestapft war, unbeaufsichtigt in die Finger zu kriegen.

Die krepelige Douglasie sah aus wie gerupft und stammte zweifellos direkt vom Straßenrand vor dem Bunker.

Sam hatte seinem Bruder einen mitleidigen Blick zugeworfen, als er die Entschuldigung eines Baumes gesehen hatte, und die Douglasie seitdem ignoriert.

Gabe konnte nur vermuten, dass ihr Auftauchen im Bunker und die Tatsache, dass Dean dahinter steckte, die Auslöser für Marys Übereifer in der Küche waren. Welche Zwecke Crowley verfolgte, war ihm schleierhaft, aber es interessierte ihn auch nicht sonderlich.

Wenn die Winchesters ihre Gäste nicht im Griff haben…, dachte Gabriel erneut.

Nun, Rowena und Crowley waren miteinander verwandt und mehr gab es dazu vermutlich nicht zu sagen.

 

Jack, der zwar zur Hälfte Erzengel war, aber keinen Schimmer davon hatte, dass es sich beim christlich-menschlichen Weihnachtsfest um den größten heidnischen Humbug aller Zeiten handelte, hatte zur Inspiration die altmodische Illustration eines Kinderbuches hinzugezogen. Sein Ansporn schien zu sein, das hässliche Bäumchen genau wie auf dem Aquarell-Druck zu schmücken, womit er seinen Ziehvater an den Rand der Verzweiflung trieb.

Castiel war hin und her gerissen. Einerseits stellte er alles infrage; den Baum selbst, die Strohsterne, die Farben, die Engel und Kugeln, berechtigterweise sogar das ganze Weihnachtsfest. Andererseits wollte er seinem Sohn den Spaß nicht verderben und hielt mit gequältem Gesicht die Leiter, von der aus der junge Nephilim halsbrecherische Verrenkungen ausübte, um eine Lichterkette zwischen den dürren Zweigen zu drapieren. Warum er zum Baumschmücken nicht seine Kräfte benutzte, war Gabe schleierhaft, aber im Gegensatz zu Cassie stellte er auch nicht ständig alles infrage.

 

Gabriel hinterfragte zum Beispiel nicht, warum es Dean hier auf dem Sofa hielt, obwohl er offensichtlich der einzige aller Bunkerbewohner war, der gerne (und genießbar!) kochte und für den Traditionen dieser Art wirklich einen gewissen emotionalen Wert besaßen. Immerhin war er derjenige, der überhaupt erst den Baum angeschleppt hatte.
 

Gabe wurde den Verdacht nicht los, dass der ältere Winchester Sam möglicherweise nicht mit Rowena und ihm selbst allein lassen wollte. Warum auch immer er Gabriel (und die Hexe) als schlechten Umgang für Sam befand.
 

Außerdem lief Stirb langsam im Fernsehen und Dean hatte erklärt, dass es zu den heiligen Traditionen gehörte, an den Feiertagen Bruce Willis' Feinripp mindestens einmal immer dreckiger werden zu sehen.

 

Sam räusperte sich erneut. Er schien das unbehagliche Schweigen nicht länger ertragen zu können.

Rowenas Augenbrauen verschwanden bei dem Geräusch aus Sams Kehle fast vollständig hinter ihrem Pony, so hoch zog sie sie die Stirn hinauf, aber von ihrem Buch ließ sie nicht ab.

Dean fummelte an einem Loch in seiner Socke herum und nahm noch einen Schluck Bier, während er selbstvergessen auf die Mattscheibe starrte.

Der hilflose Blick wanderte also zu Gabe; der letzte, der übrig blieb, um das für Sam so ungemütliche Schweigen zu brechen.
 

„Wurm?“, fragte Gabe großzügig und hielt dem Elch seine knisternde Tüte mit Naschwerk hin.

Sam sah eine Sekunde lang so aus, als wollte er ablehnen, bis er schließlich hörbar ausatmete und mit einem dankbaren Lächeln in die Tüte griff.

 

Er zog einen rot-gelben, in sich verknoteten Wurm heraus und betrachtete ihn, als wüsste er nicht so ganz, was er damit anfangen sollte. Er drehte den Weingummi in sichtlich feuchten Händen und schien nach Worten zu ringen.
 

„Was ist los, Sammyboy?“, schnurrte Gabriel halblaut und knuffte von seinem Platz aus aufmunternd die Schulter des großen Mannes.

Das entnervte Augenrollen über den Spitznamen registrierte er kommentarlos und schob sich stattdessen lieber einen weiteren Wurm zwischen die Zähne.

 

„Ach ... Ich genieße nur die Stimmung und die Gesellschaft“, sagte Sam schließlich und ignorierte Deans ungläubigen Protestlaut vom Sofa.
 

Gabriel betrachtete Sam und gab sich Mühe, etwas Ernsthaftigkeit in seinen Blick zu legen.

„Verstehe“, erwiderte er. „Und du meinst damit natürlich niemanden im Speziellen.“

 

Er machte mit der süßigkeitenfreien Hand eine wegwerfende Geste, die grob Richtung Rowena und schließlich auf ihn selbst abzielte. Nun war es an der Hexe, entrüstet zu prusten und einmal mehr wurde deutlich, dass niemand im Raum so abwesend war, wie er oder sie tat.
 

Sam zuckte halbherzig die Achseln und verzichtete darauf, entschuldigend oder verlegen zu tun.
 

„Das ist vermutlich das schrägste Weihnachten, von dem je jemand gehört hat. Und es ist noch nicht mal Weihnachtsmorgen.“

Er steckte sich endlich seinen Gummiwurm in den Mund und kaute bedächtig.
 

„Aaach“, meinte Gabriel leichthin und sah zu, wie Sam den Weingummi hinunterschluckte. „So schlimm wird‘s schon nicht. Das erste Weihnachtsfest war entschieden verrückter.“

 

„Das erste wie ... die Geburt Christi?“, fragte Sam überrascht und plötzlich breitete sich helle Faszination auf seinen hübschen Zügen aus. Tatsächlich schien ihm just in diesem Moment etwas zu dämmern; Gabe sah die Rädchen hinter seiner Stirn rattern.
 

„Moment mal! Du bist Gabriel!“, rief er aus, so laut dass Dean auf dem Sofa zusammenzuckte und Rowena ungehalten mit der Zunge schnalzte.
 

„Ja? Der bin ich. Allerdings!“, grinste Gabriel.

 

„Das heißt, du – du...!“
 

Dean und Rowena wechselten einen erstaunlich einvernehmlichen Blick, der Bände sprach; weder schienen sie zu wissen, worauf Sam da hinaus wollte, noch schienen sie seine Begeisterung darüber zu teilen, dass der Erzengel etwas mit dem Ursprung der Weihnachtsgeschichte zu schaffen haben sollte.

 

„Sammy? Komm klar!“, sagte Dean unbeeindruckt vom Sofa aus.

„Gabe ist kein Grund, um sich nass zu machen.“

 

Rowena lachte humorlos über den Kommentar und Gabe schenkte ihr ein aufgesetztes Schmollen. Er wusste, dass der Hexe ihr kleines Techtelmechtel gefallen hatte, befand es aber nicht für nötig, das Thema vor versammelter Mannschaft auszubreiten.

 

Sam ignorierte die beiden anderen und hing erwartungsvoll an Gabriels Lippen, als er endlich sagte: „Kann sein, dass Dad mich als ersten ansagenden Schwangerschaftstest auf die Erde geschickt hat, ja.“

 

Gabriel überlegte kurz, ob er die Zusatzinformation für sich behalten sollte; Sam schien bereits schockiert genug, während seine Erzählung die beiden anderen entschieden zu kalt ließ. Er zuckte die Achseln und entschloss sich, noch einen drauf zu setzen. Sammy zu beeindrucken, schadete ja nichts.

 

„‚Euch ist heut‘ ein Kind geboren!‘ A.K.A. ‚Vom Himmel hoch, da komm‘ ich her!‘ war übrigens auch mal in den Charts.“

 

Nach diesem trockenen Geständnis herrschte eine Weile gebanntes Schweigen, das Gabe damit füllte, drei weitere Gummiwürmer zu zerkauen. Seine Tüte war fast leer. Er würde bald Nachschub brauchen, wobei ihm der Sinn für die nächste Runde eher nach Marshmallows stand.

 

„Okay. Na und?“, sagte Dean schließlich gedehnt und stellte seine Bierflasche mit einem leisen Klonk! auf dem Sofatisch ab.

Natürlich mit Untersetzer. Dean war einfach so, auch wenn er es nicht erlaubte, dass man seine Macken zur Sprache brachte. Wenigstens blieb der Tisch in seiner Männer-Höhle auf diese Weise … mackenfrei.

 

„Der Zuckerschock hat also Maria gesagt, dass sie ‘nen Braten in der Röhre hat. Was ist schon dabei.“

 

„Oh, nicht nur der Heiligen Jungfrau. Auch Elisabet. Der Mutter von – “, begann Gabriel bescheiden, wurde aber von Sam unterbrochen.

 

„Johannes, dem Täufer?!“, platzte es aus dem Elch heraus und Gabriel sah ihn schief an. Ihm war nicht bewusst gewesen, dass Sam so ein Bibel-Freak war; offensichtlich hatte er mit dem Thema einen Nerv getroffen.

 

Rowena schlug das Buch auf ihrem Schoß zu. Laut.

 

„Samuel, beruhige dich. Das ist 2000 Jahre her. Eine Schwangerschaft vorherzusagen, ist wirklich keine Kunst!“

 

Dean sah so aus, als würde er der Hexe gern beipflichten und sich deshalb über sich selbst ärgern. Gabriel amüsierte sich köstlich, erhielt nach außen aber den feierlichen Ausdruck in seinen Zügen.

 

„Rowena hat recht, Kiddo. Mit Menschen über Dads Pläne zu reden, erweist sich meist eher als kompliziert“, meinte er.

„Aber die Schokolade hat sie überzeugt.“

 

„Schokolade?“, fragte Sam irritiert.

„Vor 2000 Jahren gab es keine Schokolade … Schon gar nicht in Israel?“

 

„Oh, scharfsinnig, Samwise!“ gurrte Gabriel und zerknüllte geräuschvoll seine leere Tüte.

„Aber du vergisst dabei, dass Engel multidimensionale Wesen sind.“

Er wackelte vielsagend mit den Augenbrauen, als er bemerkte, dass er inzwischen nicht nur Sam mit seinen Andeutungen gefesselt hatte. Auch Dean wirkte nun deutlich interessierter und selbst von Rowena spürte er eine gewisse Neugier ausgehen.

 

„Du hast nicht ernsthaft Maria ... Care-Pakete aus der Zukunft geschickt, als sie mit dem Messias schwanger war?“, platzte es aus Sam heraus und Dean begann zu lachen.

 

„Kann schon sein“, antworte Gabe vage und gönnte sich ein kleines Lächeln. „Deine Worte, nicht meine. Vielleicht habe ich das, vielleicht nicht. Wer will das nachprüfen?“

 

Sam starrte den Erzengel an, als wäre seiner Hülle ein zweiter Kopf gewachsen.

 

„Ja … Okay ...“, murmelte Sam schließlich und musterte Gabriel immer noch, als sei er das Faszinierendste, das ihm je unter die Augen gekommen war.

 

Dean brummelte vor sich hin, was verdächtig nach „Jeder Vollidiot kann sagen, dass ein Baby geboren wurde!“ klang.

 

„Ich gehe jede Wette ein, dass du beim Anblick einer Geburt in Ohnmacht fällst, bevor du auch nur ‚Piep‘ machen kannst, Dean-o“, sagte Gabe ungerührt und genoss Deans finsteres Gesicht.

Von Sam kam ein ersticktes Lachen, das er schnell als Räuspern zu tarnen versuchte, als Deans Blick auch ihn traf.

 

Gabe gönnte sich ein Zwinkern in Sams Richtung und streckte sich auf seinem Stuhl. Im Fernsehen kroch Bruce Willis gerade zu dramatischer Musik vor einem Flammenmeer durch einen Lüftungsschacht.

 

„Wer hat Lust auf Weihnachtspunsch?“, fragte Gabe gutgelaunt in die Runde, nachdem er aufgestanden war.

 

„Wie nett, dass du uns unseren eigenen Alkohol anbietest“, maulte Dean halblaut, erhob sich aber ebenfalls von seinem Platz auf dem Sofa. Dabei ächzte er, als sei er mindestens zwanzig Jahre älter.

 

„Hey, Dee-Dee! Ich habe ihn immerhin nach altem Trickster-Rezept selbst gemacht!“, wandte Gabriel ein und trat zwischen die Fernsehsessel. Galant streckte er beide Hände aus, die rechte vor Rowena und die linke vor Sam, um ihnen beim Aufstehen zu helfen.

 

„Na schön, ich habe dafür euren Wein benutzt.“

 

Überraschenderweise ergriffen sowohl die Hexe als auch der Jäger seine Hände und ließen sich von ihm hochziehen.

 

„Du solltest nicht so mit den Augen rollen. Es sieht nicht schön aus und schadet deinem süßen kleinen Verstand“, sagte Rowena lächelnd über die Schulter in Deans Richtung, der nicht begeistert von Sams Geleit wirkte.

 

Mit Dean als grummelnde Nachhut verließen sie die Fernseh-Höhle und schlugen den Weg Richtung Küche ein.

 

Als sie dabei am Strategiezimmer vorbeikamen, bot sich ihnen ein erstaunlicher Anblick:

 

Die krumme, kahle Douglasie war mit blinkenden, bunten Lichtschläuchen behangen und mit ein paar vereinzelten Christbaumkugeln in Gold und Rot. Gabriel konnte eine Kette aus Büroklammern ausmachen und etwas, das an aus Küchenkrepp geschnittene Schneeflocken erinnerte.

Den Rest des spärlichen Baumschmucks machten Strohsterne aus, sowie kleine Anhänger, die verdächtig nach Haushaltsgegenständen aussahen, die jemand mit Bindfaden in den Zweigen verteilt hatte.

War da nicht der Pfannenwender, den Dean am Morgen beim Pancakes Braten so aufgebracht gesucht hatte? Marys Lesebrille, die sie am Vormittag nicht hatte finden können?

 

Verdutzt betrachteten die Neuankömmlinge den geschmückten Baum, vor dem Castiel und Jack standen; ersterer wirkte vielmehr verlegen, während Gabes Neffe in stolzer Aufregung auf eine Rückmeldung zu ihrem Werk zu warten schien.

 

„Es sieht nicht ganz so aus, wie auf dem Bild“, begann Cassie entschuldigend und sandte einen flehenden Blick aus, der merkwürdigerweise an Deans Adresse zu gehen schien.

 

Rowena schlug grinsend die Hände in der Luft zusammen und wandte sich Jack zu.

„Oh, Liebes! Ich habe seit Ewigkeiten kein Weihnachten mehr gefeiert, aber dieser Baum ist … eine Klasse für sich“, rief sie aus.

 

Jack schien ihre Bemerkung als Kompliment zu werten, denn er lächelte zufrieden.

 

„Es ist großartig, Jack!“, pflichtete Sam bei und stieß Dean, der nun neben ihm stand, mit dem Ellenbogen in die Seite.

 

Gabriel musste sich eingestehen, dass er den Baum nicht schlechter oder besser fand, als alle anderen Christbäume der Welt auch. Ihre Funktion mochte symbolischer, religiöser und psychologischer Natur sein, aber mit Weihnachten hatte er sie nie verbunden.

Er wusste, dass es Cassie ganz genauso ging, auch wenn sein seltsamer Dad-Instinkt dem Widerwillen des Zelebrierens heidnischer Bräuche zu trotzen schien.

 

„Gute Arbeit, Kiddo!“, bestätigte Gabriel gut gelaunt.

„Kreativ. Sehr einfallsreich, starke Eigennote.“

 

Was ließ sich schon dagegen sagen, dass sein kleiner Bruder und sein Neffe etwas Quality time beim Schmücken von Grünzeug miteinander verbrachten?

 

Nun fehlte nur noch Deans lobender Kommentar – und wehe ihm, wenn der auch nur den Hauch von Kritik beinhaltete.

 

Samoose und Cassiekins werden ihm was husten!, dachte er grinsend.

 

Dean holte tief Luft. Die erwartungsvollen Blicke von allen Seiten schienen ihn mit seiner Antwort zögern zu lassen.

„… da fehlt ein Engel“, sagte er endlich.

 

Wenn Blicke töten könnten, dann … wäre Dean schon zum zweiten Mal innerhalb weniger Sekunden wiederauferstanden, denn Winchesters starben selten für die Ewigkeit und nachdem Castiel und Sam ihn mit den Augen erdolcht hatten, hätten sie beide erwiesenermaßen Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um Dean wieder zurückzuholen.

 

„Was meinst du?“, fragte Cas und dafür, dass er ein Engel war, blinzelte er mit einem Mal erstaunlich oft. Es wirkte … gereizt.

Gabriel sah interessiert dabei zu, wie Dean neben Sam unruhig mit den Füßen scharrte und seinem Bruder mit einem Mal ein Stück auszuweichen schien.

 

„Na … auf der Spitze“, murmelte Dean und erntete dafür nur erneut finstere Blicke.

„Kommt schon, Leute, wirklich?“, fragte er dann etwas lauter, allmählich entrüstet.

„Cooler Baum, Jack – Cas, echt. Aber bei jedem richtigen Weihnachtsbaum gehört ein Engel auf die Spitze! Sonst zählt‘s nicht!“

 

Sam stöhnte leise, Jack runzelte die Stirn, Cas‘ Lippen wurden schmal, Rowena grinste noch immer.

 

„Na los, Cassandra, auf den Baum mit dir!“, witzelte Gabriel und wandte sich in Richtung Küche um. Er hatte genug gesehen. Der Baum war kein Schmuckstück, wenn auch originell, aber mit Familiendramen konnte er im Allgemeinen wenig anfangen.

 

„Wenn du damit andeuten willst, dass ich auf den Baum klettern soll, weil ich ein Engel bin, warum tust du es dann nicht selbst?“, entgegnete Castiel beeindruckend schlagfertig und stellte sich Gabriel überraschenderweise in den Weg.

 

„Hey, was das Großmaul gesagt hat, ist gar nicht mal so blöd!“, rief Dean dazwischen und hatte damit wieder die Aufmerksamkeit aller auf sich. Er zog sein Handy aus der Tasche, hielt es vor sich und fingerte am Display herum.

 

*

 

Der Weihnachtsmorgen begann mit einem üppigen Frühstück, eigenhändig von Dean zubereitet. Gabriel konnte sich nicht beschweren. Er bekam Pancakes und immerhin konnte er zwischen Ahornsirup, Schlagsahne und Schokosoße dazu wählen (er nahm natürlich alles). Und der Elch stellte ihm doch glatt einen Kaffee und die Zuckerdose hin.

In der Heiligen Nacht hatten sie alle nach und nach ihre Geschenke ins Strategiezimmer getragen. Man war sich zwar einig gewesen, dass sie einander größtenteils zu wenig leiden konnten und insgesamt auch viel zu wenig von Weihnachten hielten, um sich dem Konsumzwang zu beugen. Ob es am Ende nun guter Wille oder boshafte Absicht war, dass dennoch jeder mindestens ein Geschenk für den anderen besorgt hatte, blieb unbeantwortet.

 

Man vermied es seitdem, dem hässlichen Weihnachtsbaum bis nach dem Frühstück zu nahe zu kommen – ebenso, wie man es vermied, Mary (und Crowley) nach dem Essen zu fragen, das sie seit gestern ohne Aufsicht vorbereiteten. Als es dann an der Zeit für die Bescherung war und sie Jack, als Jüngsten, vorausschickten, blieb er plötzlich vor dem Baum stehen. Sein andächtiger Blick galt nicht den bescheidenen Päckchen, die unter den dürren Zweigen verteilt lagen; er hatte den Kopf in den Nacken gelegt und starrte zur Spitze des Baumes.

 

An ihr haftete ein verschwommenes Foto, offensichtlich ausgedruckt an einem einfachen Farbkopierer auf einen Bogen Druckerpapier. Darauf zu sehen waren Gabriel und Castiel, die sich beide – mehr oder minder begeistert – gegenüberstanden, im Moment des Schnappschusses aber zufällig in Richtung der Kamera geschaut hatten.

Jemand hatte den beiden mit einem schwarzen Marker unbeholfen Heiligenscheine und Engelsflügel aufgemalt.

 

Zwei Engel an der Spitze des Weihnachtsbaumes.

Gabriel musste zugeben, dass er die Idee ziemlich gelungen fand, was durch die schlechte Umsetzung fast noch besser zur Geltung kam. Es passte zum Baum und zu ihnen als bunt zusammengewürfelter Haufen, der sie nun einmal waren.

Er sah zu Cassie hinüber, aus dessen Gesichtsausdruck man nicht ganz schlau wurde, ob er eher ungehalten war oder vielmehr peinlich berührt. Zumindest räusperte er sich einige Male, bevor er sich zu Dean umwandte und in diesem Moment brach plötzlich ein kleiner Tumult los, als das Geschenkeauspacken begann.

 

Gabriel seufzte in seinen Lebkuchen hinein und beobachtete erwachsene Männer und übernatürliche Mächte dabei, wie sie unter dem merkwürdigsten Weihnachtsbaum aller Zeiten umher krochen.

Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, als er sah, dass Sam sich das plüschige Rentiergeweih, das er ihm spaßeshalber geschenkt hatte, sofort auf den Kopf setzte.

Dean wirkte beim Auspacken der Kochschürze mit Eichhörnchen-Print eher verlegen, aber das war dem Erzengel nur recht.

 

„Kann schon sein, dass von uns acht Personen nur dreieinhalb Menschen sind, aber benehmen tun sie sich alle wie kleine Kinder“, sagte Gabriel zu Rowena, die als einzige noch neben ihm stand, anstatt auf Knien auf der Erde herumzurutschen.

 

Rowena sah Crowley dabei zu, wie er andächtig an der großen Schleife eines Geschenkes zog, auf dem sein Name stand.

 

„Wem sagst du das, Engel“, seufzte sie. „Wem sagst du das.“​​​



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  DragomirPrincess
2019-07-12T14:52:18+00:00 12.07.2019 16:52
Es ist Juli, aber wen interessiert das schon :D
Ich konnte mir den Baum perfekt vorstellen! Und vor allem wie glücklich Jack dabei war. Ich bin sozusagen geschmolzen.
Ob alle Weihnachten überleben, wenn Mary und Crowley kochen, weiß ich allerdings nicht. Ich hoffe, Jack hat Nougat bekommen xD
Auch die Dynamik zwischen Gabe, Rowena und Sam war perfekt. Irgendwas zwischen Eifersucht und Zuneigung und komischen Dreiecken!
Ist Crowleys Geschenk von Mama? Was schenkt man dem König der Hölle?
Die Geschichte hätte genau so neben Rowenas Weihnachtstraum stehen können und war absolit perfekt. Sozusagen richard speight jr. Regie würdig!
In diesem Sinne frohe Weihnachten oder so :D


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