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All Hellows Eve

Ein zu perfektes Opfer
von

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Und plötzlich ist alles anders...

Gefühlte Ewigkeiten hatte Hikari nun schon in ihrem Zimmer verbracht. Nachdem Subaru verschwunden war, hatte es noch Stunden bis zum Tagesanbruch gedauert. Irgendwann war sie eingeschlafen und zur Abenddämmerung wieder aufgewacht.

Seitdem hockte sie mit angezogenen Beinen auf dem Bett und hing in Gedanken. Weder war Subaru bisher wieder aufgetaucht, noch hatte ein anderer der Brüder sich blicken lassen. Dies war mehr als seltsam und beunruhigte sie auf eigenartige Weise. Üblicher Weise tauchte immer einer von ihnen auf, wenn sie sich lange genug wach am selben Ort aufhielt. Und wenn es nur Laito war, welcher sie sowieso, mehr oder weniger, stalkte.

Warum also tauchte er heute nicht auf? Sie hockte schon seit Ewigkeiten so hier und einfach nichts geschah. Zwar hatte Subaru ihr gesagt, sie solle das Zimmer nicht verlassen, doch langsam bekam sie Durst.

Als sie sich gerade dazu durchgerungen hatte, sich etwas anzuziehen und dabei war, sich vom Bett zu erheben, klopfte es. Erschreckt fuhr sie zusammen und starrte zur Tür.

»Reiji«, war sie sich sofort sicher,

»Keiner sonst würde anklopfen.«

Sofort waren die Erinnerungen an ihre Begegnung im Folterkeller mit ihm wieder da und ihre Stimme versagte fast, als sie den Besucher herein bat. Beinahe augenblicklich sank sie etwas in sich zusammen und ihr Herz fing an zu rasen, denn es war wirklich Reiji. Emotionslos und kühl wie immer sah er sie an und steigerte ihre Angst mit jeder Sekunde.

"Du hattest genug Ruhe", murrte er ihr entgegen,

"Mach dich für die Schule fertig und komm runter!"

"Ja Reiji-san", stand Hikari förmlich still, doch der Vampir hatte sich bereits wieder umgedreht und verließ das Zimmer.

Selbst nachdem er die Tür längst verschlossen hatte, brauchte sie noch einige Momente, bis sie sich langsam wieder aus ihrer Angststarre löste.

Auch wenn Reiji üblich genervt und desinteressiert gewirkt hatte, Hikari würde ihn nun dennoch für immer fürchten.

Nie wieder wollte sie in seine schmerzhafte Hölle gezogen werden und schon gar nicht heraus finden, welche Abgründe er vielleicht noch verbarg. Auch wenn dies bedeutete, dass sie von nun an absolut alles tun musste, um Reiji so milde nur möglich zu stimmen.

Folglich hatte sie es sehr eilig sich frisch zu machen und für die Schule umzuziehen. Sie schaffte es tatsächlich sogar beinahe, die Erste an bei der Limousine zu sein. Obwohl sie noch einen kurzen Abstecher in die Küche gemacht hatte, um sich dort zwei Saftpäkchen zu holen, saß nur Shu im Wagen, als sie eilig einstig.

Der hatte, wie üblich, seine Musik im Ohr und die Augen geschlossen. Sie dachte kurz daran, ihn zu grüßen und ein Gespräch anzufangen, entschied sich dann aber dagegen. Der blonde Vampir hatte ihr deutlich gesagt, sie solle sich von ihm fern halten und zudem würden die Anderen sicher auch bald erscheinen, was einem Gespräch unter vier Augen wenig dienlich war.

Sie musste ihn allein irgendwo abpassen und ihm die Fragen stellen, welche Reiji´s Worte in ihr aufgeworfen hatten, also setzte sie sich still auf ihren Platz.

Ein oder zwei Mal konnte sie es nicht unterdrücken, zu dem Blonden rüber zu schielen, wofür sie sich hätte selbst ohrfeigen können denn ihr war klar, dass er jeden Blick und jede Regung von ihr Augenblicklich wahr nahm.

So war sie sogar halbwegs erleichtert, als Kanato, Subaru und Laito sich zu ihnen gesellten.

Nicht das sie es genoß, wie der sexistische Hutträger sich neben sie schmiss und dabei auf so viel Körperkontakt wie möglich bedacht war, doch zumindest brachten seine dreisten Sprüche ihre Gedanken von Shu fort, womit sie sich diesem nicht weiter mit jedem Atemzug verriet.

"Oya oya Bitch-chan", schnurrte Laito,

"Endlich gehen wir wieder zusammen zur Schule. Hast du mich vermisst?"

Hikari rutschte ein Stück von ihm weg, was ein sinnloses Unterfangen war, da er sofort nach rückte.

"Nfu...warum so schüchtern?" grinste er und legte seine Hand auf ihr Knie,

"Die anderen sollen ruhig wissen, dass du mich liebst!"

"Was??" rutschte es Hikari geschockt heraus, bevor sie sich so fest auf die Lippe biss, dass es schmerzte.

Sie musste sich nicht umsehen um zu wissen, dass nun alle Blicke auf ihr ruhten.

Dummerweise war auch Reiji gerade eingestiegen, was die Situation kein Bißchen angenehmer machte. Hikari spürte, wie sie rot wurde und wusste, sie musste etwas erwidern, denn Laito´s Worte einfach so im Raum stehen zu lassen, wäre mehr als unklug.

Sie konnte die Spannung in der Luft förmlich spüren, wie sie die Blicke der Vampire spürte. In jeder weiteren Sekunde die verging, fühlte sie sich mehr wie eine Maus in der Falle, als würden sie allesamt jeden Moment über sie herfallen.

»Sag verflucht noch mal nichts Falsches«, mahnte sie sich selbst eindringlich und doch kamen die Worte wie von selbst über ihre Lippen.

"Ich bin nichts weiter als ein Blutopfer", sagte sie leise, wobei sie die Hände in ihren Schoß legte und ihren Blick darauf senkte,

"Zu klein und nichtig, um mir anmassen zu können, Wesen wie euch lieben zu dürfen."

Einen Augenblick lang herrschte vollkommene Stille in der Limousine.

Während Kanato anfing sich auf seinen Teddy zu konzentrieren, schloss Shu nach einem kurzen Grinsen wieder die Augen, welche er einen Spalt breit geöffnet hatte. Subaru senkte den Kopf und verbarg das Gesicht unter seinen Haaren und Reiji deutete ein Nicken an und lehnte sich zufrieden in seinen Sitz.

Laito jedoch machte ein so verdutztes Gesicht, wie es an ihm vermutlich nie zuvor jemand gesehen hatte. Einige Sekunden lang schien er völlig perplex zu sein, bis er schließlich in schallendes Gelächter verfiel.

"Du bist einfach unglaublich Bitch-chan, weisst du das?" gluckste er angetan,

"Jetzt hast du es doch tatsächlich geschafft, mich zu überraschen. Dabei dachte ich, ich wüsste genau, wie mein kleiner Blutbeutel tickt."

Er rückte noch dichter zu ihr und roch an ihrem Hals.

"Lass uns in der Pause heimlich zusammen verschwinden und etwas Spaß haben", seuselte er in ihr Ohr,

"Vielleicht hast du ja noch mehr Überraschungen für mich..."

Hikari wollte schon wieder verzweifeln, da ein Entkommen aus der Situation für sie unmöglich schien, doch Reiji´s, beinahe gebieterische, Stimme rettete sie unverhofft.

"Niemand verschwindet hier heimlich irgendwohin", duldeten seine Worte ganz klar keinerlei Widerspruch,

"Wer auch nur fünf Minuten vom Unterricht versäumt, wird bestraft! Das gilt auch für dich, Laito!"

"Das du immer so eine Spaßbremse sein musst", pflegelte Laito sich beleidigt in den Sitz zurück,

"Ich hatte seit Tagen nichts mehr von ihrem Blut und bin am verdursten."

Er legte sich seinen Hut auf´s Gesicht und Hikari atmete erleichtert auf.

Sie war noch einmal davon gekommen.

Als im nächsten Moment von außen die Tür geschlossen wurde jedoch, fiel ihr Blick sofort auf den Platz rechts neben sich und als der Wagen sich kurz darauf in Bewegung setzte, konnte sie einfach nicht schweigen.

"Kommt Ayato-kun nicht mit zur Schule?" sprudelte es beinahe aus ihr hervor,

"Wo ist er?"

Plötzlich scheute Hikari sich gar nicht mehr, in die Runde zu sehen und letzten Endes war es Laito, der ihre Aufmerksamkeit auf sich zog.

"Hat es dir denn noch keiner gesagt, du ahnungsloses Ding?" seufzte er fast mitleidig, während er den Hut ein wenig anhob, um sie ansehen zu können,

"Ayato-kun ist seit Tagen nicht mehr zu Hause gewesen. Genauer gesagt seit dem Tag, als du von da verschwunden bist, wo er dich für sicher hielt..."

Sein Tonfall sprach Bände und Hikari´s Blick heftete sich sofort auf Subaru.

Dessen Gesicht wurde zu einer eisigen Maske und er drehte den Kopf weg.

»Was war da los?«

Sie war sich sicher, da gab es noch etwas anderes.

Laito´s Tonfall, Subaru´s Reaktion und auch die von Ayato waren mehr als seltsam. Letzterer verschwand doch nicht einfach und überließ sein Eigentum einem Anderen. Das war so überhaupt nicht sein Stil.

Nochmals blickte sie in die Richtung des weißhaarigen Vampirs, doch dieser schenkte ihr nicht die geringste Beachtung. Auch alle anderen schien das Thema Ayato nicht wirklich zu interessieren.

Dafür aber hatte sie noch immer Laito´s volle Aufmerksamkeit.

"Dieses Gesicht ist einfach so süß Bitch-chan, nfu", lehnte der sich ganz nah zu ihr,

"Ayato-kun war unglaublich wütend, als man ihm sein gefordertes Eigentum verweigert hat..."

Seine melodische Stimme hatte sich in ein leicht erregtes Flüstern gesenkt und Hikari fühlte sich schlagartig unwohl in ihrer Haut.

"Nicht einmal mich hat er in deine Nähe gelassen", wisperte er ihr mit belegter Stimme ins Ohr,

"Du liebst ihn am Ende doch nicht etwa mehr als mich?"

"Halt´s Maul, Perversling!" polterte Subaru und war sichtlich um Fassung bemüht.

Hikari zuckte erschrocken zusammen und wurde direkt wieder etwas kleiner in ihrem Sitz, während Laito nur amüsiert lachte.

"Ich darf euch doch bitten", unterbrach Reiji mürrisch die Situation,

"Ayato´s Verschwinden bedarf keinerlei Diskussion. Der taucht schon wieder auf. Was den Rest betrifft, so konzentriert euch bitte auf die Schule. Wir sind jeden Moment da."

Beinahe wie auf´s Stichwort hielt die Limousine.

"Spaßbremse", verdrehte Laito kurz die Augen und lehnte sich nochmal ganz dicht zu Hikari, nachdem er schon aufgestanden war.

"Wir zwei sehen uns später noch", grinste er sie überheblich an,

"Du hast heute offiziell ein Date mit mir!"

Hikari entglitt das Gesicht, doch noch bevor sie irgendetwas sagen konnte, war Laito schon weg.

»Ein Date?« hallte es in ihrem Kopf.

Das meinte er doch wohl nicht ernst?

Ein Date, bei dem er sie beißen und ihr Blut trinken würde, aber doch sicherlich kein Date im menschlichen Sinne.

Verunsichert und unterbewusst vielleicht auch auf Hilfe hoffend, sah sie wieder in die Runde, doch keiner interessierte sich für sie. Selbst Subaru benahm sich ganz genau wie beim letzten Mal, als Hikari mit in der Schule war. Wieder hatte sie Mühe, dicht genug an ihm dran zu bleiben, um sich in dem riesigen Schulgebäude nicht zu verlaufen.

Zusätzlich befürchtete sie auch, diesem blonden Vampir vom letzten Mal in die Arme zu laufen und das ließ vorerst keinen Raum mehr, sich Gedanken über Laito´s Worte zu machen. Gehetzt hatte sie ihre Augen einfach überall und wurde erst wieder ein wenig ruhiger, als sie den Klassenraum betrat. Subaru sass bereits an seinem Pult und starrte, ebenfalls wie beim letzten Mal, aus dem Fenster.

Schnell setzte Hikari sich an ihren Platz und sah verstohlen zu ihm hinüber. Er benahm sich absolut genau wie an ihrem ersten Schultag. Nicht nur sein deutliches Desinteresse am Unterricht war dasselbe, auch sein Verhalten ihr gegenüber.

Er würdigte sie keines Blickes, als hätte es nichts von dem gegeben, was in der letzten Zeit zwischen ihnen vorgefallen war. Beinahe sogar hatte sie ein genauso ungutes Gefühl ihm gegenüber, wie sie es am ersten Tag auch gehabt hatte. Allein sein Gesichtsausdruck machte es ihr schwer sich daran zu erinnern, wie sanft und beinahe besorgt er manchmal war.

Auch wenn Hikari sich alle Mühe gab dem Matheunterricht zu folgen, so entging ihr dennoch nicht, dass Subaru die ganze Zeit tatsächlich stur aus dem Fenster sah und sie genauso ignorierte, wie er den Rest der Klasse ignorierte.

Was war nur vorgefallen zwischen ihm und Ayato? Hatte Subaru sich tatsächlich vor sie gestellt, als der Rothaarige Vampir sie sich hatte holen wollen, so, wie Laito es auf der Fahrt angedeutet hatte? Waren die Zwei am Ende ihretwegen aneinander geraten und Ayato deshalb verschwunden?

Sie war in Subaru´s Armen aufgewacht nach der Tortour im Folterkeller durch Reiji und seine Worte hatten so geklungen, als wäre er bei ihr gewesen, seit er sie befreit hatte.

Wieder wanderte ihr Blick zu dem weißhaarigen Vampir.

»Hast du mich Ayato wirklich nicht heraus geben wollen? Warum? Wolltest du mich schützen? War er so wütend auf mich?«

Als hätte er ihre gedachten Worte genau verstanden, sah Subaru ganz plötzlich zu ihr rüber. Viel zu schnell, alsdass sie den Blick noch hätte abwenden können. Als sein Gesicht sich direkt verfinsterte, wich aus ihrem sämtliche Farbe, ihr wurde flau im Magen und sie sah schnell nach vorn zum Lehrer.

Subaru´s Blick war genauso kalt und angsteinflössend, wie bei ihrem allerersten Aufeinandertreffen und schon begannen die Erinnerungen an kurze, friedliche Momente mit ihm wieder zu verblassen.

Im Grunde war es genau wie bei Ayato. Immer wenn Hikari dachte, es wäre wenigstens ein kleines Bißchen mehr Vertrautheit zwischen ihnen entstanden, wurde sie frontal eines Besseren belehrt. Bestenfalls sprang alles auf Anfang, wie jetzt scheinbar bei Subaru, doch Ayato war zusätzlich auch ein Meister darin ihr deutlich zu zeigen, für wie Klein und Nichtig er sie hielt. Noch immer.

Als wäre es wirklich unmöglich, auf irgendeine Weise näher an einen der Brüder heran zu kommen. Sie funktionierten wie ein Uhrwerk nach ihrem Schema und das schon so lang sie lebten.

Doch wenn die Brüder sich nicht ändern konnten, würde für Hikari auch niemals etwas anders werden. Sie würde, so lange sie lebte, eine lebende Blutkonserve im Haus der Sakamaki Brüder sein, von ihnen benutzt, erniedrig und gequält werden so oft ihnen der Sinn danach stand. Ihre Hölle würde ewig währen.

Und diese würde ständig schlimmer werden, denn sie mochte den Einen oder Anderen mittlerweile sogar wirklich irgendwie. Sie war schließlich ein Mensch, hatte Gefühle und gewöhnte sich an Umstände. Doch niemals würde etwas von ihrer Sympathie Erwiderung finden. Egal wie klein und winzig. Sie alle waren schon immer Vampire, hatten niemals ein schlagendes Herz und kannten keine menschlichen Gefühle, völlig gleich welcher Art.

So in ihren Gedanken versunken verging die Doppelstunde schnell und kurz bevor es zur Pause läutete entschied Hikari sich dazu, Subaru einfach anzusprechen. Was sollte ihr hier in der Schule schon großartig passieren? Schlimmsten Falles ließ er sie stehen und sie bekam, wie üblich, keine Antworten auf ihre Fragen.

Als die Schulglocke dann jedoch endlich erklang, war der Vampir wieder derart schnell, dass ihr gar nichts anderes übrig blieb, als ihm laut nach zu rufen, während dieser schon durch die Tür huschte. Gerade wollte sie enttäuscht wieder auf ihren Stuhl sinken, als der Ehrgeiz sie packte.

»Nein! Dieses Mal hängt er mich nicht einfach ab!« trieb sie sich selbst voran und nachdem sie sich durch die restlichen Schüler gekämpft hatte, welche recht gemütlich in die Pause starteten, erspähte sie den Weißhaarigen tatsächlich noch auf dem Gang.

Schnellen Schrittes lief sie ihm nach, kam ihm sogar trotz der vielen anderen Schüler, stätig näher und hatte ihn dann fast erreicht, als sie plötzlich am Arm gepackt und in irgendein Klassenzimmer gezerrt wurde.

Ihre Hoffnung Subaru noch zu erreichen schwand und ohne sich wirklich umzusehen, tat sie ihren Unmut kund.

"Was soll der Mist?" schimpfte sie,

"Ich hatte ihn fast eingeholt! Warum...?"

Weiter kam sie nicht.

Sie sah genau in ein graublaues Augenpaar und wurde sich erst jetzt bewusst, dass sie vor einem, ihr völlig, Fremden stand.

"Du läufst einem Sakamaki nach wie ein folgsames Haustier", drang eine angenehm tiefe Stimme an ihre Ohren,

"Ist dein Leben dir wirklich so wenig wert?"

Hikari schluckte und als sie im nächsten Moment auch den blonden Vampir von damals erblickte, wich sie sofort mit einen kurzen Angstlaut zurück. Bis sie gegen etwas stieß, wobei es sich keinesfalls um eine Wand handelte.

Obwohl mit einer Mauer war dieses Hindernis beinahe schon zu vergleichen. Als Hikari nämlich herumschwang stand sie direkt vor einem, wirklich großgewachsenen, braunhaarigen Jungen mit Pferdeschwanz. Sie starrte zu ihm hoch und fühlte sich so klein wie nie zuvor.

"Ich hab dir doch gesagt, ich rette dich vor diesem nervigen Sakamaki Typ, M...neko-chan", erklang in diesem Moment eine, ihr bereits bekannte, Stimme direkt an ihrem Ohr.

Mit einem erneuten, kurzen Aufschrei sprang Hikari abermals ein Stück herum und sah nun direkt in die Augen des blonden Vampirs, der sie bei ihrem ersten Schulbesuch gebissen hatte.

"Vielleicht will sie gar nicht gerettet werden", erklang die brummige Stimme des braunhaarigen Riesen,

"Sie sieht auf jeden Fall nicht wirklich begeistert aus."

"Was weisst du schon", streckte der Blonde ihm kurz die Zunge heraus,

"Das masochistische Kätzchen hat nur nicht geglaubt, dass ich mein Wort auch halten würde, nicht wahr m...Neko-chan?"

Er strahlte sie übers ganze Gesicht hinweg an und wirkte wie ein kleiner Junge, der gerade fürchterlich stolz auf etwas war.

"Ich...also...", fing Hikari an zu stammeln, wobei sie auch versuchte, etwas Abstand zwischen sich und ihn zu bringen.

Der Junge mit den graublauen Augen, einer ähnlichen Haarfarbe und dieser tiefen, weichen Stimme kam ihr unverhofft zu Hilfe.

"Nun lasst ihr doch etwas Freiraum", sagte er zu den anderen,

"Wir sind völlig Fremde für sie zuerst einmal, sollten wir uns ihr vorstellen."

Hikari sah ihn skeptisch an, doch er war unbeirrbar in seiner ruhigen, höflichen Art und deutete mit dem Kopf eine leichte Verneigung an.

"Ich bin Mukami Ruki", sah er ihr kurz genau in die Augen, was einen leichten Schauer bei ihr verursachte,

"Das sind meine Brüder Yuma, Kou und Azusa."

»Hm?«, schoss es Hikari noch irritiert in den Sinn, als sie plötzlich zwei kalte Arme spürte, welche sich von hinten um sie legten und ein Kinn, welches gleichzeitig auf ihrer Schulter zu ruhen kam.

"Sie riecht...gut...Ruki...", sprach der grünhaarige Junge, welchen sie bisher gar nicht gesehen hatte, seltsam abgehackt und träge,

"Genau so sehr...nach Schmerz...wie ich..."

Er roch an ihr und Hikari gab einen ängstlichen Laut von sich.

"Nehm die Finger von m...Neko-chan, Azusa-kun", klang der Blonde irgendwie leicht eingeschnappt,

"Siehst du nicht, dass du ihr Angst machst?"

Er packte sie am Arm und zog sie zu sich, um sie fest in seine Arme zu schließen.

"Du musst wirklich keine Angst haben", strahlte er sie wieder an,

"Wir sind nicht solche miesen Typen wie diese Adeligen. Wir sind anständige Leute."

»Anständig?« dachte Hikari und wieder war es Ruki, der die ganze Situation unterbrach.

"Es ist nicht sehr anständig, Hikari-chan so zu überfordern", sagte er,

"Der vorlaute Blondschopf, der dich da so fest hält ist Kou, der Große da ist Yuma und wer Azusa ist, weisst du ja bereits."

Hikari sah kurz in die Runde.

Da standen vier weitere Vampire. Sie gingen ebenfalls auf diese Schule, trugen die dementsprechende Uniform, unterschieden sich nicht wirklich wesentlich von den anderen sechs und doch wirkten sie so komplett anders.

Nicht so steif und verkrampft, so gefährlich und unberechenbar. Kou lachte sogar erstaunlich viel und das laut und aus vollem Herzen - konnte man beinahe in Versuchung kommen, zu glauben.

Sie waren wirklich so ganz anders als die Sakamaki Brüder und das bereits auf den ersten, intensiveren Blick in ihre Richtung. Wenn man davon absah, dass Yuma einschüchternd groß war und Azusa ähnlich schräg wie Kanato wirkte; allerdings auf eine wirklich ruhige Art. Sonst gab es eigentlich nichts Einschüchterndes an ihnen.

Das einzige, was sie noch zu bemängeln hatte war, dass Kou sie weiterhin im Arm hielt und keinerlei Anstalten machte, sie los zu lassen. Sie war wirklich neugierig, was die vier Brüder von ihr wollten, doch wie sollte man so ein Gespräch führen? Fest an einen, fast fremden, Vampir gedrückt, der sie jederzeit beißen konnte?

Andererseits, was war für sie so neu an dieser Situation? Ständig hielt einer der Brüder sie dicht bei sich gefangen. Allen voran natürlich Ayato, doch auch die anderen kannten soetwas wie einen Höflichkeitsabstand zu ihr nicht. Also fand sie sich vorerst mit ihrer Position ab und versuchte, ihre Neugier zu befriedigen.

"Und was genau wollt ihr vier jetzt von mir?" fragte sie,

"Ihr habt mich doch nicht grundlos abgefangen."

Ruki schmunzelte.

Es imponierte ihm, dass sie scheinbar keine Angst hatte und er wollte unbedingt auf Augenhöhe mit ihr reden.

"Lass sie doch bitte mal los, Kou-kun", bat er seinen Bruder,

"So kann man sich doch nicht unterhalten."

"Mo...Ausnahmsweise", murrte dieser enttäuscht und ließ Hikari frei,

"Aber später bekomm ich sie wieder."

Hikari blinzelte irritiert, als Kou zufrieden lachte und selbst Ruki konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken.

Als Hikari ihm dann aber direkt gegenüber stand, wurde er wieder ernst.

"Wir möchten gerne, dass du mit uns gehst und bei uns lebst, Hikari-chan", sagte er frei heraus,

"Du bist doch sicher nicht freiwillig bei diesen Adeligen?"

"Also zuerst einmal wüsste ich gerne, woher ihr meinen Namen kennt", stellte sie direkt eine Gegenfrage,

"Und ich hör immer Adelig. Soll das etwas heißen, Ayato-kun und die anderen sind...?"

"Verfluchte Adelige, ja", unterbrach Ruki sie,

"Und genau so benehmen sie sich auch. Denken, alles gehört ihnen und sie hätten jedes Recht. Und deinen Namen heraus zu finden war ein Kinderspiel. Ebenso alles andere, was es über dich zu wissen gibt. Menschen sind leicht zu durchleuchten. Erst Recht, wenn sie von einem der Unseren entführt wurden. Oder bist du am Ende doch freiwillig bei ihnen?"

Er sah sie prüfend an und ihr wurde leicht unwohl unter seinem Blick, weshalb sie kurz in eine andere Richtung sah. Ihr Gewissen drückte, lag es doch erst ein paar Tage zurück, dass Ayato ihr deutlich gemacht hatte, dass sie sich ihm im Grunde freiwillig ergeben hatte.

"Du bist also wirklich aus freiem Willen bei ihnen?", deutete Ruki ihr Zögern im Grunde irgendwie richtig, doch sie sah ihn direkt an und wehrte ab.

"Nein! So ist das nicht!" presste sie hervor,

"Nicht direkt. Ich...es ist kompliziert. Ayato...er hat..."

Sie wurde leicht rot und sah beschämt zu Boden, wusste sie doch aller vier neugierige Blicke auf sich ruhend.

"Es war an Hellows Eve", murmelte sie,

"Ich wusste doch nicht, dass er ein echter Vampir ist und als ich es dann wusste, da..."

Sie hob den Blick wieder und sah Ruki entschuldigend an.

"Ich wusste doch nicht, wohin er mich bringen würde", war ihre Stimme kratzig,

"Und was mich dort alles erwartet..."

"Dann komm mit uns", hielt Ruki ihr die Hand entgegen,

"Wir sind keine Adeligen und werden dich besser behandeln, als sie."

"Aber ihr seid auch Vampire", widersprach sie direkt,

"Was also sollte für mich besser werden, nur, weil ihr keine Adeligen seid? Für mich macht es keinen Unterschied, wer mich beisst und mein Blut trinkt. Adelig oder nicht!"

Sofort als sie geendet hatte, sank sie etwas in sich zusammen, denn Ruki gefiel offensichtlich überhaupt nicht, was er gehört hatte und sein Gesicht verfinsterte sich leicht.

Auch Yuma stieß einen säuerlichen Ton aus und Kou beschwerte sich lautstark, wie ein enttäuschter, kleiner Junge.

"Das ist aber nicht nett, dass du uns mit den Sakamaki-Typen auf eine Stufe stellst, m...Neko-chan", zog er schon beinahe eine Schnute,

"Wir sind anders, weisst du? Wir waren auch mal Menschen und wissen, wie das ist!"

"Ihr wart...Menschen?" war Hikari überrascht,

"Ganz normal, so wie ich einer bin? Aber ich dachte...also...wie? Ich meine, sie haben mich schon so oft gebissen, aber ich bin immernoch ein Mensch!"

"Das wird nicht ewig so bleiben", sah Ruki sie wieder etwas entspannter an,

"Irgendwann wirst du anfangen, dich zu verwandeln. Wenn sie zu oft und zu viel von deinem Blut trinken über zu lange Zeit. Oder wenn sie dich verwandeln wollen. Nur so schafft man nämlich neue Vampire. Man muss es wollen."

Hikari schluckte.

Also würde es irgendwann für sie bedeuten, dass sie auch ein Vampir wurde. Ayato würde sie niemals gehen lassen und demnach würde sie sich irgendwann verwandeln oder sterben. Und wieder wurde ihr schmerzlich klar, wie Recht Ayato gehabt hatte. Sie hatte ihr Leben weg geworfen, als sie über die Klippe gegangen war, denn auch wenn sie noch immer lebte und nicht gestürzt war, so war der Tod doch ihr ständiger Begleiter geworden und wartete geduldig auf sie.

"Was ist nun?" wollte Ruki wissen,

"Wir oder die Sakamaki? Du hast jetzt die Wahl."

Hikari´s Gedanken überschlugen sich förmlich.

Wie sollte sie sich so schnell entscheiden? Sie kannte die vier Mukami Brüder nicht, was, wenn ihre Worte eben nur Worte waren? Wenn sie sich nicht im Geringsten von den anderen Vampirbrüdern unterschieden? Dann würde sie bei ihnen eine ebenso verlorene, wertlose Stellung einnehmen, wie sie diese auch jetzt hatte.

Allerdings waren die Sakamaki zu sechst, während die Mukami nur zu viert waren, also zwei weniger, die ihr Blut wollen würden.

Andererseits war Ayato seit Tagen verschwunden, wodurch es zu Hause auch nur noch fünf zu fürchten gab, von denen einige allerdings ganz von selbst Hikari´s Nähe mieden.

Im Grunde hatte sie nicht wirklich etwas zu verlieren. Es war eine Chance, auf Verbesserung, egal wie gering. Immerhin würde Ayato sicher bald wieder auftauchen und welche Strafen er sich in all der Zeit für sie ausgedacht hatte, wollte sie lieber nicht erfahren müssen.

»Versuch macht klug«, sagte sie sich, bevor sie dann schließlich nickte.

"Also gut", sah sie Ruki fest an,

"Ich komme mit euch."



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